Wie unterscheiden sich Online Reviews von Produkttestern und Käufern? Eine qualitative Analyse


Masterarbeit, 2021

163 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Online Reviews
2.1.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung
2.1.2 Stand der Forschung
2.2 Product Sampling
2.2.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung
2.2.2 Stand der Forschung

3 Qualitative Untersuchung
3.1 Methodisches Vorgehen
3.1.1 Studiendesign
3.1.2 Leitfadeninterview
3.1.3 Stichprobendesign und Untersuchungsdurchführung
3.1.4 Transkription
3.1.5 Auswertungsverfahren
3.2 Ergebnisse
3.2.1 Stichprobenbeschreibung
3.2.2 Ergebnisauswertung
3.2.3 Ergebnisdarstellung

4 Schlussbetrachtung
4.1 Diskussion der Ergebnisse
4.2 Implikationen
4.3 Limitationen und Ausblick

Anhangsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Ablaufmodell strukturierender Inhaltsanalyse

Abb. 2: Übersicht der verwendeten Stichprobe

Abb. 3: Kodierleitfaden

1 Einleitung

In diesem Kapitel wird zunächst in Abschnitt 1.1 die Problemstellung sowie die Relevanz der Thematik der vorliegenden Arbeit erläutert. Anschließend folgt eine Beschreibung des Aufbaus der Arbeit anhand des Gangs der Untersuchung in Abschnitt 1.2

1.1 Problemstellung

Ob zum Einkaufen, Nachrichten schreiben oder Rezepte suchen – das Internet als Alltagsbegleiter, gilt längst als selbstverständlich. Konsumenten wird eine Bandbreite an Erlebnissen und Möglichkeiten in der Onlinewelt geboten, wobei diese nahezu grenzenlos erscheint. Insbesondere in Zeiten einer andauernden Pandemie, in der Käufe ausschließlich über das Internet stattfinden können, ist dieses unabdingbar geworden. So hat sich im Zuge der Digitalisierung sowohl das Kaufverhalten von Konsumenten als auch die Art der Kommunikation und der Informationsbeschaffung verändert (Sautmann 2016, S. 175). Durch die verschiedensten digitalen Kanäle, steht den Konsumenten eine Vielzahl an Kommunikationswegen zur Verfügung, mittels derer sie sich über Produkte sowie Dienstleistungen informieren und austauschen können (Hennig-Thurau et al. 2010, S. 311). Dabei verändert die Relevanz derartiger Onlineanwendungen die Customer Journey in allen Phasen vor, während und nach dem Kauf (Frohne 2020, S. 1).

Während der Fokus bis vor einigen Jahren noch vordergründig auf dem Konsum von Internetangeboten lag, besteht für Nutzer nun auch die Möglichkeit, selbst Inhalte im Internet bereitzustellen (Zimmermann 2014, S. 2). Vor allem das rasante Wachstum sowie die Reichweite sozialer Medien haben einen signifikanten Einfluss auf diese Entwicklungen genommen. Folglich sind Konsumenten nicht mehr nur passive Empfänger von Informationen, sondern generieren ihre eigenen Inhalte, wie z.B. in Form von Online Reviews auf Blogs, in Foren oder anderen Portalen (Wiedmann 2016, S. 340). Bewertungen auf Meinungs- und Preisvergleichsportalen als auch auf großen Handelsportalen wie Amazon, stellen stark frequentierte Anlaufstellen für Kaufentscheidungen dar (Gaida 2011, S. 205). Infolgedessen hat das Massenmarketing zuletzt deutlich an Relevanz als auch an Effizienz verloren (Sautmann 2016, S. 174). Bei dieser Art von Marketing wird in der Regel lediglich eine einheitliche Botschaft an alle Empfänger vermittelt (Reichelt 2013, S. 2), was zu Unglaubwürdigkeit bei Konsumenten führen kann. Persönliche Empfehlungen von Konsumenten, die bereits Erfahrungen mit Produkten gesammelt haben, werden hingegen als realitätsnäher wahrgenommen, wodurch diese für potentielle Käufer glaubwürdiger erscheinen und leichter nachzuvollziehen sind (Chiou/Cheng 2003, S.52). Demnach hat die Bedeutung der Word-of-Mouth-Kommunikation für Unternehmen insbesondere in den letzten Jahren stetig zugenommen. So geben 91% der Konsumenten im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 2019 an, Online Reviews genauso zu trauen wie persönlichen Empfehlungen der Familie oder von Freunden und Bekannten (Igniyte 2019). Vor diesem Hintergrund haben sich die von Kunden erstellten Online Reviews für Produkte und Dienstleistungen, zu einer der wichtigsten Informationsquelle für Kaufentscheidungen entwickelt (Maslowska et al. 2018, S. 282). Laut einer Studie aus dem Jahr 2020, lesen 87% der Konsumenten in den USA Online Reviews von anderen Kunden, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen (Murphy 2020). Produktbewertungen stellen somit einen wesentlichen Bestandteil des Kaufentscheidungsprozesses dar (Schoenmueller 2020, S. 853), was sie nicht nur für Kunden, sondern auch für Unternehmen zu einem essenziellen Marketing-Tool macht. Viele Unternehmen haben das große Potenzial der Word-of-Mouth-Kommunikation innerhalb des Internets bereits erkannt und sich mit der Einführung von Produkttester-Programmen, zu Nutze gemacht. Dabei stellt eines der primären Ziele, die Generierung von Online Reviews durch die Produkttester dar (Garnefeld 2021, o. S.). Dem Kunden wird im Rahmen eines Produkttester-Programms ein kostenloses Testprodukt zur Verfügung gestellt, welches dieser im Gegenzug auf der Unternehmenswebseite oder in den sozialen Medien bewerten soll. Die Programme dienen nicht nur der Sicherstellung einer hohen Anzahl an Online Reviews, sondern sollen auch bei der Diffusion neuer Produkte, Hilfestellung leisten (Jain et al. 1995, S. 132-134). Gleichzeitig soll das Erlangen persönlicher Erfahrungen mit dem Produkt, die Konsumenten mit den Produkteigenschaften, insbesondere der Qualität, vertraut machen und so Unsicherheiten diesbezüglich reduzieren (Lu et al. 2018, S. 77; Heiman et al. 2001, S. 533). Somit stellt die eigene und direkte Erfahrung eines Konsumenten mit dem Produkt vor einem Kauf, einen wesentlichen Faktor bei der Einführung neuer Produkte dar, wobei sich Unternehmen für den Idealfall Wiederholungskäufe erhoffen (Chandukala/Dotson/Liu 2017, S. 494).

Die Vergabe von kostenlosen Testprodukten bzw. Produktproben stellt keine unbekannte Maßnahme in der Literatur und der Praxis dar. Bereits seit einigen Jahrzehnten ist diese Form des Marketings unter dem Namen ‘Product Sampling‘ bekannt. Bislang hat sich der Großteil der Studien, den Effekten die Online Reviews und Product Sampling mit sich bringen, gewidmet. Unter anderem wurden dabei die Effekte auf den Umsatz als auch auf die Kaufentscheidung und die Kaufabsicht von Konsumenten untersucht (Ziegele/Weber 2015; Chandukala/Dotson/Liu 2017). Auch die Wirkungen von Incentivierungen auf Online Reviews sind Untersuchungsgegenstand einiger Forschungsarbeiten gewesen. Hingegen wurden Effekte, die speziell Produkttester-Programme auf das Bewertungsverhalten der Tester haben können, bislang weitestgehend außer Acht gelassen. Demzufolge besteht die Forschungslücke in der fehlenden Betrachtung der Auswirkungen von Produkttester-Programmen auf die Online Reviews der Produkttester sowie über das generelle Verhalten der Tester, innerhalb solcher Programme. Lediglich die Studie von Garnefeld et al. 2021, hat sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und geprüft, ob die Vergabe von kostenlosen Produkten innerhalb von Produkttester-Programmen zu besseren Bewertungen der Produkttester führt.

Ziel der vorliegenden Arbeit stellt deshalb die Untersuchung möglicher Einflüsse von Produkttester-Programmen auf das Bewertungsverhalten der Tester dar, d.h. es wird untersucht, inwiefern sich die Qualität und die Valenz, also die Positivität oder Negativität einer Testbewertung von Online Reviews unterscheiden, die nach regulären Käufen getätigt werden. Dabei sollen auch generelle Verhaltensweisen und Wahrnehmungen innerhalb von Produkttester-Programmen betrachtet werden, um folgend erste Handlungsempfehlungen für die Verwendung und Gestaltung von Produkttester-Programmen für Unternehmen ableiten zu können. Es wird demnach der folgenden Forschungsfrage nachgegangen: „Beeinflussen kostenlose Testprodukte im Rahmen von Produkttester-Programmen das Bewertungsverhalten bzw. die Online Reviews von Produkttestern?“ Um die Forschungsfrage beantworten zu können, sollen anhand qualitativer Leitfadeninterviews, mögliche Einflussfaktoren auf die Bewertungen und das Verhalten von Produkttestern herausgestellt und mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet werden.

1.2 Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit setzt sich aus vier Kapiteln zusammen. Nachdem in Kapitel 1 die Relevanz des Themas sowie die Zielsetzung der Forschungsarbeit dargelegt wurde, bildet Kapitel 2 den Ausgangspunkt der Arbeit, indem konzeptionelle sowie definitorische Grundlagen von Online Reviews und Product Sampling erläutert werden. Dadurch wird ein Rahmen für die weiterführende Arbeit geschaffen. Das Begriffsverständnis beider Konzepte wird dabei in Abschnitt 2.1.1 und 2.2.1 erläutert, wobei definitorische Abgrenzungen vorgenommen werden. In den Abschnitten 2.1.2 und 2.2.2 wird abschließend der aktuelle Forschungsstand der jeweiligen Themenfelder aufgezeigt. Im Anschluss daran folgt Kapitel 3, welches die qualitative Untersuchung der vorliegenden Arbeit zum Gegenstand hat. Darin wird in Abschnitt 3.1 die Konzeption der empirischen Arbeit vorgestellt und das methodische Vorgehen detailliert beschrieben. Dies beinhaltet die Beschreibung des Studien- und Stichprobendesigns sowie des Leitfadeninterviews als Erhebungsmethode. Zudem erfolgt eine Beschreibung der Studiendurchführung und des Auswertungsverfahrens. Auch das Vorgehen bei der Transkription der durchgeführten Interviews stellt einen Bestandteil dieses Abschnitts dar. Folgend befasst sich Abschnitt 3.2 sowohl mit der Beschreibung der genutzten Stichprobe, als auch mit der Ergebnisauswertung und der Darstellung der Ergebnisse. Abschließend erfolgt im letzten Kapitel 4 eine Schlussbetrachtung, in der die Ergebnisse der qualitativen Interviews in Abschnitt 4.1 diskutiert werden sowie eine Ableitung von ersten Implikationen und Handlungsempfehlungen für die Forschung und Praxis in Abschnitt 4.2. Das Kapitel schließt mit einer Diskussion der Limitationen der Arbeit sowie einem Ausblick auf zukünftigen Forschungsbedarf in Abschnitt 4.3.

2 Konzeptionelle Grundlagen

Dieses Kapitel soll die Grundlagen der Themengebiete von Online Reviews und Produkttester-Programmen aufarbeiten. Hierzu thematisiert Abschnitt 2.1 die konzeptionellen und definitorischen Grundlagen von Online Reviews, während Produkttester-Programme im Rahmen von Abschnitt 2.2 dargestellt werden.

2.1 Online Reviews

In Abschnitt 2.1.1 soll zu Beginn eine Definition des Begriffs der Online Reviews dargelegt werden. Dafür wird zunächst das Konzept Word-of-Mouth erläutert und im weiteren Verlauf von Electronic Word-of-Mouth abgegrenzt. Anschließend wird der aktuelle Forschungsstand der Thematik in Abschnitt 2.1.2 aufgezeigt.

2.1.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung

Um ein Begriffsverständnis für Online Reviews zu schaffen ist es von Bedeutung, diese in einen konzeptionellen Rahmen zu setzen und dafür zunächst die Begriffe traditionelles Word-of-Mouth und digitales bzw. Electronic Word-of-Mouth näher zu erläutern und voneinander abzugrenzen. Word-of-Mouth ist ein seit vielen Jahrzehnten bekanntes Phänomen und stellt eines der ältesten Kommunikationsformen zur Kundengewinnung dar (Ahrens/Coyle/Strahilevitz 2013, S. 1035). Im Fokus der Word-of-Mouth-Kommunikation steht die Weitergabe von Produktinformationen, d.h. Konsumenten geben untereinander Empfehlungen ab, indem sie ihre Erfahrungen mit Produkten oder Dienstleistungen teilen (Lis/Korchmar 2013, S. 6; Westbrook 1987, S. 261). In der Literatur existiert bis dato keine einheitliche Definition für Word-of-Mouth, allerdings haben sich in den zahlreichen Definitionen zentrale Bestandteile dessen herauskristallisiert, die für die Auffassung des Begriffs wesentlich sind. Word-of-Mouth kann demnach als eine Form der mündlichen Kommunikation über Produkte, Marken oder Dienstleistungen aufgefasst werden, die unabhängig von einem Unternehmen oder kommerziellen Kontext, im persönlichen Umfeld stattfindet (Radic/Posselt 2016, S. 437).

Angesichts der kontinuierlichen Entwicklung und Ausweitung des Internets sowie sozialer Medien, hat sich Electronic Word-of-Mouth als eine neue Form der Word-of-Mouth-Kommunikation etabliert (Marchand/Hennig-Thurau/Wiertz 2016, S. 336). Obwohl beide Kommunikationsformen in engem Zusammenhang zueinander stehen, weisen sie gewisse Unterschiede auf. Während beim traditionellen Word-of-Mouth die Kommunikation zwischen Personen durch eine direkte Verbindung gekennzeichnet ist, entfällt diese bei Electronic Word-of-Mouth durch einen zumeist indirekten Kontakt (Wiedmann/Langner/Friedlandt 2011, S. 332). Die Weitergabe von Produktinformationen erfolgt demnach nicht mehr nur ‘face-to-face‘, sondern über verschiedene Kanäle im Internet und findet im Gegensatz zum traditionellen Word-of-Mouth, hauptsächlich schriftlich statt (Lis/Korchmar 2013, S. 11 f.). Konsumenten ist es somit möglich Electronic Word-of-Mouth über digitale Kanäle wie Blogs, Foren, Unternehmenswebseiten, Communities oder Soziale Netzwerke zu übermitteln (Hennig-Thurau et al. 2004, S. 39 f.). Informationen werden dadurch in Sekundenschnelle verbreitet und sind für unzählige Menschen auf der ganzen Welt direkt abrufbar. Personen müssen sich demzufolge für einen Informationsaustausch nicht länger am gleichen Ort befinden, wodurch auch ein anonymer Austausch möglich geworden ist (Lis/Korchmar 2013, S. 11 f.). Daher ist die Reichweite der Informationen, die durch Electronic Word-of-Mouth übermittelt werden, deutlich größer als die innerhalb des traditionellen Word-of-Mouth. Hierbei beschränkt sich die Kommunikation zwischen Sender und Empfänger auf nahestehende Personen, demnach handelt es sich dabei tendenziell eher um Familie und Freunde (Hennig-Thurau/Hansen 2001, S. 563). Ferner besteht ein großer Vorteil in der Langlebigkeit der Inhalte von Electronic Word-of-Mouth. Sobald diese im Internet veröffentlicht werden, bleiben die Informationen nahezu für immer dort bestehen, vorausgesetzt es gibt keine rechtlichen Gründe, diese entfernen zu lassen (Mishra/Satish 2016, S. 224). Bei der traditionellen Form hingegen, existieren die Informationen nur zum Zeitpunkt des Gesprächs selbst (Hennig-Thurau/Hansen 2001, S. 564). Hennig-Thurau et al. (2004, S. 39) beschreiben Electronic Word-of-Mouth als jede positive oder negative Äußerung über ein Produkt oder Unternehmen, die durch potenzielle, aktuelle oder ehemalige Kunden erfolgt ist und durch eine Vielzahl an Menschen durch das Internet zugänglich ist.

Eine spezielle Form von Electronic Word-of-Mouth stellen die durch Konsumenten generierten Online Reviews dar (Kostyra et al. 2016, S. 11). Konsumenten teilen hierbei auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen, Informationen zu einem Produkt oder einer Dienstleistung auf verschiedenen Kanälen im Internet. Die Schaffung einer besseren Informationsgrundlage für den Entscheidungsprozess von Kunden, stellt hierbei einen übergeordneten Grund für die Bereitstellung von kundengenerierten Produktbewertungen für Online-Händler dar (Wiedmann et al. 2016, S. 340). Aber auch für Hersteller können sich dadurch Vorteile ergeben. Diese können durch Analysen der Bewertungen von Kunden, die vorhandenen Informationen und Meinungen über das eigene Produkt nutzen, um das Produkt den Kundenwünschen entsprechend zu verbessern und anzupassen (Dellarocas 2003, S. 1409). Besonders bei Erfahrungsgütern sind Online Reviews von hoher Relevanz, da sowohl Qualität als auch Nutzen, vor dem Kauf nicht zu beurteilen sind (Hu et al. 2010, S. 362). Bücher, Spiele, Kosmetik oder auch elektronische Güter stellen demnach Produktkategorien dar, die besonders von Online Reviews profitieren (Chen/Xie 2008, S. 477). Konsumenten bietet sich dadurch die Möglichkeit, die Erfahrungsberichte anderer Kunden vorab zu lesen, wodurch der fehlende physische Kontakt sowie das fehlende Ausprobieren im Internet, kompensiert werden können (Park/Lee/Han 2007, S. 125). Folglich spielen Online Reviews im Kaufentscheidungsprozess der Konsumenten eine essenzielle Rolle (Schoenmueller/Netzer/Stahl 2020, S. 853). Zudem besteht ein wesentlicher Grund für die Nutzung von Online Reviews in ihrer Glaubwürdigkeit. Bewertungen anderer Konsumenten wird wesentlich mehr Vertrauen zugesprochen als traditioneller Werbung (Ziegele/Weber 2015, S. 104). Das liegt u.a. an den zumeist produktorientierten Händlerinformationen, die sich eher auf technische Aspekte und Produktstandards beziehen, wohingegen die Informationen, die Konsumenten über das Produkt bereitstellen, nutzerorientiert sind (Bickart/Schindler 2001, S. 32 f.). Eine in der Literatur vielfach verwendete Definition für Online Reviews, ist die von Mudambi und Schuff (2010, S. 186), die wie folgt lautet: „Online customer reviews can be defined as peer-generated product evaluations posted on company or third party websites”. Demzufolge handelt es sich bei Online Reviews um Produktbewertungen, die sowohl auf der Unternehmenswebseite, als auch auf Webseiten von Dritten veröffentlicht werden können. Diese durch den Konsumenten generierten Inhalte, lassen sich auf der Webseite neben den vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Produktinformationen finden (Chatterjee 2001, S. 129). Amazon.com hat seinen Kunden im Jahr 1995 als einer der ersten Online-Händler die Möglichkeit eröffnet, Bewertungen für Produkte auf seiner Webseite abgeben zu können (Park/Lee/Han 2007, S. 126). Mittlerweile stellt sowohl die Mehrheit der Online-Händler als auch der Produkthersteller den Konsumenten, diese Option zur Verfügung. Dadurch existieren für diese zahlreiche Möglichkeiten, ihre Erfahrungen im Internet zu teilen. Dies ist beispielsweise auf eigens errichteten Bewertungsportalen wie Yelp, Trusted Shops oder Trip Advisor möglich. Von Hotels, über Online-Shops bis hin zu Restaurants, können Verbraucher dort für alles ihre Bewertung abgeben.

Mit der neu eingenommenen Rolle der Konsumenten und der Anonymität des Internets sind indes auch Schattenseiten aufgekommen. Angesichts des hohen Stellenwerts den Unternehmen ihrem Unternehmenserfolg durch Online Reviews zuschreiben, greifen einige entweder zu Incentivierungen oder auch zu unethischen Methoden, um die Anzahl positiver Online Reviews zu erhöhen (Garnefeld et al. 2021, o. S.). Incentivierungen von Reviews können dabei sowohl monetär als auch nicht-monetär erfolgen (Petrescu et al. 2017, S. 2). Demnach erfolgt für das Schreiben einer Online Review eine Incentivierung in Form eines Entgelts oder eines kostenlosen Testprodukts. Werden illegale Wege genutzt, um Individuen zum Verfassen von Bewertungen zu motivieren, werden diese zumeist dafür bezahlt, Fake Reviews über das Produkt oder die Dienstleistung zu verfassen (Malbon 2013, S. 245). Somit haben die Verfasser der Bewertungen das Produkt zuvor weder gekauft noch genutzt und werden ausschließlich für das Schreiben falscher positiver Bewertungen entlohnt (Anderson/Simester 2014, S. 249).

Eine weitere bekannte Definition für Online Reviews stellt die von Wiedmann et al. (2016, S. 341) dar. Sie sehen diese als eine spezielle Form der Electronic Word-of-Mouth-Kommunikation, die informell, zwischenmenschlich und produktbezogen zwischen dem Rezensenten und einer unbekannten Anzahl an Konsumenten im Internet stattfindet. Andere Autoren beziehen z.B. auch die Charakteristika von Online Reviews mit in ihre Begriffsdefinition ein (Zimmermann 2014, S. 28). Dabei besitzen Online Reviews sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Dimension. In den meisten Fällen besteht eine Online Review allerdings aus beiden Dimensionen. Die qualitative Dimension einer Online Review, stellt hierbei eine schriftliche Bewertung der Erfahrung mit dem Produkt oder der Dienstleistung dar (Kostyra et al. 2016, S. 12). Dem Konsumenten sind dabei keine Grenzen gesetzt, sodass dieser frei entscheidet, wie er seine Erfahrung beschreibt, Kritik übt und das Produkt bewertet (Jimenez/Mendoza 2013, S. 227). Im Gegensatz dazu werden bei quantitativen Reviews Ratings genutzt, um den Gesamteindruck und die Zufriedenheit mit einem Produkt nummerisch oder prozentual auszudrücken (Wang et al. 2015, S. 375). Meist erfolgt dies durch eine Bewertung anhand von Sternen, die i.d.R. fünf Einheiten umfassen. Dabei spiegelt 1 eine sehr negative und 5 eine sehr positive Bewertung des Produkts oder der Dienstleistung wider (Watson/Gosh/Trusov 2018, S. 111 f.). Die einzelnen Ratings der Konsumenten werden in der Regel zu einer Gesamtbewertung zusammengefasst (Kostyra et al. 2016, S. 12). In der Praxis nutzt die Mehrzahl der Händler, Online Reviews, die sowohl einen quantitativen als auch einen qualitativen Bestandteil aufweisen (Wang et al. 2015, S. 372; Watson/Gosh/Trusov 2018, S. 111). Demnach geben die Konsumenten neben ihrer schriftlichen Bewertung in Textform auch eine numerische Bewertung ab. Quantitative Reviews können indes in verschiedene Bestandteile zerlegt werden. Zum einen stellt die Valenz, die das Durchschnittsrating und somit die durchschnittliche Zufriedenheit der Konsumenten beinhaltet, einen dieser Bestandteile dar (Kostyra et al. 2016, S. 12). Die Valenz spiegelt demnach die inhaltliche Ausrichtung einer Online Review, im Sinne einer positiven oder negativen Meinung wider (Gu/Park/Konana 2012, S.188). Zum anderen zählt die Varianz quantitativer Reviews dazu. Diese beschreibt die Inkonsistenz der abgegebenen Online Reviews, d.h., inwiefern diese übereinstimmen oder eine Heterogenität aufweisen (Kostyra 2016, S. 13). Eine Dimension die sowohl bei quantitativen als auch bei qualitativen Online Reviews eine Rolle spielt, ist das Volumen. Damit ist die Anzahl an vorhandenen Online Reviews zu einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung gemeint (Kostyra et al. 2016, S. 13). Inzwischen liegt der Fokus nicht mehr allein darauf, Kunden die Möglichkeit zu bieten, eine Online Review zu verfassen, sondern auch die Nützlichkeit der abgegebenen Review für andere Konsumenten zu erfragen (Mudambi/Schuff 2010, S. 186). Online-Händler wie Amazon, stellen den Kunden dafür gezielt die Frage „War diese Bewertung hilfreich für Sie?“, um so die Nützlichkeit der Bewertungen evaluieren zu können. Mit Hilfe dieser Informationen, positioniert Amazon die besten Bewertungen gezielt auf seiner Homepage, sodass es auch den Nutzern möglich ist, zu erfahren, für wie viele Konsumenten die Bewertungen hilfreich waren (Mudambi/Schuff 2010, S. 186).

In Anlehnung an die vorangestellten Definitionen werden Online Reviews innerhalb der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert: Online Reviews stellen schriftliche Produktbewertungen von Kunden dar, die auf der Webseite des zu bewertenden Unternehmens oder Dritter veröffentlicht werden und einer unbestimmten Anzahl an Konsumenten zur Verfügung stehen.

2.1.2 Stand der Forschung

Aus den vorangegangenen Abschnitten ist bereits die Bedeutung von Word-of-Mouth für die Forschung und Praxis hervorgegangen. Vielfach wurde in Studien der signifikante Einfluss von Word-of-Mouth auf die Einstellungen und das Verhalten von Konsumenten sowie den Umsatz nachgewiesen. Demzufolge nehmen Unternehmen die Word-of-Mouth-Kommunikation ernst, da diese sich sowohl positiv als auch negativ auf den Unternehmenserfolg auswirken kann.

Das Interesse vieler Forschungsarbeiten innerhalb der letzten Jahre, liegt dabei auf den Wirkungen von Online Reviews. Oftmals wurde dabei der Effekt von Online Reviews auf die Kaufabsicht als auch auf die Kaufentscheidung untersucht. Der Inhalt von qualitativen Reviews stellt eines der wichtigsten Elemente dar, denn dieser ist ein entscheidendes Kriterium für die Beeinflussung der Kaufentscheidung potenzieller Kunden (Kim/Maslowska/Malthouse 2018, S. 34). Dabei spielt die Argumentationsqualität der Bewertung eine wichtige Rolle. Park/Lee/Han (2007, S. 125) haben anhand von 352 College Studenten den Einfluss der Qualität einer Review auf die Kaufabsicht untersucht. Die Qualität einer Review wird innerhalb der Studie nach den Kriterien Relevanz, Verständlichkeit, Angemessenheit als auch die Objektivität der Informationen beurteilt (Park/Lee/Han 2007, S. 128). Zudem wurden die Quantität von Online Reviews sowie das Involvement als Variablen zur Untersuchung herangezogen. Die Autoren können einen signifikanten positiven Effekt der Qualität einer Online Review auf die Kaufabsicht von Konsumenten nachweisen. Dabei führen diejenigen Bewertungen zu einem positiven Effekt, die logisch und überzeugend sind und spezifische Fakten über das bewertete Produkt enthalten (Park/Lee/Han 2007, S. 140). Darüber hinaus wurde eine Beziehung zwischen der Anzahl an vorhandenen Reviews und der Kaufabsicht bestätigt. Die Absicht das Produkt zu kaufen ist demnach im Durchschnitt mit der Anzahl vorhandener Online Reviews gestiegen (Park/Lee/Han 2007, S.138). Die Autoren erklären sich diesen Effekt dadurch, dass eine hohe Anzahl an Bewertungen auf eine hohe Popularität des Produkts schließen lässt, wodurch die Kaufabsicht steigt (Park/Lee/Han 2007, S. 140). Auch einen Interaktionseffekt zwischen Involvement und Qualität der Review, bei dem High-Involvement Konsumenten von der Qualität der Online Review beeinflusst werden, kann nachgewiesen werden (Park/Lee/Han 2007, S. 135). Eine weitere Studie, die sich mit den Wirkungen auf die Kaufabsicht beschäftigt hat, stellt die von Ziegele/Weber (2015) dar. Diese berücksichtigen innerhalb ihrer Arbeit, die Glaubwürdigkeit einer Review und unterscheiden hierbei zwischen Einzelbewertungen und Gesamtbewertungen. Sie vermuten einen stärkeren Einfluss gut argumentierter Einzelbewertungen, im Gegensatz zu einer zusammengefassten Wertung mehrerer Online Reviews (Ziegele/Weber 2015, S. 105). Mithilfe eines Online-Experiments können die Autoren einen stärkeren direkten Effekt einer Einzelbewertung auf produktbezogene Einstellungen und Wünsche von Konsumenten nachweisen und so ihre Hypothese bestätigen (Ziegele/Weber 2015, S. 111). Dieser Effekt wird allerdings nicht wie erwartet von der generell wahrgenommenen Glaubwürdigkeit einer Review moderiert, wodurch sich auch die Konsumenten von vertrauenswürdigen Einzelbewertungen lenken lassen, die üblicherweise gegenüber Electronic Word-of-Mouth skeptisch sind (Ziegele/Weber 2015, S. 111).

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Ende der Leseprobe aus 163 Seiten

Details

Titel
Wie unterscheiden sich Online Reviews von Produkttestern und Käufern? Eine qualitative Analyse
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
163
Katalognummer
V1153478
ISBN (eBook)
9783346544216
ISBN (Buch)
9783346544223
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Online Reviews, Produkttests, Product Sampling, Produkttester-Programme, Word-of-Mouth, Electronic Word-of-Mouth
Arbeit zitieren
Daniela Barbaro (Autor:in), 2021, Wie unterscheiden sich Online Reviews von Produkttestern und Käufern? Eine qualitative Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1153478

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