Das Konzept "Produktionsschule" verfolgt dabei einen spannenden Ansatz: Das Verbinden von praktischer Arbeit und theoretischem Lernen in einer betriebsähnlichen Einrichtung. Dort erleben die Teilnehmenden, durch "ernsthafte Arbeit" an einem Produkt oder an der Durchführung einer Dienstleistung, erste Erfolgserlebnisse. Erste empirische Untersuchung bewiesen demnach, dass das Konzept "Produktionsschule" für Jugendliche und junge Erwachsene ziemlich arrivierend ist und einen pädagogischen Mehrwert erzielt. Das Praxisfeld der Produktionsschulen ist komplex, spannend und attraktiv für die Benachteiligtenförderung. Und dennoch existiert, trotz mehreren Produktionsschulen in Deutschland und Europa, überraschenderweise keine allgemeingültige Fachkonzeption "Produktionsschule" in der wissenschaftlichen Literatur. Untersuchungen mehrerer Landesprogramme ergaben, dass jede einzelne Produktionsschule individuell und einzigartig ist. Grund dafür ist vor allem eine fehlende Verortung in den Gesetzen und in der Politik. Welche Konsequenzen dies für das Konzept "Produktionsschule", sowie deren Zielgruppenarbeit, besitzt; wird nun im Laufe dieser Seminararbeit vorgestellt.
An erster Stelle wird nun die Jugendberufshilfe bündig vorgestellt und anschließend deren Historie, sowie die Geschichte der Produktionsschule dargestellt. Im Anschluss wird das "Fachkonzept Produktionsschule" beschrieben und erläutert. Hierbei wird nur Bezug auf theoretische Möglichkeiten von allgemeingültigen oder schon existierenden "Konzepten" genommen. Zusätzlich folgt eine Handlungsempfehlung, bei welcher die Konsequenzen einer solchen „flachen“ Konzeption genannt werden, sowie mögliche Vorschläge für Verbesserungen oder Lösungen. Schlussendlich wird die Seminararbeit mit einem Fazit abgerundet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einführung in die Jugendberufshilfe
2.1 Definition
2.2 Zielgruppe
2.3 Aufgaben und Angebote
3. Historischer Rückblick der Jugendberufshilfe
3.1 Historische Entwicklung der Benachteiligtenförderung
3.2 Historische Entstehung der Fachkonzeption „Produktionsschule“
4. Fachkonzept „Produktionsschule“
4.1 Begriffsbestimmung
4.2 Akteure
4.2.1 Trägerschaft
4.2.2 Fachkräfte
4.2.3 Teilnehmende
4.3 Zielgruppenarbeit und Entwicklungsprozesse
5. Handlungsempfehlungen
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Wenn du hier bist inner Holzwerkstatt, das was wir an Aufträgen machen, oder was wir tagtäglich zu tun haben, das ist auch so, als wenn du normal bei irgendeiner Firma angestellt wärst. Und da kann man doch richtig stolz sein. Dann ist man nicht mehr der Doofe.“
Dieses Zitat stammt von einem ehemaligen Schüler einer Produktionsschule (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 68). Viele Teilnehmende solcher produktionsorientierten Schulen empfinden das Gleiche wie in diesem Beispiel. Jugendliche und junge Erwachsene, welche nicht den ersten Fuß in den Arbeitsmarkt bewältigen können, finden sich in Arbeitsprojekten der Jugendberufshilfe wieder. Das Konzept „Produktionsschule“ verfolgt dabei einen spannenden Ansatz: Das Verbinden von praktischer Arbeit und theoretischem Lernen in einer betriebsähnlichen Einrichtung. Dort erleben die Teilnehmenden, durch „ernsthafte Arbeit“ an einem Produkt oder an der Durchführung einer Dienstleistung, erste Erfolgserlebnisse. Erste empirische Untersuchung bewiesen demnach, dass das Konzept „Produktionsschule“ für Jugendliche und junge Erwachsene ziemlich arrivierend ist und einen pädagogischen Mehrwert erzielt. Das Praxisfeld der Produktionsschulen ist komplex, spannend und attraktiv für die Benachteiligtenförderung. Und dennoch existiert, trotz mehreren Produktionsschulen in Deutschland und Europa, überraschenderweise keine allgemeingültige Fachkonzeption „Produktionsschule“ in der wissenschaftlichen Literatur. Untersuchungen mehrerer Landesprogramme ergaben, dass jede einzelne Produktionsschule individuell und einzigartig ist.1 Grund dafür ist vor allem eine fehlende Verortung in den Gesetzen und in der Politik. Welche Konsequenzen dies für das Konzept „Produktionsschule“, sowie deren Zielgruppenarbeit, besitzt; wird nun im Laufe dieser Seminararbeit vorgestellt.
An erster Stelle wird nun die Jugendberufshilfe bündig vorgestellt und anschließend deren Historie, sowie die Geschichte der Produktionsschule dargestellt. Im Anschluss wird das „Fachkonzept Produktionsschule“ beschrieben und erläutert. Hierbei wird nur Bezug auf theoretische Möglichkeiten von allgemeingültigen oder schon existierenden „Konzepten“ genommen. Zusätzlich folgt eine Handlungsempfehlung, bei welcher die Konsequenzen einer solchen „flachen“ Konzeption genannt werden, sowie mögliche Vorschläge für Verbesserungen oder Lösungen. Schlussendlich wird die Seminararbeit mit einem Fazit abgerundet.
2. Einführung in die Jugendberufshilfe
Trotz ihrer langen und bedeutsamen Vergangenheit ist die Jugendberufshilfe im sozialwissenschaftlichen Diskurs nur selten vertreten und es lassen sich bloß vereinzelt empirische Forschungen oder Untersuchung in der Literatur darüber finden. Jedoch wird das Praxisfeld im Hinblick auf die gesellschaftliche Entwicklungen - wie bspw. der exponentielle Anstieg von Geflüchteten in Deutschland oder die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich – immer relevanter und gewinnt in der Jugendsozialarbeit mehr an Bedeutung (Mairhofer, 2017, S. 6). Jugendliche und junge Erwachsene haben zunehmend Schwierigkeiten, in den ersten Arbeitsmarkt2 Fuß zu fassen. Für viele ist eine Ausbildung „zu schwierig“ oder haben schlussendlich „keinen Bock“ (Gentner, 2008, S. 28). Genau an dieser Schnittstelle setzt die Praxis der Jugendberufshilfe durch Förderangebote, Maßnahmen oder pädagogische Methoden an; um die Jugendlichen zu unterstützen. Während die Praxis zweifelslos bestimmt ist, ist die Theorie jedoch schwer zu verorten. Es wird sogar in der Literatur über ein „Orientierungsdilemma“ diskutiert (Mairhofer, 2017, S. 10; Enggruber & Fehlau, 2018, S. 55). Dieses „Orientierungsdilemma“ hinterlässt zum Teil unordentliche Spuren auf einzelne Tätigkeitsfelder, Angebote oder Maßnahmen wie bei dem Fachkonzept „Produktionsschule“, welches im späteren Verlauf dieser Seminararbeit explizit dargestellt wird. Nichtsdestotrotz wird nun im Folgenden die Jugendberufshilfe näher erläutert, um eine Grundlage für den weiteren Kurs dieser Hausarbeit zu schaffen. Diesbezüglich wird nun die Jugendberufshilfe definiert, dann wird die Zielgruppe bestimmt und schlussendlich werden die Aufgaben und Angebote dargestellt.
2.1 Definition
Die Jugendberufshilfe erscheint schwierig, bestimmt zu werden, denn sie ist per se keine Institution und es existieren nur vereinzelt vollumfängliche Einrichtungen zu diesem Gebiet. Sie ist vielmehr ein Teilgebiet der Jugendsozialarbeit, welches im achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe) unter § 13 angesiedelt ist (Christe, 2016, S. 1). Zusammenfassend lässt sich die Jugendberufshilfe „als eine umfassende Unterstützung von Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen beim Übergang von der Schule in Ausbildung oder Erwerbsarbeit“ beschreiben (ebd.). Die Jugendberufshilfe soll diesbezüglich die Jugendlichen durch Förderangebote in den ersten Arbeitsmarkt eingliedern und damit deren soziale Integration fördern (ebd.). Sie wird entsprechend ihrer Zielsetzung deshalb in der Literatur häufig als „Brücke in die Arbeitswelt“ beschrieben (ebd.; Enggruber & Fehlau, 2018, S. 54).
Die inhaltliche Definition der Jugendberufshilfe ist somit deutlich bestimmbar und auch explizit in der Fachliteratur zu finden, dennoch kollidiert die Jugendberufshilfe mit ihrer eigenen Komplexität in Bezug auf ihre Strukturen, Leistungen und Förderangeboten (Mairhofer, 2017, S. 7). Der Sozialwissenschaftler Andreas Mairhofer (2017) konkretisierte in seiner Forschungsübersicht, dass der Jugendberufshilfe „zunächst alle sozialpädagogischen Angebote für Jugendliche am Übergang, und zwar unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage und formalen Zuständigkeit“, als zugehörig angesehen werden kann (S. 7). Dies bedeutet wiederum; dass alle Aufgaben, welche Jugendliche am Übergang unterstützen, unter dem Begriff Jugendberufshilfe verortet sind. Somit fallen nicht nur Angebote und Leistungen unter der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), sondern es werden auch sozialpädagogische Angebote nach Grundlage der Grundsicherung (SGB II) und Arbeitsförderung (SGB III) berücksichtigt (ebd.). Die Jugendberufshilfe ist somit verpflichtet, zum einen mit Akteuren der Jugendhilfe zusammenzuarbeiten, zum anderen mit „fachfremden“ Institutionen aus der Arbeitsmarktpolitik zu kooperieren (Mairhofer, 2017, S. 8). Diese Vielzahl an Akteuren, Kooperationen und Fachbereichen und der daraus resultierenden, nicht eindeutigen Verortung zwischen Jugendarbeit bzw. Jugendsozialarbeit und Arbeitsförderung; war die Ursache für das o. g. „Orientierungsdilemma“. In den 1990er Jahren diagnostizierte der bekannte Sozialwissenschaftler Michael Galuske, dass die Jugendberufshilfe als zusammengefasstes Ziel, die dauerhafte Integration ihrer Teilnehmenden in die Arbeitswelt, besitzt, obwohl dies für viele ihrer Adressat*Innen keinen pädagogischen Mehrwert verfügt (Mairhofer, 2017, S. 10). Dieses Problem ist bis heute noch gegenwärtig und es passiert nicht selten, dass Klient*Innen in eine Ausbildung oder Erwerbstätigkeit „reingezwungen“ werden, um bspw. eine Vermittlungsquote nach Grundlage von SGB III3 zu erzielen (Enggruber & Fehlau, 2018, S. 55). Nichtsdestotrotz ist aber dieser große Gegenstandsbereich der Jugendberufshilfe notwendig; um zum einen eine Grenzziehung in ihrem eigenen Aufgabenbereich ziehen zu können, zum anderen aber auch um gewisse Synergieeffekte zu erzielen und eine bestmögliche kooperative Zielgruppenarbeit zu ermöglichen. Es ist somit nicht Aufgabe der Jugendberufshilfe, ihr „Orientierungsdilemma“ zu lösen; sondern zu wissen, wie sie damit umgehen soll.
Die Jugendberufshilfe im weiten Sinne zu definieren, ist somit sehr komplex. Durch die fehlende Verortung existieren viele mögliche, vielfältige und ausführliche Definitionen in der Fachliteratur. Jedoch ist die abwesende Verortung keinesfalls negativ. Vielmehr sorgt es sogar dafür, dass Fachkräfte ihre Zielgruppe ganzheitlich und aus vielen Perspektiven wahrnehmen können und sollen (ebd.). Klient*Innen sollen nicht nur beim Übergang Schule – Beruf unterstützt werden, sondern sie sollen auch bei allgegenwärtigen Problemlagen Hilfe von der Jugendberufshilfe bekommen. Die Jugendberufshilfe ist somit ein vielfältiges, aber spannendes Praxisfeld.
2.2 Zielgruppe
Die Zielgruppe der Jugendberufshilfe ist hingegen leicht zu bestimmen. Im Allgemeinen beinhaltet die Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsen zwischen 14 & 27 Jahren (Christe, 2016, S. 1). Im Besonderen jedoch befasst sich die Jugendberufshilfe vor allem mit Kindern und Jugendlichen, die individuell beeinträchtigt oder sozial benachteiligt sind (Mairhofer, 2017, S. 12). Soziale Benachteiligung erfolgt in diesem Sinne, falls ein Individuum aufgrund seiner (sozialen) Herkunft oder Ethnizität Nachteile in der Gesellschaft erfährt (ebd.). Individuelle Beeinträchtigung erfolgt, falls ein Individuum gewisse „Defizite“ besitzt (Depressionen, Lernbeeinträchtigungen, etc.) (ebd.). Durch diese Zielgruppenbestimmung wurden Angebote der Jugendberufshilfe damals „Benachteiligtenprogramm“ genannt, welche nun in „Benachteiligtenförderung“ umgewandelt wurde. In der Regel dürfen jedoch alle jungen Menschen, egal welcher Herkunft und welchen Bildungszweig sie besuchen oder abgeschlossen haben, die Angebote der Jugendberufshilfe wahrnehmen.
Obwohl schon früh in der Gesellschaft davon ausgegangen wurde, dass die Schule den Bildungs- und Erziehungsauftrag besitzt, ihre Schüler*Innen auf das Berufsleben vorzubereiten, stellte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahre 2005 fest, dass vor allem Schüler*Innen an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf – in der Regel nach Erhalt ihres Abschlusses – unbedingt besonderen Förder- und Hilfebedarf benötigen (S. 12-13). Dies hat sich bis dato nicht geändert und es existieren für Lehrkräfte unzählige Fort- und Weiterbildungen in den Bereichen Berufsorientierungen, sowie innerhalb der Schulen eigene Koordinator*Innen. Demzufolge kooperieren auch viele Schulen mit der lokalen Jugendberufshilfe oder Jugendsozialarbeit, um durch berufsvorbereitende Seminare oder Beratungen die Jugendlichen besser zu unterstützen (BMBF, 2005, S. 14).
Die Jugendberufshilfe verfolgt bei ihrer Anschauung der Zielgruppe den lebensweltorientierten Ansatz nach Hans Thiersch (Enggruber & Fehlau, 2018, S. 56). Dies hat mehrere Gründe: Zum einen besitzt die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit trotz ihres hohen Alters eine enorme Bedeutung in der heutigen Ausbildung und Praxis von pädagogischen Fachkräften & jedem Mitarbeitenden einer sozialpädagogischen Praxis sollte diesem Ansatz auch bekannt sein (Enggruber & Fehlau, 2018, S. 57). Zum anderen gilt auch Hans Thiersch als einer der Pioniere, welche im Jahre 1990 die Reform des Jugendwohlfahrtgesetzes (JGW) zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) einleitete, das als Kern des heutigen achten Sozialgesetzbuch gilt (SGB VIII) (Enggruber & Fehlau, 2018, S. 56). Durch Elemente wie „Partizipation“ im ehemaligen KJHG und der Bestätigung, dass die Jugendberufshilfe sogar rechtsdogmatisch auf das KJHG geprägt ist; ist anzunehmen, dass die Jugendberufshilfe in Teilen auf Grundlage von Hans Thiersch und seiner Lebensweltorientierung sogar basiert (ebd.).
Das Lebensweltverständnis von Hans Thiersch handelt um eine subjektorientierte Theorie, in welcher der.
Mensch […] nicht abstrakt als Individuum verstanden [wird], sondern in Erfahrung einer Wirklichkeit, in der er sich immer schon vorfindet. Die materiellen und immateriellen (symbolischen) Ressourcen dieser in der Erfahrung präsenten Wirklichkeit sind gegliedert in Erfahrungen des Raumes, der Zeit und der sozialen Beziehungen. (Thiersch et. al., 2012, S. 184 zitiert nach Enggruber & Fehlau, 2018, S. 59).
Die Zeit, der Raum und die sozialen Beziehungen sind die Dimensionen; die die pädagogischen Fachkräfte der Jugendberufshilfe in Bezug auf ihre Zielgruppe berücksichtigen müssen. Die längere Phase der Arbeitslosigkeit kann als gedehnte und voller Angst erfüllte Zeit empfunden werden, schwierige Familienverhältnisse im eigenen zuhause können nur einen engen Raum für das (berufliche) Nachdenken anbieten & schädliche Beziehungen können zu fatalen Entscheidungen führen. Die Mitarbeitenden sollen nicht nur ihre Teilnehmenden als subjektives Individuum wahrnehmen, sondern müssen ebenso ihre Lebenswelt erfahren, annehmen, verstehen und mit diesem Wissen unterstützen.
2.3 Aufgaben und Angebote
Wie in den vorherigen Kapiteln mehrfach erwähnt, ist die Hauptaufgabe der Jugendberufshilfe die berufliche (und soziale) Förderung & Integration individuell beeinträchtigter und sozial benachteiligter Jugendlicher in das Berufsleben. Dies gelingt mit folgenden möglichen Aufgaben und Angeboten:
1. Beratung: Pädagogische Fachkräfte der Jugendberufshilfe haben vor allem eine beraterische Tätigkeit; um (arbeitslose) Jugendliche über mögliche Ausbildungen, Weiterschulungen, Erwerbstätigkeiten zu informieren und diese dann bei der Bewerbung zu unterstützen (Christe, 2016, S. 2). Beratungsstellen können aber auch als erste Anlaufstellen für individuelle Anliegen (bspw. familiärer, mentaler, gesellschaftlicher, kultureller oder religiöser Natur) wahrgenommen werden. (Berufsorientierte) Beratungen finden meistens in den Schulen oder in einer eigenen Einrichtung statt.
2. Berufsvorbereitung: Individuell beeinträchtigte und sozial benachteiligte Jugendliche besitzen in der Regel Förder- und Hilfebedarf, bevor sie eine Ausbildung oder Erwerbstätigkeit beginnen (ebd.). Dies geschieht durch Kompetenzfeststellungsverfahren oder berufsvorbereitende Maßnahmen. Ebenso werden Schüler*Innen durch berufsvorbereitende Seminare der Jugendberufshilfe auf Praktika und dem Berufsleben vorbereitet. Diese beinhalten bspw. die Vorstellung von Berufsfeldern, Stärken und Schwächen, Selbst- und Fremdeinschätzung und die Erstellung von Bewerbungen. Diese Seminare werden grundsätzlich von der lokalen Jugendberufshilfe organisiert und durchgeführt.
3. Berufsausbildung: Durch staatliche Programme oder auf gesetzlicher Grundlage mit öffentlichen Mitteln, ist es mit Unterstützung der Jugendberufshilfe möglich, eine außerbetriebliche Ausbildung oder assistierte Berufsausbildung zu absolvieren oder eine ausbildungsbegleitende Hilfe zu erhalten (ebd.).
4. Beschäftigung: Einrichtungen der Jugendberufshilfe bieten Leistungen und Maßnahmen im Rahmen von unterschiedlichen Arbeitsprojekten an (ebd.). Dazu zählen auch Produktionsschulen, welche im Laufe dieser Seminararbeit näher beleuchtet werden.
Zu den wichtigsten Maßnahmen und Förderangeboten gehören „niedrigschwellige Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebote, Jugendwerkstätten, Produktionsschulen, ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) und Jugendberatungsstellen“ (ebd.).
3. Historischer Rückblick der Jugendberufshilfe
Die Strukturen der Jugendberufshilfe als Teilgebiet der Jugendsozialarbeit, haben ihre Anfänge im 19. Jahrhundert (Mairhofer, 2017, S. 9). Insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg war der Zugang zu einer Erwerbstätigkeit in Deutschland durch prekäre historisch-gesellschaftliche Bedingungen beschwerlich (v. Rießen, 2018, S. 69-70). Vor allem die Jugendlichen und jungen Erwachsenen besaßen großen Förderbedarf, da ein Großteil von ihnen keine schulische Bildung erfuhren und zum Teil auch heimatlos waren (v. Rießen, 2018, S. 70). Ebenso setzte die industrielle und kapitalistische Gesellschaft neue Voraussetzungen & Qualifikationen für den Arbeitsmarkt vor (v. Rießen, 2018, S. 69). Im Zuge der Jugendsozialarbeit agierte die Jugendberufshilfe unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg, jedoch ohne eine amtliche Definition oder Verortung. Vielmehr wurde es als Aufgabe der Jugendsozialarbeit angesehen, Jugendliche im Übergang zu unterstützen und einzugliedern.
Das Konzeptgerüst der „Produktionsschule“ hat jedoch ihre Wurzeln schon im 18. Jahrhundert in Frankreich unter der Führung von Napoleon Bonaparte (Greinert, 2016, S. 11.). Produktionsorientierte Schulen und ihre bildungsphilosophischen Grundgedanken finden sich sogar in der Lehre vom sozialistischen Philosophen Karl Marx wieder (Greinert, 2016, S. 10). Bis dato sind sich jedoch Historiker*Innen, Philosoph*Innen und Pädagog*Innen einig; dass die Entwicklung der Fachkonzeption „Produktionsschule“ parallel in mehreren europäischen Staaten stattfand & es keine eindeutige und zielgerichtete Entstehung gab.
Im Folgenden wird nun die historische Entwicklung der Benachteiligtenförderung, sowie die historische Entstehung der Fachkonzeption „Produktionsschule“ dargestellt. Die Geschichte der Jugendberufshilfe ist bei der Entwicklung der Benachteiligtenförderung mit inbegriffen, jedoch wurde bewusst auf die Bezeichnung verzichtet, da sich der Begriff „Jugendberufshilfe“ erst um die Jahrtausendwende etabliert hatte. Ebenso ist folglich der Begriff „Benachteiligtenförderung“ weitergefasst und es beinhaltet alle (Förder-)Maßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene im Übergangssystem.
3.1 Historische Entwicklung der Benachteiligtenförderung
Wie eben erwähnt, befand sich Deutschland und dessen Wirtschaft in der Nachkriegszeit in einer prekären Lage. Als Land der „Frauen & Greisen“, gab es nur wenige Bürger*Innen, die in der Lage waren, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Um die Wirtschaft wieder schnell zu aktivieren, wurden zeitnah erstmalig Grundausbildungslehrgänge, berufsfördernde Maßnahmen & gemeinnützige Ausbildungsstätte gebildet, um vor allem heimat- und elternlose Jugendliche und junge Erwachsene in eine Ausbildung oder Beschäftigung eingliedern zu können (v. Rießen, 2018, S. 70).
Unter dieser Zielsetzung, Jugendliche zu aktivieren, war die Anstrengungen der Arbeitspolitik in drei Schwerpunkte eingeteilt (ebd.):
1. Der Ausgleich von dringenden Arbeits- und Ausbildungsplätzen zwischen den Regionen, vor allem in damaligen strukturschwachen Gegenden (ebd.).
2. Die Besetzung von gesellschaftlich wichtigen Ausbildungsplätzen durch die Einführung von neuen außerbetrieblichen Förder- und Qualifizierungsangeboten (v. Rießen, 2018, S. 70-71).
3. Die Besetzung von wichtigen Arbeitsplätzen durch „freiwillige“ oder befristete Beschäftigungsmöglichkeiten (v. Rießen, 2018, S. 71).
Die Angebote und Maßnahmen der damaligen Sozial- und Arbeitspolitik richteten sich bis ca. 1960 primär an alle beschäftigungs- und ausbildungsfähigen jungen Erwachsenen (ebd.). Dadurch sollte eine langfristige Jugendarbeitslosigkeit und den daraus resultierenden staatlich-finanziellen Unterstützungen vermieden werden (ebd.).
In den 1960er Jahren gerieten die Schwerpunkte, durch die hohe Arbeitskraft und ausreichend Arbeits- und Ausbildungsplätzen, in den Hintergrund (ebd.). Die Jugendberufshilfe bzw. Jugendsozialarbeit konnte sich nun auf ihre pädagogische Gestalt konzentrieren und begann mit der Betreuung und Unterstützung von nicht-berufsfähigen Jugendlichen an (ebd.). Unterdessen wurde auch das Grundrecht für die berufliche Förderung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Beeinträchtigungen eingeführt (ebd.).4 1969 trat dann das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Kraft, um primär das Wirtschaftswachstum zu fördern, sowie Verbesserungen und Sicherungen für Erwerbstätige (ebd.).
In den 1970er Jahren stiegen jedoch nicht nur die Arbeitslosenzahlen, sondern auch die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche als benachteiligt und beeinträchtigt definiert wurden & somit als nicht berufsreif diagnostiziert wurden (ebd.). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung war sich bewusst, dass sich die Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der nächsten Jahrzehnte nicht von allein bessern würden (v. Rießen, 2018, S. 71-72). Daraufhin kreierten sie ein breites Spektrum an berufsvorbereitenden und -unterstützenden Maßnahmen, welche unter das „Benachteiligtenprogramm“ liefen (ebd.).
1982 wurde bspw. die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) eingeführt, welche bis dato immer noch ein fester Bestandteil der Jugendberufshilfe ist (Hampel, 2020, S. 5). Jugendliche und junge Erwachsene, welche vor allem Sprach- und Bildungsdefizite verfügten, erhielten eine vollständige sozialpädagogische Begleitung und zusätzlichen Sonderunterricht (ebd.). 1988 wurde dann der Begriff „Benachteiligtenprogramm“ durch „Benachteiligtenförderung“ ersetzt und im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) verankert (ebd.). Neben dieser gesetzlichen Verankerung wurden auch deren Maßnahmen und Angebote angepasst und erweitert (Hampel, 2020, S. 5-6). Zehn Jahre später (1998) wurde dann die „Benachteiligtenförderung“ erneut verschoben. Mit der Einführung des dritten Sozialgesetzbuches (SGB III) wurde die Förderung von sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigen Jugendlichen, die ohne Unterstützung eine berufliche Ausbildung beginnen können, in den §§ 240 ff. geregelt (Hampel, 2020, S. 6). Damals liefen die Maßnahmen noch als Übergangshilfen. Elf Jahre später (2009) wurden sie dann gestrichen und in den Angebotskatalog (§§ 33 ff. SGB III) aufgenommen (ebd.). Nach der Jahrtausendwende gab es noch etliche Änderungen und Erweiterungen von Angeboten, Maßnahmen, rechtlichen Grundlagen oder (unbestimmten) Rechtsbegriffen; welche jedoch den Rahmen der Seminararbeit sprengen würde.
3.2 Historische Entstehung der Fachkonzeption „Produktionsschule“
Der Erziehungswissenschaftler Johannes Meyser entdeckte in seiner historischen Untersuchung über Produktionsschulen, dass deren Wurzeln schon im 18. Jahrhundert anfangen (Greinert, 2016, S. 10-11). Im Jahre 1788 gründete der Herzog Francois-Alexandre Fréderic de La Rochefoucauld-Liancourt eine Militärwaisenschule, welche das Arbeiten und Lernen in einem elementarschulischen Kontext verband (Greinert, 2016, S. 11). Waisenkinder und Soldatensöhne wurden in dieser produktionsorientierten Schule militärisch erzogen, theoretisch unterrichtet und absolvierten zusätzlich eine berufliche Ausbildung als Handwerker (ebd.). Der Herzog überredete den damaligen Führer Napoleon Bonaparte über die Relevanz dieser produktionsorientierten Schulen, welche nicht nur junge Erwachsene schulisch, sondern auch technisch bzw. praktisch ausbildet (ebd.). Dies würde den industriellen Fortschritt des französischen Reiches signifikant unterstützen (ebd.). Demzufolge entstanden die ersten staatlich gewerblich-technischen Produktionsschulen in Frankreich, welche Platz bis zu 300 Schüler*Innen besaß (ebd.). In diesen Produktionsschulen arbeiteten die Jugendlichen sieben Stunden in der Werkstatt und erhielten zusätzlich in Klassenräumen fünfeinhalb Stunden Unterricht (ebd.). Hierbei wurde in den Klassenräumen auf moderne Unterrichtseinheiten gesetzt, während in den Werkstätten traditionelle handwerkliche Produktionstechniken beigebracht wurde (ebd.). Jedoch besaßen diese Produktionsschulen nur einen wirtschaftlichen Fokus und verfügten noch keine pädagogische Gestalt (Greinert, 2016, S. 12).
Der Berufspädagoge Wolf-Dietrich Greinert schrieb über diese pädagogische Gestalt in seinem historischen Artikel über die Entstehung von Produktionsschulen folgendes: „Das Konzept einer `von der Produktion getrennten, jedoch nicht produktionsfremden, systematischen, nach pädagogischen Gesichtspunkten geordneten praktischen Berufsausbildung´, die Entstehung des ersten `didaktischen´ modernen Berufsausbildungsmodells in Europa, ist das Ergebnis eines höchst komplexen historischen Prozesses“ (2016, S. 12). Das „Konzept Produktionsschule“ wurde wieder wie erwähnt in den 1900er Jahren von Pädagog*Innen, Philosoph*Innen und Philanthrop*Innen aufgegriffen; da die Idee einer humanistischen produktionsorientierten Schule, in welcher das Arbeiten und Lernen mit einem pädagogischen Mehrwert für die Teilnehmenden doziert wird, als Lösung für mehrere Probleme pädagogischer, bildungspolitischer und wirtschaftlicher Natur angesehen wurde (Greinert, 2016, S. 12). 1969 befasste sich der Berufspädagoge Willi Brand mit der Konzeption „Produktionsschule“ und den damaligen „Bundes Entschiedener Schulreformer“5 (Kipp & Stomporowski, 2018). Deren Ziel war es, „im Geiste der Jugendbewegung und der nach sozialer Lebensauffassung und neuen Lebensformen strebenden kulturellen Entwicklung an der Erneuerung des Erziehungs- und Bildungswesens“ zu arbeiten (ebd.). Auch bei ihnen gab es die Forderung einer Produktionsschule; welche die praktischen, technischen und künstlerischen Fähigkeiten der Teilnehmenden fordert und daraus resultierend das soziale Bewusstsein sich entwickelt (ebd). Dadurch strebten sie eine Reformierung der Gesellschaft an und waren sich einig, dass das Konzept „Produktionsschule“ dies bewirken würde (ebd.). Die gesamten Theorien und Grundsätze der „Bundes Entschiedener Schulreformer“ reichen auch sehr dicht an den heutigen Erziehungsgrundsätze gegenwärtiger Produktionsschulen heran (ebd.). Jedoch ähnelten ihre Vorstellungen einer Utopie (ebd.) Eine pädagogische Institution zu gründen, die nicht nur eine harmonische und gerechte Gemeinschaft entfaltet, sondern auch die gesamte Gesellschaft beeinflusst, schien nicht realistisch. Dies war auch dem Gründer des „Bundes Entschiedener Schulreformer“ bewusst (ebd.). Laut eigenen Aussagen ist eine bewusste Utopie dennoch notwendig für das pädagogische Denken (ebd.).
Trotz dieser utopischen Vorstellungen versuchte Willi Brand die erzieherischen Ziele in eine realisierbare Form zu deduzieren (ebd.). Er nennt dabei folgende vier: „(1) Die Schüler zum selbstverantwortlichen Handeln in enger Verbindung zur Gemeinschaft befähigen, (2) die schöpferischen Gaben vor allem durch praktische Tätigkeiten ausbilden, (3) Konkurrenzdenken und bürgerliche Hierarchien überwinden, (4) einen jeden zum bewußt [sic] lebenden Mitglied des demokratischen Gemeinschaftsstaates erziehen" (Brand, 1969, S. 72 zitiert nach Kipp & Stomporowski, 2018). Durch diese Untersuchung von Willi Brand und der gleichzeitigen Einführung des Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und der Entstehung von mehreren berufsvorbereitenden Maßnahmen, wurde das Konzept „Produktionsschule“ wieder aufgegriffen. Und obwohl viele Pädagog*Innen Angst vor den utopischen Vorstellungen, Grundsätze und Aufgaben hatten, wurden noch vor der Jahrtausendwende ab 1980 unabhängig insgesamt ca. 25 Produktionsschulen gegründet (ebd.). Diese erzielten zwar keinesfalls die Dimension der Theorien der „Bundes Entschiedener Schulreformer“, jedoch verfolgten viele zumindest den produktionsschulorientierten Ansatz und verbanden Arbeiten und Lernen.
4. Fachkonzept „Produktionsschule“
Nachdem in den vorherigen Kapiteln nun über die Jugendberufshilfe, sowie deren historischen Entwicklung und der geschichtlichen Entstehung der Produktionsschule berichtet wurde; wird im Folgenden nun das Fachkonzept „Produktionsschule“ näher beleuchtet. Wie in Kap. 3.2 angedeutet, verbindet eine Produktionsschule die praktische Arbeit an einem Produkt oder an einer Dienstleistung mit einem didaktisch-methodischem Unterricht. Dies passiert jedoch auf pädagogischer Weise, da die tatsächlichen Adressat*Innen sozial benachteiligte oder individuell beeinträchtigte Jugendliche und junge Erwachsene sind, welche Schwierigkeiten im Übergangssystem besitzen. Zumal es nach der Jahrtausendwende zunehmend schwieriger wurde, die genannte Zielgruppe in eine Ausbildung oder Beschäftigung zu vermitteln, wurde das Konzept „Produktionsschule“ in der Sozialen Arbeit und Berufspädagogik immer bedeutsamer. Trotz alledem scheint sich dieses Fachkonzept in der empirischen Wissenschaft und Fachliteratur zu verstecken.
Nachfolgend wird nun versucht, das Fachkonzept „Produktionsschule“ zu bestimmen und die jeweiligen Akteure innerhalb dieser Schule zu erläutern. Anschließend wird spezifisch auf die Zielgruppenarbeit und Entwicklungsprozesse der Teilnehmenden eingegangen.
4.1 Begriffsbestimmung
Der Terminus „Begriffsbestimmung“ wurde in diesem Kontext bewusst ausgesucht, da bis dato keine einheitliche bzw. amtliche Definition des Fachkonzeptes „Produktionsschule“ existiert. Das Konzept „Produktionsschule“ ist eher mit einem „Gefäß“ zu vergleichen; welches mit vielen Praktiken, Methoden, Handlungen und Vorstellungen aus der allgemeinen Pädagogik, Berufspädagogik, Erziehungswissenschaften und vielem mehr gefüllt wird (Bojanowski, 2011, S. 15). Und trotz fehlender Definition und abwesenden Handlungsräumen wurde mehrfach bestätigt, dass Produktionsschulen erfolgreich sind und einen pädagogischen Mehrwert für ihre Teilnehmenden besitzen (ebd.). Jedoch besitzt die Fachkonzeption – ähnlich wie die allgemeine Jugendberufshilfe – dadurch ein Verortungsproblem. (Gentner, 2018, S. 148-149). Obwohl Produktionsschulen seit den 1980er Jahren deutschlandweit existieren, haben sie keinen festen Platz in der deutschen Bildungspolitik (Gentner, 2018, S. 149). Darunter leidet vor allem die Finanzierung und Existenzsicherung, welche unterschiedlich und regellos beantragt werden kann (Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter, Länder, Kommunen, Europäischer Sozialfonds und viele mehr) (Brand et. al., 2011, S. 35). Ein allgemeines Modell der Produktionsschulen, mit möglichen Finanzierungsmöglichkeiten und geregelten Trägerschaften, wurde niemals konzipiert und deswegen gründeten viele Einrichtungen und Institutionen ihre eigene Version von „Produktionsschule“ (Bojanowski, 2011, S. 15). Deshalb existieren in ganz Deutschland Produktionsschulen mit unterschiedlichen Bezeichnungen6, verschiedenen Konzeptionen und eigenen Philosophien (Gentner, 2018, S. 149). Und ohne eine amtliche und allgemeine Definition, entstehen Verortungsprobleme im formellen und rechtlichen Zweig, welche sich immens auf die Sicherung und Finanzierung einer Produktionsschule auswirken (Bojanowski, 2011, S. 16). Der „Bundesverband Produktionsschule e.V.“ verwies bei einer durchgeführten Untersuchung der „Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Außenstellte Dortmund“ erneut auf die rechtliche Instabilität der Produktionsschulen:
Die rechtliche und finanzielle Absicherung von Produktionsschulen ist von ausschlaggebender Bedeutung. So muss längerfristig eine ausschließliche staatliche Finanzierung angestrebt werden, da die Förderung junger Menschen bis zur Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit als eine vorrangige staatliche Aufgabe anzusehen ist. Um sich als eigenständige Bildungsform zu etablieren, müssen die Produktionsschulen in Deutschland auf solide rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen aufbauen können. (Brand et. al., 2011, S. 35)
Es ist daher dringend notwendig, dass das Fachkonzept amtlich definiert und verortet wird. Dieser Gedanke wird auch immer von Pädagog*Innen und Sozialwissenschaftler*Innen aufgegriffen, jedoch kommen diese auf keinen Konsens (Bojanowski, 2011, S. 16). Infolgedessen folgt nun der Versuch, die allgemeinen Merkmale und Eigenschaften von Produktionsschulen zu bestimmen und zu beschreiben.
Die Produktionsschule ist eine Bildungseinrichtung im Übergangssystem Schule – Beruf für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 25 Jahren, welche sozial benachteiligt oder individuell beeinträchtigt sind (Bojanowski et. al., 2011, S. 91). Das pädagogische Ziel lautet, dass die Teilnehmenden neben beruflichen Fertigkeiten und Qualifikation auch soziale und personale Kompetenzen erwerben, um einen erleichterten Start in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen zu können (Bojanowski, 2011, S. 17). Dies geschieht durch eine Einheit von Arbeiten und Lernen. Der Lernort fungiert nicht nur als Schule, sondern ebenso als Betrieb, in welcher wirtschaftlich agiert wird. Dies bedeutet auch, dass das Produkt oder die Dienstleistung, die erbracht wird, wird durch externe Kaufkraft eingetauscht. Obwohl sich die Schüler*Innen die meiste Zeit in einer Werkstatt aufhalten und an einem Produkt oder an einer Dienstleistung arbeiten, geschieht dies alles unter einem didaktischen Setting (ebd.). Sie lernen durch reale Kundenaufträge elementares Wissen und Kompetenzen, die für den Einstieg in das Berufsleben essenziell sind (Gentner, 2018, S. 150). Die „Produktion“ ist somit der zentrale Anlaufpunkt und entscheidend für die Kompetenzentwicklung der jungen Erwachsenen (ebd.). Ebenso findet auch Kompetenzentwicklung in der Beziehungsarbeit zwischen den pädagogischen Fachkräften und Teilnehmenden statt (ebd.). Diesbezüglich ist auch die pädagogische Gestalt eine wichtige Dimension der Produktionsschule (Bojanowski, 2011, S. 17). Desgleichen ist anzumerken, dass – mit Blick auf Hans Thiersch lebensweltorientierten Ansatz – die Werkstatt der Produktionsschule einen besonderen Ort für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen darstellt. Der Raum „Produktionsschule“ als Arbeits- und Lernumgebung hat einen erheblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*Innen (Gentner, 2018, S. 152). Insbesondere die alltäglichen Rituale; wie bspw. morgendliche Begrüßungen, das Aufräumen kurz vor Feierabend oder die gemeinsamen Pausen; bieten den Jugendlichen ein Gefühl von Sicherheit, Ordnung und Orientierung (Gentner, 2018, S. 152). Auch herrschen betriebsähnliche Regeln, die jedoch z.T. sanktionsfrei gebrochen werden können bzw. wird auf Regelverstoße (pädagogisch) eingegangen (ebd). Die Fachkräfte und die dadurch entstehenden sozialen Beziehungen sind auch die Wurzel der pädagogischen Frucht, welche das Erfolgsrezept der Produktionsschulen ist. Alle einzelnen Akteure werden zudem im nächsten Unterkapitel näher dargestellt.
Zusammengefasst erscheint eine mögliche Begriffsbestimmung, trotz fehlender Definition und nicht eindeutiger Verortung, zwar als schwierig, jedoch nicht als unmöglich. Gewiss sind bei allen Produktionsschulen etliche Regelmäßigkeiten, Abläufe und Systematiken zu finden; auch wenn vor allem Unterschiede in der Finanzierung und z.T. in der Gestaltung existieren. Als Bildungseinrichtung und Arbeitsprojekt ist sie dennoch durch den gleichzeitigen Arbeits- und Lernprozess der Teilnehmenden und der komplexen Beziehungsarbeit in einem behüteten Ort sehr erfolgreich. Deshalb wird folglich nun das Innere der Produktionsschule näher beleuchtet.
4.2 Akteure
Wie üblich in der Sozialen Arbeit beinhaltet auch die Produktionsschule ein Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsträger, Einrichtung und Hilfeberechtigten. Während der Leistungsträger, wie zuvor erwähnt, in den Produktionsschulen häufig unterschiedlich ist, lassen sich dennoch bei den gewisse Ähnlichkeiten in den Bereichen der Zielgruppe und Fachkräfte finden.
4.2.1 Trägerschaft
Produktionsschulen gelten als Bildungseinrichtung mit zugehöriger Werkstatt, in welcher an Produktionen oder Dienstleistungen gearbeitet werden. Wie jedoch in Kap. 4.1 erwähnt, gibt es bislang keine gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Finanzierungen von Produktionsschulen in Deutschland. Ebenso sind sie in unterschiedlichen Rechtskreisen (SGB II, III & VIII) zu finden (Brand et. al., 2011, S. 29). Demnach werden Produktionsschule durch unterschiedliche Trägerschaften finanziert (Brand et. al., 2011, S. 28). Berufspädagog*Innen empfehlen jedoch Produktionsschulen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe, sowie über Landesprogramme zu finanzieren (Bojanowski et. al., 2011, S. 112; Gentner, 2018, S. 148-149). Sie sind dann als „eingetragener Verein“ (e.V.) oder als gGmbH instituiert (Bojanowski et. al., 2011, S. 112). Da sie in der Regel auch wirtschaftlich agieren, benötigen sie ebenso regionale und ökonomische Rahmenbedingungen (ebd.), sowie andere Netzwerk- und Kooperationsformen, damit die wirtschaftlichen Aktivitäten gesichert sind (Bojanowski, 2011, S. 20). In Bezug auf die Finanzierung, Sicherung, regionale und wirtschaftliche Einbindung wird immer auf das von Dänemark stammende Konzept plädiert.
Dänemark, welche zurzeit als Vorreiter und Vorbild für das Fachkonzept „Produktionsschule“ fungieren, haben schon im Jahre 1996 die „Produktionsschule“ als eigenständige Schulreform unter Gesetz der Volkshochschulen konstituiert (Brand et. al., 2011, S. 27). Somit haben sie sogar per Gesetz Ansprüche auf gewisse öffentliche Zuschüsse, die gesetzlich verankert sind (Brand et. al., 2011, S. 28). Sie erhalten bspw. von den Gemeinden einen festen Grundbetrag pro Jahr und ebenfalls zahlt der Staat pro Ganzjahrteilnehmende einen jährlichen Beitrag zuzüglich eines Zuschusses, falls Schüler*Innen erfolgreich nach Abschluss ihrer Zeit in der Produktionsschule seit drei Monaten in eine Ausbildung oder Erwerbstätigkeit beschäftigt sind (ebd.). Durch die feste Verortung als eigenständige Schulform sind Fragen wie Trägerschaften und Finanzierungen obsolet und die deutsche Bildungspolitik sollte sich ein Beispiel an die Rahmenbedingungen von Dänemark nehmen.
4.2.2 Fachkräfte
Die Produktionsschule wird von den Teilnehmenden als „ernsthafter Arbeits- und Lernraum“ erlebt, in welchem die Schüler*Innen durch die pädagogischen Mitarbeitenden gewisse Impulse bekommen, die die Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung fördern (Gentner & Meier, 2011, S. 42). Diesen „ernsthaften“ Charakter erhalten sie nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Beziehungsarbeit der Fachkräfte (ebd.). Dabei ist das Aufbauen und Aufrechterhalten einer tragfähigen Beziehung, zwischen Teilnehmenden und Fachkräften, die essenzielle pädagogische Kernaufgabe (Gentner, 2018, S. 150). Da die Jugendlichen selbst biografische und berufliche Einschnitte besitzen, bildungsbezogene Defizite aufweisen und mögliche negative (Lebens-) Erfahrungen gesammelt haben; setzen Produktionsschulen bewusst auf ein heterogenes Personal (ebd.). Das Personal der Produktionsschulen umfasst folgende Berufsgruppen: „Handwerker*Innen […], Ausbilder*Innen […], Sozialpädagog*Innen, Lehrer*Innen für allgemeinbildende [..] Schulen […] [und] Techniker*Innen [..]“ (ebd.). Ebenfalls existieren in der Regel auch Werkstattpädagog*Innen7, welche zusätzlich vom Träger oder von der Einrichtung ausgebildet werden (Gentner & Meier, 2011, S. 43). Wünschenswert sind vor allem Mitarbeitende, die eine Mehrfachqualifikation besitzen und sich in verschiedene Berufsfeldern schon bewegt haben („Patchwork-Biografien“) (Gentner, 2018, S. 150). Diese Mischung aus verschiedenen Berufen und unterschiedlichen Mentalitäten, bieten den Teilnehmenden eine Vielzahl an Identifikations- und Anknüpfungsmöglichkeiten an (ebd.). Ebenso ergeben diese Vielzahl von unterschiedlichen Professionen verschiedene und spezifische Methoden- und Handlungsoptionen, welche die internen Vorgänge erweitern können (Gentner, 2018, S. 151).
Die jeweiligen Kompetenzen und z.T. auch die Qualifikation – obwohl sich Berufspädagogen einig sind, dass die subjektiven Fähigkeiten Vorrang haben (Gentner & Meier, 2011, S. 42) – sind wichtige Erfolgsindikatoren einer Produktionsschule (Gentner & Meier, 2011, S. 44). Überraschenderweise ergab eine Umfrage innerhalb von mehreren Produktionsschulen, dass die Werkstattpädagog*Innen eine zentrale Rolle für das pädagogische Gelingen in einer Produktionsschule spielen (Gentner & Meier, 2011, S. 43). Die Sozialarbeiter*Innen kamen erst an zweiter Stelle (ebd.). Daraus entstanden zwei wichtige Faktoren für das pädagogische Handeln an einer Produktionsschule:
1. Jugendliche und junge Erwachsene bauen vor allem bei Personen, welche eine starke Persönlichkeit und ebenso Brüche in ihrem Leben besitzen (Verweis auf „Patchwork-Biografien“), eine tragfähigere Bindung auf (ebd.). Die Teilnehmenden haben dadurch einfach mehr Anknüpfmöglichkeiten (ebd.).
2. In einer Produktionsschule sind vor allem Personen, die praktisch und mit den Händen arbeiten, besonders vertrauens- und beziehungswürdig (ebd.). Für die Schüler*Innen sind sie „echt“ & die „richtigen Handwerker“, „bei den man Respekt hat“ (ebd.).
Sozial benachteiligte junge Erwachsene, welche viele negativen Erfahrungen bisher in ihrem Leben gesammelt haben, benötigen Rückhalt und Authentizität. Durch die Zusammenarbeit in einem Team, das Erreichen eines Ziels (bspw. ein Produkt fertig zu basteln), das Gefühl, etwas geschafft zu haben; all das führt zu einer positiven Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung, welche ebenso das Selbstwertgefühl steigern lässt. Die pädagogische Arbeit passiert also „nebenbei“ (Gentner, 2008, S. 44). Die Sozialpädagog*Innen sollen aber keine untergeordnete Rolle einnehmen. Sie begleiten die Produktionsschüler*Innen dennoch in ihrem betrieblichen Alltag und intervenieren bei Krisensituationen. Sie sind vor allem bei Erst- und Fördergesprächen, Kompetenzfeststellungsverfahren und Entwicklungsplänen involviert und federführend (Gentner, 2008, S. 43-44).
4.2.3 Teilnehmende
Wie in Kap. 4.1. erwähnt, ist die allgemeine Zielgruppe der Produktionsschulen individuelle beeinträchtigte und sozial benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 25 Jahren, welche Unterstützung im Übergang Schule – Beruf benötigen. Die Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler Ruth Enggruber, Simone Euler, Gerd Gidion und René Wilke weiteten den Begriff „Zielgruppe“ für das Fachkonzept „Produktionsschule“ weiter aus:
1. Jugendliche im allgemeinbildenden Schulwesen ohne Aussicht auf einen Hauptschulabschluss
2. Jugendliche, die an der ersten Schwelle scheitern, keinen Ausbildungsplatz finden […].
3. Jugendliche, die durch Jobs und ungelernte Tätigkeiten den Übergang in eine existenzsichernde Beschäftigung [nun] versuchen. […]
4. Jugendliche, die außerbetrieblich oder mit ausbildungsbegleitenden Hilfen ihre Berufsausbildung absolvieren
5. Jugendliche, deren Berufsausbildungsvertrag vorzeitig gelöst wird […].
6. Jugendliche, denen an der zweiten Schwelle trotz abgeschlossener Berufs-ausbildung der Übergang in eine den Lebensunterhalt sichernde Beschäftigung nicht gelingt (Enggruber, 2003, S. 10-11 zitiert nach Förster, 2017, S. 78).
Diese Begriffsbestimmung impliziert zwei Dimensionen der Zielgruppen: (1) Brüche in der (Bildungs-) Biografie und/ oder (2) psychische Defizite (ebd.). Die Produktionsschüler*Innen können somit sehr unterschiedlich sein und dies beweisen auch Untersuchungen existierender Produktionsschulen: Im Jahre 2007 nahmen an einer Produktionsschule in Mecklenburg-Vorpommern ehemalige Förderschüler*Innen (27,57%), Hauptschüler*Innen (52,49%), Realschüler*Innen (2,05%) und sogar einzelne ehemalige Abiturient*Innen (0,29%) teil (Gentner, 2008, S. 28-29). Die Gründe für ihre Aufenthalte waren vielfältig und es konnte keinen linear-kausalen Zusammenhang gebildet werden (Gentner, 2008, S. 29). Jedoch ist die benachteiligte soziale Herkunft bei vielen Schüler*Innen der Produktionsschule in Mecklenburg-Vorpommern aufgefallen (Gentner, 2008, S. 30). Über die Hälfte der Eltern von den Teilnehmenden sind arbeitslos und beziehen Leistungen nach SGB II (ebd.). Sozioökonomische und soziokulturelle Variablen (Einkommen, Wohnung, Freizeitgestaltung etc.) haben einen enormen Einfluss über die Bildungschancen und der gesellschaftlichen Teilhabe (Gentner, 2008, S. 30-31). Ebenso besitzen viele Teilnehmende brüchige Familienverhältnisse und leben in Single-Haushalten (Gentner, 2008, S. 32). Die „Familie“ als Sozialisationsinstanz scheint für viele heranwachsende Kinder und Jugendliche immer seltener zu funktionieren (ebd.). Somit ist anzunehmen, dass Jugendliche und junge Erwachsene, welche aus einer fatalen sozialen Herkunft und daraus resultierenden fehlenden kulturellem Kapital stammen, Schwierigkeiten im Übergangssystem besitzen (Gentner, 2008, S. 31-32). Und hier setzt das Fachkonzept „Produktionsschule“ an, welche als fördernde Bildungseinrichtung die Lern- und Arbeitsprozesse mit einer ständigen sozialpädagogischen Begleitung und Unterstützung, sowie mit vielen Erfolgserlebnissen, gestaltet.
Für viele Teilnehmende ist auch der Eintritt in die Produktionsschule eine bewusste Entscheidung, um „etwas in [ihrem] Leben zu ändern“ (Gentner, 2008, S. 36). Insbesondere die Möglichkeit zu arbeiten und etwas „ernsthaftes anzupacken“, anstatt sich mit kognitiven Aufgaben zu beschäftigen, war für haufenweise Jugendliche ein attraktiver Faktor (ebd.). In vielen Fällen waren auch gewisse biografische Ereignisse so bedeutend oder gewichtig, dass sie nun etwas aus ihrem Leben machen wollen (ebd.). Sie sehen die Produktionsschule als letzte Chance, sich in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft zu integrieren, und somit eine langwierige Spirale zwischen Arbeitslosigkeit und kurzweiligen Beschäftigungen zu verlassen.
4.3 Zielgruppenarbeit und Entwicklungsprozesse
Auch in der Produktionsschule verfolgen die pädagogischen Fachkräfte bei ihrer Zielgruppenarbeit einen lebensweltorientierten, sowie subjektorientierten Ansatz. Da Jugendliche sich – abhängig von ihrer sozialen Herkunft, sowie individuellen Biografie – jeweils auf unterschiedlichen Entwicklungs- und Bildungsständen befinden, besitzen alle Teilnehmenden einen gesonderten und unterschiedlichen Unterstützungsbedarf (Gentner, 2018, S. 151). Somit ist eine subjektorientierte Haltung; welche auf die separaten Stärken, Wünsche und Interessen des einzelnen Individuums eingeht; essenziell für den pädagogischen Mehrwert (ebd.). Zusätzlich verfolgen die pädagogischen Fachkräfte den Kompetenzansatz bei ihren Klient*Innen in der Produktionsschule (ebd.). Der Kompetenzansatz entfesselte einen Perspektivwechsel in der Förderpädagogik; welcher verursachte, dass bei benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht die Defizite, sondern deren Kompetenzen im Vordergrund stehen (Gentner, 2008, S. 42). Mit diesen vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen wird versucht, Fähigkeiten und Stärken herauszufiltern und bisherige Misserfolge und Niederlagen zu durchbrechen (Gentner, 2018, S. 151). Um die Lern- und Entwicklungsprozesse der Teilnehmenden zu unterstützen, obliegt es eine genaue Analyse aller Kompetenzen und Ressourcen, damit an dieser Grundlage gearbeitet werden kann (ebd.). Dies bedarf einer komplexen Kompetenzfeststellungsverfahren, sowie einer kontinuierlichen Entwicklungsplanung (Gentner, 2008, S. 43).
An der Produktionsschule Westmecklenburg in Mecklenburg-Vorpommern werden bei neuen Produktionsschüler*Innen Erstgespräche mit Sozialpädagog*Innen geführt und ebenso bekommt er einen/ eine Werkstattpädagog*In zugeteilt (ebd.). Nach der Erstellung einer Zielvereinbarung, bekommt der Teilnehmende auf dieser Grundlage einen individuellen Bearbeitungsbogen, welchen er/ sie in einer 14-tägigen Probezeit bearbeiten muss, unter Begleitung und Beobachtung des/ der Werkstattpädagog*In, welcher/ welche ebenso einen individuellen Beobachtungsbogen ausfüllt (ebd.). Dieser Beobachtungscheck beinhaltet Faktoren wie Anwesenheitstage, Fehlzeiten, Eindrücke, Einhaltung der Regeln und vieles mehr (ebd.). Nach der 14-tägigen Probezeit kommt es zu einem ersten Fördergespräch zwischen Sozialpädagog*In, Werkstattpädagog*In und Teilnehmenden (ebd.). Falls der neue Teilnehmende weiterhin die Produktionsschule besuchen will, werden gemeinsam neue Ziele vereinbart, sowie neue Fördergespräche ausgemacht, welche dann in einem dreimonatigen Rhythmus kontinuierlich weitergeführt werden (ebd.).
Das Kompetenzfeststellungsverfahren und die Entwicklungsplanung der Produktionsschule Westmecklenburg ist nur eine Möglichkeit einer ganzen Reihe verschiedener Verfahren. Wie jedoch in den vorherigen Kapiteln erwähnt, gibt es nicht die eine goldene Grundlage der Kompetenzfeststellungsverfahren in der Fachkonzeption „Produktionsschule“.
Nachdem nun aber die Kompetenzen festgestellt und die Entwicklungen geplant wurden, besucht der Teilnehmende nun wöchentlich die Werkstatt und arbeitet je nach Konzeption und Aufgabe an einem Produkt oder an der Durchführung einer Dienstleistung. Die Werkstatt ist dabei Lern- und Lebensraum zugleich und es wichtig, dass den Schüler*Innen das Gefühl von Sicherheit, Ordnung und Ankommen vermittelt wird (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 65). Je höher der Wohlfühlfaktor der Teilnehmenden ist, desto besser sind die Entwicklungsprozesse der Jugendlichen (ebd.). Dies passiert nicht nur durch materielle Gegebenheiten (Geräte, Umgebung, etc.), sondern auch durch die Beziehungsarbeit der Fachkräfte. Zugleich wird dann die Werkstatt auch als „ernsthafter Arbeits- und Lernraum“ empfunden (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 65-66). Es wird aktiv gearbeitet und „angepackt“, es fließen Emotionen und Gefühle wie Erfolg und Stolz, die Teilnehmenden bekommen Motivation und werden aktiviert und sie arbeiten – für viele das aller erste Mal – in einem Team. Im Folgenden wird nochmals auf das Zitat in der Einleitung eingegangen:
„Wenn du hier bist in einer Holzwerkstatt, das was wir an Aufträgen machen, oder was wir tagtäglich zu tun haben, das ist auch so, als wenn du normal bei irgendeiner Firma angestellt wärst. Und da kann man doch richtig stolz sein. Dann ist man nicht mehr der Doofe.“ (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 68).
“Stolz”, “nicht mehr der Doofe”, selbst “normal bei einer irgendeiner Firma angestellt“ sind Aussagen; die bei einem Jugendlichen, welcher keinen Schulabschluss besitzt, welcher eine fatale soziale Herkunft besitzt und/ oder welcher bis dato viele Brüche und Niederlagen erfahren hat, nicht alltäglich vorkommen. Das „ernsthafte“ Arbeiten und Verantwortung übernehmen, führen zu vielen Erfolgserlebnissen (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 67-68).
Nichtsdestotrotz muss neben praktischer Arbeit auch gelernt werden. Und da ein Großteil der Teilnehmenden eigentlich dem Lernen entkommen wollten (Gentner, 2008, S. 37), wird die Curriculumgestaltung vor dem Hintergrund realer Aufträge strukturiert (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 72). „Lernen an Produktionsaufgaben“ und nicht „Lernen vorm Schreibtisch (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 71). Untersuchungen zeigen, dass reale Kundenaufträge elementare Lerngegenstände implizieren können, welche einflussreich für den Lernprozess sind (ebd.). Dabei wird jedoch auf individuelle Aufträge (keine Sammelaufträge), welche ebenso von den pädagogischen Fachkräften adäquat für den Lernprozess geändert werden, und Abwechslung wert gelegt (ebd.). Lernerfahrungen an „sinnvollen Gegenständen“ führen zu einer bewussteren und nachhaltigeren Entwicklung (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 70). Ebenso bewiesen Umfragen und Untersuchen zum Teil, dass praktische Erfolge wiederum den Wunsch zum theoretischen Lernen antreibt (Bojanowski & Gentner, 2008, S. 68). Dies passiert bei den Schüler*Innen jedoch nur mit dem Hintergrund, dass vielen Teilnehmenden bewusst ist, dass eine bessere Qualifizierung einen höheren Stellenwert in Deutschland hat (ebd.).
In der letzten nennenswerten Untersuchung der Produktionsschule vom Landesprogramm Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 2008 behaupteten nur eine kleine Minderheit (5%), dass sie in den Produktionsschulen „nichts erreicht“ haben (Gentner, 2008, S. 55). Deutlich mehr als die Hälfte gaben positive Rückmeldungen an wie bspw. „was Praktisches für den Beruf lernen“, „etwas Ordnung in mein Leben bringen“ und/ oder (Mehrfachnennungen waren möglich) „eine Idee bekommen, was ich später machen will“ (Gentner, 2008, S. 55-56). Eine interessante Entdeckung gab es abseits der Auswertung: Viele der Teilnehmenden nannten ihren/ ihre Werkstattpädagog*In „Meister“ und sprachen davon „zur Arbeit zu gehen“ (Gentner, 2008, S. 56). Dies hat den bewussten Wunsch der Teilnehmenden vermittelt, nun bewusst an der Arbeits- und Ausbildungswelt teilhaben zu wollen (ebd.).
Obwohl mangelnder Verortung, fehlender Definition, sowie keiner festen Finanzierung und Sicherungen, fruchtet das Fachkonzept „Produktionsschule“ bei ihrer Zielgruppe. Mit der Verbindung von Arbeit und Lernen wird gezielt eine Gruppe von jungen Erwachsenen und Jugendlichen abgefangen, welche keine Freude beim „Pauken“ am Schreibtisch besitzen, sondern Erfolge am „ernsthaften anpacken“ benötigen.
5. Handlungsempfehlungen
Die “Fachkonzeption” Produktionsschule steckt trotz ihrer langwierigen Vergangenheit, mehreren existierenden und durchaus erfolgreichen Produktionsschulen europaweit – sowie ein wachsendes Interesse unter Sozialwissenschaftler*Innen – immer noch in den Kinderschuhen. Philosoph*Innen und Pädagog*Innen vorwiegend aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Arbeits- und Benachteiligtenförderung diskutieren seit Jahrzehnten, damit endgültig ein Regelkonzept der Produktionsschulen in Deutschland eingeführt wird. Insbesondere die gesetzliche Verortung und ein allgemeines Modell; um Handlungen, Methoden und Ziele an der Zielgruppe zu begründen, sind dringend notwendig. Im Folgenden werden nun mögliche Handlungsempfehlungen präsentiert, welche den Weg zu einem einheitlichen Konzept ebnen können.
Wie in den vorherigen Kapiteln öfters erwähnt, sowie auch die Konsequenzen in Kap. 4.2.1 näher beleuchtet, ist eine gesetzliche Verortung ausdrücklich erforderlich. Bis dato wurden die derzeit existieren Produktionsschule durch jeweils verschiedene Trägerschaften finanziert, welche eine temporäre Finanzierung zwar ermöglichen, dennoch keine Existenzsicherung erzielten. Dieser „Dschungel“ aus verschiedenen Zuständigkeiten und organisatorischer Diversität unterbindet den Konsens eines einheitlichen Modells. Die Sozialwissenschaftler Jörg Meier & Michael Lütje plädieren deswegen auf zwei mögliche Optionen: Die „Produktionsschule“ als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) im Sinne von § 61 SGB III oder als Arbeitsgelegenheiten im Sinne von § 16 (3) SGB II zu verorten (2011, S. 77-78). Eine ausführliche Erläuterung der Instrumente und Rechtskreisen wurde jedoch den Rahmen dieser Seminararbeit sprengen. Nichtsdestotrotz harmonieren diese zwei Implementierungen in gewissen Teilen miteinander, wenn auch jede Variante ihre eigenen gesetzlichen Schranken besitzen würden, die eine vollständige Implementierung impraktikabel machen würde. Es ist somit anzunehmen, dass eine derzeitige gesetzliche Verortung der Fachkonzeption „Produktionsschule“ nur durch Modifizierung vorhandener Instrumente erdenklich wäre (Lütje & Meier, 2011, S. 83).
Die Abwesenheit eines einheitlichen Konzeptes „Produktionsschule“ führt auch dazu, dass keine allgemeinen konzeptuelle Grundlagen der Zielgruppenarbeit vorliegen. Es existieren zwar Ansätze (bspw. lebenswelt- und subjektorientierter Ansatz) und Instrumente (bspw. Kompetenzfeststellungsverfahren), jedoch würde ein Fundament der Zielgruppenorientierung, die Strukturen und Orientierung der Produktionsschule ebenfalls stützen. Um den Gedankengang einer möglichen Installation weiter auszuführen, wird nun im Folgenden die Zielgruppenentwicklung nach Wilhelm Mader und Ansgar Weymann dargestellt:
Mader und Weymann beschreiben ihre Zielgruppenentwicklung als normativen Vorgang und richten die Bildungseinrichtung treffend zu der Lebenswelt ihrer Adressat*Innen ein (Fath, 2009, S. 20). In einem vorliegenden sechsphasigen Modell erläutern sie diesen normativen Vorgang, welcher sich kontinuierlich in ein interpretatives Paradigma verwandelt (ebd.). Die verschiedenen Phasen lauten folgendermaßen (Fath, 2009, S. 20-22):
- Phase 1: „Definition von Defiziten“
- Phase 2: „Beschreibung äußerer Rahmenbedingungen
- Phase 3: „ Antizipation von Lernbarrieren“
- Phase 4: „Institutionalisierung eines Themas“
- Phase 5: „Verhandlung des Verwertungszusammenhanges“
- Phase 6: „Einrichtung eines lernzielorientierten Unterrichts“
Selbstverständlich ist eine exakte Implementierung der Zielgruppenentwicklung als Grundlage für die Erstellung eines Regelkonzeptes nicht möglich. Es würde schon an Phase 1 scheitern, da die Berufspädagogik und (in der Regel) Fachkräfte der Produktionsschule einen Kompetenzansatz, anstatt einen Defizitansatz, verfolgen würden. Jedoch würde das Phasenmodell, welcher einen Wechsel vom normativen ins interpretative vollzieht, zu den derzeitigen zielgruppenspezifischen Methoden harmonieren. Wie in Kap. 4.3 dargestellt, werden in der Regel alle Neuankömmlinge einer Produktionsschule durch ein normatives Verfahren mit individuellem Charakter bestimmt. Im Laufe der 14-tägigen Probezeit werden Lernbarrieren analysiert, Kompetenzen festgestellt und ein Thema – das Arbeiten an einem Produkt oder die Durchführung einer Dienstleistung – wird zum institutionellen Mittelpunkt des Lebensraumes. Nach dieser Einfindungsphase zwischen Teilnehmenden und Fachkräften, findet die interpretative Dimension statt. Das „Was?“ wird dabei zum „Warum?“: „Warum kommt er/ sie dauernd zu spät?“. „Warum stellt er/ sie so viele Fragen?“. „Warum empfindet er/ sie Enttäuschung, falls etwas nicht funktioniert?“. Hier kann wiederum Lebenswelt– und Subjektorientierte Soziale Arbeit ansetzen und einen pädagogischen Mehrwert leisten.
Keinesfalls soll hierdurch vermittelt werden, dass die Zielgruppenentwicklung nach Mader & Weymann die Lösung einer konzeptionellen Grundlage der Zielgruppenarbeit bieten. Dafür sind zu viele Einzelheiten kontradiktorisch. Hiermit soll eher die Idee eines möglichen Phasenmodell zwischen normativen und interpretativen Dimensionen als mögliche Grundlage für zielgruppenspezifische Arbeit in einer Produktionsschule geteilt werden. Durch einen solchen roten Faden könnte sich die Produktionsschule auch zweckmäßig profilieren.
Die Fachkonzeption „Produktionsschule“ steht im Hinblick ihrer Profession noch am Anfang. Es gibt vieles zu besprechen, zu empfehlen und zu diskutieren. Beispielsweise die Rolle der Sozialarbeiter*Innen, die Bedeutsamkeit der Werkstattpädagog*Innen trotz mangelnder Ausbildung, die Position in der (lokalen) Wirtschaft, die Schulpflichterfüllung oder doch „nur“ Verteilung von Zertifikaten, der didaktische Hintergrund und vieles mehr. Was aber an erster Stelle fehlt: Ein Grundgerüst für das Modell „Produktionsschule“. Und dafür muss ein Konsens gefunden werden.
6. Fazit
In Anbetracht der aktuellen Untersuchungen und der derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen, ist die Jugendberufshilfe für die Förderung von benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen unabdingbar. Viele Statistiken und prospektive Prognosen sagen voraus, dass die Zahl der Schüler*Innen in allgemeinbildenden Schulen zurückgeht. Zugleich verursacht der demografische Wandel einen enormen Mangel an Fachkräften in vielen Arbeitsbereichen. Nicht nur im Sinne des pädagogischen Bildungsauftrages muss gehandelt werden, gleichermaßen muss die zukünftige Wirtschaft berücksichtigt werden. Damit Jugendliche und junge Erwachsene nicht durch ein systemisches Raster fallen, müssen diese durch ein pädagogisches Förderangebot aufgefangen werden. Und diese Aufgabe könnte die Fachkonzeption „Produktionsschule“ erfüllen. Dafür muss jedoch noch viel getan werden.
Wie in Kap. 5 dargelegt, benötigt es zum einen eine feste Verortung in der Bildungs- und Sozialpolitik und ein allgemeingültiges Konzept. In diesen Bereichen gibt es ebenso viele Diskussionen, Ideen und Empfehlungen; jedoch scheitert es an Einzelheiten. Hierbei müssen offenere und zielorientiertere Gespräche zwischen den Instanzen der Sozialwissenschaft und den Akteuren der (Bildungs-) Politik durchgeführt werden. Es gibt zwar wenige, dennoch genügend empirische Forschungen und Untersuchungen, welche den pädagogischen und zum Teilen den möglichen wirtschaftlichen Nutzen und Erfolg darlegen. Es scheitert jedoch an Schranken und Hürden, welche dennoch machbar sind. Jetzt muss aber gehandelt und – wie auch in der Produktionsschule – „ernsthaft angepackt“ werden.
Summa Summarum wurde in dieser Seminararbeit nicht nur die Jugendberufshilfe näher beleuchtet, sondern auch eine mögliche weitere Lösung der Jugendarbeitslosigkeit dargestellt. Die derzeitige Fachkonzeption „Produktionsschule“ erscheint interessant und attraktiv für die Bildung und auch Pädagogik. Wie sich die Zukunft von produktionsorientierten Schulen letztendlich gestalten wird, wird sich dennoch erst in den nächsten Jahrzehnten zeigen.
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Van Rießen, A. (2018). Die historische Entwicklung der Jugendberufshilfe vom Nachkriegsdeutschland bis heute in ihrem spezifischen gesellschaftlichen Kontext. In Enggruber, R. & Fehlau, M. (Hrsg.), Jugendberufshilfe (S. 69-77). Verlag W. Kohlhammer.
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1 Untersuchungen zu Produktionsschulen finden sich in folgenden Beiträgen: Gentner (Hrsg.), 2008, S. 189-361; Bojanowski et. al. (Hrsg.), 2011, S. 133-232 & Brand et. al., 2011, S. 36-67
2 „Übergang aus dem allgemein bildenden Schulwesen in die Berufsausbildung“ (BMBF, 2005, S. 14).
3 In diesem Fall wird vor allem Bezug auf die AZAV-Zertifizierung nach SGB III genommen, um sich für Leistungen und Finanzierungsmöglichkeiten bewerben zu können.
4 Dies beinhaltete auch das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und freie Wahl ihres Berufes (v. Rießen, 2018, S. 71).
5 Die „Bundes Entschiedener Schulreformer“ wurden unter der Führung von Paul Oestereich im Jahre 1921 gegründet und war ein Ausschuss zur Erneuerung des Erziehungs- und Bildungswesens in der damaligen Weimarer Republik (Kipp & Stomporowski, 2018).
6 Anstatt Produktionsschule, wird auch gerne die Bezeichnung „Werkhof“ benutzt.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Jugendberufshilfe?
Die Jugendberufshilfe ist ein Teilgebiet der Jugendsozialarbeit gemäß § 13 SGB VIII, das Jugendliche und junge Erwachsene beim Übergang von der Schule in Ausbildung oder Erwerbsarbeit unterstützt und deren soziale Integration fördert. Sie wird oft als "Brücke in die Arbeitswelt" bezeichnet.
Wer ist die Zielgruppe der Jugendberufshilfe?
Die Zielgruppe umfasst Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 27 Jahren, insbesondere solche mit individuellen Beeinträchtigungen oder sozialer Benachteiligung. Grundsätzlich können aber alle jungen Menschen die Angebote wahrnehmen.
Welche Aufgaben und Angebote bietet die Jugendberufshilfe?
Die Jugendberufshilfe bietet Beratung, Berufsvorbereitung, Berufsausbildung (außerbetrieblich oder assistiert) und Beschäftigungsangebote wie Arbeitsprojekte und Produktionsschulen. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören niedrigschwellige Qualifizierungsangebote, Jugendwerkstätten und Jugendberatungsstellen.
Was ist eine Produktionsschule?
Eine Produktionsschule ist eine Bildungseinrichtung für Jugendliche und junge Erwachsene, die sozial benachteiligt oder individuell beeinträchtigt sind. Sie verbindet praktische Arbeit an einem Produkt oder einer Dienstleistung mit theoretischem Lernen in einer betriebsähnlichen Umgebung, um berufliche, soziale und personale Kompetenzen zu fördern.
Warum gibt es keine allgemeingültige Definition für Produktionsschulen?
Produktionsschulen haben keinen festen Platz in der deutschen Bildungspolitik, was zu unterschiedlichen Finanzierungsmodellen und Konzeptionen führt. Es fehlt eine einheitliche amtliche Definition, was die rechtliche und finanzielle Absicherung erschwert.
Wer sind die Akteure in einer Produktionsschule?
Die Akteure umfassen Träger (oft eingetragene Vereine oder gGmbHs), Fachkräfte (Handwerker, Ausbilder, Sozialpädagogen, Lehrer, Techniker und Werkstattpädagogen) und Teilnehmende (Jugendliche und junge Erwachsene im Übergang Schule – Beruf mit unterschiedlichen Bildungsbiografien).
Wie sieht die Zielgruppenarbeit in einer Produktionsschule aus?
Die Zielgruppenarbeit basiert auf einem lebensweltorientierten und subjektorientierten Ansatz, der die individuellen Stärken, Wünsche und Interessen der Teilnehmenden berücksichtigt. Der Kompetenzansatz steht im Vordergrund, um vorhandene Fähigkeiten und Stärken zu fördern und Misserfolge zu durchbrechen.
Welche Entwicklungsprozesse werden in Produktionsschulen angestoßen?
Die Teilnehmenden erleben durch die praktische Arbeit Erfolgserlebnisse, verbessern ihr Selbstwertgefühl und entwickeln berufliche und soziale Kompetenzen. Das Lernen erfolgt an Produktionsaufgaben, wodurch elementares Wissen und Kompetenzen für den Berufseinstieg vermittelt werden.
Welche Handlungsempfehlungen gibt es für die Produktionsschulen?
Eine gesetzliche Verortung und ein allgemeines Modell sind notwendig, um die Finanzierung zu sichern und die Zielgruppenarbeit zu begründen. Dies könnte durch Modifizierung vorhandener Instrumente im SGB II oder III erfolgen. Ebenso ist eine zielgruppenspezifische Profilierung anhand eines Phasenmodells zwischen normativen und interpretativen Dimensionen denkbar.
Warum ist die Jugendberufshilfe und insbesondere das Konzept der Produktionsschule wichtig?
Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels ist die Jugendberufshilfe entscheidend, um benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene aufzufangen und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Produktionsschulen bieten eine attraktive Möglichkeit, junge Menschen zu fördern, die durch das traditionelle Bildungssystem nicht erreicht werden.
- Arbeit zitieren
- Nicolai Wolk (Autor:in), 2021, Schule mit "ernsthaftem" Charakter. Zielgruppenarbeit in der Jugendberufshilfe anhand der Fachkonzeption "Produktionsschule", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1153960