Das Toleranzpatent Josephs II. als Teil der Aufklärungsbewegung. Analyse des Patents


Hausarbeit, 2020

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Joseph II. als aufgeklärter Katholik und Monarch
1.2 Die Kirchenpolitik Josephs II. mit besonderer Berücksichtigung der Tolerierung der religiösen Minoritäten

2. Das Toleranzpatent des Kaisers
2.1 Gleichberechtigung der religiösen Minoritäten?
2.2 Welches Verständnis von Toleranz lag im 18. Jahrhundert vor?
2.3 Humanitäres Bekenntnis oder politisches Kalkül?

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

5. Quellenverzeichnis

Gender Disclaimer

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen in dieser Arbeit sind somit geschlechtsneutral zu verstehen, auch wenn sie im generischen Maskulinum ausgedrückt werden.

1. Einleitung

Die Jahre 1781 bis 1790 bedeuteten für Österreich und die Habsburgermonarchie ein knappes Jahrzehnt voller gesellschaftlicher Reformen und politischer Umbrüche, die allgemeinhin unter dem Schlagwort „Josephinismus“ zusammengefasst werden. Dieser Josephinismus zeichnete sich durch reformistische Akte aus, die als eine Revolution für das Volk, aber nicht durch das Volk, zu begreifen sind. Dazu zählten vor allem die kirchlichen Reformen Josephs II., die die Kirche nicht nur an Macht beraubten, indem er etliche Klöster schloss und nicht wenige kirchlich gesteuerte Aufgaben dem Staat unterstellte, sondern auch die Annäherung der katholischen Kirche an die protestantische bewerkstelligte, indem er beispielsweise Prunkzeremonien auf ein Minimum beschränkte und Toleranzpatente erließ, die christliche Minoritäten und jüdische Glaubensmitglieder ihre Konfessionen ausleben ließen.

Die Toleranzpatente des Kaisers, die Joseph Kropatschek 1785 im ‚Handbuch aller unter der Regierung des Kaisers Joseph des II. für die K. K. Erbländer ergangenen Verordnungen und Gesetze in einer Sistematischen Verbindung‘ zu einem großen Patent zusammenfasste, dienen als Exempel für die Toleranzpolitik Josephs II. in dieser Hausarbeit. Die Fragen danach, warum das Patent als Aushängeschild der (katholischen) Aufklärungsbewegung angesehen werden kann und welche Indizien dafür sich im Toleranzpatent Josephs II. finden lassen, sollen in dieser Hausarbeit beantwortet werden. Zuerst sollte aber geklärt werden, welcher Charakter Joseph II. innewohnte und ob er aufgrund eben jenem seine Reformpolitik auf diese rabiate Weise vorantrieb.

1.1 Joseph II. als aufgeklärter Katholik und Monarch

Die katholische Aufklärung zeichnet sich nicht, wie man vielleicht denken mag, dadurch aus, dass fundamentale Änderungen in der katholischen Kirche selbst vorgenommen wurden, sondern dass die Kirche den Blick auf eine praxisorientierte und lehrreiche Reformarbeit richtete. Es ging nun darum, eine gewinnbringende Einheit zwischen Kirche und Staat zu schaffen mit dem Ziel, den Eigennutzen der Kirche umzuwandeln und aus ihr Gewinn für das Individuum und die Gesellschaft zu ziehen.1 Nach Jung entspringt die häufig vertretende Meinung, der Katholizismus sei mit der Aufklärung nicht zu vereinen, oft einem Unverständnis der jeweils anderen Seite: Die kirchliche Seite weiß den Begriff der Aufklärung nicht richtig einzuordnen, während die weltliche Seite eine fehlerhafte Vorstellung der katholischen Kirche in sich trägt. Die Ideen des Josephinismus sollten somit nicht in erster Linie als kirchenfeindlich betrachtet werden, da sie vielmehr einen Teil des breitgefächerten Spektrums der katholischen Kirche abbildeten.2

Diese Vereinigung des aufgeklärten Absolutismus und der katholischen Aufklärung lässt sich in der Person Josephs II. erkennen. Er war seiner Kirche insofern ergeben, dass er sie für die Herstellung eines vom Zentralismus ausgezeichneten Einheitsstaates im Sinne seiner Position als aufgeklärter Absolutist benötigte. Mit seinen Reformen und der Hilfe der katholischen Kirche wollte Joseph erreichen, dass Dienste an Gott und am Staat als äquivalent zu leistende Verpflichtungen galten.3

1.2 Die Kirchenpolitik Josephs II. mit besonderer Berücksichtigung der Tolerierung der religiösen Minoritäten

Die Verordnungen Josephs II. gründeten sich allesamt auf seiner unumstößlichen Haltung gegenüber dem Absolutismus. Eine zu mächtige Instanz in seinem allmächtigen Staat konnte er nicht dulden, weshalb er jegliche Aufgaben der katholischen Kirche, die nicht als Anweisung Gottes verstanden werden konnten, den weltlichen Ämtern unterordnen wollte. Außerdem wollte Joseph jegliche kirchlichen Aufgaben unterbinden, die er für nicht mehr zeitgemäß und sinnlos hielt.4 Mikoletzky stellt allerdings die Reform Josephs II., die sich mit Glaubensfragen befasste, als den Höhepunkt der josephinischen Reformen dar. Josephs Einstellung zur Glaubensfreiheit war, dass diese zulassen würde, in weltlichen Affären Dienste von uneingeschränkt jedem empfangen könnte - ohne Rücksichtnahme auf Glaubenszugehörigkeiten. Aus diesem Grund wollte Joseph auch, dass alle seine Untergebenen in den Besitz der vollen Bürgerrechte gelangten.5

Zu Anfang der Regierungszeit Josephs war es allerdings noch gar nicht klar, ob er sein Vorhaben der Tolerierung religiösen Minderheiten überhaupt erwirken konnte. Ihm geling es nach Lehner nur, weil seine bedeutendsten Gegner und Widersacher, die vom Klerus kontrollierten Provinzlandtage, bereits zuvor durch Maria Theresia weitgehend ihrer Befugnisse enteignet wurden. Hätte Maria Theresia die katholische Kirche nicht schon teilreformiert, wäre es ihrem Sohn wohl verwehrt worden, seine Ideen verwirklichen zu können.6

2. Das Toleranzpatent des Kaisers

Im Fokus dieser Hausarbeit soll die Untersuchung der Toleranzpatente Josephs II. stehen. Hierzu soll das ‚Handbuch aller unter der Regierung des Kaisers Joseph des II. für die K. K. Erbländer ergangenen Verordnungen und Gesetze in einer Sistematischen Verbindung‘ herangezogen werden. In diesem Handbuch fasst Joseph Kropatschek auch alle vom Kaiser erlassenen Hofdekrete, die die Tolerierung der religiösen Minderheiten umfassen, inhaltlich stimmig zusammen. Kropatschek veröffentlichte seine Sammlung 1785 beim Johann Georg Moesle Verlag in Wien. Die Seiten 421 bis 435 stehen unter dem Titel „Fünfter Ablaß. Toleranz der geduldeten Religionen“7. Es handelt sich bei dieser Zusammenfassung um eine Sammlung aus 30 Hofdekreten und Anordnungen, die zwischen dem 30. Juni 1781 und dem 14. November 1783 in deutscher Sprache in Frakturschrift verfasst worden sind. Es gibt keine sichtbaren Zerstörungen, die Teile der Quelle unkenntlich machen würden, weshalb der gesamt Text sehr gut lesbar ist. Die Echtheit der Quelle kann nicht bestritten werden. Kropatschek arbeitete am Hof des Kaisers als Sekretär und veröffentlichte dessen Verordnungen, damit sie für jedermann zugänglich sein mögen. Schließlich handelte es sich bei den Verordnungen um Gesetze, die bestimmten, wie religiöse Minoritäten sich neuerdings verhalten durften und welche Änderungen sich daraus auch für die Katholiken ergaben. Als Adressaten können somit erst einmal alle Bürger der habsburgischen Erbländer angesehen werden. Dazu gehörten natürlich in erster Linie alle Katholiken und Angehörige religiöser Minoritäten. Die Verordnungen richteten sich auch an alle Geistlichen, die als Seelsorger tätig waren oder die Änderungen hinsichtlich ihrer priesterlichen Tätigkeiten zu erwarten hatten. Auch alle Kreisämter, Landesstellen und Beamten der habsburgischen Erbländer können als Adressaten der Toleranzpatente gezählt werden. Ferner richteten sich die Dekrete auch an protestantische Untertanen anderer Monarchien oder Länder, denen aufgrund der neuen Verordnungen hinsichtlich der Tolerierung ihres Glaubensbekenntnisses und den daraus entstandenen neuen Privilegien eine Auswanderung in die Länder der Habsburger Monarchie schmackhaft gemacht werden sollte. Den Anlass zur Verkündigung der Tolerierung der religiösen Minoritäten sieht Karniel im mährischen Aufstand und in den aufkommenden Unruhen unter den Protestanten in Ungarn, beides von Preußen angefacht.8 Doch wie genau äußert sich diese neue Toleranz gegenüber Nichtkatholiken und welche Chancen ergeben sich daraus für sie? Bereits zu Anfang des Toleranzpatents verlautbart Joseph, dass die nichtkatholischen Bürger einzig durch Gott und „der bescheidenen Mitwirkung der Geistlichkeit“9 zum rechten Glauben, also zum Katholizismus, zurückfinden sollen. Die Bekehrung der Protestanten ist also immer noch erwünscht, wodurch deutlich wird, dass Joseph den Katholizismus als die einzig wahre Religion ansieht und somit die Abtrünnigen dieser als „irrgläubig“10 bezeichnet. Doch wieso gesteht Joseph denen, die er als ‚irrgläubig‘ bezeichnet, dennoch Privilegien zu? Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.

[...]


1 Jung: Die katholische Aufklärung, 2015, S. 26-27.

2 Ebd. S. 50.

3 Moritz: Zweifelhafte Persönlichkeit. Josef, 2003, S. 165.

4 Mikoletzky: Österreich, 1967, S. 346.

5 Ebd. S. 352.

6 Lehner: Die katholische Aufklärung, 2017, S. 67-68.

7 Kropatschek: Handbuch aller Verordnungen, 1785, S. 421.

8 Karniel: Die Toleranzpolitik Josephs II., 1985, S. 322.

9 Kropatschek: 1785, S. 421.

10 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Toleranzpatent Josephs II. als Teil der Aufklärungsbewegung. Analyse des Patents
Hochschule
Universität Trier  (Geschichtswissenschaften - Frühe Neuzeit)
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
15
Katalognummer
V1154001
ISBN (eBook)
9783346546579
ISBN (Buch)
9783346546586
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Joseph II, Toleranz, religiöse Minderheiten, Österreich, katholische Aufklärung, Katholizismus, Protestantismus, Klerikalismus
Arbeit zitieren
Fiona Karl (Autor:in), 2020, Das Toleranzpatent Josephs II. als Teil der Aufklärungsbewegung. Analyse des Patents, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1154001

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