Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Das Gedächtnis in seiner zeitlichen Dimension
2.1 Sensorisches Gedächtnis
2.2 Kurzzeitgedächtnis (KZG) und Arbeitsgedächtnis (AG)
2.3 Langzeitgedächtnis
3 Das Gedächtnis in seiner inhaltlichen Dimension
3.1 Deklaratives Gedächtnis
3.2 Non-deklaratives Gedächtnis
3.3 Abruf von Inhalten aus dem Gedächtnis
3.4 Vergessen
4 Möglichkeiten zur Förderung nachhaltigen Lernens am Beispiel neuer Konzepte der Hochschullehre
4.1 Inverted Classroom
4.2 Hohenheimer Lernorte
4.3 Lernen mit Dr. House
5 Kritische Diskussion
6 Fazit
Anlagen
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zeitliche Einteilung des Gedächtnisses
Abbildung 2: „Das Wort Wind braucht unterschiedlich viele Speicherplätze
Abbildung 3: Taxonomie der Gedächtnissysteme
Abbildung 4: Verteiltes Lernen vs. massiertes Lernen
Abbildung 5: Geblocktes und verschachteltes Lernen
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Anzahl der Studierenden in Deutschland in den Wintersemestern Von 2002/2003 bis 2019/2020
1 Einleitung
Neben einer oftmals verlängerten Schulzeit, hat in den letzten Jahren auch die Zahl der Studierenden enorm zugenommen (Metzig & Schuster, 2020, S. 23). So hat sich diese in Deutschland in den letzten 17 Jahren um etwa ein Drittel erhöht (Statistisches Bundesamt, 2020). Darüber hinaus werden von Arbeitnehmern zunehmend mehr Qualifikationen gefordert, so dass viele Beschäftigte sich durch Fort- und Weiterbildungen an veränderte Arbeitsplatzanforderungen anpassen müssen. Dies verlangt für immer komplexer werdende gesellschaftliche und technologische Prozesse ein zum Verständnis weiterführendes Wissen, welches dafür erlernt werden muss (Metzig & Schuster, 2020, S. 23). Lernen spielt in diesem Kontext somit eine außerordentlich wichtige Rolle. Vor allem ist es essenziell, zu wissen, wie neue Inhalte erlernt werden können. Das veranschaulicht auch folgendes Zitat des renommierten Gedächtnisforschers Robert A. Bjork (Borromeo Ferri, Pede & Lipowsky, 2020): „In a rapidly changing and ever more complex world, the ultimate survival tool for individuals and organizations is knowing how to learn“ (Bjork, 1999, S. 454). Das Gedächtnis bildet die Voraussetzung für Lernprozesse, indem es Erfahrungen und Wissen speichert. Lernen und Gedächtnis gehören somit zusammen (Imhof, 2016, S. 41-42). Heutzutage gibt es so viele Gedächtnisstützen, dass eine Gedächtnisspeicherung nur manchmal nötig ist. Und trotzdem finden sich immer noch ausreichend Lernereignisse, welche eine Informationsspeicherung im Gedächtnis erforderlich machen, wie eben beispielsweisePrüfungen im Kontext der beruflichen Aus- und Weiterbildung (Met- zig & Schuster, 2020, S. 5).
1.1 Problemstellung
Für die Durchführung und Gestaltung von Aus- und Weiterbildung sind Kenntnisse der Gedächtnisforschung von wesentlicher Bedeutung. Es stellt sich also zum einen die Frage, ob sich diese Erkenntnisse für die Gestaltung geeigneter Lernszenarien nutzen lassen und zum anderen, wie diesbezüglich der Umgang mit Informationen und v.a. nachhaltiges Lernen unterstützt werden kann.
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Funktionen des Gedächtnisses zu geben und den Zusammenhang zwischen Gedächtnis und Lernen aus theoretischer Sicht darzustellen. Weiterhin sollen Möglichkeiten zur Konzeptio- nalisierung von Lernszenarien der Erwachsenenbildung aus der Praxis, unter Beachtung der theoretischen Erkenntnisse der Gedächtnisforschung, aufgezeigt werden.
1.3 Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit gliedert sich in 5 Teile. Nach der Einleitung werden zunächst in den Kapiteln 2 und 3 die Funktionen des Gedächtnisses bzgl. seiner zeitlichen und seiner inhaltlichen Dimension dargestellt. Dabei wird auch auf den Prozess des Abrufens von Inhalten aus dem Gedächtnis sowie auf das Phänomen des Vergessens eingegangen, mit dem Ziel, ein theoretisches Grundverständnis für die Funktionsweise des Gedächtnisses aus der Sicht der Gedächtnispsychologie zu schaffen. In Kapitel 4 werden dann anhand von Beispielen aus der Hochschullehre die Erkenntnisse aus der Theorie in die Praxis übertragen. Die vorliegende Arbeit schließt in mit einer kritischen Diskussion in Kapitel 5 und einem anschliessenden Fazit in Kapitel 6 ab.
2 Das Gedächtnis in seiner zeitlichen Dimension
Das Gedächtnis ist sehr komplex und vielfältig in seinen Funktionen. Eine Einteilung erfolgt deshalb häufig nach unterschiedlichen Aspekten. Ein vielfach verwendetes Kriterium ist u.a. die Zeit (Monte, 2010, S. 2). Gemeint ist damit der zeitliche Verlauf der Informationsverarbeitung (Urhahne, Dresel & Fischer, 2019, S. 25). Unterschieden werden dabei die zeitlichen Dimensionen sensorisches Gedächtnis, Kurzzeit-, bzw. Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis (Völzke, 2020, S. 5) (Abb.1). Dieses Drei-Komponenten-Modell stammt ursprünglich von Atkinson und Shiffrin (1968). Neben der Zeitachse weisen diese drei Komponenten auch Abweichungen in der Aufnahmekapazität von Informationen, sowie der Zeitdauer, in welcher diese gespeichert werden können, auf (Lefrangois, 2015, S. 284).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Zeitliche Einteilung des Gedächtnisses
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Monte (2010), S. 2
2.1 Sensorisches Gedächtnis
Das sensorische Gedächtnis, auch als sensorisches Register oder Ultrakurzzeitgedächtnis bezeichnet (Urhahne et al., 2019, S. 27), ist ein erster Speicher, in welchen die durch die Sinnesorgane aufgenommenen Reize gelangen (Scher- mer, 2014, S. 144). Je nach Art des Sinneseindrucks, spricht man von echoi- schem Gedächtnis (für auditorische Stimuli) oder ikonischem Gedächtnis (für visuelle Stimuli) (Lefrangois, 2015, S. 285-287). Generell besitzt das sensorische Gedächtnis eine relativ große Kapazität, wobei gespeicherte Inhalte nur für sehr kurze Zeit verfügbar sind (Gruber, 2018, S. 18). Grundsätzlich zerfallen Informationen wieder, denen keine Aufmerksamkeit zu Teil wird. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass ein wesentliches Ziel von Gedächtnistechniken darin besteht, die komplette Aufmerksamkeit auf zu lernende Inhalte zu lenken. Dies geschieht z.B. automatisch, wenn uns Dinge interessieren, womit der Lernprozess erleichtert wird (Metzig & Schuster, 2020, S. 10-11).
2.2 Kurzzeitgedächtnis (KZG) und Arbeitsgedächtnis (AG)
Um die Information, welche im sensorischen Gedächtnis nur für sehr kurze Zeit aufrechterhalten wird, für längere Zeit abrufbar zu machen, muss sie in ein zweites Speichersystem übertragen werden. Dieses ist, nach Atkinson und Shiffrin, das Kurzeitgedächtnis (KZG). Es hat im Wesentlichen Inhalte zum Gegenstand, welche uns bewusst sind und somit der psychologischen Gegenwart angehören (Schermer, 2014, S. 147-148). Das bedeutet, dass es der bewussten Aufmerksamkeit bedarf, um Stimuli für längere Zeit verfügbar zu machen. Wird Aufmerksamkeit auf eine Information gelenkt, gelangt sie ins KZG. Damit die Inhalte hier verfügbar bleiben, müssen sie wiederholt werden (Lefrangois, 2015, S. 287). So kann man sich z.B. eine Telefonnummer einprägen, indem man sie (innerlich) wiederholt (Schermer, 2014, S. 149). Diese Verfügbarkeit lässt aber binnen Sekunden wieder nach und verschwindet, ohne Wiederholung, innerhalb von 20 Sekunden ganz (Lefrangois, 2015, S. 287). Durch das kontinuierliche (innere) Wiederholen (Rehearsal) erhöht sich nicht nur die Verweildauer im KZG, sondern auch die Wahrscheinlichkeit zur Überführung ins Langzeitgedächtnis (LZG). Die Speicherkapazität des KZG ist allerdings begrenzt (Urhahne et al., 2019, S. 27). Miller ermittelte 1956 anhand seiner Erhebungen, dass im KZG etwa sieben (plus/minus zwei) Speicherplätze zur Verfügung stehen. Sind diese alle belegt, gibt es keinen weiteren Platz, bis wieder ein Platz geleert ist (Miller, 1956, S. 9091). Eine ökonomischere Nutzung des KZG kann aber durch das sog. „Chunking“ erfolgen. Hierbei lassen sich einzelne Informationseinheiten (z.B. Zahlen oder Buchstaben) zu größeren und bedeutsameren „Chunks“ (z.B. Wörter oder Sätze) zusammenfassen (Lefrangois, 2015, S. 288-289). Ein bekanntes Beispiel veranschaulicht dies anhand des Wortes „Wind“ (Abb. 1). Die Darstellung der Buchstaben als Linien würde eine Speicherkapazität von zehn Speicherplätzen benötigen. Als einzelne Buchstaben wären es vier Plätze. Wird es als ein Wort gesehen, braucht es nur einen Speicherplatz (Metzig & Schuster, 2020, S. 12). Chunking ermöglicht also ein Sortieren von Informationen in vertraute Einheiten. Dies erleichtert das Merken (Dikta, 2020, S. 51). Übung und Vorwissen (aus dem Langzeitgedächtnis) haben dabei steigernden Einfluss. Das Chunking hat somit eine zentrale Bedeutung für Lernprozesse (Urhahne et al., 2019, S. 28).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: „Das Wort Wind braucht unterschiedlich viele Speicherplätze
Quelle: Metzig und Schuster (2020), S. 12
Der Begriff Arbeitsgedächtnis stellt eine neuere und erweiterte Bezeichnung für das KZG dar. Inhaltlich wurde es ausgedehnt auf das aktive und bewusste Verarbeiten von Informationen. Dies schließt auch Prozesse des Urteilens, des Lernens und des Verstehens mit ein. Dieses komplexere Modell des KZG ist nach Baddeley und Hitch eine Art kognitiver Arbeitsplatz. Es ist wesentlich beteiligt an sämtlichen Denk- und Kopfrechenleistungen, wie z.B. mehrfachen Multiplikationen. Denn hier müssen unterschiedliche Ergebnisse gleichzeitig für kurze Zeit abrufbar gehalten werden. Genauso kommt das Arbeitsgedächtnis bei Prozessen der Sprachverarbeitung zum Tragen (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 365). Sich zu unterhalten, Texte zu lesen oder Zahlen im Kopf zusammenzuzählen wäre ohne das Arbeitsgedächtnis nicht möglich (Blakemore & Frith, 2006, S. 204). Das Arbeitsgedächtnis funktioniert wie eine Schnittstelle zwischen neuer und bereits abgespeicherter Information (Urhahne et al., 2019, S. 49).
2.4 Langzeitgedächtnis (LZG)
Alle Dinge, welche nicht unmittelbar gerade passiert sind und an die sich ein Mensch erinnern kann, sind Inhalte des LZG. Charakteristisch ist, dass das LZG sehr stabil ist (Lefrangois, 2015, S. 292-293). Die Gedächtnisinhalte des LZG bleiben meist ein Leben lang bestehen. Hier werden u.a. sämtliche Erfahrungen, Ereignisse, Informationen und Fertigkeiten, welche über das sensorische Gedächtnis und über das KZG etabliert wurden, abgelegt. Im Gegensatz zum KZG ist das LZG nicht durchgehend bewusst. Auch ist es weniger störanfällig, als das KZG (Lefrangois, 2015, S. 295). Das LZG interagiert mit dem KZG/AG und dem sensorischen Gedächtnis. Dabei werden Informationen aus dem Bewusstsein zur Verfügung gestellt. Somit haben vergangene Ereignisse stets Einfluss auf die gegenwärtige Wahrnehmung und auf die weiteren Verarbeitungsprozesse. Damit Informationen dauerhaft abgespeichert werden können, erfolgt ihre Verarbeitung mehrstufig. Diese Stufen sind die Enkodierung (Einspeicherung), die Konsolidierung (Verfestigung) und der Abruf (Monte, 2010, S. 7-8) . Allgemein gibt es verschiedene Teilsysteme des LZG (Urhahne et al., 2019, S. 30), welche üblicherweise nach den inhaltlichen Dimensionen dargestellt werden (Baller, 2005, S. 22). Diese werden im folgenden Kapitel beschrieben.
3 Das Gedächtnis in seiner inhaltlichen Dimension
Für die unterschiedlichen Arten von Information gibt es verschiedene Langzeitgedächtnissysteme (Gruber, 2018, S. 40) (Abb. 3). Die wesentliche Unterscheidung erfolgt dabei einerseits nach verbal kommunizierbarem Wissen und Inhalten, dem sogenannten deklarativen Gedächtnis, und andererseits nach Episoden und Inhalten der individuellen Erfahrung, welche nicht explizit verbalisierbar sind, dem sogenannten non-deklarativen Gedächtnis (Penner, Reijnen & Opwis, 2006, S. 45).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Taxonomie der Gedächtnissysteme
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gruber (2018), S. 40
3.1 Deklaratives Gedächtnis
Das deklarative oder auch explizite Gedächtnis umfasst sämtliches Wissen, welches in Worte gefasst werden kann (Lefrangois, 2015, S. 295) und somit auch gut an andere Personen vermittelbar ist (Buchner, 2012, S. 543). Dies beinhaltet z.B. Namen, Adressen, Telefonnummern oder das Wissen über Hauptstädte von Ländern. Aber auch explizite Erinnerungen, die man sich ins Bewusstsein rufen kann, zählen zum expliziten Gedächtnis (Lefrangois, 2015, S. 295-296). Zurückgehend auf den Psychologen Endel Tulving, wird das deklarative Gedächtnis unterteilt in das episodische und das semantische Gedächtnis (Gruber, 2018, S. 41).
Das episodische Gedächtnis beinhaltet Wissen über das Wann und Wo bestimmter Geschehnisse aus der eigenen Vergangenheit (Gruber, 2018, S. 41). Es handelt sich um bestimmte autobiografische Erlebnisse, wie z.B. der erste Schultag, oder auch alltägliche Ereignisse, wie das Parken des eigenen Autos am Morgen. Diese individuellen Erinnerungen sind an eine Zeit und einen Ort gebunden (Lefrangois, 2015, S. 297). Im episodisch-autobiografischen Gedächtnis ist die individuelle Vergangenheit eines Menschen abgelegt, wodurch seine Identität als zusammenhängende Zeitstruktur (Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft) vorstellbar ist (Monte, 2010, S. 5).
Das semantische Gedächtnis umfasst das Wissen um allgemeine Fakten (z.B. die Hauptstadt Italiens), das Wissen zu komplexen Zusammenhängen oder die Bedeutung von Wörtern (Urhahne et al., 2019, S. 30). Heute gibt es allerdings kontroverse Diskussionen darüber, ob beide Gedächtnisarten tatsächlich verschiedene Gedächtnissysteme sind oder doch eher zusammenhängend funktionieren, jedoch mit Unterschieden in Bezug auf Anforderung und Kontext (Urhahne et al., 2019, S. 31). Festzuhalten ist, dass beide Systeme interagieren und somit keine absolute Trennung gegeben ist (Gruber, 2018, S. 43).
3.2 Non-deklaratives Gedächtnis
Gedächtnisinhalte, welche nicht verbalisierbar sind - also nicht-deklarativ - werden dem non-deklarativen oder auch impliziten Gedächtnis zugeordnet. Dazu zählen Fertigkeiten, wie z.B. Fahrradfahren oder das Spielen eines Musikinstruments. Es bezieht sich auf Informationen darüber, wie etwas getan wird (Urhahne et al., 2019, S. 31). Die Repräsentation von impliziten Gedächtnisinhalten läuft unbewusst, automatisch und ohne Willensanstrengung ab (Gruber, 2018, S. 49). Man weiß zwar, wie man Fahrrad fährt, man kann es aber nicht in Worte fassen (Lefrangois, 2015, S. 296).
Im Zusammenhang mit dem impliziten Gedächtnis wird auch häufig der Begriff prozedurales Gedächtnis verwendet, da es sich oft um prozedurale Prozesse handelt (Urhahne et al., 2019, S. 31). Es ist ein Subsystem des non-deklarativen Gedächtnisses und umfasst diverse Speicherprozesse, die mit motorischen Fertigkeiten, sowie Routinen des Verhaltens einhergehen. Es besitzt somit für den Alltag eine hohe Relevanz (Gruber, 2018, S. 55).
Eine Lernform, welche dem non-deklarativen Gedächtnis zugeordnet wird, ist die klassische Konditionierung. Diese geht auf die Forschungen des Nobelpreisträgers Iwan Petrowitsch Pawlow (1849-1936) zurück. Durch Studien mit Hunden fand er heraus, dass der natürliche Reflex des Hundes, auf die Präsentation von Futter mit Speichelfluss zu reagieren, auch durch einen Ton ausgelöst werden kann, wenn dieser in Verbindung mit dem Futter steht. Das Futter wurde den Hunden dabei in mehreren Durchgängen immer in Kombination mit einem Ton präsentiert. Infolgedessen reichte alleine der Ton zur Speichelabsonderung der Hunde aus (Gruber, 2018, S. 50).
Auch die non-assoziativen Lernformen Habituation und Sensitivierung sind dem non-deklarativen Gedächtnis untergeordnet (Gruber, 2018, S. 50). Bei der Habituation oder auch Gewöhnung erfolgt eine Abschwächung einer Verhaltensreaktion auf die Wiederholung eines Reizes (Gerrig, 2015, S. 201), der sich als unwichtig erweist (Gruber, 2018, S. 50). Mit Sensitivierung i st die Verstärkung der Reaktion auf einen unangenehmen oder irritierenden Stimulus infolge der Wiederholung gemeint. Z.B. wird ein gleichbleibender Schmerzimpuls durch das wiederholte Erleben intensiver erlebt (Gerrig, 2015, S. 201).
Das perzeptuelle Repräsentationssystem (PRS) ist ebenfalls dem non-deklarativenGedächtnis zuzuordnen. Hier erfolgt die Informationsverarbeitung auf einerpräsemantischen Ebene über die Struktur und Form von Stimuli (Gruber, 2018, S. 51). Das System unterstützt das Beschreiben von Strukturen. Zudem schließt es Speicherprozesse ein, die die Wiedererkennungswahrscheinlichkeit von Reizen erhöhen, welche vorab (fragmentiert) präsentiert wurden (Baller, 2005, S. 25).
3.3 Abruf von Inhalten aus dem Gedächtnis
Der Abruf wird im Alltag auch als „sich erinnern“ bezeichnet (Monte, 2010, S. 17).
Um Informationen in der Abrufphase wieder zugänglich zu machen, werden sie vom LZG in das AG überführt (Schüler, Wegner & Plessner, 2020, S. 61). Damit ein Abruf stattfinden kann, muss im Vorfeld eine Speicherung erfolgt sein. Folglich kann nur Gelerntes auch wieder abgerufen werden. Trotzdem ist nicht jeder gespeicherte Inhalt auch wieder abrufbar (Lefrangois, 2015, S. 283). Diese Inhalte sind oft aufgrund fehlender Abrufreize, welche den Informations-Abruf aus dem LZG erleichtern, nicht zugänglich. Solche Abrufreize können verschiedener Art sein, wie z.B. Kategorie, Zeit, Struktur oder Raum. Auch Sinnesempfindun- gen, wie z.B. Gerüche, können ein erleichtertes Erinnern bewirken. Der Abruf gelingt also umso besser, je mehr Hinweisreize beim Enkodieren einer Information mit eingespeichert werden. Somit kann durch eine systematischere und bewusstereEinprägung, das Erinnern erheblich besser gelingen (Kullmann & Seidel, 2005, S. 88-90).
Generell sind drei verschiedene Abruf-Arten differenzierbar:
Die freie Reproduktion (free recal), die unterstützte Reproduktion (cued recall) und das Wiedererkennen (recognition). Beispielsweise reproduziert ein Schauspieler einen auswendig gelernten Text frei. Hat der Schauspieler dabei einen „Hänger“, kann ihm hier - im Sinne der unterstützten Reproduktion, ein Wort als Abrufreiz helfen, wieder in den Text zu finden. Bei der Auswahl aus mehreren möglichen Antworten (multiple choice), findet der Prozess des Wiedererkennens statt. Generell ist die Rekognition, im Hinblick auf eine bessere Abrufleistung, der freien Reproduktion überlegen. Gleiches gilt für die unterstützte Reproduktion (Horstmann & Dreisbach, 2017, S. 165-166).
[...]