Die Nachfolge des Augustus. Die Schwierigkeiten der ersten Herrschaftsübergabe im Prinzipat


Seminararbeit, 2021

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wesentliche Grundzüge der augusteischen Ausnahmestellung

3. Grundproblematik und Grundvoraussetzungen der Nachfolge

4. Die schwierige Nachfolgepolitik des Augustus
4.1. Marcellus und Agrippa
4.2. Gaius und Lucius Caesar sowie Tiberius im Konzert der Nachfolge

5. Schlussbetrachtung

6. Quellen und Literaturverzeichnis
6.1. Quellen
6.2. Literatur

1. Einleitung

Das Jahr 27 v. Chr. markiert eine einschneidende und grundlegende Zäsur der römi­schen und antiken Geschichtsschreibung. Octavian (*63 v. Chr. + 14 n. Chr.), der Adoptivsohn Caesars, gab demonstrativ, die in den Bürgerkriegskämpfen angehäuften Staatsvollmachten an den römischen Senat zurück.1 Der Senat würdigte diese Macht­rückgabe mit der Verleihung eines Ehrennamens. Fortan nannte sich Octavian Au­gustus 2 (der Erhabene) und zugleich begründete er im besagten Jahr ein neues Staats­system, das Prinzipat. Vom römischen Volk ( Plebs urbana ) wurde er seither als großer Friedensstifter gefeiert, da er die schrecklichen und blutreichen Bürgerkriege endlich zum Abschluss gebracht hatte.3

Mit dem Prinzipat schuf Augustus nun ein inoffizielles Herrschaftssystem, das gen­austens auf seine Person zugeschnitten war. Offiziell existierte die res publica (Römi­sche Republik) zwar weiterhin, aber unter dem Deckmantel der res publica restituta (Wiederherstellung der Republik).

Er verfolgte damit stets das Ziel, den Anschein der wiederhergestellten alten Republik zu wahren, die faktisch jedoch nicht mehr existent war.4 Augustus häufte eine Fülle von Ausnahmegewalten, Sonderstellungen und Ämtern an, sodass niemand mehr an ihm vorbeiregieren konnte. Die Ausnahmestellung von Augustus lag dabei in erster Linie bei seinen Leistungen für Rom begründet.5 Es gelang ihm vortrefflich, monar­chische und republikanische Eigenschaften miteinander zu verknüpfen.6

Augustus war, wie viele Römer in aristokratische Familientraditionen verwogen.7 Er hatte als Familienpatron dafür zu sorgen, dass die gegenwärtige Stellung der eigenen Familie bewahrt blieb und auf die nächste Generation übertragen werden konnte. Aus diesen Gründen versuchte Augustus seine erworbene außerordentliche Machtstellung im römischen Staatssystem nicht mit seinem Tod enden zu lassen. Das von ihm ge­schaffene Herrschaftssystem sollte weiterhin Bestand haben, und zwar unter Führung der eigenen Sippe, den Juliern.8

Um dies Gewährleisten und erreichen zu können, musste Augustus frühzeitig einen geeigneten Nachfolger aus der eigenen Familie heranziehen, damit die erworbene Machtstellung in der gens Iulia verbleiben konnte.

Doch in seinem Bestreben, einen geeigneten Nachfolgekandidaten aufzubauen, sah sich Augustus mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert.

Denn das Prinzipat war, wie eingangs erwähnt, ein sehr spezielles Machtgefüge, das offiziell nicht existent und rechtlich nicht vererbbar war. Somit konnten die Ausnah­mevollmachten von Augustus de jure nicht übertragen werden.

In der vorliegenden Hausarbeit wird der Versuch unternommen, die Nachfolgeproble­matiken, mit denen Augustus konfrontiert war, zu ergründen. Welche Kriterien und Methoden wandte Augustus an, um eine möglichst geräuschlose Herrschaftsübergabe zu gewährleisten? Wer waren die präsumtiven Nachfolgekandidaten im Konzert der Nachfolgeregelung? Aus diesen Gründen wird im folgenden Hauptteil (Abschnitt 4) auch die Rede von Marcellus, Agrippa, Gaius und Lucius Caesar sowie schlussendlich von Tiberius sein. Zuvor werden die Grundzüge des Prinzipats skizziert und die daraus resultierenden Besonderheiten im Hinblick auf die Nachfolgeproblematik aufgewor­fen. Danach folgt die Auseinandersetzung mit der Nachfolgepolitik des Augustus und die Beantwortung der genannten Fragestellung. Zuletzt fasst die Schlussbetrachtung die wesentlichen Punkte der Ausarbeitung nochmals zusammen. Für diese Hausarbeit dienten als zentrale Quellen die Historia Romana von Velleius Paterculus, die Kaiser- viten Suetons, die Annalen von Tacitus und das Geschichtswerk des Cassius Dio.

2. Wesentliche Grundzüge der augusteischen Ausnahmestellung

Die Machtstellung des Augustus beruhte auf den öffentlich-rechtlichen Vollmachten, die der Senat nach der demonstrativen Machtrückgabe an Augustus verliehen hatte. Besonders seien die zwei wichtigsten Stützen seiner Macht zu nennen, das imperium proconsulare (maius) und die tribunicia potestas.9 Hinzu kam, dass der Senat Au­gustus bat, die Hälfte der Provinzen erneut zu übernehmen, um diese endgültig zu be- frieden.10 Das imperium proconsulare maius befähigte Augustus dazu, in fast alle üb­rigen römischen Provinzen eingreifen zu können.

Durch dieses Sonderimperium hatte Augustus alle Amtsgewalten eines Magistrats inne, ohne jedoch solch eine Administration öffentlich bekleiden zu müssen.11 Mithilfe der zweiten Stütze der tribunicia potestas, erlangte Augustus die vollen Amts­gewalten eines Volkstribuns, ohne wiederum diesen Pflichten nachkommen zu müs­sen.

Des Weiteren war Augustus Ausnahmestellung durch sein gigantisches Privatvermö­gen, seiner riesigen Klientel12 und sein auf persönlichen Leistungen gegründetes Pres­tige begründet.13 Besonders mit seiner auctoritas14 rechtfertigte Augustus die außer­gewöhnliche Machtposition. Die auctoritas des Prinzeps war allgegenwärtig, aber nie konkret fassbar15, und sie war keine institutionalisierte Macht, die zwar fest an die Person des Herrschers gebunden, aber vor allem nicht erblich war.

Das riesige Privatvermögen wusste Augustus raffiniert einzusetzen, sodass er den rö­mischen Staat zunehmend in ein Abhängigkeitsverhältnis zu sich trieb. Großzügige Geldzahlungen an das Heer sicherten ihm dessen Treue und die römische Administra­tion konnte ohne die augusteischen Geldeinlagen nicht mehr funktionieren.16 Auch das Volk wurde mit häufigen Spenden des Prinzeps oder auch mit zahlreichen Schauspie­len gefügig gestimmt.17

Wie bereits in der Einleitung herausgestellt war das augusteische Prinzipat ein auf Ausnahmeregelungen beruhendes Machtsystem, dem eine verfassungsrechtliche Grundlage völlig fehlte. Es war ein sehr fragiles System, dass seine Legitimation an­derweitig beziehen musste. An dieser Stelle sei Egon Flaigs „Akzeptanz-System“ zu nennen.18 Nach Flaig legitimierte sich die augusteische Machtfülle über die Akzeptanz der drei bedeutenden Gesellschaftsgruppen ( Plebs urbana, Heer, Senat).

Damit Augustus seine Machtposition erhalten konnte, musste er ständig neue Leistun­gen für den Staat generieren, um die verschiedenen Gruppen zufrieden zu stellen. Außerdem war eine „intensive Kommunikation“ zwischen Prinzeps und den Akzep­tanzgruppen vonnöten.19

Nach Valleius Paterculus habe die Plebs endlich wieder in Ruhe, Friede und Sicherheit gelebt.20 Das Heer profitierte hingegen von den enormen Geldzahlungen und Zuwen­dungen und stand zudem unter dem Oberbefehl des Augustus.21

Der Senat akzeptierte die übermächtige Stellung des Augustus, da sie glaubten, nur er allein könne für Ordnung, Sicherheit und inneren Frieden sorgen.22 Ein erneuter Bür­gerkrieg sollte unter allen Umständen verhindert werden.

Augustus gelang also dieses schwierige und komplizierte Unterfangen, die Akzeptanz­gruppen zu besänftigen. Ein Zeichen hierfür war die 2. v. Chr., von der Gesamtheit der römischen Bürger erfolgte Verleihung des Beinamens pater patriae (Vater des Vater- landes).23 Zudem war er mit größter Sorgfalt darauf bedacht, das Bild eines monarchi­schen Alleinherrschers zu vermeiden und stets ein konstruktives Verhältnis zum Senat zu unterhalten.24

Augustus konnte seine Machtstellung festigen und zu seinen Lebzeiten zunehmend ausbauen.25 Doch schlussendlich beruhte das gesamte System allein auf seiner aucto- ritas. Mit Augustus Tod hätte aus oben dargelegten Gründen die gesamte angehäufte Machtfülle in sich zusammenbrechen und damit auch das Prinzipat aufhören können zu existieren.26 Dieser Problematik war sich Augustus sehr bewusst und so war er be­müht, einen geeigneten Nachfolger aus seiner eigenen Familie heranzuziehen. Aber wer sollte dem mächtigen Prinzeps, der später noch divinisiert wurde, nachfolgen? Ein möglicher Nachfolger musste viele Kriterien erfüllen und Qualifikationen besitzen, um das gigantische augusteische Erbe antreten zu können.27

[...]


1 Vgl. Christ, 2001, S. 16.

2 Aug. Res Gestae 34; Und Vgl. Christ, 2001, S. 17.

3 Vgl. Vell. Pat. II, 89.

4 Vgl. Aug. Res Gestae 34.

5 Vgl. Dahlheim, 2012, S. 168 f.

6 Vgl. Dulckeit, 1981, S. 169. Dies geschah, weil Augustus „[...] die autoritäre Gewalt einer monar­chischen Staatsführung in die alten Formen republikanischer Vorstellung kleidete“.

7 Vgl. Dahlheim, 2012, S. 175.

8 Vgl. Bringmann, 2007, S. 213.

9 Vgl. Christ, 2001, S. 16 f.

10 Cass. Dio 53,12,1 f.

11 Vgl. Kienast, 2009, S. 87 f. Augustus stellte seine Machtfülle nicht zur Schau. Er wollte nie als Al­leinherrscher öffentlich in Erscheinung treten. Daher lehnte Augustus zeitlebens den Titel Diktator ab und auch das ihm angetragene Konsulat auf Lebenszeit; (Res Gestae 5 und Suet. Aug. 53.).

12 Vgl. Bleiken, 1995, S. 23-29. Das Klientel Verhältnis bestand darin, dass der Patron seinen Klienten Beistand und Fürsorge zukommen ließ, während die Klienten zur politischen Gefolgschaft gegenüber ihrem Patron verpflichtet waren. Und Vgl. Bergener, 1965, S.11. Im Prinzipat wuchs die Klientel des Prinzeps, während die Klientel der anderen Aristokraten spürbar abnahm.

13 Vgl. Bringmann/Schäfer, 2002, S. 114. „auctoritas“

14 Vgl. Medicus, 1979, S.729 f. Die auf Ansehen gegründete Macht des Prinzeps; Und Res Gestae 34: „Seit dieser Zeit habe ich alle Bürger an persönlicher Autorität (auctoritas) überragt, an Rechtsmacht (potestas) jedoch besaß ich hinfort nicht mehr als alle meine jeweiligen Kollegen im Amt.“

15 Vgl. Bleicken, 1978, S. 45.

16 Vgl. Christ, 2000, S. 464.

17 Suet. Aug. 41; Suet. Aug. 30/43 und Res Gestae 22.

18 Vgl. Flaig, 1992, S. 203.

19 Vgl. Flaig, 1992, S. 375. „Diese Kommunikation konnte — das hing fast stets von der Person des Kaisers ab — mißlingen; und dabei entstanden für beide Seiten beträchtliche Risiken. “

20 Vell. Pat. II, 89,3 f. Der Bericht von Velleius Paterculus ist sicherlich sehr kaiserfreundlich. Es ist jedoch unumstritten, dass Octavian den qualvollen Bürgerkrieg beendete und sicherlich beim Volk sehr angesehen war.

21 Vgl. Christ, 2000, S. 464. Es kam zur Monopolisierung des Heereskommandos und der Heereskli- entel - ein weiterer entscheidender Machtfaktor für den Prinzeps.

22 Vgl. Bringmann/Schäfer, 2002, S. 114

23 Suet. Aug. 57 und Aug. Res Gestae 35.

24 Suet. Aug. 53 f. Des Weiteren bemühte sich Augustus darum, dass niemandem die neuen Machtver­hältnisse missfielen (Suet. Aug. 28.).

25 Tac. Ann. I., 1,4.

26 Vgl. Kornemann, 1980, Tiberius, S. 53.

27 Vgl. Dahlheim, 2012, S. 351. Der Nachfolger „[...] musste fähig sein, jeden nach dem Tod des Prinzeps ausbrechenden Aufruhr [...] zu bändigen. “

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Nachfolge des Augustus. Die Schwierigkeiten der ersten Herrschaftsübergabe im Prinzipat
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1154871
ISBN (eBook)
9783346548870
ISBN (Buch)
9783346548887
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nachfolge, augustus, schwierigkeiten, herrschaftsübergabe, prinzipat
Arbeit zitieren
Robin Helm (Autor:in), 2021, Die Nachfolge des Augustus. Die Schwierigkeiten der ersten Herrschaftsübergabe im Prinzipat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1154871

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Nachfolge des Augustus. Die Schwierigkeiten der ersten Herrschaftsübergabe im Prinzipat



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden