Materialproduktion zum Einsatz in einer Doppelstunde im Bereich Literatur. Anhand des Texts "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"


Unterrichtsentwurf, 2021

47 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Analytische Auseinandersetzung mit dem kinder- oderjugendliterarischen Text
2.1 Relevante autobiografische Einflussfaktoren
2.2 Erzähltextanalyse nach dem Modell von Leubner und Saupe
2.3 Das Verhältnis von Fiktion und historischen Fakten im Roman
2.4 FachdidaktischeÜberlegungen

3 Zielsetzungen des Unterrichts
3.1 Bezug zum Bildungsplan
3.2 Zielsetzungen des literarischen und historischen Lernens

4 Modellierung des Unterrichts: Einbettung in einen Gesamtkontext

5 Modellierung des Unterrichts: Vorstellung des Unterrichtsablaufs

6 Modellierung des Unterrichts: Methodik und Materialerstellung
6.1 Handlungs- und produktionsorientierte Verfahren
6.2 Begründung der Handlungs- und produktionsorientierten Verfahren bezüglich der Zielsetzungen und des Materials

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis
8.1 Primärliteratur
8.2 Sekundärliteratur

9 Anhang:Material
9.1 Strukturskizze
9.2 Materialproduktion

10 Materialproduktion zum Einsatz in einer Doppelstunde im Bereich Sprache

1 Einleitung

„Jugendbücher können das Interesse an Geschichte, die Faszination durch Geschichte wecken oder bewahren. Erzählte Geschichte regt die Vorstellungskraft an und lässt in Schülerköpfen kohärentere Bilder entstehen, als Schulbücher und Quellentexte sie vermitteln können.“1

Zwar gelten historische Romane als ein wichtiges Medium zur Vermittlung von historischen Fakten. Doch nicht jede Erzählung ist gleichermaßen geeignet, diese Funktion zu erfüllen. Eine sorgfältige Überprüfung eines Romans und die Vorbereitung geeigneter Materialien erscheint unabdingbar.2 Vor diesem Hintergrund ist zu ergänzen, dass ein historischer Roman nicht nur als ein Medium der Geschichtsvermittlung fungiert, sondern auch das literarische Lernen fördert. Ziel dieser Arbeit ist es, das Potenzial des Romans „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“3 für den Literaturunterricht im Fach Deutsch zu untersuchen und eine geeignete Unterrichtseinheit zur Förderung des historischen und literarischen Lernens zu entwerfen.

Von diesem Interesse ausgehend, gestaltet sich der Aufbau der Arbeit wie folgt: Um die Relevanz des historischen Romans für den Deutschunterricht aufzuzeigen, wird der Roman zunächst analytisch untersucht. Anschließend werden die Zielsetzungen für die vorgestellte Unterrichtseinheit aufgezeigt. Dazu gehört ein Überblick über die zu fördernden Kompe­tenzen im Bildungsplan sowie die Zielsetzungen des historischen und literarischen Lernens. Ausgehend von den Zielsetzungen des Unterrichts, wird die Unterrichtssequenz in einen Gesamtkontext eingebettet. Darauf aufbauend wird der Unterrichtsablauf einer didaktischen Analyse unterzogen. Weiterführend wird die übergeordnete Methodik der Unterrichts­sequenz, das handlungs- und produktionsorientierte Verfahren, vorgestellt. Abschließend wird die Auswahl der Methodik im Hinblick auf die Zielsetzungen des Unterrichts und des erstellten Materials begründet.

2 Analytische Auseinandersetzung mit dem kinder- oder jugendliterari­schen Text

2.1 Relevante autobiografische Einflussfaktoren

Judith Kerr ist eine besonders vielschichtige Autorin, die als Schriftstellerin, Redakteurin, Lektorin, Drehbuchautorin und Künstlerin tätig war. Ihr erster Roman „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“4 wurde 1987 ins Deutsche übersetzt und mehrfach ausgezeichnet. Er entwickelte sich zu einem Bestseller und verkaufte sich über 1,6 Millionen Mal. 2019 wurde der Roman von Caroline Link verfilmt. In der germanistischen Didaktik entwickelte sich der Roman zu einer beliebten deutschen Schullektüre, zu der zahlreiche Unterrichtsmodelle und -materialien herausgegeben worden sind. Nennenswert in diesem Zusammenhang sind die Materialien zur Unterrichtspraxis von Ravensburger sowie das Unterrichtsmodell von EinFach Deutsch.5 Judith Kerrs besonderes Interesse an der Fluchtthematik hängt wohl nicht zuletzt mit ihrer eigenen Biografie zusammen. Im Roman erzählt die Autorin aus der Perspektive Annas ihre Flucht aus Deutschland. 1923 kam Kerr als Tochter des deutschen Theaterkritikers Alfred Kerr in Berlin auf die Welt. Die deutsch-jüdische Familie flüchtete zunächst über die Schweiz und Frankreich nach Großbritannien. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2019 lebte die Autorin in London, Großbritannien. Wie das Leben für die Familie in Großbritannien weiterging, erzählt sie in Band 2 „Warten bis der Frieden kommt“ und in Band 3 „Eine ArtFamilientreffen“ derRosa-Kaninchen-Trilogie.6

Der Inhalt des Romans lässt sich wie folgt zusammenfassen: Am Anfang der Erzählung führt die neunjährige Anna mit ihren Eltern, ihrem Bruder Max und der Kinderfrau und Haushälterin Heimpi ein wohlbehütetes Leben in Berlin. Die Familie istjüdisch, aber nicht religiös. Ihr Vater, ein berühmter Kritiker und Journalist, hat bisher seine politische Meinung gegen die Nationalsozialisten öffentlich kundgetan. Kurz vor der Reichstagswahl am 5.

März 1933 flieht der Vater auf Warnung eines Polizisten zunächst nach Prag und anschließend nach Zürich. Nach kurzer Zeit folgen ihm die anderen Familienmitglieder, weil er befürchtet, dass ihnen die Nationalsozialisten bei einem Wahlsieg die Pässe abnehmen könnten. Sie verabschieden sich in Berlin von Heimpi und Onkel Julius, einem Bekannten mit jüdischen Vorfahren, und reisen mit den nötigsten Sachen in ein Hotel nach Zürich, wo Anna zunächst eine Grippe auskurieren muss. Anschließend ziehen sie in eine günstigere Unterkunft am Zürichsee, in den Gasthof der Familie Zwirn. Obwohl Anna und Max ein relativ unbeschwertes Leben weiterführen, entscheiden sich die Eltern aus mangelnden finanziellen Mitteln dafür, nach Frankreich weiterzuziehen. Dort knüpft der Vater Kontakte zu einer deutschen Zeitung. Die Familie zieht in eine sehr kleine Pariser Wohnung ein. Anna und Max lernen Französisch. Trotz Rückschlägen und schulischen Herausforderungen schaffen es die Kinder, in der Schule erfolgreich zu werden. Während Anna für einen Aufsatz prämiert wird und das Examen besteht, wird Max der beste Schüler seines Jahrgangs. Der Kontakt zur Familie Fernand hilft ihnen dabei, sich in dem Land einzuleben. Doch die finanzielle Not, die immer größer wird, und die rassistischen Äußerungen der Vermieterin führen dazu, dass die Familie erneut aufbricht, diesmal nach England. Daraufhin erfährt der Vater, dass ihm ein englischer Filmverleih sein Drehbuch über Napoleon abkaufen möchte. Zwar steht der Familie ein Neuanfang bevor, doch sie wissen, dass sie auch diesen Schritt schaffen werden, solange sie zusammenbleiben.

2.2 Erzähltextanalyse nach dem Modell von Leubner und Saupe

Im Folgenden wird der Roman auf Basis des Textanalysemodells nach Leubner und Saupe analysiert. Dazu werden die Kategorien der Handlungs- und Darstellungsebene in einem reduzierten Umfang eingeführt. Das Modell bietet ein „überzeugendes, weil einfaches, systematisches, fachwissenschaftlich fundiertes sowie leistungsentsprechend differenzierbares Instrument zur Texterschließung“7 und ermöglicht eine Grundlage für einen gelungenen Umgang mit Literatur, in dem die Lesemotivation mit der Förderung des Textverstehens verbunden wird.8

Handlungsanalyse

Die Komplikation im Roman bildet zunächst die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland. Aufgelöst wird die Situation zunächst durch die Flucht und den anschließenden Versuch der Familie, sich an den verschiedenen Orten niederzulassen. Als Faktor der Komplikation kann die Warnung des bekannten Polizisten gekennzeichnet werden, der vorgibt, dass man bei einem Erfolg derNationalsozialisten der Familie die Pässe abnehmen werde. Als Faktoren der bedingten Auflösung können diejeweiligen Fluchtorte thematisiert werden: Zürich (Schweiz), Paris (Frankreich) und anschließend London (Großbritannien), an denen Annas Familie lebt. Zu Beginn der Erzählung lebt die Familie im Westen Berlins (Kapitel 1 - 3). Die zweite Station ist Zürich (Schweiz) (Kapitel 6 - 12). Dort leben sie zunächst in einem luxuriösen Hotel und anschließend im Gasthof bei der Familie Zwirn am Zürichsee. Von dort aus zieht die Familie dann nach Paris (Frankreich) (Kapitel 12 - 24) um. Sie wohnen in einer kleinen und schlicht eingerichteten Wohnung im Zentrum. Zuletzt ziehen sie nach London (England) und richten sich in einem Hotel ein, womit eine mögliche Auflösung der Komplikation angedeutet wird (Kapitel 24). Städte und berühmte Straßennamen sowie Sehenswürdigkeiten werden zwar erwähnt, aber nicht genauer dargestellt. Zeitlich knüpft die Handlung Ende Februar 1933 an und erstreckt sich ungefähr bis zum Herbst 1935. Als grundlegende Art der Komplikation kann der Verlust thematisiert werden: der Verlust der Heimat, der Verlust des Berufs, der Verlust von Freunden oder Verlust materieller und ideeller Wertgegenstände und damit einhergehend der Verlust der Identifikation. Die Familie, die sich bisher als einen Teil der deutschen Gesellschaft identifiziert hat, wird ausgestoßen und entfremdet.

Figurenanalyse

Die Hauptfiguren Anna, Max, Mama und Papa werden im Roman ausführlich beschrieben und sind relativ stabil. Das weitere Umfeld, wie zum Beispiel Schulfreunde, Lehrerinnen und Lehrer, Bekannte und Verwandte der Eltern sind durch eine Wechselhaftigkeit gekennzeichnet, wodurch auf den ständigen Wandel und die Unsicherheit des weiteren Umfelds aufmerksam gemacht wird. Im Folgenden liegt der Fokus auf den Hauptfiguren, aus Platzgründen bleibt das weitere Umfeld unberücksichtigt.

Anna, die Hauptprotagonistin im Roman, ist zu Beginn der Erzählung neun Jahre alt. Anfangs erfährt sie nicht, dass sie Deutschland aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verlassen müssen. Sie hat keinen Bezug zum jüdischen Glauben und seinen Traditionen.9 Das junge Mädchen glaubt nicht an einen Gott, sondern vielmehr an jemanden, „der diese Dinge lenken konnte“10. Aufgrund ihrer optimistischen und fröhlichen Art gelingt es ihr, sich schnell zurechtzufinden und neue Freundschaften zu schließen.11 Kulturelle Unterschiede überwindet sie spielerisch.12 In der Schweiz lernt sie zügig, im Dialekt zu sprechen. Obwohl sie anfangs Schwierigkeiten mit dem Erlernen einer neuen Fremdsprache, Französisch, hat, „konnte sie [bald] französisch so sprechen, wie sie deutsch sprach“13. Ebenso ist sie kreativ und literarisch begabt. Sie wird für einen Aufsatz prämiert, in dem sie über die Flucht Papas nach Prag schreibt.14 Kennzeichnend für das junge Mädchen ist ihr kindlicher Blickwinkel, wodurch sie die Flucht als eine Art Abenteuer wahrnimmt. Sie empfindet die Tatsache, ein Flüchtling zu sein, aufregend und spannend, sie fürchtet sich allerdings davor, sich wie ein Flüchtling vorzukommen.15 Der Zusammenhalt ihrer Familie ist ihr besonders wichtig. Er verleiht ihr ein Gefühl von Heimat.16 Zu ihren Eltern führt sie ein gutes Verhältnis. Obwohl sich Anna und ihr Bruder oft streiten, haben die Geschwister ein enges Verhältnis zueinander.

Max ist drei Jahre älter als seine Schwester. In Berlin bezeichnet er sich als ein „Sozi“, ein Gegner der Nazis.17 Seiner Schwester erklärt er Dinge, die sie noch nicht weiß oder verstehen kann.18 Obwohl er begabt ist, bemüht er sich eher wenig darum, erfolgreich zu sein. Als er in Frankreich feststellen muss, dass er sich von den anderen Kindern unterscheidet, versucht er sich anzupassen, sodass er plötzlich besondere schulische Leistungen erbringt.19

Mama wird im Gegensatz zu ihren Kindern nicht namentlich gekennzeichnet. Von Beruf ist sie Pianistin und sie spielt gerne Klavier.20 Anfangs führt sie ein gutbürgerliches Leben mit ihren zwei Kindern und ihrem Ehemann. Unterstützt wird sie zunächst in Berlin durch ihre Haushälterin Heimpi. Aus finanziellen Gründen verzichtet sie im Ausland auf die Unterstützung einer Haushälterin und übernimmt selbst die Rolle der Hausfrau. Obwohl sie damit überfordert ist, bemüht sie sich, den Alltag so gut wie möglich zu meistem.21 In Konfliktsituationen tritt sie brüsk und überzeugend auf.22 Zu ihren Kindern und ihrem Ehemann führt sie eine liebevolle und vertraute Beziehung. Zu ihrer Mutter hat sie ein etwas angespanntes Verhältnis.23 In Paris besucht sie mit Anna ihre Tante Sarah, die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hat.24

Ebenso wie Mama wird Papa im Roman nicht namentlich benannt. Er ist ein berühmter Schriftsteller und Kritiker.25 Er ist zwar nicht religiös, aber stolz auf dasjüdische Volk.26 Da Papa seine politische Meinung gegen das Nazi-Regime offen äußert, ist er in Gefahr. Durch einen Tipp flieht er gerade noch rechtzeitig aus Deutschland.27 Es wird ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.28 Von seinem familiären Umfeld wird er als unpraktisch, unbedacht und voreilig bezeichnet.29 Zu seiner Familie ist er liebevoll. Auch in schwierigen Situationen gelingt es ihm, mit seiner Familie etwas zu unternehmen und sie aufzuheitem.30 Im Gegensatz zu seiner Ehefrau legt er großen Wert auf Freiheit und akzeptiert das Leben als Flüchtling. Losgelöst von einem einzigen Ort, gehört er eher ein wenig zu vielen Orten an.31

Zeitliche Gestaltung

Wie bereits erwähnt, knüpft die Handlung Ende Februar 1933 an und erstreckt sich ungefähr bis zum Herbst 1935. Anfang März 1933 flüchtet die Familie zunächst nach Zürich und verbringt dort sieben Monate. In Paris verbringt die Familie zwei Jahre, bevor sie nach London weiterreist. Insgesamt beträgt die erzählte Zeit etwa zweieinhalb Jahre. Die Hand­lung wird chronologisch und linear dargestellt. Eine genaue Datierung der Geschehnisse im Roman liegt nicht vor. Stützpunkte bilden Feiertage wie Weihnachten oder Silvester, aber auch historische Ereignisse wie zum Beispiel der Reichstagsbrand, die Reichstagswahl oder die Bücherverbrennung. Im Roman findet ein Wechsel zwischen einer zeitdeckenden und einer zeitraffenden Erzählweise statt. Die Zeitraffer umfassen sowohl einige Tage als auch mehrere Wochen. Die Zeitdeckung wird durch die direkte Rede gekennzeichnet.

Präsentation der Handlung durch einen Erzähler und Perspektivierung

Der auktoriale Erzähler im Roman steht außerhalb der Handlung. Er betrachtet das Geschehen aus der Außenperspektive und drückt damit seine Distanz zum Geschehen aus. Die gewählte Außenperspektive erkennt man daran, dass der neutrale Erzählerkommentar in der dritten Person überwiegt, obwohl der auktoriale Erzähler über einen Zugang zur Außen- und Innensicht der Figuren verfügt. Denn er vermittelt nicht nur Beschreibungen, sondern auch die Gedanken und Gefühle der Figuren. Ein Wissensvorsprung des Erzählers wird im Handlungsverlauf nicht verdeutlicht.

2.3 Das Verhältnis von Fiktion und historischen Fakten im Roman

„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“32 ist eng an die Autobiographie der Autorin gebunden.33 Für die Erzählung stützt sich Judith Kerr auf autobiographische Beobachtungen und thematisiert ihre einschneidenden Erlebnisse. Für die Leser wird dies durch die Innensicht Annas sichtbar, die eine positive Stimmung transportiert, die elterlichen Sorgen werden nur am Rande thematisiert. Sehr klar spiegelt sich dies in der Erzählung wie auch in den Erläuterungen die Lebenswelt der Autorin wider. Während ihr Bruder Michael starke Ähnlichkeiten zur Figur Max aufweist, ähnelt die Pianistin Julia Kerr ihrer Mutter. Der Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalist Alfred Kerr kommt in der Figur des Vaters zum Vorschein. Damit stellen sich einige Probleme. Dies betrifft in erster Linie das Potenzial des historischen Romans. Die geschichtliche Erzählung nimmt eine Zwischenposition zwischen Geschichtsschreibung und Verfremdung der Geschichte ein. Aufgrund der Tatsache, dass wissenschaftlich erarbeitete Informationen sich als nicht ausreichend erweisen und durch die Vorstellungen und Erfahrungen von Judith Kerr ergänzt werden, gelingt es den Leserinnen und Lesern nicht, eine Unterscheidung zwischen Fiktion und Überlieferung von historischen Fakten durchzuführen, weshalb eine kritische Hinterfragung und Überprüfung der geschilderten Sachverhalte bei der Rezeption der Lektüre von besonderer Bedeutung ist, um die Entstehung von verzerrten Geschichtsbildern zu verhindern. Die Reduzierung komplexer Zusammenhänge und Entwicklungen auf den Handlungsspielraum weniger Figuren sowie die Verkürzung und Vereinfachung der Merkmale, die zwar eine Identifikation der Leserinnen und Leser fördern, sollten zur Förderung des Geschichtsbewusstseins thematisiert werden, um eine realitätsnahe Präsentation der historischen Ereignisse zu ermöglichen.34

2.4 Fachdidaktische Überlegungen

Für den Einsatz des historischen Romans im Literaturunterricht spricht dessen literarische Qualität. Die einfach gehaltene Sprache ist sowohl von der Bildlichkeit als auch von anderen stilistischen Mitteln geprägt. Darüber hinaus sind die Figuren realistisch gestaltet und die autobiographischen Einflüsse der Autorin für das Interesse der Heranwachsenden von immenser Bedeutung. Die Lektüre des Romans ist fächerübergreifend mit dem Fach Geschichte denkbar. Aus der Perspektive der Figur Anna wird in die Geschichte des nationalsozialistischen Regimes eingeführt, so dass eine altersangemessene Beschäftigung mit einer komplexen und sensiblen Thematik ermöglicht wird. Neben den Themen wie Flucht, Antisemitismus und Judenverfolgung, die sich durch die ganze Erzählung ziehen, werden für die Schülerinnen und Schüler auch im Alltag zugängliche Themen wie Familie, Schule und Freundschaft thematisiert.

3 Zielsetzungen des Unterrichts

Die Zielsetzungen des Unterrichts stellen den Ausgangspunkt der Unterrichtssequenz dar. Einleitend wird ein Überblick über die zu fördernden Kompetenzen im Bildungsplan für das Fach Deutsch im Umgang mit der Lektüre gegeben. Auch wenn die Unterrichtssequenz Bezüge zum Bildungsplan für das Fach Geschichte aufweist, werden diese aus Platzgründen nicht erläutert. Die Ziele des historischen Lernens werden aufbauend auf den fördernden Kompetenzen im Bildungsplan gemeinsam mit den Zielen des literarischen Lernens berücksichtigt und skizziert.

3.1 Bezug zum Bildungsplan

Im Bildungsplan für das Fach Deutsch sind die prozessbezogenen Kompetenzen „Sprechen und Zuhören“, „Schreiben“ und „Lesen“ Teil des Umgangs mit einer Lektüre.35 Schwer­punktmäßig werden die beiden erst genannten Kompetenzen gefördert, vor allem durch einen produktionsorientierten Unterricht. Der Bereich „Sprechen und Zuhören“ wird durch verschiedene Präsentationsformen und Unterrichtsgespräche berücksichtigt. Der Bildungsplan stellt die Methoden der Texterschließung und Textverstehensprozesse sowie die Erhaltung und Förderung des Leseinteresses der Schülerinnen und Schüler in das Zentrum des Deutschunterrichts.36 Um diesen Forderungen gerecht zu werden, eignet sich die Lektüre in besonderem Maße, da sie besonders viele Umsetzungsmöglichkeiten der Handlungs- und Produktionsorientierung bietet und die Lesekompetenzen in besonderem Maße fördert. Außerdem leistet die Auswahl der Lektüre „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der „Empathiefähigkeit und Toleranz in der Auseinandersetzung mit dem dargestellten menschlichen Denken, Fühlen und Handeln“37. Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit fiktionalen Lebenswelten und Lebensentwürfen auseinander, „erfahren durch die Beschäftigung mit literarischen Figuren (...) Alterität und gelangen zu einer Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Identität"38.

[...]


1 Sauer 1999, zit. nach Sénécheau, Miriam (2003): Erzählende Kinder- und Jugendliteratur zur Ur- und Frühgeschichte als Medium der Geschichtsvermittlung. Anmerkungen aus archäologischer Perspektive. In: Kurt Franz (Hrsg.): Archäologie, Ur- und Frühgeschichte im Kinder- und Jugendbuch. Baltmannsweiler: SchneiderVerlag, S. 15-46, hier S. 15.

2 Vgl. Sénécheau, Miriam (2003): Erzählende Kinder- und Jugendliteratur zur Ur- und Frühgeschichte als Medium der Geschichtsvermittlung. Anmerkungen aus archäologischer Perspektive. In: Kurt Franz (Hrsg.): Archäologie, Ur- und Frühgeschichte im Kinder- und Jugendbuch. Baltmannsweiler: Schneider Verlag, S. 15­46, hier S. 15.

3 Kerr, Judith (1987): Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Aus dem Englischen von Annemarie Böll. Ravensburg: Ravensburger Verlag GmbH.

4 Vgl. Kerr, Judith (1987): Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Aus dem Englischenvon Annemarie Böll. Ravensburg: Ravensburger Verlag GmbH, S. 242.

5 Vgl. Reddig-Kom, Brigitta (2013, 2020): Ravensburger Materialien zur Unterrichtspraxis. Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Ravensburg: Ravensburger Verlag GmbH.

Vgl. Kaiser, Katharina (2020): EinFach Deutsch Unterrichtsmodell. Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Braunschweig, WestermannBildungsmedien Verlag GmbH.

6 Vgl. Kerr, Judith (1987): Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Aus dem Englischen von Annemarie Böll. Ravensburg: Ravensburger Verlag GmbH, S. 242.

7 Vgl. Grammatikos, Silke (2011): MethodenfürDeutschunterricht undLeseförderung. Textanalysemodell vonMartinLeubnerundAnja Saupe. Online in: https://docplayer.org/11151640-Textanalysemodell-von- martin-leubner-und-anja-saupe.html [gesehenam 15.01.21]

8 Vgl. ebd.

9 Vgl. Kerr, Judith (1987): Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Aus dem Englischenvon Annemarie Böll. Ravensburg: Ravensburger Verlag GmbH, S. 8.

10 Ebd., S. 147.

11 Vgl. ebd., S. 7; S. 61; S. 156.

12 Vgl. ebd., S. 69-70.

13 Ebd., S. 195.

14 Vgl.ebd„ S. 217.

15 Vgl. ebd., S. 227.

16 Vgl. ebd., S. 126.

17 Vgl. ebd., S. 13.

18 Vgl.ebd„ S. 113.

19 Vgl.ebd„ S. 185;S.216.

20 Vgl. ebd., S. 14.

21 Vgl. ebd., S. 200.

22 Vgl. ebd., S. 89; S. 199.

23 Vgl. ebd., S. 207.

24 Vgl. ebd., S. 163.

25 Vgl. ebd., S. 9-10.

26 Vgl. ebd., S. 107.

27 Vgl. ebd., S. 20.

28 Vgl.ebd., S. 115.

29 Vgl. ebd., S. 105; S. 124; S. 201-206.

30 Vgl.ebd., S. 48; S. 114.

31 Vgl. ebd., S. 234.

32 Kerr, Judith (1987): Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Aus dem Englischen von Annemarie Böll. Ravensburg: Ravensburger Verlag GmbH.

33 Vgl. Herwig, Malte: Interview mit Judith Kerr. „Im Exil die Sprache verloren“. Online in: https://www.spiegel.de/geschichte/interview-mit-judith-kerr-a-949906.html [gesehen am 15.01.21]

34 Vgl. Sénécheau, Miriam (2003): Erzählende Kinder- und Jugendliteratur zur Ur- und Frühgeschichte als Medium der Geschichtsvermittlung. Anmerkungen aus archäologischer Perspektive. In: Kurt Franz (Hrsg.): Archäologie, Ur- und Frühgeschichte im Kinder- und Jugendbuch. Baltmannsweiler: Schneider Verlag, S. 15-46, hier S. 16-17.

35 Vgl. Amtsblatt des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2016): Gemeinsamer Bildungsplan der Sekundarstufe I. Online in: http://www.bildungsplaene- bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/SEKl/D/LG [gesehen am21.01.21]

36 Vgl. ebd.

37 Ebd.

38 Amtsblatt des Ministeriums fur Kultus, Jugend und Sport Baden- Wurttemberg (2016:) Gemeinsamer Bildungsplan der Sekundarstufe I. Online in: http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/SEK1/D/IK/7-8-9/01/01 [gesehen am 21.01.21]

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Details

Titel
Materialproduktion zum Einsatz in einer Doppelstunde im Bereich Literatur. Anhand des Texts "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
47
Katalognummer
V1158041
ISBN (eBook)
9783346553232
ISBN (Buch)
9783346553249
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl, Literarisches Lernen, Historisches Lernen, Kinder- und Jugendbücher, Deutschunterricht, Deutschdidaktik, Geschichte im Deutschunterricht
Arbeit zitieren
Hatice Karaca (Autor:in), 2021, Materialproduktion zum Einsatz in einer Doppelstunde im Bereich Literatur. Anhand des Texts "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1158041

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