Frauenpolitik und Frauenbewegungen

Auferlegte Emanzipation in der DDR


Hausarbeit, 2008

26 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Forschungsgeschichte des Themas
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Frauenpolitik der SED
2.1 Ideologischer Hintergrund
2.2 Frau und Arbeit
2.3 Frau und Familie
2.4 Lesbische Frauen

3. Frauenbewegungen
3.1 Frauenbewegungen innerhalb der SED
3.2 Frauenbewegungen in der Kirche
3.3 Lesbische Frauengruppen
3.4 Das Ministerium für Staatssicherheit

4. Augenzeuginnen und Geschichtsforschung
4.1 Frauenbewegungen als Spiegel der Gesellschaft
4.2 Kontemplation: Emanzipation als auferlegtes Streben

Fazit

Literaturverzeichnis

Anlagen

A. Fragebogen für Ost-Frauen

ABSTRACT

In der vorliegenden Arbeit werden der Status und die Rolle der Frau in der DDR erklärt und kommentiert. Die Arbeit versucht, mittels Beleuchtung der Frauenrolle einerseits aus literarischen und wissenschaftlichen Quellen, andererseits aus eigenen Umfragen ein umfassendes und neutrales Bild der Ost-Frauen zu verschaffen, das auch diejenige Seite der Frauenrolle betrachtet, die nicht in Frauenbewegungen oder -gruppen zum Ausdruck gekommen ist. Sie hinterfragt damit die Hypothese, Frauenbewegungen der DDR seien ein repräsentatives Bild des gesamten weiblichen Teils der DDR-Bevölkerung gewesen.

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

1.1 FORSCHUNGSGESCHICHTE DES THEMAS

Die Frauenpolitik der neu gegründeten DDR wurde nicht nur aus idealistischen Gründen gestaltet. Einerseits war sie eine Umsetzung der Frauenemanzipationstheorie von Marx und Engels, andererseits war es einfach nötig, auch Frauen in den Arbeitsprozess einzubeziehen. Der neue deutsche Staat, nun unter sowjetischer Obhut und Kontrolle, war nach dem Zweiten Weltkrieg so geschädigt, dass alle Hände für den Wiederaufbau gebraucht werden sollten. Die erste Verfassung der DDR schuf eine erste Version des Gleichberechtigungsrechts. Damit begann für die Frauen eine außergewöhnliche Entwicklung oder Emanzipation, die nicht von der Frau selbst ausging, sondern vom Staat initiiert und gesteuert wurde.

Wissenschaftliche Forschung rund um das Thema Frau und DDR fand in der DDR selbst erst in den achtziger Jahren statt. Diese Periode, die sich kennzeichnete durch erste deutliche Kritik am sozialistischen System der DDR, lieferte mehrere Forschungsberichte, nicht nur aus der Universität, sondern auch aus den Frauengruppen selbst. In den neunziger Jahren wurden die meisten Arbeiten verfasst und veröffentlicht. Diese Arbeiten versuchten, entweder eine Übersicht über die Fakten zur Rolle der Frauen in der DDR zu geben oder Frauen selbst zu Wort kommen zu lassen. Nach der Jahrtausendwende hat die Aufmerksamkeit für die Rolle der Frauen in der DDR nachgelassen.

1.2 ZIEL DER ARBEIT

In dieser Arbeit wird ein Überblick über den Status der Frau in der DDR gegeben und es wird dessen Entwicklung bis zur Öffnung der Mauer verfolgt. Sie wird nicht nur die Fakten schildern, die etwas aussagen über die Situation der Frau, sondern auch berichten über veröffentlichte Zeuginnengeschichten und persönliche Gespräche mit Frauen, die die DDR-Zeit miterlebt haben. Damit wird bezweckt, die Lücke zwischen offizieller Geschichtsschreibung und erlebtem Alltag zu schließen. Außerdem will die Arbeit somit darauf hinweisen, dass mit Geschichtsschreibung nur ein Ausschnitt von Geschichte erfasst wird. Es besteht die Gefahr, dass Aspekte, die nicht mitgeteilt oder schwierig zu beweisen sind, bei der Geschichtsschreibung verloren gehen. Aus diesen Gründen wird in dieser Arbeit auf eine reine Faktendarstellung verzichtet.

1.3 AUFBAU DER ARBEIT

Um die politische und gesellschaftliche Lage der Frau in der DDR schildern zu können, werden zuerst die dafür notwendigen Begriffe und der historische Kontext erklärt. Danach werden die verschiedenen Lebensphasen und gesellschaftlichen Rollen der Frau im Rahmen der SED-Politik beschrieben. Außerdem wird separat eingegangen auf die Blickwinkel des Ministeriums für Staatssicherheit, dem vor allem die politisch aktiven und lesbischen Frauen, wie im Allgemeinen gruppenbildende Minoritäten der Gesellschaft, suspekt waren.

Im folgenden und dritten Abschnitt wird auf die politische Lage der Frau im Besonderen eingegangen. Es wird die heutige Forschungsauffassung über Frauengruppen der DDR angesprochen, die schon lange kontrovers geführt wird. Einerseits wird nämlich behauptet, es habe Frauengruppen nie gegeben. Andererseits gab es unzweideutig eine Gruppenbildung von Frauen in der DDR. Die Lösung dieses Widerspruchs liegt in einer eindeutigen und unkontroversen Definition des Begriffs der Gruppe in diesem Kontext, die in dieser Arbeit gegeben wird.

Im vierten und letzten Kapitel dieser Arbeit werden auch die persönlichen Meinungen von Frauen der DDR-Zeit in Betracht gezogen. Es wurden Gespräche mit Augenzeuginnen geführt, die in vorliegender Arbeit verarbeitet worden sind. Daraus folgt, dass in diesem Kapitel nicht nur Fakten dargestellt werden, sondern auch Meinungen, vor allem jener Frauen, die sich nicht in Frauengruppen beteiligt haben und deren Meinungen nicht offenbar wurden. Auch lesbische Frauen, die kein Risiko eingehen mochten oder sich den Aufwand, der aus einer gesellschaftlichen Beteiligung, zum Beispiel in Kirchengruppen, entstand, sparen wollten, kommen hier zu Wort.

Schlussendlich werden im letzten Kapitel die Vorund Nachteile einer Emanzipation, wie sie in der DDR stattfand, abgewogen.

2. FRAUENPOLITIK DER SED

2.1 IDEOLOGISCHER HINTERGRUND

In diesem Kapitel werden eingangs die benötigten Begriffe definiert und erklärt. Dafür ist es notwendig, zuerst die historischen Grundlagen der SED-Politik zu beschreiben. Aus diesen Grundlagen wurde die SED-Partei-Ideologie geformt.

Der sozialistische Denkansatz für die Frauenpolitik der DDR wurde aus der Philosophie von Karl Marx und Friedrich Engels geformt, die in ihrer Emanzipationstheorie davon ausgingen, dass die Emanzipation der Frau nur bei einer Vergesellschaftung der Produktionsmittel stattfinden könnte. Die Frau würde erst dann dem Mann gleichgestellt werden können, wenn sie von der Hausarbeit befreit wäre. Mittels juristischer und politischer

Maßnahmen einerseits und Erziehungsmaßnahmen andererseits sollte die Ungleichheit behoben werden.[1] Vor allem die fortschreitende Technik sollte Arbeit leichter machen und damit der Frau die Chance geben, dieselbe Arbeit zu verrichten wie der Mann.

Eine Generation später bauten die Theorien von August Bebel auf die von Marx und Engels auf. Während Marx und Engels sich mehr für die Unterdrückten der Gesellschaft im Allgemeinen einsetzten, beschäftigte Bebel sich mehr mit der Frauenfrage im Besonderen. Seiner Meinung nach werden nicht-arbeitende Frauen zum Eigentum des Mannes.[2] Erst mittels Erwerbstätigkeit und finanzieller Selbstständigkeit wäre die Frau unabhängig vom Mann. Auch die Schriften von Clara Zetkin[3] wurden oft von der DDR herangezogen und dienten als Modell für die Gestaltung der Frauenpolitik. Sie plädierte für eine Veränderung der geschlechtlichen Arbeitsteilung, damit die Frau von der Ausbeutung durch den Mann befreit würde.

Gemäß diesen Theorien versuchte die DDR die Gesellschaft so zu gestalten, dass sich Eltern Hausarbeit und Kinderpflege teilten, damit auch die Frau in Vollzeit arbeiten konnte. Dieses Ziel war jedoch nicht rein ideologisch, sondern auch wirtschaftlich notwendig. Im Gegensatz zur BRD war es in der DDR nötig, auch Frauen in den Arbeitsprozess einzubeziehen. Sowohl Krieg als auch Flucht und Abwanderung in der Periode nach dem Krieg bis zum Mauerbau waren ein Aderlass für die DDR. In dieser Periode hatten 14% der

Einwohner der DDR den Staat verlassen. Außerdem bestand in der Nachkriegsperiode die Gesellschaft der DDR zu 57% aus Frauen. Die Einbindung der Frau in den Arbeitsprozess sollte die Produktivität, die pro Arbeitsplatz im Vergleich zu den westlichen Industrieländern niedrig war, erhöhen. Aus diesem Grund kam es schon in der ersten Verfassung der DDR zu einem Absatz, in dem die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgelegt wurde:

"Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben die gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe."[4]

2.2 FRAU UND ARBEIT

In den fünfziger Jahren stand die Politik der DDR im Zeichen des Wiederaufbaus. Die Frauenpolitik der SED bestand vor allem aus Maßnahmen, die die Frauen aufriefen, am Arbeitsprozess teilzunehmen. Dabei wurde auch an ihr Selbstbewusstsein appelliert, denn die Erwerbstätigkeit bedeute nicht nur finanzielle Selbstständigkeit, sondern auch ein besseres Selbstbild und einen höheren Grad der persönlichen Entwicklung. Auch wurde die Frau durch staatliche Weiterbildungsmaßnahmen gefördert. Vor allem in den sechziger Jahren wurden zahlreiche sozialund bildungspolitische Maßnahmen getroffen, damit Frauen sich qualifizieren konnten.

Neben diesen Anreizen gab es auch einen hohen ökonomischen Druck, da eine Familie in der DDR darauf angewiesen war, dass beide Elternteile berufstätig waren, um einen ausreichenden Lebensstandard erreichen zu können. Am 28. Mai 1958 kam es zum Gesetz der Abschaffung der Lebensmittelkarten. Das führte zu einer deutlichen Erhöhung der Lebensmittelpreise. Da außerdem eine nicht berufstätige Ehefrau im Lohnsteuersystem der DDR nicht berücksichtigt wurde, waren auch verheiratete Frauen genötigt zu arbeiten.

Dazu kam noch die Pflicht zu Arbeit. In der Verfassung der DDR von 1968 hieß es in diesem Zusammenhang:

„Gesellschaftlich nützliche Tätigkeit ist eine ehrenvolle Pflicht für jeden arbeitsfähigen Bürger. Das Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit bilden eine Einheit.“[5]

Allmählich wuchs der Anteil der arbeitenden Frauen. Lag der Frauenanteil aller Beschäftigten 1950 nur bei 40% , erhöhte er sich bis 1980 laut dem statistischen Jahrbuch der DDR auf fast 50%.[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 - Frauenanteil der Beschäftigten in der DDR. In den Jahren der Existenz der DDR stieg der

Anteil arbeitender Frauen bis fast 50%.[7] In der oben gezeigten Periode nahm auch die Anzahl erwerbstätige Männer zu (Daten werden hier nicht gezeigt).

Aber obwohl der Staat eine ‚Gleichstellung der Geschlechter’ proklamierte, wurde noch immer die Arbeitsverteilung staatlich gelenkt und deshalb blieb ein großer Teil der Arbeitsgesellschaft für die Frauen verschlossen. Betriebe und Kombinate hatten bei der Arbeitsverteilung auch ihren Einfluss. Sie stellten eher Jungen als Mädchen an mit der Begründung, Frauen würden durch Mutterschaft eher ausfallen, Mädchen hätten nicht genug technisches Interesse und für die Mädchen fehlten die sozialen und hygienischen Einrichtungen. Die Folge war, dass Frauen in bestimmten Berufsfeldern überrepräsentiert waren, z. B. in Berufen des Sozialwesens, im Gesundheitsund Bildungsbereich und im Dienstleistungsbereich, sie erhielten dort aber kaum Leitungspositionen. Eher besetzten sie minderqualifizierte und weniger gut bezahlte Positionen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Am Ende der DDR-Zeit war die Erwerbsquote der Frauen im erwerbsfähigen Alter mit 91,8% die höchste weltweit, im Gegensatz zu 57% in der BRD (Stichjahr 1988). Nur 2,5% der Frauen arbeiteten jedoch in Führungspositionen.

Ab dem Jahre 1965 breitete sich die Frauenpolitik der DDR auf den Bereich der Familie aus. Darüber wird im nächsten Kapitel berichtet.

[...]


[1] Nach Merfeld, 1972.

[2] Bebel, August: Die Frau und der Sozialismus, 1964. Nach Merfeld, 1972.

[3] Zetkin, Clara: Ausgewählte Reden und Schriften. Bd. I. Berlin 1957.

[4] Verfassung der DDR, 7.10.1949, Artikel 20, Absatz 2.

[5] Verfassung der DDR, 9.04.1968, Artikel 24, Absatz 2.

[6] Statistisches Jahrbuch der DDR 1987, S. 17.

[7] Statistisches Jahrbuch der DDR 1987, S. 17.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Frauenpolitik und Frauenbewegungen
Untertitel
Auferlegte Emanzipation in der DDR
Hochschule
Freie Universität Berlin  (OSI)
Veranstaltung
Geschichte und Strukturen der DDR
Note
1,3
Jahr
2008
Seiten
26
Katalognummer
V115840
ISBN (eBook)
9783640171279
ISBN (Buch)
9783640173044
Dateigröße
872 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauenpolitik, Frauenbewegungen, Geschichte, Strukturen, DDR, Politik, Deutschland, GDR, Nachkriegszeit, Feminismus, Frau, Sonntags Club, Lesbisch, Ostberlin, Mauer, Mauerfall, Geteiltes Deutschland, Frauenrechte, Ostdeutschland
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Anonym, 2008, Frauenpolitik und Frauenbewegungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115840

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