Funktionäre des Börsenvereins im Nationalsozialismus


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. DER BÖRSENVEREIN ZUR ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS
2.1 DIE MACHTÜBERNAHME DER NATIONALSOZIALISTEN UND IHRE FOLGEN IN DEN ERSTEN JAHREN
2.2 DIE ENTWICKLUNG DES BÖRSENVEREINS VOM PRIVATRECHTLICH ORGANISIERTEN WIRTSCHAFTSVERBAND ZUM POLITISCHEN INSTRUMENT DER MASSENMANIPULATION

3. DR. FRIEDRICH OLDENBOURG, DER MANN UND SEIN MACHTBEREICH
3.1 BIOGRAPHISCHER ANRISS
3.2 DR. FRIEDRICH OLDENBOURG ALS VORSTEHER DES BÖRSENVEREINS

4. WILHELM BAUR, DER MANN UND SEIN MACHTBEREICH
4.1 BIOGRAPHISCHER ANRISS
4.2 WILHELM BAUR ALS VORSTEHER DES BÖRSENVEREINS

5. SCHLUSSBETRACHTUNG

6. LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

Ein Zitat von Heinrich Heine besagt: „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“ Die düstere Prophezeiung erfüllt sich Mitte des 20. Jahrhunderts durch das Schaffen und Wirken der Nationalsozialisten. In dieser Zeit wurden die Menschen nicht nur ihrer geistigen Freiheit sondern auch ihrer Würde beraubt.

In meiner Arbeit stelle ich zwei Funktionäre vor, die an dem Prozess der Unterdrückung der geistigen Freiheit mitunter maßgeblich beteiligt waren. Beide agierten als erster Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. Der eine, Dr. Friedrich Oldenbourg, versuchte sich vereinzelt gegen das totalitäre Regime zu wehren, und wurde mit seinem Amtsentzug bestraft. Der andere, Wilhelm Baur, war ein fanatischer Faschist, der alles zu unternehmen gewillt war, um den Buchhandel uneingeschränkt zu kontrollieren und damit das Buch als Medium der Massen- propaganda zu beherrschen.

Um die damalige Situation des Buchhandels und somit des Börsenvereins nachvollziehen und verstehen zu können, habe ich zu Beginn einen Überblick über die Entwicklung des Börsenvereins im Nationalsozialismus gesetzt. Anschließend stell ich die genannten Funktionäre mit ihrer Kurzbiographie und ihren Taten als Vorsteher für und gegen die NSDAP vor. In meiner Schlussbetrachtung werde ich eine vergleichende Bilanz zwischen den Personen ziehen.

2. Der Börsenverein zur Zeit des Nationalsozialismus

2.1 Die Machtübernahme der Nationalsozialisten und ihre Folgen in den ersten Jahren

Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland. An diesem Tag begann die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte, die Zeit des Nationalsozialismus.

[Bereits] einen Monat später stand das Reichstagsgebäude in Flammen, was den willkommenen Anlass zur Ausschaltung der politischen Opposition lieferte. Nochmals zwei Monate später symbolisierte ein Feuer auch das Ende der Geistesfreiheit.1

Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 wurde von Studentenschaften geplant und durchgeführt. Unter dem Motto „Wider dem undeutschen Geist“ übergaben sie in dieser Nacht Schriften von vielen deutschen, vor allem jüdischen und kommunistischen Autoren öffentlich den Flammen. Während man die Bücher verbrannte, riefen Vertreter der Studentenschaften Parolen, so genannte Feuer- sprüche.2

Was [der] barbarische Exzess [der Bücherverbrennung] verdeckt[e], war der Wille zur ‚systematischen Säuberung und Lenkung der deutschen Literatur durch eine ihrem Wesen nach unöffentliche und bürokratische Schrifttums- politik von beträchtlicher herrschaftstechnischer Intelligenz.’3

Diese „systematische Säuberung und Lenkung“ begann die nationalsozialistische Regierung mit dem „vorläufigen Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“4 am 31. März 1933 durchzusetzen. Ein halbes Jahr später wurde das Reichskulturkammer-Gesetz erlassen, welches die Kontrolle über die Medien und das Kulturleben verstärken sollte. Jeder, der auf irgendeine Weise öffentliche Meinungen bilden konnte und die Kultur beeinflusste, musste Mitglied der Reichskulturkammer werden.

Als Körperschaften des öffentlichen Rechts wurden dem Propaganda- ministerium unterstellt::

eine Reichsschrifttumskammer eine Reichspressekammer eine Reichsrundfunkkammer eine Reichstheaterkammer eine Reichsmusikkammer eine Reichsfilmkammer und eine Reichskammer der bildenden Künste.5

Die Reichskulturkammer war das wichtigste Instrument der nationalistischen Kulturpolitik zur Gleichschaltung. Doch auch die Jahre 1934 und 1935 brachten Reformen und Veränderungen mit sich, die kulturelle Institutionen, Ämter, Verwaltungen und Betriebe stark beeinflussten. So war oft die Voraussetzung für eine führende Position die Mitgliedschaft in der NSDAP.6

Diese politischen Maßnahmen veränderten das Gesicht des Buchhandels gänzlich. Vor allem der Börsenverein bekam unter der nationalsozialistischen Regierung eine ganze neue Funktion.

2.2 Die Entwicklung des Börsenvereins vom privatrechtlich organisierten Wirtschaftsverband zum politischen Instrument der Massenmanipulation

Zur Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten litt der Buchhandel immer noch an den Folgen der Weltwirtschaftskrise. „[Dazu] kam die Konkurrenz durch Warenhäuser, Leihbüchereien und durch die neuen Massenmedien Presse, Film und Rundfunk[…].“7

Zu Beginn wurde die neue Regierung vom Börsenverein und dem Börsenblatt ignoriert. „[E]rst das Ergebnis der Reichstagswahlen vom 5.3.1933, durch das der […] NSDAP-Führer Adolf Hitler in seiner Stellung als Reichskanzler bestätigt wurde, führte in der Leipziger Buchhandelszentrale zu einem gesteigerten Aktivismus.“8

Durch die neue Staatsmacht war es ein Leichtes, „lästige Konkurrenz zu beseitigen. Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler tat dies [mit dem am 1. und 12. April erstellten und verabschiedeten „Sofortprogramm des deutschen Buchhandels“] am unverhohlensten.“9 Dadurch „wurde den neuen Machthabern eine Art ‚Teufelspakt’ angeboten.“10

Darin äußerte der „stockkonservativ, deutschnational eingestellte“11 Vorstand des Börsenvereins seine wirtschaftlichen Wünsche und hoffte auf Unterstützung seitens der Regierung. Er betonte dabei, dass „die Einstellung des Gesamtbuchhandels zu seinen Aufgaben […] von jeher zur Besetzung seiner Vorstandsämter mit nationalgesinnten Männern [führte]. Rassenfremde gehören seit einem halben Jahrhundert dem Vorstand nicht an.“12 Außerdem zeigte sich der Börsenverein bereit, seine „jüdischen Mitglieder zu opfern: ‚In der Judenfrage’, so Punkt 10 des Sofortprogramms, ‚vertraut sich der Vorstand der Führung der Reichsregierung an. Ihre Anordnung wird er für seinen Einflussbereich ohne Vorbehalt […] durchführen.’“13

Um das Wohlwollen der Regierung gegenüber zu demonstrieren, begann der Börsenverein aktiv an der Zensur mitzuwirken. „Dabei entwickelte [er] sich […] von einem wirtschaftlichen Verband auch zu einem Träger und Propagandisten von Politik und Ideologie des Nationalsozialismus mit all seinen Erscheinungen bis hin zum Antisemitismus.“14 Am 13. Mai 1933, drei Tage nach der Bücherverbrennung, veröffentlichte das Börsenblatt eine Liste mit den Namen der Schriftsteller, deren Werke in dieser Nacht verbrannt wurden.15 Ab November 1933 bis Januar 1934 wurden Rundschreiben an bestimmte Verleger verschickt, mit dem Vermerk, dass ihr „Angebot und der Vertreib der unten genannten Werke aus nationalen und kulturellen Gründen nicht erwünscht ist und deshalb unterbleiben muss.“16

Obwohl der Vorstand sich durch das Sofortprogramm im Prinzip selber gleichschaltete, gab es immer noch das Problem, dass er keine Nationalsozialisten in seinen Reihen aufweisen konnte. So wie für viele andere Vorstände auch wurde für den Börsenverein am 14. Mai ein Aktionsausschuss gegründet, „der die ‚Anpassung des Börsenvereins und der ihm angeschlossenen Vereine an die berufsständische Wirtschaftserfassung’ leiten und überwachen sollte.“17 Bei der Wahl der Mitglieder war die Zugehörigkeit der NSDAP wichtigstes Kriterium. Man entschied sich für die Nationalsozialisten Karl Baur, Martin Riegel und Theodor Fritsch. Alle drei waren Persönlichkeiten, „die zwar im Buchhandel weitgehend unbedeutend waren, aber […] politischen Wert [besaßen].“18

Wenige Monate später wurde der Börsenverein erneut in seiner Selbstständigkeit eingeengt.

Auf der Grundlage des Reichskulturkammergesetzes vom 22.9.1933 und der hierzu am 1.11.1933 erlassenen ersten Durchführungsverordnung wurde der bislang privatrechtlich organisierte Börsenverein in die Reichsschrifttums- kammer als ‚Körperschaft das öffentlichen Rechts’ übernommen.19

Dadurch wurde der Buchhandel in seiner Gesamtheit gespalten. „[D]ie Buchverleger mussten in die Reichsschrifttumskammer, die Zeitungs- und Musikverleger in die Reichspresse- bzw. Reichsmusikkammer eintreten.“20 Hinzu kam, dass der Hauptversammlung alle „wesentlichen Entscheidungskompetenzen [entzogen] wurden, nunmehr entschied die Reichschrifttumskammer.“21

So gab zum Beispiel der Aktionsausschuss am 1. Dezember 1933 auf Anweisung der Reichschrifttumskammer „bekannt, dass ‚für alle Gewerbetreibende, die Bücher herstellen, vertreiben oder verleihen’ ausschließlich der Börsenverein die zuständige Organisation sei.“22

„Außerhalb der Reichschrifttumskammer, aber in der Regel in enger Abstimmung mit der Kammer nahm der Börsenverein eine Reihe zentraler wirtschaftlicher und rechtlicher Aufgaben wahr.“23 Dazu zählten die Gestaltung des buchhändlerischen Verkehrs- und Verkaufsrecht, die Bearbeitung aller mit der buchhändlerischen Ein- und Ausfuhr zusammenhängenden Fragen, die Rechts- und Wirtschaftsbetreuung, die Werbung für den deutschen Buchhandel im In- und Ausland, die Ausbildung und Schulung, die Verwaltung der buchhändlerischen Erholungsheime in Lauenstein und Obersdorf und die Betreuung der buchhändlerischen Bibliographie. Darüber hinaus besaß der Börsenverein einen großen Fachbuchverlag für zahlreiche Fachzeit- schriften, Fachbücher und Buchauswahllisten.24

[...]


1 Wittmann 1999, S. 360

2 Vgl. Wittmann 1999, S. 360

3 Wittmann 1999, S. 360

4 Weinreich, S. 3

5 Wittmann 1999, S. 362

6 Vgl. Weinreich, S. 7

7 Barbian 2008

8 Barbian 1993, S. 40

9 Barbian 1996, S.5

10 Barbian 2008

11 Barbian 2000, S. 92

12 Seifert 2000, S. 66

13 Barbian 1996, S. 5

14 Seifert 2000, S. 8

15 Vgl. Barbian 2000, S. 98

16 Barbian 2000, S. 98

17 Barbian 2000, S. 96

18 Barbian 2000, S. 96

19 Barbian 1993, S. 44

20 Weinreich, S. 5

21 Weinreich, S. 5

22 Barbian 1993, S. 44

23 Barbian 2000, S. 109

24 Vgl. Barbian 2000, S. 109

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Funktionäre des Börsenvereins im Nationalsozialismus
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltung
PS Strategien des Verlagsbuchhandel
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V115876
ISBN (eBook)
9783640181636
ISBN (Buch)
9783640189953
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Funktionäre, Börsenvereins, Nationalsozialismus, Strategien, Verlagsbuchhandel
Arbeit zitieren
Silvia Apel (Autor:in), 2008, Funktionäre des Börsenvereins im Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115876

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