Soziale Arbeit und Klimakrise. Hat die Soziale Arbeit eine Verantwortung im Diskurs?


Hausarbeit, 2021

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Einführung

Die Klimakrise ist eine globale Katastrophe. Sie verändert und beeinflusst Ökosysteme und soziokulturelle Systeme weltweit. Dennoch stellt die Klimakrise in der Praxis und Forschung der Sozialen Arbeit bisher ein Randthema dar. Es stellt sich die Frage warum, denn von den Folgen der Klimakrise sind Menschen in vulnerablen Lebenssituationen am stärksten betroffen. Da die Soziale Arbeit hauptsächlich mit vulnerablen und marginalisierten Menschen arbeitet und für Soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte eintritt, sollte auch die Klimakrise ein wichtiges Themenfeld der Sozialen Arbeit sein. Versteht sich die Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession, ist es ihre Aufgabe auf die Menschenrechtsverletzungen in der Klimakrise aufmerksam zu machen, globale Machtverhältnisse kritisch zu reflektieren und die Ungleichheit in den (Über-)Lebenschancen anzukreiden. Die Soziale Arbeit muss Teil des Diskurses um die Klimakrise werden, um für die betroffenen Menschen einzustehen und Klimagerechtigkeit zu fordern. Die Verantwortung der Sozialen Arbeit wird jedoch noch nicht genug gesehen, gedacht, gelehrt und erforscht.

Der aktuelle Stand der Klimakrise.

Der aktuelle Bericht des IPPC macht unmissverständlich klar, dass der anthropogene Klimawandel sich bereits in Form vieler Wetter- und Klimaextrema in allen Regionen der Welt auswirkt: „Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat. Es haben weitverbreitete und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, dem Ozean, der Kryosphäre und der Biosphäre stattgefunden.“ (IPCC 2021). Überall auf der Welt sind die, durch den Anstieg der anthropogenen Treibhausgasemissionen (THG) entstandenen, Folgen sichtbar. Die mittlere Globaltemperatur steigt an, die jährlichen Niederschläge verändern sich, die Ozeane erwärmen sich und versauern, und auch der Meeresspiegel steigt. Die Eis- und Schneebedeckung geht zurück, und extreme Wetter- und Klimaereignisse nehmen zu - viele dieser Entwicklungen sind irreversible (vgl. IPCC 2014: 40ff). Auch die Systeme des Menschen werden durch die Klimakrise beeinflusst: „Mit dem weiteren Fortschreiten des menschengemachten Treibhauseffektes ist damit zu rechnen, dass der Klimawandel immer stärker die Lebensbedingungen der Menschen verändern […] wird.“ (Bedarff/ Jacobeit 2017: 8). Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren, extreme Niederschläge und Überschwemmungen sind häufiger geworden, und beeinflussen das Leben vieler Menschen (IPCC 2021). Einen besonders großen Anteil an den steigenden THG-Emissionen hat die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdgas und Erdöl verursacht. Für diesen Anstieg verantwortlich ist, laut dem IPCC, vor allem das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum (vgl. IPCC 2014: 46f).

In Hinblick auf die Ursachenanalyse muss jedoch bedacht werden, dass das „menschliches Leben auf sehr verschiedenen Emission Niveaus stattfindet“ (Liedholz 2021: 35). Ein in Deutschland lebender Mensch emittiert im Jahr durchschnittlich ca. 9,2Tonnen CO2, ein in Tansania lebender Mensch nur durchschnittlich etwa 0,2Tonnen. Dies lässt sich mit wenigen Ausnahmen auf den gesamten Globalen Norden und Süden übertragen (vgl. Brunnengräber/Dietz 2016: 159). Daraus folgt: nicht die Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden, die zwar eine hohe Geburtenrate haben jedoch wenig Treibhausgasemissionen ausstoßen, sind maßgeblich für die Klimakrise verantwortlich, sondern die Bevölkerung im Globalen Norden (vgl. Liedholz 2021: 35).

Eine solche Ungleichheit findet sich auch bei der Betroffenheit. Die Auswirkungen der Klimakrise werden von der Vulnerabilität und Exposition beeinflusst, die in den betroffenen Regionen für Anwohner*innen bestehen. „Verwundbarkeit ist […] entscheidend geprägt von Geschlechter-, Klassen- und den damit verbundenen Naturverhältnissen, von (kolonial verfassten) Ein- und Ausschlussmechanismen auf der Grundlage von Herkunft, Hautfarbe oder ethnischer Zugehörigkeit sowie konkreten politischen Entscheidungen über die Formen der Naturaneignung und (De-)Investitionen in Infrastrukturen der sozialen Reproduktion.“ (Brunnengräber/Dietz 2016: 196). Besonders vulnerable sind Menschen im Globalen Süden, da sie häufig wirtschaftlich stark von der Natur abhängig sind, über schlechte sozio-ökonomische Voraussetzungen verfügen, und durch die geographische Lage stärker von der Intensität der Klimaänderung (in Form von Dürren, Fluten, etc.) betroffen sind.

Die „imperiale Lebensweise“ der Menschen im Globalen Norden führt nicht nur dazu, dass übermäßig und THG-fördernd konsumiert wird, sondern auch dazu, „dass das alltägliche Leben in den kapitalistischen Zentren wesentlich über die Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Naturverhältnisse anderorts ermöglicht wird“ (Brand/Wissen 2017: 43). Dies führt zu einer Verlagerung der sozial-ökologischen Kosten, denn vor allem die Wirtschaft und der Lebensstandard des Globalen Nordens sind Ursache für die Klimakrise, ihre Folgen zeigen sich jedoch am deutlichsten im Globalen Süden (Liedholz 2021: 46). Diese Entwicklung manifestiert sich unter anderem darin, dass die Klimakrise weltweit eine der zentralen Ursachen für Hunger und Armut darstellt. Denn durch Extremwetterereignisse wird die Ernährungssicherheit bedroht, da anhaltende Dürren und Hitzewellen die Ernten schädigen und somit die Lebensmittelpreise steigern. Das Abschmelzen der Gletscher und ausbleibender Niederschlag haben Trinkwasserknappheit. Zusätzlich verschärfen diese Entwicklungen gewaltsame Konflikte und Fluchtbewegungen, und dies führt in der Summe dazu, dass Millionen Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren (vgl. Welthungerhilfe 2021). Liedholz resümiert: „Die ärmsten Länder der Erde, die den Klimawandel am wenigsten zu verantworten haben, sind den größten klimawandelbedingten Risiken ausgesetzt“ (Liedholz 2021: 42f). Damit reiht sich das Ungleichgewicht der Betroffenheiten und Verantwortlichkeiten der Klimakrise in eine systemische Benachteiligung und Diskriminierung der Länder und Menschen des Globalen Südens ein, die durch den Kolonialismus begann, und sich auch heute noch auswirkt (Bauriedl 2016: 12).

Die Soziale Arbeit ist eine Menschenrechtsprofession.

Der Frage nach einer Verantwortlichkeit der Sozialen Arbeit in der Klimakrise liegt ein Verständnis von Sozialer Arbeit als Menschenrechtsprofession zugrunde. Denn nur wenn Soziale Arbeit als eine Profession verstanden wird, die nicht nur auf Entwicklungen und Problemfelder auf nationaler Ebene reagiert, sondern an sich selbst den Anspruch erhebt internationale Veränderungen zur Wahrung der Menschenrechte voranzutreiben, rückt die Klimakrise als soziales Phänomen in den Fokus des sozialen Diskurses.

Sozialarbeiterisches Handeln siedelt sich in einem Spannungsfeld zwischen Gesetz, Profession und Ethik an, indem stets verschiedene Interessen abgewogen werden müssen. Ziel dabei ist es, Klient*innen dabei zu unterstützen ein Leben zu führen, in dem ihre Würde und Rechte geachtet werden. Damit Sozialarbeitende diesem Ansatz gerecht werden können, braucht die Soziale Arbeit ein Fundament, das für die Fachkräfte als Referenzrahmen und Wegweiser fungiert. Dieser ethische Kodex, der jenen Rahmen bildet, kann nur in der Essenz der Menschenrechte und Menschenwürde liegen (vgl. Staub-Bernasconi 2019: 94). Um abzuwägen ob die Soziale Arbeit den Anspruch an sich erheben kann eine Menschenrechtsprofession zu sein, muss zunächst geklärt werden auf welchem theoretischen Fundament diese Profession und ihre Berufsethik beruht. Laut der Soziologin Staub-Bernasconi basieren alle Handlungen von Sozialarbeiter*innen auf dem Prinzip des Tripelmandats.

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Soziale Arbeit und Klimakrise. Hat die Soziale Arbeit eine Verantwortung im Diskurs?
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
13
Katalognummer
V1159231
ISBN (eBook)
9783346562333
ISBN (Buch)
9783346562340
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziale, arbeit, klimakrise, verantwortung, diskurs
Arbeit zitieren
Charlotte Kleemann (Autor:in), 2021, Soziale Arbeit und Klimakrise. Hat die Soziale Arbeit eine Verantwortung im Diskurs?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1159231

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