Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald – sie sind weltbekannte Aushängeschilder der Literatur ihrer jeweiligen Zeit und gelten als maßgebliche Wegbereiter beziehungsweise Gestalter einer literarischen Moderne, die im Grunde mittlerweile selbst schon längst als klassisch bezeichnet werden kann. Die Liste der Abhandlungen über ihre Werke ist beträchtlich. Schier endlos ist allerdings die Anzahl der Schriften, die sich den bewegten Leben dieser beiden faszinierenden Autoren widmen. Obwohl Wilde und Fitzgerald zu verschiedenen Zeiten lebten (Fitzgerald war knapp vier Jahre alt, als Oscar Wilde starb), entsteht bei der Beschäftigung mit ihnen – trotz ihres sicherlich sehr unterschiedlichen Charakters – an vielen Stellen der Eindruck, als wären sie wie durch unsichtbare Bänder miteinander verbunden. Diese Bänder kann man nach genauerer Untersuchung mit den Begriffen Ästhetizismus und Dekadenz ummanteln. Diese beiden Kunststile, die ihre Blüte- und Hauptzeit im späten 19. Jahrhundert erfuhren, sind bekanntermaßen charakteristisch für das gesamte Wirken Oscar Wildes. Sie sind auch für Scott Fitzgerald von essentieller Bedeutung. Der erste Abschnitt dieser Examensarbeit wird sich daher eingehend mit der Definition dieser Kunstverständnisse, die eng miteinander verknüpft sind, beschäftigen.
Oscar Wilde, der am 16. Oktober 1854 als Oscar Fingal O'Flahertie Wills Wilde in Dublin geboren wurde, war ein Meister der Selbstinszenierung, der das Spiel mit Publikum und Presse wie kaum ein anderer Zeitgenosse beherrschte. Nach Abschluss seines Literaturstudiums in Oxford, während dem er tiefgreifend durch seine Lehrer John Ruskin und Walter Pater geprägt wurde, zog er nach London. Die Wohnung, die er sich mit einem befreundeten Maler teilte, entwickelte sich schnell zu einer Art Szenetreff für Künstler, Theaterleute und sonstige Prominente – die perfekte Bühne für Wilde, der schon früh über sich selbst sagte: "Auf irgendeine Weise werde ich berühmt und wenn nicht berühmt, dann zumindest berüchtigt." Wilde wollte im Mittelpunkt stehen, und er kannte das richtige Werkzeug, um dieses Ziel zu erreichen: Provokation. Spitze Schlagfertigkeit und ein Auftreten in extravaganter Kleidung halfen ihm dabei und brachten ihm bald den Ruf eines Dandys ein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung - Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald
- Ästhetizismus und Dekadenz im 19. Jahrhundert
- Fin de siècle - England in einer Zeit des Umbruchs
- Frankreichs dekadente Literatur als Vorbereiter des englischen Ästhetizismus
- Ästhetizismus und relative Schönheit
- Walter Paters Renaissance – Kunstverständnis und ästhetische Lebensweise
- Motive der Dekadenz
- Die Ablehnung der Natur
- Gegensätzlichkeit, Immoralität und die Faszination am Verfall
- Ruhelosigkeit, L'ennui und Isolation
- Der Dandy: Virtuose der Lebenskunst oder Gefangener seiner selbst?
- Das Dandytum während und nach der Regency-Zeit
- Das neue Dandytum im Zeichen der Dekadenz
- Jean Des Esseintes – Dekadenter Dandy par excellence
- The Picture of Dorian Gray - Wildes ewiger Jüngling als tragischer Dandy
- Dorian als ästhetisches Ideal - Die Harmonie von Körper und Seele?
- Verführung durch das Wort - Dorian Gray und Lord Henry Wotton
- Liebe, Leben, Künstlichkeit – Dorian Gray und die Sibyl Vane-Tragödie
- Hinter der Maske – Dorians dekadentes Dandytum
- L'ennui - Das Ende des Dorian Gray
- Ästhetizismus und Dekadenz in Amerika – Die Roaring Twenties und Scott Fitzgerald
- Romantische Egoisten - Fitzgeralds tragische Dandys
- Der schöne Schein: Fitzgeralds Dandy – Schauspieler und Beobachter des Lebens
- "Gracefully Idle" - Zwischen Müßiggang und Geltungsbedürfnis
- Künstliche Paradiese - Die Abkehr von Natur und Gesellschaft
- Verhängnisvolle Leidenschaften – Fitzgeralds Dandy und seine Femme fatale
- Amory und Rosalind - Der verlorene Traum
- Anthony und Gloria – Von der Unmöglichkeit der gelebten Utopie
- Jay und Daisy – Die Jagd nach dem verlorenen Traum
- Die Bedeutung von Schönheit und Bösem bei Fitzgerald
- Träume und Jugend – Verträumte Jugend? Fitzgeralds Dandy und das ennui
- Zusammenfassung und Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Parallelen zwischen Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald, fokussiert auf die Konzepte des Ästhetizismus und der Dekadenz und deren Auswirkung auf die Darstellung der Dandy-Figur in ihren Werken. Die Arbeit analysiert, wie diese Konzepte die Charaktere prägen und zu ihren tragischen Schicksalen beitragen.
- Der Ästhetizismus und die Dekadenz als prägende künstlerische Strömungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
- Die Dandy-Figur als literarisches Stereotyp und ihre Entwicklung bei Wilde und Fitzgerald.
- Die Rolle von Schönheit, Künstlichkeit und Verfall in den Werken beider Autoren.
- Der Einfluss von gesellschaftlichen Normen und Erwartungen auf die Lebensläufe der Dandys.
- Das Motiv des "ennui" und der Suche nach Sinn im Leben der Protagonisten.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung - Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald: Die Einleitung stellt Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald als zentrale Figuren der literarischen Moderne vor und kündigt die Untersuchung der Gemeinsamkeiten ihrer Werke an, insbesondere im Hinblick auf Ästhetizismus und Dekadenz, sowie die Rolle der Dandy-Figur. Sie betont die scheinbar unsichtbaren Verbindungen zwischen den beiden Autoren trotz ihrer unterschiedlichen Lebenszeiten und Charaktere.
Ästhetizismus und Dekadenz im 19. Jahrhundert: Dieses Kapitel definiert die Konzepte des Ästhetizismus und der Dekadenz und beleuchtet deren Entstehung und Entwicklung im späten 19. Jahrhundert, sowohl in England als auch in Frankreich. Es analysiert den Einfluss von Walter Pater und die zentralen Motive der Dekadenz wie die Ablehnung der Natur, die Faszination am Verfall und das Gefühl von Ruhelosigkeit und Isolation.
Der Dandy: Virtuose der Lebenskunst oder Gefangener seiner selbst?: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung und dem Verständnis des Dandytums, insbesondere im Kontext der Dekadenz. Es analysiert die Rolle des Dandys in der Gesellschaft und die Ambivalenz seiner Position – als Virtuose der Lebenskunst, aber gleichzeitig als Gefangener seiner selbstgewählten Ästhetik und des gesellschaftlichen Drucks.
The Picture of Dorian Gray - Wildes ewiger Jüngling als tragischer Dandy: Diese Kapitel analysiert Wildes Roman "The Picture of Dorian Gray" und untersucht Dorian Gray als tragischen Dandy. Es beleuchtet die Beziehung zwischen Dorian, Lord Henry Wotton und Basil Hallward, die Bedeutung von Schönheit und Künstlichkeit, und wie Dorians Ästhetizismus letztendlich zu seinem Untergang führt. Die Rolle des "ennui" als treibende Kraft der Handlung wird ebenfalls hervorgehoben.
Ästhetizismus und Dekadenz in Amerika – Die Roaring Twenties und Scott Fitzgerald: Dieses Kapitel führt den Leser in den Kontext des Ästhetizismus und der Dekadenz in Amerika der "Roaring Twenties" ein und zeigt die Parallelen und Unterschiede zum europäischen Kontext. Es bereitet den Boden für die Analyse von Fitzgeralds Werken und deren Bezug zu den zuvor erörterten Konzepten.
Romantische Egoisten - Fitzgeralds tragische Dandys: Dieses Kapitel analysiert Fitzgeralds Darstellung der Dandy-Figur und deren tragische Schicksale. Es untersucht verschiedene Figuren aus seinen Romanen, die unterschiedliche Facetten des Dandytums verkörpern. Die Themen des "schönen Scheins", des Müßiggangs, der künstlichen Paradiese, verhängnisvoller Leidenschaften und des "ennui" stehen im Mittelpunkt der Analyse. Die Kapitel-Zusammenfassung synthetisiert die Analysen der einzelnen Figuren und deren Beziehung zum zentralen Thema.
Schlüsselwörter
Ästhetizismus, Dekadenz, Dandy, Oscar Wilde, Francis Scott Fitzgerald, The Picture of Dorian Gray, Roaring Twenties, Tragik, Schönheit, Künstlichkeit, Verfall, ennui, Gesellschaft, Moral.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse des Ästhetizismus und der Dekadenz bei Oscar Wilde und F. Scott Fitzgerald
Was ist der zentrale Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Hausarbeit analysiert die Parallelen zwischen Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald, insbesondere bezüglich der Konzepte des Ästhetizismus und der Dekadenz und deren Auswirkungen auf die Darstellung der Dandy-Figur in ihren Werken. Der Fokus liegt auf der Untersuchung, wie diese Konzepte die Charaktere prägen und zu ihren tragischen Schicksalen beitragen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Ästhetizismus und die Dekadenz als künstlerische Strömungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die Entwicklung der Dandy-Figur bei Wilde und Fitzgerald, die Rolle von Schönheit, Künstlichkeit und Verfall in ihren Werken, den Einfluss gesellschaftlicher Normen auf die Dandys und das Motiv des "ennui" und der Sinnsuche bei den Protagonisten.
Welche Autoren und Werke stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die Hauptfiguren der Analyse sind Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald. Wildes Roman "The Picture of Dorian Gray" wird detailliert untersucht. Fitzgeralds Werke werden analysiert, um die Darstellung seiner Dandy-Figuren und deren tragische Schicksale zu beleuchten.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, Kapitel zum Ästhetizismus und der Dekadenz, zum Dandytum, eine detaillierte Analyse von "The Picture of Dorian Gray", eine Betrachtung des Ästhetizismus in den Roaring Twenties und eine Analyse von Fitzgeralds Dandys. Sie schließt mit einer Zusammenfassung und Schlussbemerkung.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Analyse?
Die Analyse zeigt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung des Ästhetizismus und der Dekadenz bei Wilde und Fitzgerald auf. Sie beleuchtet die Ambivalenz der Dandy-Figur – als Virtuose der Lebenskunst und gleichzeitig als Gefangener seiner selbst. Die Rolle von Schönheit, Künstlichkeit, Verfall und "ennui" als treibende Kräfte in den tragischen Lebensläufen der Protagonisten wird herausgestellt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Ästhetizismus, Dekadenz, Dandy, Oscar Wilde, Francis Scott Fitzgerald, "The Picture of Dorian Gray", Roaring Twenties, Tragik, Schönheit, Künstlichkeit, Verfall, "ennui", Gesellschaft, Moral.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Studierende der Literaturwissenschaft, die sich mit dem Ästhetizismus, der Dekadenz, dem Dandytum und der Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigen. Sie eignet sich auch für alle, die sich für die Werke von Oscar Wilde und F. Scott Fitzgerald und die Thematik der tragischen Dandy-Figur interessieren.
- Arbeit zitieren
- Hans-Joachim Schönwald (Autor:in), 2008, Die schwere Last der Lebenskunst - Der tragische Dandy bei Oscar Wilde und Francis Scott Fitzgerald, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115983