Das Tabellenkalkulationsprogramm MS-EXCEL im Mathematikunterricht der Oberstufe

Anwendungsorientierte Beispiele, Möglichkeiten, Grenzen und Analysen


Magisterarbeit, 2007

164 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Computerunterstützer Mathematikunterricht
2.1 Entwicklung von Rechenhilfen
2.2 Anwendersoftware
2.3 Positive Aspekte des Einsatzes von Computern im Mathematikunterricht
2.4 Potentielle Probleme und Gefahren eines computerunterstützten Mathematikunterrichts

3 EXCEL im Mathematikunterricht
3.1 Was ist EXCEL?
3.2 Was spricht für den Einsatz von EXCEL?
3.3 Wie kann EXCEL im Mathematikunterricht eingesetzt werden?
3.4 Probleme mit EXCEL
3.5 Allgemeine didaktische Anmerkungen zu den gestellten Aufgaben mit EXCEL

4 Aufgaben zum graphischen Lösen
4.1 Ortsbestimmung
4.2 Wurfweite am schrägen Hang
4.3 Lage von Ellipsen
4.4 Hyperbeln beim Doppelspalt
4.5 Flächeninhaltsbestimmung

5 Aufgaben zur numerischen Gleichungslösung
5.1 Veranschaulichung des Newtonverfahrens
5.2 Die Katze, die sich in den Schwanz beißt“
5.3 ” renzwert des Newtonverfahrens
5.4 Verschiedene Lösungsmethoden
5.5 Wien’sches Verschiebungsgesetz

6 Aufgaben zur numerischen Integration
6.1 Rechtecksummen links und rechts
6.2 Mittelpunkt-, Trapez-, Simpsonregel
6.3 Volumen eines geraden Kreiskegels
6.4 Ein berühmtes Integral
6.5 Umfang einer Ellipse

7 Aufgaben zur Datenanpassung
7.1 Lineare Regression
7.2 Barometrische Höhenformel
7.3 Quadratische Regression
7.4 Federpendel
7.5 Digitaler Zoom

8 Aufgaben zu Differentialgleichungen
8.1 Kepler’sche Gesetze
8.2 Ballistischer Wurf
8.3 Fadenpendel
8.4 Radionuklidproduktion
8.5 Kettenlinie

9 Aufgaben zur Optimierung
9.1 Potentielle Energie
9.2 Großkreis
9.3 Umkreis von Dreieck
9.4 Maximaler Flächeninhalt
9.5 Windschiefe Geraden

10 Schlusswort

A Ergänzende Bemerkungen
A.1 Hyperbelgleichung
A.2 Wurfweite
A.3 Newtonverfahren ohne Ende
A.4 Reihenentwicklung für Ellipsenumfang
A.5 Minimale Normalabstandsquadratesumme
A.6 Gleichungssystem zur quadratischen Regression
A.7 Bewegungsgleichung bei Wind
A.8 Erzeugung von radioaktivem Material
A.8.1 Radionuklidgenerator
A.8.2 Aktivierung durch Teilchenbeschuss
A.9 Gleichung für die Kettenlinie
A.10 Beispiel zur Definition einer Funktion

B EXCEL-Funktionen

Kapitel

1 Einleitung

In der vorliegenden Arbeit sollen anhand zum Großteil anwendungsorientierter Beispiele die Möglichkeiten des Einsatzes des Tabellenkalkulationsprogramms Microsoft EXCELTM (MS-EXCELTM im weiteren kurz EXCEL genannt) im Mathematikunterricht der Oberstufe einer allgemeinbildenden höheren Schule1 aufgezeigt werden. Dies ist ganz im Sinne einer der didaktischen Grundsätze, die in den Bildungszielen des Mathematikunterrichtes2 erwähnt sind, verstanden:

Mathematiknahe Technologien wie Computeralgebra-Systeme, dynamische ” Geometriesoftware oder Tabellenkalkulationsprogramme sind im heutigen Mathematikunterricht unverzichtbar. Sachgerechtes und sinnvolles Nutzen der Programme durch geplantes Vorgehen ist sicherzustellen. Die minimale Realisierung besteht im Kennen lernen derartiger Technologien, das über exemplarische Einblicke hinausgeht und zumindest gelegentlich eine wesentliche Rolle beim Erarbeiten und Anwenden von Inhalten spielt. Bei der maximalen Realisierung ist der sinnvolle Einsatz derartiger Technologien ein ständiger und integraler Bestandteil des Unterrichts.“

Die von mir zusammengestellten Aufgaben lassen sich in sechs Themenkreise einteilen:

- graphisches Lösen
- numerisches Lösen von Gleichungen
- numerisches Integrieren
- Datenanpassung
- Differen t ialgleichungen
- Optimierung

Wie man bereits aus der Aufstellung ersehen kann, sind die Aufgaben für die 12. Schulstufe (in manchen Fällen bereits die 11.) gedacht. Die Auswahl der einzelnen Aufgaben erfolgte im Hinblick auf einen möglichen fächerübergreifenden Unterricht mit Physik3. Art und Umfang der Aufgaben sind so gestaltet, dass sie im Rahmen kleiner Projekte seitens der Schüler4 bearbeitet werden können. Dabei sollen die Schüler in Gruppen von ca. vier Personen die Aufgaben in ein bis zwei Wochen (je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgaben) außerhalb der Unterrichtszeit behandeln und die Ergebnisse entweder dem Lehrer abgeben oder der restlichen Klasse präsentieren.

Vorab sei klargestellt, dass diese Arbeit keinen Leitfaden zur Handhabung von EXCEL darstellt. Im Gegenteil, in dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Schüler zumindest in der Schule einen eigenen Zugang zu einem Computer haben, auf dem EXCEL installiert ist und dass sie mit EXCEL so weit vertraut sind, dass sie in der Lage sind, die Aufgabenteile, die mit EXCEL zu behandeln sind, auch durchführen können. Aufgabenteile, bei denen Schüler bei der Umsetzung in EXCEL auf Schwierigkeiten stoßen könnten, habe ich mit ausführlichen Anleitungen versehen.

Zu Beginn dieser Arbeit steht ein kurzer Einblick in die Entwicklung von Rechenhilfen und mathematischen Anwenderprogrammen, insbesondere solcher, die im Schulunterricht zum Einsatz kamen und kommen, gefolgt von Überlegungen, die positive und negative Aspekte eines Computereinsatzes im Mathematikunterricht aufzeigen sollen.5 Im Anschluss daran stehen Re?exionen über den Einsatz von EXCEL im Mathematikunterricht. Für die Leser, die mit EXCEL nicht vertraut sind, habe ich eine kurze Beschreibung von EXCEL im Kapitel 3.1 (Seite 16) in diese Arbeit ein?ießen lassen. Weiters sind die EXCEL-Befehle, die ich explizit in dieser Arbeit erwähne und in Großbuchstaben6 geschrieben habe, im Anhang B (Seite 155) kurz erläutert. Mit potentiellen Anworten, zu den in den Abschnitten 3.2 und 3.3 gestellten Fragen Was spricht für den Einsatz von EXCEL?“ und Wie kann EXCEL im Mathematikun ” ht eingesetzt werden?“ sei keine Lanze für dieses Programm gebrochen, sondern bloß auf das in ihm steckende Potential hingewiesen. Im anschließenden Abschnitt 3.4 widme ich mich in aller Kürze Problemen, die mir aus meinem jahrelangen Umgang mit EXCEL bekannt sind. Es folgen in 3.5 allgemeine didaktische Anmerkungen zu den Aufgaben, die es mit EXCEL zu lösen gilt. Diese Anmerkungen beziehen sich auf den Großteil der im weiteren vorgestellten Aufgaben. Weitere didaktische Kommentare sind im Anschluss an die jeweiligen Aufgaben zu ?nden.

Allen didaktischen Kommentaren möchte ich an dieser Stelle ein Zitat von Kalil Gibran [6] voranstellen, in dem aus meiner Sicht alles Wesentliche gesagt und dem eigentlich nichts hinzuzufügen ist:

Vom Lehren

Dann sagte ein Lehrer: Sprich uns vom Lehren. Und er sagte: Niemand kann euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern eures Wissens schlummert.

Der Lehrer, der zwischen seinen Jüngern im Schatten des Tempels umhergeht, gibt nicht von seiner Weisheit, sondern eher von seinem Glauben und seiner Liebe.

Wenn er wirklich weise ist, fordert er euch nicht auf, ins Haus seiner Weisheit einzutreten, sondern führt euch an die Schwelle eures eigenen Geistes.

Der Astronom kann euch von seinem Verständnis des Weltraums reden, aber er kann euch nicht sein Verständnis geben.

Der Musiker kann euch vom Rhythmus singen, der im Weltraum ist, aber er kann euch weder das Ohr geben, das den Rhythmus festhält, noch die Stimme, die ihn wiedergibt.

Und wer der Wissenschaft der Zahlen kundig ist, kann vom Reich der Gewichte und Maße berichten, aber er kann euch nicht dorthin führen.

Denn die Einsicht eines Menschen verleiht ihre Flügel keinem anderen.

Und wie jeder von euch allein in Gottes Wissen steht, so muss jeder von euch allein in seinem Wissen von Gott und seinem Verständnis der Erde sein.

Als Kernstück dieser Arbeit folgen die Angabetexte zu den einzelnen Aufgaben mit ausgewählten Lösungen und Erläuterungen. Ergänzende Berechnungen und Ableitungen sind im Anhang A zu ?nden.

Ich hoffe mit dieser Arbeit einen Einblick in die Anwendungsmöglichkeiten von EXCEL im Mathematikunterricht der Schule geben zu können, so dass der Einsatz dieses Hilfsmittels“ nach dem Studium der kommenden Seiten möglich und erstrebenswert ” Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass mir die Arbeit mit EXCEL (im außerschulischen Bereich) in den letzten 10 Jahren stets sehr viel Freude bereitet hat, und dass ich nach wie vor immer wieder neue Facetten und Möglichkeiten von EXCEL entdecke, die ich gewinnbringend einsetzen kann.

... in diesem Sinne: Viel Spaß!

Kapitel 2

Computerunterstützer Mathematikunterricht

In diesem Abschnitt möchte ich, nach einem kurzen historischen Abriss über die Entwicklung von Rechenhilfen und Anwenderprogrammen für Computer, auf Argumente für und wider den Einsatz des Computers im Mathematikunterricht eingehen. Auch wenn es heute kaum Stimmen gibt, die den Computer als didaktisches und methodisches Hilfsmittel im Mathematikunterricht aus den Klassenzimmern vollends verbannt sehen möchten, gibt es Bedenken, denen man besondere Aufmerksamkeit schenken sollte, wenn der Computer tatsächlich für die Schüler gewinnbringend zum Einsatz kommen soll.

2.1 Entwicklung von Rechenhilfen

Der Wunsch und das Bemühen des Menschen, Hilfsmittel zum Rechnen und Zählen zu entwickeln, lässt sich in der Geschichte weit zurückverfolgen. So kam das Rechenbrett Suan Pan in China und der Abakus in Babylonien um ca. 2500 v. Chr., der Rechentisch in A¨ gypten ca. 1700 v. Chr., der Rechentisch in Griechenland ca. 300 v. Chr. und der Abakus bei den Römern ca. 50 v. Chr. zum Einsatz.

Im Jahr 1617 erfand J. Napier die nach ihm benannten Rechenstäbe und im Jahr 1622 entwickelte W. Oughtred den ersten Rechenschieber, der in den folgenden Jahrzehnten von ihm, E. Gunter und R. Bissaker verbessert wurde. Im 17. Jahrhundert begünstigten handwerkliches Geschick und die zunehmende Bedeutung sowie Anwendung der Mathematik vor allem in den Naturwissenschaften und den Wirtschaftswissenschaften die Konstruktion und den Bau erster mechanischer Rechenmaschinen (z. B. W. Schickard 1623, B. Pascal 1642, G. W. Leibniz 1673).7

Die elektronischen und damit die direkten Vorläufer der heutigen Computer gehen auf die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Z. B. der erste voll programmgesteuerte Rechner Z3 wird 1942 von K. Zuse in Berlin vorgeführt, der erste digitale Röhrencomputer ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Comperator) 1946 in Betrieb genommen.8 Parallel zur rasanten technologischen Entwicklung wurden die Computer zusehends schneller und leistungsfähiger, gleichzeitig aber auch immer kleiner. Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts fanden kleine Computer wie der Apple II, der Attari oder der Commodore Pet zunehmend das Interesse einer breiten O¨ ffentlichkeit. Mit der kommerziellen Verbreitung von Programmier-, Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulationsund Zeichenprogrammen, sowie den sich großer Beliebtheit erfreuenden Computerspielen wuchs das Verlangen nach Computern sowohl im beru?ichen als auch im privaten (hier vor allem der C64 von Commodore) Bereich.

Mit der Entwicklung integrierter Schaltkreise ergab sich die Möglichkeit, die Baugröße von Computern wesentlich zu verringern. Im Jahre 1967 stellte die Firma Texas Instruments den ersten elektronischen Taschenrechner vor, der nur die 4 Grundrechenarten beherrschte. Diesem folgte 1972 ein wissenschaftlicher Rechner, der auch Wurzeln ziehen, Logarithmieren und trigonometrische Funktionswerte berechnen konnte. Wenige Jahre nach seiner Entwicklung hielt der Taschenrechner Einzug in die Klassenzimmer von Schulen und ersetzte damit die bis zu diesem Zeitpunkt von Schülern verwendeten Rechenhilfsmittel: den Rechenschieber und die Logarithmen-, sowie Winkelfunktionstafeln. Das Angebot und die Nachfrage nach Taschenrechnern führte wie bei den PC’s zu einem umkämpften Markt, der die Hersteller veranlasste, in immer kürzeren Zeitabständen leistungsfähigere Geräte auf den Markt zu bringen. Bis zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts blieb der Taschenrechner das einzige Hilfsmittel, das an österreichischen Schulen im Mathematikunterricht zum Einsatz kam. Erst mit Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden an öffentlichen Schulen PC’s angeschafft, die aber vorerst nur in einem als Provisorium zu bezeichnenden Informatikunterricht eingesetzt wurden.9 Bei der damaligen softwaremäßigen Ausstattung war aber an einen ernsthaften Einsatz im Mathematikunterricht nicht zu denken, wohl auch weil dem Großteil der Mathematiklehrkräfte der Computer ebenso fremd war wie den Schülern. Dazu heißt es z. B. in [4, S. 10]:

Lehrer, die bisher gegen einen Computereinsatz waren, haben ihre Abneigung ” oft dadurch manifestiert, daß sie selbst den Computer und die Mathematiksoftware boykottierten, d. h. sich einfach nicht damit auseinandersetzten und nun natürlich durch den neuen Lehrplan auf dem falschen Bein“ überrascht wurden. Dies betrifft viele ältere ” und Kolleginnen, obwohl ich diese Vermutung nicht mit Zahlen sondern nur durch Erfahrung (Gespräche) belegen kann. Sie hatten bereits vor dem neuen Lehrplan argumentiert, daß sie schon einmal umlernen mußten, nämlich bei der Einführung der Taschenrechner und dies nun nicht noch einmal tun wollten.“

Die Voraussetzung dafür, den Computer sinnvoll in der Schulmathematik einsetzen zu können, hing somit einerseits an der Entwicklung brauchbarer Anwendersoftware und andererseits an der Schulung der Lehrkräfte.

2.2 Anwendersoftware

Mit dem verbreiteten Einsatz von Computern an Universitäten und Hochschulen sowie mit zeitlicher Verzögerung an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen nahm die Bedeutung von Programmiersprachen und -techniken sprunghaft zu. An den Universitäten klassischen“ Programmiersprachen FORTRAN10, ALGOL, LISP und COBOLD im ” während in den Schulen das Augenmerk vor allem auf BASIC, Mittelpunkt, LOGO, PASCAL oder auch PROLOG gerichtet war.11

In den Anfangsjahren konnte sich an den allgemeinbildenden Schulen kein eigenständi- Informatik“ etablieren. Die Begründung lag u. a. in der fehlenden bzw. unzureich ” der Schulen und in der häu?g fehlenden Quali?kation und enden Ausstattung Sicherheit der Lehrer beim Umgang mit Rechnern und beim Arbeiten mit einer Programmiersprache. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass in den Anfängen der Computer keinen Einzug in den Mathemtikunterricht fand. Letzteres wird noch verständlicher, wenn man bedenkt, dass selbst heute im Jahre 2007(!) die Ausbildung von Mathematiklehrkräften in mathematischer Anwendersoftware für die Schule, zumindest an der Universität Wien (von anderen österreichischen Universitäten kann ich dies nicht beurteilen) meines Erachtens mangelhaft ist.

Nachdem die angebotenen Computer durch Vergrößerung der Festplattenkapazität und des RAM-Speichers sowie durch eine Erhöhung der Rechengeschwindigkeit und Graphikau?ösung und nicht zuletzt durch die Reduktion des Preises immer leistungsfähiger und attraktiver wurden, reagierte der Software-Markt mit einem wachsenden Angebot von mathemtikunterstützenden Anwenderprogrammen. Spezielle Programme sollten vor allem Schüler und Lehrer ansprechen und waren sowohl für den privaten als auch für den Schulgebrauch gedacht. Im Wesentlichen beschränkten sich die Möglichkeiten dieser Programme auf numerische Berechnungen und/oder graphische Darstellungen. Die, auch wenn nicht für den Einsatz an Schulen gedachten, sondern primär für die Verwendung im betriebswirtschaftlichen Bereich12 entwickelten Tabellenkalkulationsprogramme, wie MS- EXCEL, können zu dieser Gattung von Programmen gerechnet werden.

Die Entwicklung von Computer Algebra Systemen (kurz: CAS) mit der zusätzlichen Fähigkeit, symbolische Manipulationen durchzuführen, ließen Grenzen bei der Anwendung von mathematikunterstützender Software wider Erwarten leicht überwinden. Ende der 80er Jahre fanden vor allem die PC-tauglichen CAS wie REDUCE, MACSYMA, MAPLE, MATHEMATICA und DERIVE einen zunehmenden Bekanntheitsgrad, auch im deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus kam es zur Entwicklung von Programmen für spezielle Einsatzzwecke, wie dem heute in der Industrie häu?g verwendeten MAT- LAB (inklusive MATLAB-SIMULINK), das matrixbasiert arbeitet und in der Bildverbzw. -bearbeitung und in Simulationsrechnungen zum Einsatz kommt oder dem Statistikprogramm SPSS. Auch kleine aber feine Spezialanwendungen wie ORIGIN, das zur Datenanpassung verwendet wird, fanden Marktnischen.

Alle hier genannten Anwenderprogramme wurden für den wissenschaftlichen bzw. professionellen Einsatz im Bereich der Universitäten und Hochschulen sowie in entsprechenden Berufen entwickelt. Das heißt, die Programme waren nicht für die Nutzung im Schulunterricht gedacht und deshalb blieben fachund mediendidaktische Unterrichtsbelange bei der Entwicklung der Programme weitgehend ohne Berücksichtigung. Dennoch erfreuten sich einige dieser Programme (wie z. B. DERIVE oder MAPLE) Anfang der 90er Jahre zunehmender Beliebtheit an Schulen, insbesondere bei Mathematiklehrern als Hilfe bei der Bewältigung ihrer Unterrichtsvorbereitungen und später auch beim Einsatz im Unterricht.

In den letzten Jahren fanden aber auch speziell für die Ansprüche des mathematischnaturwissenschaftlichen Schulunterrichts geschaffene Anwenderprogramme, wie die dynamischen Geometrieprogramme EUKLID und GEOGEBRA13 oder das für technische Zeichnungen und darstellende Geometrie geeignete Programm MATHCAD Anwendung. Man darf auf jeden Fall gespannt sein, was die Zukunft an schulgerechter mathematikunterstützender Software noch bringen und vor allem, wie und in welchem Ausmaß diese in den Mathematikunterricht ein?ießen wird. Man kann jedenfalls davon ausgehen, dass der Mathematikunterricht in seiner jetzigen Form einen Wandel erleben wird. Dazu meint der Autor von [27, S. 11]:

In der Geschichte der Mathematik gab es immer wieder Beispiele dafür, dass ”

Werkzeuge neue oder zumindest andere Denkund Arbeitsweisen initiierten.

So haben Stellenwertsysteme das Durchführen schriftlicher Rechenverfahren ermöglicht und Rechenmaschinen ersetzten das Kopfrechnen durch das Denken in Handlungsabläufen. Die mit einem Taschenrechner einhergehende Modularisierung arithmetischer Operationen setzt sich beim Arbeiten mit dem Computer auf algebraische und geometrische Objekte fort. Diese veränderten Denkweisen haben ihre Auswirkungen auf das Lehren und Lernen von Mathematik.“

In der Vielfalt und vorallem in der Kurzlebigkeit“ der Anwendersoftware liegt natürlich auch ein Problem für Lehrer. Es ” ibt nicht das Programm, sondern eine Vielzahl spezieller Programme, jedes mit seiner eigenen inneren Logik“, aus denen der Lehrer (oder die Schule) zu wählen hat. Neben der T ” he, dass ein Lehrer sich die Syntax bzw. die Bedienung eines Programmes zuerst selbst aneignen muss, stellt sich die Frage, ob dieser Aufwand auch den Schülern zugemutet werden kann. An dieser Stelle hat der Lehrer zu entscheiden, ob er ein Anwenderprogramm als Demonstrationsmittel bzw. Hilfswerkzeug für seinen Unterricht oder dessen Vorbereitung verwenden möchte, oder ob es von den Schülern aktiv genutzt werden soll. Darüberhinaus drängen laufend neue, noch leistungsfähigere“ Produkte auf den Markt. Größere Anwendungsmöglichkeiten von Pro- ” grammen gehen aber meist mit einer komplexeren und schwierigeren Bedienung Hand in Hand.

Ungeachtet der zukünftigen Entwicklung der Anwendersoftware für den Mathematikund naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen lassen sich sowohl positive Stellungnahmen, als auch Stimmen, die vor einem allzu exzessiven Einsatz des Computers im Schulunterricht warnen, ?nden. Einigen Meinungen und Aussagen in diesem Zusammenhang wollen wir uns in den folgenden Kapiteln widmen.

2.3 Positive Aspekte des Einsatzes von Computern im Mathematikunterricht

Der Computer birgt eine Fülle neuer oder zumindest verbesserter Möglichkeiten den Mathematikunterricht kreativer sowie ?exibler in den Unterrichtsformen zu gestalten. Diese können unter Umständen auch schüleradäquater und motivierender geplant und umgesetzt werden. Im Einzelnen unterstützt der Computer den Lernprozess unter methodischen Aspekten

- beim numerischen und symbolischen (so ein CAS verwendet wird) Rechnen, bei gleichzeitiger Entlastung und Effektivierung des Mathematikunterrichts (z. B.: symbolisches Lösen von Gleichungen, symbolisches Differenzieren und Integrieren),
- beim Zeichnen und Visualisieren
von Funktionsgraphen (evtl. auch simultan, dreidimensional bzw. in nichtkartesischen Koordinatensystemen, wie z. B. Polarkoordinaten), Tangenten, Flächen, Richtungsfelder usw.
von charakteristischen Eigenschaften elementarer Funktionen
(z. B.: Monotonie, Nullstellen, Extremstellen, Wendepunkte, Symmetrieeigenschaften, Asymptoten, Periodizität),
von Auswirkungen von Parametervariationen auf einen Funktionsgraphen
(z. B.: Variation der Ampitude x 0, Kreisfrequenz ? und Phase ? in der Schwingungsgleichung x (t) = x 0 sin(?t + ?), Variation der Koeffzienten eines Polynoms, etc.),
- beim Veranschaulichen numerischer Algorithmen
(z. B.: Newtonverfahren, Fixpunktverfahren, Euler’sches Polygonzugverfahren, etc.),
- bei der Vorbereitung bzw. Veranschaulichung z. B. des Konvergenz-, Ableitungsund Integralbegriffs (z. B.: graphische Veranschaulichung von Nullfolge, graphische Veranschaulichung der Tangente an den Graphen einer Funktion f an einer Stelle x als Grenzwert einer Folge von Sekanten, graphische Veranschaulichung der Fläche unter dem Graphen einer Funktion f als Grenzwert der Summe von Rechteck?ächen),
- bei der Simulation mit realistischen Datenmengen
(z. B.: statistische Auswertung großer Datensätze (Mittelwert, Standardabweichung,
Regression), Lösung von großen“ Gleichungssystemen, Monte-Carlo Simulationen, etc.), ”
- bei der Förderung des experimentierenden und selbständig entdeckenden Lernens beim interaktiven Gebrauch der Anwendersoftware
(z. B.: Erkennen von geometrischen Eigenschaften mittels dynamischer Geometrieprogramme (z. B.: Satz von Thales), Variation von Parametern in Funktionen, Gleichungen und Differentialgleichungen und deren Auswirkungen, etc.),
- bei der Entwicklung bzw. Förderung der Fähigkeiten zu Modellbildungen (Problemformulierungen, Mathematisierungen und Ergebnisinterpretationen) (z. B.: Auswertung der Messdaten einer gedämpften Schwingung durch Modellierung geeigneter Funktion (Produkt aus Exponentialund Sinusfunktion) und Variation von Parametern und damit Bestimmung von Schwingungsperiode sowie Dämpfung), mathematischen Begriffen und Methoden als auch beim Merken dieser.

Darüber hinaus kann der Computer als Hilfsmittel für die schnelle Erledigung aufwendiger und langwieriger Berechnungen dienen. Durch die Übergabe rechenund zeitintensiver Routineaufgaben an den Computer können im Unterricht auch kompliziertere, anwendungsbezogene Aufgabenstellungen behandelt werden. In [7, Einleitung S. V] heißt es dazu:

Aber Mathematik besteht nicht darin, Rechenoperationen durchführen zu ” können, sondern im logischen Denken, das hinter diesen Operationen steckt. Die Frage ist nicht wie, sondern warum ich diese oder jene Operation durchführen muss. Ist dies geklärt, beginnt die oft langwierige Ausführung der Rechenoperationen. Dafür ist der Computer ein Segen. Er erlaubt es, den ganzen Ballast der Routineoperationen abzuladen und den Kopf für das Verständnis der Zusammenhänge frei zu bekommen.“

Als ein Beispiel sei an dieser Stelle die im Algebraund Analysisunterricht häu?g wiederkehrende Tätigkeit des Ermittelns von Funktionswerten erwähnt. Nachdem die Schüler selbst einige Wertetabellen zu Funktionen aus der gerade behandelten Funktionenklasse erstellt und eine ausreichende Fertigkeit erlangt haben, kann die Routinearbeit, z. B. das Zeichnen eines Funktionsgraphen, bei weiteren Aufgaben vom Computer werden. Dazu heißt es in [26, S. 45]:

Der Computer kann dazu beitragen, dem Aufbau von Fehlvorstellungen zum ” Funktionsbegriff entgegenzuwirken, indem es möglich wird, den Aufbau von Tabellen Diagrammen und Graphiken schrittweise zu verfolgen, Eingabedaten beliebig zu verändern und mehrere Darstellungen bzw. Darstellungsformen gleichzeitig auf dem Bildschirm betrachten zu können ... Durch den sequentiellen Bildaufbau kann die Eindeutigkeit funktionaler Zuordnungen sowie die dynamische Sichtweise einer Funktion verdeutlicht werden.“

Ein weiteres Beispiel sind Algorithmen als konstruktive Rechenanweisungen, die im Mathematikunterricht eine große Rolle spielen. Sie begegnen uns in der Mathematik auf Schritt und Tritt. So liest man in [15, S. 9]:8

Ob wir den größten gemeinsamen Teiler zweier natürlicher Zahlen, die Lö- ” sung eines linearen Gleichungssystems oder eine rationale Näherung für eine Quadratwurzel ermitteln wollen, stets ist ein Algorithmus im Spiel. Selbst die Multiplikation zweier Dezimalzahlen oder die Bestimmung des Maximums von n rationalen Zahlen setzt eine algorithmische Vorgehensweise voraus.“

Nachdem ein Algorithmus im Unterricht entworfen und von den Schülern verstanden wurde, ist seine Durchführung eine monotone Arbeit, die man dem Rechner überlassen kann.

Dadurch wird Zeit gewonnen für eine größere Anzahl von Durchläufen des behandelten Algorithmus und eine Diskussion der Ergebnisse. Bei der Übersetzung eines Algorithmus in eine für den Computer verständliche Sprache“ sind die Schüler gefordert, Rechenanweisungen für den Computer klar zu ” Schüler müssen also mittels der Syntax des Anwenderprogrammes einen vorgegebenen Algorithmus umsetzen. Auf diese Weise wird Schülern logisches Denken und eine exakte Formulierung ihrer Gedanken abverlangt. In diesem Sinne sei aus [25, S. 109] zitiert:

Mathematik hat viel damit zu tun, konkrete Probleme in eine abstrakte Form ” zu übersetzen und an numerischen Lösungen etwas zu begreifen. Das kann aber weder ein Taschenrechner noch ein Computer, damit muss sich jeder von uns selbst abmühen, der in die Welt der Zahlen vordringt.“

2.4 Potentielle Probleme und Gefahren eines computerunterstützten Mathematikunterrichts

Neben den genannten positiven Aspekten dürfen andererseits potentielle, teils technologiebedingte Gefahren aus einem (zum Teil unbedachten) Einsatz der Computersoftware nicht außer Acht gelassen werden. Dazu heißt es in [26, S. 58]:

Beim Arbeiten mit dem Computer ist es jedoch unumgänglich, die Grenzen ” dieses Werkzeuges von Anfang an deutlich herauszustellen. Wichtig scheint es mir zu sein, daß, wenn Computer in der Schule benutzt werden, solche Grenzen für Schüler bewußt gemacht werden. Dies ermöglicht auch eine Distanzierung von dem und damit eine Re?exion über den Computer.“

Es ist eine schwierige, aber zugleich sehr wichtige Aufgabe für den Unterrichtenden, nicht intendierte Entwicklungen, irreale Einschätzungen und falsche Einstellungen bei den Schülern zu erkennen, zu kontrollieren und durch geeignete Maßnahmen zu korrigieren. Dies setzt allerdings voraus, dass Lehrer die möglichen Gefahren aus einem unre?ektierten computerunterstützten Mathematikunterricht kennen, deren Auswirkungen einschätzen können und deren Auftreten sensibel im Unterricht beobachten. Der Einsatz des Computers im Mathematikunterricht birgt nach [23, S. 33f] unter anderem die Gefahren, dass

- die Grenzen von Computern (z. B. bei Beweisführungen, Begriffsbildungen oder Modellbildungen) übersehen werden.

Dazu sei [27, S. 194f] zitiert:

Die Computerexperimente zu einem speziellen Phänomen und die Viel- ”

zahl der Fälle, die im Zugmodus beobachtet werden können, sind für manche Schüler so überzeugend, dass sich in ihren Augen die Notwendigkeit für einen ( nochmaligen“) formalen Beweis gar nicht erst stellt oder nur als lästige ” htübung widerwillig akzeptiert wird; mit eigenen Augen haben sie ja gesehen, dass die Beobachtung richtig ist.“

Ein konkretes Beispiel wäre die Demonstration des Satz von Thales mit Hilfe eines Geometrieprogrammes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1:

Durch Ziehen des Punktes C (siehe Abbildung 2.1) entlang des Halbkreisbogens

ändert sich der bei C gelegene rechte Winkel nicht.

-Tippfehler“ bzw. fehlerhafte Lösungs-

Rechenergebnisse unkritisch akzeptiert und übernommen werden (computerbedingte Rundungsfehler und Fehlerfortp?anzung, ”

wege, aber auch Programmierfehler bei der Software).

Zum Thema Rundungsfehler liest man in [27, S. 43]:

Fragen der Genauigkeit der Darstellung der Zahlen im Rechner weisen ”

schließlich darauf hin, dass es im Mathematikunterricht wichtig ist, den Rechner nicht nur als ein Medium und Werkzeug, sondern als auch einen Gegenstand zu betrachten, dessen Grenzen im Hinblick auf die Darstellung mathematischer Objekte, Begriffe oder Ideen mitbedacht werden müssen.“

Ein Beispiel ist etwa die Dezimalbruchdarstellung von 3

schiedlicher Nachkommastellenzahl (siehe Abbildung 2.2).

mit EXCEL und unter-

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Rundungsfehler bei EXCEL. Das korrekte auf 20 Dezimalstellen gerundete Ergebnis von 3/7 ist: 0,42857142857142857143.

- die Möglichkeit, Funktionen explizit durch ihre Terme zu de?nieren, zu einer unerwünschten Einschränkung des Funktionsbegriffes führen kann.

In [27, S. 78ff] wird dagegen darauf hingewiesen, dass der Computereinsatz den Funktionenbegriff auf allen Verständnisebenen zu unterstützen vermag.

- Benachteiligungen eintreten bzw. verstärkt werden (z. B. Schüler die keinen privaten Zugang zu Computern haben, Mädchen vs. Burschen).

In [11, S. 47] schreibt die Autorin:

Die Distanz der Mädchen zum Computer ist [...] Ausdruck dessen, daß ”

ein für sie subjektiv als sinnvoll erlebbarer Umgang mit dem Computer im Unterricht zu wenig statt?ndet; daß sie vielmehr Probleme haben, sich mit der praktizierten Computernutzung zurechtzu?nden und der geforderten Art der Beteiligung zu entsprechen.“

- das Bedienen (Einarbeiten, Gewöhnen, Umgehen, usw.) von Computern und entsprechender Software verstärkt zum Inhalt des Mathematikunterrichts wird.

Dazu heißt es in [5, S. 106]:

Schließlich muß auch noch erwähnt werden, daß die computerbezogenen ”

Probleme oft

überhand nehmen und der Sinn des Unterrichts (etwa in Form von Überlegungen zu Zweckmäßigkeit und Funktion geometrischer Formen) dadurch eher verschüttet wird, was langfristig auch zur Minderung der Motivation beiträgt.“

Dazu sei angemerkt, dass die Beherrschung der Syntax eines Computerprogrammes keine Selbstverständlichkeit ist. Im Gegenteil es bedarf einer intensiven und vorallem ständigen Auseinandersetzung mit dem Programm, um es erfolgreich bedienen zu können. Es liegt vor allem in der Verantwortung des Lehrers durch entsprechend gewählte Beispiele den Schülern die Syntax zu verdeutlichen, so dass sie darauf aufbauend eingenständig Aufgaben lösen können. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch den Schülern Mittel zur Selbsthilfe zur Verfügung zu stellen. Dies kann z. B. der Hinweis auf die Verwendung einer online-Hilfe“, oder eine Zusammenstellung von wichtigen Befehlen und syntaktisc ” Anleitungen sein.

- durch die Leistungsfähigkeit der Computer nur die Quantität der Unterrichtsinhalte, nicht aber die Qualität erhöht wird,

- die traditionelle Schulmathematik mit Inhalten der computerunterstützten Mathematik erweitert wird und dies zu einer nicht vertretbaren Stofffülle im Mathematikunterricht führen kann,

- der Computereinsatz im Mathematikunterricht mit Konzentration auf Problemlö- sungen, Anwendungen, Algorithmen, Begriffsbildungen usw. zu einer deutlichen Anhebung des Anforderungsniveaus führt und damit viele Schüler überfordert werden,

- wichtige manuelle Tätigkeiten, wie z. B. das Zeichnen von Diagrammen oder auch das händische Rechnen“, in einem nichtvertretbaren Maße vernachlässigt werden.

Meiner Meinung nach sollten Fähigkeiten wie das qualitative Skizzieren nicht zu komplizierter Funktionsgraphen (z. B.: y (x) = x 2 1), das Schätzen von Größen-

v

ordnungen (z. B.: v 1000 = v 100 · v 10 = 10

10 ˜ 10 · 3 , 1 = 31), Umformung

algebraischer Gleichungen, etc. durch den Einsatz von Computern im Unterricht

nicht leiden dürfen. Computer oder Taschenrechner sollten vom Lehrer mit Bedacht und nicht zu jedem Zweck eingesetzt werden. Darüberhinaus kann ein Lehrer durch die entsprechende Aufgabenstellung immer noch die manuelle Tätigkeit von den Schülern einfordern.

- die Bedeutung von kalkülbezogenen Fertigkeiten, wie Termumformungen, formales Differenzieren und Integrieren abnimmt.

Meiner Ansicht nach ist der Einsatz eines Computer Algebra Systems für all jene formalen Operationen gerechtfertigt, die bei händischem“ Rechnen und etwas Übung länger als ca. 5 Minuten dauern. Davor r ” tiert es sich erst gar nicht den Computer hoch zu fahren. Bei der Wahl der Aufgabenstellungen, die mit dem Computer behandelt werden sollen, sollte dies vom Lehrer berücksichtigt werden.

- die Mathematiklehrer einer Schule nicht alle die Meinung teilen, dass das Einbeziehen des Computers zu einer Bereicherung des Mathematikunterrichts führen kann, und dass damit bei einem unvorhersehbaren (z. B. Pensionierung, Versetzung) aber auch bei einem vorhersehbaren (neue Klasseneinteilung in der 9. Schulstufe) Lehrerwechsel die Schüler mit Unterricht von Lehrern mit extrem konträren Positionen ( kalküldominierter Unterricht“ gegenüber ” tiert werden.

exzessiver Computernutzung“) konfron- ” Ein weiteres prinzipielles Problem des Einsatzes von mathematischer Software wird in [5, S. 156] beschrieben:

Der Trend zum Einsatz von Software mit hoher Interaktivität (wie Derive) ” führt dazu, daß die Schüler zur Methode “Versuch und Irrtum“ verführt werden, die Bereitschaft zu Vorüberlegungen sinkt. Weiterhin ist eine hohe Bereitschaft zum Ausprobieren und Austesten des Systems zu beobachten. Dies führt zu über?üssigen Eingaben, zu sinnlosen Versuchen und schließlich dazu, das System spielerisch zu nutzen (etwa: Erzeugung von 3D-Graphiken zum Zeitvertreib).“

Neben all diesen Bedenken stellt sich ein grundsätzliches didaktisches Problem, das in [3] beschrieben ist (und auch in [19, S. 40f] zitiert wird):

The didactic problem

As a matter of fact, most areas of high school and undergraduate mathematics, by now, are “trivialized” in the following sense: I call an area “trivialized” if its problems can be solved algorithmically by existing mathematical machines (hardware and software). For example, since many years, arithmetics on ?oating point numbers is trivialized by pocket calculators. Differentiation of elementary functions is trivialized by software systems like Mathematica, its forerunners and competitors. It is the goal of worldwide research in symbolic computation that more areas of mathematics become trivialized.

Well, if an area of mathematics is trivialized, why should students bother to study the area? Rather, shouldn’t we just teach the students how to solve the main problems in the area by applying, in a reasonable way, the appropriate algorithms implemented in, say, Mathematica?

There are two dogmatic answers to this question:

1. The puristic answer: Ban math software from math education! The use of math software systems will spoil the mathematical moral of the students because deep understanding of mathematical concepts will be replaced by blind application of tools.

2. The pragmatic answer: Don’t spend time in class on any trivialized area of mathematics! The creativity of students should not be wasted on “calculations” that, by now, can be done by a machine. Rather, the ingenuity of students should be free for “creative problem solving”.

Both, the puristic and the pragmatic, positions are still held strictly by quite a few people. In their strict form, however, both positions are unreasonable, I think.

The answer by the White Box / Black Box Principle In my view, a natural, practical, and satisfactory position that reconciles the two extreme positions is achieved by what I call “White Bo x / Black Box Principle for math education using math software”:

“Teaching of an area of mathematics proceeds, roughly, in two phases:

The White Box phase: This is the phase in which the area is new to the student. In this phase, the use of math software systems for solving the problems of the area under study is (most times) inappropriate. Students should study the area thoroughly, i.e. they should study problems, concepts, theorems, proofs, algorithms, examples and hand calculations.

The Black Box Phase: After the area has been thoroughly studied, algorithms developed in this study can be called as black boxes in the later study of hierarchically higher areas.”

Note that this principle is recursive: During the white box phase of studying some area of mathematics, the algorithms of hierarchically lower areas of mathematics can and should be used in the black box manner.

This principle is so simple that one may wonder why one should formulate it at all. However, I notice over and over again that quite some discussion is still spent on supporting the strictly puristic or the strictly pragmatic position exclusively.

In ähnlicher Weise aber den Mathematikunterricht in seiner heutigen Form hinterfragend, wird obige Problematik in [27, S. 25f] angesprochen.

Wenn wir von einem vereinfachten Bild mathematischer Tätigkeiten ausge-

Darstellen–Operieren–Interpretier en “ untergliehen, so lassen sich diese in ”

dern. In der Schule wird wohl dem Operieren der größte Zeitanteil beigemessen, wohingegen dem Darstellen, d. h. dem Suchen eines Zugangs zu einer Problemstellung, dem Mathematisieren und Modellieren in verschiedenen Darstellungsarten und dem Interpretieren, d. h. dem Rückbeziehen der Lösung auf die Ausgangsfrage und den Lösungsweg, eine zu geringe Bedeutung zukommt. Nun können aber Rechner genau die Tätigkeit übernehmen, die den wesentlichen Teil des mathematischen Arbeitens im Unterricht ausmachen, nämlich das Operieren oder das an Kalkülen orientierte algorithmische Arbeiten. Es ergibt sich somit die zunächst ober?ächlich und vereinfacht gestellte Frage, ob denn der Mathematikunterricht überhaupt noch im gegenwärtigen Umfang gerechtfertigt ist, wenn denn seine zentralen Inhalte von einer Maschine erledigt werden können. Verschiedentlich war in diesem Zusammenhang dann schon Existenzbedrohung von noch nie von einer Krise des Mathematikunterrichts“, oder von einer ” Krankheit des ” Mathematikunterrichts“ oder gar von einer ” ter allerdings dagewesenem Ausmaß“ (Malle 1994, S. 37) die Rede. Hierbei ist der Compu nur“ der Anlass, um über Ziele und Inhalte des gegenwärtigen ” realen Mathematikunterrichts nachzudenken, ...“

Kapitel 3

EXCEL im Mathematikunterricht

Nach den vorangegangenen prinzipiellen Überlegungen, bei denen Pros und Kontras zur Frage nach dem Einsatz des Computers im Mathematikunterricht beleuchtet wurden, möchte ich nun die Aufmerksamkeit dem Programm EXCEL zuwenden. Zuerst ein paar Worte zu dem Programm selbst, bevor ich mich den Fragen Was spricht für den Einsatz von EXCEL?“ und Wie kann EXCEL im Mathematikun ” ht eingesetzt werden?“ zuwende. Ansc ” möchte ich auf einige Probleme beim Umgang mit EXCEL eingehen hließend und danach allgemeine didaktische Anmerkungen zu den von mir zusammengestellten und zum Teil mit EXCEL zu lösenden Aufgaben bringen.

3.1 Was ist EXCEL?

Microsoft EXCEL14 gehört zum Microsoft Offce Packet15 und ist sowohl für das Betriebssystem Microsoft Windows als auch für McOS verfügbar. Es zählt zu den Tabellenkalkulationsprogrammen, die es einem erlauben, numerische Werte oder Daten in Zellen eines Tabellenblattes, die matrixähnlich in Zeilen und Spalten angeordnet sind, einzugeben. Während die Zeilen mit Nummern (1,2,3, ...) versehen sind, sind die Spalten durch Buchstaben (A,B,C, ...) gekennzeichnet.16 Jeder Zelle ist somit ein Spaltenbuchstabe und eine Zeilennummer (in dieser Reihenfolge) – die Zelladresse – zugeordnet. Durch Anklicken einer Zelle mit dem darüber be?ndlichen Cursor wird diese (und nur diese) aktiv und es kann eine Eingabe erfolgen. Durch den Bezug auf eine Zelladresse oder einen gesamten Zellbereich kann auf Einträge von einer oder mehrerer Zellen zugegriffen werden, womit diese Einträge Eingang in die Formel einer anderen Zelle ?nden. Die numerischen Einträge können für Berechnungen, graphische Darstellungen und statistische Analysen genutzt werden. Eine umfangreiche Darstellung der Bedienung und Möglichkeiten von EXCEL ?ndet der interessierte Leser in zahlreichen einschlägigen Werken, wie z. B. in [22].

Ein eigener Makro-Rekorder erlaubt es, immer wiederkehrende Befehlsfolgen aufzuzeichnen, die dann bei Bedarf abgerufen werden können. Darüber hinaus kann durch die Programmierung von Makros in VBA (Visual Basic for Applications) der Anwendungsbereich von EXCEL nahezu grenzenlos erweitert werden. Dies setzt allerdings die Kenntnis der Syntax der objektorientierten Programmiersprache VBA voraus. Der Leser sei an dieser Stelle wieder auf die Literatur verwiesen (z. B. [16] für die ersten Schritte mit VBA oder [8] für spezielle EXCEL Anwendungen).

Es sei an dieser Stelle vermerkt, dass die ersten Tabellenkalkulationsprogramme, wie VisiCalc und Lotus 1-2-3 wesentlich für den Popularitätsaufschwung von Computern wie des Apple II und des IBM PC in Wirtschaftsbetrieben verantwortlich waren. Heute ist EXCEL das am weitesten verbreitete Programm dieser Art und ?ndet weit über den ursprünglichen Einsatzbereich in Büros hinaus Anwendung. Daneben gibt es eine Vielzahl von anderen Tabellenkalkulationsprogrammen (z. B. Lotus 1-2-3, Quattro), die in ihrer Funktionsweise dem EXCEL sehr ähnlich sind.

Nicht zuletzt macht ein spezielles Werkzeug – der Microsoft EXCEL Solver (in weiterer Folge kurz Solver genannt) – die Anwendung von EXCEL für Optimierungsprobleme interessant.17 Bei dem Solver handelt es sich um eine Anwendung, die nach den Anforderungen von Microsoft von Mitarbeitern eines externen Unternehmens bzw. amerikanischer Universitäten entwickelt wurde. Der Solver verwendet numerische Algorithmen18 zur Lösung einer Gleichung (oder zur Maximierung bzw. Minimierung einer Funktion), die von einer oder mehreren Variablen abhängen kann. Dabei ist die Berücksichtigung von Nebenbedingungen möglich. Seit seiner Einführung im Februar 1991 ist der Solver das meistverbreitete und wahrscheinlich auch meistverwendete Optimierungsprogramm für allgemeine Zwecke. Durch die Verbreitung mit EXCEL ist der Solver in Händen von Millionen von Microsoft Offce Nutzern. Anwendern, die die Tabellenkalkulationsprogramme Lotus 1-2-3 oder Quattro Pro verwenden, stehen ähnliche Optimierungsprogramme, die auf derselben Technologie basieren, zur Verfügung.

3.2 Was spricht für den Einsatz von EXCEL?

Zu sehr vielen Problemstellungen, darunter auch mathematischen, gibt es heute ?x und fertige Programme, die auf die Bedürfnisse des Anwenders mehr oder weniger gut zugeschnitten sind. Eine Vielzahl von mathematischen Programmen wie MATHEMATICA oder MATLAB hat einen Umfang und eine Komplexität erreicht, die in der Regel einer intensiven Einschulung bedürfen, wenn das in ihnen steckende Potential auch nur im Entferntesten genutzt werden soll. Darüber hinaus sind diese Produkte oft sehr teuer und selten bis gar nicht an Schulen und noch weniger privat verfügbar. Wesentlich kostengünstigere Anwenderprogramme wie DERIVE oder MAPLE, die den Anfordernissen, die von Seiten der Schulmathematik gestellt werden, gerecht werden, ?nden in allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in O¨ sterreich weite Verbreitung und werden vor allem im Bereich der Analysis eingesetzt. Die ihnen zugrundeliegende Syntax ist nicht schwer zu erlernen aber auch nicht selbsterklärend. Spezielle dynamische Geometrieprogramme wie GEOGEBRA oder EUKLID ergänzen das Spektrum. Sie sind in ihrer Handhabung deutlich einfacher. Dies hat einerseits mit ihrem Komplexitätsgrad, andererseits mit der Tatsache zu tun, dass diese Programme speziell für den Schulunterricht konzipiert wurden. Mit den erwähnten Programmen kann eine Vielzahl von schulmathematischen Problemstellungen mit dem Computer behandelt werden.

Es stellt sich nun die Frage, wie oder warum ein Tabellenkalkulationsprogramm wie EXCEL im Mathematikunterricht eingesetzt werden soll, wenn ohnehin obige Programme alle benötigten Leistungen erbringen. Es sei vorab darauf hingewiesen, dass ein Tabellenkalkulationsprogramm ein Geometrieprogramm wie GEOGEBRA oder EUKLID nicht ersetzen kann (was nicht weiter verwundert, da ersteres nicht und letztere sehr wohl für geometrische Konstruktionen geschaffen wurde/n), genauso wenig, wie es die Programme DERIVE oder MAPLE können. Letztere können in vielen Aspekten durch ein Tabellenkalkulationsprogramm ebenfalls nicht ersetzt werden (z. B. wenn es um symbolisches Differenzieren, Integrieren oder Gleichungslösen geht). Was kann also für den Einsatz eines Tabellenkalkulationsprogramms wie EXCEL sprechen? Dazu einige Argumente, die meiner eigenen pragmatischen Einstellung entsprechen.

- Tabellenkalkulationsprogramme stehen beinahe auf jedem PC zur Verfügung.
- Sie haben eine überaus leicht verständliche Syntax.
- Sie können bereits in der Unterstufe zum Einsatz gebracht werden.19
- Sie haben vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, elementare und fortgeschrittenere (siehe dazu die in den folgenden Kapiteln gestellten Aufgaben).
- In vielen Bereichen des Berufslebens kommt man mit EXCEL auf die eine oder andere Weise in Berührung. (Z. B. ist EXCEL neben dem für logistische und buchhalterische Zwecke verwendeten SAP weltweit (!) das meistverwendete Programm im kaufmännischen Bereich. Tabellierte Daten aus EXCEL können auch von SAP übernommen werden.)

- Nicht nur einfache, wie man glauben möchte, sondern auch durchwegs komplizierte Berechnungen lassen sich mit EXCEL bewerkstelligen.

Die Art und Weise, wie in einem Tabellenkalkulationsprogramm Algorithmen umgesetzt werden können, ähnelt in vielen Fällen der ” Bleistift und Papier“. ”

- Die im Umgang mit EXCEL gewonnenen Erfahrungen während des Mathematikunterrichtes können auch anderwärtig zum Einsatz kommen (z. B. das Verwenden von logischen Operatoren wie WENN, UND, ODER in Form von anderen Befehlen in Programmiersprachen).
- Oft gilt es nur rasch eine einfache Rechnung, die schnell mit einem Tabellenkalkulationsprogramm durchgeführt werden kann, auf ihre Gültigkeit zu prüfen.
- Immer wieder durchzuführende Berechnungen können leicht durch die Aufzeichnung von Makros automatisiert werden.
- Zweidimensionale graphische Darstellung von Ergebnissen sind beinahe selbsterklärend mit einem Tabellenkalkulationsprogramm in kürzerster Zeit in verschiedenster Form herstellbar.20
- Manche Problemstellungen sind durch den matrixhaften Aufbau eines Tabellenkalkulaionsprogramms leichter programmtechnisch zu lösen als mit anderen Programmen.
- Die Integration eines Tabellenkalkulationsprogramms in einem Softwarepaket für Büros erlaubt in der Regel den einfachen und raschen Zugriff auf Daten einer Tabelle (sowie deren Aktualisierung) aus anderen Anwendungen, wie einer Software für Textverarbeitung oder einer Bildschirmpräsentations-Software.
- Möchte man keine lizensp?ichtigen Produkte käu?ich erwerben, so stehen auch freie“ Tabellenkalkulationsprogramme (freeware) zur Verfügung.21

Die vorgebrachten Argumente können und sollen nicht die Vorzüge von CAS wie DERIVE oder MAPLE aufwiegen. Sie sollen lediglich der Positionierung der Taballenkalkulationsprogramme im Kanon der in der Schule verwendbaren mathematischen Computersoftware dienen und Grundlage für die Klärung der folgenden Frage nach der Einsetzbarkeit von Tabellenkalkulationsprogrammen im Mathematikunterricht sein.

3.3 Wie kann EXCEL im Mathematikunterricht eingesetzt werden?

Die Einsatzmöglichkeiten von EXCEL im Mathematikunterricht sind vielfältig. Dies hängt damit zusammen, dass EXCEL in jeder Schulstufe, und beinahe in jedem mathematischen Themenkreis, der in der Schule angesprochen wird, verwendbar ist. Dies ist für mich eine wichtige Tatsache, da damit den Schülern die Möglichkeit gegeben wird, im wahrsten Sinne des Wortes, mit einem Programm groß zu werden. Schüler können bereits in der Unterstufe auf dem Niveau einfacher Zelloperationen EXCEL beinahe spielerisch kennen lernen (z. B. Grundrechnungsarten, Prozentrechnung, Flächenund Umfangsberechnun-gen, etc.) und Probleme selbständig mit diesem Rechenwerkzeug“ lösen, wenn auch auf sehr einfachem Niveau. Die dazu notwendigen ” tnisse können sukzessive in einzelnen dafür vorgesehenen Unterrichtsteilen oder -einheiten von den Schülern erlernt und anhand von entsprechenden Beispielen ausprobiert werden. Da sich EXCEL bereits sehr früh einsetzten lässt, können die benötigten Befehle und die erforderliche Syntax schrittweise über einen langen Zeitraum erarbeitet werden, so dass mit der Zeit eine Sammlung von Befehlen, die Schülern ein Übersetzen von mathematischen Formeln und Algorithmen in EXCEL ermöglicht, entsteht. Dies dient als Voraussetzung für das Meistern von Problemstellungen mit EXCEL, die in der Oberstufe an die Schüler herangetragen werden (z. B. Funktionen graphisch darstellen, Probleme lösen“, Algorithmen etc.). ”

Im Detail kann EXCEL folgendermaßen zum Einsatz kommen:

programmieren“, ” Als Taschenrechner“ zum Überprüfen von einfachen Rechnungen (z. B. Skalarpro- ”

dukt, Vektorprodukt, Mittelwert, Standardabweichung, etc.)

- Zum Lösen rechenintensiver Aufgaben (z. B. Lösen von Gleichungssystemen, etc.)
- Zum graphischen Vergleich von Daten mit Modellrechnungen oder Modellvorstellungen (z. B. Physikalische Messwerte vs. zugrundeliegender physikalischer Gesetzmäßigkeiten)
- Zur Implementierung numerischer Algorithmen (z. B. Nullstellensuche mit Newtonverfahren, numerische Integration mit Simpsonregel, Eulersches Polygonzugverfahren, etc.)
- Zur Berechnung und Veranschaulichung numerischer Lösungen komplexer mathematischer Modelle (z. B. Wachstumsprozesse, etc.)
- Zur statistischen Analyse erhobener Daten (z. B. Mittelwert, Standardabweichung, Fehlerbalken bei graphischer Darstellung von Daten, lineare und polynomiale Anpassung, etc.)
- Im fächerübergreifenden Unterricht Mathematik/Physik/Informatik
- In Form von interaktiven Anwendungen (applets) zur Demonstration im Mathematikunterricht

Als Rechenwerkzeug“ bei der Verwendung von vorgefertigten Anwendungen in EX- ”

CEL

Dabei ist von meiner Seite immer an eine Anwendung von EXCEL im Unterricht oder bei speziellen Hausaufgaben gedacht, nicht jedoch an das Verwenden von EXCEL bei Schularbeiten.

Leser, die an der Frage interessiert sind, wie unterschiedlichste numerische Algorithmen und Methoden in EXCEL umgesetzt werden können, sei [13] zum Studium empfohlen.

Besteht darüber hinaus das Interesse zu erfahren, wie vor allem mathematische Modellierungen mit EXCEL vorgenommen werden können, dann möchte ich dem Leser [18] ans Herz legen.

Im folgenden Abschnitt einige Bemerkungen zu von mir festgestellten Mängeln von EXCEL, auf die Schüler unbedingt hinzuweisen sind.

3.4 Probleme mit EXCEL

Leider komme ich nicht umhin, auf das eine oder andere Problem bei EXCEL hinzuweisen. Dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass mir diese zum Teil unangenehmen Eigenschaften von EXCEL, durch eigene leidvolle Erfahrung bekannt sind und in der (mir bekannten) einschlägigen Literatur leider keine Hinweise existieren. Es ist daher nur fair, jeden potentiellen Anwender von EXCEL, und jeden Leser dieser Zeilen rechne ich dazu, von diesen Problemen in Kenntnis zu setzen.

Ein gravierender Fehler, den EXCEL macht, ist im Folgenden beschrieben: Gibt man in eine Zelle z. B. die Formel = - 2ˆ2 ein, so resultiert der Zellwert 4, und nicht das eigentlich zu erwartende mathematisch korrekte Ergebnis - 4 (siehe hiezu Abbildung 3.1). Der Leser sei insofern beruhigt, dass z. B. die Formel = 6 - 2ˆ2 das richtige Resultat 2

liefert. Beunruhigend hingegen ist wiederum die Tatsache, dass EXCEL z. B. für die Formel = EXP(- 2ˆ2) das falsche Resultat 54,59815 anstelle von 0,01831564 liefert. Im

Zweifel sei dem Leser daher geraten, wenn das Minuszeichen in einer Formel nicht einer Zahl folgt dieses durch (- 1) * zu ersetzen. Damit würden z. B. die Formeln = (- 1) * 2ˆ2 und = EXP((- 1) * 2ˆ2) die richtigen Resultate liefern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: In der Eingabeleiste sieht man die Formel = - 2ˆ2, die in der fett umrandeten Zelle den mathematisch falschen Wert 4 liefert.

Ein weiterer, wenngleich weit weniger gravierender Fehler von EXCEL betrifft die Funktion GEOMITTEL(ZAHL1;ZAHL2), die das geometrische Mittel der Zahlen ZAHL1 und ZAHL2 liefert. Ist eine der beiden Zahlen gleich Null, so liefert EXCEL den Fehlerwert

#ZAHL! anstatt des mathematisch korrekten Resultates Null. Berechnet man hingegegen die Formel =WURZEL(ZAHL1 * ZAHL2) so erhält man das richtige Ergebnis.

Nicht unbedingt als Fehler aber dennoch als eine Unannehmlichkeit kann folgende Tatsache gewertet werden: EXCEL erlaubt es Datenpunkte durch lineare, exponentielle oder polynomiale Funktionen anzupassen. Durch eine Option kann die Gleichung der verwendeten Funktion im entsprechenden x/y -Diagramm dargestellt werden. Die in der Funktion enthaltenen Koeffzienten werden aber nur auf insgesamt fünf Stellen genau angezeigt, wobei die letzte Stelle gerundet ist.9 Es kann nun der Fall eintreten, dass die im Diagramm angezeigte Trendlinie, welche die Regressionsfunktion darstellt, die Daten sehr gut wiedergibt. Verwendet man aber nun eine Funktion mit den angegebenen Koeffzienten und stellt diese ebenfalls in dem Diagramm dar, so kann diese erheblich von der Trendlinie abweichen (vergleiche hiezu mit Aufgabe 7.3).

Im Prinzip ist es nicht möglich in einer EXCEL-Tabelle eine Variable x und damit auch nicht Funktionen wie z. B. f (x) = x · sin(x) - 1 zu de?nieren. Nur durch program-

miertechnische Kunstgriffe in VBA kann dies realisiert werden. Ein Beispiel dazu ?ndet der interessierte Leser im Anhang A.10. Möchte man den Funktionswert z. B. an der Stelle x = 1 berechnen, so ist dies nur auf folgende Art möglich: Angenommen in der Zelle A1 steht die Zahl 1, dann kann durch Eingabe der Formel =A1*SIN(A1)-1 in einer beliebigen anderen Zelle, sagen wir in der Zelle B1, der Wert f (1) ausgegeben werden. Soll nun die Funktion an mehreren Stellen ausgewertet werden, so legt man am besten eine Spalte mit den x - und eine Spalte mit den f (x)-Werten an. Letztere kann man durch ” “ der Ziehen Formel aus Zelle B1 in die anderen Zellen erhalten. Ein Nachteil der sich nun ergibt, ist folgender: Sollen an denselben Stellen die Funktionswerte einer anderen Funktion bestimmt werden, so muss man die Formel in einer Zelle abändern und durch abermaliges Ziehen“ die anderen Zellen aktualisieren. Dieser Aktualisierungsschritt steht, so man k ”Makros aufzeichnet oder programmiert, einer Automatisierung“ im Wege.

Datenmengen selten verwendet wird, ist die Tatsache, dass EXCEL dem Anwender nur“ 65536 Zeilen zur Verfügung stellt. Auch wenn diese Zahl sehr groß erscheint, so ” sie doch in der Realität oft zu klein.

Die Möglichkeiten der Ein?ussnahme auf die Darstellung von Flächen in so genannten Ober?ächendiagrammen erweist sich bedauerlicherweise als äußerst bescheiden. Der Anwender ist in diesem Falle meist gut beraten, sich eines anderen Programmes zu bedienen. Zu guter Letzt sei angemerkt, dass die mit EXCEL mitgelieferte Programm-Hilfe ihren Namen eigentlich nicht verdient, sondern oftmals mehr der Verwirrung als der Klärung eines Sachverhaltes dienlich ist, so man überhaupt eine Antwort auf eine auftretende Frage ?ndet. Dem Leser sei daher, wenn er vorhat, sich intensiver mit EXCEL zu beschäftigen, der Kauf eines einschlägigen Buches, wie z. B. [22], angeraten.

3.5 Allgemeine didaktische Anmerkungen zu den gestellten Aufgaben mit EXCEL

Die in den folgenden Kapiteln vorgestellten Aufgaben sollen projektmäßig von Schülern der 11. (so vom Inhalt der Aufgaben und dem Wissenstand der Schüler her möglich) oder besser 12. Schulstufe in Gruppen von ca. vier Personen außerhalb der Mathematikstunden innerhalb von ein bis zwei Wochen (je nach Schwierigkeitsgrad und Umfang) bearbeitet und am Ende entweder dem Lehrer abgegeben oder der Klasse als Projekt vorgestellt werden. Es wäre meinerseits vorgesehen, jeweils eine der Aufgaben eines Themenkreises einer Schülergruppe zur Bearbeitung zuzuteilen, so dass alle Aufgaben zu einem Thema gleichzeitig von unterschiedlichen Gruppen behandelt werden.

Bei der Zusammenstellung der Aufgaben waren mir einige Aspekte, die für beinahe alle Aufgaben gelten, aus didaktischer Sicht wichtig, die ich an dieser Stelle anführen möchte:

- Jedes der sechs Kapitel hat einen Themenschwerpunkt (z. B. Aufgaben zum graphischen Lösen, etc), der durch die einzelnen Aufgaben von teils sehr unterschiedlichen Seiten beleuchtet wird, und besteht aus mindestens fünf Aufgaben.

- In allen Aufgaben sind Teile enthalten die mit EXCEL zu lösen sind. Es gibt aber immer wieder Unterpunkte, bei denen die Schüler aufgefordert sind, Rechnungen händisch“ durchzuführen, um sich entweder von Ergebnissen oder angegebenen ”

Formeln und Gleichungen zu überzeugen.

- Die gestellten Aufgaben sind von der Konzeption für Schüler der 12. Schulstufe gedacht. Das in den Aufgaben verlangte mathematische Wissen bezieht zum Teil den Unterrichtsstoff (z. B. Vektorrechnung, Folgen und Reihen, etc.) vorangegangener Schulstufen ein. Die Schüler sind daher gezwungen, so sie das entsprechende Wissen nicht mehr parat haben, das bereits Gelernte (und vielleicht wieder Vergessene) zu wiederholen. Ein Umstand, der gerade im Hinblick auf die bevorstehende Matura in der 8. Klasse nicht ohne Bedeutung ist.

- Ich war bestrebt, praxisorientierte Aufgaben im Sinne der Bildungsziele des Mathematikunterrichtes22 auszusuchen, in denen es unteranderem heißt:

Anwendungsorientierte Kontexte verdeutlichen die Nützlichkeit der Ma- ” thematik in verschiedenen Lebensbereichen und motivieren so dazu, neues Wissen und neue Fähigkeiten zu erwerben. Vernetzungen der Inhalte innerhalb der Mathematik und durch geeignete fächerübergreifende Unterrichtssequenzen sind anzustreben. Die minimale Realisierung besteht in der Thematisierung mathematischer Anwendungen bei ausgewählten Inhalten, die maximale Realisierung in der ständigen Einbeziehung anwendungsorientierter Aufgabenund Problemstellungen zusammen mit einer Re?exion des jeweiligen Modellbildungsprozesses hinsichtlich seiner Vorteile und seiner Grenzen.“

- Die eine oder andere Aufgabe hat keinen Praxisbezug sondern dient der Festigung und/oder Veranschaulichung theoretischer Unterrichtsinhalte.

- Da manche Aufgaben aufgrund ihres Bezuges zur Physik für Schüler sicherlich nicht einfach sind, war ich bemüht, dort wo ich es für notwendig erachtet habe, sehr detaillierte Angabetexte zu erarbeiten, die den Lösungsweg vorzeichnen und nachvollziehbar machen sollen.

- Beim Großteil der Aufgaben gehe ich davon aus, dass die Schüler ausreichende Kenntnisse in EXCEL besitzen, um diese lösen zu können.

- Bei Aufgabenteilen, bei denen weniger die Mathemathik als die Umsetzung in EX- CEL ein Problem für Schüler darstellen könnte, war mein Bestreben, die entsprechenden Realisierungsschritte durch eine ausführliche Erklärung im Angabetext darzulegen.23

- In einigen Aufgaben sind die Schüler angehalten, zusätzliche Informationen aus der Literatur oder dem Internet einzuholen, um sich ein umfassenderes Bild von dem behandelten Thema zu verschaffen. Dazu heißt es in den Bildungszielen des Mathematikunterrichtes:

Die Beschaffung, Verarbeitung und Bewertung von Informationen hat ”

auch mit Büchern (z. B. dem Schulbuch), Zeitschriften und mit Hilfe elektronischer Medien zu erfolgen. Nutzen und Problematik mathematischer Inhalte und Lernhilfen im Internet sind hier zu thematisieren. Die minimale Realisierung besteht in der gelegentlichen Einbeziehung derartiger Medien, die maximale Realisierung im gezielten Erwerb von Kompetenzen, die von der Informationsbeschaffung bis zur eigenständigen Abfassung und Präsentation mathematischer Texte und Facharbeiten reichen.“

- Für den Fall, dass die Namen von bedeutenden Mathematikern, Physikern oder anderer Naturwissenschaftler in den Aufgaben Erwähnung ?nden, habe ich es mir erlaubt, bei ihrer erstmaligen Nennung, ihre Geburtsund Sterbedaten in Fußnoten zu erwähnen. Dies im Hinblick darauf, Schüler daran zu erinnern, dass hinter all den mathematischen Errungenschaften letztendlich Menschen stehen. Des Weiteren sollen Schüler dadurch ein Gefühl bekommen, aus welcher Zeit eine Errungenschaft, Entdeckung oder Erkenntnis stammt.

- Bei einer Vielzahl der gestellten Aufgaben sind zur Erlangung eines Resultates verschiedene Lösungswege vorgezeichnet, die es mit EXCEL zu realisieren gilt. Auch in diesem Fall entspricht meine Intention einem der didaktischen Grundsätze der Bildungsziele des Mathematikunterrichtes:

Einzelne Inhalte und Probleme sind aus verschiedenen Blickwinkeln zu ”

sehen und aus verschiedenen Richtungen zu beleuchten. Vielfältige Sicht-

weisen sichern eine große Flexibilität bei der Anwendung des Gelernten. Die minimale Realisierung besteht in der gelegentlichen Verdeutlichung verschiedener Sichtweisen bei der Behandlung neuer Inhalte, die maximale Realisierung im konsequenten Herausarbeiten der Vorund Nachteile verschiedener Zugänge. Damit wird ein vielschichtiges und ausgewogenes Bild der Mathematik gewonnen.“

Eine weitere Absicht hinter dem Aufzeigen von verschiedenen Lösungswegen ist die Problemlösekompetenz der Schüler zu erhöhen.

Ich gehe davon aus, dass das mathematische Rüstzeug“, das zur Lösung der Aufgaben notwendig ist, bereits im Unterricht den ” hülern vermittelt wurde. Die Schüler begeben sich daher bei der Ausarbeitung der Aufgaben auf kein mathematisches Neuland“.

- Anhand von exemplarischen, zum jeweiligen Unterrichtsstoff passenden Beispielen, die in eigens dafür vorgesehenen Unterrichtseinheiten gemeinsam mit den Schülern am Computer erarbeitet werden, sollen die Schüler in die Lage versetzt werden, die gestelleten Aufgaben eigenständig zu lösen.

- Bei allen Aufgaben ist meinerseits daran gedacht, sowohl eine kurze Vor-, als auch eine Nachbesprechung durchzuführen. Bei letzterer können ergänzende Bemerkungen, die ich zum Teil auch im didaktischen Kommentar zu den einzelnen Aufgaben anführe, gemacht werden.

- Ich gehe davon aus, dass pro Semester nicht mehr als zwei, der im Rahmen dieser Arbeit vorgestellten umfangreichen Aufgaben von den Schülern behandelt werden sollen.

- Die Leistungsbeurteilung soll die Realisierung und Umsetzung des Lösungsweges in EXCEL, die Richtigkeit der Resultate sowie etwaige ergänzende Ausarbeitungen (z. B. Literaturrecherche) oder Präsentationen umfassen. Die Gesamtnote der EXCEL- Projekte würde ich einer Schularbeitsnote gleichsetzen.

- Es ist nicht zwingend, all die gestellten Aufgaben in Form der von mir vorgeschlagenen Projekte umzusetzen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die eine oder andere Aufgabe Teil einer Fachbereichsarbeit in Mathematik oder eventuell auch Physik ist.

Spezielle didaktische Anmerkungen zu den Aufgabengruppen, die hier keine Erwähnung fanden, sind jeweils am Beginn der entsprechenden Kapiteln angeführt. Darüber hinaus habe ich im Anschluss an die einzelnen Aufgaben, zusammen mit ausgesuchten Lösungen, weitere kurze didaktische Kommentare gegeben.

Abschließend sei angemerkt, dass eine Vielzahl von möglichen Aufgaben, die ich mir überlegt hatte, in diese Arbeit aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Schwierigkeitsgrad der Umsetzung mit EXCEL, keine Schulmathematik, Aufgabe vom Umfang zu gering für ein Projekt, Kenntnisse in VBA nötig) keinen Eingang gefunden hat. Eine Reihe dieser Aufgaben, vor allem die, deren Umfang ich für die Erstellung eines Projektes zu gering erachtet habe, würden zusätzliche Teile des Unterrichtsstoffes abdecken.

Ich möchte nun, lieber Leser, deine Geduld nicht länger strapazieren, sondern schließe mich den Worten Goethes an:24

Der Worte sind genug gewechselt, laßt mich auch endlich Taten sehen.“ ”

Kapitel 4

Aufgaben zum graphischen Lösen

Unter dem Begriff graphisches Lösen kann man zweierlei verstehen: Einerseits das näherungsweise Auffnden einer Lösung oder eines Lösungsbereiches durch die graphische Veranschaulichung von Funktionen sowie der resultierenden Schnittpunkte oder Schnittlinien bzw. der von den entsprechenden Kurven oder Flächen begrenzten Bereiche. Die Aufgaben aus den Abschnitten 4.1 und 4.2 gehören zu diesem Typus. Andererseits kann man bei manchen Fragestellungen durch geeignete Wahl von Punkten oder Kurven eine Anpassung an gegebene Daten erreichen und damit das vorgelegte Problem näherungsweise lösen. Die Aufgaben der Abschnitte 4.3, 4.4 und 4.5 zählen zu dieser Klasse von graphisch lösbaren Problemen.

Der Einsatz von graphischen Lösungsmethoden emp?ehlt sich immer dann, wenn man sich rasch einen Überblick über zu erwartende Lösungen verschaffen will, ohne von vornherein etwaige mühsame Berechnungen oder sogar numerische Verfahren anwenden zu müssen. In vielen Fällen kann die Genauigkeit eines auf graphischem Wege erzielten Resultates bereits ausreichen und Zeit sowie Geduld sparen. Darüber hinaus kann das graphische Lösen einer Problemstellung auch als Kontrolle von angestellten Berechnungen dienen und das Vertrauen in ein rechnerisch erzieltes Resultat (hoffentlich!) stärken. Sinn und Zweck der folgenden Aufgaben ist es, die genannten Punkte Schülern exemplarisch vor Augen zu führen, ohne dabei aber die Anwendung eventuell genauerer Lösungsmethoden außer Acht zu lassen.

Es besteht an dieser Stelle kein zwingender Grund, warum gerade EXCEL zur graphischen Lösung von Problemstellungen herangezogen werden soll. Eine Vielzahl von Mathematikprogrammen kann dafür verwendet werden. Es ist aber meiner Meinung nach die bestechende Einfachheit, mit der in EXCEL diese Form von Problemstellung gelöst werden kann, die für den Einsatz von EXCEL spricht.

Das Erstellen von Graphiken in EXCEL ist rasch geschehen: Durch Markieren eines Zellbereiches, in dem die Abszissenwerte, und eines anderen Zellbereiches, in dem die Ordinatenwerte eingetragen sind, sowie durch das Aufrufen des Diagramm-Assistenten. Zusätzlich erlaubt die Einführung von Bildlau?eisten25 dem Anwender interaktiv tätig zu werden. Dies kann z. B. dazu genutzt werden, einen im Diagramm dargestellten Punkt durch Betätigen des Schiebereglers der Bildlau?eiste in seiner Lage zu variieren (geeignete formelmäßige Verknüpfung vorausgesetzt) und mit einem Punkt, dessen Koordinaten gesucht sind, zur Deckung zu bringen (vergleiche mit Aufgabe 4.1). Eine andere Möglichkeit des Einsatzes von Bildlau?eisten besteht darin, dass mit ihrer Hilfe die Parameter einer Kurve, die zur Lösung einer gegebenen Fragestellung verwendet werden, geändert werden können (vergleiche z. B. mit Aufgabe 4.3).

4.1 Ortsbestimmung

Der Abstand des Punktes P vom Punkt A beträgt ca. 3 , 61km vom Punkt B hingegen ca. 5 , 1km und vom Punkt C sind es ca. 2 , 24km. Die Koordinaten der Punkte A, B, C

lauten: A = (1 | 1), B = (8 | 5), C = (2 | 6). Gesucht sind die Koordinaten des Punktes P.

a) Löse diese Aufgabe näherungsweise graphisch dadurch, dass du in einem x/y -Diagramm drei geeignete Viertelkreise mit den Mittelpunkten A, B, C darstellst.

(Hinweis: Verwende Polarkoordinaten und lasse den Winkel, der den Viertelkreis um A parametrisiert, in 1/100-Schritten zwischen 0 und p / 2 laufen. Für den Viertelkreis um B wähle einen zweiten Winkel, der zwischen p und 3 p / 2 in 1/100-Schritten läuft, und für den Viertelkreis um C wähle einen dritten Winkel, der zwischen 3 p / 2 und 2 p in 1/100-Schritten läuft.26)

Füge nun eine Bildlau?eiste hinzu, mit der du die Koordinaten eines Punktes X, den du ebenfalls im x/y -Diagramm darstellst, variieren kannst. Dabei soll für den Punkt X gelten, dass er auf dem Viertelkreis um den Punkt A läuft.

b) Löse dieselbe Fragestellung mit Hilfe des Solvers. Als Bedingung verlange, dass die Summe der Abstände eines Punktes X, dessen beide Koordinaten variabel sein sollen, von den beiden Punkten A und B gleich der Summe der Abstände des Punktes P von den Punkten A und B, also gleich 3 , 61+ 5 , 1 = 8 , 71km ist. Als Nebenbedingung verwende, dass der Abstand von X nach C gleich dem Abstand des Punktes P von C, also gleich 2 , 24km sein soll. Vergleiche dein Ergebnis mit dem unter a) gewonnenen.

c) Angenommen, der Abstand des Punktes P von den Punkten A, B, C ist auf 0 , 05km bekannt. In unserem Fall soll das heißen, dass der Abstand des Punktes P von A

3 , 61 ± 0 , 05km, von B 5 , 10 ± 0 , 05km und von C 2 , 24 ± 0 , 05km beträgt. Ermittle

in einem neuen x/y -Diagramm jenen Bereich, in dem sich der Punkt P be?nden könnte.

d) Hole Informationen zu folgenden Fragen ein: Glaubst du, kann man eine Person, die sich im Punkt P be?ndet und die ein eingeschaltenes Handy mit sich trägt auf diese Art orten, wenn in A, B und C die Sendeund Empfangsstationen des entsprechenden Mobilfunkbetreibers stehen? Glaubst du wäre eine solche Ortung legal (Hinweis: Datenschutz)? Wer dürfte in welcher Situation solch eine Ortsbestimmung veranlassen?

e) Informiere dich: Du kennst bestimmt ein Positionierungssystem, das ganz legal ist. Genau: GPS, das global positioning system, das satellitenbasiert arbeitet. Wie funktioniert dieses System? Wie viele Satelliten meinst du sind für eine Positionsbestimmung notwendig (begründe)? Wo kommt dieses System überall zum Einsatz? Wer hat dieses Positionierungssystem eingeführt und warum? Warum hat der Betreiber wohl ein Interesse daran, dass mit diesem System, obwohl technisch möglich, im Allgemeinen eine Ortsbestimmung nicht genauer als 5–10m durchgeführt werden kann?

Anmerkungen:

Diese Aufgabe kann bereits in der 7. Klasse oder sogar noch früher durchgeführt werden. Es werden lediglich Kenntnisse in der analytischen Geometrie und Trigonometrie vorausgesetzt. Im Aufgabenteil a) ist es vor allem die Parametrisierung der Viertelkreise durch Polarkoordinaten, die von den Schülern geübt werden und zu dem in Abbildung

4.1 dargestellten Ergebnis führen soll.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4.1: Man sieht neben den drei Punkten A, B, C die Viertelkreise, den gesuchten Punkt P und den mit einer Bildlau?eiste variierbaren Punkt X, der auf dem Viertelkreis um A läuft, und mit dessen Hilfe die Koordinaten von P abgeschätzt werden sollen.

Des Weiteren soll mit der Aufgabe vor Augen geführt werden, dass der Schnitt zweier Kreise im Allgemeinen zu zwei Lösungen führt, und so man nur an einer der beiden interessiert ist, es noch einer zusätzlichen Bedingung bedarf, um diese Lösung festzulegen. Natürlich kann man diesen Punkt der Aufgabe mit der gleichen Genauigkeit schlicht und einfach mit Zirkel, Bleistift und Papier lösen. Man sollte daher den Schülern den Vorteil der Umsetzung mit dem Computer insofern schmackhaft machen, dass man ihnen, sagen wir 10 verschiede Punktetrippel A, B, C vorlegt, für die sie das gestellte Problem lösen sollen. Beim händischen Zeichnen vergeht einem dabei rasch die Lust. Man kann aber auch den Hinweis bringen, dass bei Problemstellungen, bei denen nicht Kreise oder Geraden miteinander geschnitten werden, sondern beliebige andere Kurven, zur graphischen Lösung meist nur der Computer bleibt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4.2: Der von den Kreisbögen (in der Abbildung scheinen diese beinahe geradlinig zu sein) begrenzte Bereich gemäß dem Angabenteil c), in dem sich der Punkt P be?nden könnte, ist in der Abbildung schraffert dargestellt (Die Schraffur wurde nicht mit EXCEL vorgenommen).

Darüber hinaus soll bei der Besprechung dieser Aufgabe mit den Schülern darauf eingegangen werden, dass es gar keine exakte Lösung aufgrund der Wahl der Punkte A, B, C und der entsprechenden Radien der Kreise gibt. Dies gilt auch für den Punkt b) und natürlich insbesondere für den Punkt c), in dem die Schüler aufgefordert sind, sich selbst ein Bild in Form der Abbildung 4.2 von der Situation zu machen. Schlussendlich dienen die Punkte d) und e) dazu einen Bezug zur Realität herzustellen. Die Schüler sollen dabei informationstechnolgisch, physikalisch und rechtlich interessante Aspekte in eigenständiger Recherche zusammentragen.

4.2 Wurfweite am schrägen Hang

Angenommen du stehst auf einer horizontalen Ebene. Wie du wahrscheinlich weißt, erzielst du mit einem Geschoss die größte Reichweite (bei Vernachlässigung des Luftwiderstandes), wenn du es unter einem Winkel von 45 ? gemessen von der Horizontalen abwirfst. Betrachten wir nun den Fall, dass die Ebene auf der du stehst um den Winkel ß gegen die Horizontale geneigt ist (siehe Abbildung 4.3). Unter welchem Winkel a musst du jetzt, bei gleicher Abwurfgeschwindigkeit wie zuvor, ein Geschoss abwerfen, um die maximale Reichweite zu erzielen?2728

Abbildung 4.3: Wurf am schrägen Hang

a) Diese Frage wollen wir vorerst auf graphischem Wege beantworten. Dazu nehmen wir an, dass die Ebene um den Winkel ß = 20 ? gegen die Horizontale geneigt ist, und du das Geschoss mit einer Geschwindigkeit v 0 = 30m/s hangaufwärts abwirfst. (Deine Körpergröße sei vernachlässigt. Du kannst dir auch vorstellen, dass du einen Fußball trittst.) Stelle die Wurfparabel (g = 9 , 81m/s2 ist die Erdbeschleunigung)

x (t) = v 0 t cos(a) ,

g 2

y (t) = v 0 t sin(a) - 2 t

in Abhängigkeit des Abwurfwinkels a, den du mit einer Bildlau?eiste zwischen - 80 ? und 80 ? variieren kannst, in der Zeitspanne zwischen t = 0s und t = 6s in Schritten von 0 , 1s in einem x/y -Diagramm gemeinsam mit der Geraden

y (x) = x tan(ß)

dar. Ermittle nun näherungsweise jenen Abwurfwinkel a, bei dem der Schnittpunkt von der Wurfparabel und der Ebene am weitesten vom Abwurfpunkt entfernt ist.

b) Die graphische Lösung erlaubt nur eine grobe Abschätzung des Abwurfwinkels a, bei dem die maximale Reichweite erzielt wird. Aus obigen Gleichungen kannst du den Schnittpunkt der Wurfparabel mit der Ebene ermitteln. Für die x -Koordinate dieses Schnittpunktes gilt (zeigen!):

2 v 2 . sin(2 a)

[...]


1Sollte im Folgenden von Schule die Rede sein, dann ist stets eine allgemeinbildende höhere Schule gemeint.

2Abrufbar z. B. unter: http//:archiv.bmbwk.gv.at/medienpool/11859/lp neu ahs 07.pdf (29.6.2007).

3Der Leser geht richtig in der Annahme, dass Physik mein Zweitfach ist.

4Wenn ich in dieser Arbeit ausschließlich die männliche Form verwende, so zum Zweck der einfacheren und ?üssigeren Lesbarkeit des Textes. Schüler“, nicht geschlechtstypisch. ” Lehrer“, ... sind stets ” berufsbezeichnend“ gemeint, ”

5In diesem Zusammenhang erhebe ich keinerlei Anspruch auf eine vollständige Ausschöpfung dieses Themenkreises. Ich erachte mich in dieser Frage auch keineswegs kompetent und werde in den entsprechenden Kapiteln aus der Literatur zitieren und auf diese verweisen.

6EXCEL nimmt keine Rücksicht auf die Groß- und Kleinschreibung von Befehlen, d. h. der Befehl SIN zur Berechnung eines Sinuswertes wird genauso akzeptiert wie z. B.: sIn.

7Sehr schöne Darstellungen von diversen Rechenmaschinen aus dieser Zeit und anderen Epochen ?nden sich z. B. in [12] und [14].

8Eine detaillierte Übersicht der historischen Entwicklung der Computerhardware ?ndet man in [14].

9Der Autor dieser Arbeit kann dies bezeugen, da er zum ersten Jahrgang gehörte, der im Schuljahr 87/88 in der 5. Klasse einer AHS ein halbes Jahr verp?ichtenden und ein halbes Jahr freiwilligen Computerunterricht hatte. Man brachte uns damals die Programmiersprache Basic auf einem C64 bei. In den weiteren Schulstufen war kein Informatikunterricht vorgesehen.

10Während meines Studiums der Technischen Physik an der TU-Wien in den 90er Jahren machte ich mit dieser Programmiersprache Bekannschaft.

11Die in diesem Kapitel dargestellte Entwicklung des Einsatzes der Anwendersoftware im Schulunterricht ist teilweise aus [23, S. 14ff] übernommen.

12In der Tat hat der Autor dieser Arbeit seine ersten Erfahrungen mit dem Tabellenkalkulationsprogramm MS-EXCEL während seiner Tätigkeit im Controlling-Bereich eines US-amerikanischen Konzerns gemacht.

13Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es sich bei GEOGEBRA nicht um ein reines Geometriprogramm handelt, sondern es schafft eine Verbindung zwischen Geometrie und Algebra. D. h. es gibt neben einem Geometrie-Fenster“ auch ein ” hen soll), in dem Punktkoordinaten, Funktionsgleichungen, Gleichungen von Kreisen und Geraden, etc. Fenster“ übertragen sich simultan auf das andere. ”

14Excel, engl.: sich hervortun, sich auszeichnen.

15Dieses umfasst neben EXCEL das Textverarbeitungsprogramm Microsoft WORD, das Präsentationsprogramm Microsoft POWER POINT und das Datenbankprogramm Microsoft ACCESS.

16Ist die Spalte Z erreicht so wird die Kennzeichnung mit AA, AB, ... fortgesetzt.

17Der Solver wird bei der Standardinstallation des Microsoft Offce Packetes nicht mitinstalliert. Bei Bedarf muss er nachträglich installiert werden. Dazu wählt man aus dem Menü Extras“ den Add-Ins- ” Manager“ und klickt das Kästchen Solver“ an. Nach dem Drücken der ” OK“-Schalt?äche wird man ” aufgefordert die Microsoft Offce Installations-CD einzulegen, von der anschließend der Solver installiert wird. Nun kann der Solver über das Menü Extras“ und den Eintrag Solver“ aufgerufen werden. ”

18Microsoft EXCEL Solver verwendet den nichtlinearen Optimierungscode GRG2 (Generalized Reduced Gradient), der von Leon Lasdon, University of Texas in Austin, und Allan Waren, Cleveland State University, entwickelt wurde. Bei linearen und ganzzahligen Problemen werden die Simplexmethode, bei der die Variablen Beschränkungen unterliegen, und die Branch-and-bound-Methode verwendet, die von John Watson und Dan Fylstra bei Frontline Systems, Inc. entwickelt wurde.

19In vielen Schulbüchern gibt es Anregungen dazu.

20Sehr interessante Beispiele zum Thema Diagramme ?nden sich z. B. in [20].

21Auf Optimierungshilfen wie den Solver, muss in diesem Fall aber verzichtet werden.

22Es gibt keine Möglichkeit sich mehr Stellen anzeigen zu lassen.

23Abrufbar z. B. unter: http//:archiv.bmbwk.gv.at/medienpool/11859/lp neu ahs 07.pdf (29.6.2007).

24Hinweise zur Durchführung spezieller Berechnungsmethoden wie Matrixoperationen oder die Ausnutzung von Zirkelbezügen sowie die Zielwertsuche in EXCEL ?ndet der Leser im Anhang B (Seite 155).

25Johann Wolfgang Goethe, Faust I.

26Diese erhält man, indem man vorerst aus dem Menü ” ht“ den Eintrag ” bolleisten“ und hier Ansic Sym Formular“ auswa¨hlt. Durch einen Klick auf die entsprechende Schalt?äche und Ziehen des Cursors bei gedrückter linker Maustaste über dem Tabellenblatt erhält man eine Bildlau?eiste. Durch Anklicken der Bildlau?eiste mit der rechten Maustaste und der Wahl des Punktes ” sich ein Fenster, in dem die nötigen Einstellungen für die Bildlau?eiste vorgenommen werden können.

27EXCEL rechnet in Radiant.

28Ableitungen zu den in dieser Aufgabe angegebenen Gleichungen ?nden sich im Anhang A.2, Seite 141.

Ende der Leseprobe aus 164 Seiten

Details

Titel
Das Tabellenkalkulationsprogramm MS-EXCEL im Mathematikunterricht der Oberstufe
Untertitel
Anwendungsorientierte Beispiele, Möglichkeiten, Grenzen und Analysen
Hochschule
Universität Wien  (Mathematik)
Note
1
Autor
Jahr
2007
Seiten
164
Katalognummer
V115994
ISBN (eBook)
9783640175857
ISBN (Buch)
9783640175987
Dateigröße
13947 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tabellenkalkulationsprogramm, MS-EXCEL, Mathematikunterricht, Oberstufe
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing., Mag. Philipp John (Autor:in), 2007, Das Tabellenkalkulationsprogramm MS-EXCEL im Mathematikunterricht der Oberstufe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115994

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