1 Einleitung
Die grundlegende Motivation zu dieser Arbeit entstammte dem Willen, eine Diplomarbeit mit praktischem Bezug zu erarbeiten und dies in der Region, in der sich mein Lebensmittelpunkt befindet. Eine umweltrelevante Erhebung, die für Karlsruhe noch nicht vorlag, war eine Karte zur Darstellung des Bodenversiegelungsgrades. Eine Totalerhebung durch direkte Kartierung schied wegen des hohen Aufwandes aus. Da das Umweltamt der Stadt Karlsruhe dabei ist, ein geographisches Informationssystem (GIS) aufzubauen und wegen der Entwicklung in der Geographie hin zur digitalen Verarbeitung, beschloß ich, den Bodenversiegelungsgrad aus digitalen Daten zu ermitteln. Es bot sich hier an, multispektrale Satellitendaten zu verwenden. Hierzu lagen bereits Erfahrungen vor. (KLAEDTKE 1991; ACHEN 1993; SPITZER 1996)
Schon bei den Vorbereitungen zeigte sich, daß die Probleme nicht im Verstehen der Grundlagen der Arbeitsmethoden lagen, sondern in der Finanzierung und im Umgang mit dem Computer bestand. Die Fragestellung wurde dahingehend erweitert, ob es möglich ist, mit relativ geringem finanziellem Aufwand und ohne Expertenwissen multispektrale Satellitendaten auszuwerten.
Die Diplomarbeit zielt daher einerseits darauf, eine Karte des Bodenversiegelungsgrades der Siedlungsfläche der Stadt Karlsruhe zu erstellen. Andererseits wird geprüft, ob auch Ortsgruppen von Umweltverbänden oder Schulklassen den Bodenversiegelungsgrad über Satellitenbilder abschätzen können.
Die Arbeit soll als Arbeitsgrundlage für Nicht-ExpertInnen dienen können. Der Text ist daher so einfach geschrieben, daß er möglichst auch von wissenschaftlich nicht geschulten Menschen verstanden werden kann, aber trotzdem den Anforderungen einer wissenschaftlichen Arbeit genügt. Um die Arbeit am Computer zu vereinfachen, werden im Anhang die Arbeitsschritte für die verwendeten Computerprogramme dargestellt.
Die Länge vieler wissenschaftlicher Arbeiten ist für viele Menschen bereits ein Hindernis dieses durchzulesen. Daher wird auf Kürze geachtet.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Problematik Bodenversiegelung
2.1 Bodenversiegelung als Teil der Bodenschutzproblematik
2.2 Definitionen der Bodenversiegelung
2.3 Ökologische Wirkungen von Bodenversiegelung
3 Schwierigkeiten bei der Erfassung des Versiegelungsgrads
3.1 Amtliche Statistik
3.2 Möglichkeiten der Ermittlung des Bodenversiegelungsgrades
3.2.1 Flächendeckende terrestrische Kartierung
3.2.2 Ermittlung des Versiegelungsgrades anhand von Nutzungs- und Strukturtypen
3.2.3 Visuelle Auswertung von Farbinfrarot-Luftbildern
3.2.4 Erfassung aus Flugzeugscannerdaten
3.2.5 Erfassung aus Satellitenscannerdaten
4 Arbeitsgebiet
4.1 Naturräumliche Einheiten
4.2 Siedlungsfläche
5 Fernerkundung mit Satellitenscannern
5.1 Grundlagen der Fernerkundung mit Satellitenscannern
5.2 Anwendung im Siedlungsbereich
6 Kurzbeschreibung des verwendeten Verfahrens
7 Verwendete Hard- und Software
8 Datengrundlage
9 Erstellung der Bodenversiegelungskarte
9.1 Geometrische Entzerrung des Satellitenbildes
9.2 Ermittlung des Flächenanteils der Vegetation
9.2.1 Erstellung von Vegetationsindizes
9.2.2 Erstellung von Referenzdaten (terrestrische Kartierung)
9.2.3 Zusammenhang zwischen terrestrisch kartiertem Flächenanteil der Vegetation und den Vegetationsindizes
9.2.4 Kalibrierung des Vegetationsindex
9.3 Ermittlung des Versiegelungsgrades
9.4 Überprüfung der Ergebnisse
10 Ermittlung des Versiegelungsgrades der Siedlungsfläche
11 Bestimmung der Versiegelungsschwerpunkte Karlsruhes und möglicher Entsiegelungpotentiale
12 Kosten des Verfahrens
13 Bearbeitung durch nicht wissenschaftlich geschulte Personen
14 Perspektive
Danksagung
Literaturverzeichnis
Anhang: Arbeitsschritte am Computer
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Verhältnis der Bildelemente des ursprünglichen Bildes zu den des entzerrten Bildes
Abb. 2: Resamplingmethoden
Abb. 3: Reflexionskurve von Unbewachsenen Böden, Vegetation und Wasser
Abb. 4: Beispielplan zur terrestrischen Erhebung
Abb. 5: Transformation des NDVI
Abb. 6: Zusammenhang zwischen Flächenanteil der Vegetation und dem versiegelten Anteil unter der Vegetation
Abb. 7: Abschätzfunktion für den Versiegelungsgrad
Abb. 8: Linien im Raster- und Vektorformat
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Siedlungstypen nach städtebaulichen Kennziffern (Karlrsuher Modell)
Tab. 2: Orientierungswerte für zu erwartende Versiegelungswerte und Grünflächen auf Tiefgaragen (TG)
Tab. 3: Zunahme der Siedlungsfläche 1975 – 1995
Tab. 4: Korrelationskoeffizient der Vegetationsindizes zu dem terrestrisch kartierten Flächenanteil der Vegetation
Tab. 5: Korrelationskoeffizient und durchschnittliche Abweichung zweier Kalibrierungsmöglichkeiten
Tab. 6: Abgeschätzter Versiegelungsgrad der Stadtviertel
Kartenverzeichnis
Karte 1: Entwicklung des Karlsruher Stadtgebietes seit 1715
Karte 2: Naturräumliche Gliederung
Karte 3: Siedlungsfläche 1850
Karte 4: Siedlungsfläche 1911
Karte 5: Siedlungsfläche 1940
Karte 6: Siedlungsfläche 1955
Karte 7: Siedlungsfläche 1973
Karte 8: Siedlungsfläche 1997
Karte 9: Verwaltungsgliederung
Karte 10: Bodenversiegelungsgrad des
Siedlungsgebietes Karlsruhe
1 Einleitung
Die grundlegende Motivation zu dieser Arbeit entstammte dem Willen, eine Diplomarbeit mit praktischem Bezug zu erarbeiten und dies in der Region, in der sich mein Lebensmittelpunkt befindet. Eine umweltrelevante Erhebung, die für Karlsruhe noch nicht vorlag, war eine Karte zur Darstellung des Bodenversiegelungsgrades. Eine Totalerhebung durch direkte Kartierung schied wegen des hohen Aufwandes aus. Da das Umweltamt der Stadt Karlsruhe dabei ist, ein geographisches Informationssystem (GIS) aufzubauen und wegen der Entwicklung in der Geographie hin zur digitalen Verarbeitung, beschloß ich, den Bodenversiegelungsgrad aus digitalen Daten zu ermitteln. Es bot sich hier an, multispektrale Satellitendaten zu verwenden. Hierzu lagen bereits Erfahrungen vor. (KLAEDTKE 1991; ACHEN 1993; SPITZER 1996)
Schon bei den Vorbereitungen zeigte sich, daß die Probleme nicht im Verstehen der Grundlagen der Arbeitsmethoden lagen, sondern in der Finanzierung und im Umgang mit dem Computer bestand. Die Fragestellung wurde dahingehend erweitert, ob es möglich ist, mit relativ geringem finanziellem Aufwand und ohne Expertenwissen multispektrale Satellitendaten auszuwerten.
Die Diplomarbeit zielt daher einerseits darauf, eine Karte des Bodenversiegelungsgrades der Siedlungsfläche der Stadt Karlsruhe zu erstellen. Andererseits wird geprüft, ob auch Ortsgruppen von Umweltverbänden oder Schulklassen den Bodenversiegelungsgrad über Satellitenbilder abschätzen können.
Die Arbeit soll als Arbeitsgrundlage für Nicht-ExpertInnen dienen können. Der Text ist daher so einfach geschrieben, daß er möglichst auch von wissenschaftlich nicht geschulten Menschen verstanden werden kann, aber trotzdem den Anforderungen einer wissenschaftlichen Arbeit genügt. Um die Arbeit am Computer zu vereinfachen, werden im Anhang die Arbeitsschritte für die verwendeten Computerprogramme dargestellt.
Die Länge vieler wissenschaftlicher Arbeiten ist für viele Menschen bereits ein Hindernis dieses durchzulesen. Daher wird auf Kürze geachtet.
2 Problematik Bodenversiegelung
2.1 Bodenversiegelung als Teil der Bodenschutzproblematik
Die Diskussion über die zunehmende Belastung der Böden und damit die Notwendigkeit seines Schutzes begann bereits 1961 mit der ”Grünen Charta von der Mainau”. Schon hier wurde sehr stark auf den Bereich Landschaftsverbrauch Bezug genommen. (vgl. G. OLSCHOWY, 1980)
In den 80ern bekam der Bereich Umweltvorsorge in der Politik stärkeres Gewicht. In diesem Zusammenhang verabschiedete die Bundesregierung 1985 die ”Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung” (BUNDESTAG / Drucksache 10/2977), in welcher der Boden als wichtiges Umweltgut gesehen wird und damit verstärkt gegen schädliche Einflüsse geschützt werden muß. Neben dem Eintrag von schädlichen Stoffen in den Boden und mechanischer Zerstörung der Bodenstruktur wird der Flächenverbrauch für Siedlungen und die damit verbundene Überbauung (Versiegelung) als Problem gesehen. Es wird die ”Begrenzung der Versiegelung des Bodens durch Baumaßnahmen” (BUNDESTAG / Drucksache 10/2977, S. 129) gefordert.
Im Städtebaulichen Bericht von 1986 werden konkrete Maßnahmen zum Schutz des Bodens in der Planung im städtischen Bereich vorgeschlagen. Hierin haben Maßnahmen gegen Bodenversiegelung ein starkes Gewicht.
Der Bericht stellt fest, daß die Informationen zur Bodenbelastung, die bereits vorliegen, einen verstärkten Bodenschutz zur Folge haben müssen. ”Die Datenbasis reicht jedoch nicht aus, um bei konkreten, schwierigen Entscheidungen über eine Inanspruchnahme z.B. Belastbarkeitsgrenzen des Bodens zu definieren.” (BUNESTAG / Drucksache 10/5999, S. 29/30) Um das vorhandene Datendefizit im Bereich Bodenversiegelung zu beheben, wird eine flächendeckende Bestimmung des Bodenversiegelungsgrades vorgeschlagen, unter der Bedingung, daß der Erhebungsaufwand im angemessenen Verhältnis zur Datennutzung steht. Der Nutzen für die Planung besteht besonders darin, Vorranggebiete für Entsiegelungsmaßnahmen bestimmen zu können und bei Neuplanungen die Versiegelungswerte der Umgebung miteinbeziehen zu können. Einen Versuch, die Kosten des Erhebungsaufwands gering zu halten, stellt diese Arbeit dar.
2.2 Definitionen der Bodenversiegelung
Die meisten Untersuchungen zum Thema Bodenversiegelung arbeiten mit der Definition von Böcker (1985, S. 58). Als Bodenversiegelung wird dabei eine mit baulicher Nutzung in Zusammenhang stehende Veränderung der Bodenoberfläche verstanden: ”Bodenversiegelung bedeutet, daß offener Boden sehr stark verdichtet und mit impermeablen Substanzen wie Teer, Beton oder Gebäuden bedeckt wird. Die Austauschvorgänge zwischen Boden und Atmosphäre, die sowohl den abiotischen Bereich – wie Versickerung oder umgekehrt Verdunstung von Bodenwasser, Luftaustauschprozesse zwischen Boden und Luft – als auch den biotischen Bereich betreffen, werden unterbunden. Lebensvorgänge sind unter versiegelten Flächen in der Regel nicht möglich. Oragnismen im Boden haben unter einer Teerdecke keine Überlebensmöglichkeit; Pflanzen können hier nicht wachsen.”
Nach dieser Definition kann Boden in zwei Klassen eingeteilt werden: versiegelt (Wasser undurchlässig) und unversiegelt (Wasser durchlässig). Aus dieser Definition ergibt sich dann die Definition des Versiegelungsgrades (VSG). Er gibt den Anteil der versiegelten Fläche an der betrachteten Gesamtfläche an. Diese Abstraktion wird aber der Situation im bebauten Bereichen nicht völlig gerecht. Häufig kommt es zur Verdichtung des Bodens ohne völlige Unterbindung der Austauschvorgänge. Beispiele hierfür sind geschotterte oder gepflasterte Wege. Schulz, H.-D. und andere entwickelten daher 1984 die Bodenfunktionszahl (BFZ). Sie ist ein Maß für die Versiegelung einer bestimmten Fläche, wobei im Unterschied zum VSG die einzelnen Oberflächenmaterialien nach ihrer spezifischen Wasserdurchlässigkeit gewichtet werden.
Aus ökologischer Sicht bestimmt sich die Funktionsfähigkeit von Flächen nicht nur durch ihre Wasserdurchlässigkeit. Flora und Fauna spielen eine weitere wichtige Rolle. Daher wird häufig der Flächenanteil der Vegetation (FAV) bestimmt. FAV gibt den Anteil der auf die Erdoberfläche projizierten Vegetationsfläche an der Gesamtfläche an. (Bei senkrechtem Sonnenstand gibt der Schatten eines Baumes seine Vegetationsfläche an, nicht sein Stamm.) Die räumliche Erweiterung der FAV stellt die Grünvolumenzahl (GVZ) dar. GVZ ist ein Maß für das Grünvolumen, das in einer bestimmten Fläche enthalten ist, wobei es sich um eine Abschätzung auf der Basis von Höhe und Form der Vegetation handelt.
2.3 Ökologische Wirkungen von Bodenversiegelung
Wie schon aus der Definition der Bodenversiegelung ersichtlich wird, hat Bodenversiegelung Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, das Klima sowie die Tier- und Pflanzenwelt. Über diese Auswirkungen gibt es umfassende Literatur. Eine quantitative Ermittlung der Auswirkungen ist nicht immer möglich. Wirkungsrichtung und Qualität der Folgen von Bodenversiegelung sind aber weitgehend nachgewiesen. An dieser Stelle wird nur eine Übersicht der Folgen durch Stichworte wiedergegeben und auf die ausführliche Zusammenfassung in ”Städtbauliche Lösungsansätze zur Vermeidung der Bodenversiegelung als Beitrag zum Bodenschutz” (BMBau, 1988)[1] hingewiesen.
Wichtigste Auswirkungen der Bodenversiegelung:
1. Auswirkungen auf den Wasserhaushalt
- Veränderung des Bodenwasserhaushaltes / verminderter Feuchtigkeitsgrad
- Verringerung der Grundwasserneubildung
- Erhöhung des Oberflächenabflusses von Niederschlagswasser
- Beeinflussung der Grundwasserqualtität
2. Auswirkung auf das Siedlungsklima
- höhere Durchschnittstemperaturen infolge veränderter
Strahlungsbilanz
- Verringerung der Luftfeuchte
- Windschwäche und Verringerung des Frischluftaustausches
3. Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt
- Verringerung des Vegetationsbestandes
- Verdrängung wenig anpassungsfähiger Arten
- Verinselung von Biotopen
- Zunahme der Anzahl nicht standorttypischer, wärmeliebender Arten
Alle diese ökologischen Auswirkungen haben direkt oder indirekt Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Menschen.
3 Schwierigkeiten bei der Erfassung des Versiegelungsgrads
3.1 Amtliche Statistik
In den amtlichen Statistiken der Bundesrepublik Deutschland werden die Arten der Flächennutzung quantitativ erfaßt. Grundlage dieser Daten sind die Kategorien der Flächennutzungspläne. Es wird dabei unterschieden in Bebaute Fläche, Verkehrsflächen, öffentliche Parks und Grünflächen, Friedhöfe, Sport- und Spielflächen, Gartenland, Landwirtschaftliche Fläche, Forstwirtschaftliche Fläche, Gewässer und Sonstiges. Erfaßt werden die Flächen, auf der die entsprechende Nutzung zugelassen ist. Welche Anteile dieser Flächen tatsächlich von Bebauung (Hausbauten, Straßen,...) eingenommen werden oder unversiegeltem Boden (Gärten, Straßenrandstreifen,...) zuzuordnen sind, kann aus der Statistik nicht herausgelesen werden. Es kann lediglich der sogenannte Flächenverbrauch berechnet werden. Hiernach waren für ”Siedlungszwecke” (Bebaute Fläche, Verkehrsflächen, öffentliche Parks und Grünflächen, Friedhöfe, Sport- und Spielflächen und Gartenland) 1950 1,86 Millionen ha (7,5 % der Geamtfläche)und 1985 3,11 Millionen ha (12,5 % der Gesamtfläche) in den alten Ländern der BRD ausgewiesen. (RACH 1987, S. 28) Der Wert lag 1997 bei 3,3 Millionen ha (13,3 % der Geamtfläche).
Die in dieser Statistik benutzte Untergliederung der Siedlungsfläche ist zu undifferenziert, um für die einzelnen Typen durchschnittliche Bodenversiegelungsgrade anzugeben.
Eine differenzierte Nutzungstypen-Systematik exitiert inzwischen beim Statistische Bundesamt. Bei STABIS werden ”Baulich geprägte Flächen” nach Baustruktur und Nutzung gegliedert. Zur Erhebung von Versiegelungsgraden reicht auch die Gliederungstiefe dieser Systematik nicht aus. (BERLEKP et al. 1990)
3.2 Möglichkeiten der Ermittlung des Bodenversiegelungsgrades
3.2.1 Flächendeckende terrestrische Kartierung
Eine Kartierung, die durch Begehung durchgeführt wird, ist die genaueste Methode, um den Versiegelungsgrad zu erheben. Es kann neben dem Flächenanteil der Vegetation und dem Versiegelungsgrad die Bodenfunktionszahl und Grünvolumen erfaßt werden. Nachteil des Verfahrens ist der große Arbeitsaufwand pro Flächeneinheit und die Schwierigkeit, nicht jedes Privatgrundstück begehen oder einsehen zu können. Flächendeckend wird diese Methode nur selten eingesetzt.
In der Stuttgarter Innenstadt wurde der Versiegelungsgrad im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erhoben. (LANDESHAUPTSTADT STUTTGART STADTPLANUNGSAMT 1987, S. 18)
Bodenfunktionszahl (BFZ) und Grünvolumenzahl (GVZ) wurden von 9 Diplomanden in Heidelberg großflächig kartiert. Diese Daten wurden von HUPFER (1994) in der Untersuchung des Energiehaushalts und von KARRASCH und SEITZ (1995) in der Stadtklimauntersuchung als klimarelevante Flächenparameter eingesetzt.
Die Methode wird sonst hauptsächlich eingesetzt für kleinere Flächen, um Daten zum Vergleich mit anderen Erhebungsmethoden zu erhalten. (Referenzdaten)
3.2.2 Ermittlung des Versiegelungsgrades anhand von Nutzungs- und Strukturtypen
Grundlage diese Verfahren ist die Ermitteln von durchschnittlichen Versiegelungsgraden für verschiedene Nutzungstypen und Baustrukturtypen. Durchschnittswerte wurden für das Stadtgebiet Berlin/West Anfang der 80er Jahre erhoben. Die verschiedenen Nutzungstypen und Baustrukturen konnten in fünf Klassen zusammengefaßt werden. (BÖCKER 1985) Diese Untersuchung war Teil der Erhebungen für den Umweltatlas Berlin. In der dabei entstandenen Karte der Stadtökologischen Raumeinheiten werden für die unterschiedlichen
Ökochoren (ökologische Raumeinheiten) Versiegelungsgrade angegeben. (SUKOPP 1990 Beilage)
Für das Hamburger Landschaftsprogramm bildete BERLEKAMP (86) 10 Versiegelungsklassen (Klassenbreite 10%). Die verschiedenen Baustrukturen von Wohngebieten wurden in drei Gruppen der ”Versiegelungstreue” eingeteilt. Baustrukturen, die der ersten Gruppen zugeordnet werden, können einer Versiegelungsklasse zugeordnet werden. In den Gruppen zwei und drei werden die Baustrukturtypen mehreren Versiegelungsklassen zugeordnet. Die Schwankungsbreite des Versiegelungsgrades ist bei diesen Baustrukturtypen größer als zehn Prozentpunkte.
Bsp.:
Reihenhausbebauung:
Versiegelungstreue hoch Versiegelungsklasse 6
(50-60% versiegelt)
Neubauten mit Hochhäuser:
Versiegelungstreue gering Versiegelungsklassen 6–9
(50-90% versiegelt)
Zur Ermittlung des Versiegelungsgrades nach dieser Methode müßte der Bearbeiter dann Nutzungstyp und Baustruktur der Flächen ermitteln und sie in Beziehung zu den Durchschnittswerten setzen.
Neuere Arbeiten, die mit dieser Methode arbeiten, liegen für Dresden vor. 1993 wurden dabei durchschnittliche Versiegelungsgrade für 9 Strukturtypen von Wohngebieten ermittelt. Die Dresdner Daten und die Befragung anderer Städte waren Grundlage der Erhebung. (HEBER / LEHMANN 1993)
1996 wurde für 61 Typen der STABIS-Klassifizierung der durchschnittliche Versiegelungsgrad für Dresden ermittelt. Dabei wurden alle Bodennutzungstypen einbezogen, die auf der Siedlungsfläche vorhanden waren. (HEBER / LEHMANN 1996)
Im Rahme der in Kapitel 3.2.1 erwähnte Untersuchung zum Stadtklima Heidelbergs wurden nicht nur die Bodenfunktionszahl und die Grünvolumenzahl für das Siedlungsgebiet fast flächendeckend erhoben, sondern auch diese Werte in Bezug zu Bebauungstypen gesetzt, die sich aus Nutzung und Struktur zusammensetzten (Bsp.: Wohnbebauung Einzelhausbebauung engabständig).
Auch hier waren die Wertespannen innerhalb einzelner Bebauungstypen zum Teil hoch. (GRIMM 1990)
In der Planung wird meist mit sehr vereinfachten Bewertungen gearbeitet. Die Karlsruher Stadtverwaltung arbeitet für die Ermittlung von nötigen Ausgleichsmaßnahmen für neue Projekte bei Bebauungsplan- und Flächennutzungsplanverfahren mit einer Bewertungsfaktortabelle. Ein Bewertungsfaktor ist die Bodenversiegelung. Es wurden Orientierungswerte für Gewerbegebiete und vier Wohngebietstypen aus bereits umgesetzten Bebauungsplänen ermittelt. Die Klassifizierung der Wohngebietstypen richtet sich nach Wohnungsdichte und Bauform.
(HENZ 1998 und SCHNAPAUFF 1998)
Tab. 1: Siedlungstypen nach städtebaulichen Kennziffern (Karlsruher Modell)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
*Bei der Wohungsdichte handelt es sich um die ”vereinfachten Orientierungswerte”. Die Wohnungsdichte ist die Anzahl der Wohneinheiten (WE) je ha Bruttobauland. Unter Bruttobauland werden die Baugrundstücke zuzüglich der zugehörigen Erschließungs- und Grünflächen verstanden.
Tab. 2: Orientierungswerte für zu erwartende Versiegelungswerte und Grünflächen auf Tiefgaragen (TG)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.2.3 Visuelle Auswertung von Farbinfrarot-Luftbildern
Dieses Verfahren wird häufig für Vegetationsaufnahmen verwendet, wurde aber auch schon mehrmals zur Ermittlung des Versiegelungsgrades herangezogen. Allerdings ist das Erkennen von versiegelten Flächen durch Betrachtung von Luftbildern und die Vermessung der Flächen zeitaufwendig. Die Erstellung der Luftbilder ist teuer. Das Verfahren wird daher nur eingesetzt, wenn Luftbilder für andere Untersuchungen erstellt wurden.
Ein weiteres Problem besteht darin, daß sich aus der Vogelperspektive die versiegelten Flächen unter der Vegetation nicht erkennen lassen (Straßen unter Bäumen). Das Verfahren wurde zum Beispiel 1977 von MAHLER / STOCK, 1985 von BÖCKER und 1993 von ACHEN benutzt.
3.2.4 Erfassung aus Flugzeugscannerdaten
Flugzeugscannerdaten, die eine Auflösung bis zu 1 m aufweisen, werden meist nur zu Forschungszwecken eingesetzt. Die hohen Kosten der Befliegung und die Schwierigkeiten der Entzerrung stehen der flächendeckenden Erfassung von Vegetation und Versiegelungsgrad entgegen.
1995 ermittelte Manfred Sties Versiegelungsdaten für die Neuberechnung des Abwasserkanalnetzes der Gemeinde Engelskirchen durch Klassifizierung von Flugzeugscannerdaten. Der Zuverlässigkeitsgrad lag bei etwa 90 %. (STIES 1996, S. 35)
3.2.5 Erfassung aus Satellitenscannerdaten
Satellitenscannerdaten stehen seit Mitte der 80er Jahre in einer relativ guten Auflösung zur Verfügung. Multispektrale Sensordaten haben momentan eine geometrische Auflösung von 20-30 m und bis zu 7 Spektralkanäle. Die Satellitensensoren scannen regelmäßig fast jedes Gebiet der Erde. Die Daten sind käuflich erhältlich. Die geometrische Entzerrung und Verarbeitung der Daten ist bereits Routine. Auch entsprechende Verarbeitungssoftware ist in jeder Preislage erhältlich. Als Nachteil ist die im Vergleich schlechte Auflösung zu sehen. Die Aktualität von Satellitenbildern, die durch das regelmäßige Überfliegen bedingt ist, wird relativiert dadurch, daß für eine flächendeckende Auswertung die Atmosphäre des entsprechenden Bereichs möglichst klar sein muß (keine
Wolken). Bei der Ermittlung des Versiegelungsgrades mit Satellitenbildern besteht die gleiche Schwierigkeit wie bei Luftbildern und Flugzeugscannerdaten: Die Bodenversiegelung unter der Vegetation kann nicht direkt erfaßt werden.
Der große Vorteil dieser Verfahren liegt im geringen Zeit- und Kostenaufwand.
4 Arbeitsgebiet
Das Untersuchungsgebiet umfaßt den Stadtkreis Karlsruhe, der seine heutige Form nach den Eingemeindungen Anfang der siebziger Jahre erhielt. Es umfaßt eine Fläche von rund 17.345 ha
Karlsruhe erfuhr seit seiner Gründung 1715 eine kontinuierliche Vergrößerung durch Eingemeindungen:
1715: 158 ha 1914: 4.500 ha
1812: 265 ha 1930: 6.505 ha
1867: 283 ha 1939: 12.312 ha
1896: 1.282 ha 1975: 17.345 ha
(Statistisches Jahrbuch der Stadt Karlsruhe 1991)
Karte 1: Entwicklung des Karlsruher Stadtgebietes seit 1715
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Statistisches Jahrbuch der Stadt Karlsruhe 1991)
4.1 Naturräumliche Einheiten
Durch diese Erweiterungen besitzt Karlsruhe Gebiete in allen naturräumlichen Einheiten, die zwischen 49,09° und 48,94° nördlicher Breiten in und an der westlichen Oberrheinebene (8,28° - 8,54° östlicher Länge) anzutreffen sind. Der Grabenbruch, der zur Ausbildung der Oberrheinebene geführt hat, prägt das Gebiet.
Dies sind nach dem Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands von West nach Ost folgende Haupteinheiten: Die nördliche Oberrhein-Niederung, die Hardtebene und der Kraichgau. Die Haupteinheiten durchziehen das Gebiet von Südwest nach Nordost.
In der staatlichen Planung wird die weitere Unterteilung der Haupteinheiten durch die Geographischen Landesaufnahmen übernommen (AMT FÜR LANDESKUNDE 1952, Bl. 160, 161, 169, 170). Der Landschaftsplan gibt folgende naturräumliche Einheiten an:
-Nördliche Oberrhein-Niederung:
Optisch prägen die Altrheinarme dieses Gebiet. Diese ehemaligen Flußmäander des Rheins sind nach der Begradigung und Eindeichung des Rhein durch den Ingenieur Tulla entstanden. Die außerhalb der Eindeichung befindlichen Gebiete sind heute weitgehend entwässert. Der Grundwasserstand unter den nährstoffreichen Auelehmen oder Schlicken über Sand und Kies liegt trotz Regulierung nur bei 0,5 bis 2 m Tiefe. Wegen der guten Böden wird das Gebiet intensiv landwirtschaftlich genutzt. Am Ostrand sind moorige Bereiche zu finden. Im Überschwemmungsbereich des Rhein befinden sich größere Reste der natürlichen Auewälder. Die Untergliederung in Maxauer und Karlsruher Rheinniederung spielt hier keine Rolle.
-Hardtebene:
-Karlsruher und Obere Hardt:
Trockene sandige Ebene über durchlässigem Kies und Sand; einzelne Sanddünen, Dünenreihen und aufgewehte Feinsande sind zu finden. Das Grundwasser liegt in 3 – 11 m Tiefe. Der ursprüngliche Buchen-Eichenwald ist meist durch Kiefernforste ersetzt. Landwirtschaft findet sich an den West- und Osträndern. Der sandige Boden ist für Spargelanbau geeignet.
-Alb-Pfinz-Saalbach-Niederung (Kinzig-Murg-Rinne):
Diese Rinne ehemalig parallel zum Rhein verlaufender ”Flußtäler” ist im Bereich zwischen Ettlingen und Weingarten besonders stark verzweigt. Das Niveau der Rinne liegt 1-3 m tiefer als das der Hardt. Das Grundwasserniveau ist 0 – 2 m unter Grund. Auf den lehmigen Böden gibt es neben intensiver Landwirtschaft und Gartenbau noch große Bereiche von Auenwäldern.
-Vorbergzone:
Diese durch die Staffelbruchtektonik des Rheingrabens entstandene lößbedeckte naturräumliche Einheit schließt sich nur südlich von Durlach an die Kinzig-Murg-Rinne an und nennt sich hier Ettlinger Randhügel.
-Kraichgau:
Die Karlsruher Gemarkung ist in diesem Bereich weitgehend der Westlichen Pfinzgau zuzuordnen. Lediglich die ”Grötzinger Berge” gehören zu den Bruchsaler Randhügeln und die Orte Grünwettersbach und Palmbach zur Pfinz-Alb-Platte. “Ausgedehnte, vorwiegend ackerbaulich genutzte Wellenkalkrücken, an der Oberfläche z. T. lößlehmbedeckt” prägen das Gebiet. (INSTITUT FÜR LANDESKUNDE, Bl.170 S. 54)
Karte 2: Naturräumliche Gliederung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Maßstab 1 : 100.000
(aus Entwurf Landschaftsplan 2010 des Nachbarschaftverbandes Karlsruhe)
4.2 Siedlungsfläche
Gemeinsame Daten für das heutige Stadtgebiet liegen erst seit der letzten Eingemeindung 1975 vor.
Die starke Zunahme der Flächeninanspruchnahmen für Siedlungszwecke in Karlsruhe wird bereits durch die Zahlen für die statistischen Flächenkategorien „bebaute Fläche“ und „Verkehrsfläche“ deutlich.
Tab. 3: Zunahme der Siedlungfläche 1975 - 1995
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In diesen 20 Jahren nahmen die bebauten Flächen und Verkehrsflächen um 989 ha (ca. 2000 Fußballfelder) oder 16,6% zu.
In den meisten Statistiken werden zu den Siedlungsflächen noch die meist weniger versiegelten Kategorien öffentliche Parks und Grünanlagen, Friedhöfe und Sport- und Spielplätze gerechnet. Diese Flächen stehen in einer funktionalen Beziehung zum bebauten Bereich und sind häufig in die Siedlung integriert.
Nach der Einbeziehung dieser Flächen lag der Flächenanteil für Siedlungsflächen in Karlsruhe 1975 bei 40,9 % und 1995 bei 47,5 %.
Im Gegensatz zur mittelalterlichen Stadt mit der Stadtmauer als scharfer Grenze ist der Siedlungsbereich heutiger Städte nicht mehr eindeutig abgrenzbar. Der Siedlungsrand ist stark ”zerlappt” und es gibt breite Übergangszonen. Für eine übersichtliche kartographische Darstellung und als einfache Arbeitsgrundlage ist es aber notwendig, eine möglichst geschlossene Siedlungsfläche abzugrenzen.
Für die Abschätzung des Versiegelungsgrades von Heidelberg benutzte Herr Achen (1993) die von Herrn Fricke und anderen 1988 entwickelte Abgrenzung. Grundlage bildete der Flächennutzungsplan. Die Bereiche der Wohnbaufläche, der gemischten Baufläche, der gewerblichen Baufläche und der Gemeinbedarfsfläche, die bereits erschlossen waren, wurden einbezogen. Die Flächen der Sonderbebauung, Flächen für Versorgungs- und Entsorgungsanlagen, Grünflächen, Kleingärten, Friedhöfe, Hauptverkehrsstraßen, Parkplätze und Bahnanlagen wurden berücksichtigt, wenn sie von den zuerst genannten Flächen weitgehend umschlossen waren. Siedlungsflächen kleineren Ausmaßes, die einen deutlichen Abstand zu den anderen Siedlungsflächen aufweisen, blieben hingegen unberücksichtigt. Ergebnis dieser Zuordnung war ein zusammenhängender Siedlungsbereich.
Für den Entwurf des Landschaftsplans 2010 des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe wurde eine Abgrenzung der Siedlungsfläche auf der Bodenschutzkarte gemacht. Nach welchen Kriterien hierbei abgegrenzt wurde, ist leider nicht erläutert. Es sieht aber danach aus, als ob ähnliche Kriterien verwendet wurden wie bei FRICKE. An den Rändern ist aber keine Konsequenz zu erkennen. So werden zum Beispiel direkt benachbarte Sportflächen unterschiedlich behandelt. Zudem werden auch kleine Siedlungsbereich außerhalb des geschlossenen Sieldungsbereiches einbezogen. Zum Beispiel werden Ansiedlung mehrere Aussiedlerhöfe im Brühl/Grözingen. Einzelstehende Aussiedlerhöfe wurden nicht berücksichtigt.
Trotz der Mängel ergibt diese Abgrenzung eine ausreichende Arbeitsgrundlage und wird hier verwendet, um die gleichen Grunddaten wie die Verwaltung zu benutzen.
Für die folgende Darstellung der Siedlungsentwicklung wurde für das Jahr 1997 die Abgrenzung aus dem Entwurf des Landschaftsplan 2010 verwendet.
Bei den Karten für die Jahre 1715 – 1973 ist die Siedlungsfläche aus Historischen Karten und Stadtplänen des Stadtarchivs Karlsruhe entnommen.
[...]
[1] Für Baden-Württemberg ist auf die Reihe ”Untersuchungen zur Landschaftsplanung” der Landesanstalt für Umweltschutz Karlsruhe hinzuweisen. Hier wird nicht nur in verschiedenen Bänden auf die Problematik eingegangen, sondern es werden planerische Möglichkeiten zur Verringerung von Bodenversiegelung aufgezeigt.