Das Deutsche Theater im Nationalsozialismus


Facharbeit (Schule), 2020

23 Seiten, Note: 1.0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Deckblatt

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Deutsche Theater im Nationalsozialismus 5
2.1 Situation der Theater vor der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ 1933
2.2 Anspruch des NS - Regimes an das Theater
2.3 Einschränkung der künstlerischen Freiheit der Theater(schaffenden) durch Organisation, Gleichschaltung und Selektion
2.4 Die nationalsozialistische Spielplanpolitik als Spiegelbild der Beschneidung der Freiheit der Künstler
2.5 Auswertung der Programmhefte der Spielzeiten 1939/40 + 1940/41 des Theaters in Zwickau
2.6 Verarbeitung der Unterdrückung der Kunst durch das NS - Regime in der heutigen Zeit anhand eines Interviews mit dem Theaterpädagogen Silvio Handrick

3. Fazit

Quellenverzeichnis

Anmerkungen

Anhang

Vorwort

Zu Beginn möchte ich festhalten, dass die Materialsuche, also die sogenannte „Stoffsammlung“ wesentlich mehr Zeit in Anspruch nahm, als ich erwartet respektive erhofft hatte. Es war also in meinem Fall eine tagelange Internetrecherche, die mit zunehmender Dauer immer mühsamer und zeitaufwendiger wurde, da die Qualität und Umfang der Quellen stiegen, womit auch deren wissenschaftliche Korrektheit bzw. deren wissenschaftlicher Aussageanspruch zunahm. Dabei ist mir wichtig anzumerken, dass der tatsächliche Schreibprozess in keiner Weise ein Problem darstellte, sondern vielmehr die Aufbereitung, Sortierung und Bearbeitung der Quellen zur Herkulesaufgabe wurde. Nachdem ich auf den Internetseiten etlicher Hochschulbibliotheken in Bezug auf frei verfügbare Abhandlungen fündig geworden war und zusätzlich zwei Bücher sowie fünf Programmhefte erworben hatte, stand ich nun natürlich vor der Aufgabe, eben diese Quellen allesamt durcharbeiten zu müssen. In der Folge hatte ich jeden Text mehrfach zu lesen und immer bezüglich unterschiedlicher Gesichtspunkte nach verwertbaren Informationen zu durchsuchen. Daraufhin war es daran, das markierte bzw. hervorgehobene Textmaterial der Quellen den einzelnen Schwerpunkten zuzuordnen, nach Möglichkeit zu kürzen und Doppelungen auszuschließen sowie die Eignung derer für die letztendliche Aussageabsicht der Arbeit zu überprüfen. Erst danach konnte man die, zudem meist noch sehr umfangreichen, Texte in Stichpunkte umformulieren, um deren Inhalt auf ein Minimum zu reduzieren sowie etwaigen Plagiatismus möglichst auszuschließen. Dieser Prozess in Vorbereitung auf die tatsächliche Schreibarbeit kostete mich zweifelsohne die meiste Kraft, Anstrengung und Motivation. Die Kürzung der Quellen kann, aus meiner Perspektive, ebenfalls als aufgetretene Schwierigkeit betrachtet werden, da es zu bewältigen galt, wichtige Informationen herauszufiltern und dabei einen Großteil des Materials zu vernachlässigen, ohne aber essenzielle Dinge zu übersehen. Das führt mich zu einer weiteren Problematik des

Schaffungsprozesses, die ich so keinesfalls erwartet hatte - das Auslassen vieler Informationen fiel mir in der Tat schwer, da ich nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema gerne viel mehr Inhalt, auch bezüglich noch anderer, nicht berücksichtigter Gesichtspunkte, vermittelt hätte, als es mir letztendlich möglich war. Dennoch war die Erfahrung einer solch tiefgründigen Auseinandersetzung mit einem selbstgewählten Thema unerwartet interessant und lohnenswert, da der Abschluss des Prozesses ein durchaus zufriedenstellendes Gefühl hervorzurufen vermag.

1. Einleitung

Durch meine Quellenbeschaffung war mir aufgefallen, dass das, von mir gewählte, Thema wissenschaftlich durchaus nicht so umfangreich respektive tiefgründig behandelt wurde, wie ich angenommen hatte. Aufgrund dessen ist oberstes Ziel meiner Arbeit, die Beeinflussung der Entwicklung des deutschen Theaters durch die Nationalsozialisten während ihrer Machtperiode kompakt darzulegen. Dabei ist für mich vordergründig von Bedeutung, zu zeigen, in welcher Form es dem NS - Regime gelang, die künstlerische und persönliche Freiheit der Bühnenangehörigen durch Eingriffe in die Strukturierung des Theatersystems sowie dessen Spielplanpolitik, zu beschränken. Es ist dabei anzumerken, dass ich nicht auf alle Nuancen dieses hochkomplexen Themas einzugehen vermocht habe, da der angestrebte Umfang dieser Abhandlung dann in hohem Maße überschritten hätte werden müssen. So ist mir weniger daran gelegen, die moralischen Folgen bei der Bevölkerung oder bei einzelnen Künstlern durch diese Belastungen zu zeigen, sondern vielmehr die Kompetenz- und Freiheitsbeschneidungen der Theater durch die Führungskräfte des „Dritten Reiches“ nüchtern darzulegen und zu erläutern, wie sie organisatorisch und ideologisch durchgeführt werden konnten. Ich möchte zudem die Durchschlagskraft respektive Stärke des NS - Regimes verdeutlichen, indem ich deren Anspruch an die Schauspielhäuser sowie dessen Durchsetzung zeige und dann mit der damaligen Realität in einen Vergleich setze. Um einen regionalen und damit persönlicheren Bezug zur Materie herzustellen, ziehe ich zudem noch Programmhefte des Zwickauer Theaters aus dieser Zeit vergleichend heran und versuche so, eine Verstärkung und Verbildlichung des zuvor dargelegten Inhalts zu erreichen. Den Abschluss meiner Arbeit bildet ein Interview mit einem Theaterpädagogen des Zwickauer Schauspielhauses, der gleichzeitig der Leiter dessen Theaterjugendclubs „15+“ ist, in welchem ich Mitglied bin. Dadurch soll wiederholt ein persönlicherer Bezug hergestellt und eine Verbindung zur heutigen Sachlage geschaffen werden. Dabei tangiere ich auch kurz das Stück der letzten Spielzeit „Gestern.Heute.Morgen.Tod.“ des Spielclubs, da es inhaltliche Ähnlichkeiten zu dieser Arbeit aufweist und als Inspiration für eben jene diente.

2.1 Die Situation der Theater vor der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ 1933

Im Jahr 1919 war, im Zuge der Gründung der Weimarer Republik, der sogenannte „Reichstheaterrat“ geschaffen worden, der die Neuordnung der deutschen Bühnenkunst anleiten([12]) und die Spielstätten in finanzieller und publikumstauglicher Hinsicht stärken sollte([2]). Aus heutiger Perspektive kann dieser als Vorform der nationalsozialistischen „Reichstheaterkammer“ betrachtet werden, da dessen politische An- und Absichten durchaus eine Ähnlichkeit zu jener aufwiesen. Das hatte zur Folge, dass die staatlich geförderte Theaterentwicklung der kommenden Jahre meist an nationale bzw. rechtskonservative([2]) Werte angelehnt war, was sich beispielsweise in den Bezeichnungen der neugegründeten Spielstätten zeigte. Durch Titel wie „Volksbühne“ oder „Deutsches Volkstheater“ lässt sich in dieser Hinsicht von einer „deutschtümelnden Phraseologie“([12]) sprechen, welche gleichzeitig die Verwandtschaft zur Ideologie der Nationalsozialisten verdeutlicht([12]). Dennoch muss festgehalten werden, dass es in der Bühnenkunst der Weimarer Republik durchaus ausschlaggebende, liberale Einflüsse gab. So hatte man beispielsweise die Spitzenposition des zentralen und deutschlandweit bedeutsamen „Berliner Schauspieltheaters“ mit Leopold Jessner, einem expressionistisch orientiertem SPD - Parteimitglied jüdischer Herkunft, besetzt. Dieser rief, durch die Herstellung aktueller Zeitbezüge, wie der Abrechnung mit dem abgetretenem wilhelminischem Herrscherhaus oder den noch aktiven, alten Machteliten, gleichsam Skandal wie Begeisterung in der Bevölkerung hervor. Seine Interpretation der Theaterkunst forderte einen gesellschaftlichen Wandel und verwehrte dem Bürger jegliche „illusionistische Behaglichkeit“([9]). Allerdings flüchtete sich die Bevölkerung im Zuge der Wirtschaftskrise und der damit verbundenen gesellschaftlichen, politischen Polarisierung in einen autoritären Staat und reagierte immer aggressiver auf das liberale, oppositionelle Theater. „Nationalistische Ressentiments“([9]) der damaligen Pressekampagnen sowie zunehmende rechte Agitation zielten dabei vorwiegend auf Leopold Jessner, als Verkörperung der liberalen Bühne, ab. Durch diese, sogenannte „Jessner - Krise“([9]), musste selbiger im Folgenden politische Zugeständnisse machen, wodurch er einen Großteil seiner vorherigen Aussagekraft einbüßte, das abgewandte Publikum aber gleichzeitig auch nicht zurückgewinnen konnte. Er gab die Intendanz der Spielstätte daraufhin 1930 nach weiterer antisemitischer Hetze auf und emigrierte bald darauf nach England. Aus der politischen wie künstlerischen Ratlosigkeit, sowohl der Zuschauer, als auch der Bühnenangehörigen selbst, entsteht das Verlangen nach Führung und Ordnung, wodurch selbstredend der Niedergang des bürgerlichen Theaters sowie der Aufstieg des nationalsozialistisch geprägten Theaters begünstigt wurde. Der neue Intendant des Schauspielhauses in Berlin, Heinz Tietjen, stimmte daraufhin im Mai 1932 einer Satzungsneufassung durch das Kultusministerium zu, womit ein weitgehender Eingriff in die Intendantenrechte einherging. Das festgeschriebene Recht desselbigen, Mitarbeiter zu benennen sowie die, aus der Satzung resultierende, Vorlagepflicht der Spielpläne zeigte dabei bereits beispielhaft die Absichten der Nationalsozialisten([9]). Schon davor, im November des Jahres 1928, wurde durch Alfred Rosenberg, ein langjähriges Parteimitglied der NSDAP, der „Kampfbund für deutsche Kultur“ gegründet. Diese Organisation wiederum erschuf Wanderbühnen, sogenannte „NS - Kampfbühnen“, welche ausschließlich den regionalen Gauleitern unterstanden und somit nicht von der zentralen Reichsleitung abhängig waren. Da diese Verbände keinerlei Konzession benötigten, traten sie in der Folge eher durch die Störung politisch gegensätzlicher Vorführungen, denn durch eigene Inszenierungen in Erscheinung. Es war zwar seit 1931 eine Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vorhanden, diese richtete sich allerdings ausschließlich gegen kommunistische, nicht gegen rechte Agitation, da jene „die Bühnen und Zuschauer im Namen von Sittlichkeit und Nationalgefühl gegen Nihilismus und Dekadenz terrorisierte“([12]). In der Folge konnten Aufführungen, bei denen etwaige Störungen befürchtet werden konnten, verboten werden. Es entstand sozusagen eine „passive Zensur“([12]) unter dem Schutz der Ordnungshüter. Das bedeutete selbstredend gleichzeitig die Minderung der Liberalität im Theaterwesen sowie das Vorantreiben der rechtsorientierten Bühnen. In den Jahren vor der Machtübernahme Hitlers stand das Theater zudem vor immensen politischen wie finanziellen Problemen. Der Staat lieferte nur kleine Zuschüsse und die Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 begründete infolgedessen den Zusammenbruch des deutschen Theatersystems. Im Zuge der Deflationspolitik halbierten sich die Einnahmen der Schauspielhäuser und viele Privattheater sahen sich Schließungen gegenüber, während die öffentlichen Bühnen unter stark reduzierten oder gar ausgesetzten Zuschüssen der Länder respektive Gemeinden litten. Weiterhin kam es zur Verkürzung der Spielzeiten, der Schließung vieler zweiter Spielstätten sowie der Aufgabe der kostenintensiven Inszenierungsformen der Oper und des Balletts „zugunsten des billigeren Schauspiels“([12]). Des Weiteren wurde eine Großzahl an Bühnen an Privatunternehmer übereignet, was zur Folge hatte, dass das öffentlich - rechtliche Theatersystem erheblich schrumpfte. Die Angestellten der Spielstätten gerieten zunehmend in finanzielle Notlagen, da die Löhne durch verabschiedete Notverordnungen drastisch gekürzt und die vorhandenen Tarifverträge des Personals „ausgehöhlt“([12]) wurden. Das bedeutete, dass sich die Verträge nicht weiter automatisch verlängerten, sondern nur bei Leistung einer ausdrücklichen Zusicherung jener Vertragsverlängerung. Zusätzlich dazu wurden erfahrene Mimen meist durch junge Darsteller ersetzt, da diese durch ihre günstigere Einstellung sowie die leichtere Möglichkeit der Kündigung ein geringeres finanzielles Risiko bargen. Zum Ende der Spielzeit 1931/1932 waren infolgedessen beinahe zwei Drittel der Bühnenangehörigen ohne festes Engagement, was fast 15.000 Arbeitslose bedeutete([12]). Die finanzielle Notlage Deutschlands, die hohen Arbeitslosenzahlen sowie die politische Unzufriedenheit der Bevölkerung begünstigte auch bezüglich der Theaterschaffenden eine politische Radikalisierung bzw. Polarisierung nach beiden Extremen([2]). So erfolgte gegen Ende der Weimarer Republik eine Zunahme rechtsgesinnter Theaterstücke. Bespielhaft zu nennen wären dafür das kriegsbefürwortende Stück „Die endlose Straße“ von Sigmund Graff und Carl Ernst Hintze, welches bereits 1926 verfasst, aber erst 1930 uraufgeführt wurde sowie die letzte bühnentechnische Erscheinung der Weimarer Zeit, das nationalsozialistische Märtyrerstück „Schlageter“ von Hanns Johst, welches 1933 erstmals inszeniert wurde([1]).

2.2 Der Anspruch des NS - Regimes an das Theater

Das wichtigste Kriterium für die Bühnentauglichkeit eines Theaterstückes war für die Nationalsozialisten der Nutzen als ideologische Propaganda. Sie sahen die Schauspielbühne als wichtiges Propagandainstrument zur Erziehung und Formung des deutschen Volkes im Sinne ihrer Weltanschauung an und betrachteten selbige somit als Möglichkeit des intensiven Einwirkens auf die Bevölkerung. Aufgrund dessen sollte jede einzelne Vorführung ein Schaubild der nationalsozialistischen Ideologie sein. Auch die Theaterkritik hatte sich zuallererst an jener zu bemessen, denn für eine sinnstiftende und wertvolle Einschätzung zum Ideologiegehalt eines Werkes, mussten die Theaterkritiker zunächst selbst ausnahmslos vollständige Anhänger der NS - Bewegung sein([11]). Zu Beginn ihrer Herrschaft war sich das nationalsozialistische Regime längst bewusst, dass das Theatersystem einem vollumfassendem Wandel unterzogen werden müsse, da es durch liberale und kommunistische Einflüsse in naher Vergangenheit „innerlich und äußerlich vollkommen zersetzt“([1]) worden war. Die deutschen Bühnen boten ihrer Ansicht nach keinerlei politischen oder kulturellen Mehrwert mehr und verstanden es genauso wenig, den Ansprüchen des Publikums gerecht zu werden. Ihre Lösung für diesen Umstand war die Schaffung eines Nationaltheaters im Sinne der „völkischen Gemeinschaft“, welche durch ein Theater erreicht werden sollte, welches Lebensfreude vermittelt und dem seelischen Ausgleich dient. Auf diese Weise könne es gleichsam der Unterhaltung sowie der Belehrung dienen. Diese Vermittlung von Lebensfreude sollte nach nationalsozialistischem Verständnis dadurch geschaffen werden, dass sich die Individuen ihrer persönlichen Schwächen beim Theaterbesuch weniger bewusst werden und sich in der Gemeinschaft des Volkes „geborgen“([1]) fühlen konnten. Der Sinn des Theaters war also die Lösung von individuellen Konflikten respektive Ängsten und infolgedessen, die Flucht in die wohltuende Gesellschaft([1]). Die Bühnenkunst sollte also die Mitglieder der Bevölkerung durch die Kreierung eines einheitlichen Interesses zusammenführen: die Menschen sollten nach dem Erleben der gleichen Vorführung über eben jene Darstellung miteinander in Verbindung treten und eine Einheit bilden. Dabei darf aber keinesfalls missachtet werden, dass die Aussage der Aufführung das Publikum selbstredend dennoch gezielt manipulieren sollte. Die Denkweise und Weltanschauung der Zuschauer nach nationalsozialistischer Vorstellung zu formen, war, wie bereits erwähnt, großer Bestandteil des Theaters. Für diesen Zweck wurde die Inbrunst und Ausdrucksstärke der Bühne für die Beeinflussung des Volkes gezielt instrumentalisiert und sollte in diesem Zusammenhang speziell die Kriegsmoral respektive den Kriegsgeist stärken. Joseph Goebbels sagte bei einer Konferenz der Theaterleiter in Berlin am 10.05.1935: „Die deutsche Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch, [...] sie wird national mit großem Pathos und sie wird gleichfalls verpflichtend und bindend sein, oder sie wird nicht sein.“([13]) Neben der propagandistischen Politisierung des Theaters sollte also auch dessen Tradition erhalten blieben, weswegen ein sogenanntes „heroisches“([1]) Theater geschaffen werden sollte. Dafür entfernte sich die kulturelle nationalsozialistische Führung vom gemeinen Innentheater und bildeten eine grundsätzliche neue Form desselben aus - das „Thingspiel“. Grund dafür war, dass die Ausmaße der traditionellen Form der Bühne für die angestrebte Darstellung der „völkischen“ Ideologie nicht ausreichend waren. Es sollte also eine Theaterform geschaffen werden, die den „Volksgenossen“ in Inhalt und Darstellung verständlich und vertraut erscheint([1]). Die Spielstätten des ersonnenen Thingspiels sollten in der Umgebung ideologisch aufgeladener Plätze, wie ehemaligen germanischen Kriegsschauplätzen, in Form von Amphitheatern errichtet werden, um den beabsichtigten Volkscharakter zu unterstützen. Entgegen dem klassischen Freilichttheater wurden allerdings keine bekannten Stücke aufgeführt, sondern speziell für das Thingspiel verfasste Werke. Der Sinn dessen war die Zelebrierung der „völkischen“ Zusammengehörigkeit sowie der damit in Verbindung stehenden „Blut- und Bodenideologie“. Die neue Bühnenform sollte darüber hinaus als „emotionales Theater“([10]) fungieren, bei welchem das Individuum hinter der nationalsozialistischen Weltanschauung verblasst und die Gesamtheit der „arischen Rasse“ in den Vordergrund rücken lässt. Tatsächlich stellte sich die Entwicklung des Thingspiels durchaus konträr da, da ab dem 23.10.1935 infolge einer Mitteilung des Reichspropagandaministeriums keinerlei damit in Verbindung stehenden Begriffe im Zusammenhang mit der NSDAP sowie dessen Veranstaltungen mehr verwandt werden durften. 1937 erklärte Joseph Goebbels diese sogar für „nicht mehr reichswichtig“([10]). Die Gründe für den Misserfolg der neu erdachten Theaterform waren das Fehlen von geeigneten Stücken, dessen geringer Anklang beim Volk, fehlende finanzielle Ressourcen sowie „innerparteiliche Konfrontationen“([10]) in diesem Zusammenhang. Damit lag das Augenmerk der Regierung also wieder auf dem herkömmlichen Schauspielhaus. Da die Vermittlung der Idee des „heroischen“([10]) Theaters durch das Thingspiel gescheitert war, sollte diese Heldenhaftigkeit nun auf der klassischen Bühne gezeigt werden. Neben der Darstellung von Gemeinschaftsgefühl, Heimatliebe und der „Überlegenheit der arischen Rasse“([10]) sollte die Jugend den heroischen Charakter der Aufführungen adaptieren und später selbst auf dem Schlachtfeld verkörpern. Des Weiteren war das NS - Regime der Ansicht, dass die „Rassenfrage“ durch die Schauspielkunst besonders rigoros geklärt werden müsse, da sie im direkten Zusammenhang „mit Blut und Körper“([10]) stünde und demzufolge nur ideale Vor- und Erscheinungsbilder durch gültige, sprich „arische“ Akteure auf der Bühne präsentiert werden dürften.([10]) Selbst nach Kriegsausbruch 1939 folgten die Theater weiterhin unbeirrt den Vorgaben der Regierung und leisteten infolgedessen aktive Aufforderung zur Kampfbereitschaft und Ablenkung vom Kriegsalltag und generierten damit durch das Verlangen des Volkes nach Abwechslung und Unterstützung wachsende Zuschauerzahlen.([3])

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Das Deutsche Theater im Nationalsozialismus
Note
1.0
Jahr
2020
Seiten
23
Katalognummer
V1161277
ISBN (eBook)
9783346573087
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nationalsozialismus, Theater, Gleichschaltung, Künstlerische Freiheit, Selektion, Unterdrückung
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Das Deutsche Theater im Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1161277

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