Freiarbeit nach Montessori bei Wahrnehmungsbesonderheiten bei Autismus-Spektrum-Störung


Akademische Arbeit, 2021

17 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Montessori-Pädagogik
2.1 Inklusion in der Montessori-Pädagogik
2.2 Freiarbeit

3 Autismus-Spektrum-Störung
3.1 Montessori-Unterricht für Kinder aus dem Autismus-Spektrum
3.2 Freiarbeit mit Kindern aus dem Autismus-Spektrum

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Spätestens seit das Konzept der Inklusion in aller Munde ist, tauchen in diesem Zusammenhang auch immer wieder die Theorien Maria Montessoris auf. Die vielen Übereinstimmungen der beiden Ansätze verleiten wohl nicht wenige dazu, „die Bezeichnung ‚Montessori-Klasse‘ … als Synonym für Integrationsklasse“ zu verstehen (Klein, 1994, S. 212). Tatsächlich bietet die Montessori-Pädagogik viele Ansätze für einen individuellen Umgang mit jedem Kind, das seine eigenen Voraussetzungen und Fähigkeiten, aber auch eventuelle Förderbedarfe mitbringt. Die Heterogenität der Klassen wird als Grundlage für die Entwicklung individueller Konzepte verwendet. Durch die vielfältigen Materialien kann jedes Kind in seinem individuellen Tempo lernen, die vorbereitete Umgebung bietet eine verlässliche Lernkulisse.

Gerade diese Offenheit und gleichzeitige Verlässlichkeit sind Aspekte, die Montessori-Schulen besonders attraktiv machen für SchülerInnen aus dem Autismus-Spektrum. Obwohl immer mehr Kinder mit der Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert werden (vgl. Chang, 2010, S. 64), erfahren nach wie vor nur die wenigsten von ihnen eine adäquate Förderung im Regelschulsystem. Deshalb wenden sich viele Eltern an Montessori-Schulen, die alle Kinder annehmen möchten, wie sie sind. Die Montessori-Pädagogik baut auf feste Regeln und Strukturen, was Kindern aus dem Autismus-Spektrum mit einem ausgeprägten Bedürfnis nach Routine entgegenkommt. Allerdings müssen auch in Montessori-Einrichtungen unter Umständen Änderungen am System vorgenommen werden, um den Bedürfnissen von Kindern aus dem Autismus-Spektrum gerecht zu werden.

Daraus ergibt sich die Fragestellung, die die vorliegende Arbeit untersuchen möchte: Inwiefern ist das Konzept der Freiarbeit bei Montessori ein guter Unterrichtsansatz zum Umgang mit Wahrnehmungsbesonderheiten bei Kindern aus dem Autismus-Spektrum und was muss dabei beachtet und ggf. angepasst werden? Dazu wird zunächst der Montessori-Ansatz vorgestellt, bevor ein genauer Blick auf die Freiarbeit geworfen wird. Anschließend werden Hintergrundinformationen zur Autismus-Spektrum-Störung gegeben und begründet, wieso gerade Montessori-Einrichtungen gut für Kinder aus dem Autismus-Spektrum geeignet sind. Vertiefend wird dazu das Konzept der Freiarbeit betrachtet, um herauszuarbeiten, welche Besonderheiten sich im Umgang mit diesen Kindern ergeben.

2 Montessori-Pädagogik

Montessori-Einrichtungen sind in Deutschland zumeist privat oder von freien Trägern organisiert, woraus sich ihre besondere Stellung im Schulsystem ergibt. Sie können sich weitgehend frei an der Montessori-Pädagogik ausrichten und bieten Raum für Neuerungen und Anpassungen, die in Regelschulen so eventuell nicht vorgenommen werden könnten (vgl. Fischer, 2014, S. 71, 74). Von zentraler Bedeutung ist stets das Kind als Subjekt der Erziehung, d. h. die Pädagogik kann sich individuell auf jedes einzelne Kind einlassen und ihm die nötigen Voraussetzungen bieten, die es braucht, um sich frei entwickeln und bilden zu können (vgl. ebd.). Spikermann nennt in diesem Zusammenhang den „Begriff des Individualisierten Lernens“, sodass „jedes Kind adäquat [gefördert]“ werden kann (2010, S. 247, Herv. im Orig). All dies bietet sehr gute Voraussetzungen für inklusiven Unterricht.

Die einzigartige Sicht auf das Kind rührt von Maria Montessoris Fokus auf die Entwicklung von Kindern her (vgl. Klein, 1994, S. 216). Sie sieht in jedem Kind eine „aktive[ ], denkende[ ] und Gedanken verbindende[ ] Persönlichkeit“ (Spikermann, 2010, S. 243). Diese Aktivität soll auch in der Bildung widergespiegelt werden, die Kinder sollen durch aktive Teilhabe, eigenes Handeln und Erleben lernen. Da Maria Montessori ihre Pädagogik zunächst anhand von Kindern und für Kinder aus sozial benachteiligten Familien und mit Förderbedarf entwickelte (vgl. Wolf van der, 2010, S. 72), überrascht es kaum, dass diese Konzepte ganz besonders auch in der Sonderpädagogik Anklang finden. Montessori erkannte als eine der ersten ihrer Zeit, dass auch Kinder mit Behinderungen zu Lernen und Beschulung fähig sind und gerade bei diesen Kindern einzelne Bemühungen sehr wertvoll sind (vgl. Wolf van der, 2010, S. 72). Daher stellt Klein fest: „Die sonderpädagogischen Prinzipien der Individualisierung, der Selbsttätigkeit, der Bewegung und Handbetätigung, der Wiederholung, der Anschauung, der Isolierung der Schwierigkeiten, der Fehlerkontrolle, der kleinen Schritte finden sich alle auch in der Montessori-Pädagogik“ (1994, S. 214).

Die Basis der Theorie stellt der Gedanke dar, dass Kinder sich nach einem „inneren Bauplan“ (Voss von, 2010, S. 56) entwickeln. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Entwicklung von Kindern in sogenannten „sensiblen Perioden“ (ebd.)oder „sensiblen Phasen“ (Klein, 1994, S. 223) nach einem inneren Schema abläuft. In dieser Zeit haben die Kinder „eine erhöhte Lernbereitschaft für bestimmte Fertigkeiten“ (Klein, 1994, S. 223), sie sind empfänglich für Anreizeund Lernfortschritte. Von Voss bestätigt, dass sich diese Theorie mithilfe moderner Erkenntnisse auf dem Feld der Neuroplastizität des Gehirns durchaus bestätigen lässt. Plastizität beschreibt dabei „eine Fähigkeit des Gehirns …, auf Lernprozesse hin Strukturveränderungen selbst im Gehirn vornehmen zu können“ (2010, S. 56). Allerdings sollte das im Umkehrschluss nicht bedeuten, dass nach Beendigung der jeweiligen Phase jeglicher Fortschritt auf dem Gebiet unmöglich ist. Klein warnt davor, in „pädagogische[ ] Resignation“ zu verfallen (1994, S. 223). Besonders bei Kindern mit Förderbedarf müsse deshalb unbedingt das einzelne Kind mit seinen konkreten Fähigkeiten betrachtet werden: „Wir setzen die Hoffnung darauf, daß es auch noch im Schulalter möglich ist, verdrängte und unterdrückte Eigenaktivitäten neu zu wecken und Lernprozesse in Gang zu setzen, die normalerweise in früheren Phasen ablaufen“ (ebd., S. 217). Von Voss betont die Wichtigkeit der individuellen Situation: Die „Empfänglichkeit für ‚Lehren‘, Lernen, Motivation, Stimulation“ (2010, S. 58) sei bei jedem Kind und in jeder Entwicklungsphase äußert variabel und müsse immer wieder neu bestimmt werden. Zentral seien für Lernen und Entwicklung immer „Motivation“, „Freude und ‚Lust‘“ (ebd., S. 59). Klein erklärt: „Wir müssen den Begriff der sensiblen Phasen vor allem auch mit dem Begriff des Interesses verbinden, das heißt, mit dem Erwachen des Interesses für bestimmte Themen und Inhalte“ (1994, S. 223). Dies geschieht durch eine anregende Umgebung(ebd., S. 216 f.). Laut Klein kommt hierbei der Lehrkraft die Aufgabe zu, „zu beobachten und zu erkennen, wann welches Thema bei welchem Kind anklingt, wo sich Interesse für eine Sache regt, und dann die passenden Materialien bereitzustellen“ (1994, S. 223).

Wichtig ist, dass allen Kindern die Möglichkeit zur freien Entfaltung und zur Entwicklung des eigenen Willens gegeben wird (vgl. Fischer, 2014, S. 72 f.). Ferner erläutert Fischer: „Montessori-Pädagogik heißt Erziehung zu Selbstständigkeit und Frieden durch Disziplin, Freiheit und Liebe“ (ebd.). Die Erziehenden sollen nicht einfach den Kindern freie Hand lassen, Freiheit könne nur in Verbindung mit Disziplin gelingen. Bestimmte Verhaltensweisen müssten gefördert werden, während andere einzugrenzen oder zu verhindern seien (vgl. ebd.). Dadurch soll das Kind die Fähigkeit zu eigenständigem Handeln und Denken erlernen und seine eigene Persönlichkeit entfalten können (vgl. ebd., S. 74). Van der Wolf geht sogar so weit zu sagen, dass bei einem Kind, das sich in solcher Freiheit entwickeln könne, Einschränkungen und „Störungen“ verschwinden würden (2010, S. 73). Diese These mag die Sache etwas zu optimistisch betrachten, doch es steht außer Frage, dass Kinder von einer freien Entfaltung ihrer Fähigkeiten nur profitieren können. Fischer weist in diesem Zusammenhang auf ein weiteres zentrales Element von Montessori-Einrichtungen hin, die Inklusion: Entwicklung in und zu wahrer Freiheit „kann nur in einer stark heterogenen Lerngruppe umgesetzt werden“ (2014, S. 74).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Freiarbeit nach Montessori bei Wahrnehmungsbesonderheiten bei Autismus-Spektrum-Störung
Hochschule
Universität Erfurt  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Einführung in die Sonderpädagogik
Note
1,0
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1161331
ISBN (eBook)
9783346563200
ISBN (Buch)
9783346563217
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Montessori, Freiarbeit, Autismus, Wahrnehmungsbesonderheiten, Autismus-Spektrum-Störung
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Freiarbeit nach Montessori bei Wahrnehmungsbesonderheiten bei Autismus-Spektrum-Störung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1161331

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