Einflüsse der Anthroposophie Rudolf Steiners auf den Waldorfunterricht


Hausarbeit, 2021

13 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Anthroposophie

3. Waldorfschulen als anthroposophische Schulen

4. Anthroposophischer Unterricht
4.1. Einteilung in Jahrsiebte
4.2. Epochenunterricht
4.3. Eurythmie

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Als Rudolf Steiner 1919 die erste Waldorfschule nach seiner anthroposophischen Weltanschauung aufbaute, vertraten auch die meisten Lehrkräfte seine Theorien und waren zum Großteil auch selbst Mitglieder in der Anthroposophischen Gesellschaft (vgl. Grandt & Grandt, 1999, S. 230 f.). Steiner übernahm als „Esoteriker“ die „geistige“ Leitung der Schule (ebd.) und entwickelte in den Jahren danach seine Pädagogik praxisnah anhand seiner Beobachtungen in der Schule weiter. Sie wurde hauptsächlich in Vorträgen Steiners festgehalten, woraus sich eine in der Pädagogik einzigartige Wichtigkeit des gesprochenen Wortes anstelle verfasster Schriften ergibt (vgl. Leber, 1992, S. 19). Allerdings zeigt sich darin auch das größte Problem: Die Schulen basieren auf Theorien, die nur von Rudolf Steiner entwickelt wurden und unter Gesichtspunkten der modernen Entwicklungspsychologie und Schulforschung so nicht mehr vertretbar sind (vgl. Schneider, 1992, S. 262). Dennoch haben Waldorfschulen bis heute einen sehr guten Ruf, sie machen in Deutschland den größten Anteil an von Staat und Kirche unabhängigen Schulen aus (vgl. Ullrich, 2012, S. 182).

Während viele Anhänger der Waldorfschulen und Rudolf Steiners heutzutage die Meinung vertreten, die Schulen seien keine „Weltanschauungsschulen“ und frei von Anthroposophie (Grandt & Grandt, 1999, S. 243), sind auch die wenigsten Waldorfeltern überzeugte Anhänger der Anthroposophie und schicken ihre Kinder aus ganz anderen Gründen auf Waldorfschulen (vgl. Ullrich, 2012, S. 181 f.). Dennoch lassen sich in den Vorträgen Steiners ebenso wie in den theoretischen Begründungen der Schule zahlreiche Hinweise darauf finden, dass eben doch genau das Gegenteil der Fall ist ( vgl. Grandt & Grandt, 1999, S. 243). Diese Arbeit soll untersuchen, weshalb die Waldorfschule als Anthroposophieschule bezeichnet werden kann und inwiefern sich die Einflüsse der Anthroposophie im Unterricht zeigen. Dazu wird zunächst eine grobe Definition des Begriffs Anthroposophie gegeben, bevor aufgezeigt wird, wo sich diese im Unterricht widerspiegelt. Beispielhaft wird dabei auf die Entwicklung anhand der Unterteilung in Siebenjahreszyklen, den Epochenunterricht und die Eurythmie eingegangen.

2. Anthroposophie

Unter Anthroposophie versteht man eine Art Menschenkunde, die auf Rudolf Steiner zurückzuführen ist. Steiner betrachtet sie als „Geisteswissenschaft“, obwohl ihr wissenschaftlicher Charakter anzuzweifeln ist, da seine Theorien mit den herkömmlichen Mitteln der Wissenschaft nicht zu bestätigen sind (vgl. Kowal-Summek, 2001, S. 4). Für Steiner jedoch ist Anthroposophie eine Erweiterung der bestehenden Wissenschaft, die versucht, bisher von den Naturwissenschaften nicht Beachtetes über Geist und Seelenleben für Erklärungen hinzuzuziehen (Grandt & Grandt, 1999, S. 228 f.). Laut Schneider trägt sie „ausgesprochen kosmologisch-religiöse Züge“ (1992, S. 263), Ullrich betitelt sie sogar als „Geheimwissenschaft“ (2012, S. 187).

Im Mittelpunkt steht der Versuch, „den Erfahrungsbereich auf die übersinnliche Wirklichkeit des Geistigen aus[zu]weiten und die Naturwissenschaften [zu] ergänzen. … Anthroposophie soll die Wege weisen, durch die der Mensch die ‚Eigenkräfte‘ der Seele entwickeln und schulen kann“ (Grandt & Grandt, 1999, S. 228 f.). Dabei wird davon ausgegangen, dass der Mensch Teil eines Kosmos ist, in dem vergangene, gegenwärtige und zukünftige Daseinsformen eng verbunden sind und in dem „übersinnlich-geistige[ ] Tatsachen jenseits unserer alltäglichen sinnlichen Wahrnehmung“ (Ullrich, 2012, S. 187) das menschliche Leben leiten (vgl. ebd; Grandt & Grandt, 1999, S. 229). Zentrale Thesen beinhalten Stichwörter wie „Reinkarnation“, „Weltalter“, „Karma“ und das „geistige Ich“ (Ullrich, 2012, S. 188).

Unter anderem wird davon ausgegangen, dass das Leben des Menschen in Siebenjahreszyklen verläuft, innerhalb welcher sich sowohl Äußeres als auch Inneres wandeln (vgl. Ullrich, 2012, S. 189). Mit der Geburt erhält der Geist einen menschlichen, „physischen Leib“, aus dem heraus in den nächsten Jahrsiebten zunächst der „Ätherleib“, dann der „Astralleib“ geboren werden, in denen „das höhere Ich eingeschlossen“ ist (Steiner, 1906; zit. n. Ullrich, 2012, S. 189). An diesen Zyklen und ‚Geburten‘ orientieren sich Steiners Theorien zu Erziehung und Lehre (vgl. Kowal-Summek, 2001, S. 108; Schneider, 1992, S. 271). Schneider stellt dies zurecht in Frage: „Entsprechend diesem Entwicklungsmodell darf nur das gefördert werden, was in diesen bestimmten Phasen, die unter heutiger entwicklungspsychologischer Perspektive mehr als fragwürdig sind, ansteht“ (1992, S. 280). Umgekehrt ist jede Förderung zu unterlassen, die nicht zur aktuellen Phase passt, selbst wenn diese Eigenschaften aus heutiger Sicht der Entwicklungspsychologie auch früher oder später zu begrüßen wären.

Neben der Einteilung in Jahrsiebte ist auch die Betrachtung von Leib, Seele und Geist als die drei elementaren Glieder des Menschen ausschlaggebend für die anthroposophische Pädagogik. Diese drei Teile werden analog zu den Geburten der Leiber alle sieben Jahre entwickelt und sind somit in den unterschiedlichen Kindheitsabschnitten unterschiedlich zu fördern (vgl. Kowal-Summek, 2001, S. 59 ff.).

3. Waldorfschulen als anthroposophische Schulen

Obwohl Steiner dies nie ausdrücklich so formulierte und zahlreiche andere Anthroposophen das seither immer wieder bestritten, lassen sich zahlreiche Beweise finden, dass die Waldorfschulen von seiner Anthroposophie durchzogen und eindeutig als „Weltanschauungsschulen“ zu betrachten sind (vgl. Grandt & Grandt, 1999, S. 238 f.; Schneider, 1992, S. 264). Ullrich weist darauf hin, dass nicht allein die zeitliche Überschneidung mit anderen reformpädagogischen Schulkonzepten als Hintergrund für die besonderen pädagogischen Ideen der Waldorfschule herhalten kann (2012, S. 184). Denn das Alleinstellungsmerkmal ist eindeutig die Berufung auf die Anthroposophie. Schneider konstatiert, dass „Erkenntnisinteresse und Erziehungsziel … notwendig anthroposophisch bestimmt“ (1992, S. 265) sind.

Für Steiner war die Waldorfschule ein Ort, um seine Theorien über Entwicklung und kosmische Erziehung auszuprobieren und weiterzuentwickeln (vgl. Leber, 1992, S. 19). Laut Grandt und Grandt sei diese undenkbar ohne seine anthroposophischen Ideen, für Steiner sei sie „ein ‚Wahrzeichen‘ für die ‚Fruchtbarkeit‘ der Anthroposophie innerhalb des ‚geistigen‘ Lebens der Menschheit“ und die Eröffnung der ersten Waldorfschule „ein[ ] ‚Festakt der Weltenordnung‘“ gewesen (1999, S. 230).

Wie Kowal-Summek bemerkt, steht Anthroposophie zwar nicht selbst auf dem Lehrplan, „aber alles ist anthroposophisch durchsetzt, sodass Anthroposophie ‚subversiv‘ in die Schule und in den Menschen Eingang findet“ (2001, S. 126). Auch Grandt und Grandt kommen zu dem Schluss, die Pädagogik der Waldorfschulen basiere ganz eindeutig auf den anthroposophischen Theorien Steiners; als Beispiele, wo dies offensichtlich werde, nennen sie den „Pflanzenkundeunterricht, bei der Einteilung der Kinder nach Temperamenten oder [den] Eurythmieunterricht“ (1999, S. 241).

Dabei sind nicht zwangsweise alle Lehrkräfte auch AnthroposophInnen, wie Grandt und Grandt aufzeigen (1999, S. 278). Dennoch müssen sie alle eine einschlägige Ausbildung durchlaufen und sind dementsprechend durchaus im Feld der Anthroposophie geschult. Somit „fließt die Anthroposophie durch die Hintertür in den Unterricht mit ein, auch wenn es kein Unterrichtsfach ‚Anthroposophie‘ gibt“ (ebd). Dabei wird in der gesamten Breite der Unterrichtsfächer „den Kindern ein Weltbild vermittelt, das auf anthroposophischen Ansichten basiert“ (ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Einflüsse der Anthroposophie Rudolf Steiners auf den Waldorfunterricht
Hochschule
Universität Erfurt  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Bildungsreform: Alternativ- und Reformschulen - Konzepte und deren praktische Umsetzung
Note
2,0
Jahr
2021
Seiten
13
Katalognummer
V1161333
ISBN (eBook)
9783346563224
ISBN (Buch)
9783346563231
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Waldorf, Waldorfschule, Waldorfunterricht, Rudolf Steiner, Anthroposophie, Reformschule
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Einflüsse der Anthroposophie Rudolf Steiners auf den Waldorfunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1161333

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