Herausforderungen von Fake News für die Medienpädagogik und politische Bildung


Akademische Arbeit, 2019

79 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Vorwort - Problemaufriss Fake News

2. Fake News - eine aktuelle Debatte
2.1 Fake News - eine Begriffsbestimmung mit Beispielen
2.2 Ein Exkurs zum Thema öffentliche Meinung
2.3 Bedeutung von Fake News im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien
2.4 Fake News als digitale Propaganda

3. Herausforderungen von Fake News für die Medienpädagogik und politische Bildung
3.1 Der Auftrag und die Aufgabe der politischen Bildung
3.2 Demokratie und Medienkompetenzen
3.3 Medienkompetenzen in Bezug auf Fake News

4. Reflexion des Forschungsprozesses
4.1 Entwicklung der Fragestellung
4.2 Theaterpädagogische Methode - das Forumtheater
4.3 Methoden der Datenerhebung
4.4 Auswertungsverfahren
4.5 Feldzugang, Etablierung der Rolle im Feld, Erhebung von Protokoll und Daten und Ausstieg aus dem Feld
4.6 Der Auswertungsprozess

5. Empirischer Teil - das Erlernen eines Umgangs mit Fake News in der politischen Bildung
5.1 Der Projektrahmen
5.2 Die Projektstruktur
5.3 Das Forumtheater
5.4 Wissen der Schüler über Fake News
5.5 Interaktion von Schülern
5.6 Autonomie der Schüler
5.7 Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Schülern
5.8 Kernkategorie: Verbindung Forumtheater und Fake News
5.9 Empfehlung: Forumtheater und Fake News

6. Zusammenfassung und Fazit

7. Quellenangaben

8. Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Das Beobachtungsprotokoll
Anhang 2: Theaterstück 2.0

1. Vorwort - Problemaufriss Fake News

Das Grundgesetz ist das Fundament der Demokratie in Deutschland. Es dient als Grundlage des Zusammenlebens, welche durch Gesetze bestimmt wird. Die demokratischen Werte des Zusammenlebens sollen durch das Grundgesetz geschützt werden.

Der erste Satz des ersten Artikels im Grundgesetz lautet: „Die Würde des Menschen ist unan­tastbar.“ Sie steht über jedem anderen Recht. Dieses Recht gilt für jeden. So unterliegt auch das „Recht der freien Meinungsäußerung, Medienfreiheit, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit“ (Art.5 GG) dem 1. Artikel. Dem Recht auf freie Meinungsäußerung unterliegt keine Zensur.

Journalist*innen sind dem Grundgesetz bei ihrer Arbeit verpflichtet. Ihre Aufgabe ist es durch umfassende Recherchen öffentliche Meinungen und Ereignisse zunächst zu prüfen und zu verbreiten. „Die Wahrheit zu suchen, sie zu überprüfen und fair und akkurat darüber zu berichten, ist an oberster Stelle“ (Hendricks und Vestergaard 2017, 7).

Jedoch hat sich mit den sozialen Medien und dem Internet, die Medienlandschaft stark verändert. Das Internet fördert die Stärkung der politischen Informations-, Diskussions-, und Partizipationschancen der Bürger*innen und verspricht somit eine größere Teilhabe an der Demokratie. Die neuen digitalen Medien haben es möglich gemacht, die Medieninhalte schnell und einfach auf Onlineplattformen und in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Jede Person kann daran teilhaben, sich informieren, kommentieren, mit anderen teilen und somit die öffent­liche Meinung beeinflussen. Die Öffentlichkeit hat sich vernetzt und das Internet wurde zunächst als Demokratisierung der Medien gefeiert (Hendricks und Vestergaard 2017, 4ff).

Das Machtmonopol der Journalist*innen und etablierten Medien (Fernsehen, Rundfunk und Printmedien) auf Berichterstattung und freie Meinungsäußerung, Lügen und Wahrheiten auf der Spur zu sein, hat sich verschoben. Jede*r kann seine Sicht und Meinung über das Internet verbreiten. Die Prinzipien des (investigativen) Journalismus müssen Nutzer*innen im Internet nicht befolgen. Jede*r kann mit seiner persönlichen Meinungsäußerung die Öffentlichkeit beeinflussen.

Selten war der Wahrheitsgehalt von Nachrichten so umstritten wie heutzutage. Tatsachen, Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse werden in der Medienlandschaft zunehmend durch Gefühle und persönliche Erfahrungsberichte ersetzt. Was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn Fakten nicht mehr im Mittelpunkt stehen und Wahrheiten und Tatsachen hinter emoti- onalen Effekten einer Aussage treten? Eine Gesellschaft, in der Emotionen und Effekte mehr zählen als die Fakten selbst, wird als „postfaktisch“ bezeichnet. „Eine Demokratie befindet sich in einem postfaktischen Zustand, wenn nicht länger Tatsachen und Beweise, sondern opportune Narrative als Grundlage des Meinungsbildes in der öffentlichen Debatte und der Politik dienen“ (Hendricks und Vestergaard, 2017, 5). Fake News sind ein zentrales Symptom der postfak­tischen Demokratie.

Lügen sind in der Politik nichts Neues. Es gibt Informationen und ihre unterschiedliche Interpretationen, aus denen Narrative, Geschichten, Meinungen und auch Lügengeschichten und Falschmeldungen entstehen. Das Problem entsteht, wenn Narrative bedeutungsvoller werden als die Tatsachen selbst. Dann gibt es eine Diskussion über die Narrative und nicht mehr über die Tatsachen. Somit werden Narrative ein Teil der Meinungsvielfalt im politischen Prozess. Es gehört zu den Aufgaben des investigativen Journalismus, den Wahrheitsgehalt der Narrative und die Tatsachen aufzudecken, zudem Lügengeschichten und Falschmeldungen zu sanktionieren. Das Risiko eines Vertrauensverlust seitens der Bürger*innen steigt. Denn in einer postfaktischen Demokratie werden selbst die Kontrollinstanzen der Lüge beschuldigt. Lügen werden nicht mehr vertuscht, sondern durch Gegenbeschuldigungen heruntergespielt wie sie in den Begriffen „Lügenpresse“, „alternative Fakten“ und „Fake News“ zum Ausdruck kommen.

Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen Narrative und Lügen zur Gefahr für die Demokratie werden. Wenn Fakten und wissenschaftlich belegte Erkenntnisse geleugnet werden und als Lüge von „denen da oben“ dargestellt werden, wenn etablierte Medien als „parteiisch“ beschuldigt werden, wenn Erklärungen komplexer kausaler Beziehungen überflüssig werden und stattdessen nach Schuldigen gesucht wird, dann wird dem Populismus der Eintritt in die Demokratie gewährt.

Zur Strategie des Populismus gehört dazu, den etablierten Medien Meinungsmache und Pauschalisierung vorzuwerfen. Der Populismus nutzt das Internet und die sozialen Medien, um seine ideologischen Positionen zu verbreiten. Zum Beispiel wird eine deutliche Grenze zwischen „Wir“ und „den Anderen“ gezogen und damit eine gesellschaftliche Spaltung befördert. Sie wird noch verstärkt durch die Behauptung, „den wahren Willen des Volkes“ zu vertreten, ohne näher zu bestimmen, was dieser „wahre Wille“ sei. Wer gegen diesen „wahren Willen“ ist, so die Schlussfolgerung, stelle sich gegen Volk und Demokratie (Hendricks und Vestergaard, 2017, 8). Meinungsmache und Populismus gefährden die pluralistische Meinungs- freiheit. Pluralismus ist ein Wert der Demokratie. Sie braucht ein Fundament aus Klarsicht und Transparenz, sonst ist ihre Glaubwürdigkeit gefährdet.

Deswegen gewinnt die Medienkompetenz im digitalen Zeitalter an Relevanz. Denn es wird von jedem Bürger und jeder Bürgerin erwartet, Informationen und Nachrichten kritisch und reflek­tiert zu prüfen sowie persönliche von öffentlichen Meinungen zu unterscheiden. Medienbildung ist ein wesentlicher Bestandteil der politischen Bildung. In dieser Arbeit sollen die Heraus­forderungen von Fake News für die Medienbildung als Teil der politischen Bildung erörtert werden. Es wird dargestellt, wie in der politischen Bildung mit Fake News umgegangen werden kann. Dazu dient die Darstellung und kritische Untersuchung einer Projekteinheit zum Thema Fake News in einer Schule. Es soll der Forschungsfrage nachgegangen werden, ob das Erlernen eines (medienkompetenten) Umgangs mit Fake News mit der Methode des Forumtheaters mit Jugendlichen möglich ist.

Die Arbeit besteht aus zwei Theorieteilen (Kapitel 2 und 3) und einer empirischen Sozialforschung (Kapitel 4 und 5). Das Fazit verknüpft die beiden Teile und schließt diese Arbeit ab. Die Arbeit ist wie folgt gegliedert:

Der erste Theorieteil beginnt mit der Definition von Fake News und erläutert ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen. Anschließend wird auf die öffentliche Meinung Bezug genommen und ihr Verhältnis zu Fake News erörtert. Es wird die Bedeutung von Fake News im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien herausgearbeitet. Darauf aufbauend soll die Frage nach der Macht von Fake News als digitale Propaganda und ihre Auswirkung auf die Demokratie beantwortet werden.

Im zweiten Theorieteil wird die Herausforderung von Fake News für die Medienpädagogik und politischen Bildung aufgezeigt. Dafür werden der Auftrag und die Aufgaben der politischen Bildung dargestellt. Anschließend wird die Demokratie als Lebensform betrachtet. Zudem werden die aktuellen Herausforderungen der politischen Bildung im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien aufgezeigt und die notwendigen Medienkompetenzen diskutiert. Es wird herausgearbeitet wie bedeutungsvoll es ist, Fake News zu erkennen und bewerten zu können. Die dafür erforderlichen Strategien werden entwickelt.

Im ersten Teil der empirischen Sozialforschung (Kapitel 4) wird der Forschungsprozess reflektiert und die Methoden der Datenerhebung und dem Auswertungsverfahren vorgestellt. Bei der Sozialforschung handelt es sich um eine teilnehmende Beobachtung in der Schule während einer Projekteinheit zum Thema Fake News. Im zweiten Praxisteil (Kapitel 5) werden die teilnehmende Beobachtung mit Hilfe der Grounded Theory analysiert und die Ergebnisse zusammengetragen. Ein Fazit fasst die zentralen Ergebnisse zusammen.

2. Fake News - eine aktuelle Debatte

2.1 Fake News - eine Begriffsbestimmung mit Beispielen

Der Begriff Fake News besteht aus zwei Teilen. Das englische Wort News bedeutet Nachrichten. Mit dem Begriff Fake ist mehr als die deutsche Übersetzung Fälschung gemeint . Er umfasst, jemandem etwas vorzumachen und es als „täuschend echt zu inszenieren“ (Schmid, Stock und Walter 2018, 72). Der Begriff ist in den letzten Jahren in Wörterbüchern und Lexika aufgenommen worden. Zum Beispiel beschreibt der Duden Fake News als die „in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen“ (Dudenredaktion 2018). Der Wissenschaftliche Dienst, der für die Abgeordneten im deutschen Bundestag Beitrage zu aktuellen Themen zusammenstellt, beschreibt Fake News als „absichtlich falsche Nachrichten, die eigens zum Zweck der viralen Verbreitung über das Internet und die sozialen Netzwerke produziert wurden. Ziel solcher Nachrichten ist, die Öffentlichkeit für bestimmte politische und/oder kommerzielle Ziele zu manipulieren“ (Wissenschaftliche Dienst 2017, 4). Eine allgemein akzeptierte Defini­tion von Fake News gibt es bislang jedoch nicht.

Mit dem Begriff Nachricht ist im Allgemeinen der Inhalt einer Information gemeint. Schwiesau (2016) definiert Nachricht als „eine direkte, auf das Wesentliche konzentrierte und möglichst objektive Mitteilung über ein neues Ereignis, das für die Öffentlichkeit wichtig oder interessant ist“ (1). Nachricht und Meldung werden hier synonym verwendet. Nachricht und Falschmeldung unterscheiden sich durch den Wahrheitsgehalt und die gezielte Fälschung der Information. Der Zweck der Nachricht ist die Verbreitung der Information; der Zweck der Falschmeldung ist die Manipulation durch Information.

Fake wird in der öffentlichen Debatte häufig als Gegenstück zu Fakt verwendet. Ein Fake stützt sich jedoch auf Neuigkeiten und ihren Informationswert und nicht auf die Wahrheit. Fake News sind Nachrichten ohne Informationswert oder mit bewusst täuschendem Informationswert (Desinformation). Fakten grenzen sich nicht von der Information ab, sondern von der Fiktion.

Die Täuschung dient der Steigerung des Machteinflusses. Täuschung und Manipulation bei der Nachrichtenverbreitung sind kein neues Phänomen. Schon die Griechen benutzen ein Holzpferd zur Täuschung bei der Belagerung und Einnahme von Troja. Auch Militärs nutzten über die Jahrhunderte hinweg gezielt Fehl- und Falschinformationen, um die eigene Armee größer, mächtiger und erbarmungsloser erscheinen zu lassen. Mit der Erfindung des Buchdrucks und der darauffolgenden Medienrevolution von Büchern, Zeitungen und anderen Printmedien wurde es immer einfacher, Täuschungen und Falschmeldungen zu publizieren und zu verbreiten. Hinzu kommen Rundfunk, Fernsehen und das Internet, welche auch zum Publizieren von Täuschungen und Falschmeldungen beitragen und dieses vereinfachen. Den zunächst letzten Höhepunkt in der Politik erreichen Fake News mit dem Einzug Donald Trumps ins Weiße Haus.

Der Begriff Fake News hat drei verschiedene Erscheinungsformen. Erstens als satirische Nachricht, wie sie zum Beispiel von der satirischen Nachrichtensendung, der Postillion, verbreitet wird. Mit der Titelüberschrift „Landtagswahl: Seehofer wählt Grüne, um Söder eins auszuwischen“, macht sich der Postillon über die Bayrische Landtagswahl 2018 lustig.

Zweitens wird der Begriff Fake News für Werbezwecke in den sozialen Medien benutzt. Ver­wirrende oder reißerische Überschriften verführen Internetnutzer durch Internetwerbung in der Absicht auf kommerziellen Gewinn. Dies wird auch Clickbaiting genannt. Die Fachzeitschrift der IT-Branche CHIP postet über ihre Facebook-Fanpage immer häufiger Artikel mit Über­schriften wie „WAHNSINN! Arnie kickt homophoben Follower - STILECHT!“ Ziel dieser Überschrift ist die Einnahmensteigerung mittels der Anzahl von Klicks. Wie in der Werbebranche auch, bewähren sich Themen zu Sex, Prominenten und Schönheit (Chip 2015). Drittens dienen Fake News in den sozialen Medien zu Propagandazwecken, um dem politischen Gegner bewusst Schaden zuzufügen (Schmid, Stock und Walter 2018, 72ff). Donald Trump behauptete am 20. Januar 2017 nach seiner Vereidigung zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten, dass noch nie so viele Menschen zu einer Amtsantrittsrede gekommen waren. Seine Absicht war offensichtlich: er wollte sich populärer und mächtiger darstellen als sein Vorgänger Barak Obama. Trump hielt Bilder etablierter Medien für unglaubwürdig, die bewiesen, dass weniger Menschen zu seiner Amtsantrittsrede kamen als zu der Obamas (Keil und Kellerhoff 2017, 7ff). Trumps Umgang mit den Medien ist bereits ein eigenständiges Medienthema. Auf seinem Twitteraccount nutzt er den Begriff Fake News häufig in Großbuchstaben, um deutlich zu machen, was er von den etablierten Medien hält.

Auch in Deutschland wird immer häufiger das Wort „Lügenpresse“1 benutzt. Bevor die Ursa­chen des Misstrauens in die Medien untersucht werden, soll in einem Exkurs auf das Thema öffentliche Meinung eingegangen werden.

2.2 Ein Exkurs zum Thema öffentliche Meinung

Eine Meinung ist eine persönliche Ansicht, Überzeugung oder Einstellung, welche subjektiv als wahr betrachtet wird, aber nicht hinreichend begründet werden kann. Sie grenzt sich vom Wissen ab, welches als wahr bezeichnet wird und hinreichend objektiv begründet werden kann, z.B. mit Daten, Tatsachen und Fakten. (Kuhla 2017)

Persönliche Meinungen können zur öffentlichen Meinung werden, wenn sie in der Öffentlich­keit einer Gesellschaft genügend diskutiert und als repräsentativ erachtet werden. Die „Öffent­lichkeit lässt sich am ehesten als ein Netzwerk für die Kommunikation von Inhalten und Stellungnahmen, also von Meinungen beschreiben“ (Habermas zitiert nach Jarren und Klinger 2017, 34). Generell kann die öffentliche Meinung als ein „kollektives Produkt von Kommuni­kationen, das sich zwischen den Sprechern als 'herrschende' Meinung darstellt" (Neidhardt zitiert nach Sarcinelli 2013), verstanden werden. Die öffentliche Meinung und private Meinungen beeinflussen sich gegenseitig und stehen somit in einer Wechselbeziehung. Der Begriff der öffentlichen Meinung hat jedoch bis heute in den Sozialwissenschaften keine allge­mein gültige Definition gefunden (Sarcinelli 2013).

Meldungen werden von den Medien, wie Zeitungen, Hörfunk, Rundfunk und Internet erstellt und veröffentlicht. Durch ihre Auswahl und Anordnung wird die öffentliche Meinung erzeugt und beeinflusst (von Hentig 1969). Die öffentliche Meinung nimmt Einfluss auf das politische Geschehen und wird selbst zum wichtigen Faktor der politischen Meinungsbildung.

Der amerikanische Journalist Walter Lippmann beschreibt in seinem 1922 erschienen Buch „Öffentliche Meinung“ (public opinion) die Funktion der öffentlichen Meinung im Prozess der demokratischen Meinungsbildung. Er sieht in den Manipulationsmöglichkeiten der öffent­lichen Meinung eine Gefahr für die Demokratie. Nach Lippmann müsse die Vorstellung aufge­geben werden, dass der gut informierte Bürger*in in der Lage sei, allein durch Informationen und Nachrichten hinreichend kompetente Urteile und Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungen entwickeln kann. Die Öffentlichkeit sei längst entmündigt und zum Spielball einflussreicher Interessengruppen geworden. Die soziale Wirklichkeit in der modernen Gesell­schaft sei zu komplex geworden, um vom Bürger und der Bürgerin erfasst zu werden. Statt­dessen entstünden fiktive Vorstellungen und Einstellungen, die er „Pseudo-Umwelten“ nennt. Obwohl diese „Pseudo-Umwelten“ teilweise beträchtliche Unterschiede zu den tatsächlichen Ereignissen aufweisen, bilden sie die Grundlage für Überzeugungen, Urteile und Handlungen. Für Lippmann entsteht dadurch ein Bruch der Wirklichkeit mit Auswirkungen auf die öffent­liche und politische Meinung. (Lippmann, 1989, 41ff). Um diesen Bruch zu überwinden lautet Lippmanns Schlussfolgerung, dass es Experten und Expertinnen geben müsse, die sich profes­sionell mit der Komplexität gesellschaftlicher Ereignisse beschäftigen. Lippmanns Experten und Expertinnen sollen das Gemeinwohl stärken und keine Einzelinteressen vertreten. Sie sollen die subtilen Zusammenhänge gesellschaftlichen Zusammenlebens sichtbar machen und somit die öffentliche Meinung gegen alle Formen der Manipulation schützen und verteidigen. Sein konkreter Reformvorschlag bezieht sich auf die Einrichtung von unabhängigen Nachrichtendiensten, in denen vor allem Politikwissenschaftler*innen Informationen über die Arbeit der Regierung und der staatlichen Institutionen auswerten und aufbereiten. Ihre Analysen sollen der Öffentlichkeit zugänglich sein und so die öffentliche Meinung bestimmen. In der Folge wurde Lippmann für seine angenommene Abhängigkeit der öffentlichen Meinung von Expertenwissen kritisiert. Er vernachlässige die notwendige Partizipation von Bürgern und Bürgerinnen bei der öffentlichen Meinungsbildung in der Demokratie (Knoll 2018). Zum Bei­spiel wendet sich John Dewey gegen Lippmanns Vorschlag einer Expertenherrschaft. Dewey befürwortet die Idee einer „direkten Demokratie“, in der nicht formale Mehrheitsfindung ent­scheidend ist, sondern Beratung und einvernehmliche Entscheidungen. Die öffentliche Meinung sollte nicht von Experten und Expertinnen bestimmt sein, sondern ein Ausdruck von Ideen und Vorstellung aller Gemeinschaftsmitglieder sein.

1922 hat Lippmann den Begriff Fake News verständlicherweise nicht genutzt und das Internet konnte er noch nicht kennen. Gleichwohl können in Anlehnung an Lippmann Fake News als Teil der öffentlichen Meinung verstanden werden, die durch bewusste Täuschung und Manipu­lation Einzelinteressen statt des Gemeinwohls dienen sollen. Fake News stellen die öffentliche Meinung vor die Herausforderung, wie ein von Lippmann vorhergesehener Bruch mit der Wirklichkeit verhindert werden kann.

2.3 Bedeutung von Fake News im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien

Eine repräsentative Demokratie lebt von einer gesunden Vertrauensbeziehung zwischen Bürger*innen und ihren Repräsentant*innen. Eine Lüge der Politiker*innen führt zum Vertrauensbruch und im schlimmsten Fall zur politischen Entfremdung und Apathie von Bürger*innen. Ein wichtiges Kontrollinstrument sind die Medien und ihre Akteure, die Journalist*innen. Durch ihre umfassenden Recherchen haben sie die Aufgabe, Nachrichten auf ihren Informations- und Wahrheitsgehalt zu prüfen und zu verbreiten. Wenn sie einen (politi­schen) Akteur einer Lüge überführen, können sie den Akteur durch die Veröffentlichung bloß­stellen und eine mögliche Bestrafung einleiten (Marschall 2017).

Doch immer mehr Bürger*innen in Deutschland misstrauen den Medien. Bei einer Umfrage von Infratest Dimap (2015) im Auftrag des WDR zum Thema Glaubwürdigkeit der Medien nahmen 37% der Befragten an, dass die deutschen Medien häufig lügen. 20% der Befragten würden sogar von „Lügenpresse“ sprechen.

In den letzten 30 Jahren scheint ein Skandal, eine Affäre, eine Krise die nächste zu jagen. Einerseits gab es sie auf globaler Ebene, wie die Veröffentlichungen der Missbrauchsfälle der katholischen Kirche in den 90er Jahren, die bis heute anhalten, die Weltwirtschaftskrise 2007/08, der Konflikt in der Ukraine und die Flüchtlingskrise ab 2015. Andererseits gab es sie auf deutscher Ebene, wie die Spendengeldaffäre der CDU um die Jahrtausendwende, die Plagiatsvorwürfe gegenüber Karl-Theodor von Guttenberg (CSU) und vielen weiteren Politiker*innen und die Steuerhinterziehungen vieler Prominenter, wie dem Tennisstar Boris Becker, der Journalistin Alice Schwarzer und dem früheren ZEIT- Herausgeber Theo Sommer (Kuhla, 2017, 15-31).

Die Bürger*innen wurden auf vielen Ebenen enttäuscht und die Medien vermitteln das Gefühl, Personen des öffentlichen Lebens wollen ihren Beitrag zum Gemeindewohl nicht leisten, in dem sie Steuern hinterziehen. Politiker erkauften sich ihren beruflichen Werdegang, Banken und Geflüchtete bedrohen ‘unser‘ Hab und Gut. Der Berichtserstattung zum Ukrainekonflikt in den westlichen Medien wurde Einseitigkeit vorgeworfen. In der Tat, erklärt die ZEIT-Journa­listin Bota, sei es ihr und ihren Kolleg*innen von russischer Seite aus verwehrt geblieben, die pro-russischen Separatistengebiete zu besuchen und dort zu recherchieren. Es war tatsächlich nur eine einseitige Recherche möglich. Dies führte zu einer heftigen Kritik der Medien, einschließlich persönlich beleidigender Kommentare gegen die Journalist*innen (Bota, 2017).

Die Medien tragen selbst durch die Art und Weise der Berichtserstattungen (Skandalisierungen, Einseitigkeit) zum Verlust der Glaubwürdigkeit bei. Die anfänglich emotionalen und empörten Kommentare vereinzelter, wütender Bürger nahmen immer mehr zu und spitzten sich zu Zeiten der sogenannten Flüchtlingskrise zu.

Am 31. August 2015 lobte Angela Merkel die positive Berichterstattung der sogenannten Willkommenskultur, da sie Mut mache und als Vorbild diene. Die Bilder von freudiger Empfangnahme der Geflüchteten gingen um die Welt. Doch häufig wiedersprachen die Bilder in den Medien den tatsächlichen Erfahrungen der Menschen. Aus Bussen stiegen häufig fremd­sprachige Männer und nicht wie im Fernsehen gezeigt Familien, Frauen und Kinder. Willkommen waren sie meist nicht. Das Lob Angela Merkels vermittelte den Eindruck, dass nur positiv über die sogenannte Flüchtlingskrise zu berichten sei.

Die Empörungen wurden immer stärker und die emotionalen Rufe wütender Bürger*innen wurden immer lauter. Parolen wie „Die Medien werden aus Berlin regiert“ und „Lügenpresse auf die Fresse“ fielen immer häufiger (Keil und Kellerhoff 2017, 285). Der Auslöser für derar­tige Empörung ist das Gefühl, dass die persönliche Meinung und die persönliche Sicht auf die Ereignisse in der Berichtserstattung der Medien zu kurz kommen. Die wütenden Bürger*innen („Wutbürger“) kommen zu dem Schluss, dass Presse und Politiker*innen gezielt zusammen­arbeiten. Die Begriffe „Lügenpresse“ und „Systemmedien“ werden als Kritik am politischen System verwendet. Die Journalist*innen werden als „Erfüllungsgehilfen des Systems“ (Kuhla 2017, 47) angesehen. Es entsteht ein doppelter Vertrauensbruch: Politiker*innen lügen und die Medien lügen.

Fake News sind ein Symptom für das Misstrauen der Bürger*innen gegenüber dem politischen System und seinen Akteuren. Die Ursache ist einerseits der Verlust einer Vertrauensbeziehung zwischen Bürger*innen und ihren Repräsentant*innen und andererseits der Verlust einer Vertrauensbeziehung der Bürger*innen zu den Kontrollinstanzen in einer repräsentativen Demokratie, den Medien. Das Internet eröffnet einen Handlungsspielraum für Fake News, um diesen Vertrauensverlust zum Ausdruck zu bringen. Fake News sind eine Reaktion auf die Berichterstattung in den etablierten Medien über gesellschaftliche Probleme. Wenn zum Beispiel der Präsidenten der Vereinigten Staaten (Falsch-)Meldungen ins Internet stellen lässt, erreichen sie wegen des Bekanntheitsgrads des Präsidenten sehr viele Menschen. Aufgrund der Autorität seines Amtes werden die Meldungen möglicherweise von den Bürger*innen nicht hinterfragt und auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Das Aufdecken von Fake News bleibt anderen Politiker*innen (der Opposition) und den Medien überlassen. Aus diesem Beispiel wird die Bedeutung der Kontrolle von Meinungen und Fake News deutlich.

Weil jede*r Nachrichten im Internet verbreiten kann, ist es nicht einfach zwischen Meldungen, Meinungen und Fake News zu unterscheiden. Kaiser (2017) erklärt die Schwierigkeiten, Fake­News in sozialen Medien, wie Facebook, Twitter oder Instagram zu erkennen. Beim Teilen der Nachricht bzw. Falschmeldung entsteht der Eindruck, die Fake-News-Seite sei echt. Zudem scheint die Nutzerin oder der Nutzer für die Echtheit zu garantieren.

Kaiser (2017) beschreibt drei unterschiedliche Formen von Fake News: Erstens, nicht die Fäl­schung des Inhalts ist das Besondere, sondern die überhöhte Aufmerksamkeit eines Posts, wie z.B. Clintons Email-Skandal2. Zweitens, das Vermischen von Wahrheit und Fälschung, von Nachrichten und Falschmeldungen, ist eine bereits bekannte, in seinen Dimensionen aber neue Praxis in der Politik. Drittens, die gezielte Desinformation. Die Fake News „zielt nicht darauf ab, dass etwas Falsches geglaubt wird, sondern darauf, dass Bürger*innen nicht mehr zwischen wahr und falsch, zwischen seriösen und unseriösen Quellen unterscheiden können.“ (Kaiser 2017). Diese drei Formen von Fake News verunsichern die Bürger*innen und missbrauchen ihr Vertrauen in die Medien.

Den Nutzern und Nutzerinnen von Internet und sozialen Medien fällt es zunehmend schwerer, die Nachrichten einzuordnen. Aus Empörung über die Medienberichtserstattung und ohne jeg­liche Kontrollinstanz erhalten sie in den sozialen Medien und im Internet die Möglichkeit, ihre persönliche Meinung zu verbreiten. Aufgrund der Vielzahl an persönlichen Meinungen über ein Ereignis sind die Empfänger*innen dieser Meldungen verunsichert und ihr Wunsch auf wahrheitsgetreue Information wird untergraben. Dabei macht es einen erheblichen Unterschied, ob eine Privatperson, der Präsident der Vereinigten Staaten oder Social Bots Fake News verbreiten. Es stellt sich somit die Frage, welche Macht Fake News tatsächlich haben und welches Auswirken sie auf die Demokratie haben?

2.4 Fake News als digitale Propaganda

Das Internet verfügt über eine derartige Informationsflut, in der es schwerfällt, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Die aktuelle Herausforderung bei der Beschaffung von Informationen ist nicht mehr die Informationsquelle selbst, sondern vielmehr die Einschätzung ihres Wahrheitsgehalts (Besand 2005, 421).

Fake News haben in der Informationsflut des Internets die Chance, den Internetnutzern und Internetnutzerinnen gezielt zu verunsichern und sein/ihr Vertrauen in die etablierten Medien zu mindern. Dieser Vertrauensverlust und die Unübersichtlichkeit bei der Informations­beschaffung wird in den letzten Jahren zunehmend von Populist*innen für ihre Propaganda ausgenutzt.

Propaganda meint hier eine strategische Form der Kommunikation, deren Ziel es ist, (meist manipulativ) Weltanschauungen und Ideologien zu verbreiten und relevante Kollektivstim­mungen zu ihren Gunsten zu verändern. Propaganda in diesem Sinne hat immer einen politi­schen Charakter, weil sie darauf abzielt, Menschen zu beeinflussen (Sachs-Hombach und Zywietz 2018).

Im Zeitalter des Internets können Populist*innen und Propagandist*innen einen großen Vorteil aus der Anonymität der sozialen Medien ziehen. Denn in sozialen Netzwerken können Informationen ohne Angabe von Autor*innen und Quellen verbreitet werden. Wichtig ist dabei allerdings die Häufigkeit der Nutzung, die mit der Anzahl der „Likes“ für jedermann und jederfrau einsehbar angegeben wird. Cialdini (2013) erklärt diese Besonderheit sozialer Netz­werke mit dem Prinzip der „sozialen Bewährtheit“. Demnach betrachten wir „ein Verhalten in einer gegebenen Situation in dem Maß als richtig, in dem wir dieses Verhalten bei anderen beobachten“ (Cialdini 2013, 165). Was vielen gefällt („Likes“) kann nicht falsch sein und hat sich bewährt. Somit können Fake News das Internet mit dem Prinzip der sozialen Bewährtheit als digitale Propaganda nutzen.

Eine weitere Möglichkeit, viele Menschen gleichzeitig zu erreichen, sind Social Bots. Social Bots (Bot - Abkürzung für Roboter) sind intelligente Computerprogramme, die kontrolliert Informationen, die richtig oder falsch sein können, teilen und „liken“. Ziel der Social Bots ist es, den Eindruck zu verbreiten, dass viele Internetnutzer dem Inhalt zustimmen. Durch ihre hervorgehobene Präsentation wird alternativen Informationen kaum die Chance gegeben, wahr­genommen zu werden, ähnlich der Suchmaschine Google, die als erstes die am meisten ausge­wählten Internetseiten anzeigt (Kuhla 2017, 68). Social Bots täuschen menschliches Verhalten vor. Sie sind mit bestimmten Profilinformationen ausgestattet, um virtuelle „Freundeskreise“ aufzubauen. Die massenhafte Verbreitung von (Fehl-) Informationen soll von realen Nutzern 13

und Nutzerinnen über deren Freundeskreise weiterverbreitet werden. Der Radius wird somit stark erweitert (Graber und Lindemann 2018, 57). Auch Social Bots nutzen das Prinzip der sozialen Bewährtheit. Die Kontrolle von Social Bots ist schwierig, da die Computerprogramme nur schwer aufzudecken sind. Dem Internetnutzer oder Internetnutzerin fehlt in der Regel der notwendige Sachverstand.

Im Internet lassen sich Fake News am einfachsten in sogenannte Echokammern und Filter­blasen verbreiten. Sie isolieren die Nutzer*innen von anderen Informationen, die ihre eigene „Wahrheit“ der Ereignisse verbreiten „Es gibt nicht mehr einige wenige anerkannte mediale Instanzen der Wahrheit. Vielmehr betreibt jede Echokammer ihr eigenes Wahrheits­management - mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen“ (Marschall 2017, 21). Hier arbeiten Social Bots am häufigsten und erschaffen Meinungstendenzen und alternative Realitäten. Beim Zusammentreffen der Nutzer*innen in den sozialen Medien bestärken sie sich gegenseitig in der Wahrnehmung von Fake News. Zugleich verstärken die Nutzer*innen ihre Glaubwür­digkeit. Es wird kein charismatischer Führer mehr für Propagandazwecke gebraucht, es reicht ein Computer mit Internetanschluss.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Fake News ein Ausdruck von gesell­schaftlicher Unzufriedenheit sind. Die Verbreitung von unkontrollierten Fake News sorgt vor allem in den sozialen Medien für Verwirrung, weil die Nutzer*innen nicht mehr den Wahr­heitsgehalt der mitgeteilten Information einschätzen können. Das Vertrauen in die etablierten Medien schwindet mehr und mehr. Außerdem können Populist*innen und Propagandist*innen Fake News nutzen, um das Meinungsbild zu ihren Gunsten zu verändern. Durch das Einsetzen von Social Bots kann die Verbreitung von Informationen untergraben oder behindert werden und alternative Informationen finden Gehör. Sie täuschen eine scheinbare Transparenz der sozialen Medien vor. Es werden gezielt Netzwerke und Echokammern aufgebaut, um die Reichweite der Fake News drastisch zu vergrößern und mehr Menschen zu erreichen.

Fake News schaden der Demokratie. Die Glaubwürdigkeit in unabhängige Medien, auf die die Demokratie angewiesen ist, verringert sich. Fake News zu Propagandazwecken schränken die Meinungsvielfalt ein, behindern die öffentliche Meinungsbildung und greifen den Pluralismus in einer demokratischen Gesellschaft an.

Lippmanns Überlegungen zur öffentlichen Meinung (siehe oben) gingen aus der Auseinander­setzung mit der aufkommenden Propaganda in seiner Zeit hervor. Seine Warnung ist auch heute noch gültig: „Wo alle das Gleiche denken, denkt niemnad beonders viel“ (Lippmann, zitiert nach Graber und Lindemann 2018, 59). Propaganda ist dann am effektivsten, wenn sie niemand 14

hinterfragt. Um der Meinungsbildung eine Chance zu geben, braucht es Bürger*innen, die selbstständig, kritisch und reflektierend denken können. In Bezug auf Fake News benötigt es Medienkompetenzen, die den Bürger*innen erlauben, zwischen richtiger und falscher Information, zwischen privaten und öffentlichen Meinungen unterscheiden zu können. Im nächsten Teil soll der Frage nachgegangen werden, vor welchen Herausforderungen Medienpädagogik und politische Bildung im Umgang mit Fake News stehen.

3. Herausforderungen von Fake News für die Medienpädagogik und politische Bildung

3.1 Der Auftrag und die Aufgabe der politischen Bildung

Jede Gesellschaft steht vor der Herausforderung der Ordnung des gemeinsamen Miteinanders, das heißt vor den Fragen, wie Politik geregelt werden soll und wie diese politischen Regelungen und Strukturen an alle Gesellschaftsmitglieder vermittelt werden. Der Erwerb von Wertehal­tungen, Einstellungen, Überzeugungen, Wissensbeständen und Handlungsdispositionen, die für die Stabilität der politischen Ordnung einer Gesellschaft als erforderlich betrachtet werden, müssen den Gesellschaftsmitgliedern in Lernprozessen beigebracht werden. Diese politische Sozialisation beginnt im Kindesalter (Sander 2005, 13). Die politische Bildung knüpft hier an und agiert im schulischen oder außerschulischen Kontext.

Im Laufe der deutschen Geschichte, während verschiedener Regierungsformen, bildeten sich drei Grund- und Denkmuster der politischen Bildung heraus wie sie von Sander (2005) heraus­gearbeitet werden: Die Herrschaftslegitimation, die demokratische Umerziehung und die Mün­digkeit. Sie dienen der Klärung des Auftrags politischer Bildung in verschiedenen Sozialisie­rungsprozessen (Sander 2005, 14ff).

Im deutschen Kaiserreich und im Nationalsozialismus diente die politische Bildung zur Herrschaftslegitimation. Sie sollte schon in der Schule zur Vermittlung einer einheitlichen Weltanschauung dienen, die gesellschaftliche und politische Lage rechtfertigen und eine Kritik frühzeitig unterbinden.

Nach 1945 vollzog die politische Bildung in Deutschland eine demokratische Umerziehung durch die Alliierten. Diese „Mission“ der Alliierten (Sander 2005) richtete sich gegen jede Art moralischen Übels und orientierte sich an demokratischen Werten.

Das dritte Denkmuster der politischen Bildung hat zum Ziel, die Bürger*innen zur Mündigkeit zu erziehen. Ein mündiger Bürger oder eine mündige Bürgerin ist sich seinen/ihren Rechten und Pflichten in einer repräsentativen Demokratie bewusst und weiß mit diesen umzugehen. Die Bürger*innen sollen mit den demokratischen Institutionen vertraut sein und politische Ent­scheidungen und ihre Auswirkungen verstehen, am besten sich selbst daran beteiligen (Glaser 2018). Zur Mündigkeit gehört insbesondere, selbstbestimmt und eigenverantwortlich handeln zu können. Um das Ziel der Mündigkeit zu erreichen, werden die Persönlichkeitsentwicklung, die Identitätsbildung und die Stärkung des Selbstvertrauens gefördert.

3.2 Demokratie und Medienkompetenzen

Demokratie muss gelernt werden. In Schulen in Deutschland kommt die Demokratieförderung meist zu kurz. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung (2018) zeigt, dass für 95 Prozent der Lehrkräfte die Demokratieförderung nur einen mittleren Stellenwert hat. Zudem wird in der Schule Demokratie vorwiegend theoretisch als politisches System mithilfe von Zahlen und Modellen vermittelt.

Demokratie wird auch als Lebensform verstanden. Die Auffassung, dass die Demokratie ein wesentlicher Lebensstil ihrer Bürger*innen sei, geht auf John Dewey zurück (siehe Knoll 2018). Nach Dewey sollen Kinder Demokratie als Lebensform so früh wie möglich kennenlernen. Demokratie als Lebensform zeichnet sich durch Kommunikation, Partizipation und Kooperation aus. Sie sind Voraussetzungen für Denken, Handeln und gemeinsame Erfahrungen der einzelnen in der Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft braucht ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Es wird durch die ständige Beratung, Beteiligung und Zusammenarbeit der Gemeinschaftsmitglieder gewährleistet. Dewey geht davon aus, dass eine Gemeinschaft von den unterschiedlichen Interessen ihrer sozialen Gruppen lebt und daraus jeder sein eigenes Potential schöpfen kann. Um dieses individuelle Potential zu heben, ist eine umfassende Allgemeinbildung und insbesondere auch eine wissenschaftlich orientierte politische Bildung notwendig (Knoll 2018).

Das Bewusstsein für gesellschaftliche Teilhabe muss geschaffen werden. Gesellschaftliche Teilhabe meint die Möglichkeit zur freien Entfaltung und die Chancengleichheit für alle zur Mitgestaltung in allen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbereichen (Diehl 2017). Demokratie als Lebensform setzt voraus, dass die Bürger*innen einen demokratischen Umgang miteinander als wünschenswert erachten. Ihre demokratischen Einstellungen sollen sie in per- sönlichen Erfahrungen entwickeln (Henkenborg 2005). Diese Erfahrungen sind zunehmend geprägt von einer digitalisierten Lebenswelt. Im 21. Jahrhundert werden Kinder und Jugendli­che als digital natives [3] bezeichnet. Digital natives sind im Zeitalter von Internet und sozialen Medien aufgewachsen und ihre Umwelt ist davon geprägt (Himmelrath und Ebers 2018).

In der digital geprägten Welt wird das Internet als Schlüsseltechnologie angesehen. Die persön­liche Kommunikation findet zunehmend auch im Internet und in den sozialen Medien statt. Damit werden der persönliche Kontakt und der Umgang miteinander in abstrakte Medien hinein verlängert. Auch politische Debatten werden im Internet und in sozialen Medien ausgetragen. Außerdem dient das Internet zur Informationsbeschaffung als Grundlage für eine persönliche (politische) Meinungsbildung. Zum Beispiel geben 70 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren an, sich mindestens einmal pro Woche mithilfe des Internets zu informieren (Tillmann 2017, 117). Im Hinblick auf die Digitalisierung stellt die 17. Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2015 fest, dass 99 Prozent der Jugendlichen einen Internet-Zugang haben. Sie nutzen im Durchschnitt 2,3 Zugangskanäle wie z.B. Smartphone oder Laptop. Außerdem verbringen Jugendliche durchschnittlich 18,4 Stunden wöchentlich online; 2006 waren es noch weniger als 10 Stunden. Damit sei die „Online-Vollversorgung Wirklichkeit geworden“ (Albert, Hurrelmann und Quenzel 2015). Zugleich stellt die Studie fest, dass Jugendliche über die Problematik der Datennutzung weitgehend informiert sind und diese auch kritisch einschätzen. Obwohl mehr als die Hälfte der Jugendlichen angibt, Facebook häufig oder sehr häufig zu nutzen, haben sie nur ein geringes Vertrauen in Facebook.

Die Medien leisten einen wichtigen Beitrag zur politischen Willensbildung und für politische Entscheidungsprozesse. Sie haben eine wichtige Kontrollfunktion und gelten neben Judikative, Exekutive und Legislative als vierte Gewalt (Kneuer 2017, 43). Das Internet ist ein öffentlicher Raum. Einerseits kann sich hier die öffentliche Meinung bilden, indem politische Akteure ihre Anliegen, Ziele und Programme zur Diskussion stellen. Andererseits entstehen durch Blogs und Accounts in den sozialen Medien „persönliche Öffentlichkeiten“ (Kneuer 2017, 47). Durch diese personalisierte Kommunikationsmacht entsteht ein Kontrollverlust auf Seiten der etab­lierten Medien. Demnach soll ein Verständnis geschaffen werden, dass das Internet als ein demokratischer und öffentlicher Raum zum Austausch von Informationen, persönlicher und öffentlicher Meinung angesehen wird, an dem jeder teilhaben kann (Gapski, Oberle und Staufer 2017).

Die aktuelle Herausforderung für die politische Bildung liegt im Umgang mit den neuen Kommunikations- und Informationstechnologien, dem Internet und den sozialen Medien. Medienpädagogik gewinnt zunehmend an Bedeutung für die politische Bildung. Die Medien­kompetenz muss inzwischen auch den kritischen und selbstbestimmten Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien einschließen. Sie gilt als Schlüsselkompetenz für politische Handlungs- und Urteilsfähigkeit, ebenso wie für die gesellschaftliche und politische Teilhabe. Im gesellschaftspolitischen Diskurs „verweist die Medienkompetenz auf demokratische Leit­werte, wie Mündigkeit, Selbstbestimmung und Chancengleichheit“ (Gapsi, Oberle und Staufer 2017, 21).

Als allgemeine Medienkompetenzen können zusammenfassend genannt werden (siehe Eickelmann 2017, 146):

- Das Medienangebot für das fachliche Lernen zielführend auswählen und erfolgreich nutzen.
- Medienbeiträge mitgestalten und weiterverbreiten.
- Die Mediengestaltung nachvollziehen und bewerten.
- Die Medieneinflüsse erkennen.
- Die Medienverbreitung durchschauen und die Quellen beurteilen.

Diese allgemeinen Fähigkeiten setzen eine Urteils- und Handlungsfähigkeit voraus und dienen als Grundlage der eigenen und selbstbestimmten Lebensführung. Auf diesen allgemeinen Fähigkeiten baut eine politikbezogene Medienkompetenz auf, mit dem übergeordneten Ziel der politischen Teilhabe. Es sollen folgende Kernkompetenzen vermittelt werden (siehe Gapski, Oberle und Staufer 2017, 22ff):

- Die Medien zur Informationsgewinnung und politischen Meinungsbildung einsetzen und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken.
- Das Verhältnis zwischen Politik und Medien kritisch analysieren.
- Die (digitalen) Medien als Plattform nutzen, um die eigenen politischen Interessen und Vorstellungen einzubringen.

Mit diesen Kernkompetenzen ist die Erziehung zum mündigen Bürger und zur mündigen Bürgerin beabsichtigt. Die politikbezogene Medienkompetenz im digitalen Zeitalter stellt eine große Herausforderung für die politische Bildung dar. In der Medienpädagogik sind Internet und soziale Medien Plattformen, in denen die Demokratie als Lebensform, die Meinungs- bildung und Handlungsfähigkeit gelernt werden können. Im Folgenden soll die Bedeutung der Fake News herausgearbeitet werden.

3.3 Medienkompetenzen in Bezug auf Fake News

Fake News sind ein Bestandteil der Demokratieförderung in der Medienpädagogik. Auch in Bezug auf Fake News bleibt das übergeordnete Ziel die Bildung zur Mündigkeit, die sich gerade im Umgang mit Fake News zeigt. Von mündigen Bürger*innen wird erwartet, dass sie Fake News erkennt und ihre Bedeutung einschätzen können. Sie sind im besten Falle Fake News nicht ohnmächtig ausgeliefert, d.h., die intendierten Wirkungen der Fake News (z.B. Propa­ganda) greifen bei mündigen Bürger*innen nicht.

Generell gilt es, die Wechselwirkung zwischen mündigem Bürger/mündigen Bürgerinnen und Gesellschaft zu verstehen und dabei die Bedeutung von Fake News zu erkennen und zu bewerten. In der Medienpädagogik wird die digital vernetzte Welt aus drei verschiedenen Per­spektiven erklärt: der technologischen Perspektive (wie funktioniert das?), der gesellschaftlich­kulturellen Perspektive (wie wirkt das?) und der anwendungsbezogenen Perspektive (wie nutze ich das?). Himmelrath und Egbers (2018) verorten Fake News zwischen der gesellschaftlich­kulturellen und der anwendungsbezogenen Perspektive. Deswegen sind folgende Fragen relevant:

Anwendungsbezogene Perspektive: Aus welcher Motivation heraus werden Fake News ver­breitet? Wie können Fake News erkannt und kritisch beurteilt werden? Welche Instrumente werden genutzt, um Fake News effizient zu verbreiten und wie wird damit umgegangen?

Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive: Welche digitale Informationskultur entsteht durch das Verbreiten von Fake News? Welchen Einfluss haben Fake News auf das Informations­verhalten? Wie kann eine angemessene Abgrenzung zu Fake News erfolgen?

Im Folgenden sollen diese Fragen beantwortet werden. In Hinblick auf die anwendungs­bezogene Perspektive ergeben sich folgende Antworten: Wie bereits im zweiten Kapitel erörtert, sind die Motivation und Gründe zur Verbreitung von Fake News meist von finanzieller und politischer Art. Um Fake News zu erkennen und kritisch zu beurteilen, gibt es verschiedene Strategien. Zuerst werden die drei verschiedenen Erscheinungen von Fake News in Gefahren­grade (hoch, mittel, niedrig) unterteilt, um die Wirkungen der Bedeutungen zu erkennen. Danach werden Fragen gelistet, die dem Nutzer erlauben, Quellen einzuordnen und bewerten zu können (Wannenmacher und Wolf 2016).

- Satirische Nachrichten werden mit einem niedrigen Gefahrengrad eingestuft. Satire­seiten sind als solche gekennzeichnet oder im Impressum als solche erkennbar.
- Clickbaiting Webseiten werden mit einem mittleren Gefahrengrad eingestuft. Zum einen bauen die Inhalte dieser Webseiten auf wahren Geschichten auf, weswegen sie dem Leser glaubwürdig erscheinen. Zum anderen nutzen sie häufig nur Teilaspekte einer Geschichte, um Emotionen (wie z.B. Freude und Empörung) hervorzurufen. Daher dienen diese Webseiten meist nur zur Unterhaltung und sollten nicht als verläss­liche Quelle für die Meinungsbildung genutzt werden. Der Übergang von einer „Click- baiting-Nachricht“ zu Fake News ist fließend.
- Fake News Webseiten werden mit einem hohen Gefahrengrad eingestuft. Die Inhalte sind meist erfunden oder beinhalten Halbwahrheiten, die Tatsachen meist verdrehen. Auch Fake News spielen mit Emotionen der Leser*innen, was zum schnellen Teilen der Nachricht verleitet. Häufig tauchen die Links zu den Fake News Seiten in Foren auf, die sich schon mit diesem Thema beschäftigen und die eigene Meinung bestärken (Filterblase).

In der folgenden Tabelle sind Fragen zur systematischen Auswertung von Nachrichten und Informationen aufgelistet. Sie dienen dazu, Quellen zu bewerten und Fake News zu erkennen. Die Tabelle ergibt sich aus der Auseinandersetzung mit der Mediennutzung. Die Fragen stützen sich auf die bereits erörterten Medienkompetenzen (siehe Kapitel 3.2).

Fragen für die Bewertung der

Informationen/Inhalte

Wann es sich um eine Fake News handeln könnte

Wer

Wer ist der/die Autor*in? Gibt es noch weiter Informationen über den/die Autor*in im Internet?

Gibt es ein Impressum mit Kontakt­daten und Ansprechpartner*innen?

Was ist das für eine Seite, welche Interessen hat sie? Ist sie politisch motiviert oder besteht sie haupt­sächlich aus Werbungen?

Kein/e Autor*in ist vorhanden oder es gibt keine weiteren Informationen über den/die Autor*in.

Es gibt kein Impressum. Das Impressum stammt aus dem Ausland und es gibt keine/n Ansprechpartner*in.

Wenn die Seite politisch nur einseitig beschrieben ist, könnte sie politisch motiviert sein. Wenn sie hauptsächlich aus

Werbung besteht, könnte es sich um eine Clickbaitingwebsite handeln.

Wie

Wie ist der Inhalt geschrieben? Handelt es sich um eine Meinung, einen Blogbeitrag, Nachrichten, etc.?

Wie werden Bilder und Videos ge­nutzt?

Handelt es sich um eine ideologische oder politisch gefärbte Meinung? Welche In­halte werden vermittelt, welche werden weggelassen? Sind Meinungen, Nach­richten oder Blogbeiträge nicht als solche gekennzeichnet?

Die Bilder und Videos haben keine Quelle und wurden aus einem anderen Kontext herausgenommen. Anhand der umge­kehrten Bildersuche kann der Ursprung des Bildes herausgefunden werden.4

Warum

Wer sind die Adressaten?

Wie sind Sprache und Schreibstil?

Sind die Quellen der Nachricht be­kannt?

Werden bestimmte Personenkreise aus­geschlossen? Gibt es Verallgemeinerun­gen? Soll der Inhalt informieren oder unterhalten?

Sachlich informativ oder populistisch reißerisch? Sind viele Wörter in Groß­buchstaben geschrieben?

Die Quellen sind nicht angegeben und es wird auf keine Quellen verwiesen

Himmelrath und Ebers (2018); Wannenmacher und Wolf (2016)

Um Clickbaitingwebsiten und Fake News gezielt und effizient im Internet zu verbreiten, werden Algorithmen und Social Bots verwendet. Wie in Kapitel 2.4. bereits beschrieben, imitieren Social Bots das Kommunikationsverhalten von Internetnutzern. Außerdem können sie durch virtuell aufgebaute „Freundeskreise“ Meinungstendenzen und alternative Realitäten erschaffen. Ihre Informationen beziehen sie häufig aus unseriösen Internetseiten und von pri­vaten Meinungen.

Algorithmen sind Handlungsanweisungen an den Computer, die das Netzverhalten eines Nutzers oder einer Nutzerin beeinflussen sollen. Durch gespeicherte Daten werden personifi­zierte Informationen an den Nutzer oder die Nutzerin weitergegeben. Meistens werden Algo­rithmen zur Verbreitung von Werbung verwendet. Bewegt sich der Nutzer oder die Nutzerin in einer sogenannten Filterblase, so werden ihm/ihr vom Algorithmus Nachrichten und Informa­tionen entsprechend seiner/ihrer vorherigen Suchanfragen angezeigt. Durch die Vorauswahl des Algorithmus verringert sich die Informationsvielfalt. Fake News können in der Vorauswahl gezielt gestreut werden (Himmelrath und Egbers 2018).

Algorithmen und Social Bots tauchen vorwiegend in den sozialen Netzwerken auf. Zur Erken­nung von Algorithmen und Social Bots dienen die Fragen in der folgenden Tabelle. Auch diese Fragen ergeben sich aus der Auseinandersetzung mit Algorithmen und Social Bots.

Fragen zu Bewertung, ob es sich um Algorithmen oder Social Bots handelt.

Wann es sich um Algorithmen oder Social Bots handeln könnte

Wer

Handelt es sich um Popup-Werbung?

Handelt es sich um ein Twitter-, Facebook- oder Instagramaccount?

Es lässt sich auf algorithmische Strukturen schließen.

Der Account hat keine Angaben zu Hobbies. Es liegen keine Bilder vor. Es gibt kaum oder keine Verbindungen zu Profilen die echt erscheinen. -> Social Bots

Wie

Wie oft postet der Account?

Wie ist das Verhalten des Accounts?

Der Account postet über 50 mal pro Tag über ähnliche Themen. Es wird zu jeder Tages- und Nachtzeit gepostet. -> Social Bots

Es gibt eine schnelle Reaktion auf „Likes“ oder Teilungen. Es gibt keine Antworten auf schwierige Fragen und es wird nur ein kleiner Wortschatz verwen­det. -^Social Bots

Himmelrath und Egbers (2018)

Hinsichtlich der gesellschaftlich-kulturelle Perspektive ergeben sich folgende Antworten. Die neue Informationsumwelt wird vom „Web 2.0“ (Kneuer 2017, 44) bestimmt. Das Web 2.0 sind drahtlose Netzwerke, die es erlauben jederzeit und überall online zu sein. Es erlaubt den Teil-

nehmer*innen, ständig miteinander verbunden zu sein und permanent miteinander zu kommu­nizieren (Kneuer 2017). Informationen können global und zeitgleich versendet werden. Die digitale Informationskultur betont die Vielfalt im Umgang mit unterschiedlichen Informations­systemen wie Facebook, Twitter, Webblogs und Wikis (Hapke 2012).

Mit der Quantität der Beiträge im Internet (Informationsinflation) und ihrer „Entwertung der einzelnen Informationseinheiten“ (Busch 2017, 55) wird die Qualität beeinträchtigt. Algo­rithmen und Social Bots haben die Fähigkeit, Fake News einen hohen Grad der Aufmerksam­keit im Internet und den sozialen Medien zu verschaffen. Da die Aufmerksamkeitsspanne eines Menschen begrenzt ist, haben die von Algorithmen und Social Bots erzeugten Informationen, in diesem Fall Fake News, die Möglichkeit, die meiste Aufmerksamkeit zu erregen. Es entsteht eine digitale Informationskultur ganz nach dem Prinzip, wer am lautesten schreit, wird am ehesten gehört.

Kinder und Jugendliche befinden sich in einer Entwicklungsphase, in der die Meinungsbildung beginnt, sich auszuprägen. Bei häufiger Nutzung von Internet und sozialen Medien nimmt die Möglichkeit der Manipulation durch Fake News zu. Eine Umfrage im Auftrag von Bitkom Research erfasst (Rohleder 2017), wie sich digital natives (im Alter von 14 bis 29 Jahren) informieren und wie sie sich im Internet bewegen. Demnach informieren sich digital natives an erster Stelle über Nachrichtensendungen im Fernsehen (91%), gefolgt vom Internet (79%). 89 Prozent derjenigen, die angeben, sich über das Internet zu informieren, nutzen dabei Internetseiten klassischer Printmedien, 71 Prozent nutzen Internetseiten der Rundfunkanstalten und 25 Prozent geben an, sich über soziale Medien über das aktuelle Geschehen zu informieren. 86 Prozent der Nutzer und Nutzerinnen, die sich über soziale Medien informieren, sind Fake News in den sozialen Netzwerken bereits aufgefallen. Davon wiederum stimmen 87 Prozent zu, dass Fake News gezielt in Umlauf gebracht werden, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen (Rohleder 2017).

Demnach werden die etablierten Medien nach wie vor am häufigsten genutzt, um sich über das aktuelle Geschehen zu informieren. Den meisten, die sich über die sozialen Medien informieren, sind der Gebrauch und die Ziele von Fake News bewusst. Die Nutzung der sozialen Medien als Informationsquelle wird dabei überschätzt. Die Frage nach dem Einfluss von Fake News auf das Informationsverhalten der Internetnutzer*innen ist nur schwer zu beantworten, da Fake News weniger Vorurteile erzeugen, als sie zu bestätigen.

Um sich angemessen von Fake News abgrenzen zu können, haben Politik, soziale Medien und Journalist*innen unterschiedliche Methoden entwickelt. Die Medienpädagogik kann hier 23

anknüpfen und weiterarbeiten. 2017 verabschiedeten der Bundestag und der Bundesrat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Beiträge, die offensichtlich rechtswidrige Inhalte vermitteln, müssen innerhalb von 24 Stunden aus den sozialen Netzwerken entfernt werden. Hetze, Verleumdung und Beleidigung werden nach dem Strafgesetzbuch (StGB) mit bis zu 5 Jahren Haft bestraft (§§ 185ff StGB). Beiträge, bei denen unklar ist, ob ein Verstoß vorliegt, sollen von unabhängigen Schiedsstellen innerhalb einer Woche geprüft werden. Bislang wurden allerdings noch keine Schiedsstellen eingerichtet und ihre Arbeitsweise bleibt ungeklärt (Kuhla 2017). Die Medienpädagogik kann anhand des NetzDG und dem StGB vermitteln, welche Beiträge rechtswidrig sind. Zudem können die Gründe für das Löschen von Beiträgen erörtert werden. Außerdem kann bewertet werden, ob das Löschen von Accounts oder Beiträgen mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbar ist. Kinder und Jugendliche müssen dafür sensibilisiert werden, eigenverantwortlich für ihre Netzinhalte zu sein. Ihnen muss bewusst sein, dass Hetze, Verleumdung und Beleidigungen bestraft werden.

Facebook entwickelte ein Warnzeichen für Beiträge, die von sogenannten externen Fakten­prüfern in ihrem Wahrheitsgehalt als Fake eingestuft werden. Die Quellen zur Begründung für das Warnzeichen werden mitgeliefert (Kuhla 2017). Außerdem gibt es auf Facebook und Twitter eine Funktion für jeden Nutzer, einen Beitrag als Fake zu melden. Dafür müssen die Inhalte bewertet werden, dies ist eine wichtige Aufgabe der Medienpädagogik (siehe auch Kapitel 3.2). Damit wird deutlich, dass die sozialen Netzwerke selbst ihre Beiträge beurteilen müssen, ob es sich um einen Fake oder eine Meinung oder eine Information handelt.

Inzwischen haben sich verschiedene Internetseiten, wie Mimikama, First Draft News und Hoaxmap.org zur Aufgabe gemacht, Fake News aufzudecken. Ebenso nimmt sich die Tageschau mit dem Titel „Faktenfinder“ der Fake News an. Im Faktenfinder legen Journalisten*innen ihre Informationen offen. Auf diese Informationen können Nutzer und Nutzerinnen zurückgreifen, um die vorliegende Meldung auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Der Umgang mit Fake News ist erfahrungsgeleitet. Medienpädagogik führt in den Umgang mit Fake News ein. Zu den Erfahrungen gehören Fehler dazu, aus denen gelernt werden kann. Die Medienpädagogik greift diese Erfahrungen im Umgang mit Fehlern auf, um fehlerhaftes Verhalten künftig vorzubeugen. Im Folgenden wird eine Projektarbeit in der Schule vorgestellt und analysiert. Mittels teilnehmender Beobachtung wird der Frage nachgegangen, wie ein Umgang mit Fake News mit Jugendlichen bearbeitet werden kann.

4. Reflexion des Forschungsprozesses

4.1 Entwicklung der Fragestellung

Im Zuge der Überlegungen über die möglichen Themen meiner Bachelorarbeit, stellte sich schnell heraus, dass ich mich gerne mit der politischen Bildung beschäftigen möchte. Während der Suche nach einem Pflichtpraktikum stieß ich schon auf eine Organisation, die durch parti­zipatives Theater politische Bildungsarbeit in Schulen leistet. Dieses Feld schien mir für eine qualitative Sozialforschung zum Thema politische Bildung passend. Zu dem Zeitpunkt der Kontaktaufnahme wurden studentische Honorarkräfte gesucht. Ich bewarb mich daraufhin mit der Ankündigung, das Arbeitsfeld für meine Bachelorarbeit zu nutzen.

In meinen ersten Wochen nutzte ich die Zeit zur Einarbeitung in die Projektdurchführung. Dabei hielt ich nach Möglichkeiten Ausschau, mein Themengebiet einzugrenzen und eine Forschungsmethode auszuwählen. Die Organisation führt theaterpädagogische Projektwochen in Schulen zu verschiedenen Themen der Demokratieförderung durch. Die Projekteinheit beläuft sich auf 90 Minuten pro Tag. Von dienstags bis freitags wird jeden Tag ein anderes Thema bearbeitet.

Ich entschied mich für das Thema Fake News, weil es mich aufgrund seiner Aktualität sehr interessiert. Mich beschäftigt die Frage, wie die Erarbeitung eines Umgangs mit Fake News mit Jugendlichen möglich ist. Ebenso interessiert mich, ob es in der Projektwoche möglich ist, mit den Jugendlichen gemeinsam das Thema zu erarbeiten und dabei ihre Kompetenzen und ihr Wissen zu nutzen. Die Organisation verwendet die Methode des Forumtheaters, entwickelt von Augusto Boal (1979), um die Projekteinheit theaterpädagogisch zu gestalten. Das Forumtheater wird in die Forschungsfrage integriert.

Die Forschungsfrage bezieht sich sowohl auf das Verhalten der Schüler*innen und ihre Bezie­hungen zu den Projektmitarbeiter*innen, als auch auf das Interesse der Schüler*innen im Umgang mit Fake News. Sie lautet: Ist das Erlernen eines (medienkompetenten) Umgangs mit Fake News mit der Methode des Forumtheaters mit Jugendlichen möglich?

4.2 Theaterpädagogische Methode - das Forumtheater

Augusto Boal beschreibt in Theater der Unterdrückten (1979) die Methode des Forumtheaters. Im Forumtheater soll der Zuschauer zum Mitwirkenden einer Handlung werden und sich dessen bewusst sein. Im Theater soll die Welt präsentiert werden, „so wie sie ist“. Der Zuschauer soll während des Theaterstücks das Gefühl entwickeln, die Welt verändern zu wollen, in eine „Welt, wie sie sein könnte“ (Boal 1979, 83). Denn „den Zuschauern-Mitwirkenden muss klar werden, dass es an ihnen liegt, die Wirklichkeit zu verändern.“ (Boal 1979, 85)

Im Forumtheater wird eine „reale“ Szene gespielt, d.h. eine Szene, die so oder so ähnlich in der Lebenswelt des Publikums stattfinden könnte. Es wird bewusst ein Dilemma erzeugt, das die Hauptfigur in eine Situation bringt, in der sie sich unterdrückt fühlt oder nicht so handeln kann, wie sie eigentlich will. Hierbei müssen die Personen bestmöglich charakterisiert werden, damit das Publikum das Handeln jeder Person genau nachvollziehen kann. Der/die ersetzte Schau- spieler*in leitet dies mithilfe von Fragen: Wer ist Charakter X? Wie ist er/sie in diese Situation geraten? Was ist seine/ihre Absicht? Wieso hat er/sie dies getan? Nachdem Veränderungs­vorschläge erarbeitet worden sind, wird die Szene nochmals gespielt. Die „unterdrückte“ Hauptfigur kann mit Personen aus dem Publikum ausgewechselt werden. Dabei halten die Schauspieler*innen grundsätzlich an der „Welt, wie sie ist“ fest. Es soll zunächst aufgezeigt werden, wie schwer es ist, die Wirklichkeit zu verändern. Die Personen können mehrmals ausgewechselt werden, abhängig von der Anzahl der Vorschläge und den Ideen des Publikums. Die Zuschauer dürfen grundsätzlich jeden Schauspieler oder jede Schauspielerin ersetzen. So können sie Formen der Unterdrückung spielerisch erfahren.

Das Forumtheater soll dem Publikum die Möglichkeit geben, seine Interessen und Ziele zu erkennen, auszudrücken und dafür einzustehen. Das Publikum soll gesellschaftliche Positionen einnehmen, die sie zuvor nicht kannten und ein Verständnis für diese Position aufbringen. Außerdem soll ein besseres Verständnis für das Konfliktthema angestoßen werden. Durch alternative Handlungsmöglichkeiten können Konflikte konstruktiv (präventiv) aufgearbeitet werden. Sie haben das Potential zur Übertragung auf die eigene Lebenswelt.

Boal sieht das Theater als Möglichkeit zur Veränderung der Realität, zur Konfliktbearbeitung, zur Behandlung sozialer Probleme und allgemein zur Demokratisierung des Theaters und der Gesellschaft. Das Forumtheater ist inzwischen fest in der politischen und kulturellen Bildung verankert (Wilckens 2011).

4.3 Methoden der Datenerhebung

In der qualitativen Sozialforschung gibt es unterschiedliche Methoden der Datenerhebung. Die bekanntesten sind die teilnehmende Beobachtung, die Erhebung von natürlichen Daten und das Interview. Diese drei Methoden werden kurz erklärt. Im Anschluss begründe ich meine Entscheidung für die teilnehmende Beobachtung.

Natürliche Daten sind Videomaterialien, Originalbriefe oder andere Originaldokumente. Das Auswerten dieser Daten gilt als sicherste und objektivste Methode in der qualitativen Sozial­forschung (Lamneck 2010). Bei meiner Forschungsfrage handelt es sich um das Verhalten von Jugendlichen und Mitarbeiter*innen in einer Projektarbeit. Originaldokumente sind nicht vor­handen und Videos sind aus Datenschutzrechten verboten, da es sich um minderjährige Teil- nehmer*innen handelt. Das Nutzen von natürlichen Daten ist bei meiner Forschungsfrage nicht möglich.

Ein qualitatives Interview kann entweder mit einer Einzelperson oder einer Gruppe geführt werden. Ein narratives Interview beispielsweise dient der Einzelfallanalyse zur Erforschung eines (sozialen) Systems, bei dem bestimmte Personen zu einem Thema befragt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass jede Person dieses System repräsentiert. Ziel ist eine möglichst individuelle Darstellung der Handlungs- und Sichtweisen auf die zu erörternden Themen. Ein Gruppeninterview als Erhebungsmethode dient zur Herausarbeitung der Kommunikation zwischen den Gruppenmitgliedern. Das narrative Interview und das Gruppeninterview sollen die tieferliegenden Einstellungen der Beteiligten zum Vorschein bringen. Die Gesprächs- partner*innen sind durch die Diskussion gezwungen, Standpunkte zu beziehen und näher zu erläutern (Bohnsack 2003). Einzel- oder Gruppeninterviews mit den teilnehmenden Schüler*innen oder ausgewählten Schüler*innen ist nicht möglich, weil sie nach der Projekt­arbeit an ihrem regulären Unterricht teilnehmen müssen. Einzel- oder Gruppeninterviews mit den Workshopmitarbeiter*innen würde die Fragestellung verfehlen, da es sich bei den erhobenen Daten dann um die Wahrnehmungen und Meinungen der Mitarbeiter*innen über das Projekt handeln würde.

Die teilnehmende Beobachtung ist eine anerkannte Forschungsmethode in der qualitativen Sozialforschung. Sie ermöglicht der forschenden Person im Feld teilzuhaben, das heißt, eine Teilnahme an der Lebenswelt der Menschen, wie sie ihren Alltag gestalten, handeln, inter­agieren, Praktiken und Wissensbestände austauschen. Die forschende Person wird im Feld mit dem Alltag der beteiligten Personen vertraut und kann sie in allen alltäglichen Handlungen beobachten. Der teilnehmende Beobachtende arbeitet unvoreingenommen, verhält sich im Feld jedoch sozial und kulturell verträglich. Die teilnehmende Beobachtung stellt die forschende Person vor die Aufgabe, einerseits als distanzierter Beobachtender wissenschaftliche Standards und Aufgaben zu erfüllen und auf der der anderen Seite ein Teil der Lebensgemeinschaft zu sein (Lüders 2003).

Die Phasen der teilnehmenden Beobachtung sind gegliedert in die Problemdefinition, die Kontaktaufnahme, die Etablierung einer Feldrolle und ihre Aufrechterhaltung, das Erheben und Protokolieren von Daten, den Ausstieg aus dem Feld, die Auswertung und die Veröffentlichung der Ergebnisse (Lüders 2003, 386). Die Herausforderungen für die forschende Person bestehen darin, Vertrauensbeziehungen aufzubauen, seine/ihre Rolle im Feld zu gestalten und geeignete Beobachtunsprotokolle zu erstellen (Lüders 2003).

Eine Kritik an der teilnehmenden Beobachtung ist, dass der teilnehmende Beobachtende das Feld durch seine Teilhabe beeinflusst und verändert und deswegen keine geeigneten objektiven Daten über seinen Untersuchungsgegenstand liefern kann. Die Frage, inwiefern sich die forschende Person im Feld einbringen kann, wird in der Sozialforschung kontrovers diskutiert (offene oder verdeckte Forschung, Grad der Teilhabe etc.) Lange galt die teilnehmende Beobachtung lediglich als ergänzende Methode neben Interview, Gruppendiskussion und Dokumentenanalyse, da sie keine methodologischen Regelungen und Standardisierungen formulieren konnte (Lüders 2003).

Mit dem Einfluss der amerikanischen und englischen Diskussion wurde die teilnehmende Beobachtung zur Ethnographie weiterentwickelt. Sie bezeichnet die Beschreibung von „kleinen Lebenswelten“ der eigenen Kultur (Honer 1993, 14ff). Lüders (2003) beschreibt die Ethnographie als „Medium der gesellschaftlichen Selbstbeobachtung“ (390). Die Ethnographie stellt sich die Frage, wie die beteiligten Personen ihre jeweiligen Wirklichkeiten „erzeugen“. Um Einblicke in diesen Prozess zu erhalten, muss die forschende Person das Vertraute als fremd ansehen (Lüders 2003).

Eine teilnehmende Beobachtung erscheint mir für meine Forschungsfrage sinnvoll und ange­bracht, weil ich direkt im Feld untersuchen kann, wie sich die Schüler*innen und Mitarbeiter*innen verhalten. Das Interesse der Schüler*innen kann ich anhand ihres Verhaltens und ihrer Beiträge beobachten.

4.4 Auswertungsverfahren

Die teilnehmende Beobachtung wird mit dem Verfahren der Grounded Theory analysiert. Sie basiert auf dem Konzept von Strauss und Glaser (1967). Es geht um das Generieren einer Theorie, basierend auf Datenmaterial einer empirischen Sozialforschung. Die Methode der Grounded Theory reicht von der Phase der Forschungsfragestellung über das Daten sammeln und analysieren, bis zum Erstellen des Ergebnisberichts (Böhm, 2003).

Die Datensammlung kann aus verschrifteten Interviews, Feldnotizen, Beobachtungs­protokollen etc. bestehen. Je nach Forschungsgegenstand können verschiedene Datenmethoden genutzt werden. Im weiteren Verlauf der Forschung werden Daten herangezogen, die die Theorie bestätigen oder differenzieren, hierzu gehört auch die Fachliteratur. Der Auswertungs­prozess besteht aus dem Vergleichen dieser generierten Daten. Zu Beginn der Datensammlung soll das ganze Spektrum (Personen, Situationen, Daten) der Zugänge zur Forschungsfrage betrachtet werden und nach ihrer konzeptuellen Relevanz für die eigene Theoriegenerierung ausgewählt werden, auch Theoretical Sampling (nach Blumer 1969) genannt. Hierbei ist eine theoretische Unvoreingenommenheit beim Eintauchen ins Feld von Vorteil, um empfänglich für auftauchende Phänomene zu sein (Glaser und Strauss 2005). Das Theoretical Sampling unterscheidet drei Schritte: Daten sammeln, Codieren und Formulieren von theoretischen Memos (Merkens 2003). Die verschiedenen Schritte kreuzen sich ständig, weshalb auch vom prozessualen Charakter der Grounded Theory gesprochen wird.

Codieren kann als Verschlüsseln von Daten bezeichnet werden. Sie finden sich als Codenotizen wieder und umfassen die Benennung von Konzepten und ihre Erläuterung und Diskussion. Die Codes werden unmittelbar auf die Daten bezogen und ergeben im Verlauf der Auswertung abstraktere und differenzierte Konzepte, welche Kategorien genannt werden (Böhm 2003, 477). Hierbei gibt es drei Phasen des Codierens: offen, axial und selektiv. Beim offenen Codieren werden die Daten analytisch aufgearbeitet, wobei meist kurze Textpassagen ausgewertet werden. Beim axialen Codieren werden vorhandene Konzepte verfeinert und ausdifferenziert. Sie erhalten den Status der Kategorie. Zudem werden Hypothesen aufgestellt, um die Kate­gorien in einen Zusammenhang zu bringen. In der Phase des selektiven Codierens wird in Bezug auf die herausgearbeiteten Kategorien eine Kernkategorie formuliert. Sie bezieht sich auf das zentrale Phänomen des Forschungsgegenstandes, welches im besten Falle schon in der Forschungsfrage genannt ist (Böhm 2003). Theoretische Memos beruhen auf den Codenotizen. Sie helfen der forschenden Person die Zusammenhänge der Codes und Kategorien zu verstehen. Sie werden durchgängig während der Codierungsphase geschrieben, um eine Distanzierung der Daten zu gewährleisten. Die Forschungsschritte der Grounded Theory verfolgen keinem linearen Grundsatz. Es werden zeitgleich Daten erhoben, codiert und analysiert. (Böhm 2003) Je abstrakter die Kategorien oder Kernkategorie sind, umso größer ist der Anwendungsbereich der formulierten Theorie. Eine Datensammlung und -auswertung ist abgeschlossen, wenn keine neuen Aspekte zur Theorie hinzukommen (theoretische Sättigung) (Böhm 2003, 484). Eine tatsächliche Sättigung ist jedoch niemals zu erreichen, da die Sozialforschung sich in den meisten Fällen mit sozialen oder historischen Phänomenen beschäftigt, welche einem perma­nenten Wandel unterliegen.

Die Grounded Theory gibt der forschenden Person die Möglichkeit, neue Kategorien und Theorien basierend auf der Datensammlung zu generieren. Mit Hilfe der Grounded Theory erwarte ich Antworten auf meine Forschungsfrage zu finden.

4.5 Feldzugang, Etablierung der Rolle im Feld, Erhebung von Protokoll und Daten und Ausstieg aus dem Feld

Laut Girtler (2001) gibt es drei Möglichkeiten einen Zugang zum Feld als teilnehmender Beobachtender zu bekommen. Erstens, die teilnehmende Beobachtung ohne vorbereiteten Zugang. Die Annäherung zum erforschenden Feld beginnt oft mit der Suche einer Kontakt­person. Sie findet meist in Lebensumwelten von Randkulturen statt. Bis heute ist sie die häufigste Zugangsform. Zweitens, die teilnehmende Beobachtung aufgrund eines Auftrags oder Bitte eines Auftraggebenden und drittens aufgrund einer Erlaubnis oder beruflichen Einglie­derung. Die Durchführung einer teilnehmenden Beobachtung ist nur möglich, weil sie durch Absprache eines*r Vorgesetzten ermöglicht wurde. Bei einer teilnehmenden Beobachtung mit Erlaubnis bleibt die forschende Person vorrangig Beobachtender. Ist die forschende Person ins Gemeinschaftsleben beruflich eingegliedert, so ist die Beobachterrolle mit der eines echten Gemeinschaftsmitgliedes verzahnt. Die dritte Zugangsform wird in dieser Forschung genutzt. Ich arbeite als Projektmitarbeiterin und nehme gleichzeitig die Rolle der Forscherin ein.

Dieser Zugang half mir bei der Etablierung meiner Rolle im Feld, wobei das Feld die Schule und insbesondere der Klassenraum ist. So lernten mich die Schüler*innen bei der Vorstellungs­runde als Mitarbeiterin der Organisation kennen und wunderten sich nicht über mein Notizheft, in welches ich ständig schrieb. Die Schüler*innen befanden sich in ihrem täglichen Schul­umfeld. Sie mussten uns als Schulfremde und unsere Aufgaben kennenlernen. Ich konnte somit „offen“ eine teilnehmende Beobachtung durchführen. Ich musste zwei Aufgaben gerecht werden: Erstens wurde von mir als Mitarbeiterin erwartet, mit dem Ablauf, dem Inhalt und den Methoden des Projekts vertraut zu sein. Zweitens musste ich die Rolle der Beobachterin in einer neuen und ungewohnten Situation („kleine Lebenswelt“) erfüllen. Außerdem erforderte meine Rolle als Mitarbeiterin dem aktiven Geschehen die ganze Zeit zu folgen, um meine Einsätze nicht zu verpassen, ohne meine Beobachterrolle zu vernachlässigen. Denn als Beobachterin musste ich den Gesprächen nicht nur folgen, sondern sie auch protokollieren. Da „Fake News“ das erste Thema der Woche war und ich daher die Schüler*innen noch nicht kannte, konnte ich die Klasse mit den Augen einer Fremden sehen. Außerdem wurde die Projekteinheit zum Thema Fake News zum ersten Mal durchgeführt, wodurch ich unvoreingenommen ins Feld eintauchen konnte.

Am Tag, an dem ich das Beobachtungsprotokoll erstellen wollte, versicherten mir meine Arbeitskollegen*innen einen großen Teil meiner Aufgaben zu übernehmen. Somit konnte ich mich auf die Beobachtung konzentrieren. An den darauffolgenden Tagen wurden andere Themen bearbeitet. Der Forschungsausstieg gestaltete sich daher einfach.

Da die Schulen sich die Themen zur Demokratieförderung aussuchen, hatte ich keinen Einfluss darauf, wie häufig wir das Thema Fake News behandeln. Tatsächlich wurde das Thema Fake News nur einmal von einer Schule gebucht. Es handelt sich bei dem Beobachtungsprotokoll daher um eine Fallstudie. Mir ist bewusst, dass diese Fallstudie nur einen kleinen Einblick in das Forschungsfeld gibt. Deshalb handelt es sich bei dieser Forschung nur um einen Ansatz. Für die Entwicklung einer Theorie müssten mehr Daten aus verschiedenen Fällen gesammelt und analysiert werden.

4.6 Der Auswertungsprozess

Der Auswertungsprozess ist an die Grounded Theory angelehnt (siehe Abschnitt 4.4). Zuerst habe ich verschiedene Codes und dazugehörige Memos entwickelt. Anschließend habe ich Kategorien gebildet und die unterschiedlichen Codes den Kategorien zugeordnet. Während der Aufteilung ist mir aufgefallen, dass es die meisten Schnittstellen der Codes mit der Kategorie „Verbindung Forumtheater und Fake News“ (siehe Abschnitt 5.7) gibt. Deshalb wurde sie zur Kernkategorie. Eine Analyse der Kernkategorie erlaubte mir daraufhin, meine Fragstellung zu beantworten.

Böhm (2003) empfiehlt den Austausch mit Kollegen und Kolleginnen bei der Analyse des Datenmaterials, um Zusammenhänge besser zu verstehen und die eigenen Vorurteile besser im Blick zu haben. Es ergab sich die Gelegenheit, an einem Methodenseminar an der Hochschule Fulda teilzunehmen und das Datenmaterial meiner teilnehmenden Beobachtung zu nutzen. Die Ergebnisse waren sehr aufschlussreich und halfen mir im weiteren Verlauf meiner Analyse.

5. Empirischer Teil - das Erlernen eines Umgangs mit Fake News in der politischen Bildung

Im Folgenden wird eine Projekteinheit zum Thema Fake News vorgestellt und analysiert. Die Methode der Projekteinheit ist das Forumtheater. Anhand dessen soll untersucht werden, wie ein Umgang mit Fake News mit Jugendlichen herausgearbeitet werden kann. Der Untersuchung liegt als empirisches Material das Protokoll einer teilnehmenden Beobachtung der Projekteinheit zu Grunde. Anschließend wird eine Empfehlung formuliert, wie das Forumtheater besser auf das Thema Fake News geschnitten werden kann.

5.1 Der Projektrahmen

Die erste Kategorie Projektrahmen orientiert sich an den Fragen: Worum geht es? Wer ist beteiligt? Sie dienen zur Orientierung und stecken die Rahmenbedingungen, Raumaufteilung, Mitwirkende und den Inhalt ab. Der Projektrahmen ist wichtig für die folgenden Kategorien. Die verschiedenen Unterpunkte werden im Einzelnen genauer analysiert.

Mitwirkende : 23 Schüler5 einer 9. Klasse nehmen teil (Z.3, 12). Als Schulklasse sind sie eine geschlossene Gruppe. Die Schüler kennen sich. Die Jugendlichen verhalten sich in der ihnen gewohnten Rolle des Schülers. Auf einem Banner steht „Jugend kann die Welt bewegen“ (Z. 10,11) Die Jugendlichen sind die Adressaten, von denen angenommen wird, dass sie (gesellschaftliche) Veränderungen herbeiführen können. Die Schüler sind mit S1, S2 ... S23 gekennzeichnet.

Die vier Mitarbeiter6 werden als „Team“ (Z. 16) beschrieben. Sie kennen sich und arbeiten zusammen. Die Mitarbeiter sind „das Team zur Durchführung des Projektes“ (Z. 16, 17). Die Mitarbeiter werden im Beobachtungsprotokoll A, B, C, D genannt.

Die Mitarbeiter übernehmen die Rollen der Schauspieler. „A, B, C und D stellen sich [...] in ihrer Theaterrolle vor“ (Z. 62): Bilal, Bilals Mutter, Franky, Dina. Allen Beteiligten wird deutlich, dass Theater gespielt wird und die Mitarbeiter eine Theaterrolle übernehmen. Die Schüler werden zunächst zum Publikum. Jedoch können die Schüler im Verlauf des Theater­stücks auch zu Schauspielern werden, indem sie die Theaterrolle eines Mitarbeiters über­nehmen (Z. 139 - 143).

Die Bezeichnung Teilnehmer ist ein Synonym für Schüler. Im Beobachtungsprotokoll wird während der Gruppenarbeit ausschließlich von Teilnehmern gesprochen und nicht von Schülern. Dies dient zur Differenzierung der Teilnehmer/Schüler in der gesamten Gruppe und den Teilnehmern/Schüler der Gruppenarbeit. Hier werden die Teilnehmer/Schüler mit T1, T2, ., T6 bezeichnet.

Außerdem wird eine Lehrerin genannt. Ihre übliche Rolle als Wissensvermittlerin nimmt sie im Projekt nicht wahr. Sie sitzt weitgehend unbeteiligt außerhalb des Stuhlkreises. Der Fokus während der Projektarbeit liegt nicht auf ihr.

Rahmenbedingungen : Die Projekteinheit findet innerhalb einer Projektwoche statt, das heißt die 23 Schüler und vier Mitarbeiter werden eine Woche lang zusammenarbeiten. Der Zeit­rahmen ist vorgegeben. Die Projekteinheit dauert 90 Minuten. Es ist der erste Tag der Projekt­woche. Die Schüler und Mitarbeiter kennen sich nicht. Die Projekteinheit wird in einem Klassenzimmer durchgeführt. Das Klassenzimmer ist den Schülern vertraut. Die Mitarbeiter haben den Raum für die Projektarbeit vorbereitet.

Raumaufteilung : Die Stühle im Klassenzimmer sind zu einem Halbkreis formiert. Diese Sitz­ordnung ist für den Schulunterricht eher ungewöhnlich, den Schülern allerdings nicht unbekannt. Der Halbkreis (ohne Tische) schafft mehr Raum im Zimmer. Die Schüler können einander sehen. Jeder Schüler kann seine Mitschüler beobachten, aber ebenso beobachtet werden. Die Schüler sind platziert. Die „Lehrerin sitzt hinter dem Stuhlhalbkreis“ (Z.15). Sie ist aus dem Halbkreis ausgeschlossen. Ihre Sitzposition lässt darauf schließen, dass sie eine gesonderte Aufgabe hat. Sie sitzt nicht in dem Blickfeld der Schüler. Sie kann die Schüler sehen und wenn erforderlich kontrollierend eingreifen. In Bezug auf die Projektdurchführung rückt sie jedoch in den Hintergrund.

Im Raum stehen zwei Banner. „Die Blickrichtung vom Halbkreis fällt auf zwei Banner“ (Z. 7). Die Banner erinnern an einen Vortrag, einen Infoabend oder Parteitag. Sie deuten eine Veran­staltung an und sind für ein Theater eher ungewöhnlich. Ein weiterer Zweck der Banner wird beim Theaterstück deutlich: „A und D verschwinden hinter dem Banner“ (Z. 65). Er wird als „Backoff“/Backstage verwendet. „In der Mitte hängt eine Tafel“ (Z. 8). Während der Stuhl­halbkreis und die Banner die Atmosphäre eines Klassenzimmers eher aufheben, stellt die Schul­tafel die Beziehung zum Unterricht (Tafelunterricht) her. „Davor steht ein Tisch mit zwei Stühlen“ (Z.8). Der Tisch vor der Tafel erinnert an ein Lehrerpult. Allerdings weisen die zwei Stühle am Tisch auf eine bevorstehende Interaktion zwischen zwei Personen (z.B. Gespräch, gemeinsames Essen) hin. Im Theaterkontext kann das Arrangement (Bühnenbil d) als Bühne erkannt werden.

Inhalt : Das Thema der Projektwoche ist „Demokratie“. Der Fokus der teilnehmenden Beobachtung liegt auf dem Thema Fake News,der Inhalt der ersten Projekteinheit (Z. 3, 4). Es handelt sich um eine „theaterpädagogische Projektwoche“ (Z. 3). Das Theater wird als Methode genutzt, um das Thema Fake News zu gestalten. Im Beobachtungsprotokoll wurden Zwischenüberschriften eingefügt, die die unterschiedlichen Einheiten während der 90 Minuten kennzeichnen. Sie verweisen zugleich auf die entwickelten Codes: Aufwärmphase, Vorstellungsrunde, Theater, Zusammenfassung, Vorspielen, Meinungsspiel, Gruppenarbeit, Abschlussrunde. Sie kündigen an, was in der nächsten Einheit geschieht und geben der Projekt­einheit eine Struktur.

5.2 Die Projektstruktur

Die zweite Kategorie Projektstruktur analysiert zwei Elemente. Zum einen werden die einzelnen Phasen der Projekteinheit untersucht wie es vor allem aus den Zwischenüberschriften ersichtlich ist. Außerdem wird analysiert, wie strukturiert die Mitarbeiter insbesondere auch in Bezug auf die Interaktion mit den Schülern vorgehen. Hierbei gilt zu beachten, dass die beiden Elemente nicht immer trennscharf sind. Die Frage, wie das Projekt aufgebaut ist, soll beant­wortet werden.

Struktur der Projekteinheit : Die Projekteinheit beginnt mit einer „Aufwärmphase“ (Z.20). Die Aufwärmphase soll den Schülern zeigen, dass kein „normaler“ Schultag stattfinden wird.

Anschließend werden die Themen der Projektwoche vorgestellt (Z. 39). B erläutert die Inhalte und den Ablauf der Projektwoche. Eine Annäherung zum Thema Fake News und den Mitarbeitern findet statt und ein mögliches Misstrauen der Schüler gegenüber der Projektwoche kann abgebaut werden.

Sobald ein Mitarbeiter seine Moderation beendet hat, tritt er zurück und überlässt seinem Mitarbeiter das Feld (z.B. Z. 175). Dies legt den Fokus der Projekteinheit fest. Nach der Aufwärmphase, dem Theaterstück, dem Vorspielen und der Abschlussrunde wird geklatscht/ applaudiert. Es kündigt an, dass nun etwas zu Ende geht.

Der nächste Schritt ist eine Vorstellungsrunde. Ein mögliches Misstrauen der Schüler gegenüber den Mitarbeitern soll abgebaut werden. Die Vorstellungsrunde ist klar strukturiert: Sie beginnt mit einer Erklärung der Vorstellungrunde, gefolgt vom Aufteilen der Paare (Z. 45, 46), der Festlegung der Reihenfolge der Vorstellung (Z. 50), der Durchführung (Z. 53) und dem Besprechen der Antworten (Z. 54ff). Die Mitarbeiter beginnen mit einer gegenseitigen Vorstellung und geben den Schülern ein Beispiel vor. Die Reinfolge der Vorstellung wird fest­gelegt, da sich zunächst „kein Schülerpaar freiwillig zur Vorstellung“ (Z.48, 49) meldet.

Als Übergang zum Theaterstück werden die Theaterrollen der Mitarbeiter vorgestellt. Eine Klingel wird von B eingeführt. „Das Läuten der Klingel [zeigt] den Beginn und das Ende einer Theaterszene an“ (Z.64). Das Läuten einer Klingel kann mit dem Läuten einer Schulglocke assoziiert werden, welches den Pausenanfang bzw. das Pausenende ankündigt. Das Klingel­zeichen wird für das Anzeigen von Beginn und Ende einer Theaterszene genutzt. Ein gemein­sames Verständnis des Klingelzeichens gibt der Theaterhandlung eine Struktur. Danach wird das Theaterstück aufgeführt.

Anschließend wird das Theaterstück besprochen. „Das Theaterstück wird von Anfang bis Schluss [.] nacherzählt“ (Z. 92, 93). Wenn ein Schüler zu weit vorgreift, wird im Anschluss die Frage gestellt, was davor geschehen ist (Z. 93, 94). Die Schüler sollen das Stück „von Anfang bis Schluss“ wiedergeben, um zu gewährleisten, dass jeder Schüler alle relevanten Teile verstanden hat. Dabei werden die Charaktere von den Schülern analysiert. Die Mitarbeiter nutzen das Frage-Antwort-Prinzip, das die Struktur vorgibt. B stellt Fragen, die die Schüler beantworten. Einmal geschieht ein Strukturbruch, als ein Schüler dazwischenruft (Z. 105). Dieser Strukturbruch wird jedoch nicht sanktioniert. Stattdessen wird der Zwischenruf aufgenommen und mit dem Inhalt weitergearbeitet. Strukturbrüche sind erlaubt. Das Einhalten der Struktur ist weniger wichtig als der Inhalt des Beitrags. Es wird sogar abgestimmt, ob Bilal Schulsprecher werden will (Z. 106). Ein weiterer Strukturbruch (Z. 123) durch Reinrufen wird ebenso behandelt und aufgenommen. Das Reinrufen zeigt Meinungsverschiedenheiten an. Sie geben die unterschiedlichen Positionen der Schüler an. Abstimmungen können zur Klärung beitragen. Hierbei wird eine Abstimmung als demokratisches Mittel verwendet. Das Dilemma des Theaterstückes wird herausgearbeitet (Z. 121, 122), damit ein Schüler die Position von Bilal einnehmen kann, um Lösungsvorschläge für das Dilemma zu entwickeln.

Das Klingelzeichen wird beim Vorspielen der Szene (Z. 140ff) wiederverwendet. S12 wieder­holt seine Idee (Z. 141). Strukturell betrachtet, kann die Wiederholung als Vorbereitung zum Theaterspielen verstanden werden. „Die Schauspieler [gehen] auf ihre Plätze“ (Z. 142). Die Positionen der Schauspieler (Sitzstruktur) wird beibehalten. Die Szene beginnt mit dem Schlusssatz des Theaterstückes (Z. 144) und zeigt dem Schüler seinen Einsatz. Die Szene endet wieder mit dem Klingeln. Der weitere Verlauf wird angeschnitten (Z.168), weil ein Schüler zu weit vorgreift. Eine Pause findet statt (Z. 174). Die Pause ist die Fünf-Minuten-Pause in der Schule, welche von den Mitarbeitern beibehalten wird.

Danach wird ein „Zwischenspiel zur Vertrauenswürdigkeit von Medien“ (Z. 178) durchgeführt. Die Schüler nennen Medien und Portale, welche sie zur Informationsbeschaffung nutzen (Z. 179). Das Ergebnis wird auf der Tafel festgehalten und dient als Grundlage für den weiteren Verlauf des Zwischenspiels. Kreppband auf dem Boden (Z. 186) strukturiert das Spiel, indem es Felder kennzeichnet, die zur Positionierung hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit von Medien dienen.

Darauf folgt eine Kleingruppenarbeit, bestehend aus sechs Teilnehmern und einem Mitarbeiter. An das Thema Vertrauenswürdigkeit von Medien wird angeknüpft. In der Kleingruppe wird das Thema Umgang mit Fake News näher behandelt. Die Kleingruppenarbeit hat den Vorteil, das Thema zu vertiefen. Das Thema „Fake News und Verhalten in den sozialen Netzwerken“ (Z. 230) wird genannt und bildet den Inhalt des Gespräches. Die Eingangsfrage des Mitarbeiters (Z. 231) dient als Einstieg in das Thema. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden in der großen Gruppe zusammengefasst. Das abschließende Plenum erlaubt einen Überblick über die Arbeit in den Kleingruppen und dient zugleich zur Versammlung für den gemeinsam Abschluss und die Verabschiedung. Die Schüler verlassen den Raum, womit die Einheit abgeschlossen ist.

5.3 Das Forumtheater

Das Forumtheater (siehe Abschnitt 4.1) bildet die theaterpädagogische Methodik der Projekt­einheit. Die Analyse wird unterteilt in Inhalt, Methode und Umsetzung.

Inhalt: Das Thema des Projekteinheit „Fake News“ (Z. 4) wird zu Beginn genannt. Es ist auch das Thema des Theaterstücks. Das Theaterstück wird beschrieben (Zeile 67-89). Es beginnt damit, dass Bilal sich ärgert, weil er kein Schulbrot hat (Z.67). Seine Mutter hat vergessen, es vorzubereiten. Bilals Ärger bezieht sich auf die „schlechte Qualität“ (Z.69) des Pausenverkauf in der Schule, auf den er nun angewiesen ist. Bilals Mutter schlägt ihm vor, sich wegen der Qualität des Pausenverkaufs beim Schulsprecher zu beschweren. Ein Schulsprecher ist der Repräsentant der Schüler und kann in der Schule Veränderungen zu Gunsten der Schüler­interessen einfordern. Nach Meinung der Mutter gehört die Verbesserung des Pausenverkaufs zu den Aufgaben des Schulsprechers. Bilal ist der Auffassung, dass der aktuelle Schulsprecher seinen Aufgaben nicht gerecht wird. Er ist überzeugt, dass sich die Qualität des Pausenverkaufs mit dem derzeitigen Schulsprecher nicht verändern wird. Daraufhin überredet seine Mutter ihn, für die kommende Schulsprecherwahl zu kandidieren. Bilal will eigentlich nicht Schulsprecher werden. Doch seine Mutter schafft es, ihn umzustimmen und bei der nächsten Schulsprecher­wahl zu kandidieren.

In der zweiten Szene „findet der Wahlkampf für die Schulsprecherwahl statt“ (Z. 73). Bei einem Wahlkampf geht es darum, möglichst viele Wählerstimmen für sich zu gewinnen und mit seinem Wahlprogramm das Publikum zu überzeugen. Bilal kandiert mit dem einzigen Ziel, den „Pausenverkauf [zu] verbessern“ (Z. 74). Franky, sein Konkurrent im Wahlkampf, nennt „viele Veränderungsvorschläge [.], auch die Verbesserung des Pausenverkauft“ (Z. 77).

In der letzten Szene drückt Dina ihren Unmut darüber aus, dass „Franky Bilals Idee zum Pausenverkauf gestohlen hat“ (Z.80). Das „Stehlen“ der Idee wird als Tatsache gesehen, was Dina als Begründung sieht, ihren Unmut auszudrücken, also etwas auszusprechen, womit sie nicht einverstanden ist. „Bilal ist enttäuscht und der Meinung, dass ihn niemand zum Schulsprecher wählen wird“ (Z.80,81). Seine Enttäuschung und Unzufriedenheit mit seiner Rede, nutzt Dina für verschiedene Vorschläge, um die Wahl doch noch zu gewinnen, wie „Gummibärchen verteilen und Wahlplakate aufhängen“ (Z. 82). Diese Aufmunterung soll Bilal aufzeigen, dass es noch Möglichkeiten im Wahlkampf gibt. Doch „Bilal ist nicht überzeugt“ (Z. 83) und er glaubt nicht, dass diese Strategie funktionieren wird, um ihn zum Schulsprecher zu machen. Bilals Frustration lässt Dina nicht aufgeben. „Dina fällt ein, dass Frankys Vater Ökobauer ist“ (Z. 83). Ein ökologischer Landwirt unterliegt besonderen Auflagen für das Biosiegel, mit dem sich von der konventionellen Landwirtschaft abgegrenzt wird. Diese Tatsache lässt Dina „vermuten“ (Z.84), dass Franky sich vegan ernährt. Für diese Vermutung wiederum hat sie keine Beweise. Daraufhin „behauptet“ (Z. 84) Dina, dass Franky als Schulsprecher „nur veganes Essen im Pausenverkauf anbieten will“ (Z. 85). Der Inhalt der Behauptung ist unbewiesen. Jedoch beansprucht die Behauptung Geltung für den Inhalt. Die Verkettung von Dinas Vermutung und Behauptung, erlaubt Dina, Frankys Vorgehen (Diebstahl der Idee zur Verbesserung des Pausenverkaufs), als „Skandal“ (Z. 85) zu bezeichnen. Das Anbieten von ausschließlich veganem Essen in der Schule würde für Empörung bei den Schülern sorgen und Dina zieht Bilal in die Pflicht, diesen Skandal öffentlich zu machen: „Jeder müsse davon erfahren“ (Z. 85, 86). Mit dem „Foto von Franky mit dem Spruch ‘Stoppt Fleischfresser - Veganes Essen für alle‘ (Z. 86,87) liefert sie Bilal eine Idee, wie der vermeintliche Skandal veröffentlicht werden kann. Hierbei werden Nicht-Veganer als „Fleischfresser“ bezeichnet. Der Begriff lässt an ein Raubtier denken und assoziiert ein Bild, das Nicht-Veganer wilde, triebgesteuerte Raubtier seien. „Bilal schlägt vor, es unter einem falschen Profil von Franky auf Twitter zu stellen“ (Z. 87, 88). Damit springt Bilal auf das Verbreiten einer Fake News an. Dinas Smartphone soll zum Verbreiten des Fotos verwendet werden. Das Theaterstück endet damit, dass Dina Bilal das Handy zur Veröffentlichung hinhält. Ein Knopfdruck genügt. „Bilal wirkt unentschlossen“ (Z. 89). Er ist sich unsicher, ob er die Fake News wirklich verbreiten soll.

Methode: In der Projektwoche wird sich einer speziellen „theaterpädagogischen“ (Z. 3) Methode bedienet, dem Forumtheater von Augosto Baol. Ziel des Forumtheaters ist es, dass die Schüler erkennen, dass sie die Wirklichkeit verändern können. Bereits in der Vorstellungsrunde werden die Schüler in die Rolle des Bürgermeisters versetzt (Z. 42ff), um Veränderungs­wünsche in der Gesellschaft zu ermitteln. Auch der Bannerspruch „Jugend kann die Welt bewegen“ (Z. 10, 11) knüpft an das Veränderungspotential der Schüler an. Ihre Aufmerk­samkeit wird von Beginn an darauf gelenkt.

Das Theaterstück endet im Moment von Bilals Entscheidung. Seine Entscheidung bleibt offen und bildet das Dilemma: Soll er eine Fake News verbreiten oder zurückhalten? Dieser Moment erlaubt, dass das Publikum nach Lösungsansätzen sucht. Dafür müssen die Schüler selbst in die Rollen von Schauspielern schlüpfen und aktiv werden. Klingeln und Applaus (Z. 89) bedeuten nur einen vorläufig formalen Abschluss der Szene, nicht aber ein Ende des methodischen Ansatzes.

Während den Gesprächsrunden beruht die Interaktion zwischen den Schülern und Mitarbeitern auf den Fragen der Mitarbeiter und den Antworten der Schüler. In diesem dialogischen Prozess nutzen die Mitarbeiter zwei unterschiedliche Fragetypen: Wissensfragen und Interessensfragen. Die Wissensfragenbeziehen sich entweder auf das Theaterstück oder Fake News. Das Wissen oder die Meinungen der Mitarbeiter sind nicht entscheidend, die Schüler sollen sie beantworten. Die Fragen werden gestellt, um den Lehrinhalt zu vermitteln. Meist handelt es sich um offene Fragen, denn unterschiedliche Antworten und Meinungen sind gewünscht, um eine Diskussion in Gang zu bringen. Die Interessensfragen der Mitarbeiter dienen zum besseren Verständnis des Sachverhalts. Außerdem stellen sie Interessenfragen, um den weiteren Verlauf der Projekteinheitzu steuern, z.B.: „C fragt, welche Medien und Portale die Schüler nutzen, um sich zu informieren“ (Z. 179).

An Hand der Ergebnisse (Google, Zeitung, Nachrichtensender im Fernsehen, Instagram, Twitter) des Zwischenspiels, sollen sich die Schüler nun zur Vertrauenswürdigkeit positionieren. Einerseits hilft es den Schülern sich eine Meinung zu den genannten Medien zu bilden, anderseits können die Mitarbeiter schauen, welches Wissen sie über die Medien und Portale haben und wie sensible sie mit der Vertrauenswürdigkeit von Medien umgehen. Diese Informationen nehmen sie mit in die Gruppenarbeit.

Vor allem das Verständnis der verschiedenen Standpunkte ist den Mitarbeitern wichtig. So holen sie sich beim Zwischenspiel zu jeder Position eine Meinung ein. Nach der Abstimmung wird beiden Gruppen erlaubt, ihre Standpunkte zur Verbreitung von Thema Fake News zu erläutern. Die Meinungen und Standpunkte werden von den Mitarbeitern nicht kritisch hinterfragt. Eine Atmosphäre wird geschaffen, in der jeder seine Meinung offen äußern darf.

Umsetzung: Die Umsetzung des Forumtheaters erfolgt zunächst durch das szenische Spiel der Mitarbeiter. Anschließend werden Charaktere und Handlungsweisen mit Hilfe von Leitfragen analysiert. Unterschiedliche Meinungen der Schüler werden berücksichtigt und Abstimmungen spiegeln die Meinungsunterschiede wieder (Z. 106, 124). Die Leitfragen sind triviale Fragen, bei denen nicht die Meinung Ds wichtig ist, sondern die der Schüler. Die Fragen zielen auf das Verständnis von Rollen und Handlung sowie auf die Lösungsfindung ab. Wichtig ist, wie die Schüler in der „realen Welt“ handeln würden. Zwei Lösungen werden von den Schülern durchgespielt.

In der ersten Lösung (Z. 144-149) erklärt Bilal seinen Standpunkt, dass er eigentlich kein Schulsprecher werden will und er deswegen die Fake News nicht versendet. Aufgrund seines Standpunktes muss er sich nicht auf das Verbreiten von Fake News einlassen. Durch die Frage, wer außer ihm Fake News verbreiten sollte (Z. 148), schafft es Bilal sogar, Dina davon zu überzeugen, dass ihre Idee nicht so gut war.

Das Theaterstück greift das Dilemma vom Verbreiten von Fake News auf. Bilal wird von verschiedenen Personen in eine Situation getrieben, in der er gar nicht sein will. Bilals eigent­licher Wunsch, kein Schulsprecher zu werden, macht die Lösungssuche für die Schüler einfach. Ein Veränderungsvorschlag für den Ablauf des Theaterstücks wäre, das Interesse Bilals, Schul­sprecher zu werden, als seine Herzensangelegenheit darzustellen. Diese Situation würde die Lösungssuche erschweren und die Schüler mit einem Dilemma konfrontieren, welches sie vermutlich nur mit schwerwiegenden Konsequenzen lösen könnten.

In der zweiten Lösung wird deutlich, dass es für S8 eigentlich kein Dilemma gibt, ob Fake News verbreitet werden sollen oder nicht. Denn für ihn ist es selbstverständlich, die Fake News zu verbreiten. Für S8 hat Franky nicht fair gespielt und Politiker würden das auch so machen (Z. 128). S8 findet, es solle erlaubt sein, Fake News zu verbreiten, weil jemand (hier Franky) mit unsauberen Mitteln gearbeitet hat. In der Diskussion wird deutlich, dass sich S8 in Bilals Lage versetzt hat. Er lässt jedoch Bilals Charakter außer Acht und handelt so, wie er persönlich handeln würde (Z. 133). Die Methode des Forumtheaters, selbst handlungsaktiv zu werden, hat hier funktioniert.

Die Konsequenzen für das Verbreiten von Fake News wurden in den Lösungen nicht gespielt. Deswegen greift D diesen Aspekt auf und fragt: „Was passiert, wenn die Fake News hoch­geladen ist?“ (Z. 159). Es werden Konsequenzen von den Schülern aufgezählt (Z. 162, 163, 165). Ein weiterer Änderungsvorschlag für den Ablauf des Theaterstücks wäre, mögliche Konsequenzen für die Verbreitung von Fake News aufzuzeigen, welche die Schüler in ihrer Lösungssuche mitbeachten müssten.

5.4 Wissen der Schüler über Fake News

Das Wissen der Schüler über den Umgang mit und die Gefahren von Fake News ist vor allem im Teil der Gruppenarbeit zu erkennen. Das Wissen der Schüler über Fake News wird mit den theoretischen Inhalten (siehe Abschnitt 2.1) dieser Arbeit abgeglichen, um einschätzen zu können, wie umfangreich ihr Wissen ist.

Wissen der Schüler über Fake News: Für die Schüler sind Fake News „Nachrichten, die sich übertrieben anhören“ (Z. 232) und „Lügennachrichten [.], um andere zu manipulieren“ (Z. 233). Vergleicht man diese Antworten mit der oben angegeben Definition als „in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen“, so zeigt sich ein nahezu identisches Verständnis der Schüler mit der Definition. Allerdings nennen die Schüler nicht die Ziele der Manipulation wie sie vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags (2017) angegeben werden (politische und kommerzielle Ziele). Das zentrale Kennzeichen von Fake News, die Manipulation, ist den Schülern bewusst.

Die von Schülern genannten Gründe zur Verbreitung von Fake News sind finanzieller Natur und um Leute zu manipulieren (Z. 249, 250). Die finanziellen und manipulativen Gründe sind in den Clickbaitingseiten und den Fake News zu Propagandazwecken wieder zu erkennen (siehe Abschnitt 2.1). Von ihnen geht ein mittlerer und hoher Gefahrengrad aus (vgl. Abschnitt 3.3). Hieraus kann geschlossen werden, dass die Schüler Fake News mit Nachrichten verbinden, die Schaden anrichten können oder eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen.

Schüler verbinden Fake News mit Trump und der Politik (Z. 234, 253). Außerdem nennen sie ein Beispiel zu Fake News in der Politik: „Fake News [sind], wenn Politiker falsche Informationen über einen anderen Politiker ins Netz stellen, damit er die Wahl gewinnt“ (Z. 253, 254). Der Bezug zum Theaterstück wird deutlich, da genau diese Fake News dort beschrieben wird. Der öffentliche Diskurs zum Thema Fake News ist teilweise vom amerika­nischen Präsidenten Trump dominiert, so überrascht es nicht, dass die Schüler darauf zurück­greifen.

Ferner betonen die Schüler, dass man Fake News nicht sofort erkennen kann (Z. 255), weil es viele verschiedene „Nachrichtensender gibt und manchmal jeder Sender etwas anderes behauptet“ (Z. 257). Die Schwierigkeit liegt demnach in der Einschätzung der Vertrauens­würdigkeit des Senders bzw. des Mediums. Weiterhin erwähnen die Schüler, dass den Internet­nutzern die Einordnung von Nachrichten schwerfällt (vgl. Abschnitt 2.3). Die Schüler verbinden die Einordnungsschwierigkeit mit der Vertrauenswürdigkeit der Medien. Ihnen ist bewusst, dass „jeder etwas posten kann“ (Z. 278).

Hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit von Medien sind die Schüler mehrheitlich der Meinung, dass private Nachrichtensender im Unterschied zu öffentlichen Nachrichtensendern nicht vertrauenswürdig sind (Z. 213, 214). Für die Schüler ist eine Nachricht vertrauenswürdig, wenn sie von einem Journalisten verfasst wurde (Z. 262). Schüler behaupten, Fake News erkennen zu können, wenn sich Nachrichten „zu krass anhören, um wahr zu sein“ (Z. 259). Journalistischer Arbeit zu vertrauen, war zwar als Strategie genannt (siehe Abschnitt 3.3), allerdings gab es keine Antwort von den Schülern auf die Frage, wie man Fake News erkennen kann.

Die Angst vor der Macht der Fake News erscheint in der Klasse unbegründet. Die Schüler nutzen die Schule und den Unterricht als wichtigste Quelle zur Informationsbeschaffung über aktuelle Ereignisse (Z. 237, 242). Die sozialen Medien, denen die größte Reichweite von Fake News zugesprochen wird, werden von den Schülern hauptsächlich für private Kontakte mit Freunden genutzt (Z. 246, 247). Hier wäre ein Vergleich mit einer höheren Jahrgansstufe (z.B. 13. Klasse) von Interesse, in der das politische Interesse möglicherweise ausgeprägter ist.

5.5 Interaktion von Schülern

In dieser Kategorie werden die Interaktionen der Schüler untereinander analysiert. Es geht hierbei weniger um die Interaktionen, die unter den Schülern aufgrund einer Aufgabenstellung der Mitarbeiter entstehen, z.B. während der Interviews der Partner (Z. 42).

Interaktion von Schülern: Die erste Interaktion zwischen den Schülern findet während der Vorstellungsrunde statt. Ein Schüler fragt nach, „was mit positiver Eigenschaft gemeint ist“ (Z. 44) und ein anderer Schüler antwortet ihm und nennt „Vertrauenswürdigkeit als Beispiel“ (Z. 45) . Die Antworten werden nicht von den Mitarbeitern gegeben, sondern die Schüler beantworten gegenseitig ihre Fragen.

Zu Beginn der Vorstellungsrunde zeigt sich das erste Schülerpaar „zögerlich“ (Z. 51). Jedoch ermutigt der eine Schüler den anderen, nach vorne zu gehen (Z. 51). Der Schüler will das Selbst­vertrauen des anderen stärken.

Bei der Besprechung des Theaterstückes wird das Theaterstück gemeinsam nacherzählt, indem „unterschiedliche Schüler“ (Z. 93) ihren Beitrag leisten. Bei der Analyse von Bilals Charakter sind „nicht alle Schüler [derselben] Meinung“ (Z. 96). Eine Diskussion zwischen Schülern mit mindesten zwei verschiedenen Meinungen findet statt. Während der Besprechung kommt es häufiger zu Diskussionen zwischen zwei Schülern, z.B. zwischen S8 und S9 (Z. 119). In der Klasse gibt es Schüler mit unterschiedlichen Meinungen, eine Diskussion ist möglich und wird von den Mitarbeitern gefördert. Selbst Zwischenrufe werden geduldet. Z.B. ist S6 anderer Meinung als S7 und unterbricht ihn deswegen. Auf Grund dieser Meinungsdifferenz stimmen die Schüler darüber ab, „ob [...] Bilal Schulsprecher werden will“ (Z. 106). Eine Abstimmung wird als ein demokratisches Verfahren der Meinungsbildung genutzt. Die Schüler können mit unterschiedlichen Meinungen umgehen und diese akzeptieren.

Alle Schüler sind sich über das Dilemma des Theaterstückes einig. „D fragt, ob alle das so sehen. Alle Teilnehmer nicken“ (Z. 122). Das allgemeine Nicken kann als Zustimmung verstanden werden.

Während einer Diskussion bezieht sich S5 auf den Charakter von S8, „nur weil S8 so ein Typ wäre, der nicht verlieren kann“ (Z. 133, 134). Es wird deutlich, dass die Schüler sich gut kennen. S8 geht darauf nicht ein. Eine weiter Interaktion zwischen S8 und S5 entsteht nicht.

Der Applaus der Mitschüler, bevor und nachdem ein Schüler eine Rolle übernimmt und aktiv in die Theaterhandlung eingreift (Z. 141, 149, 153, 157), kann sowohl als Zustimmung der Mitschüler als auch ein Ausdruck der Bewunderung verstanden werden. Die Schüler zeigen einen respektvollen Umgang miteinander und akzeptieren das Handeln der Mitschüler.

Bei der Gruppenarbeit entsteht nur einmal eine Diskussion über die Frage, „ob Wahlver­sprechen Fake News sind“ (Z. 251). „Alle sind sich einig, dass es keine Fake News sind“ (Z. 252). Allgemein ist die Gruppe sich in vielen Punkten einig, wie z.B. bei der Definition des Fake News Begriffs (Z. 231) oder bei den Gründen zur Verbreitung von Fake News (Z. 249). Die Kleingruppe kann gut zusammenarbeiten. Die Sprechakte der Schüler sind ausgeglichen und jeder leistet einen Beitrag zur Beantwortung der Fragen. Hierbei werden die Meinungen der anderen Teilnehmer akzeptiert (Z. 230ff).

Eine weitere Interaktion der Schüler ist durch die geschlechtsspezifische Gruppenbildung der Schüler zu erkennen (Z. 284ff). Es bilden sich zwei Jungengruppen und eine Mädchengruppen. Da sie nicht vorgegeben ist, basiert die Gruppenwahl wahrscheinlich auf freundschaftlicher Grundlage. Denn innerhalb der zwei Jungengruppen sind S9 und S8 getrennt. Diese beiden Schüler hatten Meinungsdifferenzen während der Besprechung des Theaterstückes (Z. 122ff).

5.6 Autonomie der Schüler

Unter der Kategorie Autonomie der Schüler wird das eigenständige Handeln der Schüler ana­lysiert.

Autonomie der Schüler: Die Autonomie der Schüler tritt vor allem ab der Besprechung des Theaterstückes auf. Sicherlich ist es die eigene Entscheidung, ob und wann sich ein Schüler meldet. Die Autonomie der Schüler zeigt sich insbesondere dann, wenn sie „unvorgesehen“ handeln. Hierbei sind die Zwischenrufe von S6 und S11 (Z. 105, 123) von Bedeutung. Sie handeln ungefragt und setzen sich für ihre Meinung ein. Während der Diskussion zwischen S8 und S9 (Z. 115) argumentieren die beiden Schüler und vertreten ihre Standpunkte.

In der Phase des Vorspielens lehnt S5 ab, nach vorne zu kommen, um seinen Lösungsvorschlag vorzuspielen. Der Schüler kann selbst bestimmen, ob er teilnehmen will oder nicht. Sein Handeln wird vom Mitarbeiter respektiert.

Die Lösungen des Dilemmas, ob Fake News verbreitet werden sollen oder nicht, wurden von den Schülern entwickelt. Die Mitarbeiter machen keine Vorgabe. Ebenso beim Vorspielen dürfen die Schüler S12 und S8 entscheiden, welche Lösung sie spielen wollen (Z. 140). Hier sind die Schüler als Schauspieler im Fokus und dürfen das Stück frei gestalten (Z. 144ff). S5 geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er das Theaterstück eigenständig beendet. Er sagt, „dass er fertig sei“ (Z. 156). Das Läuten der Klingel erscheint darauf und beendet die Szene.

Die Autonomie der Schüler kann auch durch Nicht-Teilnahme gekennzeichnet sein. Nach der Frage Ds, meldet sich kein Schüler (Z. 172, 173). D muss damit umgehen und ändert seine Strategie, indem er die Pause einläutet (Z. 174).

In der Gruppenarbeit leitet der Mitarbeiter die Sitzung zwar mit Fragen, doch die Ergebnisse werden von den Schülern geliefert. Der Mitarbeiter schränkt sie nicht durch die Vorgabe einer Definition ein. Die Definition der Schüler bleibt als allgemein gültig stehen. Die Schüler besprechen die gestellten Fragen. Zugleich sind ihre Fragen handlungsleitend, sie bestimmen das weitere Vorgehen (Z. 251ff).

Einmal geschieht es jedoch, dass der Mitarbeiter die Schüler unterbricht (Z. 120). Während zwei Schüler ein Problem diskutieren, werden sie von D unterbrochen, weil er die Schüler auf das eigentliche Dilemma aufmerksam machen will (Z.121). D ist in der Position durch Unter­brechungen das Thema in eine andere Richtung zu lenken. Kein Schüler spricht ihn deswegen an. Der Grund seiner Unterbrechung ist, dass er mit dem Lehrinhalt weiter machen will.

Im Hinblick auf das Erkennen von Fake News ergänzt der Mitarbeiter das Wissen der Schüler (Z. 263ff), da der Mitarbeiter keine konkreten Antworten von den Schülern erhält. Er formuliert seine Frage nicht neu, sodass die Schüler weiterhin ihr Wissen anwenden können. Der Mitar­beiter ist unter Zeitdruck geraten, weil er mit den Teilnehmern wieder in den Halbkreis muss. Deswegen erläutert er nur kurz einige Strategien (Z.264), ohne sie mit den Schülern besprechen zu können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Mitarbeiter versuchen, die Autonomie der Schüler zu stärken. Das Projekt wird durch Fragen gelenkt, auf das Vorwissen der Schüler wird zurückgegriffen. Erst am Ende weicht der Mitarbeiter aus Zeitdruck von seiner Frage-Antwort­Technik ab und vermittelt Wissen ohne Diskussion.

5.7 Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Schülern

In der Projektarbeit treten zwei Gruppen auf: die Schulklasse und die Mitarbeiter. Das Verhält­nis zwischen den Schülern und den Mitarbeitern ist von Anfang an vorgegeben (Lernende­Lehrende). Im Laufe der Projekteinheit entwickeln sich die Beziehungen. Sie sollen mit der Kategorie Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Schülern analysiert werden. Zunächst soll auf die Reaktionen der Schüler eingegangen werden.

Reaktion Schüler: Auf die erste Aufgabenstellung der Mitarbeiter reagieren die Schüler unter­schiedlich. Die Schüler sollen ihre Beine und Arme ausschütteln (Z. 21, 22), worauf die Schüler, genervt, unmotiviert und nur teilweise präsent reagieren (Z. 22, 23). Daraus lässt sich schließen, dass ein Teil der Schüler, keine Lust hat, an der Aufwärmphase oder sogar am Projekt teilzunehmen. Möglicherweise finden sie die Aufgabenstellung zu einfach. Nur ein Teil der Schüler zeigt Interesse an der Übung.

Als der Mitarbeiter seine erste Frage an die Schüler stellt: „A fragt was sie meinen“ (Z. 27), melden sich nur zwei von 23 Schülern. Die Frage motiviert die Schüler nicht sich zu melden. Bei der Beantwortung der Frage, antwortet der Schüler fragend (Z.28). Dadurch wirkt der Schüler unsicher.

Drei oder vier Schüler machen sich über die Übung lustig (Z. 36). Möglicherweise finden sie die Übung kindisch oder seltsam. Ihr Verhalten kann auch als Ausdruck verstanden werden, noch keinen konstruktiven Umgang mit der Situation gefunden zu haben.

Zu Beginn der Vorstellungsrunde meldet sich kein Schülerpaar freiwillig (Z. 49). Vielleicht schämen sie sich, sie sind unsicher oder unmotiviert. Die Unsicherheit spiegelt sich in der Reaktion des Schülerpaars wieder, das sich „zögerlich“ (Z. 51) vorstellt. Die Reaktionen sind davon geprägt, dass sich die Schüler und das Team noch nicht kennen. In der Anfangsphase verhalten sich die Schüler unsicher gegenüber den Mitarbeitern. Sie kennen weder die Mitar­beiter noch ihre Erwartungen und sind deshalb zurückhaltend.

Zur Besprechung des Theaterstückes verhalten sich die Schüler bereits offener. Durch Bs Fragen werden sie zur Diskussion angeregt. Besonders deutlich wird dies, als ein Schüler dazwischenruft (Z. 105). Dieses Verhalten lässt auf Selbstbewusstsein und eine eigene Meinung des Schülers schließen. Außerdem schätzt der Schüler B so ein, dass er mit keiner Strafe für das Dazwischenrufen fürchten muss. Vertrauen zwischen den Schülern und den Mitarbeitern kann aufgebaut werden. Ein anderer Schüler ruft zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls dazwischen (Z.123). Offensichtlich hat er bemerkt, dass sein Mitschüler nicht sanktioniert wurde. Das Reinrufen wird auch von anderen Schülern toleriert, denn es trifft nicht auf Wieder­worte. Auch die unterbrochene Person beschwert sich nicht. Bs Entscheidung zur Abstimmung über das diskutierte Thema wird von den Schülern akzeptiert. Sie nehmen alle teil. Die Teilnahmebereitschaft der Schüler an der Projekteinheit ist gegeben.

Im Hinblick auf die Lösung des Dilemmas lehnt S5 ab, seinen Lösungsvorschlag vorzuspielen (Z. 139). Die Entscheidung des Schülers wird von D toleriert und es wird nicht weiter darauf eingegangen. Die Schüler dürfen den Anteil ihrer Teilnahme oder Mitarbeit selbst bestimmen. S12 spielt für S5 die Lösung vor. Hierfür wird S12 mit Applaus belohnt. Beim zweiten Lösungsvorschlag zuckt S8 mit den Schultern und lacht (Z. 152), als er gefragt wird, ob er seine Lösung vorspielen will. Es wirkt, als ob S8 nicht damit gerechnet hätte, seine Idee vorzuspielen, da es kaum Aktionen erfordert. Nachdem er kurz seine Idee vorgespielt hat, wird auch er mit Applaus von den Schülern und Mitarbeitern belohnt.

Kurz vor der Pause stellt D eine Frage, bei der sich niemand meldet. Nur ein paar Schüler nicken (Z. 173, 174). D bemerkt, dass die Schüler eine Pause brauchen. D geht nicht weiter auf die Reaktion der Schüler ein. Er beendet die Einheit mit einer Pause.

Verhältnis Schüler-Mitarbeiter: Die Schüler haben Namensschilder an den Oberteilen ihrer Kleidung kleben (Z.14). Sie dienen der direkten Ansprache mit dem Vornamen, sodass Vertrauen auf- und Misstrauen abgebaut werden kann. Das in der Vorstellungsrunde (Z. 40) geäußerte Misstrauen soll durch die Abfrage von Namen, Alter, Hobbies abgebaut werden.

Die Aufwärmphase beginnt mit As höflicher Aufforderung aufzustehen (Z. 21). Es wirkt wie ein Herantasten an die Schüler und ein Abwarten ihrer Reaktionen. Das Ausschütteln der Arme und Beine (Z. 21, 22) erinnert eher an den Sportunterricht. Die „Auflockerung“ (Z. 22) soll eine mögliche Anspannung im Klassenraum beseitigen. Die angenommene Anspannung kann mit der Unsicherheit der Schüler über den Verlauf der Projektwoche und der Projekteinheit erklärt werden. Zudem kennen die Schüler die Mitarbeiter nicht. Ein mögliches Misstrauen soll vermieden werden.

Ein weiterer Grund für eine Aufwärmphase besteht in der Dressur. Der Code „Dressur“ meint das Aktion-Reaktion-Verhalten der Schüler gegenüber A. A hebt seine Hand und „die Schüler reagieren entsprechend“ (Z. 32). Der Mitarbeiter ist in der Position, den Schülern Aufgaben zu stellen und die Schüler sollen dementsprechend reagieren. Die Aufwärmübung erinnert an die Dressur/Erziehung eines Hundes, bei der es um die spielerische Erziehung von Tricks und Benimmregeln geht. Dieser Code „Dressur“ kann als ein Aktion-Reaktion-Verhalten interpretiert werden. Allerdings dient die Aufwärmübung in erster Linie der Auflockerung der Schüler, damit sie für die eigentliche Projektarbeit bereit sind. Außerdem soll die Übung den Mitarbeitern helfen, die Teilnahmebereitschaft, an Hand der Reaktionen der Schüler, einordnen zu können. Sie sind unsicher, die Bereitschaft ist nach „paar Anläufen“ (Z. 35) gegeben. Der Charakter einer Dressur (Aktion-Reaktion-Schema) ist nicht beabsichtigt und wird von den Schülern auch nicht so verstanden. Eine Dressur würde den Intentionen des Forumtheaters widersprechen.

Ein weiterer vermeintlicher Widerspruch zu den Zielen des Forumtheaters ist in der ersten Analysephase zu erkennen. Die Schüler „klatschen, trampeln und jubeln“ (Z. 32, 33), „um B hervortreten zu lassen“ (Z. 34). Das gleichzeitige Klatschen, Trampeln und Jubeln, kann als euphorischer Zustimmung verstanden werdenwie es von Konzerten bekannt ist. B ist für die Schüler eine unbekannte Person. Die euphorische Reaktion wird von A durch die Hebung beider Hände hervorgerufen. Diese Geste wirkt wie die Glorifizierung einer unbekannten Person. B nimmt diese Glorifizierung an, indem er sich für die Begrüßung bedankt (Z. 39). Eine derartige Glorifizierung ist nicht beabsichtigt. Als Teil der Aufwärmphase gewinnt das Klatschen, Trampeln und Jubeln an Eigendynamik, welche unbeabsichtigt genutzt wird, „um B hervortreten zu lassen (Z.34).

Die gemeinsame Teilnahme von Mitarbeitern und Schülern an der Aufwärmübung schafft Zusammengehörigkeit unter den Schülern und zwischen den Mitarbeitern und Schülern. Gemeinsame Handlungen tauchen immer wieder auf und werden zum Ritual, wie z.B. das gemeinsame Applaudieren. Schüler und Mitarbeiter wechseln ihre Rollen, z.B. wenn A und B Teil des Publikums werden (Z.75) und Schüler zu Schauspielern werden (Z. 142).

Zu Beginn sind die Mitarbeiter die zentral handelnden Akteure, denn sie „bilden das Team zur Durchführung“ (Z. 16, 17). Während der Projekteinheit verschiebt sich der Fokus auf die Schüler. Sie werden zunehmend handlungsaktiv. Zunächst machen die Mitarbeiter noch viele Vorgaben. Später arbeiten die Schüler selbstständiger oder entwickeln mit den Mitarbeitern zusammen Lösungsvorschläge und eigene Ideen: Die Beziehung zwischen Mitarbeitern und Schülern hat sich während den 90 Minuten gelockert.

Zum Schluss bedankt sich der Mitarbeiter ebenso höflich wie zu Beginn und sagt, dass er während der Projekteinheit Spaß hatte (Z. 279). Sein Dank gilt der aktiven Mitarbeit der Schüler. Mit dem „Spaß“ drückt er seine Freude darüber aus, dass die Projekteinheit gut verlaufen ist und dass sich das Verhältnis der Schüler zu den Mitarbeitern positiv entwickelt hat.

5.8 Kernkategorie: Verbindung Forumtheater und Fake News

Die Verbindung von Forumtheater und Fake News ist zentral in der Projekteinheit. Sie bildet den roten Faden. Das Theaterstück hat Fake News zum Thema. Darauf bauen die Inhalte der anderen Einheiten auf. Das Forumtheater bildet den Rahmen der Projektstruktur. Die Autonomie der Schüler wird durch das Forumtheater gestärkt und das Verhältnis von Schülern und Mitarbeitern ist dadurch geprägt. Diese Verbindung soll nun unter der Kernkategorie Ver­bindung Forumtheater und Fake News analysiert werden. Im Anschluss wird die Fragestellung beantwortet.

Verbindung Forumtheater und Fake News : Das Forumtheater (siehe Abschnitt 5.3) stellt die Methode in der Projekteinheit dar. Das Theaterstück zeigt auf, wie Fake News entstehen: Bilal wird in eine Situation gebracht, in der er nicht sein möchte. Als möglicher Ausweg aus dieser Situation wird ihm das Verbreiten einer Fake News vorgeschlagen. Die Fake News ist von Dina aus Vermutungen und Behauptungen (Z. 84) konstruiert. Der eigentliche Grund der Verbrei­tung der Fake News ist, dass Bilal die Schulsprecherwahl gewinnen soll. Das Aufdecken des von Dina konstruierten vermeintlichen Skandals beruht auf ihren Vermutungen und Behauptungen. Die wahren Absichten für die Fake News werden von Dina verschleiert. Sie sucht einen Grund, um die Wahl von Franky als Schulsprecher zu verhindern. Die Fake News soll über ein „falsches Profil“ (Z.87) von Franky verbreitet werden, um den Fake glaubwürdiger erscheinen lassen. Hierfür wird Dinas Handy benutzt (Z.88). Die Methode zur Verbreitung von Fake News wird genannt.

In der anschließenden Besprechung wird der Begriff der Fake News erstmals im Zusammen­hang mit dem Einfluss von Dina auf Bilal genannt. „Dina würde ihn beeinflussen Fake News zu verbreiten“ (Z. 99). Dieser Satz ist zentral für das Verständnis der Schüler von Fake News.

Im Verlauf der Besprechung des Theaterstückes wird Bilals Dilemma herausgearbeitet: Soll Bilal die Handytaste drücken, „um die Fake News zu verbreiten“ (Z. 124), oder nicht. D lässt die Schüler darüber abstimmen. Die Schüler sollen sich in Bilal hineinversetzen. Das Abstim­mungsergebnis spiegelt das mögliche Handeln der Schüler wieder: 20 Teilnehmer entscheiden sich dafür, die Fake News nicht zu verbreiten und drei würden die Fake News verbreiten (Z. 125, 126).

Mit S8s Bemerkung, dass „Politik ein dreckiges Geschäft sei“ (Z. 128), werden Fake News mit der Politik in Verbindung gebracht. S8 verwendet diesen Zusammenhang zur Unterstützung seiner Position.

Während des Vorspiels von S12, begründet der Schüler seine Haltung, die Fake News nicht zu verbreiten. Es sei offensichtlich, dass Bilal die Fake News gepostet habe, denn es gäbe keine andere Person, die man verdächtigen könne (Z. 147, 148). S15 liefert eine Erklärung, wie man herausfinden könne, dass es nicht Frankys Profil ist: „Franky [müsse] einfach nur sein echtes Profil zeigen“ (Z. 166, 167). Die Schüler liefern eine Möglichkeit zur Aufdeckung von Fake News. Diese Lösung impliziert jedoch, dass das Fake Profil im nahen Umfeld entstanden ist. Die meisten Fake News werden jedoch von Unbekannten im Internet hochgeladen. Die Lösung dieses Theaterstückes zeigt eine Facette der „realen“ Lebenswelt auf.

Mit S8s Meinungsäußerung, (er glaubt nicht an die Aufdeckung, Z. 171) werden die Konse­quenzen von Fake News thematisiert, ohne dafür ein Argument anzuführen. Für ihn bleiben Informationen im Internet bestehen, unabhängig davon, ob sie fake sind oder nicht (Z. 172). S8 ist der Meinung, dass das Internet niemals vergisst, also die Inhalte nicht entfernt werden können.

Die Methode des Forumtheaters gibt der Projekteinheit seinen strukturellen Rahmen. Die offenen Fragen der Mitarbeiter bilden den Leitfaden der Einheit. Ein Verständnis der Charak­tere wird hergestellt. Die Handlungsweisen der Charaktere können nachvollzogen werden. Sie dienen auch für die Entwicklung von Lösungsansätzen für das Dilemma. Die Schüler können eigenständig ihre Ideen und Gedanken formulieren. Die Autonomie der Schüler zu der Ent­wicklung einer Lösung im Umgang mit Fake News wird gestärkt. Aufgrund der Lösungssuche werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, mit Fake News umzugehen. Das Spielen dieser Lösung versetzt die Schüler in die Lage, mit Fake News umgehen zu müssen. Der Umgang mit Fake News erfolgt spielerisch.

Die Gruppenarbeit unterstützt und ergänzt das Forumtheater mit Strategien zum Umgang mit Fake News. Das Zwischenspiel greift die Medienkompetenz auf, Quellen hinsichtlich ihrer Vertrauenswürdigkeit einzuschätzen. Bereits der Banner mit dem Spruch: „Jugend kann die Welt bewegen“ (Z. 10,11) und die Bürgermeister-Frage (siehe 5.1 und 5.3) beziehen sich auf das Potenzial der Schüler zur gesellschaftlichen Veränderung. Dem zentralen Ziel des Forum­theaters, ein Bewusstsein für gesellschaftliche Veränderungen zu schaffen wird damit entsprochen. Die Projekteinheit ist so konzipiert, dass das Forumtheater in allen Einheiten unterfüttert und unterstützt wird. Das Erlernen eines (medienkompetenten) Umgangs mit Fake News mit der Methode des Forumtheaters mit Jugendlichen ist möglich. Das Forumtheater ist eine zielführende Methode, damit Jugendliche den Umgang mit Fake News explorative erlernen.

5.9 Empfehlung: Forumtheater und Fake News

Nach der Projekteinheit hat sich das Team zusammengesetzt und überlegt, wie das Theaterstück zu verbessern ist. Als Ergebnis der Überlegungen wurde das Stück um- und weitergeschrieben (siehe Anlage 2: Theaterstück 2.0). Es haben sich folgende Änderungen ergeben:

In erster Linie musste der Wunsch Bilals Schulsprecher zu werden, klarer ersichtlich sein. Wie im Abschnitt 5.3 beschrieben, wurde Bilal ursprünglich von seiner Mutter überredet Schul­sprecher zu werden. Im Theaterstück 2.0 will Bilal Schulsprecher werden, um seiner Mutter zu beweisen, dass er Verantwortung übernehmen kann. „Wenn meine Eltern mir nichts zu trauen, dann beweis ich denen das jetzt, dass ich was selbstständig hinkriege“ (Z. 43-46). Außerdem wird erhofft, dass sich die Schüler mit der Situation identifizieren können, dass sie ihren Eltern etwas beweisen wollen.

Auch Dinas Anliegen muss im Theaterstück besser zu Geltung kommen, warum ihr es wichtig ist, dass Bilal die Fake News verbreiten soll. Ihr Wunsch ist es nun, die Aufmerksamkeit der 10. Klässler zu bekommen, um zu ihren „legendären Parties“ (Z. 53) eingeladen zu werden. Der Wunsch wird besonders deutlich, da Dina mehrfach von diesen Parties redet.

Das Dilemma, ob Fake News verbreitet werden sollen oder nicht, zeigt die Konsequenzen und die Gefahren von Fake News nicht deutlich genug auf. Deswegen wurde das Stück um zwei Szenen erweitert. In der vierten Szene treffen Dina und Bilal am nächsten Tag aufeinander. Das Verbreiten von Fake News hat sich ausgezahlt: „Tobi, Lara, und alle anderen haben gesagt, die wählen jetzt für dich!“ (Z. 245-247). Jedoch folgen auf die Fake News Kommentare in den sozialen Medien, die den Boykott von Frankys Bioladen fordern (Z. 272). Daraufhin will Bilal die Situation klarstellen und postet, dass er die Fake News gepostet hat. Bilal wird nicht geglaubt und Franky wird unterstellt, dass er sich in Bilals Account gehackt hat, um seinen Kopf zu retten (Z.309-313). Anschließend versucht Bilal, den Post aus dem Internet zu nehmen. Hier haben wir auf die Idee von S8 zurückgegriffen, dass „der Fake bestimmt schon weiterverteilt [ist] und aus dem Internet würde man ihn nicht mehr bekommen“ (Z. 171/1727 ). Bilals ausweglose Situation wird nun deutlicher.

In der fünften Szene werden die Konsequenzen von Bilals Post deutlich: „Jetzt ist Frankys Bioladen bankrott und sie müssen wegziehen, weil [sein Vater] einen neuen Job braucht“ (Z. 352- 355). Bilal spricht mit seiner Mutter darüber und bittet sie um Hilfe. Das Theaterstück endet mit der Frage der Mutter, was Bilal nun tun könne (Z. 358). Bilals Dilemma hat sich somit verschoben von der Frage nach der Verbreitung der Fake News hin zu den Konsequenzen, die aus einer Verbreitung von Fake News resultieren können. Es können nun deutlicher die Gefahren von Fake News thematisiert werden.

Im Hinblick auf die Aufwärmphase wird eine Methode empfohlen, die dem Forumtheater besser entspricht, die Autonomie der Schüler stärkt und die Mitarbeiter und Schüler von vornherein auf einer Augenhöhe miteinander arbeiten lässt.

6. Zusammenfassung und Fazit

Die aktuelle Debatte zur Wirksamkeit von Fake News ist kontrovers. Einerseits wird behauptet, dass Fake News Meinungstendenzen erst erschaffen und deswegen der öffentlichen Meinungs­bildung schaden. Andererseits wird argumentiert, dass Fake News vorhandene Vorurteile lediglich bestätigen, diese aber nicht erzeugen. Inwieweit die öffentliche Meinungsbildung durch Fake News beeinflusst wird, bleibt eine offene Frage.

Generell ist das Phänomen der Fake News ein Ausdruck sozialer und gesellschaftlicher Unzu­friedenheit. Fake News sind ein Symptom, welches seine Ursache in dem Verlust der Vertrauenswürdigkeit von Politik und Medien hat. Das Internet bietet jedem Nutzer und jeder Nutzerin die Möglichkeit zur Veröffentlichung von Fake News. Deswegen fällt es Internet­nutzenden zunehmend schwerer, seriöse von unseriösen Informationsquellen zu unterscheiden. Vor allem den sozialen Netzwerken wird zugesprochen, dass Fake News hier gut greifen können, da es an Kontrollinstanzen fehlt. Der Wirkungsbereich von Filterblasen wird mit Hilfe von Algorithmen und Social Bots drastisch vergrößert und einzelne Informationseinheiten werden entwertet. Zudem täuschen sie eine scheinbare Transparenz in den sozialen Netzwerken vor mit dem Risiko, dass eine ausgewogene und sachliche (öffentliche) Meinungsbildung Schaden nimmt. Desinformation und Rufschädigungen sind die Folge. Vor allem Populist*innen und Propagandist*innen können Fake News für sich nutzen, um (ideologische) Meinungstendenzen und alternative Wahrheiten zu kreieren.

In der postfaktischen Zeit nimmt die Angst zu, dass die öffentliche Meinung durch opportune Narrative und nicht mehr Tatsachen und Beweise bestimmt wird. Fake News spielen in diesem Zusammenhang eine große Rolle.

Fake News können jedoch Vorurteile nicht erzeugen, sondern diese nur bestätigen. Hier gilt es für die Medienpädagogik anzusetzen und die pluralistische Dimension des Internets aufzuzeigen. Es sollte vermittelt werden, dass das Internet von jedem (private oder öffentliche Personen) genutzt werden kann, um Informationen oder Meinungen zu veröffentlichen. Die Medienkompetenz umfasst in erster Linie Strategien, die Personen zur Mündigkeit erziehen. Die Erziehung zum mündigen Bürger oder Bürgerin ist auch das zentrale Thema der politischen Bildung. Das digitale Zeitalter stellt neue Herausforderungen an die politische Bildung. Die neuen Kommunikations- und Informationstechnologien erfordern einen kritischen und selbstbestimmten Umgang mit ihnen. Deshalb sind die Medienpädagogik und die politische Bildung nicht mehr voneinander zu trennen. In der Medienpädagogik sind Internet und soziale Medien Plattformen, in denen die Demokratie als Lebensform, die Meinungsbildung und Handlungsfähigkeit gelernt werden können. In Bezug auf Fake News steht auch hier die Mündigkeit im Vordergrund. Mündige Bürger*innen können Fake News erkennen. Sie verfügen über geeignete Strategien zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Medien.

Die Ergebnisse meiner Untersuchung legen nahe, dass Jugendliche sehr wohl über Strategien verfügen, um die Vertrauenswürdigkeit von Medien beurteilen zu können. Ebenso sind ihnen der Anwendungsbereich von Fake News und das Ziel ihrer Verbreitung bekannt. Den digital natives, die die sozialen Netzwerke für die Informationsbeschaffung nutzen, ist bewusst, dass dort Fake News vorkommen und sie sind meistens in der Lage, diese zu erkennen. Die Schule darf für die Informationsvermittlung hinsichtlich aktueller Ereignisse nicht unterschätzt werden. Sie ist nach wie vor die Hauptquelle für die Schüler*innen. Sie nutzen die sozialen Medien in erster Linie, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben. Es findet im Wesentlichen ein Austausch von privaten Informationen statt, die nicht der öffentlichen Meinungsbildung dienen.

Die Sorge um die Manipulationsmacht von Fake News wird in erster Linie von den digital immigrants vorgetragen. Während die digital natives mit dem Internet und den sozialen Netz­werken aufgewachsen sind, mussten die digital immigrants den Umgang erst mühsam erlernen und gleichsam nachholen. Ihre Sorge wird dann auf die Generation der digital natives übertragen. Die Wirkungen und die Manipulationsmacht von Fake News werden die zukünf­tigen Entwicklungen zeigen. Um den Wirkungsbereich der Fake News als Symptom der Digi­talisierung einzudämmen, müssen die Ursachen des Symptoms bekämpft werden. Hierfür müssen die Politik und die Medien in die Verantwortung genommen werden. Zur Beantwortung der Frage, inwieweit das Vertrauen in Politik und Medien wiederhergestellt werden kann, bedarf es einer gesonderten Untersuchung. Sie weist über die Medienpädagogik und die politische Bildung hinaus.

Solange die Auswirkungen von Fake News noch nicht umfassender erforscht sind, dient die Medienpädagogik als Prophylaxe. Sie kann einen kritischen und selbstbestimmten Umgang mit den sozialen Medien vermitteln, welcher wichtig für die Meinungsbildung und Handlungs­fähigkeit eines mündigen Bürgers ist. Außerdem kann Demokratie als Lebensform vermittelt werden, welche gesellschaftliche Teilhabe, freie Entfaltung und die Chancengleichheit zur Mit­gestaltung in allen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbereichen beinhaltet. Das Forumtheater ist eine zielführende Methode in der politischen Bildung, um den Umgang mit Fake News in demokratischer Absicht spielerisch zu erlernen. Mit Dewey gilt: Learning by doing.

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8. Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Das Beobachtungsprotokoll

Die teilnehmende Beobachtung zum Thema Fake News findet im Rahmen einer theaterpädagogischen Projektwoche zum Thema Demokratie an einer Hauptschule einer 9. Klasse in Bayern statt. Die Projekteinheit zum Thema „Fake News“ beläuft sich auf 90 Minuten. Das Thema Fake News wird am ersten Tag behandelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Skizze des Klassenraumes

Kreis-Stühle, Viereck- Tisch, schräge Linien- Banner, gerade Linie-Tafel

Die Tische im Klassenzimmer sind an die Wände geschoben, die Stühle bilden innerhalb des Raumes einen Halbkreis. Die Blickrichtung vom Halbkreis fällt auf zwei Banner, die rechts und links außen stehen. In der Mitte hängt eine Tafel. Davor steht ein Tisch mit zwei Stühlen. Auf dem rechten Banner steht „Konflikte lösen. Frieden stiften. Demokratie fördern.“, auf dem linken Banner ist geschrieben „Jugend kann die Welt bewegen“.

An dem Projekt nehmen 23 Schüler und Schülerinnen teil (S1, S2... S23). Davon neun Jungen und 14 Mädchen. Sie sitzen auf den Stühlen, Namensschilder kleben an ihren Oberteilen. Die Lehrerin sitzt hinter dem Stuhlhalbkreis. Die vier Mitarbeiter (A, B, C, D) bilden das Team zur Durchführung des Projekts. Sie stehen vor dem Tisch in der Mitte. B bin ich.

Die Aufwärmphase

A steht in der Mitte des Raumes. Er bittet alle Schüler aufzustehen. Jeder soll seine Beine und Arme zur Auflockerung ausschütteln. Ein Teil der Schüler wirkt genervt, andere unmotiviert, 6 Schüler wirken präsent. Nun beugt A seine Knie und steckt die rechte Hand nach unten, dabei legt er seinen Finger auf die Lippen. Im Klassenraum ist es still. Die rechte Hand hebt sich, die Schüler und die Mitarbeiter fangen an zu klatschen. Je höher die Hand desto lauter das Klatschen. Diesen Vorgang hatte A zuvor erklärt. Die rechte Hand ist wieder unten. Dieser Vorgang wird zweimal wiederholt. A fragt, was sie meinen, was passiert, wenn er die linke Hand hebt. Zwei Schüler heben die Hand, einer wird drangenommen. Er fragt, ob sie nun trampeln sollen. A nickt. Die linke Hand hebt sich, die Schüler und die Mitarbeiter fangen an zu mit den Füßen auf dem Boden zu trampeln. Die linke Hand ist wieder unten, es
ist leise im Raum. A fängt an die rechte und die linke Hand abwechselnd hoch und runter zu heben. Die Schüler reagieren entsprechend. Beide Hände werden gehoben. Die Schüler klatschen, trampeln und jubeln. Die Hände sind wieder unten, die Schüler sind leise. Der Vorgang wir noch einmal wiederholt, um B hervor treten zu lassen, so A. A tritt zurück und übergibt den Platzt an B. Hinzufügend kann gesagt werden, dass es ein paar Anläufe brauchte, bis alle Schüler mit klatschten. Dabei machten 3,4 Schüler sich währenddessen darüber lustig.

Die Vorstellung

B bedankt sich für die Begrüßung. Er stellt die Mitarbeiter und die Themen der Projektwoche vor. Als nächstes erklärt er, wie die Vorstellungsrunde abläuft. Jeweils ein Schülerpaar soll sie sich in zwei bis drei Minuten interviewen: Name, Alter, Hobbies. Außerdem soll die Frage beantwortet werden, was der Interviewpartner verändern würde, wenn er Bürgermeister*in wäre. Zudem soll sich jeder eine positive Eigenschaft zu dem Interviewpartner überlegen. Ein Schüler möchte wissen, was mit positiver Eigenschaft gemeint ist. Ein anderer Schüler nennt Vertrauenswürdigkeit als Beispiel. Die Schülerpaare werden anhand der Sitznachbarn aufgeteilt. Die Paare fangen an sich zu befragen.

Nach ca. drei Minuten wird für Ruhe gesorgt und die Frage gestellt, ob alle fertig sind. A, B, C und D treten vor und beginnen sich gegenseitig, paarweise vorzustellen. Nachdem sich kein Schülerpaar freiwillig zur Vorstellung meldete, wird das erste Paar aus dem Teilnehmerkreis vorgeholt. Die Reihenfolge der Vorstellung wird festgelegt. Das Schülerpaar zeigt sich zögerlich, wobei der eine den anderen ermutigt nach vorne zu gehen. A und D gehen zur Tafel. A schreibt die Antworten zur Bürgermeister-Frage auf. B notiert die Antwort zu den positiven Eigenschaften. Der Reihe nach stellen sich alle Schülerpaare vor. Die Veränderungswünsche Bürgermeister*in-Frage werden besprochen. Themen wie mehr Räumlichkeiten für Jugendliche, die Umwelt schützen, die Infrastruktur auf dem Land stärken und mehr Freizeit und finanzielle Möglichkeiten für Schüler und Schülerinnen, werden am häufigsten genannt. Als positive Eigenschaften werden freundlich, hilfsbereit und humorvoll häufig gewählt.

Das Theaterstück

Cerklärt, dass nun drei kurze Theaterszenen vorgespielt werden. A, B, C und D stellen sich nochmals in ihrer Theaterrolle vor. C spielt Bilal. B ist die Mutter von Bilal. A verkörpert Dina, eine Freundin Bilals und Dspielt Franky, einen Mitschüler von Bilal und Dina. D hält eine Klingel hoch und erklärt, dass das Läuten der Klingel den Beginn und das Ende einer Theaterszene anzeigt. A und D verschwinden hinter dem linken Banner. B setzt sich auf den Stuhl in der Mitte vom Tisch. C steht links neben dem Tisch. Die Klingel läutet.

In der ersten Szene ärgert sich Bilal darüber, dass ihm die Mutter kein Schulbrot vorbereitet hat und er nun beim schlechten Pausenverkauf einkaufen muss. Die Mutter schlägt vor, sich beim Schulsprecher über die schlechte Qualität des Pausenverkaufs zu beschweren, damit sich etwas ändern kann. Bilal wendet ein, der Schulsprecher würde seiner Arbeit nicht nachkommen und es würden sowieso bald Schulsprecherwahlen stattfinden. Daraufhin überredet seine Mutter ihn für die Wahl zu kandidieren.

In der zweiten Szene findet der Wahlkampf für die Schulsprecherwahl statt. Bilal kandidiert und plädiert dafür, den Pausenverkauf zu verbessern. Mitarbeiter A und B haben sich inzwischen ins Publikum gesetzt und fangen nach der Rede an zu klatschen. Die Schüler klatschen ebenfalls mit. Franky tritt vor und hält seine Rede. Er stellt viele Veränderungsvorschläge vor, darunter auch die Verbesserung des Pausenverkaufs. Franky verschwindet unter lautem Applaus aus dem Publikum hinter einem Banner.

In der dritten Szene tritt Dina vor dem Banner auf. Sie beschwert sich darüber, dass Franky Bilals Idee zur Verbesserung des Pausenverkaufs gestohlen hat. Bilal ist enttäuscht und der Meinung, dass ihn niemand als Schulsprecher wählen wird. Dina macht verschiedene Vorschläge wie Gummibärchen verteilen und Wahlplakate aufhängen, um Wählerstimmer für ihn zu gewinnen. Bilal ist nicht überzeugt. Dina fällt ein, dass Frankys Vater Ökobauer ist und vermutet, dass Franky deswegen Veganer wäre. Sie behauptet, dass Franky deswegen nur noch veganes Essen im Pausenverkauf anbieten will. Das wäre ein Skandal und jeder müsse davon erfahren. Sie schlägt vor, dass ein Foto von Franky mit dem Spruch „Stoppt Fleischfresser- Veganes Essen für alle“ verteilt wird. Bilal schlägt vor, es unter einem falschen Profil von Franky auf Twitter zu stellen. Dina tippt auf ihrem Handy und hält es mit dem Foto und dem Spruch Bilal hin. Bilal wirkt unentschlossen. Das Theaterstück endet mit dem Klingeln. Die Schüler klatschen.

Die Besprechung des Theaterstücks

D tritt vor und stellt die Frage was geschehen ist. Das Theaterstück wird von Anfang bis Schluss von unterschiedlichen Schülern nacherzählt. Wenn ein Schüler zu weit vorgreift, wird im Anschluss die Frage gestellt, was davor geschehen ist. Nun werden Fragen zu den Rollen gestellt. Bilal wird von den Schülern als ein schüchterner, lieber Junge beschrieben. S1 sagt, dass er beeinflussbar sei. Nicht alle Schüler sind dieser Meinung. Es wird im Klassenraum gemurmelt. S2 erwähnt, Bilal will es jedem recht machen und er will nicht als „Looser“ dastehen. S1 argumentiert, seine Mutter hätte ihn beeinflusst, Schulsprecher zu werden und Dina würde ihn beeinflussen, Fake News zu verbreiten. B fragt, was denn Bilals Wunsch ist. S4 äußert, gut aus dieser Situation herauszukommen. S5 sagt, dass Bilal froh sein kann, dass der Wahlkampf für die Schulsprecherwahl so verlaufen ist. Denn er hätte eigentlich keine Lust Schulsprecher zu sein, er dürfe jetzt nur nicht auf Dina hören. D fragt, was Dina denn davon hat, dass Bilal Schulsprecher wird. S6 sagt, Dina wolle vielleicht bekannter in der Schule werden. S7 meint, sie wollte doch eigentlich nur Bilal helfen und ihn aufmuntern, nicht aufzugeben. S6 ruft dazwischen, dass sie Bilal zuerst fragen solle, ob er das überhaupt wirklich will. Die Schüler stimmen darüber ab, ob wirklich Bilal Schülersprecher werden will: Zwei Schüler sind der Meinung, dass Bilal Schulsprecher werden will, fünf Schüler sind der Meinung, er wolle kein Schulsprecher werden, 16 sind unentschlossen. D fragt, warum sie sich unsicher sind. S5 meint, dass Bilal keine Lust hat Schulsprecher zu sein, aber dass er seiner Mutter beweisen will, dass er das kann. Er hätte sich nicht als Schulsprecher aufstellen lassen sollen, wenn er keine Lust darauf hätte.

D fragt, was Franky für ein Charakter ist. Er wird von den Schülern als ein selbstbewusster, beliebter Schüler und guter Redner beschrieben. S8 sagt, dass Franky alles tun würde, um Schulsprecher zu werden, denn er hätte Bilals Idee gestohlen. S9 wendet ein, Dina hätte das nur behauptet und es wäre nicht so gewesen. S8 meint, Franky hätte nicht umsonst Bilal den Vortritt bei der Rede gelassen. Er wolle doch nur seine Ideen übernehmen. S9 bestreitet das und meint, Franky hätte das Essen auch schon im Jugendzentrum verbessert und wolle das jetzt auch in der Schule machen. Dina wäre eine Person, die nicht verlieren könne und deswegen wolle sie die Fake News verbreiten. Eine Diskussion zwischen S8 und S9 beginnt darüber, ob Franky oder Dina der „Bösewicht“ im Theaterstück ist. D unterbricht und fragt, was denn eigentlich das Dilemma sei. S10 äußert, dass sich Bilal entscheiden müsse, ob er als Verlierer oder als Lügner dastehen will. D fragt, ob das alle so sehen. Alle Teilnehmer nicken. Welche Lösungen gibt es, fragt D. S11 ruft dazwischen, na ob er drückt oder nicht. Er meint damit am Handy die Taste zu drücken, um die Fake News zu verbreiten. D lässt abstimmen, ob die Fake News verbreiten werden soll oder nicht. Drei Teilnehmer, darunter S8, würden
die Fake News verbreiten, zwanzig, darunter S9, nicht. D wendet sich an die drei Teilnehmer und fragt, warum sie die Fake News verbreiten würden. S8 verteidigt seine Entscheidung damit, dass Franky auch nicht fair gespielt hat und Politiker das auch so machen würden. Dina habe auch gesagt, dass Politik ein dreckiges Geschäft sei und außerdem wolle er gewinnen. D wendet sich an die andere Gruppe und fragt, warum sie die Fake News nicht verbreiten würden. S5 findet, dass es gar keine Frage sei, ob Bilal das Fake Profil veröffentlich oder nicht. Denn Bilal wolle ja offensichtlich nicht Schulsprecher werden. Bilal wirke nicht wie eine Person, der es super wichtig ist, diese Wahl zu gewinnen. Nur weil S8 so ein Typ wäre, der nicht verlieren kann, heißt es nicht das Bilal einer sei. Er müsse Dina einfach nur erklären, dass er da eigentlich keine Lust darauf hat und das ei gentlich nur für seine Mutter gemacht hat. Sie würde das bestimmt verstehen, denn wenn sie unbedingt gewollt hätte, dass er gewinnt, hätte sich selbst zur Schulsprecherwahl aufstellen können. Bilal würde zwar die Schulsprecherwahl verlieren, aber deswegen nicht seine Freunde. D fragt S5, ob er nach vorne kommen will, um das vorzuspielen. S5 lehnt ab. D fragt, ob ein anderer Teilnehmer Lust hätte, die S5s Idee oder einen anderen Vorschlag vorzuspielen. S12 meldet sich und wird unter Applaus nach vorne geholt. D bittet S12 seine Idee kurz zu wiederholen. S12 übernimmt die Rolle von Bilal. Danach gehen die Schauspieler auf ihre Plätze und die Klingel läutet.

Dina wiederholt ihren Schlusssatz: „Ein Klick und du gewinnst die Wahl - oder willst du als Looser dastehen?“ Bilal erklärt Dina, dass er gar nicht Schulsprecher werden will. Dina versucht ihn noch einmal zu überreden, das Fake Profil zu veröffentlichen, weil er sonst von allen Schülern ausgelacht wird. Bilal bestreitet das. Außerdem wäre es zu offensichtlich, dass der Post von ihm wäre. Wer solle das denn sonst tun? Dina ist enttäuscht, sieht jedoch ein, dass ihre Idee mit der Fake News nicht so gut war. Die Klingel ertönt, es wird applaudiert.

D fragt nun, ob alle einverstanden sind mit der Lösung. Viele nicken. S8 meldet sich wieder und beharrt darauf, dass er das Fake Profil hochladen würde. D fragt, ob er vorkommen will und diese Lösung spielen will. S8 zuckt mit den Schultern, lacht und sagt, dass es da nicht viel zu spielen gäbe. Er kommt unter dem Applaus der anderen Schüler nach vorne. Die Schauspieler gehen auf ihre Plätze. S8 spielt Bilal. Es wird geklingelt und Dina wiederholt: „Ein Klick und du gewinnst die Wahl - oder willst du als Looser dastehen?“ Bilal sagt: „Nö“ und klickt auf ihr Handy. Er fängt an zu lachen und sagt, dass er fertig sei und was jetzt sei. Es klingelt, die Schüler applaudieren.

D betont, dass die Frage von S8 gut sei, was jetzt passiere. D wendet sich damit an die Schüler: Was passiert, wenn der Fake News hochgeladen ist? S13 äußert, dass Franky die Wahl verlieren würde und Bilal Schulsprecher wird. Ob es noch andere Konsequenzen mit sich bringt, will D wissen. S14 sagt, dass Franky nicht mehr vertraut wird und er dann vielleicht nicht mehr so beliebt in der Schule sein wird. D fragt, ob Franky sich nicht wehren wird. S15 ist der Meinung, dass Franky das sicherlich tun wird. Wahrscheinlich würde sich auch herausstellen, dass ein Fake Account genutzt wurde, denn das sei einfach zu überprüfen. Es würde zu Neuwahlen kommen. D fragt nach, wie man nachprüfen kann, ob ein Account in den sozialen Netzwerken ein Fake ist. S15 antwortet, dass Franky einfach nur sein echtes Profil zeigen muss. Der Fake-Account hätte keinen Follower und nur das eine Foto. D sagt, das sei ein guter Ansatz. Doch bevor die Gruppe darüber sprechen wird, wie man Fake News und Accounts erkennen kann, würde er gerne wissen, welche Konsequenzen für Bilal zu erwarten sind, wenn herauskommt, dass er das Fakeprofil angelegt hat. S8 betont, er glaubt nicht, dass man das herausfindet. Außerdem wäre der Fake bestimmt schon weiterverteilt und aus dem Internet würde man ihn nicht mehr bekommen. D fragt nach, ob alle dieser Meinung sind, dass es nicht herauskommt, dass Bilal hinter der Fake News steckt. Niemand meldet sich, ein paar Schüler nicken. D erklärt, dass sie an dieser Stelle eine Pause machen. Bevor sie weiter über Fake News reden, wird C ein Meinungsspiel erklären. D tritt zurück in Richtung Tisch und C tritt nach vorne.

Zwischenspiel zur Vertrauenswürdigkeit von Medien

C fragt zunächst, welche Medien und Portale die Schüler nutzen, um sich zu informieren. B geht an die Tafel und schreibt die Antworten mit: Promiflash, Google, Google News, Zeitungen (z.B. Die Zeit, Der Spiegel), Instagram, Radio, Fernsehen, Facebook, die Schule und Snapchat. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass Zeitungen und Facebook eher von den Eltern genutzt werden als von den Schülern. Ebenso würden sie Nachrichtensendungen im Fernsehen auf privaten Kanälen anschauen, während öffentliche Kanäle eher von den Eltern genutzt werden.

Nun bittet C alle Schüler aufzustehen. Am Boden sind drei Flächen mit Kreppband gekennzeichnet. Im linken Rechteck ist ein Minus (-) aufgezeichnet, rechts ein Plus (+). Das mittlere Rehteck ist neutral (0). Links bedeutet, dass man das Medium für nicht vertrauenswürdig hält (-), rechts, man findet es vertrauenswürdig (+), erklärt C. C nennt nun die ausgewählten Medien nacheinander und die Schüler sollen sich entsprechend positionieren, je nachdem, ob sie das Medium für vertrauenswürdig halten (+) oder nicht (-).

Google wird von den Schülern zwischen „plus“ und „neutral“ eingestuft. Einige Schüler sollen ihre jeweilige Position begründen. Ein Schüler erläutert die Vertrauenswürdigkeit von Google damit, dass, er noch keine Fakes bei Google gesehen habe. Ein Schüler aus der neutralen Mitte meint, er habe auch noch keine Fakes gesehen, aber Google würde nur die Häufigkeit der Klicks anzeigen und nicht was richtig ist. C unterstützt, das sei ein guter Einwand und fragt, was Google denn überhaupt sei. Ein Schüler sagt, es sei ein Ort, wo man Informationen erhalten kann. C stellt die Frage, ob Google eine Informationsplattform oder Nachrichtenseite sei. Ein anderer Schüler meldet sich und äußert, Google sei nur eine Suchmaschine, die auf Nachrichtenseiten hinweist. C nickt und wiederholt den Hinweis des Schülers, dass Google die Häufigkeit der Klicks anzeigt und man deswegen jede Internetseite eigenständig überprüfen muss, ob sie vertrauenswürdig ist. Man könne nicht davon ausgehen, dass die Inhalte der Wahrheit entsprechen, nur weil sie angezeigt sind.

Auch Zeitungen werden von den Schülern zwischen „plus“ und „neutral“ eingestuft. Ein Schüler, der Zeitungen vertrauenswürdig findet, sagt, er kann sich nicht vorstellen, dass Zeitungen Lügen berichten, denn sie hätten ihren Ruf zu verlieren. Ein Schüler, der sich auf die neutrale Position gestellt hat, ist der Meinung, dass Klatschzeitungen lügen, „normale“ Zeitungen aber nicht. Vor allem der lokalen Zeitung XX würde er glauben, denn die Berichte seien einfach zu überprüfen. Ein anderer Schüler aus der „neutralen“ Mitte ist der Meinung, dass es meistens stimme, was in den Zeitungen steht. Jedoch würden die meisten übertreiben, weil alle „sensationsgeil“ seien und es nur um Geld gehen würde.

Nachrichtensender im Fernsehen werden von der Mehrheit der Teilnehmer als „neutral“ eingestuft. Als Begründung wird angegeben, dass privaten Nachrichtensendern nicht zu vertrauen sind, weil es nur um Unterhaltung geht. Öffentlichen Sendern hingegen könne aber vertraut werden.

Instagram wird ebenfalls als „neutral“ eingestuft. Es sei klar, so einige Schüler, dass man auch Fake Accounts erstellen könne oder „Mist“ reinstellen kann. Die meisten Schüler geben an Instagram zu nutzen, um in Kontakt mit ihren Freunden zu stehen. Die Informationen ihrer Freunde seien in der Regel vertrauenswürdig.

Twitter halten meisten Schülern für nicht vertrauenswürdig. Jedoch stehen drei Schüler auf der neutralen Position und ein Schüler auf der „plus“-Position. Der Schüler, der Twitter für vertrauenswürdig hält, sagt, dass Twitter unzensiert sei und deswegen nur die Wahrheit verbreitet. Ein Schüler aus der neutralen Position behauptet, dass Twitter sowohl Wahrheiten als auch Unwahrheiten verbreitet. Ein Schüler, der Twitter für nicht vertrauenwürdig hält, ist der Meinung, dass Trump nur Lügengeschichten über Twitter verbreitet und er deswegen Twitter nicht vertrauen kann. C beendet die Spielrunde und bedankt sich für die Teilnahme. Er erklärt, dass nun vier Kleingruppen gebildet werden, in denen die Schüler nochmals über Fake News diskutieren sollen. Jede Kleingruppe behandelt dieselben Fragen.

Gruppenarbeit zu Fake News

Mit sechs Teilnehmern (T1, T2.T6) wird über Fake News und das Verhalten in den sozialen Netzwerken gesprochen. Die Eingangsfrage lautet, was Fake News sind. T1 ist der Meinung, dass Fake News Nachrichten sind, die sich übertrieben anhören. T2 und T3 behaupten, dass Fake News Lügennachrichten sind, um andere zu manipulieren. Alle Teilnehmer stimmen zu und T1 erwähnt: Ja, genauso wie Trump. Der Mitarbeiter fragt, ob sie auch schon anderswo Fake News bemerkt haben, außer bei Trump. Niemand fällt ein Beispiel ein. Darauf fragt der Mitarbeiter, woher sie ihre Informationen bekommen. T4 sagt, dass er eigentlich nur über die Schule Informationen über aktuelle Ereignisse erhält. Politik würde ihn aber auch nicht interessieren. T3 und T6 sagen, dass sie von Zeitungen (z.B. Zeit und Spiegel) Kurznachrichten auf ihr Smartphones bekommen, die sie lesen würden. Jedoch würden sie in den seltensten Fällen auf die Hintergrundinformationen der Artikel zurückgreifen. T3 fügt hinzu, dass er auch mit seinen Eltern über Politik redet. T5 bestätigt, dass er das auch tun würde, die Schule aber doch am wichtigsten sei. Als der Mitarbeiter fragt, ob sie Instagram, Twitter oder Facebook für die Informationsbeschaffung nutzen, verneinen alle. Facebook nutze ohnehin niemand mehr, so T1, Instagram und WhatsApp nutze er nur, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben. Twitter hätte er einmal benutzt, weil er wissen wollte, was Trump schreibt. Alle anderen Teilnehmer stimmen zu, dass Instagram und WhatsApp die meist genutzten sozialen Netzwerke sind, um in Kontakt mit Freunden zu sein. T4 und T3 nutzen es auch, um Stars zu folgen. Der Mitarbeiter will wissen, warum Fake News verbreitet werden. Alle sind sich einig, dass Fake News aus finanziellen Gründen verbreitet werden und um Leute zu manipulieren. T1 glaubt, dass viele Politiker Fake News verbreiten, um Wahlen zu gewinnen. In der Gruppe wird diskutiert, ob Wahlversprechen Fake News sind, wenn sie nicht eingehalten werden. Alle Schüler sind sich einig, dass es keine Fake News sind. Es wären Fake News, wenn ein Politiker falsche Informationen über einen anderen Politiker ins Netz stellt, damit er die Wahl gewinnt. Der Mitarbeiter fragt nach den Schwierigkeiten, eine Fake

News zu erkennen. T5 meint, man könne sie nicht sofort erkennen. T6 sagt, es gibt so viele Breaking News, da wisse man gar nicht was stimmt. Der Mitarbeiter fragt nach, wie er das meint. T6 erklärt, dass es so viele Nachrichtensender gibt und manchmal jeder Sender etwas anderes behauptet. Der Mitarbeiter will wissen, wie man Fake News erkennen kann. Niemand gibt eine Antwort. T2 sagt, vielleicht wenn sich eine Nachricht „zu krass“ anhört, um wahr zu sein. Der Mitarbeiter stimmt zu und ergänzt: Wenn zwei vertrauenswürdige Quellen dieselben Informationen haben, kann man davon ausgehen, dass es kein Fake ist. Er will nun wissen, was vertrauenswürdige Quellen sind. T5 sagt, dass ein Journalist sie geschrieben haben muss. Der Mitarbeiter nickt und erklärt, dass er noch ein paar Tipps geben wird, wie man Fake News erkennt. Der Mitarbeiter zählt auf: Nachrichtenartikel müssen immer mit einem Autor und dem Datum versehen sein. Man sollte Zugriff auf die Quellen haben, die der Autor benutzt hat. Im Unterschied zu einer Nachricht, muss eine Meinung als solche gekennzeichnet werden. Zudem kann man eine Rückwärtsbildersuche machen, um herauszufinden, woher ein Bild stammt. Dafür müsse man den Bilder-URLCode bei Google eingeben. Anschließend setzten sich die Teilnehmer wieder zurück in den Halbkreis.

Abschlussrunde

D tritt in die Mitte und fragt, worüber die Schüler in den einzelnen Gruppen geredet haben und was sie gelernt haben. Ein Schüler berichtet, er habe gelernt, wie man Fake News erkennt und was die Gefahren von Fake News sind. D will wissen, wie man sie erkennen kann. Der Schüler sagt, dass man nach dem Impressum schauen soll und ob es einen Autor und Datum gibt. D nickt und nimmt einen anderen Schüler dran. Er sagt, sie hätten über die Geschehnisse in Chemnitz geredet und er hätte gelernt, dass er nicht alles im Internet glauben darf, weil jeder etwas posten kann.

D bedankt sich und beendet die Schulstunde. Er sagt, dass er viel Spaß hatte und hoffe, die Schüler auch und dass sie heute etwas mitnehmen konnten. Er klatscht in die Hände. A, B, C und die Schüler fangen auch an zu klatschen. Danach stehen alle Schüler auf und verlassen den Klassenraum.

Noch hinzuzufügen ist, dass es ruhig in der Klasse während des Projektes war. Das Klassenklima schien relativ harmonisch. Man konnte drei Gruppen erkennen. Einmal die Mädchen, einmal die Jungen darunter S9 und darunter drei Jungen darunter S8. Die Lehrerin saß außerhalb des Kreises und korrigierte etwas, was für mich wie Klassenarbeiten aussahen.

Ab und zu schaute sie hoch und blickte dann relativ schnell wieder auf ihre Texte. Es meldeten sich während den 90 Minuten häufig dieselben 4, 5 Schüler. Nach paarmaligem drannehmen, sprachen A, B, C oder D auch andere Schüler an. Erst wenn keine Reaktionen von ihnen zurückkam, nahmen sie die Meldungen dran.

Anhang 2: Theaterstück 2.0

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Der Begriff „Lügenpresse“ tauchte erstmals im Jahr 1848 auf. Er wurde zu antisemitischen Zwecken verwendet, meist in Kombination mit der Nennung von Juden („jüdische Lügenpresse“). Danach wurde der Begriff der „Lügenpresse“ häufig verwendet (z.B. Deutsch-Französischer Krieg, Nationalsozialismus, DDR), um den Gegner und seine Presse zu denunzieren. Es galt, die Meinungshoheit zu gewinnen und seine Weltsicht als einzig wahr zu propagieren (Kuhla, 2017, 44/45).

2 Während des US-Wahlkampfes 2016 kursierte die Falschmeldung, dass Hillary Clinton einen Kinderpornoring im Hinterzimmer der Pizzeria Comet Ping Pong in Washington betrieb. Diese Fake News basierte auf gestohlenen und geleakten Emails von Clinton, die mehrere Rechnungen für Pizzen der Pizzeria Comet Ping Pong enthielten. Diese Falschmeldung führte dazu, dass ein Mann die Pizzeria mit einem Gewehr stürmt, um die Kinder zu befreien. Er wurde festgenommen und zu vier Jahren Haft verurteilt (Kuhla 2017, 81ff).

3 Digital natives grenzen sich von den digital immigrants ab, welche den Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien erst erlernen müssen.

4 Durch die Eingabe der Bild-URL in Suchmaschinen werden Internetseiten aufgezeigt, in denen das Bild eingebettet ist. Die Suchergebnisse geben erste Hinweise auf den Urheber, Veröffentlichungsdatum und Kontext. Der YouTube-Dataviewer von Amnesty International zeigt die konkrete Uploadzeit eines Videos an. Dies gewährleistet die Sicherheit, den Originalkontext vorliegen zu haben. (Wichmann 2018)

5 Der Begriff des Schülers wird hier sowohl für das männliche als auch das weibliche Geschlecht genutzt. Das Geschlecht spielt keine Rolle für die Analyse der teilnehmenden Beobachtung.

6 Der Begriff des Mitarbeiters wird hier sowohl für das männliche als auch das weibliche Geschlecht genutzt. Das Geschlecht spielt keine Rolle für die Analyse der teilnehmenden Beobachtung.

7 Zeilenangabe stammt aus der teilnehmenden Boeobachtung.

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Herausforderungen von Fake News für die Medienpädagogik und politische Bildung
Autor
Jahr
2019
Seiten
79
Katalognummer
V1161859
ISBN (eBook)
9783346564740
ISBN (Buch)
9783346564757
Sprache
Deutsch
Schlagworte
herausforderungen, fake, news, medienpädagogik, bildung
Arbeit zitieren
Cora Weißert (Autor:in), 2019, Herausforderungen von Fake News für die Medienpädagogik und politische Bildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1161859

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