In der Bildungspolitik ist die Diskussion über digitale Lernwege seit einigen Jahren angekommen und bestimmt die dort getroffenen Entscheidungen mit. Bei allen digitalen Entwicklungen handelte es sich bisher meistens um freiwillige Entscheidungen der Bildungseinrichtungen, eine Veranstaltung in Präsenz oder online durchzuführen. Das Bildungssystem war dabei tendenziell zurückhaltend mit digitalen Lernwegen. Dies änderte sich grundlegend mit der rasanten Expansion des Coronavirus, der seit März 2020 eine weltweite Krise auslöst.
Studienergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen, dass zwei Drittel der Betriebe aufgrund der Corona-Pandemie digitale Weiterbildungen durchführten. Aufgrund der Aktualität und zukünftigen Relevanz des Themas der digitalen Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung lautet die Leitfrage der Bachelorarbeit wie folgt: Welche Chancen und Herausforderungen gibt es bei der Durchführung von Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung?
Diese Frage wird mittels einer empirischen Untersuchung durch Experteninterviews mit zwei Leitern der Onlineworkshops der evangelischen Freikirche ICF München beantwortet. Die befragten Workshop-Leiter haben diesen Wechsel ins Digitale mit allen seinen Facetten miterlebt und können aufgrund ihrer langjährigen Leitungserfahrung begründet aussagen, welche Chancen und Herausforderungen diese neue Form der Onlinelehre mit sich bringt.
Das zweite Kapitel erfasst den Forschungsstand der Merkmale der Erwachsenenbildung. Im dritten Kapitel werden bisherige Forschungsergebnisse zu den Merkmalen digitaler Bildung vorgestellt. Es wird im vierten Kapitel der Forschungsstand zu den bisher entdeckten Chancen und Herausforderungen der Durchführung von Onlineveranstaltungen dargestellt.
Der empirische Teil beginnt im fünften Kapitel mit einer Vorstellung der qualitativen Erhebungsmethode der leitfadengestützten Experteninterviews, der Wahl der Stichprobe und der Auswertungsmethode, wobei die strukturierende Inhaltsanalyse von Phillip Mayring verwendet wird. Dann wird die Entwicklung der Kategorien und des dazugehörigen Kodierleitfadens sowie die Entstehung des Interviewleitfadens beschrieben. Im sechsten Kapitel erfolgt die Darstellung der Ergebnisse, die dann im siebten Kapitel kritisch diskutiert und interpretiert werden. Mit einem Fazit der Ergebnisse und einem Ausblick wird die Arbeit abgeschlossen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Theorieteil
1. Klärung relevanter Begrifflichkeiten
1.1 Zum Begriff der Erwachsenenbildung
1.2 Zu den Begriffen der Onlineveranstaltung und des Workshops
2. Aktueller Forschungsstand zu den Merkmalen des Lernens von Erwachsenen
2.1 Das Prinzip der Teilnehmerorientierung
2.2 Besonderheiten des Lernens im Erwachsenenalter
2.3 Das Prinzip der Bildung für alle
2.4 Aktuelle Trends in der Erwachsenenbildung
2.4.1 Der Trend der Digitalisierung in der Erwachsenenbildung
2.4.2 Das Konzept des lebenslangen Lernens
3. Forschungsstand der Merkmale von Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung
3.1 Das Spezifische des digitalen Lernens
3.2 Voraussetzungen der Leiter und Teilnehmer digitaler Bildungsveranstaltungen
3.3 Methoden des Onlinelernens
4. Forschungsstand zu Chancen und Herausforderungen digitalen Veranstaltungen
4.1 Chancen digitaler Veranstaltungen der Erwachsenenbildung
4.2 Herausforderungen digitaler Veranstaltungen der Erwachsenenbildung
III. Empirischer Teil
5. Methode und Datenerhebung
5.1 Wahl der Erhebungsmethode
5.2 Wahl der`
5.3 Wahl des Auswertungsverfahrens
5.4 Entwicklung der Kategorien und des dazugehörigen Kodierleitfadens
5.5 Entwicklung des Interviewleitfadens
6. Darstellung der Ergebnisse
7. Diskussion der Ergebnisse
7.1 Ergebnisdiskussion der Gesamtstichprobe
7.2 Kritische Methodenreflexion
IV. Fazit und Ausblick
8. Literaturverzeichnis
9. Anhang
9.1 Kodierleitfaden
9.2 Interviewleitfaden
9.3 Transkriptionsregeln
9.4 Transkription der Interviews
I. Einleitung
Die Digitalisierung ist ein unabkömmlicher Bestandteil in der heutigen Gesellschaft (vgl. Hasenbein 2020, S. 2). In der Erwachsenenbildung gab es erste Diskurse zum digitalen Lernen bereits in den 1990er Jahren (vgl. Franz, Robak 2020, S. 4). Auch in der Bildungspolitik ist die Diskussion über digitale Lernwege seit einigen Jahren angekommen und bestimmt die dort getroffenen Entscheidungen mit (vgl. Büsch 2015, S. 2). Kerres und Buntins stellen in ihrem Beitrag „Erwachsenenbildung in der digitalen Welt: Handlungsebenen der digitalen Transformation“ in den Hessischen Volksblättern dar, dass digitale Lernwege in der Erwachsenenbildung etabliert werden. Beispielsweise kann hier die Einrichtung digitaler Plattformen zum Lernen genannt werden. Dabei umfasst das Digitale alle Bereiche der Erwachsenenbildung, wie zum Beispiel die Angebotsgestaltung, Programmplanung und Organisation (vgl. Kerres, Buntins 2020, S. 11-12).
Bei allen digitalen Entwicklungen handelte es sich bisher meistens um freiwillige Entscheidungen der Bildungseinrichtungen, eine Veranstaltung in Präsenz oder online durchzuführen. Das Bildungssystem war dabei tendenziell zurückhaltend mit digitalen Lernwegen (vgl. Clemens, Thibaut 2020, S. 127). Dies änderte sich grundlegend mit der rasanten Expansion des Coronavirus, der seit März 2020 eine weltweite Krise auslöst (vgl. Haas 2020, S. XI). Die Ausbreitung des Virus betrifft nicht nur das Gesundheitssystem, sondern alle gesellschaftlichen Lebensbereiche. Es sind sowohl das Privat- als auch das Berufsleben, die Wirtschaft, Medizin und Bildung davon betroffen, um einige Beispiele zu nennen (vgl. Dickel 2020, S. 79). Als bedeutendste Strategie zur Eindämmung des Virus gilt die physische Distanz zwischen den Menschen, welche die Ansteckungsgefahr verringert.
Laut Clemens und Thibaut ist die Gesellschaft durch Corona zu digitalen Lernformen gezwungen worden, die in den verschiedensten Bereichen umgesetzt werden (vgl. Clemens, Thibaut 2020, S. 127-128). Ein Beispiel hierfür nennt Hermann Parzinger, der in seinem Erfahrungsbericht über Kultureinrichtungen in der Corona-Krise die Wichtigkeit der digitalen Angebote in der Museumspädagogik betont (vgl. Parzinger 2020, S. 171). So kam es auch in den Volkshochschulen dazu, dass die Kursleiter1 sich mit der Umstellung ihres Kursangebotes in ein Onlineformat beschäftigen müssen, zum Beispiel indem sie sich in digitalen Kompetenzen weiterbilden (vgl. Bravo Granström, Niedermeier 2020, S. 18). Auch Susanne Schinko-Fischli berichtet, dass sie viele ihrer Seminare und Workshops in ein Onlineformat umgewandelt hat (vgl. Schinko-Fischli 2020, S. IX). Studienergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen, dass zwei Drittel der Betriebe aufgrund der Corona-Pandemie digitale Weiterbildungen durchführten (vgl. IAB 2020, S. 52). Nennenswert ist auch die Einschätzung von Melanie Hasenbein, dass digitales Lernen auch zukünftig sehr wichtig sein wird (vgl. Hasenbein 2020, S. 92).
Es kann konstatiert werden, dass viele Erwachsenenbildner seit dem Beginn der Corona-Krise vor der Herausforderung stehen, die Bildungsangebote für ihre Teilnehmer in einem Onlineformat stattfinden zu lassen, um das Infektionsrisiko bei Präsenzveranstaltungen zu umgehen. Allerdings ist es auch gerade in dieser Zeit der unumgänglichen Onlinebildung relevant, die Chancen digitaler Veranstaltungen der Erwachsenenbildung zu entdecken.
Laut Monika Wyss macht die Bildung Erwachsener im Homeoffice die Grenzen und Chancen des digitalen Lernens sichtbar (vgl. Wyss 2020, S. 21). Aufgrund der Aktualität und zukünftigen Relevanz des Themas der digitalen Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung lautet die Leitfrage der Bachelorarbeit wie folgt: Welche Chancen und Herausforderungen gibt es bei der Durchführung von Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung?
Diese Frage wird mittels einer empirischen Untersuchung durch Experteninterviews mit zwei Leitern der Onlineworkshops der evangelischen Freikirche ICF München beantwortet. Die Abkürzung „ICF“ bedeutet „International Christian Fellowship“ und steht für eine weltweite Kirche, die auf biblischer Grundlage aufgebaut ist und unter anderem zum Ziel hat, für Menschen nah an ihrem Leben und der heutigen Zeit gemäß zu sein. Diese Kirche wurde ausgewählt, da die Workshops dort wegen der Corona-Krise von Präsenz- zu Onlineveranstaltungen umgestellt werden mussten und dies weitreichende Folgen hatte. Da dort Erwachsene aller Altersgruppen teilnehmen, ist die ICF eine repräsentative Einrichtung für kirchliche Erwachsenenbildung. Die befragten Workshopleiter haben diesen Wechsel ins Digitale mit allen seinen Facetten miterlebt und können aufgrund ihrer langjährigen Leitungserfahrung begründet aussagen, welche Chancen und Herausforderungen diese neue Form der Onlinelehre mit sich bringt.
Da der Umfang dieser Arbeit begrenzt ist, wird sich auf Experteninterviews mit zwei Leitern der Onlineworkshops beschränkt und somit ausschließlich die Perspektive der Leiter der Erwachsenenbildung betrachtet. Es werden Workshopleiter befragt, da diese die Bildungsveranstaltungen durchdacht haben und somit sich fundiert zu den Chancen und Herausforderungen äußern können. Der Fokus liegt dabei auf der Durchführung von Onlineveranstaltungen.
Die Arbeit gliedert sich in Einleitung, Theorieteil, Empirieteil sowie Fazit und Ausblick. Der Theorieteil umfasst vier Kapitel und wird im Diskussionsteil am Ende der Arbeit in Bezug zu den empirischen Ergebnissen der Interviews gesetzt. Er beginnt mit einer Klärung der relevanten Begrifflichkeiten der Erwachsenenbildung, der Onlineveranstaltung und des Workshops, um terminologische Missverständnisse zu vermeiden.
Das zweite Kapitel erfasst den Forschungsstand der Merkmale der Erwachsenenbildung. In den Unterkapiteln werden die Teilnehmerorientierung, die Besonderheiten des Lernens im Erwachsenenalter, das Prinzip der Bildung für alle und zwei aktuelle Trends der Erwachsenenbildung thematisiert.
Im dritten Kapitel werden bisherige Forschungsergebnisse zu den Merkmalen digitaler Bildung vorgestellt, indem zunächst das Spezifische des digitalen Lernens, anschließend Voraussetzungen der Leiter und Teilnehmer von Onlinebildung und dann konkrete Methoden digitaler Lernveranstaltungen vorgestellt werden. Die Intention ist hierbei, dem Leser einen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten und Merkmale digitaler Bildung zu geben.
Bevor in den empirischen Teil der Arbeit übergegangen wird, wird im vierten Kapitel der Forschungsstand zu den bisher entdeckten Chancen und Herausforderungen der Durchführung von Onlineveranstaltungen dargestellt.
Der empirische Teil beginnt im fünften Kapitel mit einer Vorstellung der qualitativen Erhebungsmethode der leitfadengestützten Experteninterviews, der Wahl der Stichprobe und der Auswertungsmethode, wobei die strukturierende Inhaltsanalyse von Phillip Mayring verwendet wird. Dann wird die Entwicklung der Kategorien und des dazugehörigen Kodierleitfadens sowie die Entstehung des Interviewleitfadens beschrieben.
Im sechsten Kapitel erfolgt die Darstellung der Ergebnisse, die dann im siebten Kapitel diskutiert und interpretiert werden. Hier werden auch Verknüpfungen zu den bisherigen Ergebnissen aus dem Theorieteil der Bachelorarbeit integriert. Zudem wird im siebten Kapitel eine kritische Methodenreflexion unter Beachtung sechs allgemeiner Gütekriterien qualitativer Forschung durchgeführt.
Mit einem Fazit der Ergebnisse und einem Ausblick wird die Arbeit abgeschlossen.
II. Theorieteil
1. Klärung relevanter Begrifflichkeiten
Um Missverständnisse zu vermeiden, werden nun die für diese Bachelorarbeit relevanten Begrifflichkeiten der Erwachsenenbildung, der Onlineveranstaltung und des Workshops geklärt. Dabei werden sie auch in Bezug zur Freikirche ICF München gesetzt.
1.1 Zum Begriff der Erwachsenenbildung
Um den Begriff der Erwachsenenbildung genauer zu bestimmen, soll hier zunächst auf die terminologischen Bestandteile des Erwachsenenalters und der Bildung eingegangen werden. Bernhard Schmidt-Hertha definiert die Phase des Erwachsenenalters wie folgt:
„Erwachsenenalter ist aus Perspektive gegenwärtiger Erziehungswissenschaft also als eine (Weiter-)Entwicklungsphase zu verstehen, in der sich das Verhältnis des Individuums zu sich selbst und zu seiner Umwelt durch die Bewältigung von altersbezogenen Anforderungen (entwicklungspsychologische Perspektive) und die Auseinandersetzung mit der sozialen und materiellen Umwelt (sozialisationstheoretische Perspektive) verändert“ (Schmidt-Hertha 2015, S. 28).
Der Bildungsbegriff wird in dieser Arbeit folgendermaßen verstanden: „Anders als der Erziehungsbegriff ist der Bildungsbegriff nicht an ein bestimmtes Lebensalter gebunden und stützt sich nicht auf das Hierarchiegefälle zwischen einem Erzieher und einem zu Erziehenden. Bildung ist ein lebenslanger Prozess, auch ein Prozess der Selbstbildung“ (Stein 2013, S. 62). Da Bildung hier als lebenslanger Prozess verstanden wird, ist sie auch auf das gesamte Erwachsenenalter anwendbar. Der Terminus der Erwachsenenbildung wird in dieser Bachelorarbeit nach folgender Definition verstanden:
„Erwachsenenbildung als Prozess bezieht sich auf institutionalisierte und nicht-institutionalisierte Wege der Erweiterung oder Erhaltung von Wissen und Kompetenzen, der Verbesserung der Lebensführung und der Entwicklung der Persönlichkeit während des gesamten Lebenslaufs des erwachsenen Menschen. Strukturell ist die Erwachsenenbildung mit vielfältigen Gebieten verbunden: mit Politik, Beruf, Kultur, Kunst, Religion. In der politischen, beruflichen, kulturellen, künstlerischen, religiösen Erwachsenenbildung werden Aufgaben sichtbar, deren Bewältigung sowohl für die Gesellschaft als auch für das Individuum von elementarer Bedeutung ist“ (Koerrenz, Meilhammer, Schneider 2007, S. XV).
Die Bildungsveranstaltungen im ICF München gehören zum Bereich der kirchlichen Erwachsenenbildung und lassen sch auch von dem Begriff der Weiterbildung abgrenzen, der nach Nolda meistens als rein beruflich relevantes Weiterlernen verstanden wird (vgl. Nolda 2008, S. 16).
1.2 Zu den Begriffen der Onlineveranstaltung und des Workshops
Der Begriff der Onlineveranstaltung wird wie folgt definiert:
„Online-Veranstaltungen werden zurzeit von den meisten Menschen als Webinare, GoToWebinar, WebEx, Zoom, Webcasts, Web-Briefings, Facebook Live, YouTube Live und Google Hangout wahrgenommen. Die Grundidee ist, dass sie eine Gruppe von Menschen zusammenbringen, um Inhalte in einem virtuellen Live-Format zu erleben – und das oft in Form von Videokonferenzen“ (Talin 2021).
In der evangelischen Freikirche ICF München werden die Workshops auf der Website unter der Rubrik „Next Step“ aufgeführt, die wie folgt beschrieben ist: „Mit unseren vielfältigen Angeboten wollen wir Menschen für die Liebe zu Gott begeistern und sie in ihrem persönlichen Glauben stärken“ (Gutmann 2021). Die digitalen Workshops werden über das Videokonferenzprogramm Zoom gehalten und folgendermaßen definiert: „Unsere Workshops unterstützen dich auf deinem Weg mit Gott. Dabei kannst du immer wieder Neues über dich und Gott entdecken oder vertiefen“ (ebd.). Es lässt sich feststellen, dass diese Definition einige Unklarheiten, zum Beispiel über die Arbeitsweise in Workshops mit sich bringt. Die folgende Begriffsklärung ist etwas deutlicher: „Ein Workshop ist ein Arbeitstreffen, bei dem sich eine bestimmte Anzahl von Personen mit einem bestimmten Thema auseinandersetzt. Das Ziel dabei: Maßnahmen für die Zukunft entwickeln, die dann im Arbeitsalltag umgesetzt werden“ (Beermann, Schubach, Augart 2015, S. 6). Die Begriffe der Onlineveranstaltung, der Onlinelehre, der digitalen Lernveranstaltung, des digitalen Lernens und der Onlinebildung werden hier synonym verwendet. Die Termini des Workshops und Onlineworkshops werden nur angewandt, wenn damit diese spezielle Veranstaltungsform gemeint ist.
2. Aktueller Forschungsstand zu den Merkmalen des Lernens von Erwachsenen
In den folgenden Unterkapiteln wird nun der Forschungsstand zu den Merkmalen des Lernens Erwachsener zusammengefasst, da deren Beachtung auch für die Onlinebildung relevant ist. Chancen und Herausforderungen der digitalen Bildung können durch dieses Wissen begründet werden. Da wegen dem begrenzten Umfang der Arbeit nicht alle Merkmale der Lernens Erwachsener dargestellt werden können, wird sich hier auf das Grundprinzip der Teilnehmerorientierung, Besonderheiten des Lernens im Erwachsenenalter, das Prinzip der Bildung für alle und die zwei aktuellen Trends der Digitalisierung und des lebenslangen Lernens in der Erwachsenenbildung beschränkt.
2.1 Das Prinzip der Teilnehmerorientierung
Die Teilnehmerorientierung zählt zu den Grundprinzipien der Erwachsenenbildung, die von der Disziplin und Profession proklamiert werden. Dieser Begriff impliziert das pädagogische Leitprinzip, Bildungsveranstaltungen für Erwachsene mit Orientierung an deren Bedürfnissen zu planen und durchzuführen. Daraus folgt, dass die Vorkenntnisse, Dispositionen und Wünsche der Teilnehmer eine höhere Priorität als die vorgegebenen Inhalte der Lehrveranstaltung haben sollen. Wird dies nicht berücksichtigt, kann es zum Beispiel zu unerwünschten Doppelungen bestimmter Lerninhalte kommen, weil ein Teilnehmer einen bestimmten Inhalt in einem vorherigen Lernkontext schon einmal gelernt hat (vgl. Schrader 2010, S. 284).
Durch dieses Grundprinzip grenzt sich die Erwachsenenbildung von der eher inhaltsorientierten Schul- und Hochschulbildung ab. Es stehen die Deutungsmuster und Voreinstellungen der Teilnehmer im Vordergrund, welche sich über den Lebenslauf hinweg entwickelt haben. Die Lehrangebote sollen dann sowohl inhaltlich als auch methodisch auf die Vorerfahrungen und Interessen der Erwachsenen angepasst werden. Hierzu können die Teilnehmer zum Beispiel in den Planungsprozess der Veranstaltung integriert werden. Laut von Hippel, Kulmus und Stimm bedeutet Teilnehmerorientierung auch, dass die Lehrperson nur als Lernbegleiter agiert und die Erwachsenen selbstbestimmt und eigenverantwortlich lernen. Die Autoren merken aber auch an, dass die Teilnehmer dazu über ein umfassendes didaktisches Wissen und Selbstmanagement verfügen müssen. Darüber hinaus ist es eine weitere in diesem Leitprinzip implizierte Aufgabe, den Erwachsenen eine aktive Teilnahme an den Bildungsveranstaltungen zu ermöglichen. Dies ist eine Voraussetzung für gelingende Lehre, die auf die Eigenleistung der Lerner angewiesen ist (vgl. von Hippel, Kulmus, Stimm 2019, S. 88-89).
Des Weiteren sollen Leiter zum einen reflektieren, welche eigenen Vorannahmen und Erwartungen ihre Einstellung über die Teilnehmer bestimmen. Zum anderen müssen sie ihre Normvorstellungen, mit denen sie die Handlungen der Kursteilnehmer wahrnehmen und bewerten, hinterfragen. Dozenten sollten ihr Verhalten in der Lehre an die Erwachsenen anpassen und mit Flexibilität reagieren können. Forschungsergebnisse zeigen allerdings, dass Erwachsenenbildner sich in der Praxis noch vermehrt am Inhalt und nicht an den Teilnehmern orientieren (vgl. ebd., S. 89-91).
Rudolf Tippelt betont die Relevanz der Empathie bei der Teilnehmerorientierung. Laut ihm ist es für den Leiter wichtig, sich beim Lehren in heterogenen sozialen Gruppen auch in die Lage der teilnehmenden Erwachsenen versetzen zu können. Hierbei ist zum Beispiel auch die Kenntnis über die milieuspezifischen Interessen und Erwartungen an Bildung wichtig. Durch dieses Wissen können Lehrmethoden besser auf die jeweilige Gruppe von Erwachsenen angepasst werden (vgl. Tippelt 2021, S. 7).
Bravo Granström und Niedermeier führen an, dass es auch für die digitale Bildung von Bedeutung ist, die Lehrveranstaltungen zielgruppengerecht auf die Teilnehmer anzupassen (vgl. Bravo Granström, Niedermeier 2021, S. 20).
Nach dieser Darstellung der Teilnehmerorientierung wird nun der Blick auf die Besonderheiten des Erwachsenenalters und deren Rolle beim Lernen gerichtet.
2.2 Besonderheiten des Lernens im Erwachsenenalter
Da die Lernfähigkeit Erwachsener eine grundlegende Voraussetzung für die Erwachsenenbildung ist, wird in diesem Kapitel auf die Besonderheiten des Lernens in dieser Lebensphase und wie ihnen die Leiter der Bildungsveranstaltungen begegnen können eingegangen (vgl. von Hippel, Kulmus, Stimm 2019, S. 51).
Der Übergang ins Erwachsenenalter ist zwar juristisch mit dem Eintritt der Volljährigkeit datiert, lässt sich aber zum Beispiel aus soziologischer und biologischer Sicht nur spezifisch für jedes Individuum bestimmen. Zudem ist die Interpretation des Alters der Erwachsenen je nach kulturell tradierten Erwartungen und Vorstellungen verschieden (vgl. Schmidt-Hertha 2015, S. 27). Es ist deshalb sehr schwer, eine allgemeingültige Definition dieser Lebensphase festzulegen. Um Missverständnisse zu vermeiden, soll hier die im Kapitel 1.1 beschriebene Definition dieses Begriffes verwendet werden.
Das Lernen einer Person ist von ihren spezifischen Erfahrungs- und Deutungsmustern geprägt, die im Laufe eines Lernprozesses verändert werden können. Auslöser solcher Veränderungen können Probleme sein, die mit den bisherigen Lösungsmustern eines Menschen nicht bewältigt werden können. Zum einen sind Deutungsmuster innerhalb einer sozialen Gruppe ähnlich, da sonst eine Zusammenarbeit aufgrund von Verständnislosigkeit nicht möglich wäre. Zum anderen sind Deutungsgewohnheiten offen für Entwicklungen. Während Muster von Deutungen aufgrund ihrer sozialen Komponente gesellschaftlich beeinflusst sind, werden individuell über das Leben hinweg Erfahrungen gemacht. Das Einbeziehen von diesen Erlebnissen und Deutungsmustern steht im Zentrum der Bildung Erwachsener. Relevant ist auch, erwachsene Personen als verantwortungsvoll anzusehen und ihre Handlungsfähigkeit zu unterstützen (vgl. von Hippel, Kulmus, Stimm 2019, S. 52-54).
Anita Brünner stellt einige Handlungsmöglichkeiten zum Lernen älterer Erwachsener dar, von denen im Folgenden eine relevante Auswahl vorgestellt wird. Auch diese spezifische Zielgruppe soll hier berücksichtigt werden. Ein Zitat von Brünner lautet: „Ältere Menschen lernen nicht schlechter, sondern eben nur ein wenig anders“ (Brünner 2011, S. 2). Darin spiegelt sich auch in ihrer Handlungsanweisung wider, Vorurteile über schlechteres Lernen im Alter abzubauen. Brünner bedauert, dass diese Voreinstellungen trotz gegenteiliger Forschungserkenntnisse immer noch existieren. Des Weiteren werden Lernprozesse durch die Beziehung zum Leiter beeinflusst. Hierbei sollte der Erwachsenenbildner die Teilnehmer fordern und fördern. Da Erwachsene beim Lernen oft neue Seiten an sich selbst entdecken, sind regelmäßige Reflexionsphasen des Gelernten hilfreich. Anita Brünner weist auch darauf hin, dass nur Lerninhalte, die den Teilnehmern sinnvoll erscheinen, dauerhaft verinnerlicht werden. Es sollte deshalb auf eine lebensbezogene Einbettung der Inhalte geachtet werden (vgl. ebd., S. 4-5).
2.3 Das Prinzip der Bildung für alle
Eine grundlegende Prämisse der Erwachsenenbildung ist, dass sie für alle Erwachsenen offen und erreichbar sein sollte. Dies impliziert ein flächendeckendes Bildungsangebot, das durch eine einfache Zugänglichkeit für jeden gekennzeichnet sein sollte (vgl. von Hippel, Kulmus, Stimm 2019, S. 84). Auch für alle verschiedenen Schichten der Bevölkerung sollten die Lehrangebote offen und flexibel in ihren Zeitstrukturen sein (vgl. Gieseke, Robak 2004, S. 33).
Nun existiert allerdings ein Trend zur zunehmenden Ökonomisierung in der Erwachsenenbildung. Hannelore Bastian schreibt dazu, dass Einrichtungen sich dadurch als Dienstleister am Markt positionieren müssen. Dies bringt eine veränderte Sichtweise auf die Teilnehmer mit sich, die von nun an auch als Kunden betrachtet werden. Diese Perspektive steht in einem Spannungsverhältnis zum erwachsenenpädagogischen Grundsatz der Teilnehmerorientierung, die frei von ökonomischen Interessen der Einrichtung sein sollte (vgl. Bastian 2002a, S. 11-12). Meisel und Sgodda stellen dar, dass das Management von erwachsenenbildnerischen Einrichtungen in der Praxis sehr relevant ist. Dies führt dazu, dass neben dem Bedarf der Gesellschaft und der Teilnehmer auch die finanziellen Angebotsmöglichkeiten der Einrichtungen eine tragende Rolle, beispielsweise bei der Programmplanung, spielen (vgl. Meisel, Sgodda 2018, S. 1458).
Daraus kann sich die Herausforderung ergeben, dass das Gelingen von bestimmten Kursen der Erwachsenenbildung nur allein aufgrund der finanziellen Einnahmen bewertet wird. Dies wiederum kann zu einer Beendigung von weniger profitablen Bildungsveranstaltungen führen, die zum Beispiel für Bevölkerungsschichten mit niedrigem sozioökonomischen Status gedacht sind. Da diese Zielgruppen dadurch keinen guten Zugang zur Bildung mehr haben, wäre die Prämisse der Bildung für alle nicht mehr erfüllt. Zum Beispiel erkannte die Nürnberger Volkshochschule im Jahr 1996 bereits das Problem einer zu einseitigen Ausrichtung ihres Programmes aufgrund der Konzentration auf wirtschaftlich profitable Angebote (vgl. Bastian 2002b, S. 62-63). Bastian stellt heraus, dass eine Einrichtung der Erwachsenenbildung sowohl die pädagogischen Interessen, zum Beispiel der Teilnehmerorientierung, als auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte beachten sollte (vgl. ebd., S. 64).
2.4 Aktuelle Trends in der Erwachsenenbildung
Da die Erwachsenenbildung laut Rudolph Tippelt immer an reale, aktuelle Trends anschließen sollte, wird in den folgenden Unterkapiteln eine Auswahl der derzeitigen Entwicklungen vorgestellt (vgl. Tippelt 2021, S. 8). Aus Gründen des begrenzten Umfangs wird sich auf die Entwicklung der Digitalisierung und das lebenslange Lernen konzentriert.
2.4.1 Der Trend der Digitalisierung in der Erwachsenenbildung
Tippelt nennt in seiner Aufzählung der aktuellen Trends auch das aktuell große Wachstum der Digitalisierung im beruflichen sowie privaten Bereich (vgl. Tippelt 2021, S. 8). Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, dass die fortwährende digitale Entwicklung auch in den Bereich der Erwachsenenbildung hineinwirkt.
Dies verdeutlichen Michael Kerres und Katja Buntins indem sie die Digitalisierung als ein die Erwachsenenbildung bestimmendes Thema beschreiben. Als zu beobachtende Maßnahmen nennen sie die Expansion digitaler Infrastrukturen und Plattformen sowie Schulungen für Erwachsenenbildner in digitalen Kompetenzen (vgl. Kerres, Buntins 2020, S. 12).
Dabei wirkt sich die Digitalisierung auf verschiedene Ebenen der Erwachsenenbildung aus. Auf der Programmplanungsebene müssen aufgrund der digitalen Transformation neue Kursformate und -inhalte entwickelt werden. Auch die Zielgruppe sollte je nach Kursangebot beachtet werden. Auf der Ebene der Bildungsorganisation müssen neue Produkte und digitalisierungsspezifische Dienstleistungen aufgebaut werden, wie beispielsweise eine auf digitale Veranstaltungen angepasste Evaluation. Zudem muss die technische Ausstattung vorhanden sein. Die Ebene der Angebotsgestaltung impliziert unter anderem die Kommunikation von Informationen über digitale Medien und deren Funktion als Hilfe für die Lehre oder bestimmte Übungen (vgl. ebd., S. 15).
Die Digitalisierung stellt für Mitarbeiter der Erwachsenenbildung eine grundlegende Veränderung in der Arbeits- und Organisationsweise dar. Dazu ist es relevant, sie fortzubilden und ihr Vertrauen in die digitalen Entwicklungen zu bestärken (vgl. Egetenmeyer, Lechner, Treusch, Grafe 2020, S. 30).
Nach Julia Franz und Steffi Robak ist die Digitalisierung in der Praxis der Bildung für Erwachsene ein großer und facettenreicher Bereich. Digitale Veranstaltungen unterscheiden sich dabei zum Beispiel hinsichtlich ihrer Ziele und Reichweite. Auch die Möglichkeiten der Technik werden vielfältig genutzt und die Methoden zur digitalen Kompetenzerweiterung von Erwachsenenbildnern sind zahlreich. Zum Beispiel gibt es die Plattform „vhs-cloud“, auf der Kursleiter Anregungen zur digitalen Umsetzung ihrer Kurse bekommen und sich mit anderen Leitern austauschen können (vgl. Franz, Robak 2020, S. 76-77).
Insbesondere bei den sich ständig verbreiteten und erweiternden Lernformen hin zu mehr virtuellem Lernen wird das Erlernen digitaler Kompetenzen über das ganze Leben hinweg immer wichtiger. Das Konzept des lebenslangen Lernens ist dabei sehr relevant und soll deshalb im nachfolgenden Kapitel näher betrachtet werden (vgl. Gieseke, Robak 2004, S. 33).
2.4.2 Das Konzept des lebenslangen Lernens
Da in der Bildungsdefinition dieser Arbeit auch der Aspekt der Lebenslänglichkeit von Bildung integriert ist, wird dieses Konzept hier mit aufgenommen. Laut Rudolf Tippelt ist das lebenslange Lernen einer der essenziellsten Trends, der bereits seit vielen Jahrzehnten in der Erwachsenenbildung aktuell ist. Besonders wurde das Lernen über das ganze Leben hinweg seit den 1990er Jahren gefordert. Der ständige Wandel von Gesellschaft, Politik und Lebenswelt bringt viele Herausforderungen für die Menschen mit sich. Um sich an diese Veränderungen anzupassen ist es notwendig, immer wieder Neues zu lernen. Das ist nach Tippelt in jedem Alter möglich. Mit der Zielsetzung des lebenslangen Lernens wird beispielsweise auch das informelle Lernen stärker berücksichtigt, das verstärkt im alltäglichen Leben und nicht in formalen Bildungskontexten geschieht (vgl. Tippelt 2021, S. 6).
Tippelt stellt dar, welche Elemente in verschiedenen Lebensphasen im Konzept des lebenslangen Lernens enthalten sein können. Die Motivation zum Lernen im Erwachsenenalter kann stark von der in der Kindheit vorhandenen Lernmotivation beeinflusst sein. In dieser frühen Lebensphase werden unter anderem Kompetenzen aufgebaut, die als Grundlage für späteres Lernen dienen. Im jungen Erwachsenenalter werden meistens bestimmte Fähigkeiten erlernt, die speziell für einen Beruf nützlich sind. Im fortgeschrittenen Alter wird das bisher erworbene Wissen oft an andere weitergegeben und es werden neue Kenntnisse, zum Beispiel über technologische Fortschritte, gewonnen. Hierzu ist teilweise auch ein Umlernen notwendig (vgl. ebd., S. 8).
Hermann Huba erklärt die Bedeutung lebenslangen Lernens wie folgt: „Weil niemand weiß, wie es weitergeht, müssen die Menschen ständig veränderungsbereit und veränderungsfähig sein“ (Huba 2021, S. 10). Er sieht demnach die Notwendigkeit lebenslangen Lernens aufgrund der Unklarheit der Zukunft. Gerade zeigt sich dies besonders, da wegen der aktuell kaum berechenbaren Corona-Krise zukünftige Ereignisse und Entwicklungen sehr ungewiss sind. Huba beobachtet derzeit zum Beispiel ein Bedürfnis nach mehr wissenschaftlichem Wissen in der Gesellschaft, was die Notwendigkeit des Lernens in Krisen- und Veränderungszeiten verdeutlicht (vgl. ebd., S. 10).
Wichtig ist, dass das lebenslange Lernen nicht unter dem Druck der schulähnlichen benoteten Leistungen steht. Vielmehr basiert es auf der Eigenverantwortung der Erwachsenen, sich durch Bildung an die Veränderungen verschiedenster gesellschaftlicher Bereiche anzupassen. Mit dem Onlinelernen, das unabhängig von Zeit und Raum durchgeführt werden kann, sehen Gieseke und Robak eine Chance für mehr individualisiertes lebenslanges Lernen (vgl. Gieseke, Robak 2004, S. 33-34).
3. Forschungsstand der Merkmale von Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung
Um einen Überblick über bisherige Erkenntnisse der Merkmale von Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung zu bekommen, werden nun in den folgenden Unterkapiteln zunächst die Spezifika digitaler Bildung dargestellt. Anschließend werden Voraussetzungen, die Leiter und Teilnehmer digitaler Bildungsveranstaltungen mitbringen sollten, erklärt. Daraufhin wird ein Überblick über gängige Methoden der Onlinelehre gegeben. Da der Umfang dieser Arbeit begrenzt ist, können bei den folgenden drei Kapiteln nur ausgewählte Spezifika, Voraussetzungen und Methoden dargestellt werden.
3.1 Das Spezifische des digitalen Lernens
Steffi Robak stellt fest, dass die digitale Transformation aktuell einen gesellschaftlichen Wandel darstellt. Durch einen Umbruch in der Generierung von Werten und Bedeutungen wird durch die Digitalisierung auch die Kultur verändert. Da beinahe jedes Individuum digitale Medien nutzt, kann fast jeder die Kultur, beispielsweise durch das Teilen und Weiterleiten bestimmter Inhalte aus dem Internet, mitgestalten (vgl. Robak 2020, S. 45). Dieser Einfluss des Digitalen sollte auch beim Onlinelernen berücksichtigt werden.
Ein Merkmal digitalen Lernens während der Corona-Krise ist die Veränderung sozialer Strukturen durch das Ausbleiben physischer Kontakte zu den Mitlernern (vgl. Clemens, Stegbauer 2020, S. 2). Anstelle eines Kursraumes nehmen die Teilnehmer beim digitalen Lernen meist von der eigenen Wohnung aus teil. Es erfolgt eine Verschiebung in den privaten Raum, in dem nicht für alle Kursteilnehmer dieselben Bedingungen zum Lernen gegeben sind. Beispielsweise verfügen manche nicht über die zum Lernen erforderliche Technik (vgl. Arnold 2020, S. 200).
Iris Clemens und Julia Thibaut stellen fest, dass sich beim digitalen Lernen in Gruppen auch bestimmte Verhaltenskulturen bilden können. Zum Beispiel kann es in der Onlinelehre über eine Videokonferenz zur Kultur werden, die eigene Kamera an- oder auszuschalten. Dies hat meist einen großen Einfluss auf die Lehrperson, die dann beispielsweise spricht, aber keine Zuhörer mehr sieht. Gleichzeitig kann sich über die meist vorhandene Chat-Funktion bei digitalen Lehrveranstaltungen eine parallele Form der Kommunikation ergeben, durch die sich die Teilnehmer über Lerninhalte, aber auch inhaltsferne Themen austauschen können (vgl. Clemens, Thibaut 2020, S. 134).
Ebenso für das digitale Lernen und Arbeiten im Team gibt es einige Spezifika, die beachtet werden sollten. Melanie Hasenbein konstatiert zum Beispiel die Interdependenz eines hohen Vertrauens innerhalb der Gruppe mit deren Effektivität. Dieser Zusammenhang kann durch die Dokumentation einzelner Arbeitsschritte verringert werden, da somit die Transparenz der Arbeit erhöht wird (vgl. Hasenbein 2020, S. 129).
3.2 Voraussetzungen der Leiter und Teilnehmer digitaler Bildungsveranstaltungen
Da digitale Lernveranstaltungen sich deutlich von Bildung in Präsenz unterscheiden, werden hier einige Voraussetzungen der Leiter und der Teilnehmer zur Durchführung von Onlinebildung dargestellt. Der Fokus liegt in diesem Kapitel auf den Leitern, da im Empirieteil der Arbeit ausschließlich Workshopleiter interviewt werden.
Da das Onlinelernen laut Melanie Hasenbein zunehmend selbstgesteuerter und informeller wird, wird die Rolle des Lernbegleiters für Dozenten immer wichtiger. Dieser soll den Lernprozess mehr begleiten, als ihn aktiv zu steuern (vgl. Hasenbein 2020, S. 93).
Nennenswert ist die Voraussetzung der digitalen Kompetenz der Erwachsenenbildner, ohne diese die Umsetzung von Onlineveranstaltungen nicht möglich wäre. Sie sollten verschiedene Arten digitaler Lernmaterialien verwenden und strukturieren können. Der Begriff der digitalen Kompetenz bedeutet unter anderem den sinnvollen Umgang mit digitalen Informationen, effektive digitale Kommunikation, Kreation von Inhalten und Beseitigung technischer Schwierigkeiten. Des Weiteren ist es für die Lehrperson erforderlich, die nötige didaktische Kompetenz für die Onlinelehre zu besitzen (vgl. Bravo Granström, Niedermeier 2021, S. 18-19).
Nach Egetenmeyer, Lechner, Treusch und Grafe ist es essenziell, dass die Mitarbeiter der Erwachsenenbildung den digitalen Veränderungen nicht zu misstrauisch gegenüberstehen, um sie in der Lehre einsetzen zu können. Oft sind Fortbildungen dazu sehr wichtig (vgl. Egetenmeyer, Lechner, Treusch, Grafe 2020, S. 30).
Eine weitere Voraussetzung ist die soziale Medienkompetenz. Lehrpersonen sollten die eingesetzten Medien sozialkritisch einschätzen und sie zur Zusammenarbeit nutzen können. Teilnehmer sollten bei dem Leiter der Bildungsveranstaltung auch technische Hilfe bekommen und Informationen zu den Merkmalen der eingesetzten Medien, wie beispielsweise deren Wirkung, erhalten können. Dieses Wissen ist für Lehrer sinnvoll, da sie dann gegebenenfalls Gegenmaßnahmen bei unerwünschten Merkmalen bestimmter Medien treffen können. Zudem solle der Leiter die Teilnehmer durch verschiedene Mittel motivieren können, an der virtuellen Lernumgebung teilzuhaben. Auch die Kompetenz, Inhalte im Internet zu finden und kritisch zu hinterfragen ist laut Ortmann-Welp von Bedeutung für Dozenten. Zudem ist ein kompetenter Umgang mit beispielsweise technischen oder disziplinären Störungen bei der Durchführung von Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung relevant (vgl. Ortmann-Welp 2019, S. 27-28).
Bei Lehrelementen, die Diskussionen enthalten, ist es essenziell, dass der Leiter das gemeinsame Gespräch initiiert und durch gute Argumente fördert. Auch das Einbinden persönlicher Erfahrungen der Teilnehmer ist hilfreich, um Hemmschwellen beim Reden zu überwinden (vgl. ebd., S. 32).
Für die Teilnehmer digitalen Lernens sind externe und interne Ressourcen relevant. Erstere sind beispielsweise ein passender Arbeitsplatz oder die Fähigkeit zur kompetenten Internetrecherche. Als interne Eigenschaft ist zum Beispiel ein guter Umgang mit der eigenen Motivation und Konzentration von Vorteil (vgl. Fischer, Fischer-Ontrup, Schuster 2020, S. 144).
Susanne Schinko-Fischli nennt als Voraussetzung für Onlineworkshops von Zuhause, dass die Teilnehmer allein im Zimmer sein sollten, um ungestört zu sein (vgl. Schinko-Fischli 2020, S. 6).
3.3 Methoden des Onlinelernens
Beim digitalen Lernen ist es relevant, abwechslungsreiche Methoden zu verwenden, da beispielsweise die Konzentrationsspanne bei einem Lernvideo laut Clemens und Thibaut nur bei etwa zehn Minuten liegt. Danach müsse auf andere Methoden des Onlinelernens übergegangen werden (vgl. Clemens, Thibaut 2020, S. 135). Um einen für das Erfassen der Forschungsfrage relevanten Überblick über die aktuellen Methoden der Onlineveranstaltungen in der Erwachsenenbildung zu bekommen, werden nun einige Möglichkeiten der Onlinelehre dargestellt.
Digitale Lernformate sind beispielsweise computer- und webbasierte Programme, Webinare oder Erklärvideos. Auch Podcasts und der Einsatz künstlicher Intelligenz können dazugehören. Diese kann zum Beispiel in der Form digitaler, intelligenter Lernassistenten in einem Onlinelernprogramm integriert sein. Hier ist es notwendig, die Eigenschaften jedes Lernmittels zu kennen, um eine gute individuelle Auswahl für jedes digitale erwachsenenbildnerische Angebot zu treffen (vgl. Hasenbein 2020, S. 72-73).
Monika Wyss stellt in ihrem Beitrag „Beraten-Lernen im digitalen Raum“ eine Methode vor, bei der Erwachsene sich in Videokonferenzen gegenseitig Inhalte beibringen und diese durch das Lehren lernen. Später werden die Lerninhalte von der kursleitenden Person dargestellt. Somit kann das Wissen kooperativ erworben und dann vom Leiter auf Richtigkeit kontrolliert werden. In einem weiteren Beispiel nennt sie die Möglichkeit, bei Webinaren Beratungssituationen zweier Personen, die ihre Kamera einschalten, zu trainieren. Andere Teilnehmer können dazu im Chat Fragen stellen (vgl. Wyss 2021, S. 21-22).
Auch Online-Kurse gehören zu den gängigen Methoden digitaler Erwachsenenbildung. Diese sind meist wie herkömmliche Kurse, die mit Hilfe des Internets stattfinden. Darüber hinaus werden häufig auf der Internetplattform YouTube kleine Videos zum Lernen bestimmter Fähigkeiten und Inhalte genutzt (vgl. Kerres, Buntins 2020, S. 17).
Ortmann-Welp stellt als weitere Methoden die Aufzeichnung eines Lernvideos durch die Selbstaufnahme des Lehrers und das Concept-Mapping vor. Bei letzterem handelt es sich um ein Programm, mit dem Lerninhalte graphisch dargestellt werden können (vgl. Ortmann-Welp 2019, S. 5-6).
Des Weiteren können Online-Lernplattformen Tests und Übungen enthalten, die zur Festigung des Gelernten beitragen (vgl. ebd., S. 29). Zur digitalen Informationsvermittlung, beispielsweise an eine Lerngruppe, empfiehlt Ortmann-Welp das Nutzen von Kooperationsskripts. Damit können Leiter den Teilnehmern bestimmte Arbeitsanweisungen oder -materialien digital vermitteln (vgl. ebd., S. 34).
In ihren Onlineworkshops nutzt Susanne Schinko-Fischli das Videokonferenzprogramm Zoom. Es bietet die Möglichkeit, alle Teilnehmer per Video zu sehen und mit ihnen zu interagieren. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Breakoutsessions zu erstellen, in denen sich dann jeweils meist für eine bestimmte Zeit nur ein Teil der Gruppe befindet. So wird bei einer Veranstaltung mit vielen Teilnehmern auch das Lernen und Arbeiten in kleineren Gruppen möglich (vgl. Schinko-Fischli 2020, S. 4). Die digitale Zusammenarbeit mehrerer ist auch mit dem Programm Padlet umsetzbar, bei dem viele Teilnehmer an einer digitalen Pinnwand Inhalte erstellen können, die dann von allen einsehbar sind (vgl. ebd., S. 6).
4. Forschungsstand zu Chancen und Herausforderungen digitalen Veranstaltungen
Nun soll der Forschungsstand zu den Chancen und Herausforderungen digitaler Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung dargestellt werden. Da es aus Gründen des Umfangs dieser Arbeit nicht möglich ist, den Forschungsstand in seiner gesamten Breite auszuführen, wird sich auf eine Auswahl der für die Fragestellung relevanten Forschungsergebnisse konzentriert.
4.1 Chancen digitaler Veranstaltungen der Erwachsenenbildung
Eine Chance digitaler Bildung ist die Ermöglichung von mehr Selbstständigkeit und Individualität beim Lernen. Beispielsweise können digitale Bildungssysteme von den Lernern zum Teil eigenständig zusammengestellt werden (vgl. Hasenbein 2020, S. 52).
Eine weitere Chance ist die gestiegene Demokratisierung des Wissens. Es ist durch das allgemein zugängliche digitale Wissen interessierten Menschen von viel mehr Orten aus möglich, an Bildungsangeboten teilzunehmen. Zudem ist der Zugang zum Onlinelernen unter anderem durch die vielen verschiedenen Methoden und Programme meistens einfach und oft kostenfrei (vgl. Hasenbein 2020, S. 67).
Die Dezentralität digitaler Lernmöglichkeiten bringt auch den Vorteil der Flexibilität mit sich, wodurch sie das Potenzial zum selbstgesteuerten und kooperativen Lernen haben (vgl. Bravo Granström, Niedermeier 2021, S. 18).
Monika Wyss sieht eine Chance digitaler Seminare in der Möglichkeit deren Aufzeichnung. Dadurch können die Teilnehmer sich auch im Nachhinein bestimmte Inhalte nochmals vertiefend aneignen (vgl. Wyss 2021, S. 23).
In einem Interview zur vhs.cloud, einer Plattform zur Unterstützung von Erwachsenenbildnern, nennt Charlotte Karpenchuk die bessere Vereinbarkeit der meist flexiblen digitalen Lernangebote mit den familiären und beruflichen Eingebundenheiten der Teilnehmer. Somit können die Volkshochschulen neue Zielgruppen erreichen, denen eine Teilnahme bei klassischen Kursen in Präsenz beispielsweise aus Mobilitätsgründen nicht möglich ist. Zudem ermöglicht die vhs.cloud eine Zusammenarbeit der Leiter der Bildungsveranstaltungen vieler Volkshochschulen an bestimmten Kursen, die eine einzelne Einrichtung zum Beispiel aufgrund eines zu hohen Aufwandes nicht bewältigen kann (vgl. Karpenchuk 2020, S. 77-78).
Ortmann-Welp stellt als Vorteil digitaler gegenüber analoger Bildungsveranstaltungen die Vielfalt der Methoden dar. Diese ermöglicht es je nach Lernsituation und Lerninhalten die passenden Wege zum Lernen herzustellen. Zum Beispiel kann es in einem Fall besser sein, über einen Chat zu kommunizieren und in einem anderen Fall über eine Videokonferenz. Chats bieten die Möglichkeit der synchronen Rückmeldung oder Konversation der Teilnehmer (vgl. Ortmann-Welp 2019, S. 14).
Sascha Dickel nennt als Vorteile des Videoanrufprogrammes Skype, dass man dort stattfindende Gespräche aufzeichnen und speichern kann. Darüber hinaus kann eine zweite Interaktionsebene über das Chatten aufgebaut werden (vgl. Dickel 2020, S. 83). Dieses ähnelt auch dem Programm Zoom, das Teil des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit ist.
Neben diesen Chancen gibt es aber auch einige Herausforderungen, die der Erwachsenenbildung bei digitalen Veranstaltungen entgegenkommen.
4.2 Herausforderungen digitaler Veranstaltungen der Erwachsenenbildung
Eine erste Herausforderung ist, dass sich menschliche Kontakte in Präsenz nicht vollständig durch digitale Begegnungen ersetzen lassen, da unter anderem die physische Komponente fehlt (vgl. Clemens, Stegbauer 2020, S. 9, Arnold 2020, S. 198).
Weitere Schwierigkeiten können eine mangelhafte technische Ausstattung zu Hause oder das Fehlen eines ruhigen, zum Lernen geeigneten Ortes sein. Clemens und Thibaut machen auch auf die in der Coronakrise zum Teil fehlende Kinderbetreuung aufmerksam, die ein gleichzeitiges Versorgen der Kinder bei lernenden Eltern erfordert (vgl. Clemens, Thibaut 2020, S. 132).
Eine weitere Herausforderung ist das permanente digitale Präsentsein von zuhause. Dies kann zu physischen und psychischen Belastungen führen. Dadurch, dass das private Leben und das Arbeiten sowie Lernen am selben Ort stattfinden, ist es für viele Menschen schwer, sich nach der Arbeit auszuruhen. Dies führt oft zu Stress, wodurch Probleme wie Schlafstörungen und Suchttendenzen entstehen können (vgl. Hasenbein 2020, S. 157).
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1 Sämtliche geschlechtsspezifische Nennungen werden in dieser Bachelorarbeit aus dem Grund der Leserfreundlichkeit ausschließlich in der männlichen Form genannt. Selbstverständlich schließt dies das weibliche und diverse Geschlecht mit ein.
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