Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bilingualer Spracherwerb
2.1. Simultaner Spracherwerb
2.2. Sukzessiver Spracherwerb
2.3. Erwerbskonstellationen in der Theorie und Praxis
2.3.1. One Person- One Language
2.3.2. Non-dominant Home Language/ One Language- One Environment
2.3.3. Non-dominant home language without Community Support
2.3.4. Double non-dominant home language without Community Support
2.3.5. Non-native Parents
2.3.6. Mixed Languages
2.4. Spracherwerbsfaktoren bilingualer Kinder
2.5. Bilinguale Sprachentwicklung
2.5.1. Phonetik und Phonologie
2.5.2. Semantik und Lexikon
2.5.3. Grammatik
2.5.4. Pragmatik
3. Sprachmischung
3.1. Code-Switching
3.1.1. Funktionales Code-Switching
3.1.2. Nicht-funktionales Code-Switching
3.1.3. Unterkategorien des Code-Switchings
3.1.4. Code-Switching bei Kindern
3.2. Transfer
3.2.1. Übernahme von Sprachmaterial
3.2.2. Transfer von Bedeutungen
3.2.3. Übernahme von Regeln und Strukturen
4. Sprachförderung
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Stellenwert von Bilingualität wird immer höher geschrieben. Englisch ist zusammen mit Chinesisch und Hindi die weltweit am meisten verbreitete Sprache (Encyclopædia Britannica; SIL International, 2010). Sie wird als Muttersprache oder Zweitsprache genutzt. Immer mehr Eltern wollen ihren Kindern deshalb Englisch als Zweitsprache vermitteln. Bereits im Kindergartenalter werden Kindern durch den Kindergarten oder privat finanzierte Programme im Erwerb einer zweiten Sprache fördern. Bilingualität wird in der Gesellschaft sehr wertgeschätzt, weshalb Institutionen und Eltern Ressourcen aufbringen, damit das Kind optimalerweise fast bilinguale Sprachkompetenzen erreichen kann (Leyendecker, 2019, S. 69f.).
Diese Arbeit befasst sich mit den unterschiedlichen Formen des bilingualen Spracherwerbs, den Erwerbsfaktoren und auch der bilingualen Sprachentwicklung. Ziel der Arbeit ist es, herauszuarbeiten, welche Arten der Sprachmischung es gibt, und wie die Sprachmischung bei Kindern im Alter von null bis fünf Jahren zu definieren ist, weshalb sich folgende Fragestellungen formulieren lassen: „Welche Arten der Sprachmischung gibt es?“ und „Wie kann das Phänomen der Sprachmischung bei Kindern im Alter von null bis fünf Jahren definiert werden?“ Demnach beschäftigt sich die Arbeit mit den Phänomenen der Sprachmischung, dem Code-Switching und dem Transfer. Zum Schluss werden noch Bereiche der Sprachförderung von Kindern im Kindergartenalter vorgestellt.
Auch wenn „Linguisten CS [Code-Switching (CS); d. Verf.] als Indiz für einen hohen Beherrschungsgrad der Sprachen ansehen, wird es in weiten Teilen der Bevölkerung als Effekt des Sprachverfalls und als Beleg für einen Kompetenzmangel gewertet.“ (Müller, 2015, S. 11).
2. Bilingualer Spracherwerb
Die Auffassungen von Bilingualität sind sehr gespalten. Überwiegend nehmen Forscher an, dass Kinder, die in ihren ersten Lebensjahren im Kontakt mit Menschen stehen, dessen Muttersprachen differierend sind, sich problemlos beide Sprachen auf muttersprachlichem Niveau aneignen können. Kinder sind in ihrer frühen Kindheit nicht nur fähig eine Sprache zu erwerben, sondern können mit der Unterstützung von Muttersprachlern die Phonologie, den Syntax, die Morphologie und den Wortschatz einer weiteren Sprache erlernen (Deutsche Akademie der Naturforscher Lepoldina, 2014 (zit. n. Leyendecker, 2019, S. 71).
Beim Bilingualen Spracherwerb wird meist zwischen dem simultanen und dem sukzessiven Spracherwerb unterschieden. Der simultane Erwerb läuft immer natürlich ab, während der sukzessive Spracherwerb entweder natürlich oder auch gesteuert, z.B. durch den frontalen Unterricht in der Schule verläuft (Müller, Kupisch, Schmitz, Cantone, 2011, S.15).
2.1. Simultaner Spracherwerb
Unter dem simultanen Spracherwerb versteht man das ab Geburt oder kurz nach der Geburt gleichzeitige und andauernde Erwerben zweier oder mehrerer Sprachen (Scharff Rethfeldt, 2013, S. 111). Häufige Erwerbsmethoden sind die One Person- One Language und Non-dominant Home Language/ One Langugae- One Environment (Müller, 2016, S. 11f.). Kinder, die einen simultanen Spracherwerb haben können, wenn sie in ihren beiden Sprachen einen gleichwertigen Input und auch eine vergleichsweise Möglichkeit haben die Sprachen anzuwenden, beide Sprachen wie monolinguale Kinder erwerben. Nichtsdestotrotz kann es zur Differenzierung kommen, da die Kinder ihre Sprachen in unterschiedlichen Situationen nutzen (Scharff Rethfeldt, 2013, S. 112).
2.2. Sukzessiver Spracherwerb
Beim sukzessiven Spracherwerb unterscheidet man zwischen dem kindlichen Zweitspracherwerb und dem Zweitspracherwerb Erwachsener. Um den kindlichen Zweitspracherwerb handelt es sich, wenn der Erwerb einer zweiten Sprache im Alter von vier Jahre oder älter beginnt. Auch wenn es in vielen KiTas Programme zur Sprachförderung gibt, gelingt der kindliche Zweitspracherwerb ungesteuert. Eine wichtige Rolle beim kindlichen Zweitspracherwerb spielt der Beginn des Erwerbs, da Kinder bis zu einem Alter von ungefähr vier bis fünf Jahren eine zweite Sprache problemlos erlernen können, jedoch je älter die Kinder werden, ähnelt sich der Zweitspracherwerb immer mehr dem von Erwachsenen (Rothweiler, 2007, S. 122).
2.3. Erwerbskonstellationen in der Theorie und Praxis
Die theoretische Überlegung im Mehrsprachenerwerb zwischen simultanem und sukzessiven Sprachenerwerb zu differenzieren, scheint sinnvoll. Allerdings gestaltet sich diese Differenzierung in der Praxis als schwieriger, da häufig nicht deutlich zwischen sukzessivem und simultanem Erwerb gegliedert werden kann. Dies wird vor allem durch die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten der Erwerbskonstellationen deutlich. Zudem wird der simultane und sukzessive Erwerb in der fachlichen Literatur inhaltlich unterschiedlich dargestellt (Scharff Rethfeldt, 2013, S. 114f.).
2.3.1. One Person- One Language
Bei der Spracherziehungsmethode One Person- One Language haben die Eltern des Kindes im Regelfall zwei unterschiedliche Muttersprachen. Jedes Elternteil unterhält sich mit dem Kind in seiner jeweiligen Muttersprache. Die Umgebung des Kindes ist monolingual und die Sprache in der Umgebung entspricht der Muttersprache der Elternteile. Innerhalb der Familie wird eine Sprache festgelegt, die alle Familienmitglieder sprechen. Meist wird die Nicht-Umgebungssprache genutzt, um das Kind in dieser Sprache zu stärken. Allerdings ist hierbei zu beachten, wie stark die Kenntnis dieser Sprache bei dem Elternteil mit einer anderen Muttersprache ist (Müller, 2016, S. 11f.).
2.3.2. Non-dominant Home Language/ One Language- One Environment
Bei der Methode Non-dominant Home Language/ One Language- One Environment haben ebenfalls beide Elternteile verschiedene Muttersprachen. Jedoch sprechen beide Elternteile im Gegensatz zur Methode One Person- One Language mit ihrem Kind die Nicht-Umgebungssprache. Jenseits der Familie wird das Kind mit der Umgebungssprache konfrontiert. Vielfach wird diese Methode gewählt, damit die Nicht- Umgebungssprache gestärkt wird, da das Kind andernfalls nicht mit der Nicht-Umgebungssprache in Kontakt kommen würde (Müller, 2016, S. 12).
2.3.3. Non-dominant home language without Community Support
In dieser Erwerbskonstellation haben beide Eltern eine unterschiedliche Muttersprache, die nicht der Umgebungssprache entsprechen. Da die Eltern die Umgebungssprache nicht innerhalb der Familie nicht sprechen, erwerben die Kinder die Umgebungssprache erst später, zum Beispiel in der KiTa. Das Kind erwirbt allerdings beide Sprachen der Eltern von Geburt an nach dem Prinzip One Person- One Langugae. Aus diesem Grund kann diese Erwerbskonstellation zur Dreisprachigkeit führen (Groskreutz, 2016, S. 120). Diese Erwerbskonstellation ist typisch für Kinder immigrierter Eltern (Scharff Rethfeldt, 2013, S. 78).
2.3.4. Double non-dominant home language without Community Support
Kinder, dessen Eltern die gleiche Muttersprache sprechen, aber nicht die Umgebungssprache, erwerben zunächst nur die Muttersprache der Eltern. Erst wenn die Kinder in den stetigen Kontakt mit der Umgebungssprache kommen, zum Beispiel durch die KiTa erwerben die Kinder die Umgebungssprache (Groskreutz, 2016, S. 120).
2.3.5. Non-native Parents
In dieser Erwerbskonstellation sprechen beide Eltern als Muttersprache die Umgebungssprache, weshalb erstmal von einem monolingualen Erwerb ausgegangen wird. Ein Elternteil verfügt jedoch über gute Fremdsprachenkenntnisse, die es dem Kind vermittelt (Groskreutz, 2016, S. 121).
2.3.6. Mixed Languages
Die Eltern des Kindes sind zwei- oder mehrsprachig aufgewachsen und leben in einer ein- oder mehrsprachigen Umgebung. Somit wächst das Kind mit mehreren Sprachen auf, da die Eltern miteinander und mit dem Kind in beiden Sprachen. Beispielsweise erwirbt ein Kind, dessen eines Elternteil französisch- und englischsprachig ist und das andere Englisch und Suaheli in einer deutschen Umgebung spricht, möglichst alle vier Sprachen schon als kleines Kind. Dieser viersprachige Erwerb kann nur durch einen gemischten Sprachinput vorkommen (Groskreutz, 2016, S. 122).
2.4. Spracherwerbsfaktoren bilingualer Kinder
„Der Mehrspracherwerb ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl unterschiedlicher Rahmenbedingungen, Zeitrahmen und Formen der Sprachaneignung sowie deren variablen Einfluss auf die Erlangung erfolgreicher Sprachkompetenzen in den betreffenden Sprachen.“ (Scharff Rethfeldt, 2013, S. 118).
Im bilingualen Spracherwerb gibt es viele Faktoren, die den Spracherwerb beeinflussen. In Bezug auf den Einfluss der Arten der Vermittlung im simultanen Spracherwerb gibt es eine Studie nach Akoda (2009 (zit. n. Müller, 2016, S. 13). Diese untersucht, ob die Annahme, dass die gezielte Ausführung einer Methode zur Spracherziehung für den Entwicklungsprozess von Bedeutung ist, einen Einfluss „auf das Kompetenzniveau der Kinder“ (Müller, 2016, S.13) hat. Akoda (2009 (zit. n. Müller, 2016, S. 13) nutzt die „ethnische Identität des ausländischen Partners, Einstellungen der Eltern und der Umgebung zur Zweisprachigkeit und Sprecherziehungsmethoden“ (Müller, 2016, S. 13) als Kriterien für seine Studie und kommt zum Schluss, dass sich der Zusammenhang der Sprecherziehungsmethode mit dem Kompetenzniveau der Kinder nicht belegt. Allerdings lässt sich herausstellen, dass eine positive Haltung des Vaters zur Mehrsprachigkeit auch die Haltung des Kindes positiv unterstützt. Hilfreich in der Förderung in der mehrsprachigen
Entwicklung von Kindern ist die notwendige Kommunikation mit z.B. den Großeltern des Elternteils, welches die Nicht- Umgebungssprache als Muttersprache spricht, da das Kind merkt, dass es notwendig ist die andere erlernte Sprache zu verwenden (Müller, 2016, S. 13f.).
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