Leseprobe
Dieses Exzerpt zum Aufsatz von Heinz Abels und Horst Stenger „Gesellschaft lernen. Einführung in die Soziologie“ (Opladen 1989, S.121-123, S.130-139) stellt die grundlegenden Äußerungen der Autoren heraus. Dazu werde ich zuerst die Hauptaussage des Aufsatzes aufzeigen, danach die verschiedenen Aspekte und Definitionen des soziologischen Begriffs Rolle darstellen und dann die zwei dargestellten Rollentheorien darlegen. Abschließend werde ich eine Zusammenfassung des Aufsatzes vornehmen.
Hauptaussage der Autoren
Die Autoren definieren den soziologischen Begriff der „Rolle“ als grundlegend für die Sozialisation des Menschen. Dazu werden die zwei wesentlichen Aspekte, nämlich der Handlungs- und der Strukturaspekt unterschieden. Ersterer kennzeichnet die Sicht des Rolleninhabers, der Strukturaspekt kennzeichnet die „gesellschaftliche Perspektive von Positionen und Rollen“(S.139). Beide Aspekte sind Bestandteile einer Interaktion. Die Interaktionspartner erarbeiten einen situativen Konsens in Prozessen wechselseitiger Definition, Bestätigung und Korrektur. Diese Prozesse sind Alltagsroutine und geschehen unbewusst. Es kommt zu Überlagerungen von Rollen und Rollenaspekten, die verschieden grosse Handlungsräume bieten. Die Interaktion gelingt dann, wenn den Rolleninhabern ein subjektiver Interpretationsspielraum bleibt und sie auf ihre anderen Rollen verweisen können. Es wird auf Habermas verwiesen, der die zwei oben beschriebenen Aspekte aus einem Blickwinkel betrachtet. Dabei wird aufgezeigt, dass der Fremd- und Eigenanspruch an eine Rolle i.d.R. nicht deckungsgleich sind. Der durch den Fremdanspruch aufgebaute Druck lässt sich durch ein gewisses Mass an Frustrationstoleranz – abhängig von den Sozialisationsbedingungen – ausgleichen. Die Ausübung einer Rolle wird durch die Gesellschaft zu einhundert Prozent erwartet. Da solch eine totale Identifikation mit einer Rolle kaum möglich ist, entwickelt sich in dieser Auseinandersetzung eine Rollendistanz; dies allerdings nur dann, wenn die „Sozialisationsphase der Internalisierung“ erfolgreich stattgefunden hat. Wegen der Unterschiedlichkeit gesellschaftlich definierter Rollen, der Idealbilder (Klischees) und der jeweiligen Ausübung der Rolleninhaber, werden den Rollen Spielräume gesetzt und sie werden vieldeutig interpretiert. Diese Interpretation setzt eine kontrollierte Selbstdarstellung des jeweiligen Rolleninhabers voraus.
Handlungs- und Strukturaspekt von Rolle, Festlegung von Rollen; Internalisierung
Die Autoren stellen den Begriff Rolle als Bindeglied zwischen Mikro- und Makrobereich, d.h. Zwischen kleiner und grosser Welt dar. Dazu werden die zwei soziologischen Termini „Handlungsaspekt“ und „Strukturaspekt“ geprägt. Hierzu wird die Definition der Fernuni Hagen aus dem Kurs „Soziale Rolle“ herangezogen:
„[...]...soziale Rolle beschreibt einen bestimmten Ausschnitt der sozialen Handlungszusammenhänge von Menschen, sie bezieht sich auf ein von Anderen normativ erwartetes, dauerhftes Verhalten in einer bestimmten Situation...[...]“ (S.121)
Dieses normativ erwartete, dauerhafte Verhalten eines Menschen in einer bestimmten Situation wird von verschiedenen Positionen bestimmt (z.B. Arbeitsplatz etc.). An diese verschiedenen Positionen werden verschiedene Erwartungen gestellt, diese sind unabhängig vom Positionsinhaber. Das bedeutet eine Abstrahierung vom Begriff „Mensch“ auf den Begriff „Rolle“ - der Strukturbegriff als Terminus wird geprägt.. Durch das Zusammentreffen von „verschiedenen Erwartungen und den gewünschten Handlungsbahnen“ (S.122) enstehen Positionen. Sind diese Erwartungen zeitlich und sachlich stabil, gleichförmig, gleichsinnig und dauerhaft auf/an eine Handlung gerichtet, nehmen also eine Position ein, spricht man von einer Rolle.
Der Handlungsaspekt meint die Perspektive des „handelnden“ Menschen, der sich in und durch seine Rollen mit verschiedensten Erwartungshaltungen mikrosoziologisch auseinandersetzen muss. Die Perspektive der Umwelt und der Gesellschaft auf die jeweiligen Rollen, also die Struktur des Zusammenhangs von Rollen in der Gesellschaft – losgelöst vom Rolleninhaber - bezeichnet den makrosoziologischen Strukturaspekt.
Rollen und Erwartungen in Interaktionen werden in der primären Sozialisation (Familie) frühzeitig entwickelt. Diese Interaktionsfähigkeiten sind somit auch die ersten und dauerhaftesten Rollen und ermöglichen dadurch eine Rollenüber- bzw. -annahme über die primäre Sozialisation hinaus. Normen und Rollen bilden sich in Abstimmung der Beteiligten, dadurch bilden sich Spielräume. Diese erlauben nicht nur eine Eigendefinition der jeweiligen Rolle, sondern entscheiden auch über den Erfolg in der Rollengestaltung.
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