Big Data im politischen Wahlkampf. Der Einfluss personalisierter Werbung am Beispiel "Cambridge Analytica"


Hausarbeit, 2021

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Methodik
2.1 Aktueller Forschungsstand
2.2 Forschungsmethode
2.3 Begriffsbestimmungen
2.3.1 Big Data
2.3.2 Microtargeting
2.3.3 Psychometrie
2.3.4 Profiling

3 Das Politikum Cambridge Analytica
3.1 Cambridge Analytica und der US-Wahlkampf 2016
3.2 Weitere Beteiligungen von Cambridge Analytica

4 Datenbasierter Wahlkampf in Deutschland

5 Die Bedeutung für künftige Wahlkämpfe

6 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Internetquellen

1 Einleitung

„The world‘s most valuable resource is no longer oil, but data“ heißt es in einem Artikel der Zeitschrift The Economist aus dem Jahr 2017 (The Economist 2017). Der Artikel spricht damit die veränderten Machtverhältnisse in unserer zunehmend technologiebasierten Gesellschaft an. In dem Artikel ging es seinerzeit um Fragen des Kartellrechts im Zusammenhang der Monopolstellung von digitalen Großkonzernen wie Google, Facebook und Amazon. Die Metapher kann heute noch viel weiter gefasst werden. So werden auch Daten – genauso wie Öl – aufwendig von Unternehmen geortet, gesammelt und gefördert, bevor mit ihnen gearbeitet werden kann. Man prophezeit den Daten dabei einen ähnlichen Verlauf wie dem Öl: Sie sind der Rohstoff der Zukunft und werden damit einen enormen Einfluss auf die Welt haben.

Dass sich diese Entwicklung bereits in den letzten Jahren bewahrheitet hat, zeigt beispielsweise der in 2018 bekannt gewordene Skandal um die vermeintliche Wahlmanipulation bei dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 zwischen Donald Trump und Hillary Clinton durch das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica. Der Fall zeigt auf, dass digitale Technologien in einer etablierten Demokratie eingesetzt wurden, um potenzielle Wähler1 bewusst zu manipulieren und den politischen Gegner zu diffamieren.

Der Skandal löste in diesem Zusammenhang nicht nur ethische und moralische Fragen aus, sondern stieß erstmals eine Diskussion über digitale Marketing-Methoden wie ‚Profiling‘, ‚Psychometrie‘ und ‚Microtargeting‘ los, die eine weltweite Debatte über Datenschutz und Datenmissbrauch im Internet zur Folge hatte.

Dreh- und Angelpunkt des Skandals waren die sozialen Medien. Durch die schnelle Einbindung von sozialen Medien in all unseren Lebensbereichen ergeben sich bislang nie dagewesene Möglichkeiten der gezielten und personalisierten Einflussnahme. Dabei verbreiten sich beispielsweise Falschmeldungen in den sozialen Medien schneller und weitreichender als in den konventionellen Medien (Nachbar 2019). Sie bieten jedem Medienkonsumenten mit wenigen Klicks die Möglichkeit zum Medienproduzenten und -verbreiter zu werden (Dang-Anh u.a. 2013: 138 f.).

Was in unserem Alltag vielfältige Möglichkeiten bietet und kaum noch wegzudenken ist, hat auch seine Schattenseiten. Nutzer können soziale Medien für die bewusste Verbreitung von Falschmeldungen, Verschwörungstheorien und populistische Botschaften missbrauchen. Dies hat insbesondere drei Gründe: (1) Durch die schnelle Möglichkeit zum Nachrichtenproduzenten zu werden, fehlt die journalistische Kontrolle, die Medienkompetenzen innerhalb unserer Gesellschaft sinken – trotz steigender Nutzung sozialer Medien. (2) Dies führt dazu, dass die Glaubwürdigkeit der Quellen von vielen Nutzern nicht hinterfragt wird. (3) Auf der anderen Seite stehen Nutzer den konventionellen Medien immer kritischer gegenüber und nutzen verstärkt alternative Informationsquellen (Krupp 2018). Soziale Medien werden daher als geeignete Kommunikationsform angesehen, um schnell, effizient und dauerhaft Nutzer zu erreichen (Diekmannshenke 2017: 366).

Ziel der folgenden Hausarbeit ist es, ein initiales Verständnis für die Problematik der Wahlbeeinflussung durch Big Data-Technologie von Datenanalyse-Unternehmen zu schaffen und einen Ausblick auf die Zukunft von Wahlkämpfen zu geben. Dieses Ziel wird mit einer qualitativen Einzelfallanalyse unter Berücksichtigung von wissenschaftlichen Monografien und Fachartikeln erfüllt.

Diese Hausarbeit fokussiert sich dabei ausschließlich darauf, wie das Missbrauchspotenzial von Big Data einzuschätzen ist und reflektiert spezifische Abläufe im Rahmen der organisierten Wahlmanipulation. Mittels theoretischer Konzeption von Big Data-Analysen und dem Microtargeting von Datenanalyse-Unternehmen und dem konkreten Fallbeispiel rund um den Skandal des Datenmissbrauchs durch Cambridge Analytica aus dem Jahr 2016, werden mögliche Erklärungsansätze aufgezeigt. Diese Hausarbeit erhebt hierbei jedoch keinen Anspruch auf vollständige und lückenlose Ausführungen. Ebenfalls werden die rechtlichen und ethischen Aspekte im Zusammenhang mit dieser Thematik bewusst ausgeklammert und nicht behandelt.

In Kapital 2 dieser Hausarbeit wird zunächst die Methodik der Untersuchung beschrieben. Dabei wird der aktuelle Forschungsstand vorgestellt, die angewandte Forschungsmethode erläutert und die relevanten Begriffe definiert und voneinander abgegrenzt. Kapitel 3 beschäftigt sich anschließend mit dem Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica. Im Vordergrund steht hierbei die Beteiligung des Unternehmens am US-Wahlkampf 2016. Kapitel 4 beschäftigt sich mit datengestützten Methoden in deutschen Wahlkämpfen. In Kapitel 5 wird daraus folgend die Bedeutung von Big Data und Microtargeting in künftigen Wahlkämpfen thematisiert. Kapitel 6 fasst die zentralen Ergebnisse zusammen und liefert einen Ausblick für die Nutzung von Big Data im politischen Geschehen.

2 Methodik

In diesem Kapitel wird der aktuelle Forschungsstand dargelegt sowie die Art der Forschungsmethode vorgestellt. Abschließend werden die für diese Hausarbeit relevanten Fachbegriffe definiert und eingegrenzt.

2.1 Aktueller Forschungsstand

Studien zeigen heute bereits auf wie Verfahren der automatisierten Datenverarbeitung dazu genutzt werden zwischen regelkonformen Handlungen und Regelverstößen – richtig oder falsch – zu unterscheiden (Ulbricht u.a. 2018: 179). Der spezielle Forschungsstand der Technologie durch den Einsatz von Microtargeting (Kapitel 2.3.2) ist hingegen nur schwer greifbar.

Eine der wenigen Arbeiten, welche sich mit dem theoretischen Bezug von Big Data (Kapitel 2.3.1) im Zusammenhang mit der Rolle von Datenanalyse-Unternehmen beschäftigen stammt von David W. Nickerson und Todd Rogers aus dem Jahre 2013. Sie beschäftigten sich in ihrer Arbeit mit der Frage nach der Notwendigkeit entsprechender Datenauswertungen und -Analysen für politische Kampagnen und betrachteten dabei exemplarisch die Wiederwahl von Barack Obama im Jahre 2012. Im Ergebnis ihrer Arbeit schreiben sie Kampagnendatenanalysten in Zukunft eine zunehmend wichtigere Rolle in der Politik zu. (Nickerson/Rogers 2014: 55 ff.).

Big Data wird heute bereits in der medizinischen Forschung oder für Verkehrsprognosen eingesetzt (Rüping/Graf 2013). Die Wahlkämpfe in den USA zeigen jedoch, dass auch politische Parteien und ihre Akteure ein zunehmendes Interesse an spezifischen Informationen über ihre potenziellen Wähler haben. Und obwohl Datenanalyse-Unternehmen heute bereits eine wesentliche Rolle in diesem Zusammenhang einnehmen, in dem sie vermeintlich Wahlentscheidungen beeinflussen, fehlt es bislang an wissenschaftlichen Belegen für die Aussagekraft von Facebook-Profildaten und dem Wahlverhalten eines Nutzers (Kolany-Raiser/Radtke 2018: 83 ff.). Vor dem Hintergrund, dass der Umstand der Wahlbeeinflussung durch Big Data-Technologie mithilfe von Datenanalyse-Unternehmen aus Forschungssicht bislang nicht in seiner Gesamtheit erfasst wurde, liefert diese Hausarbeit eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Ziel ein initiales Verständnis für die Problematik zu schaffen und einen Ausblick auf die Zukunft von politischen Wahlkämpfen zu geben.

2.2 Forschungsmethode

Als Forschungsmethode bedient sich diese Hausarbeit der qualitativen Einzelfallanalyse unter Berücksichtigung von wissenschaftlichen Monografien und Fachartikeln auf diesem Gebiet. Bei einer Einzelfallanalyse handelt es sich um eine umfassende Forschungsstrategie, bei der eine abgegrenzte Einheit in Bezug auf ihre Umweltverhältnisse untersucht und verstanden werden soll. Die Einzelfallanalyse beruht auf dem Ziel ein Tiefenverständnis des Falls herzustellen, indem es eine abgegrenzte Untersuchungseinheit umfassend verstehen will und ihre konkreten Ausprägungen erklärt (Hering/Schmidt 2014: 529). Im Rahmen der empirischen Sozialforschung wird sie als Hauptmethode zur Betrachtung typischer oder seltener Fälle eingesetzt. Anhand eines konkreten Falles können hierdurch Anregungen für eine Generalisierung einer wissenschaftlichen Vermutung gewonnen werden (Häder 2010: 352). Die Methode der Einzelfallanalyse eignet sich besonders gut, da sie die Big Data-Technologie mittels des Falles um Cambridge Analytica nicht nur als komplexes Ganzes betrachtet, sondern auch einen Zusammenhang mit der jeweiligen Umwelt zulässt. Die angewandte Methodik hat zudem den Vorteil, dass sie mittels zentraler Argumente und Aspekte die Ganzheitlichkeit des Falls realitätsgerecht und detailliert erfassen kann und eine kritische Konfrontation und Reflexion erforderlich ist. Da die Frage nach den Schlussfolgerungen eines Falls auf andere Fälle nicht in Gänze geklärt werden kann, eignet sich die Methode nicht um weitreichende Verallgemeinerungen zu treffen. Die Erkenntnisse dieser Hausarbeit beanspruchen daher keine Repräsentativität (Häder 2010: 351).

2.3 Begriffsbestimmungen

Im Folgenden werden die wesentlichen Begriffe im Rahmen dieser Hausarbeit erläutert und im Zusammenhang mit dem Forschungsinteresse auf den Einsatz in der Politik gesetzt.

2.3.1 Big Data

Big Data ist heute ein Schlagwort, welches nicht mehr nur in der Fachliteratur verwendet wird, sondern Einzug in die Tagespresse gefunden hat. So ist die Big Data-Technologie bereits bei Wettervorhersagen oder Klimaentwicklungen im Einsatz und sogenannte ‚Smart Cities2 sind ohne Big Data nicht möglich (Fasel/Meier 2016: 4). Big Data meint dabei im ursprünglichen Sinne Daten, die aufgrund ihrer Größe klassische Datenhaltung und -Verarbeitung sowie deren Analyse auf konventioneller Hardware übersteigen. Die Daten sind zudem heterogener als klassische Daten (Fasel/Meier 2016: 5). Mittlerweile wird der Begriff Big Data konkreter anhand von vier wesentlichen charakteristischen Eigenschaften beschrieben, welche gemeinhin als ‚4 Vs‘ bezeichnet werden (Fasel/Meier 2016: 6).

- Volume beschreibt die Menge der anfallenden Daten, welche gespeichert und ausgewertet werden sollen.
- Variety umschreibt die erhebliche Vielfalt der Datenformate und meint damit die Speicherung von strukturierten, semi-strukturierten und unstrukturierten Multimedia-Daten wie Text, Grafiken, Bilder, Audio und Video.
- Velocity schildert die Geschwindigkeit, mit der die Daten entstehen und ausgewertet werden. Es meint, dass Datenströme in Echtzeit ausgewertet und analysiert werden können.
- Veracity meint die Vertrauenswürdigkeit, Wahrhaftigkeit und Sinnhaftigkeit von Big Data und beschreibt, dass nicht alle gespeicherten Daten glaubwürdig sind und umfangreiche Datenbestände nicht zwingend eine höhere Auswertungsqualität aufweisen. Da viele Daten eher vage oder ungenau sind, müssen aus diesem Grund spezifische Algorithmen zur Bewertung der Aussagekraft der Resultate hinzugezogen werden. Es beschreibt, dass nicht alle gespeicherten Daten glaubwürdig sind und ausgewertet werden sollten.

Auch wenn der Begriff Big Data zunächst ausschließlich auf ein hohes Datenvolumen schließen lässt, ist er heute mit weiteren Anforderungen hinsichtlich der Komplexität und Schnelligkeit der Verknüpfung sowie der Integration und Analyse von Daten verknüpft (Dittmar 2016: 56).

2.3.2 Microtargeting

Der Begriff Microtargeting im politischen Kontext wird im Volksmund in der Verwendung häufig breit gestreut und für jegliche Art von datengestütztem Wahlkampf verwendet. Per Definition ist Microtargeting jedoch die personalisierte und zielgerichtete Ansprache einzelner Wähler unter Vorhersage der Auswirkungen dieser Ansprache. Microtargeting findet nach dieser Definition nicht ausschließlich im Internet statt. Es kann sich ebenso um datengestützte Haustürwahlkämpfe oder gezielte Telefonanrufe handeln. Mit seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen ermöglicht Microtargeting politischen Parteien eine neue Dimension des Wahlkampfes (Kolany-Raiser/Radtke: 85).

Das Interesse von Parteien im Wahlkampf Microtargeting zu betreiben, liegen im Wesentlichen in der Effizienzsteigerung und der Kostensenkung. Mithilfe von Microtargeting können die Wählergruppen ausfindig gemacht werden, bei denen sich eine Ansprache lohnt. Hierdurch können knappe Ressourcen wie Zeit und Geld für die Gewinnung der Wähler aufgebracht werden, welche am ehesten zu überzeugen sind. Durch diese gezielte Ansprache und Mobilisierung dieser Wählergruppen können im Vergleich zu einer breit angelegten Ansprache aller Wahlberechtigten insgesamt Kosten für die Ansprache je Wähler gespart werden. Hierbei gilt der Grundsatz: je mehr Daten beziehungsweise je konkreter die Daten, desto genauer die Prognose und die Kostenersparnis (Kolany-Raiser/Radtke: 86).

[...]


1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Hausarbeit ausschließlich das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

2 Der Begriff fasst technologiebasierte Veränderungen und Innovationen in urbanen Lebensräumen zusammen. Ziel ist die Gestaltung von gesamtheitlichen Entwicklungskonzepten, die Städte effizienter und technologisch fortschrittlicher machen.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Big Data im politischen Wahlkampf. Der Einfluss personalisierter Werbung am Beispiel "Cambridge Analytica"
Hochschule
Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
24
Katalognummer
V1163759
ISBN (eBook)
9783346567437
ISBN (Buch)
9783346567444
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Big Data, Cambridge Analytica, Politischer Wahlkampf, Politik, Wahlkampf, Microtargeting, Facebook, Social Media
Arbeit zitieren
Andrea Schmitz (Autor:in), 2021, Big Data im politischen Wahlkampf. Der Einfluss personalisierter Werbung am Beispiel "Cambridge Analytica", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1163759

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