Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Krankheitsbilder in der Psychosomatik
1.1 Anorexia Nervosa
1.1.1 Epidemiologie
1.1.2 Symptomatik
1.1.3 Risikofaktoren
1.1.4 Verlauf und Prognose
1.1.5 Diagnosekriterien
1.1.6 Verhaltenstherapeutische Ziele
1.1.7 Behandlungsplan
1.1.8 Wirksamkeit und Beurteilung des Therapieerfolgs
1.2 Bulimia nervosa
1.2.1 Epidemiologie
1.2.2 Symptomatik
1.2.3 Risikofaktoren, Verlauf und Prognose
1.2.4 Diagnosekriterien
1.2.5 Wirksamkeit des kognitiv-behavioralen Therapieansatzes
1.3 Soziale Ängste
1.3.1 Epidemiologie
1.3.2 Symptomatik
1.3.3 Diagnosekriterien
1.3.4 Verhaltenstherapeutische Ziele
1.3.5 Behandlungsplan
1.3.6 Wirksamkeit und Erfolgsbeurteilung
2. Therapieansätze und Expositionen
2.1. Angstbewältigungstherapie (ABT)
2.2 Zwangsbewältigungstherapie (ZBT)
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Elemente stationärer Verhaltenstherapie bei Anorexia 21 nervosa und Bulimia nervosa
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 ICD-10-Kriterien Anorexia nervosa
Tabelle 2 Bedingungsfaktoren sozialer Ängste und Ansatzpunkte für die Behandlung
1. Krankheitsbilder in der Psychosomatik
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die psychogene Essstörungen: die Anorexie. Ausgehend von statistischen Daten des Auftretens wird der Krankheitsverlauf anhand der wichtigsten Symptome und anhand von Fallbeispielen dokumentiert. Auf Komorbiditäten, differentialdiagnostische Besonderheiten sowie pathophysiologische Folgeerscheinungen wird ebenfalls eingangen.
1.1 Anorexia Nervosa
1.1.1 Epidemiologie
Epidemiologisch gesehen tritt die Anorexia nervosa in Asien, Afrika sowie in den Ländern des ehemaligen Ostblock sehr selten auf. In westlichen Ländern und in Japan ist sie ungleich häufig. Zahlen für den deutschsprachigen Raum geben eine Lebenszeitprävalenz von 1,3 % an, wobei der Großteil der Betroffenen weiblichen Geschlechts ist und Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren ca. 40 % aller Erkrankten bzw. 60 % der weiblichen Betroffenen darstellen. Bezüglich des Erstmanifestationsalter ist festzustellenb, dass sich dieses bimodal mit 2 Häufigkeitsgipfeln verteilt und bei 14 und 18 Jahren liegen. Das Verhältnis zwischen erkrankten Männern und Frauen liegt bei 1:11.1
Die Mortalitätsrate der Personen die an einer Anorexia nervosa erkranken, liegt im Vergleich zu gesunden Personen des gleichen Alters und Geschlechts 4-mal höher. Das bedeutet, dass 0,56 % der Erkrankten durchschnittlich pro Jahr aufgrund ihrer Essstörung oder damit assoziierten Folgen sterben. Als häufigste Todesursache werden medizinische Komplikationen aufgeführt, die als Folge der Essstörung auftreten wie bspw. Infektionen mit letal verlaufender Sepsis, oder Elektrolytentgleisungen mit konsekutivem Herz-KreislaufVersagen. des Weiteren führt ein niedriger BMI bei Aufnahme und im Behandlungsverlauf, Zwangssymptome, Drogenmissbrauch und komorbide depressive Erkrankungen zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate. Die Suizidrate liegt bei 27 %.
1.1.2 Symptomatik
Die Anorexia nervosa vor allem durch die Unfähigkeit der Betroffenen gekennzeichnet, normales, medizinisch unbedenkliches Körpergewicht zu halten. Die Bezeichnung Anorexie (d.i. Appetitlosigkeit) ist eigentlich irreführend, denn die Symptomatik der Anorexia nervosa ist gekennzeichnet durch die massive Weigerung der Patienten, zu essen. Es ist also nicht Appetitlosigkeit im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr ein Akt des Willens, die Nahrung zu verweigern. Eine zentrale Stellung nimmt die große Angst vor Gewichtszunahme ein; Magersüchtige sind daher in Gedanken fast immer mit dem Essen beschäftigt. Dies kann auf verschiedenste Weise geschehen: Die Betroffenen bekochen die Familie, sammeln Rezepte oder laufen stundenlang an Auslagen von Konditoreien vorbei, ohne in all diesen Fällen selbst jemals wirklich zu essen.2
Klinisch erscheint die Anorexia nervosa in zwei Unterformen: erstere zeigt sich in Form von Gewichtsverlust durch reines Diäthalten und Abstinenz erreicht (restriktive Anorexia nervosa), zweitere durch Erbrechen und Laxanzi- enmissbrauch (bulimische Verlaufsform der Anorexia nervosa).3
Auf der affektiven Ebene besteht als Hauptsymptom die Angst vor einer Gewichtszunahme. Zuzüglich besteht eine erhebliche Wahrnehmungsstörung hinsichtlich der eigenen Figur. Dies führt dazu, dass sich die Betroffenen sich häufig als normal oder zu dick empfinden. Der Gewichtsverlust wird hauptsächlich durch eine Reduktion der Gesamtnahrungsaufnahme oder gesteigerte oder übermäßige körperliche Betätigung oder ähnlich zur Bulimia ner- vosae durch Erbrechen oder Laxanzieneinnahme herbeigeführt. Hierbei erleben die Betroffenen den Gewichtsverlust als ein Form von überdurchschnittlicher Selbstdisziplin.4
Die kognitive Ebene wiederum ist gekennzeichnet durch eine niedrige Krankheitseinsicht bzw. eine allgemeine Verleugnung des kachektischen Zustan- des. Des Weiteren zeichnen sich die Betroffenen durch starke Leistungsorien- tiertheit und einen übermäßigen Perfektionismus aus, ein niedriges Selbstwertgefühl, bezogen auf die eigene Rolle im gesellschaftlichen und familiären Umfeld sowie auf den eigenen Wert.2
1.1.3 Risikofaktoren
Der Beginn der Anorexia nervosa liegt in der Regel in der mittleren Adoleszenz. Aufgrund eines vormals rigides Diätverhalten kann sich durch ein psychisch belastendes Lebensereignisses die Entwicklung einer Essstörung manifestieren. Weitere Risikofaktoren werden in spezifische und unspezifische Risikofaktoren bzw. stabile und variable Risikofaktoren unterschieden:
- spezi fi sche und stabile („ fi xed“) Risikofaktoren sind Frühgeburt, Geburtstraumata wie Sauerstoffmangel, weibliches Geschlecht sowie nichtasiatische Ethnie
- spezi fi sche variable Risikofaktoren sind Adoleszenz und frühes Erwachsenenalter, negatives Körperbild sowie Gewichtssorgen
- weitere Risikofaktoren wie sexueller Missbrauch, familiäre Interaktion, Familiengeschichte, erniedrigtes Selbstwertgefühl, Perfektionismus und Leistungssport gelten teilweise als prädisponierend
1.1.4 Verlauf und Prognose
Bezüglich des Verlaufs ist festzustellen, dass dieser sehr unterschiedlich ausfallen kann. Während 44% der Betroffenen nach 4 Jahren genesen sind, bleiben 25% chronisch krank und weisen ein Muster von Rückfällen auf bzw. leiden weiterhin unter emotionalen Problemen. Hinsichtlich des Langzeitverlaufs konnte gezeigt werden, dass bei einem 5-Jahres-Followup 64% der BetroffenenVerbesserungen zeigten und nach rund 10 Jahren nur noch 15% erkrankt waren. Eine neuere Studie von Rigaud et al. (2011) zeigt, dass hinsichtlich der Prognose festgestellt werden kann, dass mehr als die Hälfte der Patienten nach 13 Jahren als genesen galten. Weitere günstige Verlaufsprädiktoren sind die Qualität der sozialen Kontakte, Therapie-Transparenz sowie eine offene und vertrauensvolle therapeutische Beziehung. Als ungünstiger Faktor der den Verlauf von Essstörungen beeinflussen kann wird Perfektionismus deklariert, da die oft rigiden Verhaltensweisen und perfektionistischen Überzeugungen der Patienten den Therapiefortschritt erschweren oder sogar ein einen Rückfall begünstigen.6
1.1.5 Diagnosekriterien
Die Anorexia nervosa wird im deutschsprachigen Raum sowie in der medizinischen Versorgung wird gewöhnlich nach den internationalen Diagnosekriterien des ICD-10 diagnostiziert.
Zunächst wird ein zu niedriges Körpergewicht wie auch die ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme trotz eines bestehenden Untergewichtes angegeben. Ebenso wird die Vermeidung von hochkalorischen Speisen (z. B. Schokolade) bzw. zusätzlich Gegenmaßnahmen wie selbstinduziertes Erbrechen oder exzessiver Sport aufgezeigt. Ebenso beinhaltet das ICD 10 die endokrine Störung, welche sich bei Frauen als Amenorrhoe manifestiert. Beginnt die Erkrankung vor der Pubertät ist die Pubertätsentwicklung verzögert bzw. gehemmt und zeigt sich in Form von Wachstumsstopp, fehlender Brustentwicklung, primärer Amenorrhoe bei Mädchen und kindlich bleibende Genitalien bei Jungen. Nach Remission wird die Pubertätsentwicklung, bei verspäteter Menarche, häufig normal abgeschlossen.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: ICD-10-Kriterien Anorexia nervosa.8
Unterschieden werden F50.00 Anorexie ohne aktive Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (Erbrechen, Abführen etc.) sowie F50.01 Anorexie mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (Erbrechen, Abführen, Heißhungerattacken). Hinzuzufügen ist, dass Differenzialdiagnostisch gastrointestinale und endokrinologische Erkrankungen ausgeschlossen werden müssen.9
1.1.6 Verhaltenstherapeutische Ziele
Als kurzfristige Ziel der Behandlung wird die Wiederherstellung des prämorbiden Körpergewichts oder eines Mindestzielgewichts fokussiert. Hierfür kann beispielhaft folgende Skizze gezeichnet werden:10
A) Behandlungsziel: Normalisierung der Essgewohnheiten: 5 Mahlzeiten pro Tag; Flexibilität durch Hinzufügen einer neuen Speise pro Tag; Protokoll darüber; nach dem Essen mindestens eine Stunde mit den anderen zusammen sein.
[...]
1 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 4.
2 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 7.
3 Vgl. Linden/Hautzinger (2015), S. 475.
4 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 6-7.
5 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 7.
6 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 11-13.
7 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 7.
8 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 7.
9 Vgl. Legenbauer/Vocks (2014), S. 7.
10 Vgl. Linden/Hautzinger (2015), S. 475-476.
- Arbeit zitieren
- Anna-Maria Burchard (Autor:in), 2021, Anorexie, Bulimie, Zwangs- und Angststörungen. Therapieansätze und Expositionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1163899
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