Der rasche Erfolg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), die in den Jahren ab 1929 zur Partei einer Massenbewegung anwuchs und 1933 die ideologisch-politische Hegemonie in Deutschland gewann, ist nicht zuletzt dem „jugendlichen“ Habitus des Nationalsozialismus und dessen erfolgreiches Bemühen um die Gefolgschaft der heranwachsenden Generation zuzuschreiben. Der Anspruch der NSDAP vor 1933, nicht nur für die junge Generation zu sprechen, sondern sogar ein Teil von ihr zu sein, wurde allerdings schon mit der Machtübernahme de facto zurückgenommen. Trotzdem blieb die Jugend ein attraktives Potential, mit dem man das künftige Deutschland gestalten wollte und die man durch ein umfassendes Programm der Erziehung und Formierung für die nationalsozialistische Bewegung gewinnen wollte.
Über den nationalsozialistischen Erziehungsanspruch ließ Hitler in einer Rede 1938 keinen Zweifel aufkommen:
„Und wenn diese Knaben mit zehn Jahren in unsere Organisationen hineinkommen (...), dann kommen sie vier Jahre später vom Jungvolk in die Hitlerjugend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre, und dann geben wir sie erst recht nicht zurück (...), sondern dann nehmen wir sie sofort in die Partei, in die Arbeitsfront, in die SA oder in die SS, in das NSKK usw. Und wenn sie dort (...) noch nicht ganze Nationalsozialisten geworden sein sollten,[...]“1
Hier zeigt sich der nationalsozialistische Totalitätsanspruch der Erziehung, der auf die Sicherung der bestehenden Machtverhältnisse abzielt und das Individuum nicht nur in der Kindheit und Jugendzeit, sondern das ganze Leben über pädagogisch bestimmen soll. Erziehung wird mit Politisierung gleichgesetzt, die in neuen, durch die Partei kontrollierten Einrichtungen ausgeübt werden soll. Doch auch wenn Hitler in dieser Rede weder Schule noch Familie erwähnt, war es den Nationalsozialisten trotz massiver Propaganda nicht möglich, diese traditionellen Erziehungsinstanzen abzuschaffen und das Leben der Jugendlichen zu „verstaatlichen“. Die Familie als primäre Sozialisationsinstanz war aufgrund ihrer Privatsphäre am ehesten vor dem Zugriff der totalitären Verfügungsansprüchen der Nationalsozialisten geschützt, auch wenn sie, wie alle an der Erziehung Beteiligten, der Kontrolle von Staat und Partei unterstand. Doch welchen Einfluss übte die nationalsozialistische Ideologie auf das Schulwesen aus? Inwieweit veränderte sich der Unterrichtsalltag, die Lehr- und Lernmittel und die Stundenpläne?
Gliederung
1. Einleitung
2. Die nationalsozialistischen Erziehungsziele
3. Die Phasen der Schulpolitik
3.1 Die erste Phase: Machtergreifung und Machtsicherung
3.2 Die zweite Phase: Machtdarstellung und Kriegsvorbereitung
3.3 Die dritte Phase: Machtausweitung und innerer Zerfall
4. Resümee
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der rasche Erfolg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), die in den Jahren ab 1929 zur Partei einer Massenbewegung anwuchs und 1933 die ideologisch-politische Hegemonie in Deutschland gewann, ist nicht zuletzt dem „jugendlichen“ Habitus des Nationalsozialismus und dessen erfolgreiches Bemühen um die Gefolgschaft der heranwachsenden Generation zuzuschreiben. Der Anspruch der NSDAP vor 1933, nicht nur für die junge Generation zu sprechen, sondern sogar ein Teil von ihr zu sein, wurde allerdings schon mit der Machtübernahme de facto zurückgenommen. Trotzdem blieb die Jugend ein attraktives Potential, mit dem man das künftige Deutschland gestalten wollte und die man durch ein umfassendes Programm der Erziehung und Formierung für die nationalsozialistische Bewegung gewinnen wollte.
Über den nationalsozialistischen Erziehungsanspruch ließ Hitler in einer Rede 1938 keinen Zweifel aufkommen:
„Und wenn diese Knaben mit zehn Jahren in unsere Organisationen hineinkommen (...), dann kommen sie vier Jahre später vom Jungvolk in die Hitlerjugend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre, und dann geben wir sie erst recht nicht zurück (...), sondern dann nehmen wir sie sofort in die Partei, in die Arbeitsfront, in die SA oder in die SS, in das NSKK usw. Und wenn sie dort (...) noch nicht ganze Nationalsozialisten geworden sein sollten, dann kommen sie in den Arbeitsdienst und werden dort wieder sechs und sieben Monate geschliffen, alle mit einem Symbol, dem deutschen Spaten. Und was dann nach sechs oder sieben Monaten noch an Klassenbewusstsein oder Standesdünkel da oder da noch vorhanden sein sollte, das übernimmt dann die Wehrmacht zur weiteren Behandlung auf zwei Jahre, und wenn sie nach zwei, drei oder vier Jahren zurückkehren, dann nehmen wir sie, damit sie auf keinen Fall rückfällig werden, sofort wieder in die SA, SS usw., und sie werden nicht mehr frei, ihr ganzes Leben.“[1]
Hier zeigt sich der nationalsozialistische Totalitätsanspruch der Erziehung, der auf die Sicherung der bestehenden Machtverhältnisse abzielt und das Individuum nicht nur in der Kindheit und Jugendzeit, sondern das ganze Leben über pädagogisch bestimmen soll. Erziehung wird mit Politisierung gleichgesetzt, die in neuen, durch die Partei kontrollierten Einrichtungen ausgeübt werden soll. Doch auch wenn Hitler in dieser Rede weder Schule noch Familie erwähnt, war es den Nationalsozialisten trotz massiver Propaganda nicht möglich, diese traditionellen Erziehungsinstanzen abzuschaffen und das Leben der Jugendlichen zu „verstaatlichen“. Die Familie als primäre Sozialisationsinstanz war aufgrund ihrer Privatsphäre am ehesten vor dem Zugriff der totalitären Verfügungsansprüchen der Nationalsozialisten geschützt, auch wenn sie, wie alle an der Erziehung Beteiligten, der Kontrolle von Staat und Partei unterstand. Doch welchen Einfluss übte die nationalsozialistische Ideologie auf das Schulwesen aus? Inwieweit veränderte sich der Unterrichtsalltag, die Lehr- und Lernmittel und die Stundenpläne?
Über die nationalsozialistische Weltanschauung als Fundament für die NS-Pädagogik ist eine heute noch anhaltende Kontroverse unter Erziehungswissenschaftlern und Pädagogen entbrannt, die in den achtziger Jahren ihren Höhepunkt erreichte[2]. Einerseits wird der Bruch mit dem klassischen Bildungsgedanken und der abendländischen pädagogischen Tradition betont, andererseits wird auf die Weiterführung älterer, zum Teil reformpädagogischer, Erziehungstraditionen verwiesen. Die Forschung beschreibt noch übereinstimmend die für den Bildungssektor charakteristischen Widersprüche und Ambivalenzen, diskutiert dieses Kontinuitätsproblem aber erheblich kontroverser.
Ich werde im Folgenden zunächst die nationalsozialistischen Ideologie- und Erziehungsgrundsätze anhand Hitlers Buch „Mein Kampf“ aufzeigen und im zweiten Teil die Schulpolitik und die Veränderungen im Schulwesen von 1933 bis 1945 unter dem Aspekt darstellen, inwieweit diese Grundsätze hier Wirkung gezeigt haben. Dabei möchte ich einleitend noch darauf hinweisen, dass ich im Rahmen dieser Arbeit nicht auf die Entwicklung des jüdischen Schulwesens und die der Hilfs- und Sonderschulen eingehen werde. Das Schicksal der jüdischen, geistig und körperlich behinderten Kinder ist ein anderes Thema, das zu wichtig und zu umfangreich ist, als dass ich es nur am Rande erwähnen könnte.
Für die Darstellung der Schule unterm Hakenkreuz ist es notwendig, zunächst die Begriffsinhalte von Nationalsozialismus und Erziehung zu unterscheiden. Da ich mich auf das deutsche Schulwesen in der Zeit von 1933 bis 1945 konzentriere, wird in dieser Arbeit vorrangig der Begriff „Nationalsozialismus“ und nicht „Faschismus“ verwendet, ohne dabei die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutungen, die der Begriff „Faschismus“ impliziert, ausklammern zu wollen. Auch der Begriff „Erziehung“ wird in der Forschungsliteratur in diesem Zusammenhang nicht uneingeschränkt gebraucht[3]. Gemeinhin versteht man unter Erziehung „alle Einwirkungen von Erwachsenen auf die Heranwachsenden, und zwar sowohl unabsichtliche (...) als auch absichtliche (...) durch Erziehungsmittel“[4]. Zwar forderte Hitler die Umerziehung aller Deutschen und nicht nur die der Heranwachsenden, doch das Umerziehen betraf Verhalten und Normen. Daher kann in diesem Zusammenhang von „Erziehung“ gesprochen werden, auch wenn dieser Begriff in unserem heutigen Verständnis inhaltlich etwas anderes impliziert.
2. Die nationalsozialistischen Erziehungsziele
Im zweiten Teil seines Buches „Mein Kampf“ widmet Hitler seinen Erziehungsgrundsätzen einen größeren Abschnitt, an dem man exemplarisch die Grundaussagen der politischen und pädagogischen Weltanschauung aufzeigen kann[5]. Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich auf die Aussagen Hitlers beschränken müssen, ohne Bezugnahme auf nationalsozialistische Politiker wie Baldur von Schirach oder Alfred Rosenberg und Pädagogen wie Ernst Krieck oder Alfred Baeumler. Dies geschieht hier lediglich aus Platzgründen, keineswegs aus der Annahme heraus, der Nationalsozialismus sei eine Bewegung des Führers gewesen. Eine allgemeingültige, anerkannte pädagogische nationalsozialistische Theorie wurde zudem auch von keinem NS-Politiker oder Pädagogen formuliert.
Zwar erschien „Mein Kampf“ schon 1924/25, doch Hitler hat, wie seine späteren Reden beweisen, seine Ansichten nicht grundlegend verändert oder gar revidiert. Der Text ist eine Propaganda- und keine Aufklärungsschrift und enthält daher natürlich keine abwägende Beurteilung der pädagogischen Lage, sondern zeigt sich als eine unsystematische Mischung aus Rassismus, Gehässigkeiten, Banalitäten und Volksverhetzung. Doch da sich alle Erziehungstheoretiker und Pädagogen nach seinen Grundsätzen haben richten müssen und sie maßgeblichen Einfluss auf die Lehrpläne, Richtlinien und fachdidaktischen Überlegungen hatten, lassen sich die Veränderungen im Schulwesen ohne Bezugnahme auf Adolf Hitler und sein programmatisches Buch „Mein Kampf“ nicht angemessen darstellen.
Die Grundlage seiner Ideologie bilden fanatischer Rassismus, Führerkult, die Abwertung der Frau, das Völkische und die Volksgemeinschaft, Sozialdarwinismus und Militanz. Im Mittelpunkt steht der Rassegedanke, der auch die Grundlage des Unterrichts bilden sollte:
„Die gesamte Bildungs- und Erziehungsarbeit des völkischen Staates muss ihre Krönung darin finden, dass sie den Rassesinn und das Rassegefühl instinkt- und verstandesmäßig in Herz und Gehirn der ihr anvertrauten Jugend hineinbrennt. Es soll kein Knabe und kein Mädchen die Schule verlassen, ohne zur letzten Erkenntnis über die Notwendigkeit und das Wesen der Blutreinheit geführt worden zu sein.“[6]
Ziel dieses Rassenkults war die ideologische Vorbereitung auf die Judenvernichtung und den Krieg, der die Unterwerfung anderer Völker zur Folge hatte. Diese Auffassung von der Vorzugsstellung der deutschen „Herrenrasse“ gegenüber anderen Völkern beinhaltet auch die These von der Überlegenheit begabterer „Arier“ über andere:
„Eine Weltanschauung, die sich bestrebt, unter Ablehnung des demokratischen Massegedankens, dem besten Volk, also den höchsten Menschen, diese Erde zu geben, muss logischerweise auch innerhalb dieses Volkes wieder dem gleichen aristokratischen Prinzip gehorchen und den besten Köpfen die Führung und den höchsten Einfluss im betreffenden Volke sichern.“[7]
Dieser Elitegedanke beinhaltet sowohl eine Geringschätzung der Demokratie und der breiten Masse, als auch das Prinzip des Sozialdarwinismus, die Forderung nach einer Auslese durch die vermehrte Fortpflanzung der „rassisch hochwertigen“, intelligenteren Deutschen. Trotz der Überlegenheit einiger „Volksgenossen“ verbinde die rassische Gemeinsamkeit die Deutschen zu einer „Volksgemeinschaft“, die die Klassen- und Ständegesellschaft überwinden solle.
Die nationalsozialistische Erziehung sollte bei den Jungen auf Wehrertüchtigung hinauslaufen, während die Rolle der Frau hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Mutterschaft gesehen wurde:
„Das Ziel der weiblichen Erziehung hat unverrückbar die kommende Mutter zu sein.“[8]
Hinzu kommt ein scharfer Antiintellektualismus, der die Qualifizierungsfunktion der Schule in den Hintergrund rückt:
„Der völkische Staat hat (...) seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung.“[9]
Gemäß dieser Prioritätensetzung lag Hitler der Sportunterricht besonders am Herzen:
„Die Schule als solche muss in einem völkischen Staat unendlich mehr Zeit freimachen für die körperliche Ertüchtigung. Es geht nicht an, die jungen Gehirne mit einem Ballast zu beladen, den sie erfahrungsgemäß nur zu einem Bruchteil behalten (...). Es dürfte kein Tag vergehen, an dem der junge Mensch nicht mindestens vormittags und abends je eine Stunde lang körperlich geschult wird, und zwar in jeder Art von Sport und Turnen.“[10]
Die Charakterbildung im Sinne Hitlers sollte auf Treue, Verschwiegenheit, Opferbereitschaft, sowie Willens- und Entschlusskraft, also auf Soldatentugenden hinauslaufen. Die ideale Erziehung sollte also auf Härte und Leidensfähigkeit abzielen, die Willens- und Entschlusskraft sollte die eines autoritätsgläubigen Typen und nicht die eines analysierenden und reflektierenden Individuums sein.
Dieses Gefolgschaftsprinzip war sowohl in ideologischer als auch in organisatorischer Hinsicht ein wichtiges Moment Hitlers Weltanschauung. Die Demokratieverachtung und die Annahme von der Ungleichheit der Menschen beinhaltete auch die Forderung nach elitären Führern, denen die Masse folgen sollte.
Auf die Bedürfnisse der Individuen wird in „Mein Kampf“ nicht eingegangen, diese Art von Erziehung sollte nicht zur Mündigkeit, Urteilsfähigkeit oder Handlungskompetenz der Jugend führen, sondern zu einer Gleichschaltung ihrer Verhaltensweisen und Ansichten um sie so ideologisch und körperlich auf den Krieg vorzubereiten.
3. Die Phasen der Schulpolitik
Obwohl das nationalsozialistische Deutschland nur zwölf Jahre Bestand hatte, lässt sich die Bildungspolitik in drei Phasen unterteilen, die sich nach Anspruch und Praxis unterscheiden[11]. Die erste Phase, von 1933 bis 1936, diente der Übernahme und Sicherung der Macht und die zweite Phase, bis zum Herbst 1940, der Machtdarstellung und Kriegsvorbereitung. Die dritte Phase, von 1941 bis 1945, begann mit der Ausweitung der Macht und endete mit dem inneren Zerfall Deutschlands.
3.1 Die erste Phase: Machtergreifung und Machtsicherung
Die erste Phase, von 1933 bis etwa 1936, charakterisiert Scholtz als Zeit der „Machtergreifung und Machtsicherung“[12]. In dieser Phase wurde der Zugriff auf Schule und Bildung durch die Gründung des „Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“ (RMfWEV) und des „Nationalsozialistischen Lehrerbundes“ (NSLB) organisiert, ohne dass es jedoch zu einer Neuordnung des Schulwesens und der Kompetenzen kam. Kontinuität und Veränderung hielten sich in Bezug auf das Schulwesen die Waage. Das lag zum einen daran, dass die Schule zu den traditionellen Einrichtungen des Erziehungswesens gehörte, die man trotz aller ideologischer Gleichschaltung nicht einfach verändern oder abschaffen konnte, und zum anderen daran, dass die Lehrerschaft zum größten Teil in der Weimarer Republik oder sogar noch im Kaiserreich ausgebildet worden war. Die neue Aufgabe der Schule, die nationalsozialistische Ideologie während des „Staatsjugendtages“ zu lehren, wurde schon in der zweiten Phase durch die deutlichere Trennung von Schulunterricht und nationalpolitischer Erziehung durch die HJ aufgegeben.
1933 war die bildungspolitische Zuständigkeit noch aufgeteilt auf die Länder und auf das Reich, doch am 30.01.1934 wurden durch das „Gesetz zur Neuordnung des Reiches“ die bisherigen Rechte der Länder weitgehend ausgeschaltet. Am 1.5.1934 wurde das „Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“ (RMfWEV) eingerichtet, das der ehemalige Studienrat und Gauleiter Bernhard Rust übernahm. Rust war seit Februar 1933 preußischer Kulturminister und behielt dieses Amt auch, er fungierte also als Doppelminister.
Die „Verreichlichung“ der Kultusaufgaben gab dem Reichserziehungsministerium die nötige Machtbasis zu umfassenden inhaltlichen und organisatorischen Reformen. Doch anstatt den Forderungen einer durchgreifenden Schulreform nachzukommen, arbeitete Rust zunächst noch als preußischer Minister an einer Neuentwicklung improvisierter Erziehungsformen, die jedoch erst verhältnismäßig spät im ganzen Reich eingeführt wurden. Im Frühjahr 1933 erfolgte die Umwandlung der ehemaligen Kadettenanstalten „Staatlichen Bildungsanstalten“ in „Nationalpolitische Erziehungsanstalten“, ein Jahr später wurden die Vorstudienanstalten „Langemarck-Studium“ für Absolventen der Volks- und Mittelschule mit abgeschlossener Berufsausbildung eingerichtet[13].
Im April 1933 wurde das „Reichsgesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ erlassen, das die gesetzliche Grundlage für Entlassungen und Beurlaubungen von kommunistischen, sozialdemokratischen und jüdischen Lehrern schuf. Alleine in Berlin wurden im Laufe des Jahres 1933 570 Lehrer aus politischen Gründen entlassen[14]. Der Ausschluss missliebiger Personen aus den Bildungseinrichtungen war zwar ein Akt der rigiden Durchsetzung von nationalsozialistischen Machtansprüchen, doch der Nationalsozialismus verdankte seinen raschen Erfolg zum großen Teil auch der Anpassung und dem Opportunismus der Deutschen. Viele Lehrer, Pädagogen und Erzieher erhofften sich einen politischen Neuanfang und einen Abschied von den Konflikten und Problemen der Weimarer Zeit. So brachte die erste Phase auch eine politische Aktivierung der Lehrerschaft mit sich. Schon im Februar 1934 waren 230 000 Lehrer Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB)[15] und ein großer Teil von ihnen war zudem Mitglied in der NSDAP. Mit der Gleichschaltung der Lehrerverbände durch den NSLB ging auch eine Zentralisierung der Lehrerpresse einher. Die lokalen und regionalen Lehrerzeitungen gaben auf oder degenerierten zu Beilagen der „Reichszeitung“ des NSLB.
[...]
[1] Adolf Hitler, hier zitiert nach Hermann Giesecke, Hitlers Pädagogen: Theorie und Praxis nationalsozialistischer Erziehung, Weinheim (u.a.) 1993, S. 17.
[2] Ausführliche Darstellung dieser Kontroverse und Bibliographie bei Wolfgang Keim (Hrsg.), Pädagogen und Pädagogik im Nationalsozialismus – ein unerledigtes Problem der Erziehungswissenschaft, 2., durchgesehene Auflage, Frankfurt am Main 1990.
[3] Vgl. zu dieser Diskussion Karl Christoph Lingelbach, „Erziehung“ unter der NS-Herrschaft – Methodische Probleme ihrer Erfassung und Reflexion, in: Keim (Hrsg.), Pädagogen und Pädagogik im Nationalsozialismus – ein unerledigtes Problem der Erziehungswissenschaft, 1990, S. 47 – 65.
[4] Goldmann Lexikon, Band 7, München 1998, S. 2796.
[5] Adolf Hitler, Mein Kampf, 123.-124. Aufl., München, 1934, S. 451f..
[6] Ebd., S. 475 f..
[7] Ebd., S. 492 f..
[8] Ebd. , S. 452.
[9] Ebd., S. 452.
[10] Ebd., S. 454.
[11] Meine Phaseneinteilung folgt Harald Scholtz, Erziehung und Unterricht unterm Hakenkreuz, Göttingen 1985, S. 50 – 55.
[12] Ebd., S. 50.
[13] Vgl. Scholtz, Erziehung und Unterricht unterm Hakenkreuz, Göttingen 1985, S. 59.
[14] Vgl. Arbeitsgruppe Pädagogisches Museum (Hrsg.), Heil Hitler, Herr Lehrer, Volksschule 1933-1945, Das Beispiel Berlin, Hamburg 1983, S. 67.
[15] Vgl. Scholtz, Erziehung und Unterricht unterm Hakenkreuz, Göttingen 1985, S. 47.
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