Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist es, die weltweite Klimakrise in den Griff zu bekommen. Dabei macht die Politik es sich immer wieder zum Ziel weg, von fossilen Brennstoffen und Atomkraft hin zu erneuerbaren Energien zu kommen. Dieses Vorhaben ist kein einfaches, aber durchaus ein effektives, da laut einer Statistik des Umweltbundesamtes die Energiewirtschaft knapp 32,4 % der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland ausmacht.
Damit diese Transformation gelingt, wird momentan sehr stark auf erneuerbare Energien wie Photovoltaik oder Windkraft gesetzt. Manch einer wünscht sich sogar die Rückkehr der Atomkraftwerke. Doch möglicherweise gibt es auch noch eine weiter Alternative: die Kernfusion.
Und um genau diese Art der Energiegewinnung soll es in diese Facharbeit gehen. Zu Beginn werde ich die Grundlagen der Kernfusion erläutern, anschließend die aktuellen vielversprechendsten Reaktorarten Stellarator und Tokamak vorstellen, danach wird es noch kurz um Umwelt und Sicherheit gehen, bevor wir abschließend die Frage klären, ob wir in Zukunft wirklich Strom von Fusionsreaktoren beziehen können und wenn ja, wann.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen der Kernfusion
1.1. Fusionsreaktion
1.2. Plasma
1.3. Magnetischer Einschluss
1.4. Plasmaheizung
2. Reaktoren
2.1. Tokamak
2.2. Stellarator
3. Umwelt und Sicherheit
4. Zukunft der Kernfusionsreaktoren
4.1. Kritischer Blick
4.2. Fazit
Glossar
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb 1: Reaktionspartner als Funktion der Energie
Abb 2: Form eines Torus
Abb 3: Aufbau Tokamak
Abb. 4: Aufbau Stellarator
Einleitung
Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist es, die weltweite Klimakrise in den Griff zu bekommen. Dabei macht die Politik es sich immer wieder zum Ziel weg von fossilen Brennstoffen und Atomkraft hin zu erneuerbaren Energien zu kommen. Dieses Vorhaben ist kein einfaches, aber durchaus ein effektives, da laut einer Statistik des Umweltbundesamtes die Energiewirtschaft knapp 32,4%1 der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland ausmacht. Dazu kommt, dass Schätzungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ergeben haben, dass im Jahre 2030 der Stromverbrauch bei 655 TWh1 2 liegen wird, was einen Zuwachs von rund 20% im Vergleich zu 2020 bedeuten würde. Daran sehen wir eindeutig wie wichtig der Umbau unseres Energiesystems ist, um unsere Zukunft und die der nachfolgenden Generationen zu sichern.
Damit diese Transformation gelingt, wird momentan sehr stark auf erneuerbare Energien, wie Photovoltaik oder Windkraft gesetzt. Manch einer wünscht sich sogar die Rückkehr der Atomkraftwerke. Doch möglicherweise gibt es auch noch eine weiter Alternative: die Kernfusion. Im Unterschied zur Kernspaltung werden hier zwei Atome miteinander verschmolzen (fusioniert), wodurch eine sehr große Menge an Energie frei wird. Ein Gramm Brennstoff würden ausreichen um 90.000 kWh Energie zu generieren, das entspricht der Verbrennungswärme von ca. 11.000 t Kohle.
Und um genau diese Art der Energiegewinnung soll es in diese Facharbeit gehen. Zu Beginn werde ich die Grundlagen der Kernfusion erläutern, anschließend die aktuellen vielversprechendsten Reaktorarten Stellarator und Tokamak vorstellen, danach wird es noch kurz um Umwelt und Sicherheit gehen, bevor wir abschließend die Frage klären ob wir in Zukunft wirklich Strom von Fusionsreaktoren beziehen können und wenn ja, wann.
1. Grundlagen der Kernfusion
1.1. Fusionsreaktion
Der Kernfusion liegt die Verschmelzen zweier leichter Kerne zu einem schweren Kern unter der Entstehung von Energie zugrunde. Dieses Prinzip ist für uns eigentlich nichts neues, da wir tag täglich beobachten können. Sonnenstrahlen sind nichts anderes als freigewordene Energie der Kernfusion, die in der Sonne abläuft. In ihr fusionieren pro Sekunde ca. 600 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 596 Millionen Tonnen Helium3. Die „fehlenden“ 4 Millionen Tonnen Helium wurden in Energie umgewandelt. Die Freisetzung der Energie hängt mit der Bindungsenergie der fusionierenden Nukleonen zusammen. Der messbare Unterschied in den Massen wird allgemein auch Massendefekt genannt und lässt sich mit Einsteins Relativitätstheorie ( E = mc[2] 4 ) begründen, welche aussagt, dass Masse und Energie Äquivalent zueinander sind. Außerdem lässt sich die frei werdende Energie bei der Kernfusion berechnen. Hierzu nehmen wir die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium5 und fusionieren sie miteinander, wobei Helium und ein Neutron entsteht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten678
Die Gleichung zeigt noch mal eindeutig, dass sich die Masse von Edukten ( me ) zu Produkten ( m p ) verringert hat und dabei nach der Relativitätstheorie 17,586 Megaelektronenvolt (MeV) frei geworden sind.
Doch wie bekommen wir Deuterium und Tritium dazu, miteinander zu fusionieren. Damit das geschieht, müssen die Kerne so nah zusammengebracht werden, dass sie die Kraft der sich abstoßenden, positiv geladenen Kerne (Coulombkraft), überwinden. Um das zu erreichen sind sehr hohe Geschwindigkei- ten nötig, die durch extreme Hitze (ca. 100.000.000°C) erzeugt werden. Unter solchen Bedingungen trennen sich Elektronen und Atomkerne voneinander und bewegen sich frei im Gas herum. Dieser Zustand wird auch als Plasma genannt und gilt allgemein auch als vierter Aggregatzustand.
Abb. 1: Reaktionspartner als Funktion der Energie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Daten aus McNally S. 9-11
In Abbildung 1 ist der Reaktionsparameter für verschiedene Reaktionspaare als Funktion der Temperatur angegeben. Wie man der Abbildung entnehmen kann, ist von den angegebenen Reaktionspaaren die Kombination aus Deuterium und Tritium (blau) die, die bei niedrigen Temperaturen die höchste Reaktivität aufweist. Da der Unterschied zu anderen Paaren so signifikant ist, nimmt man aktuell noch den Nachteil in Kauf das Tritium leicht radioaktiv ist (Halbwertzeit von 12,3 Jahren9 ). Die Kombination bietet außer der hohen Reaktivität noch andere Vorteile, wie zum Beispiel die Verfügbarkeit. In natürlich vorkommendem Wasserstoff sind 0,015% Deuterium enthalten, was insgesamt einer Masse 4,6 x 10[13] Tonnen Deuterium auf der Welt entspricht10. Das Vorkommen von Tritium hingegen ist deutlich seltener, allerdings kann man es direkt im Reaktor, während der Fusionsreaktion dadurch gewinnen, dass die entstehenden Neutron, auf die Blankets treffen und Tritium aus einer Reaktion mit Lithium-6 erbrütet wird. Diese Reaktion sieht wie folgt aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten11
Schätzungen zufolge haben wir auf der ganzen Welt 86 Millionen Tonnen12 Lithium, wovon rund 7,6%13 Lithium-6 sind. Demnach beläuft sich das Vorkommen auf der Welt auf circa 6,5 Millionen Tonnen Lithium-6.
1.2. Plasma
„Break Even“ ist eine wichtige Zustandsbeschreibung in Kernfusionsreaktoren. An diesem Punkt gleicht die kinetische Energie, die die Neutronen abgegeben, der von außen aufgewendete Energie, um die Fusionsreaktion am laufen zu halten. Der Netto Energiegewinn und der Netto Energieverlust gleichen sich also aus.
Damit ein Kernfusionsreaktor allerdings ertragreich arbeitet, muss er mehr Energie produzieren, als er verbraucht. Deshalb muss es zur sogenannten „Zündung“ des Plasmas kommen. Die Zündung beschreibt den Punkt, ab dem die Energie die das Plasma so groß ist, dass es seine Temperatur selbstständig aufrecht zu erhalten und die externe Heizung abgeschaltet werden kann. Für die Zündung gibt es drei Kriterien, einmal die Temperatur, die Einschlusszeit und die Plasmadichte - auch bekannt als das Lawson-Kriterium14. Bei einem Deute- rium-Tritium Plasma sähen die Kriterien wie folgt aus: Es muss eine Temperatur von ca. 100 Millionen Grad herschen, die Energieeinschlusszeit muss ca. zwei Sekunden betragen (in dieser Zeit darf die Wärmeenergie des Plasmas nicht verloren gehen), und das Plasma muss eine Dichte von 1014 Teilchen pro Kubikzentimeter haben.15
[...]
1 Umweltbundesamt: Treibhausgase
2 Pressemitteilung vom 13.07.2021; Erste Abschätzung des Stromverbrauchs im Jahr 2030
3 vgl. Kontizer, Franziska
4 vgl. Raeder, Jürgen; Formel 1.1-1
5 vgl. Abbildung 1
6 vgl. Raeder, Jürgen; Formel 1.1-4
7 vgl. Raeder, Jürgen; Formel 1.1-3
8 vgl. Raeder, Jürgen; Formel 1.1-1
9 vgl. IPP Tritium
10 vgl. IPP Deuterium
11 vgl. Kaufmann, Michael; S.256
12 U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries
13 Wikipedia: Lithium
14 LEIFIphysik - Lawson Kriterium der Kernfusion
15 vgl. Kernfusion - Bericht aus der Forschung; S. 9
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2021, Kernfusionsreaktoren. Reaktortechnik der Zukunft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1165607
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