Globalisierung, ökonomischer Strukturwandel und Städtekonkurrenz. Festivalisierung als Strategie der Stadtentwicklung

City of London Festival, Millenniumsfeierlichkeiten, Olympische Sommerspiele 2012


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Globalisierung, ökonomischer Strukturwandel und zunehmende Städtekonkurrenz – 4 Festivalisierung als Strategie der Stadtentwicklung

3. Portrait London
3.1 London im internationalen Kontext
3.2 Zur Geschichte der Londoner Stadtplanung
3.3 Kulturstrategien und Festivals

4. Ausgewählte Beispiele der Stadtentwicklung im Zusammenhang mit 12 städtischen Events in London
4.1 City of London Festival
4.2 Großprojekte im Zusammenhang mit den Millenniumsfeierlichkeiten im Jahr 2000
4.2.1 Der Millennium Dome
4.2.2 Das British Airways London Eye
4.2.3 Die Millennium Bridge
4.2.4 Die Tate Gallery of Modern Art im Zusammenhang mit einer culture-led-regeneration am Südufer der Themse
4.3 Das Beispiel der olympischen Spiele 2012 im Londoner Osten

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Aus urheberrechtlichen Gründen wurden einige Abbildungen aus dieser Arbeit entfernt!

1. Einleitung

Im Jahr 2012 schaute die ganze Welt nach London. Grund war, dass der Londoner Osten der Austragungsort für die Olympischen Sommerspiele war. Menschen, Gelder und Medien werden für ein solches Ereignis in höchster Form mobilisiert, um die Stadt für einen gewissen Zeitraum in internationalem Licht glänzen zu lassen. Fraglich ist, welche Ziele und Strategien eine Weltstadt wie London mit solchen mega events, aber auch mit kleineren Festivals, verfolgt, welche Gründe relevant sind und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen.

In dieser Arbeit mit dem Thema „Buntes London: Festivals und Stadtentwicklung“ soll im Rahmen des Oberseminars „London – Geographien einer Global City“ genau diese Fragestellung genauer beleuchtet werden. Wichtig ist in diesem Sinne eine vorausgehende Betrachtung der gesellschaftlichen sowie ökonomischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte sowie auch die Position der Stadt London im internationalen Kontext. Faktoren wie Globalisierung, steigende Städtekonkurrenz und der ökonomische Strukturwandel haben dazu geführt, dass Städte und ihre Stadtplanung zunehmend flexibel agieren müssen. Auch London muss sich zunehmend an diesen Wandel anpassen. Daher ist auch die Betrachtung der vorhandenen politischen Struktur sowie die Entwicklung der Stadtplanung Londons für das Verständnis der Relevanz des Politiktyps der Festivalisierung wichtig.

Da nicht nur durch große, häufig von außen vorgegebenen Ereignissen wie Olympia oder Fußballmeisterschaften, für die sich eine Stadt bewerben muss, Stadtentwicklung betrieben werden kann, sollen in dieser Arbeit auch kleinere, meist regelmäßig stattfindende Events beleuchtet werden. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede diese haben und inwieweit sich auch Risiken ergeben können ist ebenfalls zu untersuchen. Auch die von der Stadt London entwickelten Kulturstrategien sind in diesem Sinne relevant.

Vor diesem Hintergrund wird folgend anhand von drei verschiedenen Eventtypen der Stadt, die Chancen und Risiken der Festivalisierung für eine Metropole wie London näher beschrieben: Das jährlich stattfindende City of London Festival, die Millenniums-feierlichkeiten zur Jahrtausendwende und damit verbundenen Großprojekte und schließlich die Olympischen Sommerspiele von 2012 im Londoner Osten. Abschließend werden in einem Fazit nochmals die wichtigsten Kernpunkte zusammengeführt und diskutiert.

2. Globalisierung, ökonomischer Strukturwandel und zunehmende Städtekonkurrenz – Festivalisierung als Strategie der Stadtentwicklung

Die wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass sich die Stadtplanung zunehmend an diese Veränderungen anpassen und flexibler agieren muss. Durch den ökonomischen Strukturwandel, weg von der Industrie- hin zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft, werden Städte vor neue Herausforderungen gestellt. Weiterhin verschärft sich mit der Globalisierung die Städtekonkurrenz und die Rolle beziehungsweise Schaffung eines Stadtimages wird immer wichtiger. Großstädte müssen zunehmend versuchen, auf dem globalen Markt attraktiv zu sein, wobei vor allem die westlichen Nationen in einen Standortwettbewerb um die transnational agierenden Unternehmen sowie internationale Investoren treten, welchen eine bedeutende Rolle für die Entwicklung und internationale Position der Städte zugeschrieben wird. Das Ziel ist die Schaffung einer hohen wirtschaftlichen Aktivität der jeweiligen Städte oder Regionen verbunden mit Einkommen und einer positiven Stellung auf dem globalen Markt. Hierbei spielen neben harten Standortfaktoren wie Infrastruktur oder Verkehrsanbindung, zunehmend weiche Standortvorteile wie Lebens- und Umweltbedingungen beziehungsweise die Lebensqualität und das Standortimage eine Rolle (JENSEN-BUTLER ET AL. 1997: 3). Positiv beeinflusst werden kann dies durch eine hohe Anzahl an Kultureinrichtungen sowie städtischer Events. Weiterhin lässt sich nach POHL (2009: 17) eine generelle „Fokussierung der Stadtentwicklung auf Kulturkonsum und Freizeit“ erkennen.

Besonders in den letzten zwanzig Jahren ist verstärkt zu beobachten, dass große Ereignisse gezielt als Instrumente der Stadtpolitik eingesetzt werden. Es sind olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Weltausstellungen, Theater-, Musik- und Filmfestspiele, Gartenschauen oder runde Stadtgeburtstage. Durch solche Projekte wird versucht, die Stadt in das Blickfeld der möglichst internationalen Aufmerksamkeit zu rücken. Es geht also um Instrumente der Städtekonkurrenz, welche zum einen den Bekanntheitsgrad einer Stadt erhöhen und zum anderen ihr Image aufpolieren sollen. Das Ziel ist eine Steigerung der nationalen und internationalen Sichtbarkeit sowie eine Attraktivitätssteigerung der Städte für langfristige Investitionen und Finanzzuflüsse von außen (HÄUßERMANN & SIEBEL 1993: 7f). Menschen, Gelder und Medien werden für dieses eine Projekt kampagneartig mobilisiert. Es bilden sich häufig neue Trägergesellschaften beziehungsweise Sonderorganisationen, welche dann gemeinsam mit privaten Investoren und den öffentlichen Körperschaften sogenannte public-private-partnerships bilden. Weiterhin ist das Ereignis meist befristet, räumlich begrenzt und auf ein Thema fokussiert, welches massenwirksame Aufmerksamkeit erzeugen soll.

Diese Projektorientierung ist eine Reaktion der Politik auf die zunehmende Städtekonkurrenz und den ökonomischen Strukturwandel, welcher seit etwa Mitte der 1970er Jahre die Entwicklung der Städte bestimmt und sich seither in einer Strukturkrise äußert. Die Nutzung von Industriebrachen für die Großereignisse steht in diesem Sinne für eine Auffüllung von Lücken in der Stadtstruktur, welche im Zuge der Deindustrialisierung entstanden sind.

Die unmittelbaren Wirkungen eines Großereignisses, wie der Ausbau der Infrastruktur, Tourismus und direkte Investitionen, sind aber meist nicht das primäre Ziel. Dieses besteht vielmehr in den Anstoß- und Ausstrahlungseffekten des Ereignisses. Langfristige Attraktivitätssteigerung der Standortqualität verbunden mit einer Verfestigung, oder auch Neuorientierung des Stadtimages und Folgeinvestitionen stehen im Vordergrund. Bei der Festivalisierung handelt es sich somit um eine „mediengerechte Inszenierung der Stadt“ (HÄUßERMANN & SIEBEL 1993: 15), also ein Konzept des Stadtmarketings, welches Wachstum erzeugen soll.

Jedoch sind mit diesen Großprojekten nicht nur positive Folgeeffekte verbunden. Mit den in erster Linie positiven Umbaumaßnahmen der Stadt und dem Ausbau der Infrastruktur sind finanzielle Risiken verbunden. Denn eine verlässliche Bilanz der Kosten und Nutzen des Projekts sind im Vorhinein meist nur schwer möglich, weshalb die Ereignisse häufig einen hohen Schuldenberg hinterlassen. Auch durch die häufig gravierenden Eingriffe in die Stadtstruktur können negative Folgeprozesse entstehen, welche im Voraus nicht verlässlich abgeschätzt werden können. Durch die Großinvestitionen entstehen Preissteigerungen für Immobilien und Mieten, welche Prozesse wie Gentrifizierung und Segregation begünstigen. Ökonomisch schwächere Gruppen können verdrängt und Disparitäten verschärft werden.

Große Ereignisse, wie zum Beispiel Olympische Spiele, werden häufig auch unter dem Begriff der „städtebaulichen Großprojekte“ beschrieben, da es durch solche Großereignisse meist auch zu baulichen Vorhaben kommt. Doch auch durch kleinere Events, welche keine direkten baulichen Maßnahmen nach sich ziehen, wird Stadtentwicklung betrieben, da sie zu einer Stärkung der Gemeinschaft und des Images, zu Revitalisierung und auch zu einem Anstieg von Tourismus führen, wodurch wiederum Wirtschaft und Wachstum der Stadt gestärkt wird.

3. Portrait London

Um die Bedeutung des Politiktyps der Festivalisierung für eine Metropole wie London zu erfassen, ist eine vorausgehende Betrachtung der Stadt im internationalen Kontext wichtig. Auch die historische Entwicklung von Stadtplanung sowie Politik spielen in diesem Sinne eine Rolle. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Kapitel die Stadt London anhand von veröffentlichten Kulturstrategien im Zusammenhang mit Festivals, weiter portraitiert, wobei Faktoren wie die zunehmende Städtekonkurrenz, der ökonomische Strukturwandel und eine zunehmende Bedeutung des kulturellen Reichtums immer wieder zur Sprache kommen.

3.1 London im internationalen Kontext

Im globalen Städtesystem zählt London zu den Weltstädten höchsten Ranges. Zusammen mit Städten wie New York oder Tokio bildet die derzeit gut 8 Millionen Einwohner (Stand 2011; LondonCouncils) zählende Hauptstadt Englands sowie des Vereinigten Königreichs, die wichtigsten Knotenpunkte der Weltwirtschaft. Somit ist London zugleich die bevölkerungs-reichste Stadt Europas, einer der bedeutendsten Standorte der globalen Finanz- und Immobilienwirtschaft sowie auch hinsichtlich Architektur, Kunst, Bildung und Kultur auf höchster Stufe im weltweiten Städtesystem. Im Zusammenhang mit der hohen kulturellen Vielfalt der Stadt spielt eine ausgeprägte ethnische Vielfalt eine Rolle, welche sich ähnlich wie bei der Stadt New York von anderen Global Cities abhebt (ZEHNER, DIETSCHE & BRAUN 2010: 77). Zusammen mit einem ausgeprägten Angebot an Bildungs- und Forschungseinrichtungen bildet diese Vielfalt einen guten Nährboden für verschiedenste kreative Milieus und somit wiederum für eine ausgefallene Kultur und auch für städtische Festlichkeiten.

Doch auch die Metropole London wurde im Zuge der Globalisierung in den letzten Jahrzehnten verändert und vor neue Herausforderungen gestellt. Zum einen hat die, sich parallel zum Aufschwung des Dienstleistungssektors vollziehende, Deindustiralisierung auch in London massive Lücken in Form von Industrie- und Verkehrsbrachflächen in der Stadtstruktur hinterlassen. Zum anderen stehen auch solch global ausgerichtete Städte wie London, trotz ihrer Größe und globaler Bedeutung, vor allem als Finanzmetropole, in einem weltweiten Wettbewerb um internationale Investoren, Dienstleistungsfunktionen, qualifizierte Arbeitskräfte, Touristen und auch möglichst internationale mediale Aufmerksamkeit (ZEHNER, DIETSCHE & BRAUN 2010: 110). Es gilt, die „Marke“ London stets zu pflegen und zu vermarkten, um weiterhin international attraktiv zu bleiben, aber auch, um die Traditionen und die Lebensqualität für die Bürger Londons zu erhalten. Der aktuelle Bürgermeister Boris Johnson (seit 2008) sagte diesbezüglich: „If we don’t constantly remind ourselves of the value of our cultural riches, if we don’t invest in our infrastructure, if we don’t protect our treasures, our buildings and heritage, and if we don’t educate and introduce future generations to the pleasures and value of experiencing and producing culture, then much of this will be lost “(Greater London Authority 2010: 7).

International ausgerichtete Großereignisse sind daher auch für die Londoner Stadtplanung eine beliebte Strategie, um sich weltweit zu positionieren und das Image der Stadt zu festigen beziehungsweise neu auszurichten. Neben diesem Branding oder Rebranding des Stadtmarketings sind solche mega events jedoch ebenso für die Schaffung lokaler Attraktionen bedeutsam. So können auch durch kleinere Events öffentliche Flächen oder Stadtteile belebt und Besucher angezogen werden. Durch große Ereignisse, welche mit baulichen Vorhaben verbunden sind, wie zum Beispiel die Olympischen Spiele 2012 im Osten Londons (Kapitel 4.3), können außerdem brachliegende Flächen wieder genutzt und große Gebiete revitalisiert werden. Anhand von Beispielen wird dies im Kapitel 4 weiter verdeutlicht.

Die Politik der „Festivalisierung“ hat sich seit den 1980er Jahren als eine Art Katalysator für die Stadtplanung etabliert, da für das jeweilige Ereignis leichter Investitionsmittel, Menschen und Medien mobilisiert werden können. Lange Planungszeiten, unbewegliche Verwaltungs-strukturen und Interessenskonflikte können somit einfacher umgangen werden (ZEHNER, DIETSCHE & BRAUN 2010: 110). Vor dem Hintergrund einer fehlenden einheitlichen Stadtplanung Londons bis in das Jahr 2000, worauf im folgenden Kapitel nochmals eingegangen wird, sollte dieser Typus der Stadtentwicklung für die Metropole also eine willkommene Strategie sein.

3.2 Zur Geschichte der Londoner Stadtplanung

1986 wurde die Stadtregierung von Margaret Thatcher, damalige Premierministerin des Vereinigten Königreichs, abgeschafft. Begründet wurde dies mit einer zu aufwendigen Bürokratie und zu hohen Kosten. Folgend lag die Planung bei den 32 Bezirken Londons, welche nur über geringe finanzielle Mittel verfügten und Investitionen in die Infrastruktur auf ein Minimum beschränken mussten. Die Folge dieses Rückzuges war, dass London in eine Krise stürzte, welche sowohl die internationale Wettbewerbsfähigkeit als auch die Lebensqualität der Bürger bedrohte. Immobilienpreise schnellten in die Höhe, die Straßen und Plätze verwahrlosten und das Nahverkehrssystem war überlastet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Globalisierung, ökonomischer Strukturwandel und Städtekonkurrenz. Festivalisierung als Strategie der Stadtentwicklung
Untertitel
City of London Festival, Millenniumsfeierlichkeiten, Olympische Sommerspiele 2012
Hochschule
Universität zu Köln
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
23
Katalognummer
V1167115
ISBN (eBook)
9783346589903
ISBN (Buch)
9783346589910
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Festivalisierung Stadtentwicklung London
Arbeit zitieren
Sonja Kluft (Autor:in), 2014, Globalisierung, ökonomischer Strukturwandel und Städtekonkurrenz. Festivalisierung als Strategie der Stadtentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167115

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Globalisierung, ökonomischer Strukturwandel und Städtekonkurrenz. Festivalisierung als Strategie der Stadtentwicklung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden