Techno. Musikstil, Ethnografie und Deskription einer Subkultur von 1990 bis 2010


Magisterarbeit, 2014

54 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Thema und Erkenntnisinteresse
1.2 Methodisches und Erkenntnistheoretisches

2. Historisches zu Clubkultur und Techno
2.1. historische musikalische Vorläufer von Techno
2.2 Die Entstehung von Techno und House in amerikanischen Großstädten
2.3. Von Amerika nach Europa - Wege zur globalisierten Musikkultur
2.4. Die Institution und der Ort Diskothek/ Musikclub
2.4.1 Historisches zu Clubkultur
2.4.2 Konkretes zu Technoclubs

3.1 Allgemeines zu Jugend- und Subkulturen.
3.2 Die Technosubkultur
3.2.1 Werte und Selbstverständnis
3.2.2 Werteentwicklung
3.2.3 Distinktionen und Abgrenzungen: Hochkultur versus
3.3 Verschiedene Sichtweisen und Fakten zur Technosubkultur und ihrer Entwicklung seit 1990 bis 2010
3.4 Exkurs 1: Die zunehmende Popularisierung und Kommerzialisierung von Techno anhand von konkreten Beispielen
3.5 Exkurs 2: Das Technomillieu als ein Beispiel für das Konzept der event- und erlebnisorientierten Gesellschaft
3.6 kurzes Zwischenresümee

4. Die Technoparty als Ort des interaktiven Geschehens aus der Perspektive von Teilnehmenden und Beschreibenden
4.1 Körperlichkeit, Party und Tanz
4.2 Theoretisches: Randall Collins – Theorie der sozialen Interaktionsrituale
4.2.1 Die Anwendbarkeit der Theorie von Collins auf die Situation von Technoparties

5. Relativierendes und Fazit

6. Ausblick

7. Literatur

8. Anhang/Interviews

1. Einleitung

1.1 Thema und Erkenntnisinteresse

Der Forschungsgegenstand meiner Magisterarbeit ist „Techno“. Techno steht für ein musikalisches wie soziokulturelles Phänomen. Zum einen steht der Begriff Techno für einen neuartigen Musikstil. Zum anderen ist mit Techno auch eine jugendliche Subkultur, deren zentrale Elemente Technomusik und Technoparties sind, gemeint. Techno lässt sich aus einer meso- bzw. makrosoziologischen Perspektive im Kontext größerer und längerfristiger Entwicklungen als Sub-, Jugend- und Musikkultur begreifen. Techno lässt sich auf einer mikrosoziologischen Ebene als konkrete in bestimmten Interaktionsformen und -routinen vollzogene Interaktionspraxis, nämlich als das gemeinschaftliche Tanzen zu Technomusik in bestimmten Locations, betrachten.

In dieser Arbeit wird mehreren Fragen nachgegangen. Zum einen soll geklärt werden, inwiefern unter dem Terminus Techno eine jugendliche Subkultur verstanden werden kann und wie genauer diese Subkultur aussieht. Dabei wird auf Entstehungsbedingungen, Entwicklungen und Veränderungen der Subkultur Techno eingegangen. Zum anderen soll die Frage beantwortet werden, was auf Technoparties normaler- und erwartbarer Weise geschieht.

Als Quellen hierfür dienen publizierte fachwissenschaftliche Literatur, sowie 7 qualitative Experteninterviews, die mit 8 Technoerfahrenen aus Deutschland im Jahr 2010 geführt wurden und meine eigenen persönlichen Erfahrungen mit Techno und Technoparties. Aus den Interviews wurden deskriptive und zum Teil auch theoretisierende Daten zum Thema Techno im Zeitraum 1990 bis 2010 gewonnen. Die Interviewten waren sowohl aktive Gestalter als auch Besucher von Technoparties. Die Gestalter waren langjährige und erfahrene Discjockeys, Organisatoren und Veranstalter von Technoparties. Die meisten von ihnen sind auch heute noch aktiv. Alle Interviewpartner können auf eine längere Erlebnis- und Erfahrungsgeschichte zum Thema Techno und Technoparties zurückblicken und verfügten teilweise über viel szeneinternes Insiderwissen. Die Interviewpartner machten Angaben zum Zeitraum von Ende der Achtziger Jahre bis zum Jahr 2010, in dem die Interviews geführt wurden. Es wurden auf Grundlage der zuvor gelesenen Fachliteratur 2 weitestgehende standardisierte Fragebögen erstellt und verwendet. Ein Fragebogen wurde für Interviews mit Besuchern, der andere für Interviews mit DJs und Veranstaltern verwendet. Alle Interviews wurden ergebnisoffen und flexibel gestaltet, so dass sich im Gesprächsverlauf öfter vorher nicht festgelegte Fragen ergaben. Alle Interviewten wurden nach ihrem persönlichen Erleben und ihrer persönlichen Geschichte und ihren persönlichen Erfahrungen in Bezug auf den Besuch von Technoparties bzw. ihrem Werdegang als DJ/Veranstalter befragt. Die Interviewten machten deskriptiv genaue Angaben und gaben zum Teil eigene theoretische Erklärungen für von ihnen Beschriebenes und Beobachtetes. Ich werde in meinen theoretischen Ausführungen die Interviewten sinngemäß und sofern nötig originalgetreu zitieren.

1.2 Methodisches und Erkenntnistheoretisches

Über das was Techno ist oder was es nicht ist, was es sein soll oder was es nicht sein soll, gibt es viele unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen. Beschreibungen und Bewertungen kommen von Involvierten und von Außenstehenden. Die Meinungen und Sichtweisen sind vielfältig und oft divergierend. Nicht nur zwischen Außenstehenden und Involvierten gibt es Meinungsunterschiede, auch innerhalb der Gruppe der Involvierten gibt es zahlreiche divergierende und miteinander zum Teil konfligierende Beschreibungen von und Diskussionen über Techno. Die Autoren der gelesenen Fachliteratur schreiben und beschreiben zum großen Teil aus der Position des beobachtenden Außenstehenden aus wissenschaftlicher Perspektive. Meine Interviewpartner beschreiben ihre persönlichen Erfahrungen aus einer teilnehmenden Perspektive, d.h. aus ihrer lebensweltlichen, nicht wissenschaftlichen, Perspektive. Beide Perspektiven, die distanzierte theoretische wissenschaftliche Beobachterperspektive und die lebensweltliche Teilnehmerperspektive miteinander zu vergleichen bzw. miteinander in Beziehung zu setzen halte ich für eine Erkenntnisgewinn versprechende Methode. Ich habe in dieser Arbeit versucht, Abstraktes und Theoretisches anhand von empirischen Beispielen zu belegen oder zu relativieren und nachvollziehbar zu machen. Wie sich im Verlauf der Arbeit noch zeigen wird, haben die durch die Interviews gewonnenen empirischen Daten angeführte wissenschaftliche Theorien und Modelle nur zum Teil bestätigt.

2. Historisches zu Clubkultur und Techno

2.1. historische musikalische Vorläufer von Techno

Der musikalische Vorläufer von Techno ist die Tanzmusik Disco. Eine Discowelle boomte in den 1970ern zunächst in den USA und später auch Europa. Disco war in erster Linie Tanz- und Unterhaltungsmusik, die dem Amüsement und Tanzvergnügen diente. Die Ursprünge dieser Art der Unterhaltung reichen zurück in das Zeitalter der Jukebox in den 1930er Jahren. In den 1950ern tanzten in den USA auf sogenannten „hops“ Highschoolstudenten in Aulen oder Turnhallen zu Schallplatten. In den 1960ern entwickelte sich dann aus dem schwarzem Rhythm and Blues die Discomusik. Disco war die erste urbane Tanzkultur, in der Tanzmusik nicht durch Livemusiker, sondern durch einen Discjockey dargeboten wurde. Discomusik wurde schnell von der weißen Homosexuellenkultur in den USA rezipiert und später auch von weißen Mittelschichts- jugendlichen in den USA und Westeuropa. Die Discokultur, vor allem damals in New York, stellte einen Ort für das Ausleben öffentlicher gesellschaftlicher Tabus dar. Sie war ein Ort für Rebellion, exzessive Sexualität und Drogenkonsum. Begriffe wie Rhythmus, Rausch und Ekstase wurden zu gängigen Schlagworten, die von diesem Zeitpunkt an primär mit dieser Tanzkultur in Verbindung gebracht wurden. Das Tanzen und Feiern war hier noch mit der Erfahrung der sozialen Grenzüberschreitung verbunden. Dieses Charakteristikum ging im Zuge der späteren Dekontextualisierung von Disco, d.h. mit der Ausweitung von Discomusik über die Grenzen der homosexuellen Minderheitenkultur hinaus, weitestgehend verloren bzw. wurde abgemildert. In den 70ern ist Discomusik in Europa populär geworden, wobei alles Exzessive im Zuge der Kommerzialisierung und Öffnung der Szene für ein breiteres Publikum abgemildert wurde. Der verruchte Touch von Discomusik allerdings blieb, so dass auch "Normalbürger“ die Möglichkeit hatten ihn als verrucht, neu und aufregend empfundene Sphären des Nachtlebens abzutauchen. Dieser Effekt des Neuen, Aufregenden und Andersartigen lag auch in der Musik selbst begründet, da diese sich zum damaligen Zeitpunkt von den vorher gängigen und bekannten Musikstilen unterschied. Neuartige Locations, wie z.B. futuristisch anmutende Tanztempel mit neuartigen Lichteffekten wie zum Beispiel Stroboskopen verstärkten das Ambiente des Neuen und Andersartigen. Disco markierte den Beginn einer neuen Ära von Tanzmusik und Tanzkultur und machte erstmals den DJ zum Star des Clubs. Die Funktionen des Livemusikers verlagerten sich auf den DJ, sowie den im Hintergrund agierenden Musikproduzenten. Disco war aber mehr als nur die bloße Musik, sondern immer auch der Ort, an dem zu Discomusik getanzt und die Art und Weise wie zu Discomusik gefeiert wurde. Vor allem das Urteil der Tanzenden und nicht mehr nur der von der Popmusikindustrie betriebene Vermarktungs- und Bewerbungsaufwand für ein Musikstück entschied nun darüber, ob und wie oft ein Musikstück gespielt wurde. Auch in dieser Hinsicht war Disco ein Vorläufer von Techno. Disco entwickelte sich aus dem schwarzen Rhythm and Blues und hatte ursprünglich noch rebellischen Charakter und die Ambitionen, der bürgerlichen Welt der weißen Community eine eigene Kultur entgegenzusetzen. Dies verlor sich mit der Zeit. Disco war die erste populäre Clubkultur, die im sogenannten Establishment keinen Gegner mehr sah, sondern dieses ignorierte und eine eigene Welt aufbaute. Discomusik und Discoclubkultur schufen eine zweite Welt, die eine Art Sonderwelt bildete. Der in dieser Zeit gedrehte Film „Saturdaynightfever“ veranschaulicht dies gut. Dieser Dualismus zwischen der normalen Alltagswelt des Normalen und Gewohnten und dieser Sonderwelt prägt bis heute die Dancefloorkulturen.

2.2 Die Entstehung von Techno und House in amerikanischen Großstädten

Popmusik galt schon immer als ein ästhetisches Medium, das den Gefühlen und Gedanken von Jugendlichen zu einem Ausdruck verhelfen konnte. Hiphop war zum Beispiel in den 80ern die musikalische Antwort der schwarzen Jugend in New York und Los Angeles auf ein hohes Maß an Arbeitslosigkeit, schlechte Zukunftschancen, Gewalt, Kriminalität und Drogen. In Detroit, eine von wirtschaftlicher Rezension schwer getroffenen Stadt, entwickelte sich im Zuge der Auseinandersetzung mit alltäglichen Frustrationserfahrungen ein anderer Musikstil, der im Gegensatz zu Hiphop auf Sprache und Texte als musikalisches Stilmittel fast gänzlich verzichtete, nämlich Techno. Mit Techno fand eher eine aggressive musikalische Reproduktion des Alltags und weniger dessen Weich- oder Schönzeichnung statt.

Die musikalische Stilrichtungen House und Techno zum Beispiel waren anfänglich die Musikkultur amerikanischer Unterschichten und Minderheiten wie zum Beispiel der Homosexuellensubkultur in Chicago. Diese Art der Musik bot dem Publikum die Möglichkeit Emotionen und Affekte im Akt des Tanzens kollektiv auf physischer Ebene zu artikulieren. Die zeitlich langen Tracks und DJ-Sets gaben den Tanzenden die Möglichkeit abzuschalten und/oder sich emotional wie physisch zu verausgaben und abzuarbeiten. „Ziel war dabei nicht das Anprangern sozialer Missstände: Auch hier ging es ähnlich wie bei Disco um den Erhalt einer zweiten Welt der Sinneslust und des Vergnügens, in die sich das Abtauchen lohnte.“ Techno und Technosubkultur stellten demnach mehr den Versuch dar, dem Alltagsfrust und -stress zu entfliehen, diesen zu vergessen bzw. zu kompensieren. Gesellschaftskritik und Reflexion waren eher weniger das Anliegen der Technosubkultur.

2.3. Von Amerika nach Europa - Wege zur globalisierten Musikkultur

Die damalige Technoszene Szene wurde Anfang der 90er von kommerziellen Veranstaltern entdeckt und überschritt so allmähliche die ursprünglichen Szenegrenzen. Als Hardcore erreichte die DJ Musik Anfang der 90er Europa und breitet sich zeitgleich als Subkultur in Belgien, den Niederlanden und in Deutschland aus. Die europäischen DJs waren aber keine sozial Diskriminierten mehr, sondern gehörten zu einer technologisch versierten Generation von Jugendlichen, die Interesse an neuen Technologien in Verbindung mit Musik hatte. Mit dieser Ausbreitung und Weiterentwicklung der Technosubkultur wandelten sich auch die ihr zugrundeliegenden Motivationen. Der Fokus verschob sich von einer anfänglich primär durch soziale Benachteiligungserfahrungen bestimmten Motivation hin zu einer primär durch ästhetisches Empfinden gespeisten Motivation. Mit ihrer Europäisierung entfernte sich die Technosubkultur zunächst von ihren Wurzeln im afroamerikanischen, homosexuellen und sozial benachteiligten kulturellen Herkunftsmillieu und die ursprüngliche Bedeutung, die diese Musik für die Rezipienten hatte, verflüchtigte sich. Der explizite gesellschaftskritische Input wie zu den Anfangszeiten in Detroit ging weitestgehend verloren. Den Anhängern der Musiksubkultur Techno von heute sind die Wurzeln dieser Subkultur meist nicht mehr bekannt. Diesen geht es auch gar nicht um eine Auseinandersetzung damit. Für sie zählt eher der hedonistische Genuss, das Leben im Augenblick und eine gute Zeit zu haben. Ein bewusster Bezug zu den Entstehungsbedingungen von Techno besteht so gut wie nicht mehr. Auch die Zusammensetzung der Technosubkulturanhänger bezüglich Bildung, Einkommen und Herkunft ist heute eher heterogen, während sie zu den Anfangszeiten in Amerika in Bezug auf das soziale Herkunftsmillieu eher homogen war. Die Technoklubkultur konzentrierte sich immer schon besonders in urbanen Ballungszentren. Durch die kommunikative Vernetzung von Aktiven und Anhängern der Szene, der medialen wie von kommerziellen Verwertungs- und Vermarktungsinteressen gelenkten Aufmerksamkeit, die diese und ihre Aktivitäten erfuhren, erreichte, die Technosubkultur eine globale Bekanntheit und Verbreitung. Konkrete Beispiele für die weltweite Verbreitung von Techno sind zumindest in Szenekreisen populäre Events wie Technoparties auf Ibiza oder in Goa/Indien, in Las Vegas, den Alpen und sogar auf Kreuzfahrtschiffen im Mittelmeer. Mit der Globalisierung der Technoszene vollzog sich zeitgleich eine Lokalisierung im Sinne einer Ausbildung regionaler Technoszenen mit eigenen spezifischen Charakteristika und Lokalkoloriten. Trotz aller Globalisierungsphänomene der Technoszene bleibt der heimische Club bzw. die heimische Szene weiterhin von zentraler Bedeutung für deren Angehörige.

2.4. Die Institution und der Ort Diskothek/ Musikclub

2.4.1 Historisches zu Clubkultur

Technokultur hatte immer auch den Charakter einer Clubkultur, wie sie schon für die Discowelle der 70er typisch war. Mit Club wird dabei ein fester Ort bzw. ein Domizil bezeichnet, an dem Veranstaltungen regelmäßig stattfinden. Von besonderer Bedeutung war dabei immer schon der heimische Club. „Im Unterschied zu den großen Clubs funktioniert er wie ein Stammlokal und hat nach wie vor mehrere Funktionen zu erfüllen: Er ist Kneipe, Vergnügungspalast, Forum für avantgardistische Experimente, Stätte der Zerstreuung und des Vergnügens und Ort der Zuflucht."

Die Wurzeln der heutigen Clubkultur reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit begannen die Dadaisten ihre Kunstexperimente und -performances in Lokale zu verlagern, die damals noch als Orte des nächtlichen Lasters diskreditiert wurden. Die zum Teil radikalen und schockierenden Kunstaktionen der Dadaisten stellten eine bis dahin nicht bekannte Verschmelzung von Kunst und Amüsement dar und können als ein historischer Vorläufer der Aktions- und Performancekunst der 60er sowie multimedialer Kunst von heute angesehen werden. Diese neue Art der Unterhaltung versammelte Vergnügungs- und Unterhaltungswillige unterschiedlichster Couleur. „In den Plaisirkasernen trafen sich Bohemians mit der Halbwelt, und auch der neu entstandene Mittelstand fand in den nächtlichen Tanzvergnügungen eine Kompensation für den oft eintönigen Alltag.“ Ein gutes historisches Beispiel hierfür ist Berlin, welches 1930 bereits 899 Tanzlokale mit der Genehmigung zur Veranstaltung von „Tanzlustbarkeiten“ hatte. Dies wurden schnell zu einem festen Teil des urbanen Nachtlebens und stellten fortan eine Art Sonderwelt dar, die neben dem Alltagsleben existierte, ohne aber für dieses bedrohlich zu werden. Es ging hier in erster Linie um Lust, Spiel und Spaß und nicht um politische Kritik. Hauptsächlich ging es unmittelbar darum, sich zu amüsieren und zu regenerieren, oder technisch formuliert, die Arbeitskraft wiederherzustellen bzw. sich vom als eintönig empfundenen Alltag abzulenken und/oder Außergewöhnliches und Nichtalltägliches zu erleben. Laut Gabriele Klein entfaltete diese Welt des Amüsements, des Ausgleichs, des Vergnügens und des Lasters auch eine ihre eigene Dynamik und Ästhetik.

2.4.2 Konkretes zu Technoclubs

Technoparties werden zum größten Teil regelmäßig in dafür vorgesehenen festen Lokalitäten, den Clubs veranstaltet, obwohl auch Technoparties im Freien bzw. an anderen Örtlichkeiten wie Stränden, Industrieruinen, Zechen, ausgedienten Flughangaren und Kuhställen veranstaltet werden. Der Technoclub ist vom Prinzip her eine Diskothek, in der der musikalische Fokus auf Technomusik liegt. Diskotheken sind Räume, in denen mehrere Menschen, ob einander bekannt oder nicht, aufeinander - bzw. zusammentreffen und gemeinsam Musik hören und dazu tanzen. Die Diskothek etablierte sich als feste öffentliche und kommerzialisierte Einrichtung, wo Musik gespielt wird, die meistens von einem Discjockey dargeboten wird. Die vorherrschende Form der Rezeption von Techno erfolgt im Rahmen solcher Tanzveranstaltungen in Diskotheken bzw. Clubs. Technoparties sind zeitlich meist ziemlich lang andauernde Events. Die Dauer einer typischen Technoparty kann sich von einer Nacht, was typisch ist, bis hin zu einer Dauer von mehreren Tagen erstrecken. Die Besucherzahlen können je nach gegebenen örtlichen Kapazitäten und Bekanntheitsgrad der Veranstaltung und DJs von nur sehr wenigen Leuten bis im Extremfall hin zu regelrechten Menschenmassen (z.B. Loveparade) variieren. Das Event Technodisco ist ein Beispiel für die Bildung einer situativen Vergemeinschaftungsform von alters- und interessenhomogenen Spontangruppen. Die Erfahrung der Gruppenzugehörigkeit wird dabei vor allem durch die Partizipation an diesen Events vermittelt. Der Zugang zu diesen ist allerdings unterschiedlich selektiv. Den Zugang zu solchen Events können allgemeine diskothekentypische Faktoren wie zum Beispiel begrenzte Besucheraufnahmekapazitäten, hohe Eintrittspreise und Mindestaltergrenzen sowie weitere eventspezifische Präferenzen beschränken. Besonders experimentelle, ausgefallene und skurrile Parties hinsichtlich des Veranstaltungsortes ziehen auch heute noch ein zuweilen sogar überregionales bis internationales touristisches Publikum an. Ein beliebter Veranstaltungsort für die Veranstaltung und Inszenierung von Technoparties ist aber auch der direkte öffentliche Raum, d.h. die Straße (wie bei der Loveparade z.B.) Ein gutes Beispiel für eine Ansammlung skurriler Eventlocations ist die Stadt Berlin, aber auch Halle zur Zeit der Wende. Nach dem Mauerfall und dem Systemwechsel gab es hier im Zuge von Stilllegungen von Betrieben viele räumliche Leerstände, welche als Locations für Technoparties entdeckt und genutzt wurden. Gerade auch unter dem Eindruck gravierender gesellschaftlicher Veränderungen mit zum Teil drastischen individuellen und kollektiven Auswirkungen herrschte eine Atmosphäre des Wandels und des Umbruchs. Diese wurde in Berlin wahrscheinlich am unmittelbarsten und intensivsten erlebt, da hier der Umbruch sowie der Kontrast zwischen Ost und West mit eigenen Augen direkt erfahren wurde. In diese Zeit fallen auch die Ursprünge und Anfänge vieler deutscher Technoevents und Clubgründungen, besonders in Berlin.

3. Techno als jugendliche Musiksubkultur

Auf Technoparties ist für gewöhnlich eine bestimmte Alterskohorte auszumachen, wie auch das folgende Zitat eines interviewten DJs belegt.

„Wir hatten schon immer ein relativ junges Publikum. Wahrscheinlich lag das daran, dass die Jüngeren gerade auch für Nu Disco zugänglicher waren als die älteren Elektrogenerationen. Das Publikum war wie gesagt relativ jung und hat auch immer jeden Spaß mitgemacht wie z.B. verkleiden und stagediven. Das Publikum selber ist vom Altersdurchschnitt eher konstant jung geblieben. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es sich in dem Alter um eine Phase handelt, in der sich feiern einfach anbietet, du machst Abi, ziehst von zu Hause aus, entdeckst die Welt und so.“ (Zitat M., männlich)

Ich werde mich zunächst also erstmal darauf beschränken Techno im Kontext einer jugendlichen Musiksubkultur zu verorten und mit einer eher allgemein gehaltenen Beschreibung von Jugend- und Subkultur beginnen.

3.1 Allgemeines zu Jugend- und Subkulturen

Die Jugend oder die Jugendphase ist als ein historisches Produkt zu verstehen. „Während der Beginn des Jugendalters in der Regel biologisch durch das Einsetzen der Pubertät (gegenwärtig etwa um das 13. Lebensjahr) bestimmt wird, ist sein Ende nicht ebenso eindeutig zu datieren. Die verschiedenen Auffassungen vom Zeitpunkt, an dem die Jugendphase als abgeschlossen gelten kann, reflektieren vor allem die Erwartungen, die an Erwachsene gesellschaftlich gestellt werden und sind daher als historisch und kulturell variabel zu begreifen. Dementsprechend ist die Jugend keine anthropologische Konstante, sondern als soziales Phänomen das Produkt historisch zu rekonstruierendem Prozesse, in denen sie sich als eigenständige Lebensphase und Sozialgestalt erst im Verlauf der gesellschaftlichen Modernisierung ausdifferenziert.“ Mit dem Zeitalter der westeuropäischen Industrialisierung und damit einhergehenden Notwendigkeiten der Verlängerung von Ausbildungszeiten kam es zu einer altersspezifischen Separierung bzw. der Trennung von Haus und Arbeits- bzw. Ausbildungsstätte. Im Zuge dieser Ausdifferenzierungsprozesse bildeten sich für Jugendliche neue Freiräume und Kontakträume mit Gleichaltrigen, was später in die heute bekannte Jugendphase mündete. Die typische Jugend an sich gibt es im historischen Verlauf nicht. Es erfolgten immer schon generationsspezifische historische Typisierungen. So war zum Beispiel von der „Kriegsjugend“, den „Wirtschaftswunderkindern“, der „Apo Generation“, der „Generation X“ usw. die Rede. Das allen, wie auch immer benannten, Jugendgenerationen gemeinsame Merkmal ist deren gemeinsames biologisches Alter.

Die Beschreibung von Jugend- und/oder Subkulturen erfolgt häufig in einem Ordnungsraster, dass von einer „Normalkultur“ bzw. „Hegemonialkultur“ als Referenzpunkt ausgeht. Subkulturen werden z.B. als Teilkulturen, abweichende Kulturen oder Gegenkulturen zur Hegemonialkultur beschrieben. Diese grobe Dichotomisierung zwischen Hegemonialkultur und Subkultur als einer von der Hegemonialkultur abweichenden oder diese ablehnende Kultur, lässt Subkultur immer nur als einen nicht eigenständigen Teil von Hegemonialkultur erscheinen. Betrachtet man aber einige Tanzstile, die aus Subkulturen entstanden sind, wie zum Beispiel der Rock and Roll, der Breakdance oder der Pogo, kann allerdings nicht eindeutig behauptet werden, dass diese nur im Kontrast oder in Verbindung zu einer Hegemonialkultur des Tanzes, wie man sie beispielsweise in den konventionellen und klassischen Paartänzen erkennen könnte, sehen kann. Diese Tanzstile sind eher als komplette Eigen- und Neuentwicklungen anzusehen und weniger als nur eine Variation oder Weiterentwicklung von bereits bestehenden Tanzstilen. Auch Massen- und Gruppentänze wie Technoraves lassen nur schwer Assoziationen zu irgendwelchen Standardtänzen oder anderen bekannten Tanzstilen zu. „Techno-Tanzen erinnert an die aus asiatischen und afrikanischen Kulturen bekannten Platztänze, ist also nicht raumgreifend wie die für die Tanzgeschichte der Moderne charakteristischen Tänze." Subkulturelle Tanzstile haben ihre Wurzeln nicht in der vermeintlichen Hegemonialkultur des Paartanzes. „Die Jugendkulturen des 20. Jahrhunderts zersetzen die jahrhundertealte Tradition des Paartanzes stufenweise bis zur völligen Auflösung in den 90er Jahren.“

Alle Jugendkulturstudien, egal welchen empirischen und theoretischen Zugangs, kommen zu dem Ergebnis, dass die „Jugend“ zu keiner Zeit eine homogene Gruppe war. Die Jugendkulturforschung hat sich immer schon für „exotische“ Jugendphänomene interessiert und dabei meist bestimmte Jugendkulturen zu Prototypen einer bestimmten Dekade hochstilisiert bzw. konstruiert. So wurde zum Beispiel die „Technojugend“ vielerorts zu der Jugendbewegung der 90er erklärt. Die unterschiedlichen Jugendkulturen haben gemeinsam, dass sie sich entlang bestimmter Spannungsfelder ausbilden und entwickeln. Sie stellen mit ihrer Betonung von Spiel, Spaß und freier Zeit eine Gegenwelt zur Erfahrungswelt des sogenannten Ernstes des Lebens mit seinen Qualifikations- und Erwerbsnotwendigkeiten und dem damit verbundenen Leistungs- und Erwartungsdruck dar. Jugendkulturen organisieren und konfigurieren sich meist über Gruppen von Individuen mit gleichem Alter und/oder gleichen Interessen, den sogenannten Peergroups. Jugendliche finden sich in Gleichaltrigengruppen zusammen, um in selbst gewählten Gruppen dem empfundenen Druck der Erwachsenengesellschaft, das heißt den von Erwachsenen und Vollberufstätigen und Vollzeitleistern dominierten Institutionen zu entgehen. Gleichaltrigengruppen bieten Schutz- und Ausgleichsfunktionen für die ihnen zugehörigen Jugendlichen. Die Zusammensetzung der Gleichaltrigengruppe erfolgt oft nach bestimmten Selektionskriterien und ist daher nicht beliebig. Dies wird in folgendem Zitat einer von mir interviewten regelmäßigen Besucherin von Technoparties deutlich:

„Das ist halt unsere Form. Andere Leute gehen vielleicht abends ins Kino oder Theater und machen irgendetwas anderes. Das sind halt für die die Erlebnisse, das macht man natürlich auch, aber den Kreis, den ich kenne, die gehen halt alle gerne weg und leben gerne auch mal exzessiv. Und das ist schon so eine Art Grundübereinkunft, die man mit den Leuten hat. Das macht es natürlich leichter und einfacher mit denen zu kommunizieren und überhaupt da einen Faden zu finden.“ ( Zitat K., weiblich )

Gleichaltrigengruppen unterstützen die Distanzierung und Ablösung vom Elternhaus. Typisches Gleichaltrigenverhalten zeigt sich eindrucksvoll in den zahlreichen Gelegenheits-, Spiel- und Spontangruppen von Kindern und Jugendlichen, die nicht Gruppen im engeren Sinn sind, da das Kriterium der Dauer und Bindung in Frage gestellt oder gänzlich abgelehnt wird. Im Schutz und innerhalb der Gleichaltrigengruppen bieten sich Möglichkeiten des Ausprobierens und Grenzenaustestens. Dies ist vor allem für Jugendliche reizvoll. Weiterhin reizvoll ist es für Jugendliche sich ungestört zurückziehen und soziale Räume aneignen zu können sowie gemeinsam (expressiv) kreativ zu sein. Die Gleichaltrigengruppe bietet den Jugendlichen einen eigenen Status und Raum, der unabhängig von Statushierarchien der Eltern- und Erwachsenenwelt existiert und/oder in Kontrast zu diesen steht. Mit "Szene" wird die Anhängerschaft einer bestimmten Subkultur beschrieben. Mitglieder einer Szene müssen sich nicht persönlich kennen, können also füreinander anonym bleiben. Dennoch stellt die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer Szene eine Gemeinsamkeit stiftendes Element dar, wodurch eine gewisse Intimität unter den Szeneanhängern empfunden werden kann. Anonymität und Intimität existieren in diesem Fall nebeneinander. Die Generation der Technojugendlichen bewegt sich innerhalb einer Szene, in der altershomogene Kleingruppen mit engeren und persönlicheren Bindungen existieren können.

Autonomie im Sinn von Freiräumen für persönliche Selbstentfaltung stellt einen zentralen Wert von allen Jugendkulturen dar. Jugendliche Subkulturen stellen meist einen versuchten Entwurf einer Gegenwelt zu dem hierarchisch klaren und mit festen Rollen und Erwartungen und Leistungsanforderungen strukturierten Alltagswelt der Schule, Ausbildung und des Berufs dar. Diese informellen Zusammenschlüsse Jugendlicher funktionieren auf der Basis von alters- und/oder interessenhomogenen Kleingruppen. Die Bildung von informellen Gleichaltrigengruppen entspringt dabei dem Bedürfnis der Jugendlichen nach nicht formalisierten und interessengeleiteten Interaktions- und Kommunikationsprozessen, die sich von den nach Interaktions- und Kommunikationsprozessen in Schule, Ausbildung oder Arbeit unterscheiden. Familie und Eltern und das Bildungssystems, die im Kontrast zu dieser Art von Interaktionen stehen, begrenzen die Freizeitinteressen der Jugendlichen zeitlich und lenken ihre Aktivitätspotentiale in eine bestimmte Richtung. Laut Müller-Bachmann bleiben dabei bestimmte expressive Bedürfnisse der Jugendlichen unbefriedigt, wodurch informelle und von Erwachsenen unabhängige Gleichaltrigengruppen als Orte des persönlichen Freiraums für die Jugendlichen, an Bedeutung gewinnen. Typisch für Gleichaltrigengruppen ist die Ausprägung eines Wirgefühls, sowie das Finden und Leben gemeinsamer Werte und Einstellungen. Die Gleichaltrigengruppen bieten den ihnen zugehörigen Jugendlichen Freiräume, die sie zur Distanzierung gegenüber den Anforderungen der Erwachsenen- und Leistungsgesellschaft und möglichen übermäßigen Vereinnahmungen und Absorptionen durch Anforderungen von dieser brauchen. Die Identitätsausbildung innerhalb einer Gruppe wird möglich, indem die Mitglieder gemeinsame Handlungsbezüge und Sinnorientierungen aufbauen, durch die sie sich zu anderen sozialen Gruppen abgrenzen können. Bei Techno liegt dieser Sinnbezug in dem Ziel des "Gut-drauf-Seins" bzw. des Miteinander- Spaß- Habens, des Tanzens und des Erlebens von Nichtalltäglichem. Unter diesem Gesichtspunkt findet eine deutliche Abgrenzung zur nach Effektivitätsanprüchen und - erwartungen „funktionierenden“ Leistungsgesellschaft statt.

Innerhalb der Jugendkulturen bildet sich eine Ambivalenz in Bezug auf konventionelle und innovative gesellschaftliche Elemente heraus. Auf der Suche nach eigenen neuen Normen, Stilen und Werten kommen die Jugendlichen nicht umhin, sich an bestehenden Strukturen zu orientieren. Der spezifische subkulturelle Stil einer Subkultur entsteht zum Beispiel durch Bricolage von Objekten. Unter Bricolage wird dabei eine Art Neuzusammensetzung und Neuanordnung von Bekanntem verstanden, und zwar derart, dass Bekanntes aus seinem ursprünglichen Bedeutungskontext gelöst und neu arrangiert wird und dadurch eine neue Bedeutung erhält. Typisches Beispiel sind Modestile und Musikstile, welche Anleihen aus früheren Stilen enthalten. Ein eigenständiger einzelner, von außen sofort dechiffrierbarer bzw. erkennbarer Stil für die Technoszene als Ganzes existiert nicht. Bricolage ist ein traditionelles Prinzip von Popmusik und Jugendkultur, das auch in der Technoszene angewendet wird.

3.2 Die Technosubkultur

3.2.1 Werte und Selbstverständnis

Beim gemeinsamen Tanzen und Feiern zu Technomusik, dem „Rave“, bildet sich eine situative und durch das gemeinsame Erlebnis des Ravens getragene Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft ist allerdings nur für die Zeit der Party existent. „Raven bedeutet einen Ausstieg aus der Welt des Alltags und einen Einstieg in eine Sonderwelt, ohne dass diese neue Welt neue Bekenntnisse einfordert." Es zählt in erster Linie der Spaß an der Musik, die Lust am Tanzen und eine gute Zeit zu haben. Obwohl sich die Technogemeinschaft als eher offen sieht, finden in den Clubs bestimmte Ein – und Ausschlusspraktiken statt. Eine szeneübergreifende einheitliche Identität gibt es nicht. „Der identitätsstiftende Charakter, der gemeinhin Jugendkulturen unterstellt wird, spielt in der Technoszene keine zentrale Rolle.“ Die Technoszene versteht sich laut Gabriele Klein mehr oder weniger direkt als eine Art Wertegemeinschaft und sie ist nicht explizit ideologielastig. Daher kann sie auch weniger gut eindeutige Orientierungs- und Weltdeutungsangebote machen. Die Technosubkultur stellt zwar einige, aber längst nicht alle, gesellschaftliche Werte in Frage. Sie kann als eine Art Gegen- bzw. Alternativentwurf zur Welt des routinisierten Alltags betrachten werden. Diese Sonderwelt oder Sonderwirklichkeit ist weder explizit politisch motiviert und lässt sich daher auch nicht in ein vereinfachendes dichotomes links/rechts Schema pressen, noch ist sie moralisch begründet. Trotz der Unbeständigkeit und Flüchtigkeit der sozialen Beziehungen und Bindungen fühlen sich die Anhänger der Technosubkultur als Gemeinschaft. Einige Netzwerkcluster innerhalb des globalen, wenn auch nur virtuellen, Technonetzwerkes, haben sich sogar das Motto „we are one family“ gegeben. Das Selbstverständnis als lokal orientierter familienähnlicher Verband beinhaltet auch den Wunsch nach Kommunikation und körperlicher Nähe. Die Technoszene ist eine Art zweite Welt mit ihr eigenen Kommunikationsformen und plant keine gesellschaftlichen Veränderungen. Wichtig ist vielmehr der Umgang miteinander. Das wesentliche Gemeinschaftsprinzip lautet „anything goes“, was so viel heißen soll, dass traditionelle Konventionen und moralische Vorschriften eine eher untergeordnete Rolle spielen.- Gegenseitiger Respekt ist aber nach wie vor die Grundvoraussetzung in der Kommunikation.

Die Selbstverortung und -identifizierung als Technoanhänger zieht nicht unbedingt Konsequenzen bezüglich der Lebensführung für diese nach sich. Über die Woche spielt Techno für die meisten regelmäßigen Besucher von Technoparties eine eher untergeordnete Rolle. Techno und tanzen bleiben meist auf das Wochenende beschränkt. Auch ein verbindlicher Kleidungsstil, der Technoanhänger als solche identifiziert, existiert nicht. Es handelt sich bei der Technosubkultur weniger um eine in sich geschlossene und sozial von anderen Szenen klar abgegrenzte Szene. Sie ist weder eine besonders ideologielastige noch besonders identitätsstiftende oder -vermittelnde Kultur. Da keine strengen Ein- und Ausschlußkriterien im Allgemeinen existieren, handelt es sich bei der Technoszene um einen Raum, den ihre Anhänger nach Belieben betreten und auch wieder verlassen können. Dadurch bleiben soziale Bindungen und Beziehungen zwischen diesen sporadisch, unverbindlich und weitestgehend flüchtig. „Das, was sie bindet, ist vor allem die Musik und der Tanz - und über die Lust beim Tanzen stellt sich auch das Gemeinschaftsgefühl her.“ Spaß haben und Tanzen sind die zentralen Motive für viele Besucher von Technoparties. Aufgrund dieser Charakteristika sind Ähnlichkeiten zu posttraditionellen Vergemeinschaftungsformen wie sie Hitzler und Pfadenhauer beschreiben erkennbar. Vergemeinschaftung findet auf lokaler Ebene über Szenen und Cliquen statt. Die Technopartygemeinschaft bildet keine politische Gemeinschaft. Raven, also zu Techno tanzen und Technoparties besuchen, bedeutet vor allem einen Ausstieg aus der Welt des Alltags und einen Einstieg in eine Sonderwelt, ohne aber, dass diese neue Welt neue Bekenntnisse und Verpflichtungen einfordert. Es geht hier vor allem um das sinnenhafte Vergnügen des Tanzens. „Die Technoszene zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie die Individualisierung und soziale Isolation des Einzelnen zu kompensieren versucht, indem sie auf Gemeinschaft setzt, eine ästhetische Gemeinschaft, die aber durchaus normative Setzungen kennt.“

Technoparties bieten auch eher Räume des energetischen Abarbeitens beim Feiern und Tanzen und sind weniger die Keimzelle subversiven bzw. alternativen und sozialkritischen Gedanken- und Liedguts. Obwohl die Technosubkultur wie jede andere Subkultur auch die Funktion der Abgrenzung und des kompensatorischen Alltagsausgleichs hat, läuft dies bei Techno eher über den hedonistischen Genuss als über das Pflegen von bestimmten sich vom gesellschaftlichen Mainstream abgrenzenden Weltanschauungen. Die Technoszene steht daher auch bestimmten gesellschaftlich allgemein verbreiteten Orientierungen und Werten wie zum Beispiel einer ausgeprägten Konsumorientierung prinzipiell nicht ablehnend gegenüber. Das für viele Subkulturen rebellische Element ist beim Techno entweder gering oder einfach weniger auffällig ausgeprägt. Aus diesem Blickwinkel kann die Technosubkultur als weniger dogmatisch und auf eine Gegnerschaft angelegt angesehen werden als andere Subkulturen wie zum Beispiel Punk. Die Technosubkultur ist keine Gegenkultur im klassischen Sinn wie Punk das zum Beispiel ist. Weniger die expressive Gegnerschaft zu bestehenden gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen, sondern eher das Desinteresse daran, also eine vornehmlich ästhetische statt politischer Motivation, kennzeichnen diese Subkultur. „Techno ist keine politisch fundierte Gegenkultur, deren Zusammenhalt diskursiv erzeugt wird. Ihre sinnstiftenden Bestandteile liegen nicht in einer bewussten Gegnerschaft oder in einer ideologisch untermauerten Antihaltung.“ Die Szene kann als genuß- und erlebnisorientiert beschrieben werden. Kompensation von Alltagsstress und Abstandgewinnung zu Alltäglichem sind beabsichtigt.

Diese Beschreibungen und Aussagen zur Technosubkultur stammen größtenteils von Gabriele Klein. Wie sich im Verlauf meiner Arbeit noch herausstellen wird, erscheinen manche dieser Aussagen im Vergleich zu meinem erhobenen empirischen Daten und auch eigenen persönlichen Erfahrungen als sehr subjektiv. Kleins Beschreibungen vermitteln den Eindruck einer sehr toleranten, emanzipierten, friedfertigen und gemeinschaftsorientierten Jugendkultur, in der herkömmliche Konflikte und Spannungsfelder wie Inklusion vs. Exklusion oder Akzeptanz vs. Diskreditierung keine außerordentliche Rolle mehr zu spielen scheinen. Mir erscheinen diese Beschreibungen teilweise eher wie ein Ausdruck persönlicher Wunschvorstellungen in Bezug auf die Technokultur. Ob das Motto „anything goes“ wirklich mehr ist als nur ein hehres Prinzip, ist diskutabel. Zwar spricht Klein selbst von „hehren Prinzipien“, wenn sie zu einzelnen Credos der Technosubkultur schreibt, dennoch ist der Grundton ihrer Beschreibungen über die Technoszene an sich größtenteils unkritisch. Sie beschreibt die Technoszene als mehr oder weniger harmonierende Gemeinschaft mit bestimmten sozialen und egalitären Werten und Umgangsformen. Sie äußert sich aber auch streckenweise kritisch zur Szene. Zum Beispiel beschreibt sie negative Seiten einer übermäßigen Betonung von Körperlichkeit und das manchmal fast schon obsessive Bemühen „gut drauf zu kommen“ und Spaß zu haben. Im Großen und Ganzen nehmen kritische Passagen jedoch nur wenig Raum in ihren Beschreibungen ein, so daß der Leser den Eindruck und das Bild einer alles in aller relativ gut funktionierenden und harmonischen Gemeinschaft von der Technoszene vermittelt bekommt. Dass es auch innerhalb der Technoszene, wie auch in jeder anderen Form von Vergemeinschaftung Konflikte und Dysfunktionalitäten bestehen, kommt weniger zum Ausdruck.

3.2.2 Werteentwicklung

Techno war in seinen Anfängen die Musik von sozialen und deklassierten Minderheiten. Inzwischen ist Techno nicht mehr die Musik von nur Minderheiten, welcher Art auch immer. In der Anfangsphase war für einige Techno sicherlich noch zum großen Teil eine rebellische und auch emanzipatorische Subkultur des Dagegenseins, Ausprobierens und Andersseins. Der Antrieb hierfür lag entweder in den Erfahrungen der sozialen Stigmatisierung und Deklassierung wie das zu den Zeiten von Detroit- und Chicagotechno noch der Fall war oder aber in eher expressionistisch motivierten Sturm und Drangbestrebungen mittelständischer amerikanischer und europäischer Jugendlicher.

„So eine Gegenhaltung kann ich selber nicht verleugnen, denn aus so einer Haltung hat sich auch meine Motivation für das Djing entwickelt, nämlich gegen den Mainstream und diese Diskothekenscheiße zu sein. Ich hatte einfach ein Problem mit dem oberflächlichen Mainstreamding gehabt und Techno war eben dazu das Gegenstück, weil es eben nichts Hippes war und eine starke Ausstrahlung hatte. Es war ja ein regelrechter neuer Lifestyle. Deswegen habe ich ja auch den Begriff religiös verwendet. Das Neue war auch dieser Technologiebezug, also mit Technik diese Musik zu machen.“ (R., männlich)

Inzwischen ist diese Einstellung des unbedingten Gegen -den- Mainstream- Seins beziehungsweise das antreibende Moment der Abgrenzung schwächer geworden. Das was die Besucher einer Technoparty eint, ist in erster Linie der Wunsch Technomusik in Gesellschaft anderer zu hören. Auch wenn aber der gemeinschaftliche Aspekt beim Besuch von Tanzveranstaltungen wichtig ist, so wird sich doch niemand nur allein wegen des sozialen Faktors in die Technoszene für länger verirren. Techno ist unabhängig von Mainstreamisierungserscheinungen immer noch ein sehr spezieller Musikstil, der gewisse Hörgewohnheiten und - präferenzen voraussetzt. Techno hat, indem es sich auch in Zeiten der Mainstreamisierung noch immer von einer normalen Diskothek unterscheidet, zumindest noch immer eine graduelle Abgrenzungs- und Identifikationsstiftende Funktion, auch wenn diese seit seinen Ursprüngen schwächer geworden ist. Im Gegensatz zu Musiksubkulturen mit explizit gesellschaftskritischem Werthaltungen hat sich die Technoszene mehr dem Feiern und Abschalten und weniger der versuchten Veränderung oder Kritik gesellschaftlicher Zustände verschrieben. Dies kommt auch in den folgenden Zitaten zum Ausdruck.

Mir gefällt die Musik, ich finde, dass man sich gut danach bewegen kann, gut abschalten kann . Mich befreit das irgendwie. Das ist mir wichtig. ...abschalten, frei sein können, sich wohlfühlen können, Leute treffen. Ich finde, dass das irgendwie so eine andere Welt ist.“ ( Zitat L., weiblich )

„Ich gehe dorthin, weil es mein Musikgeschmack ist und weil ich Musik laut hören will und tanzen will. Und natürlich auch um Leute zu treffen, um Leute zu sehen, mit denen Spaß zu haben und wenn mal eine anstrengende Woche war und viel zu tun war mal den Kopf frei zu kriegen. Also das ist auch einfach mal eine Erholung für mich, sich dann abends irgendwie gehen zu lassen und lange aus zu sein und was zu trinken. Ich gehe dahin, weil ich nicht über was nachdenken will. Also kurz gesagt gehts ums Tanzen, Musikhören und Freunde treffen und Spaß haben.“ ( Zitat K., weiblich )

„...solche Rituale schaffen Zusammenhalt. Und die sind extrem wichtig auch als Ausgleich zu deiner Arbeit, zu deinem Job, dass du nur irgendwann pure Energie spürst, du dich zum Beispiel über nen Bass freust, das ist wichtig als Kontrapunkt zum Kopf, zur Arbeit zum Stress.“ (Zitat B., männlich)

Seit den 60ern, im Zusammenhang mit den Protestbewegungen Jugendlicher und unter den Voraussetzungen neuer Kommunikations- und Reproduktionstechniken bekam Musik einen außergewöhnlichen Stellenwert im Leben vieler Jugendlicher. Durch Kommerzialiserungstendenzen wurden ursprünglich subkulturelle Musikstile gesellschaftsfähiger, was aber auch dazu beitrug, dass die Musik ihre Abgrenzungsfunktion für die Jugendlichen partiell einbüßte. Dies lässt sich für Technomusik relativ gut belegen. Einer der Interviewten äußerte, dass er erschrocken darüber sei, dass er Technomusikstücke, welche er selber auflegte, schon kurze Zeit später im Massenmedium Fernsehen wiederentdeckte. Diese Kommerzialisierung und Popularisierung von Liedgut, welches für die Anhänger und den harten Kern der Subkultur als identitätsstiftend empfunden wird, kann zur Folge haben, dass die Anhänger der betreffenden musiksubkulturellen Szene in ein neues Spannungsverhältnis zwischen Abgrenzung und Vereinnahmung geraten können. Ein Interviewter gab an, dass die Gründe hierfür aber teilweise bei einigen Gestaltern und Machern von Techno selbst zu finden seien, da manche Künstler und Veranstalter innerhalb der Technoszene die kommerzielle Öffnung der Szene zugunsten einer höheren persönlichen Popularität in Kauf nehmen bzw. akzeptieren würden. Der Interviewte sagte weiter, dass diesbezüglich eine Veränderung in der Szene schon seit Beginn der 90er festzustellen gewesen sei. Stellte der DJ zu Beginn der frühen 90er eher noch eine Art Sonderling dar, der für das was er tat eher skeptisch beäugt als bewundert wurde, so verwandelte sich diese frühe Wahrnehmung der Figur des DJs allmählich. Der DJ avancierte langsam zu einer Art Popstar, der nun vor dem audiovisuellen Partyerlebnis als solchem zu stehen begann, so der Interviewpartner. Auch wurden zunehmend nicht unbedingt rein auf die musikalische Qualität des DJs und der Veranstaltung beschränkte Aspekte für das Technopartyerlerbnis von Bedeutung. Der Erlebnischarakter, der zunehmend über eine entsprechende Bewerbung suggeriert und gepusht wurde, gewann an Bedeutung. War der Charakter von Technoparties zu den Anfangszeiten eher egalitär, so wurde durch zum Beispiel exzessive Namedroppingparties in möglichst skurrilen Locations der Hauch von elitärer oder avantgardistischer Distinktion suggeriert. Die Musik selber trat in ihrer Bedeutung hinter das Event als solches zurück. Ein typisches Beispiel ist das Fusion Festival, welches in Szenekreisen zu einer Art Must- go-Event geworden ist, obwohl diese Veranstaltung sich über die Jahre, nüchtern betrachtet, zu einer überlaufenen Massenveranstaltung, die von Drogenexzessen sondergleichen geprägt ist, entwickelt hat. Gerade durch Prozesse der zunehmenden Kommerzialisierung, medialer Popularisierung, „Popstarisierung“ und Vermassung begann die Technosubkultur ihren ursprünglichen Charakter und ihre ursprünglichen Intentionen und Aura des Neuartigen zu verlieren. Technomusik und Technoparties stellen nach 20 Jahren Technomusikgeschichte natürlicher- und unvermeidbarer Weise nichts mehr absolut und prinzipiell Neuartiges dar, sondern sind inzwischen fester und gewohnter Bestandteil der Musikkultur geworden. Auch der Hauch des Andersartigen und Aufregenden und daher in gewisser Weise Exklusiven, der viele Technoparties früher umgab, da Techno eben nicht etabliert und omnipräsent war, ging mit den Prozessen der Kommerzialisierung und Medialisierung im Laufe der Jahre zunehmend verloren.

3.2.3 Distinktionen und Abgrenzungen: Hochkultur versus

„Der Terminus Subkultur suggeriert, es handele sich um kulturelle Sphären, die unterhalb der (vermeintlich) allgemein akzeptierten (Hoch-)Kultur liegen. So gesehen meint Subkultur ein untergeordnetes, manchmal auch unterdrücktes, oftmals auch geringgeschätztes kulturelles Segment, dessen Zulassung und Fortbestand stets von der Toleranz oder dem Integrationspotential der dominanten Kultur abhängig ist und nie aus seinem subalternen Status entlassen wird.“ (Ferchhoff 1990, 65) In dieses grob dichotomisierende und normative Raster von gesellschaftlicher Stammkultur und zu dieser in einer Art „Unterordnungsverhältnis“ stehender Subkultur ließe sich auch die Technosubkultur einordnen. Versteht man die Technosubkultur als speziellen Teil von musikalischer Populärkultur, so steht sie in einem Kontrast zur musikalischen Hochkultur der Klassik zum Beispiel. Diese Unterscheidung bzw. Kontrastierung zwischen Populär- und Hochkultur dient meist auch Zwecken der sozialen und ästhetischen Distinktion. Mit der Dichotomisierung zwischen Pop- und Hochkultur war immer meist auch eine abschätzige Haltung gegenüber Popkulturen verbunden. Diese wurden in ihrer Produktivität und ästhetischen wie kulturellen Gestaltungsfähigkeit oft herabgewürdigt oder abwertend beurteilt. Allerdings wird hierbei oft verkannt oder ignoriert, dass Popkulturelles auch Auswirkungen auf andere gesellschaftliche Bereiche wie Mode, Tanz und Design hatte. Auch hat Popkultur die Hörgewohnheiten von Rezipienten entscheiden mitgeprägt, was ebenfalls unterschiedlich bewertet werden kann. Wenn man Popkulturelles an den Maßstäben der Hochkultur wie zum Beispiel der Klassik misst, wurde oft von einem Verlust von Ästhetischem gesprochen. Diese Betrachtungsweise übersieht aber, dass sich Höraffinitäten im Bereich des Hochkulturellen und solche im Bereich des Popkulturellen nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Abgesehen davon, gibt es keine verbindlichen und niedergeschrieben Definitionen darüber, was als ästhetisch und was als unästhetisch zu gelten hat. Es handelt sich hierbei ausschließlich um subjektive Werturteile. Allerdings besitzen Subkulturen und deren Protagonisten gerade für ihre Anhänger eine bestimmte Definitionsmacht in dieser Beziehung. Hatten in den 80ern noch Megastars wie Madonna und Michael Jackson eine enorme Definitionsmacht und Idolfunktion, so gibt es Ähnliches aber in der Technosubkultur, zumindest in diesem Ausmaß, nicht. Ein wesentlicher Unterschied zu den 80ern mit seinen Megastars liegt bei Techno auch in der Vermarktungs- und Distributionspolitik von Technomusik. Während in den 80ern einige wenige Megastars bei wenigen großen monopolartigen Plattenfirmen, den sogenannten Majorlabels, unter Vertrag standen, erscheinen Technomusikproduktionen vorrangig bei vielen kleineren sogenannten Independentlabels. Dieser Trend hat seine Ursachen zum Teil in den Spezifika der Produktion von Technomusik. Die neuen Technologien haben nämlich die Produktion von Musik in der Form demokratisiert bzw. "entelitisiert", da nun Komponieren nicht mehr an das Beherrschen elementarer klassischer Kompositionsfähigkeiten oder das Spielen eines Musikinstrumentes wie zu Zeiten vor Techno gebunden war. Außerdem wurde es durch die Entwicklung von neuen Technologien, also spezieller Soundhard- und -software überhaupt erst für den Freizeit- und Hobbymusikproduzenten bezahlbar, selber Musik zu produzieren. Des Weiteren trug das Medium Internet als kostengünstige Plattform für die Bewerbung, Bekanntmachung und Verbreitung von Technomusik zu deren rasanten Verbreitung und Popularisierung bei. Durch die sich insgesamt vereinfachenden Bedingungen für die Musikproduktion und -distribution wurden teilweise profitwirtschaftliche Verwertungsprozesse und kreative Schaffensprozesse voneinander entkoppelt. Das Produzieren von Musik war nicht mehr unbedingt an Knebelverträge von Plattenfirmen gebunden und Musikproduzieren und -verbreiten wurde realisierbar und bezahlbar.

In diesem Kontext steht Techno für einen Paradigmenwechsel in der Geschichte der Popmusik. Techno steht aber auch dahingehend für einen Paradigmenwechsel in der Geschichte der Popmusik, als dass sich nicht nur die Voraussetzungen und technischen Realisationsmöglichkeiten für das Komponieren und Verbreiten von Musik änderten, sondern auch die Songstrukturen von Tracks bzw. Liedern. Während klassische Popsongs noch über die bekannte Liedstruktur von Strophen und Refrain verfügten, ist diese für Technotracks schon allein aufgrund der spärlichen stimmlichen Elemente bzw. Vocals eher irrelevant. Auch enthält Technomusik keine verallgemeinerbare und/oder konkrete verbale Message wie dies bei normalen Popsongs der Fall ist und ist in erster Linie Tanzmusik. Techno ist laute und antreibende Musik, die den Drang hervorruft, sich dazu zu bewegen. Daher ist das Hören von und Tanzen zu Techno an Clubs gebunden. In Clubs wird Technomusik meistens noch durch visuelle Effekte und optische Eindrücke ergänzt. Die Gemeinschaft der Tanzenden und eventueller Drogenkonsum sind weitere Faktoren, die die Party zu einem nichtalltäglichen Erlebnis werden lassen können. Die Betrachtung von Technomusik und Technoparty im Zusammenspiel, ist für alle weiteren Betrachtungen, auch was die Popularisierung von Techno angeht, von Bedeutung. Denn der Ort des eigentlichen Geschehens ist und bleibt immer noch die Party. Daher konzentriere ich in Kapitel 4 meiner Arbeit speziell auf das Geschehen im Technoclub bzw. auf einer Technoparty.

3.3 Verschiedene Sichtweisen und Fakten zur Technosubkultur und ihrer Entwicklung seit 1990 bis 2010

Die Technosubkultur hat kein eindeutig erklärtes Ziel und auch keine klare Botschaft. Das zentrale Element der Technosubkultur ist nach wie vor die Musik und die Party. Techno ist überwiegend textfreie Musik und bietet sich daher zumindest auf einer „inhaltlichen“ Ebene nicht für soziale bzw. politische Distinktionsprozesse an. Die Partizipation an der Technosubkultur oder einfach auch nur der Besuch von Technoparties ist in erster Linie durch das Gefallen finden an Technomusik motiviert. Soziale Bindungen sind oft lose und zerstreut und konzentrieren sich auf und um das Geschehen auf Technoevents. Die Technosubkultur ist keine Sekte oder dergleichen. Technomusik ist für viele ihrer Anhänger eine Musikoption unter mehreren. Die Technosubkultur ist eine eher offene und nichtexklusive Szene und beruht auf keiner rigiden oder dogmatischen Ideologie. Sie fordert keine Bekenntnisse, Loyalitäten, Treueschwüre usw. ein. Techno ist aber nur scheinbar eine entpolitisierte Jugendkultur. Verschiedene Veranstaltungen innerhalb der Technoszene gehen über eine reine Genussorientierung hinaus. So haben vor allem Technoparties, welche zum Beispiel in gesellschaftlich oder wirtschaftlich nicht mehr genutzten Arealen veranstaltet werden teilweise auch die Intention einer empfundenen Einschränkung individueller Autonomie und Selbstbestimmung entgegenzutreten. Solche Veranstaltungen zielen in erster Linie nicht auf eine gegenkulturelle Transformation der Gesellschaft ab. Vielmehr geht es darum sich freier entfalten zu können und auch darum ungenutzte Räume wieder nutzbar zu machen und sich diese zeitlich begrenzt aneignen zu können. Die Technojugendkultur stellt keine radikale, sondern eine eher gemäßigte Ausrichtung von Jugendkultur dar. Wichtig sind Autonomie, Abgrenzung und Absonderung von der Erwachsenenkultur und anderen Subkulturen und Expressivität. Die zentrale Lebensstilkomponente der Technobewegung ist die Party und mit ihr verbunden der Tanz.

Techno ist nicht nur die Bezeichnung für eine Musikstilgattung und deren Darbietung und Rezeption in Clubs. Techno ist auch ein über konkrete räumliche und zeitliche Einzelsituationen und - parties hinausgehendes jugend- und subkulturelles Phänomen. Dies wird allein schon daran deutlich, dass über Techno öffentlich diskutiert und publiziert wird. Das Interesse an Techno geht weit über das rein musikalische Interesse und Gefallen an dieser Musikrichtung hinaus. Techno wird nicht nur als neuartige Musikrichtung, die sich in ihren musikalischen Merkmalen fundamental von allen vorherigen Musikstilen unterscheidet, gesehen. Mit der Technomusik entstanden bis zum Beispiel auch bis dato fast völlig neue Partyformate. Tanzsessions, die sich über mehrere Tage erstrecken in Locations wie den oben beschriebenen sind bei anderen Musikgenren und - szenen vergleichsweise so gut wie gar nicht auszumachen. Techno steht nicht nur für Musik allein, sondern immer auch in Verbindung mit Party, also der aktiven Rezeption dieser Musik in Form des Tanzens und Feierns. Technomusik kommt nicht daheim in den eigenen vier Wänden oder im Kopfhörer zur vollen Geltung, sondern auf der Technoparty in der Gesellschaft mit anderen.

Techno ist zum Gegenstand vieler verschiedener öffentlicher Diskussionen geworden und hat wie kaum eine andere zeitgenössische Jugendkultur mediale Aufmerksamkeit erfahren. Wissenschaftler, Szeneinsider, Politiker und viele andere diskutieren über Techno. Große Wirtschaftskonzerne haben Techno für ihr Sponsoring entdeckt. Die Anzahl an Tonträgerveröffentlichungen und Internetlabels etc. ist in den letzten Jahren nach wie vor konstant hoch. Techno kann als eine der wenigen Jugendkulturen interpretiert werden, die nicht genuin gesellschaftskritisch sind. Auch wenn Techno subversive Ursprünge im Underground hat, so ist Techno im Jahr 2000, speziell in der BRD, ein fester Bestandteil jugendlicher Freizeitwelt, die von den Autoritäten eher mehr als minder toleriert und akzeptiert wird. Techno ist auch für die Wissenschaft von Interesse geworden. Es gibt zahlreiche Publikationen zu diesem Thema. Die Sichtweisen auf diese Subkultur sind vielfältig. Techno wurde von verschiedenen Quellen mit Attributen wie apolitisch, erfolgreich, rebellisch, sich verweigernd, emanzipatorisch, hedonistisch, resigniert oder aber auch grundlos charakterisiert. Viele Sichtweisen und Meinungen über und zu Techno sind miteinander unvereinbar oder widersprechen sich zumindest. Konsens besteht aber darüber, dass Techno als jugendliche Musik- bzw. Subkultur angesehen wird, denn statistisch gesehen ist der Altersdurchschnitt auf Technoparties eher jung. Ältere Generationen sind eher nur unter den Veranstaltern, Organisatoren oder DJs selbst und weniger unter den Besuchern anzutreffen. Daher werde ich auf genauere Klassifizierungsbemühungen zu Techno verzichten und mich darauf beschränken Techno resümierend im Kontext einer Jugendmusikkultur zu verorten.

Techno ist statistisch betrachtet seit den 1990ern die Jugendkultur mit den meisten Anhängern, was bei kommerziellen Massenveranstaltungen wie der Love Parade und der Mayday zum Beispiel eindrucksvoll demonstriert wird. An solchen Beispielen wird auch eine Seite der Technossubkultur sichtbar, welche in erster Linie eher weniger mit Jugendkultur in Verbindung gebracht wird, nämlich die ökonomische Seite der Technosubkultur. Zum einen ist die offizielle, d.h. amtlich genehmigte, Diskothek bzw. Veranstaltung, Parade etc. ein sozialer Kontaktraum, zum anderen aber auch ein nach betriebswirtschaftlichen Regeln funktionierendes Unternehmen bzw. Unternehmung. Dies wird oft verkannt. Die Annahme einer einseitigen Vereinnahmung und Vermarktung von Technosubkulturellem trifft für die Produktion, Distribution und Rezeption von Techno nur eingeschränkt zu. Es sind eher verschiedene Formen der Kooperation zu konstatieren, wie z.B. bei den Veranstaltungen von Raves, die von Sponsoren unterstützt werden, deutlich wird. (siehe Exkurs 1 zur Popularisierung und Kommerzialisierung von Techno) Die allgemeine Kommerzialisierung der Technoszene erfolgte daher zumindest mit ihrem bedingten Einverständnis und profitieren davon. In dieser Perspektive konstituiert die Technoszene auch ein Netzwerk, das zur materiellen Existenzsicherung einiger Akteure beitragen kann und dementsprechend für diese über die Dauer der Jugendphase hinaus an Relevanz gewinnt. Aus dieser Perspektive kann die berufliche, d.h. professionelle, Ausübung von DJing oder das auf finanziellen Gewinn orientierte Betreiben eines Clubs oder Organisieren von Events als Form der sozioökonomischen und unternehmerischen Selbstorganisation betrachtet werden.

Dieser nach mathematisch Kalkül von Profit und Bilanz erscheinenden nüchternen betriebswirtschaftlichen Seite steht eine scheinbar gänzlich andere Seite von Technosubkultur und Diskothek gegenüber. Manche Autoren beschreiben die Technoszene als eine Geborgenheitsgefühl vermittelnde Gemeinschaft. Auch manche Szeneinvolvierte beschreiben Techno zum Teil in ähnlicher Weise, wie folgendes Zitat belegt.

„Ich denke jeder von uns sehnt sich nach einem Zusammengehörigkeitsgefühl, einmal nur da zu sein, in angenehmer Gesellschaft, mit der Illusion alle würden dasselbe fühlen. Musik spricht dies in uns an auf nonverbaler Ebene. (...) Ich glaube nicht an Ideologien, an Versprechungen von Politikern oder Gesellschaftsutopien. Trotzdem sind wir keine Jugend ohne Inhalte. (...) Ich will von niemanden definiert bekommen, was Techno zu sein hat, wie die Götzen aussehen. (...) Wenn die Technobewegung etwas sektenhaftes angenommen hat, so kommt das doch wohl daher, dass sich für einen Teil der Leute Götzen, klare Definitionen und Szenegepflogenheiten als sehr anziehend erweisen. Da weiß man was man hat. Wo es doch sonst nichts zum Festhalten gibt: endlich der sichere Szenehafen. Früher war es die Kirche, die Familie, was weiß ich. Gut, dass sich alles weiterentwickelt, dank der anderen, der Leute, die ihre Kreativität in den Prozess mit einbinden.“

Ähnliches schreibt Michel Maffesoli. Maffesoli zufolge zeichnet sich in der modernen Gesellschaft, die sowohl durch Individualisierungstendenzen wie auch gleichzeitig Vermassung geprägt ist, ein Trend zu neuen Formen von Sozialität ab. „Flüchtigkeit der sozialen Beziehungen, Heterogenität in der sozialen Zusammensetzung, fehlende einheitliche Identität der Club-Kultur, die daher unbestimmten und wechselnden Ein- und Auschlußpraktiken sowie zeitlich begrenzte Existenz der Szene - diese Charakteristika nähern sich den Kategorien, die Michael Maffesoli für posttraditionelle Vergemeinschaftungsformen herausgearbeitet hat.“ Laut Maffesoli führt das Verschwinden politischer Utopien und die sich ausweitende Fragmentierung der Gesellschaft dazu, dass die Menschen Beziehungen eingehen, die eher auf gemeinsamen Interessen und Erfahrungen beruhen und weniger mit politischem Interesse und Gesinnungen begründet sind. Die Technoszene kann die individualisierten Jugendlichen auf der Suche nach Zugehörigkeiten milieu-, szene- und stilspezifisch zumindest vorübergehend an sich binden. Die Anhänger der Technoszene bzw. Technokultur sind überwiegend an hedonistischem Lebensgenuss interessiert, aber eben auch an Gemeinschaft. In der Technosubkultur scheinen diese Sehnsüchte und Wünsche zumindest partiell erfüllt zu werden. Gabriele Klein schreibt dazu: „Ihre Flüchtigkeit und Unbeständigkeit, ihre lokale Mobilität, ihr Wunsch nach einem intensiven Erleben von Intimität und Gemeinschaft und ihre Ausrichtung an unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung wären demnach eine ...Antwort auf ...die soziale Vereinsamung und emotionale Isolation der Mensch in einer individualisierten Gesellschaft und auf deren Leistungs- Zukunftsorientiertheit. Eckart Bachmann schreibt, dass das enorme Manko an sinnlichen Erfahrungen und an Face to Face Kontakten unter anderen dafür verantwortlich ist, dass Techno solch einen starken Zulauf hat. Der enorme Erfolg von Techno unter Jugendlichen erklärt er unter anderem damit, dass die Technogemeinschaft der Suche nach einer sicherheitsspendenden Gemeinschaft entgegenkommt. Winfried Gebhardt schreibt im Rekurs auf Ferdinand Tönnies, dass der für moderne Gesellschaften weitestgehend unbestrittene Übergang von der Gemeinschaft zur Gesellschaft als Verlust von mit Gemeinschaft assoziierten Werten wie Nähe und Unmittelbarkeit im sozialen Miteinander erlebt wird. „Je mehr sich die gesellschaftliche Lebensform im Zuge von Individualisierungs- und Deinstitutionalisierungsprozessen durchzusetzen scheint, je mehr neue Standardisierungen und technokratische Zumutungen das Leben unpersönlicher, rationaler und kälter werden lassen, weil der einzelnen sich zunehmend nur noch als kleines, unbedeutsames Rädchen im Getriebe von ökonomischen, bürokratischen und politischen Sachzwängen zu sehen vermag, desto mehr erwächst der Wunsch oder sogar die Sehnsucht nach dem Erlebnis von bedingungsloser Gemeinschaftlichkeit.“ Sind im Alltag der Spätmoderne Erfahrungen von Gemeinschaft nur noch bedingt erlebbar oder herstellbar, muss die Sehnsucht nach Gemeinschaftlichen eben außeralltäglich befriedigt werden, so Gebhardt. Technoparties scheinen sich für die teilweise Befriedigung solcher Sehnsüchte bei gleichzeitigem Stillen von Erlebnishunger anzubieten. „Ihre Flüchtigkeit und Unbeständigkeit, lokale Mobilität, ihr Wunsch nach einem intensiven Erleben von Intimität und Gemeinschaft und ihre Ausrichtung auf unmittelbare Bedürfnisbefriedigung als Antwort (…) auf die soziale Vereinsamung und emotionale Isolation der Menschen in einer individualisierten Gesellschaft und auf deren Leistungs – und Zukunftsorientiertheit kennzeichnen die Technoszene und -gemeinschaft.“

Ob diese starke Betonung von Gemeinschaftlichkeit und Geborgenheit die Sichtweise einer Mehrheit oder die einer Minderheit der Besucher von Technoclubs ist, kann hier nicht geklärt werden. Inwieweit dieser gemeinschaftliche Aspekt von Technosub- und Clubkultur ausgeprägt ist, lässt sich empirisch nicht exakt feststellen. Was allerdings eindeutig, und zwar anhand von Zahlen, belegt werden kann, ist, dass die Technosubkultur seit ihren Anfängen einen enormen Zulauf hat und kontinuierlich angewachsen ist. Was diesen Zulauf begründet, lässt sich monokausal und eindeutig nicht erklären. Beobachtbar als Ergebnis oder Begleiterscheinung des Anwachsens der Technoszene ist aber, dass „Technounternehmer“ und „Technounternehmungen“ in einer finanziell anderen Liga spielen als noch zu den Anfängen von Techno. Einige meiner Interviewpartner gaben an, dass sie im Gegensatz zu ihrer Anfangszeit als DJ sich nach mehreren Jahren der Aktivität auch vollständig damit selbst finanzieren können. Aber nicht nur Einzelpersonen leben von Techno. Inzwischen sind eine ganze Reihe weiterer, meist ökonomisch interessierte Akteure, die mit der Musik Techno eher weniger zu tun haben, in die Technosubkultur involviert. Dies belegt exemplarisch der folgende Exkurs.

3.4 Exkurs 1: Die zunehmende Popularisierung und Kommerzialisierung von Techno anhand von konkreten Beispielen

Meine Interviewpartner bemerkten im Gesprächsverlauf folgendes:

„Die Musik ist wahrscheinlich einfach populärer geworden z.B. durch Filme wie Berlin Calling. Auch in Radios hört man mehr Techno/Elektro als noch vor ein paar Jahren. Auch Poplieder haben jetzt einen Elektrobeat. Die Musik ist insgesamt ziemlich elektrolastig geworden. Das ist eben einfach ein neuer Musikstil geworden. Die Musik ist halt ziemlich eingängig und anschlussfähig.“ (Zitat K., weiblich)

„Elektronische Musik ist immer gesellschaftstauglicher geworden und daher sind die Leute wahrscheinlich auch übersättigt. Früher war es ja mehr so ein verruchtes Undergroundding. Parties fanden da zum Beispiel noch in dreckigen Kellern statt. Und heute kommt das bei RTL 2 als Hintergrundmusik, was mich selber schon erschreckt.“ (M., männlich)

Das wachsende Interesse an der Jugendkultur Techno bzw. die konstant hohe Nachfrage nach Technomusik lässt sich an der konstant hohen Anzahl der Tonträger, die unter dem Label Techno veröffentlicht werden und wurden, erkennen. Auch die Technoevents scheinen nach wie vor zu prosperieren. So haben sich Tabakwarenhersteller und Getränkefirmen im Einvernehmen mit den Veranstaltern von Großraves zu deren finanzstärksten Sponsoren und zum Teil sogar zu deren Namensgebern entwickelt. Auf der Loveparade Ende der 90er gab durchschnittlich jeder der 700000 Teilnehmer 200 DM aus. „Ebenso wie die Technomusik viele andere Pop- oder auch Schlager und Kinderlieder infiltrierte, wie der Technostil auf die Modebranche innovativ wirkte, so wurden auch grafische Stile von Flyern etc. von der Modedesignbranche, Werbeagenturen und anderen Branchen rezipiert und kopiert. ... Intendanten renommierter Theaterhäuser eröffneten ihre Spielsaison mit Technoparties. Das Goetheinstitut schenkte den Vereinten Nationen zum 50. Geburtstag eine Technoparty.“

Kommerzialisierungs- und Popularisierungsschübe erfolgten mit dem bedingten Einverständnis von Szeneaktiven und -insidern. Von manchen Szenemitgliedern wird die Entwicklung der Technokultur hin zu einer Massenkultur kritisiert und beklagt, von einigen anderen wiederum wird die schnelle Entstehung und Verbreitung von Techno und die Adaption von ursprünglich technoiden Kulturelementen durch andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens als revolutionäre Erfolgsgeschichte gefeiert.

3.5 Exkurs 2: Das Technomillieu als ein Beispiel für das Konzept der event- und erlebnisorientierten Gesellschaft

Eine mögliche Klassifizierung von Technosubkultur lässt sich mit Gerhard Schulzes Begriff der Erlebnisgesellschaft vornehmen. Die Erlebnisgesellschaft kennzeichnet sich nach Schulz vor allem dadurch, dass nicht mehr die Bewältigung äußerer Lebensumstände, sondern die Idee eines persönlich als lohnend und lebenswerten empfundenen Lebens zur bestimmenden Handlungsmaxime im Alltagsleben wird. Die individuelle Ausformung verschiedener Lebensbereiche wie Ernährung, Kleidung, Wohnung, Bildung, Beruf etc. und die Aufnahme von sozialen Beziehungen erfolgen „erlebnisrational“, d.h. überlegt und in freier Wahl und sind weniger von existentiellen Zwängen und Nöten geprägt. Individuen wählen ihre sozialen Kontakte nicht mehr vorrangig nach Einkommen, Beruf oder Wohnort, sondern entscheiden nach dem Gesichtspunkt der Ähnlichkeit von Alter, Bildung und Stil über ihre Beziehungspartner und über ihre Einbindung in ein soziales Milieu. Dies lässt sich auch für die Technosubkultur feststellen.

Der Erlebnisfaktor gewinnt bei der Wahl der Freizeitgestaltung angesichts gegebener relativer materieller Sicherheit an Bedeutung. Gesucht werden aktions- und spannungsgeladenen Erlebnisse und Situationen. Waren- bzw. Konsumwert und Erlebniswert differieren bei Erlebnisevents, zu denen auch Technoparties zählen, enorm. Bezahlt wird vom Besucher der Erlebniswert, nicht der tatsächliche Warenwert. Dies spiegelt sich zum Beispiel darin wider, dass DJs oft Gagen erhalten, die weit über den Wert des tatsächlichen Arbeitsaufwandes des Mischens von Musikstücken hinausgehen. Hier wird mehr das Erlebnis eine bestimmte, meist überregional populäre Szenepersönlichkeiten direkt und live zu erleben, gesucht und bezahlt. Die tatsächliche Musik, die von dieser zumeist prominenten Person gespielt wird, ist dabei fast schon weniger bedeutsam als der Präsenz und das Erleben dieser Person selbst. Den Besuchern solcher Veranstaltungen geht es in erster Linie auch weniger um ökonomisch rationales Handeln, sondern eher darum unterhalten zu werden und etwas zu erleben.

Die Technoparty hat mit ihren Möglichkeiten des Erlebens und Praktizierens von Kommunikation, Tanz, Rausch und unter Umständen auch Ekstase für gewöhnlich zumindest graduellen Eventcharakter. Auf einer Technoparty werden alle Sinne der Teilnehmenden angesprochen, so dass die Technoparty zu einem „totalen Erlebnis“ werden kann. Technoparties können auch als situative Event-Gemeinschaften bezeichnet werden, deren besonderer Reiz darin liegt, dass sie anscheinend ein außeralltägliches Gefühlserlebnis bieten können, welches in einer Gemeinschaft erlebt wird und auch nur durch eine Gemeinschaft hervorgebracht werden kann. Zugespitzt formuliert könnte man auch schreiben: „Als in aller Regel professionell vorproduzierte und hergestellte Ausnahmesituation stellen situative Eventvergemeinschaftungen - je nach Sichtweise - entweder Fluchtpunkte oder außeralltägliche Sicherheitszonen oder eben auch beides gemeinsam dar, in denen das im Alltag zunehmend als Einzelkämpfer auftretende Individuum allein noch die Chance zu haben glaubt, sich für den Moment als Teil eines größeren Ganzen zu fühlen. Das macht sie attraktiv.“

3.6 kurzes Zwischenresümee

Resümierend lässt sich zu Technomusik und - subkultur de facto folgendes festhalten:

Auch wenn die Meinungen und Sichtweisen zur Technomusikkultur auseinander gehen, kann für die Technomusikkultur, unabhängig von allen Diskursen und Betrachtungsweisen, doch festgehalten werden, dass mit Technomusik ein neuartiges Muster und Schema hinsichtlich Musikproduktion und - komposition quasi „erfunden“ wurde. (siehe Paradigmenwechsel in Abschnitt Distinktionen und Abgrenzungen) Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Techno liegt in seiner starken Technologieaffinität. In keiner bisherigen Jugendkultur war die Akzeptanz, Faszination für und der Gebrauch von neuen Technologien so ausgeprägt wie beim Techno. Technologie in Form von spezieller Computerhard- und software kommt nicht nur bei der Produktion und Wiedergabe von Technomusik zur Anwendung, sondern auch bei der visuellen Präsentation und Ausgestaltung von Clubs. Der Club bzw. die Technoparty stellen den eigentlichen Ort des interaktiven Geschehens dar. Die konkrete Interaktionsebene der Technoparty ist die Ebene und der Ort, wo zum einen Technotracks erprobt werden, sich also herausstellt, ob sie Resonanz beim Publikum finden oder eher nicht, und zum anderen die Keimzelle für Entwicklungen, Trends und Innovationen. Neue Trends in Form neuer stilistischer musikalischer Variationen von Techno wie Minimaltechno zum Beispiel etablieren sich weniger dadurch, dass sie durch ein bestimmtes Marketingkonzept aus dem Boden gestampft werden und/oder dem tanzenden Publikum von oben herab verordnet werden. Technomusik ist in erster Linie Tanzmusik und funktioniert ohne Anklang und Resonanz beim tanzenden Publikum nicht.

4. Die Technoparty als Ort des interaktiven Geschehens aus der Perspektive von Teilnehmenden und Beschreibenden

Wie sieht eine typische Technoparty nun genauer betrachtet aus? Was ist das Charakteristische an solchen Parties? Ähneln Technoparties von 1990 immer noch denen von 2010? Um diese und andere Fragen zu beantworten habe ich qualitative Interviews mit Teilnehmenden solcher Parties geführt. Meine Interviewpartner waren bzw. sind Teilnehmer und Beobachter zugleich. Ich selber nehme mit meinen Erfahrungen eine gemischte Perspektive zwischen Teilnehmer und Beobachter ein. Meine Überlegungen und Beschreibungen speisen sich aus meinen eigenen subjektiven Wahrnehmungen und Erfahrungen, die ich in der Technoszene gemacht habe, aus den Daten der Interviews sowie aus der Lektüre der themenspezifischen Fachliteratur.

4.1 Körperlichkeit, Party und Tanz

Einen wesentlichen Anreiz für den Besuch von Technoparties ist, dass Technoparties sich vom nach geregelten Routinen ablaufenden Alltag unterscheiden. Der Besuch von Technoparties kann als zeitlich begrenzter Ausstieg aus dieser alltäglichen Welt empfunden werden. In dem, wenn auch künstlich geschaffenen, Zusammenspiel von Musik, Optik, Partygemeinde, Selbstinszenierung, Drogen und Rausch sind Erlebnisintensitäten möglich, die der Alltag eher weniger bieten kann. Für die Befriedigung von in der Phase der Jugend verstärkt auftretenden Bedürfnissen des Experimentierens und Grenzenüberschreitens, der Neugierde und der Sehnsucht nach intensivem Erleben bieten sich Technoparties vergleichsweise gut an. Manchen geht es auch einfach nur ums Tanzen und Freunde bzw. Gleichaltrige treffen. „Tanzen ist für alle Befragten bei einer Technoclubparty das zentrale Erlebnis, um das herum sich die anderen Partyelemente wie Reden, Schauen, Entspannen und das Konsumieren von Getränken und Drogen gruppieren und bei dem sie übereinstimmend Spaß und Entspannung suchen.“

In der Literatur habe ich folgende Deskriptionen von Technoparties gefunden: Technoparties sind soziale Tanzveranstaltungen. Der Einzelne ist sich der Anderen um ihn herum bewusst. Er kann in diese Masse eintauchen und sich in dieser als ein mit allem anderen gleichberechtigten Bestandteil empfinden. Die Monotonie der Musik, oder konkreter der rhythmisch schlagenden Beats und der Bässe, die zum Teil auch sensomotorischen Charakter haben, können beim Tanzenden oder im Optimalfall bei der gemeinschaftlich tanzenden Menge für eine Art länger anhaltendes Flowerlebnis sorgen. Diese Art von Erlebnis kann die Welt ringsumher vergessen lassen und den Tanzenden insbesondere auch in der Kombination mit Drogen in eine Art Rauschzustand versetzen. Eine historische Entsprechung findet dieses Ritual des Tanzes in einer Gemeinschaft bei Durkheim (1912): Bei Durkheim dienen derartige gemeinschaftliche und ritualhafte Massentanzveranstaltungen der Inszenierung einer kollektiven Identität. Der gemeinsame und endlose Tanz kann dabei die Qualitäten eines religiös geprägten Kults annehmen. „Der eigene Körper wird als Teil eines kollektiven Tanzkörpers empfunden, für dessen Wohlbefinden der DJ zuständig ist.“ Im Idealfall ist es so, dass sich unter den Anwesenden durch das Tanzen, die Gemeinschaft, die Musik und eventuellen Drogenkonsum ein kollektives Gemeinschaftsgefühl einstellt. Durch Drogenkonsum und/oder dauerhaften Tanz induzierte Erlebnisse der Körpererfahrung machen, ähnlich wie in archaischen Ritualen, die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft als Erlebnis erfahrbar. Durch scheinbar endlose Wiederholungen und kaum wahrnehmbare Übergänge erscheint Technomusik gleichförmig und gleichzeitig veränderlich. Dadurch eignet sie sich gut, um Ordnungsraster wie Zeit zu umstrukturieren und einen tranceartigen Zustand zu fördern. Ordnungsraster wie Zeit, Raum und Ort und die Orientierung an ihnen werden sowohl durch die Musik als auch durch Licht- und Nebeleffekte, sowie eventuellen Drogenkonsum während der Tanzveranstaltungen suspendiert. Jegliche Erinnerungen an die reale Welt des Alltags können und sollen auch verschwinden. Nach den Empfindungen während des Tanzens befragt, werden Veränderungen im Zeiterleben, im emotionalen Erleben und im Erleben der eigenen Körperlichkeit am häufigsten genannt.

Die Selbstinszenierung und Präsentation des Einzelnen verlaufen zu nicht unerheblichen Teilen über Körperlichkeit und das persönliche Erscheinungsbild, was im individuellen Stil bei der Mode, dem Tanz und der Stilisierung des Körpers an sich, deutlich werden kann.

Techno und der zentrale Stellenwert des Körperlichen könnten aus kulturkritischer Perspektive auch als gegenläufiger Trend zum langfristigen Trend der Distanzierung von Körperlichkeit im Prozess neuzeitlicher Zivilisation gedeutet werden. Allerdings gab es schon in den 1920ern körperbetonte und exaltierte Tänze. Wie zu allen neuzeitlichen musikalischen Stilepochen waren exaltierte Tänze wie Charleston, Jitterbug, Rock and Roll, Ska, Pogo, Breakdance und Technorave immer auch mit dem Stigma des Entzivilisierenden und der Angst vor dem Verlust des vernunftgeleiteten Ichs behaftet. Getanzt wird zu Technomusik fast ausschließlich berührungsfrei und meist in einer losen unverbindlichen Spontangruppe, wobei sich die Tänzer vornehmlich auf einer Stelle bewegen und teilweise bis zur völligen physischen Verausgabung tanzen. Der Tanzstil zu Technomusik veränderte sich laut Gabriele Klein im Laufe der Zeit. Tanzte man früher mehr auf die Bühne und den DJ ausgerichtet, geht es heute aufgelockerter zu und es bieten sich mehr Möglichkeiten des gemeinsamen Miteinandertanzens. Dennoch ist das gemeinsame Miteinandertanzen nicht die Regel. Tanzende zu Technomusik erinnern an das Publikum von Konzerten und Bandauftritten. Der Discjockey bildet einen ähnlichen zentralen Aufmerksamkeitsfokus wie eine Band. Der Tanzstil auf Technoparties ist nicht nach bestimmten Vorgaben normiert oder standardisiert. Vor allem der nicht zu ignorierende monotone Rhythmus übt auf den Tanzenden eine starke Wirkung aus. Der Körper des Einzelnen gleicht sich der Musik mimetisch an und die Körper der Tanzenden gleichen sich untereinander, ebenfalls mimetisch, an. Musik und die tanzende Gemeinschaft, als deren Teil sich der einzelne in ihr Tanzende empfindet, sind also zentrale Einflussfaktoren, die auf den Einzelnen wirken. Die Lautstärke der Musik, sowie die stark akzentuierten Bassfrequenzen, welche in Schwingungsbereichen liegen, die eher sensorisch, denn akustisch wahrnehmbar sind, führen dazu, dass die Tanzenden sich auf einen gemeinsamen Rhythmus einpegeln bzw. einschwingen. Dies kann, laut den Beschreibungen Einzelner, diffuse Gefühle einer empfundenen Gemeinschaft evozieren, in der der Einzelne für den Moment aufgehen kann.

Vielen von den am gemeinsamen Feiern zu Technomusik Beteiligten geht es um mehr als nur das rein akustische Element des Hörens von Technomusik. Die eigentliche Wirkung entfaltet sich für sie erst im Zusammenspiel von elektronischer Musik mit anderen z.B. visuellen Eindrücken wie Dekoration und Lichteffekten, sowie einer entsprechenden Inszenierung und Zelebrierung des Ganzen. Daher gleichen Technoparties eher einer Art von multimedialem Spektakel, dass Multimedialität mit Ästhetik zu kombinieren versucht und dadurch eine quasi neue oder zweite (Sonder)Wirklichkeit schafft.

Beim gemeinschaftlichen Tanzen zu Technomusik bewegt sich der Einzelne bezogen auf und innerhalb einer tanzenden Gemeinschaft. Der Tanz erinnert dabei kaum an die Paarfiguration des bürgerlichen Gesellschaftstanzes, sondern eher an das gemeinschaftliche Tanzen, wie es in afrikanischen und asiatischen Kulturen praktiziert wird. In dem Gruppenritual des Technotanzes ist der Dialog zwischen dem DJ und den Tanzenden von besonderer Bedeutung. In der Technoszene hat die DJ Kultur und die Fokussierung auf den DJ ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. „In der Musikgeschichtsschreibung wird gemeinhin Musik als geistiges Produkt und Tanz als eruptives Körpergeschehen definiert und von daher der Tanz der Musik untergeordnet. In der Dancefloor Kultur aber dominiert die Musik nicht einseitig den Tanz; vielmehr entsteht ein Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit zwischen DJ und Tanzenden." Zwischen dem DJ und den Tanzenden kann es zu einer gegenseitigen Steuerung und Beeinflussung kommen. DJ und Tanzende reagieren wechselseitig aufeinander bzw. steuern sich indirekt gegenseitig. Der DJ hat im Optimalfall ein mehr oder weniger gut ausgeprägtes Gespür dafür, welches Musikstück wann passt. Die Tanzenden reagieren auf die Musikauswahl des DJs und spiegeln ihm dies durch ihr Tanzverhalten zurück. Dies wiederum beeinflusst den DJ in seiner weiteren Musikauswahl, worauf die Tanzenden wiederum reagieren usw. Es besteht also im Optimalfall eine auf wechselseitiger Steuerung und Beeinflussung basierende ständige zirkuläre nonverbale Kommunikation zwischen dem DJ und den Tanzenden.

Eine Kommunikation kann sich aber nicht nur zwischen den Tanzenden und dem DJ aufbauen, sondern auch zwischen den Tanzenden. Durch die jedoch relativ starke Fokussierung und visuelle Ausrichtung auf den DJ ist die Kommunikation zwischen den Tanzenden meistens weniger stark ausgeprägt als die zwischen den Tanzenden und dem DJ. Durch den gemeinschaftlichen Tanz zur gemeinschaftlichen gehörten Musik kommt es im Optimalfall dazu, dass die Menge der Tanzenden durch rhythmisch-mimetische Angleichungs- und Spiegelungsprozesse einen gemeinsamen Rhythmus entwickeln bzw. alle auf einer Welle schwingen, wobei eine „Synchronisation von Selbst- und Gemeinschaftserfahrung“ erlebbar werden kann.

Mengen- und stimmungsmäßige Fluktuationen bei den Tanzenden bzw. auf der Tanzfläche im Laufe einer Party sind normal. Eine konstant brechend volle Tanzfläche von Partybeginn bis Partyende ist eine eher seltene Ausnahme. Dasselbe gilt für Zustände von erlebter gruppenartiger Ekstase. Berichten über ekstatische Erfahrungen liegen häufig Beschreibungen von Gefühlen physischer Erschöpfung, Zeitlosigkeit, Drogenkonsum, Grenzauflösungsempfindungen zwischen dem eigenen Ich und den Anderen zugrunde. Im Vergleich zu anderen Musikstilen bietet sich Technomusik gut dazu an, eine Art Sonderwelt zu kreieren. Vom DJ gespielte Technomusik kann als scheinbar endloser und steter Musikfluss erlebt werden. Dies ist nur unter der Zuhilfenahme von technischen Maschinen, hier meist Plattenspielern, CD-Playern und Mischpulten, möglich. Jede klassische Livedarbietung von Musik mittels Gesangs und/oder Instrumenten würde aufgrund der Begrenzung humaner Ressourcen nach einer bestimmten Zeit zu Ende sein. Ein TechnoDJ allerdings kann im Extremfall ein Musik Set von bis zu 8 Stunden am Stück spielen. Diese partielle Enthumanisierung, Verkünstlichung und Technologisierung von Musikalischem bzw. diese „Synergie von Menschen und Maschine“ (Gabriele Klein 2004) und das Hinzukommen von multimedialen und optischen Eindrücken in Form von Lichteffekten, Videoinstallationen und ähnlichem verleihen Technoparties eine quasi eigene Wirklichkeit, die sich fundamental von der alltäglich erfahrbaren Wirklichkeit unterscheidet. In diese Sonderwirklichkeit können die Tanzenden für die Zeit der Party abtauchen. Ein Reiz exzessiven Tanzens, meist bis zur völligen physischen Verausgabung, ergibt sich für viele daraus, dass dieses als ein Gegenmoment zur alltäglich notwendigen Selbstkontrolle und Disziplin erlebt werden kann. Ein in dieser Form erfolgender partieller und zeitlich begrenzter Kontrollverlust bzw. ein sich Gehen- Lassen- Können auf Zeit kann zum Teil als kathartisch bzw. entlastend erlebt werden kann. Der Wiedereintritt in die Welt des Alltäglichen bedarf häufig aufgrund physischer und mentaler Erschöpfungszustände infolge exzessiven Tanzens und/oder übermäßigen Drogenkonsums notwendigen und individuell verschiedentlich langen Regenerationszeiten.

Die Interviewten gaben zum größten Teil deskriptive Beschreibungen über sich, ihr Erleben und auch ihr Gestalten solcher Parties. Vieles in der zum Thema Techno und Jugendkultur gelesenen Fachliteratur hat überwiegend deskriptiven, theoretischen oder teilweise normativen Charakter. Verschiedene beobachtbare Phänomene in Bezug auf Technokultur, - parties und -musik werden in der Fachliteratur beschrieben und mittels Rekurses auf verschiedene soziologische Theorien in einer eklektizistischen Herangehensweise zu erklären versucht. Eine einzige das Phänomen Technoparty erschöpfend erklärende Theorie gibt es freilich nicht. Dennoch war es eines meiner Anliegen in dieser Arbeit eine Theorie zu finden, die mehr als nur einzelne bestimmte Aspekte von Techno und Technokultur zu erklären vermag. Technomusik und Technoparties stellen ein konkretes und zeitlich wie räumlich überblickbares Forschungsfeld dar. Dennoch sind die Interdependenzen zu anderen soziologischen Forschungsbereichen wie zum Beispiel zur Soziologie der Jugend, der Soziologie der Gruppe, der Soziologie der Kultur und des historischen kulturellen Wandels so groß, dass es gar nicht möglich ist mittels einer einzigen soziologischen Theorie das Phänomen Technoparty in seiner Gesamtkomplexität und Verwobenheit mit anderen Bereichen zu erfassen und zu erklären. Während der Lektüre zum Thema Techno musste ich feststellen, dass es kaum eine Theorie gibt, welche wirklich zu dem Geschehen auf Technoparties passt. Dennoch verspürte ich den Wunsch eine Theorie zu finden, die einigermaßen gut geeignet ist, um das konkrete Geschehen auf einer typischen Technoparty ohne den ständigen Rekurs auf andere Theorien zu erklären. Eine interessante Theorie, auf die ich in meinem Arbeits - und Forschungsprozess aufmerksam geworden bin, ist die mikrosoziologische Theorie der Interaktionsritualketten von Randall Collins. Sie stellt laut Collins eigenen Worten eine „radikal mikrosoziologische“ Theorie mit hohen Ambitionen dar. „IR Theory is not a model of a wind-up doll, programmed early in life, which ever after walks through the pattern once laid down. It is a theory of moment-to-moment motivation, situation by situation. Thus, it has high theoretical ambitions: to explain what any individual will do, at any moment in time; what he or she will feel think and speak. “Collins liefert mit dem Buch „Interaction Ritual Chains“ eine sehr detaillierte und feinkörnig ausgearbeitete Theorie zu Interaktionsritualen und veranschaulicht diese an verschiedenen konkreten Beispielen. Beim Lesen vieler Passagen in Collins‘ Buch kamen mir Assoziationen zu verschiedenen sozialen Ereignissen, wie zum Beispiel Fußballspielen, Rockkonzerten und auch Diskotheken. Ich habe den Versuch unternommen die Collinsche Theorie über Interaktionsrituale auf Technoparties zu übertragen und anzuwenden sowie das Geschehen auf Technoparties mittels dieser Theorie zu erklären.

4.2 Theoretisches: Randall Collins – Theorie der sozialen Interaktionsrituale

Collins Theorie der Interaktionsrituale ist sehr umfassend und detailliert ausgearbeitet. Ich beschränke mich in meinen Ausführungen auf die wesentlichsten theoretischen Aussagen über Rituale, deren möglichen Verlauf und Ergebnisse.

Collins erklärt, dass der Terminus Ritual für einen Mechanismus bzw. ein Gefüge und Konglomerat von gegenseitig fokussierter Emotion und Aufmerksamkeit, welche Solidarität und Symbole von Gruppenmitgliedschaft generieren kann, gebraucht wird. „Ritual is a mechanism of mutually focused emotion and attention producing a momentarily shared reality, which thereby generates solidarity and symbols of group membership. “Er betrachtet dabei Rituale auf einer mikrosoziologischen Ebene.

Die Teilnahme an einem Ritual gibt dem teilnehmenden Individuum eine besondere Art von Energie. Collins nennt sie „emotionale Energie“ (EE). „Erfolgreiche“ Rituale, d.h Rituale, in denen die Teilnehmenden EE aufbauen können, kreieren eine exaltierte Stimmung und ein Bestreben nach Wiederholung dieser Erfahrung. „Participation in a ritual gives the individual a special kind of energy, which I will call emotional energy. This socially derived emotional energy, as Durkheim says, is a feeling of confidence, courage to take. ion, boldness in taking initiative. ; it makes the individual feel not only good, but exalted.“

Soziale Rituale kommen laut Collins zustande, wenn folgende Ausgangsbedingungen gegeben sind:

- Eine Anwesenheit von mindestens zwei Leuten ist gegeben.
- Eine Abgrenzung dieser sozialen Situation gegen eine Umwelt nach außen findet statt.
- Ein gemeinsam fokussierter Aufmerksamkeitspunkt und ein gegenseitiges Bewusstsein über den gemeinsamen Aufmerksamkeitspunkt sind vorhanden.
- Eine geteilte ähnliche Stimmung bzw. emotionale Erfahrung der Teilnehmer der sozialen Situation sind gegeben.

In sozialen Situationen, die diese vier Ausgangsbedingungen aufweisen, können Interaktionsrituale stattfinden. Der genaue Verlauf eines Interaktionsrituals ist dabei meiner Meinung nach nicht determiniert, sondern durch die am Ritual Teilnehmenden und deren Gestaltungswillen und -möglichkeiten beeinflussbar und formbar. Dies geschieht jedoch mehr unbewußt als willentlich und im Voraus geplant. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist jedoch begrenzt. Zwänge und natürliche Schranken der Handlungsfähigkeit haben einschränkende Wirkung. „Erfolgreiche“ oder „gelungene“ Rituale erhöhen die EE beim Einzelnen. Hohe Level von EE drücken sich in Gefühlen erhöhter Gruppensolidarität und – zugehörigkeit, sowie Vertrautheit, Stärke, Enthusiasmus und Handlungsinitiative aus, so Collins. Erzwungene Rituale ziehen eher EE ab, als dass sie eine solche hervorbringen oder stimulieren. Die EE sinkt nach einem Ritual wieder ab. Sie kann erneuert werden durch ein die Wiederholung des Rituals. Individuen treten mit einer bestimmten Stimmung bzw. Erfahrung aus Interaktionsritualen wieder heraus. Diese Stimmung bzw. Erfahrung setzt den Ausgangspunkt für das nächste soziale Ritual. Das Ergebnis bzw. die Erfahrung im letzten Ritual wird zur Ausgangsbasis für das kommende. Collins spricht daher von Ritualketten.

Laut Collins können soziale Rituale eine starke Wirkung beim partizipierenden Individuum, sowie der Ritualgruppe haben. Die auf mikrosoziologischer Ebene ablaufenden wesentlichen Prozesse und Mechanismen sind dabei folgende: „The central mechanism of interaction ritual theory is that occasions that combine a high degree of mutual focus of attention, that is, a high degree of intersubjectivity, together with a high degree of emotional entrainment - through bodily synchronization, mutual stimulation/ arousal of participants nervous system - result in feelings of membership that are attached to cognitive symbols; and result also in the emotional energy of individual participants, giving them feelings of confidence, enthusiasm, and desire for action in what they consider a morally proper path. These moments of high degree of ritual intensity are high points of experience. “Collins schreibt, daß intensiv erfahrene Momente in Interaktionsritualen Höhepunkte im Leben von Gruppen wie Individuen darstellen können. Individuen wie Gruppen, die solche Erfahrungen gemacht haben, versuchen diese zu wiederholen, was manchmal zum Teil auch in obsessive Bemühungen nach der Wiederholung solcher Erfahrungen ausarten kann.

Technoparties weisen die vier bereits beschriebenen Ausgangsbedingungen für soziale Interaktionsrituale auf. Auf Technoparties können unregelmäßig Momente von Exaltiertheit, körperlicher mimetischer Synchronisation durch Tanzen, sowie individueller und gruppenweiser Euphorie erlebt und beobachtet werden. Manchmal verhält es sich mit Euphorie auf Technoparties wie mit einem Funken, der auf andere überspringt und andere anstecken kann.

Ekstase, Exaltiertheit, Euphorie usw. sind zentrale Schlagworte der Collinschen Ritualtheorie. Von daher interessiert es mich, ob Technoparties ein konkretes empirisches Beispiel für Interaktionsrituale, wie Collins sie beschreibt, sind. Collins schreibt von mehr oder weniger regelmäßig auftretenden Zuständen der Exaltiertheit, Euphorie und kollektiven Verbundenheit. Die mich interessierende Frage ist hauptsächlich die, ob diese Zustände auch auf Technoparties zu beobachten sind. Und wenn ja, ob sie regelmäßig auftreten oder eher Ausnahmezustände sind.

Konkrete empirische Informationen hierzu liefern die gelesene Fachliteratur und die erhobenen Interviewdaten. Ich versuche im Folgenden erst einmal zu klären, ob sich Technoparties und das Geschehen auf diesen Parties mit Hilfe der Collinschen Ritualtheorie besser verstehen und erklären lassen.

Ich möchte kurz einige Interviewpartner zu Wort kommen lassen und dann auf Collins zurückkommen. Ein Interviewpartner äußerte folgendes:

„Aber die Sache ist die…ich glaube unter Menschen zu sein und zu sehen, daß die in die gleiche Richtung gehen wie du, motiviert irgendwie. Also der soziale Faktor, auch wenn ich den nicht exzessiv ausnutze, in dem ich mit allen Leuten dort quatsche oder einen trinke, ist scheinbar doch vergleichsweise wichtig bei solchen Parties. Prinzipiell glaub ich, wenn alle Leute auf den DJK fokussiert sind und auf ihn reagieren, dann beeinflussen die sich alle gegenseitig und puschen sich irgendwie. Das trifft jetzt nicht nur auf Elektroartikel, sondern auch andere Massenveranstaltungen zu. Der soziale Moment scheint richtig wichtig zu sein bei sowas. Ich kann das nicht einschätzen, aber ich glaube, daß macht den wesentlichen Unterschied aus…, dass die Leute, mit denen du da bist in die gleiche Richtung gehen wie du, daß du mit denen eine gewisse Verwandtschaft spürst…die hören die gleiche Musik, haben auch Eintritt bezahlt, trinken auch was…und sie hören in dem Augenblick die gleiche Musik und das verbindet.“ (T., männlich)

Ein anderer Interviewter sagte sinngemäß folgendes:

…Tanzen gehen und Leute treffen ist ein Gemeinschaftsding und wichtig. Es gibt so etwas wie ein gemeinsames Schwingen, und das ist etwas Archaisches und heute kaum mehr anzufinden, höchstens vielleicht noch im Kino, aber da wird nicht getanzt, oder in der Kirche beim gemeinsamen Singen. …Solche Gemeinschaftsrituale schaffen Zusammenhalt und sind wichtig, auch als Ausgleich zum Kopf, zur Arbeit und zum Stress. (B., männlich)

Collins wiederum schreibt in seinem Buch sinngemäß folgendes: Zwischen den anwesenden Personen eines Interaktionsrituals kann es zu einer Art emotionalen Ansteckung kommen. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf ein und dieselbe Sache und das Bewusstsein über den gemeinsamen geteilten Aufmerksamkeitsfokus kann eine gegenseitige emotionale wie perzeptive Absorption im jeweils anderen bewirken. Eine emotionale Grundstimmung innerhalb der Gruppe wird dadurch verstärkt und dominanter. Mit der Grundstimmung konkurrierende Gefühle werden durch diese Grundstimmung verdrängt. Dies passiert auf dem Mikrolevel unter anderen durch den Prozess der wechselseitigen rhythmischen Verstärkung auf physiologischer Ebene. Die Teilnehmer entwickeln im Verlauf einen gemeinsamen Rhythmus, der auf den einzelnen Teilnehmer eine starke Anziehung ausübt und dem man sich nur schwer entziehen kann.

Emotionen werden im Prozess der Interaktion verstärkt, abgemildert oder transformiert. Anfängliche Emotionen können sich intensivieren und bis zu Momenten kollektiver Exaltiertheit und Ekstase steigern. Dies kann auch auf Technoparties der Fall sein. Das individuell verspürte Gefühl der Euphorie wie auch das der kollektiven Verbundenheit mit den anderen Anwesenden ist was Collins primär mit seinem Terminus der EE meint. EE ist wonach Individuen streben. In dem Maße wie Interaktionsrituale EE liefern, erscheinen sie für Individuen attraktiv, so Collins. Intensive Momente in Interaktionen stellen laut Collins Höhepunkte im Leben von Gruppen und Individuen dar.

Nach dieser ersten Abgleichung von Collins Theorie mit meinen Interviewdaten und der gelesenen Fachliteratur zum Thema Techno kann mit größerer Sicherheit gesagt werden, dass Soziales in Form von Interaktionsritualen, hier konkret Technoparties, eine (Anziehung)Kraft auf das Individuum sowie eine Gruppe von Individuen ausüben kann und sowohl auf individueller wie auch auf Gruppenebene, stimulierende Effekte sowie Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühle hervorrufen kann.

4.2.1 Die Anwendbarkeit der Theorie von Collins auf die Situation von Technoparties

Obwohl Collins in seinem Buch „Interaction Ritual Chains" Technoparties als konkretes Beispiel von Interaktionsritualen nicht erwähnt, treffen doch alle Merkmale seiner zwingend notwendigen Voraussetzungen für das Stattfinden von Interaktionsritualen mehr oder weniger zu. Daher können Technoparties als konkretes praktisches Fallbeispiel eines Interaktionsrituals betrachtet werden. Dennoch lassen sich die Ergebnisse eines gelungenen Interaktionsrituals, also zum Beispiel ein erhöhtes Level von Enthusiasmus und Handlungsinitiative auf der individuellen und ein diffuses Zusammengehörigkeits- oder Solidaritätsgefühl auf der Gruppenebene bei Technoparties weder eindeutig noch regelmäßig beobachten. Dies lässt die Schlussfolgerungen zu, daß Technoparties entweder öfter keine gelungenen Interaktionsrituale darstellen oder die Collinsche Definition von erfolgreichen Interaktionsritualen und deren Ergebnissen zu streng gefasst ist. Um quantitativ abgesicherte Daten hinsichtlich bestimmter emotionaler Outcomes von Technoparties bei Individuen wie Gruppen zu erhalten, hätten standardisierte Befragungen durchgeführt werden müssen, was mir nicht möglich war und auch in keiner anderen zu Rate gezogenen fachwissenschaftlichen Publikation zum Thema Techno getan wurde. Ich bin daher darauf angewiesen, die vorhandene Fachliteratur, welche konkrete empirische Beispiele für bestimmte Sachverhalte auch zumeist nur auf der Grundlage von qualitativen Interviews macht, meine eigenen Erfahrungen und meine erhobenen qualitativen Interviews als Informationsquelle zu benutzen. All diese Informationsquellen zusammen stellen allerdings immer noch nur eine recht willkürliche Stichprobe von Szeneerfahrenen und -beteiligten aus einer wesentlich größeren Menge von Szeneanhängern dar. Daher sind verallgemeinerbare induktive Schlussfolgerungen auf Basis dieser nur sehr kleinen Stichprobe aus einer wesentlich größeren Grundgesamtheit nur sehr bedingt treffbar. Was allerdings mit relativer Sicherheit gesagt werden kann, ist, daß es keine mit Regelmäßigkeit auftretenden Zustände wie langanhaltende Euphorie, Exaltiertheit oder Gruppensolidarität gibt. Die folgende kurze Collage von Zitaten meiner Interviewpartner macht deutlich, daß Schlüsselbegriffe wie Ektase, Euphorie und Gruppensolidarität usw. dass „normale“ Partygeschehen nichtzutreffend beschreiben.

„Ich würde mal behaupten, daß die meistens Parties nicht so sind, daß man da noch ein Jahr später davon erzählt. Das ist im B. genau das gleiche. Prinzipiell ist da jedes Wochenende auch das gleiche.“ (T., männlich)

„Im Gegensatz zu 3 oder 4 Jahren, würde ich jetzt sagen, daß in den Kreisen, in denen ich mich bewege, die Lust auf Parties langsam abebbt. Vielleicht bin ich auch schon rausgewachsen da, ich bin jetzt 30. Das sind jetzt Nachzügler, für die ist das jetzt vielleicht anders. Ich habe das Gefühl, daß es damals vor 2 oder 3 Jahren mehr Hype um solche Parties gegeben hat, daß die Leute einfach noch mehr dabei waren, sich verkleidet haben und emotionaler waren. Das erlebe ich bis bei einigen vereinzelten Veranstaltungen kaum noch bei Parties.“ (M., männlich)

„Wegen dem Sättigungseffekt... es ist halt schwierig jedes Mal noch eine Steigerung oder was Neues zu bringen. Deshalb flacht die Euphorie auch allmählich ab. Auch in unserem Club ist jetzt nicht jedes Mal eine tolle Euphorie zu spüren. Die Leute bekommen da auch gar nicht so mit, daß jede Woche ein anderer Akt da ist. Für die zählt einfach nur, daß da eine Party ist. Deshalb sind so ortsunabhängige Parties wie draußen für die Leute einfach mal interessanter, weils für die Leute was neues ist.“ (M., männlich)

„Das Publikum war Anfang der 90er noch euphorischer. Das hat mittlerweile etwas nachgelassen. Das lag mitunter an der Umbruchszeit damals. Aufgrund der Leerstände im Osten gab es viele Möglichkeiten Parties in abgefahrenen Locations zu feiern und das war nun mal extrem neu.“ (M., weiblich)

„Entscheidend geändert hat sich auch, daß das audiovisuelle Erlebnis früher mehr im Vordergrund stand und nicht der Artist selber. Das würde ich als urtypisch technoid bezeichnen. Das hat sich geändert. Diese Popstareinflüsse und Namedroppinggeschichten sind ja erst später miteingeflossen. Wir haben uns da selber aber auch nicht völlig außen vornehmen können. Früher war es im Gegenteil sogar verpönt sich vor das musikalische Erlebnis als Artist zu stellen. Die Massenkompatiblität hat zugenommen. 1994 war so der Knackpunkt. Das war so der Beginn der Großraves, wo so gewisse Festivals ihren Urschleim hat.“ (R., männlich) „In der Umbruchszeit gabs viele Luftlöcher, wo man sich praktisch auch mal hängen lassen konnte und sich Zeit lassen konnte und die Dinge mehr genießen konnte, weil die Leute nicht unter so einem Leistungsdruck wie heute standen. Heute geht es hauptsächlich um Entertainment. Der Entertainmentfaktor hat großen Einfluss gewonnen.“ (R., männlich)

„Anfang der 90er hattest du halt noch so nen luftleeren Raum und da spielten wirtschaftliche Zwänge und Risiken nicht so die Rolle wie heute. Deshalb müssen viele Lokalitäten heute Kompromisse machen. Entweder sind die Auflagen strenger geworden, also der finanzielle Druck von außen oder es hat sich aus dem eigenen Anspruch von innen heraus verschärft, weil die jetzt plötzlich beschlossen haben wohlhabend sein zu wollen. Früher war das einfach wilder. Außerdem war es früher nicht cool oder sexy DJ zu sein. Die Leute haben eher gedacht, du bist ein Nerd, wenn du sowas gemacht hast.“ (R., männlich)

„Techno war damals eine progressive Geschichte, die es damals noch nicht gab. Und das hast du auch am Publikum gemerkt. Die Leute waren sehr enthusiastisch. Auch visuell waren die Parties mit den ganzen Lichteffekten was neues.“ (A., männlich)

Wenn auch in der wissenschaftlichen Literatur (und auch in der medialen Berichterstattung) zum Thema Techno Technoparties häufig mit Ekstase, Exaltiertheit, Euphorie und Außergewöhnlichem im positiven Sinn assoziiert werden, so wird doch bei genauerer empirischer Betrachtung deutlich, daß durch diese Beschreibungen ein Bild von Technoparties gezeichnet wird, dass die Realität verzerrt, beschönigt und idealisiert. Technoparties sind weder ein regelmäßig kollektiv oder individuell ekstatischer noch im besonderen Maß permanent rauschhaft euphorischer Zustand. Im Vergleich zu den Anfangszeiten von Techno sind Technoparties nüchtern betrachtet eher nur noch ein kommerzialisiertes und sinnentleertes Lifestylephänomen, das ähnlich wie Moden und Trends aus anderen Lebensbereichen mal mehr und mal weniger angesagt und medial präsent ist. Verglichen mit den Legenden und Mythen über die Entstehungszeiten von Techno haben Technomusik und Technoparties ihren ursprünglichen Charakter des Neuen und Aufregenden weitestgehend verloren. Die Motivationen für den Besuch von Technoparties, sowie für das Veranstalten von diesen und das DJing auf diesen haben sich seit den Anfängen verändert. Die Pioniergeneration von Technoaktiven ist durch folgende Generationen mit anderem Erfahrungshintergrund und Motivationen für das Feiern und Auflegen abgelöst worden. War Techno früher eine komplett neuartige Erfahrung und eventuell für manche sogar ein bestimmtes Lebensgefühl, steht Techno heute mehr für Feiern, Entertainment, Popstartum und Spaß haben. Ab und zu bringen neue musikalische Spielarten und Ideen kurzfristig frischen Wind in die Szene, wie z.B. die Nu Disco Welle (spezieller zum damaligen Zeitpunkt neuartige Variation von Techno aus Frankreich) in Halle Saale. Im Großen und Ganzen hat sich Techno seit seinen Anfängen aber von einer Kultur des Neuartigen und Außergewöhnlichen hin zu einer inzwischen gewohnten und tolerierten Unterhaltungs- und Erlebniskultur entwickelt.

5. Relativierendes und Fazit

Wie sich gezeigt hat, sind einige Textpassagen meiner Interviews zum Teil ähnlich bzw. in Übereinstimmung zu manchen Beschreibungen von Collins und seiner Interaktionsritualtheorie. Auch in der Literatur zur Jugendsoziologie finden sich Beschreibungen, die mit denen von manchen Interviewpartnern getätigten Aussagen übereinstimmen. Allerdings beruhen meine Daten auf nur einigen wenigen qualitativen Interviews und geben lediglich die Perspektive und die Erfahrungen von Einzelpersonen wieder. Für wirklich sichere und verlässliche verallgemeinerbare Schlussfolgerungen auf breiter empirischer Basis fehlen wie schon erwähnt die quantitativen Interviews. Obwohl es sich bei meinen Interviewpartnern zum Teil um erfahrene Experten im Fachbereich Techno und Technoparty und - klubkultur gehandelt hat, bleibt aufgrund des geringen quantitativen Umfangs der Daten die Aussagekraft, der der Arbeit zugrunde liegenden empirischen Daten beschränkt.

Ich habe versucht die Collinsche Ritualtheorie auf die Situation von Technoparties zu übertragen bzw. sie auf diese anzuwenden. Es stellte sich heraus, daß vieles was auf Technoparties auf mikrosoziologischer Interaktionsebene stattfindet bzw. stattfinden kann mithilfe dieser Theorie nachvollziehbar oder ansatzweise verstehbar wird. Collins theoretische Beschreibungen finden sich wieder in den Prozessen der mimetischen Angleichung von Tanzenden und Musik, der Wirkung von sensorischen Reizen auf die Tanzenden, sowie den Mechanismen der emotionalen Ansteckung (attunement) und wechselseitigen Steuerung von DJ und Tanzenden. Die hervorstechenden Punkte in Collins Theorie waren für mich die der kollektiven Ekstase und des kollektiven Gemeinschaftsgefühls. Mediale Berichterstattungen und Fachliteratur überbewerten diese Zustände meiner Meinung nach. Auch bei der Lektüre fachwissenschaftlichen Literatur speziell zum Thema Techno und Technoparties entstand immer wieder der Eindruck, daß Techno und Technoparties immer irgendwie mit Ekstatischem und Euphorischem zu tun haben. Dies konnte meine empirischen Erhebungen zumindest in der Form, daß Ekstase und Euphorie und dergleichen ein prinzipielles und regelmäßiges Merkmal von Technoparties sind, nicht bestätigen. Auch wenn meine erhobenen empirischen Daten auf nur 7 Insiderinterviews beruhen, geht doch relativ eindeutig daraus hervor, daß kollektiv ekstatische, euphorische und exaltierte Zustände, wie Collins sie in seiner Ritualtheorie und andere Autoren sie in der Fachliteratur zum Thema Techno beschreiben, eher als Ausnahmezustände, denn als Regelmäßigkeiten bei Technoparties festzustellen sind. Zustände kollektiver Ekstase stellen eher eine Art positiven sozialen Extremzustand von erlebtem Gemeinschaftsgefühl dar und dauern, wenn sie auftreten auch nicht den gesamten Event über an. Sie sind zeitlich sehr begrenzte Phänomene. und keinesfalls „eventalltägliche“ bzw. eventtypische Phänomene. Die Interviewten ließen erkennen, daß die meisten Parties, auf denen diese entweder als Besucher, Veranstalter oder als DJ involviert waren, keine kollektiv ekstatischen Events waren; und zwar unabhängig davon zu welcher Zeit, also ob in den 90ern oder den 00ern, und an welchem Ort, also ob in Halle oder in Berlin etc., diese Parties stattfanden. Events, die den Interviewten länger in Erinnerung geblieben sind bzw. die ihnen spontan einfielen, waren persönlich erlebte Höhepunkte in einer Vielzahl von „absolvierten“ Events und stellten deren persönliches Erleben und Empfinden dar.

Eine weitere Schlüsselstelle in der Collinschen Ritualtheorie nimmt der Topos übergreifendes Gemeinschaftsgefühl als Ergebnis oder Begleiterscheinung von gelungenen Ritualen ein. Mehrere Interviewpartner beschrieben das ein solch übergreifendes Gemeinschaftsgefühl bei Technoparties feststellbar sei. Mehrere Interviewpartner äußerten, daß der soziale Faktor auf Parties ziemlich wichtig sei. Auch äußerten mehrere der Interviewten, daß sie solche Veranstaltungen unter anderem besuchen würden, um Freunde und Gleichgesinnte zu treffen. Mehrere Interviewte gaben weiterhin an, daß für sie ein weiterer wesentlicher Grund für das regelmäßige Besuchen solcher Veranstaltungen sei, eine Art Ausgleich zum persönlichen Alltag zu bekommen, sowie persönliche Kontakte zu pflegen. Dieses Bedürfnis nach Geselligkeit, was ein wichtiger Grund für den Besuch von Technodiskos für viele Besucher ist, kann aber ebenso gut auch durch andere gesellige Zusammenkünfte wie Theater- oder Kneipenbesuche befriedigt werden. Das zentrale Antriebsmoment für den Besuch von Technoparties scheint also doch eher in der Kombination von Geselligkeit, Tanz, Musik und Optik, Unterhaltung, Rausch erleben und Spaß haben zu liegen. Nur in Diskos und vielleicht noch auf Konzerten, welche aber im Vergleich zu Diskos eher seltener, kostspieliger und zeitlich begrenzter sind, ist diese Kombination in der Form zu erleben und das auch nicht unter Garantie.

Einige der Interviewten gaben andererseits an, daß der Reiz von den beschriebenen Technoparties mit der Zeit nachlässt, aber wieder stärker werden kann, wenn neue auditive oder optische Stimuli oder Einflüsse zur gewohnten und vertrauten Eventsituation hinzukämen. So wurde beschrieben, daß Parties, die in einer völlig neuen Umgebung bzw. Location stattfanden als besondere Parties erlebt wurden. Des Weiteren brachten, wenn auch nur mittelfristig, neue musikalische Spielarten von Techno frischen Wind ins Partygeschehen (wie z.B. 2007 die Nudisco Welle aus Frankreich). Auch bestimmte Neuartigkeiten wie z.B. Verkleidungen oder Neuerungen hinsichtlich musikalischer und tänzerischer Darbietungen (z.B. Stagediving oder GogotänzerInnen), visueller Effekte und Dekorationen etc. können den Reiz von solchen Events zeitweise erhöhen. Es wurde weiter beschrieben, daß solche neuen Reize mit der Zeit nachlassen können, weil oder wenn eine Art Gewöhnungs- und Sättigungseffekt eintritt. Vergleicht man lediglich die Tatsache, daß Technosubkultur heute teilweise in Form von Großraves daherkommt, welche sowohl enorme organisatorische und finanzielle Aufwände erfordern sowie auch beträchtliche finanzielle Umsätze generieren können mit dem Fakt, daß Techno zu seinen Anfängen die Musikkultur von sozial benachteiligten und stigmatisierten Minderheiten war, so liegt die Schlussfolgerung nahe, daß es sich bei Technoevents heute fast ausschließlich um soziale Erlebnisveranstaltungen handelt. Technomusik und Technosubkultur waren ganz zu Beginn in Amerika noch eine Art Bewältigungs -oder Fluchtreaktion angesichts schlechter sozialer Umstände und Lebenssituationen. Später als Technomusik und die Technosubkultur Europa erreichte, stellte Techno etwas prinzipiell Neuartiges dar, was entdeckt werden konnte, Neugier weckte und wodurch man sich abgrenzen konnte. In diesen beiden Fällen war Techno und Technosubkultur in gewisser Weise avantgardistisch. Dieses Merkmal ist heutzutage fast völlig verlorengegangen. Weder extreme soziale Nöte noch die Neugierde Neues zu entdecken und/oder auszuprobieren sind heute die tragenden Motivationen für das Veranstalten und Besuchen von Technoparties und -events. Für diese Zwecke hat sich Techno im Laufe der Zeit schlichtweg abgenutzt bzw. ist einfach zu populär geworden. Aus dieser Perspektive betrachtet, stellen Diskoevents und im speziellen Technoparties auch kein von Einzigartigkeit geprägtes und sich regelmäßig wiederholendes „Happening“ à la Woodstock oder dergleichen dar. Allerdings sind und bleiben Technoparties ein soziales nichtalltägliches Ritual, daß sich für die Teilnehmenden von ihren anderen alltäglichen sozialen Erfahrungen qualitativ unterscheidet.

Interaktionsrituale waren und sind in allen Kulturkreisen und zu allen Zeiten auszumachen. Sie haben laut Collins eine essentielle Bedeutung für die Menschen. Die Empirie bestätigt aber diese Essentialität von Interaktionsritualen, zumindest von Technoparties, in der Form wie Collins und einige andere Autoren sie in ihrer Bedeutung für das menschliche Leben „anpreisen" nur bedingt.

6. Ausblick

Techno, soziologisch betrachtet, ist wesentlich komplexer als es auf den ersten Blick scheint. Es gibt keine bestimmte Theorie, welche Techno hinreichend und exklusiv erklären kann. Mittels soziologischer Theorien sind immer nur einzelne konkrete Ausschnitte von Techno mehr oder weniger gut erklärbar. Selbst das konkrete Geschehen in einem zeitlich wie räumlich eindeutig eingrenzbaren Realitätsauschnitt, wie eine typische Technoparty, lässt sich nicht mittels einer einzigen Theorie erschöpfend erklären. Alle theoretischen Erklärungsversuche von Techno müssen daher in Anbetracht der tatsächlichen Komplexität der ablaufenden Vorgänge als vereinfachende und die tatsächliche Realität immer nur näherungsweise erfassende und niemals genau abbildende Beschreibungen und Erklärungen betrachtet werden. Verlockend erscheinende Quintessenzen, letzte Wahrheiten oder Rezepterkenntnisse in Form von deterministischen Hypothesen zum Thema Techno, Technosubkultur und Technoparties habe ich auch nicht finden können. Techno - also alles was sich um Technomusik herum etabliert hat und zum Teil auch wieder verschwunden ist, wie zum Beispiel das einstige Aushängeschild von Technosubkultur, nämlich die Loveparade - ist eine von mehreren ursprünglich subkulturellen Jugendkulturen. Techno hat sich, und auch hierfür ist die Loveparade ein gutes Beispiel, von einer Kultur der Minderheiten zu einer enorm expandierten Musikkultur entwickelt. Kommerzialisierungs- und Medialisierungsprozesse haben diese Entwicklung begleitet und vorangetrieben. Allen Anschein nach wird Techno noch einige Zeit weiter eine zentrale Subkultur innerhalb des Spektrums der Sub -und Musikkulturen bleiben, auch wenn das Wort Subkultur fast schon durch Massenkultur ersetzt werden kann. Eine gravierende Veränderung hinsichtlich der Popularität, Akzeptanz und Vermarktung von Technomusik und Technosubkultur ist meiner Meinung nach nicht zu erwarten.

7. Literatur

zum Thema Jugend und Subkultur

Baacke, Dieter: Jugend und Jugendkulturen: Darstellung und Deutung, Weinheim 2007

Farin, Klaus: Jugendkulturen zwischen Kommerz und Politik, Bad Tölz 1998 Ferchhoff, Wilfried: Jugend und Jugendkulturen im 21. Jahrhundert: Lebensformen und Lebensstile, Wiesbaden 2007

Ferchhoff, Wilfried: Jugend an der Wende des 20. Jahrhunderts: Lebensformen und Lebensstile, Opladen 1993

Ferchhoff/ Neubauer: Jugend und Postmoderne: Analysen und Reflexionen über die Suche nach neuen Lebensorientierungen, Weinheim 1989

Ferchhoff/ Sander/ Vollbrecht: Jugendkulturen - Faszination und Ambivalenz - Einblicke in jugendliche Lebenswelten, Weinheim 1995

Förster, Peter: Junge Ostdeutsche auf der Suche der Suche nach der Freiheit: eine Längsschnittstudie zum politischen Mentalitätswandel bei jungen Ostdeutschen vor und nach der Wende, Opladen 2002

Hitzler/ Pfadenhauer: Postraditionelle Gemeinschaften – theoretische und ethnographische Erkundungen, Wiesbaden 2008

Maffesoli, Michel: La transfiguration du politique- la tribalisation du monde, Paris 1992

Lauenburg, Frank: Jugendszenen und Authentizität: Selbstdarstellung von Mitgliedern aus Jugendszenen und szene bedingte Authentizitätskonflikte, sowie ihre Wirkungen auf das(alltägliche) Szeneleben, Zürich 2008

Müller – Bachmann, Eckart: Jugendkulturen Revisited – Musik- und stilbezogene Vergemeinschaftsformen (Post-)Adoleszenter im Modernisierungskontext, Münster 2002

zum Thema Techno

Töpfer, Liv/Schneider, Antje: Jugendkultur Techno – Jeder tanzt für sich allein? Chemnitz 2000

Steffen, Christine: Das Rave Phänomen in Anz/ Walder: Techno, Zürich 1995, S. 176 - 183

Richard / Krüger: Vom „Zitterkäfer“ (Rock n Roll) zum „Hamster im Laufrädchen" (Techno) - Streifzüge durch die Topographie jugendkultureller Stile am Beispiel von Tanzstilen zwischen 1945 und 1994 in: Ferchhoff/ Sander / Vollbrecht: Jugendkulturen - Faszination und Ambivalenz - Einblicke in jugendliche Lebenswelten, Weinheim 1995, S. 93 - 109

Kemper, Christian: Mapping Techno: jugendliche Mentalitäten der 90er, Frankfurt am Main 2004 Klein, Gabriele: Electronic Vibration – Popkulturtheorie, Wiesbaden 2004

Lau, Thomas: Rave New World in: Knoblauch, Hubert: Kommunikative Lebenswelten, Konstanz 1996

Meyer, Erik: Die Technoszene - Ein jugendkulturelles Phänomen aus sozialwissenschaftlicher Perspektive, Opladen 2000

Blask/ Fuchs-Gamböck: Techno: eine Generation in Ekstase, Bergisch-Gladbach 1995

Hitzler/ Pfadenhauer: Techno Soziologie – Erkundungen einer Jugendkultur, Opladen 2001 Cousto Hans: Vom Urkult zur Kultur, Drogen und Techno, Solothurn, 1995

Hitzler/Pfadenhauer/Gebhardt: Events: Soziologie des Außergewöhnlichen, Opladen 2000

Hepp/Höhn/Vogelsang: Populäre Events: Medienevents, Spielevents, Spassevents, Wiesbaden 2010

Böpple/ Knüfer: Generation XTC, Techno und Ekstase, Berlin 1996

Corsten, Michael: Ecstasy as „this wordly path to salvation “: the techno youth scene as a proto-religious collective in: Tomasi, Luigi: Alternative Religions among European Youth, Aldershot 1999

Corsten, Michael: Techno Hypes - Kollektive Identität für Egomanen? Theoretische Vorüberlegungen , Fragestellungen und methodische Ausrichtung eines laufenden Arbeitsprojektes, Berlin 1996

Allgemeine soziologische Theorie

Collins, Randall: Interaction Ritual Chains, Princeton, 2004

Schäfers, Bernhard: Einführung in die Gruppensoziologie, 1994

Schäfers Bernhard: Soziologie des Jugendalters, Opladen, 1994

8. Anhang/Interviews

Interviewleitfaden für Besucher:

1. Kannst du bitte einige Angaben zu deiner Person (Alter, Beruf, soziale Situation, d.h. Wohnsituation, Familienstand und Freizeitgestaltung) machen?
2. Themenfokus Technoparties: Auf welche Parties gehst du, wie oft und seit wann?
3. Kommst du aus Halle?
4. Warum gehst du auf Technoparties?
5.Wie bist du zum Besuch von Technoparties gekommen?
6. Kannst du mal bitte einen typischen Partyablauf aus deiner Sicht beschreiben? Was machst du auf solchen Parties?
7. Was macht für dich eine gute Parties aus? Kannst du Beispiele für besonders gute/schlechte Parties aus deiner Sicht nennen?
8. Welche Art der elektronischen Musik gefällt dir besonders?
9. Gibt es Auswirkungen deines Besuchs von Technoparties auf dein Leben?
10.Gibt es Veränderungen der Parties seit deiner Anfangsbesuchszeit und wenn ja welche?
11. Welche Bedeutung hat der Besuch von solchen Parties für dich?
12.Lernst du Leute auf solchen Parties kennen und wenn ja, welcher Art sind diese Bekanntschaften? (Sind das z.B. eher oberflächliche Bekanntschaften oder welche, die über die Parties hinaus Bestand haben?)
13.Gibt es auf solchen Parties gewisse Dos and Don’ts (Gebote, Verbote)?
14.Hast du Wünsche an die Partyszene, was z.B. die Entwicklung angeht?
15. Besuchst du auch noch in anderen Städten, außer Halle, Technoparties? Und wenn ja lassen sich im Vergleich lokale Unterschiede feststellen?
16. Abschließende Frage: Wie sehen deine Zukunftspläne aus? Wo siehst du dich in ein paar Jahren in Bezug auf Technoparties und allgemein?

Interviewleitfaden DJs/ Veranstalter

1. Kannst du bitte einige Angaben zu deiner Person (Alter, Beruf, soziale Situation, d.h. Wohnsituation, Familienstand und Freizeitgestaltung) machen?
2. Zum Djing konkret: Ist das Djing für dich Neben- oder Hauptbeschäftigung?
3. Kannst du dich mit dem Djing finanzieren?
4. Seit wann bist du DJ (in Halle)?
5. Wie ist dein musikalischer Werdegang? / Wie bist du zum DJing gekommen?
6. Kannst du bitte noch genauere Angaben zu konkreten Auftritten und Entwicklungen beim Djing bei dir machen?
7. Was hat sich noch verändert?
8. Was ist dein musikalischer Stil? Gab es Veränderungen?
9. Nochmal zu Veränderungen innerhalb der Szene: Kannst du bitte nochmal genauer auf Veränderungen eingehen?
10. Du hast beschrieben, daß in den letzten Jahren sich die Atmosphäre um und auf den Parties verändert hat (weniger Enthusiasmus, Undergroundfeeling und sowas). Hast du eine Erklärung dafür?
11. Gibt es Veränderungen hinsichtlich des Publikums? (z.B. durchschnittliches Publikumsalter etc.)
12. Bist du auch noch in anderen Städten, außer Halle, als DJ aktiv und wenn ja lassen sich im Vergleich lokale Unterschiede feststellen?
13. Kannst du mal bitte einen typischen Partyablauf aus deiner Sicht beschreiben?
14. Kannst du Beispiele für besonders gute/schlechte Parties aus deiner Sicht nennen?
15. Gibt es auf solchen Parties gewisse Dos and Don’ts (Gebote, Verbote)?
16. Hat deine regelmäßige DJ Tätigkeit Auswirken auf dein Leben?
17. Hast du Wünsche an die Partyszene, was z.B. die Entwicklung angeht?
18. Abschließende Frage: Wie sehen deine Zukunftspläne aus? Wo siehst du dich in ein paar Jahren in Bezug auf Technoparties und allgemein?

[...]

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Techno. Musikstil, Ethnografie und Deskription einer Subkultur von 1990 bis 2010
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
3,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
54
Katalognummer
V1167150
ISBN (eBook)
9783346590350
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Subkultur, Mikrosoziologie, Rituale, Jugendalter, Forschung, angewandtes Wissen
Arbeit zitieren
Rainer Kulla (Autor:in), 2014, Techno. Musikstil, Ethnografie und Deskription einer Subkultur von 1990 bis 2010, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167150

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