„Kommunikative Sprachdidaktik und interkulturelle Vermittlung im Spanischunterricht“

Theorie und Praxis


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zur Kommunikativen Sprachdidaktik im Fremdsprachenunterricht
2.1 Grundlagen der kommunikativen Sprachdidaktik allgemein
2.1.1 Muttersprachunterricht
2.1.2 Muttersprachunterricht vs. Fremdsprachenunterricht
2.2 Kommunikative Sprachdidaktik im Fremdsprachenunterricht
2.3 Zur Problematik des „kommunikativen“ Ansatzes im Fremdsprachenunterricht

3 Zur interkulturellen Vermittlung im Fremdsprachenunterricht
3.1 Definitionen zu den Begriffen des „interkulturellen Lernens“, zur „interkulturellen Kompetenz“ und zum „Fremdverstehen“
3.2 Zur Problematik der Verwendung des Begriffes „interkulturell“ allgemein und in Bezug auf den Fremdsprachenunterricht
3.3 Zur Umsetzung von interkultureller Vermittlung im Fremdsprachenunterricht

4 Analyse des aktuellen sächsischen Lehrplanes für das Fach „Spanisch“ nach kommunikativen und interkulturellen Inhalten

5 Fazit

6 Quellenverzeichnis:

1 Einleitung

Im Zeitalter weltweiter Migration (Bredella 1999: 85) und durch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wie internationale Integrationsbestrebungen (EU, Globalisierung der Märkte) ist in vielen Lebensbereichen ein Strukturwandel eingetreten. Dieser Wandel ist vor allem in den Schulen spürbar, in denen ebenfalls durch die zunehmende Hybridisierung von Kulturen ein sozialer Wandel stattgefunden hat. Die Lehrer haben es also nicht mehr mit homogenen Klassen zutun, sondern sind mit einer heterogenen Schülerschaft konfrontiert. Aus monolingualen und monokulturellen Schülern sind bi- und multilinguale bzw. bi- und multikulturelle Schüler geworden (Delanoy 2000: 192). In der schulischen Praxis wird zwar bereits von vielen Lehrenden versucht, auf diese neue interkulturelle Situation einzugehen, in vielen Bereichen klaffen jedoch fortschrittliche Theorie und unterrichtliche Praxis noch weit auseinander. Dies wird vor allem durch ein in der schulischen Praxis zum Teil noch veraltetes Kulturverständnis hervorgerufen, welches Landeskulturen als „homogene, national begrenzbare und stabile Gröβen sieht, welche von einem Standpunkt aus erfassbar seien“ (Delanoy 2000: 192). Auf der anderen Seite hat jedoch die Ausbreitung moderner westlicher Technik und die zunehmende weltweite Vernetzung und Kommunikations eben nicht zum Aussetzen national gebundener Kultur geführt. Im Gegenteil: Es ist teilweise zu einer Revitalisierung national gebundener Kultur gekommen, als Reaktion auf diese Fortschritts- und Modernisierungspro-zesse. In vielen modernen Nationalstaaten hat eine Fragmentierung in gesellschaftliche Gemeinschaften und Gruppen eingesetzt, welche eigene Traditionen wieder verstärkt aufgreifen oder neu entwickeln und immer weniger zu einer Verständigung in der Lage zu sein scheinen (Nothnagel 1996: 301). Diese beiden Tendenzen – auf der einen Seite die Rücksichtnahme auf die Multikulturalität und auf der anderen Seite die Rückbesinnung auf Nationalkulturen – haben unmittelbare Konsequenzen für die Schule allgemein und speziell für den Fremdsprachenunterricht, als Ort interkultureller Begegnung (Delanoy 2000: 191). Letzterer verfügt wie keine andere wissenschaftliche Disziplin oder Schulfach über ein Repertoire interkultureller Lehrpraxis (Breugnot 2000: 288).

Vor dem eben beschriebenen Hintergrund sollen in dieser Hausarbeit als zentraler Gegenstand die zwei aktuellsten methodischen Ansätze des Fremdsprachenunterrichts – der kommunika-tive und der interkulturelle Ansatz - betrachtet werden. Diese beiden methodischen Vorge-hensweisen werde ich zunächst einmal theoretisch betrachten, indem ich die Grundlagen der kommunikativen Sprachdidaktik sowie die interkulturelle Vermittlung im Fremdsprachen-unterricht vorstelle. Im Anschluss werde ich dann schauen, wie die Theorie in der Praxis umgesetzt ist. Hierfür werde ich den aktuellsten Lehrplan von Sachsen für das Fach Spanisch heranziehen und untersuchen.

2 Zur Kommunikativen Sprachdidaktik im Fremdsprachenunterricht

2.1 Grundlagen der kommunikativen Sprachdidaktik allgemein

Die kommunikative Sprachdidaktik befasst sich zum einen mit dem Sprachunterricht ganz allgemein, z.B. wie dieser das Individuum zum Aufdecken der eigenen geistigen und sprachlichen Voraussetzungen führt und ihm damit die Chance zu sprachlicher Emanzipation und Kritikfähigkeit eröffnet (Weisgerber: 1974: 211). Hier ist mit „Sprachunterricht“ der 1.1.1 Muttersprachunterricht gemeint, also in unserem Falle der Deutschunterricht. Auf dieser Basis nun beschäftigt sich die kommunikative Sprachdidaktik auch mit der 1.1.2 Beziehung zwischen Muttersprache und Fremdsprache. Dabei geht die Sprachdidaktik vor allem kontrastiv vor und untersucht den Spracherwerb von Muttersprache und Fremdsprache hinsichtlich ihrer jeweiligen Aneignung und Auswirkung auf die Identität, das Verhalten und das Weltverständnis der Schülerinnen und Schüler (Weisgerber 1974: 194).

2.1.1 Muttersprachunterricht

Eine Grundvoraussetzung des menschlichen Daseins ist die Bindung an Sprache. Welche Sprache jedoch zur Muttersprache wird, liegt nicht in der Hand des jeweiligen Menschen. In den frühen Jahren des Spracherwerbs ist das Individuums deshalb abhängig von der vorgegebenen Sprache, welche es fortschreitend beherrschen lernt (Weisgerber 1974: 211). Ziel dieses Lernens ist es, über eine individuelle Sprachfähigkeit zur Sprachmächtigkeit zu gelangen. Letztere ermöglicht eine Befreiung des Menschen aus der Bestimmtheit seiner Umwelt und hilft ihm, Grenzen des individuellen Welthorizonts zu sprengen. Auf diese Weise wird der Mensch in die Lage versetzt, offen und empfänglich zu werden für Empfindungen, Erfahrungen und Erkenntnisse, welche durch Sprache vermittelt werden (Weisgerber 1974: 212). In der Schule sollen die Schüler also befähigt werden, sich eigens mit der Welt mittels Sprache auseinanderzusetzen. Dabei wird der Prozess des Spracherwerbs und der Sprachent-wicklung von dem Prozess der individuellen und sozialen Emanzipation begleitet. Auf jeder neuen Stufe erreicht der Schüler dann neue Möglichkeiten und Dimensionen. Aufgabe des emanzipatorischen Sprachunterrichts ist es, diese Möglichkeiten zu erkennen, zu nutzen und weiterzuentwickeln (Weisgerber 1974: 213). Die folgenden acht Teilschritte sind dabei als grundlegende Zielvorstellungen des emanzipatorischen Sprachunterrichts aufzuführen: Als erstes wird dem Kind die Muttersprache vermittelt, wodurch dieses durch die Sprache Zugänge zur Wirklichkeit gewinnt. In einem zweiten Schritt entfaltet das Kind allmählich sprachliche Individualität und Solidarität, d.h. das Kind entwickelt seine eigene Sprache durch eine spezifische Auswahl aus dem vorgegebenen Wortschatz. Diese „Eigensprache“ ermöglicht jedoch auch intersubjektive Kommunikation durch gleiche semantische und grammatische Strukturen mit anderen Individuen (Weisgerber 1974: 214). Auf dieser Grundlage ist also ein solidarisches und soziales Handeln möglich. Als dritter Zielschritt soll der Schüler im Sprachunterricht zu eigenständigem Sprachverhalten motiviert und angehalten werden, damit sich seine Sprache fortentwickelt. Dazu bedarf es an vierter Stelle vor allem der Ermunterung zu sprachlicher Kreativität auf allen Ebenen der Sprache und fünftens dem Durchschauen von sprachlicher Manipulation. Dies soll den Schüler darauf vorbereiten, sowohl Sprachkritik üben zu können als auch die eigenen sprachlichen Voraussetzungen zu reflektieren (Weisgerber 1974: 215ff). Das Höchstmaβ an sprachlicher Entfaltungsmöglich-keit ist schlieβlich erreicht, wenn der Schüler eigenverantwortlich am Sprachprozess mitar-beiten kann (Weisgerber 1974: 217).

2.1.2 Muttersprachunterricht vs. Fremdsprachenunterricht

Mit dem Erlernen einer Fremdsprache wird dem Schüler zunächst einmal die Eigenart der Muttersprache bewusst gemacht, wobei die Beziehung zwischen Muttersprache und Fremdsprache grundsätzlich verschieden ist. Mit der Muttersprache erlernt das Kind seine Erstsprache. Dabei handelt es sich um einen fundamentalen Lernprozess des Spracherwerbs, der eine bedeutende Auswirkung auf das Verständnis von Welt und das Verhalten des Kindes hat. Beim Erlernen einer Fremdsprache, der sogenannten „Zweitsprache“, wird dieser Prozess des Spracherwerbs nicht einfach wiederholt, sondern es findet eine Relativierung der bisherigen Sprach- und Weltsicht statt (Weisgerber 1974: 194). Anders ausgedrückt, ereignet sich in dem Moment ein Bruch, in welchem der Schüler erfährt, dass andere Sprachen existieren, die sich von der eigenen unterscheiden. Dabei bemerkt der Schüler zunächst äuβere Unterschiede, vor allem in der Lautung. Inhaltliche und strukturelle Muster werden anfangs noch naiv von der Muttersprache in die Fremdsprache übersetzt, bis später die Erkenntnis reift, dass dieses Verfahren einer 1:1-Übersetzung nicht möglich ist (Weisgerber 1974: 196). Damit kann also festgehalten werden, dass ein entscheidender Beitrag des Fremdsprachenunterrichts zur Sprachbildung darin besteht, dass der Schüler die Erkenntnis gewinnt, dass man - unter der Voraussetzung der soliden Kenntnis - in einer fremden Sprache die Welt unter neuen Aspekten und „mit anderen Augen“ sieht (Weisgerber 1974: 196). Denn erst eine Einsicht in die strukturelle und semantische Differenz von Sprachen allgemein macht den Schülern bewusst, dass intendiertes Sprachverhalten nicht mit naiver Übertragung gleichzusetzen ist. Gleichzeitig ergeben sich - von dieser neuen Sprachsicht aus neue Perspektiven und Ansichten der Muttersprache, die bis dahin aufgrund der selbstverständli-chen Nutzung von Sprache nicht in Gang gesetzt werden konnten (Weisgerber 1974: 196). Zur Bewältigung von Wirklichkeit bietet darum die Muttersprache nicht den, sondern vielmehr nur einen Weg, wodurch der naive Sprachrealismus des Kindes und Schülers aufgehoben wird. Zudem begreift der Schüler, dass jede natürliche Sprache gleichzeitig auch Muttersprache und Fremdsprache sein kann, womit auch die Begründung für die Notwendig-keit von sprachlicher Toleranz klar wird (Weisgerber 1974: 197). Für die praktische Umsetzung der oben genannten Erkenntnisse bietet sich besonders ein intergrierender Sprach-unterricht an, welcher zunächst den Sprachgebrauch sichern, dann die stilistische Kompetenz stärken und zu grammatischem Erkenntnisstreben motivieren soll. Zudem verweist der integrierende Sprachunterricht auf die semantische Dimension von Sprache, fördert die Reflexion über Sprache und macht schlieβlich die eigene Sprachbedingtheit der Schülerinnen und Schüler bewusst (Weisgerber 1974: 210).

2.2 Kommunikative Sprachdidaktik im Fremdsprachenunterricht

Die kommunikative Sprachdidaktik geht von der Auffassung aus, dass monolinguale Schülerinnen und Schüler eine Fremdsprache lernen, die von monolingualen Muttersprachlern gesprochen wird. Damit richtet sich der Fremdsprachenunterricht mit einem kommunikativen Ansatz pragmalinguistisch aus und orientiert sich an einem native speaker. Dieser ist stets bestrebt, bestimmte Regeln, Konventionen, Werte und Einstellungen einzuhalten, um keine Tabus zu verletzten, sich in allen Situationen richtig zu verhalten und den anderen Kommunikationspartner angemessen zu verstehen (Bredella 1999: 85). Ziel des kommunika-tiven Fremdsprachenunterrichts ist es also, eine annähernd gleiche linguistische und soziale Kompetenz wie dieser native speaker zu erlangen, sodass der Lerner unter Einheimischen nicht mehr auffallen und als einer der ihrigen angenommen wird.

1986 wurden vom Europarat sechs Komponenten der „kommunikativen Kompetenz“ unterschieden, welche als „komplexer Akt“ sowohl die grammatische als auch die pragmatische Kompetenz einschlieβen sollte (Breugnot 2000: 291):

1. die linguistic competence, d.h. die Fähigkeit zur Produktion und Interpretation von
Äuβerungen in Übereinstimmung mit den sprachlichen Normen;
2. die sociolinguistic competence, d.h. die Fähigkeit, adäquat, je nach Kommunikations-situation, -beziehung, -partner oder –intention zu sprechen;
3. die discourse competence, d.h. die Fähigkeit, geeignete Textproduktions- und Interpre-tationsstrategien anzuwenden;
4. die strategic competence, d.h. die Fähigkeit, verschiedene Kommunikationsstrategien anzuwenden, um Kommunikationsprobleme zu vermeiden;
5. die sociocultural competence, d.h. die Fähigkeit, die Sprache korrekt und angemessen zu verwenden und sich Kenntnisse der anderen Sprachgemeinschaft anzueignen und schlieβlich
6. die social competence, d.h. die Fähigkeit und der Wille, mit anderen zu kommuni-zieren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
„Kommunikative Sprachdidaktik und interkulturelle Vermittlung im Spanischunterricht“
Untertitel
Theorie und Praxis
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Landeskunde und interkulturelle Kommunikation
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V116761
ISBN (eBook)
9783640190409
ISBN (Buch)
9783640196272
Dateigröße
489 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachdidaktik, Vermittlung, Spanischunterricht“, Landeskunde, Kommunikation
Arbeit zitieren
Stefanie Müller (Autor:in), 2008, „Kommunikative Sprachdidaktik und interkulturelle Vermittlung im Spanischunterricht“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116761

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