Krieg in den Medien - Medienkrieg

Lasswells Kommunikations- und Propagandatheorie


Seminararbeit, 2003

16 Seiten, Note: 2.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Kommunikationstheorie Lasswells
2.1 Aufbau und Funktion
2.2 Konflikte und Kritik

3. Das Propagandamodell Lasswells
3.1 Aufbau
3.2 Der spezielle Fall: Formen und Ziele der Kriegspropaganda

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Basisannahme einer funktionierenden Propaganda, sei es Kriegspropaganda oder Werbung und Publicity, besteht in der Gültigkeit der Definition von Propaganda, die Lasswell getroffen hat: Eine Technik, menschliches Handeln durch Manipulation von Darstellung zu beeinflussen. Menschliches Handeln wird maßgeblich durch Kommunikation bestimmt, da erst Kommunikation dem Individuum Sichtweisen, Anhaltspunkte und andere Meinungen vermittelt, so daß der Einzelne sich seine eigene Meinung bilden kann. Werden nun Inhalte in der Kommunikation verändert, verfälscht oder erfunden, so kann die darauf aufbauende Meinung zwar frei getroffen sein – jedoch auf falschen Tatsachen basieren, und somit ein Handeln bestimmen, das aus einem bestimmten Grund von dem Manipulator gewünscht ist.

Wie sich Kommunikation nach Lasswell aufbaut, wie somit Propaganda betrieben werden kann, werde ich im Folgenden ausführen. Zunächst gebe ich einen kurzen Überblick über die Forschungsgegenstände, die die Lasswell-Formel bietet, um dann konkret auf Lasswells Kommunikationsmodell einzugehen. Im zweiten Teil wird dann vor diesem Hintergrund Lasswells Propagandamodell, und schließlich die spezielle Form „Kriegspropaganda“ erläutert.

2. Die Kommunikationstheorie Lasswells

In der so genannten „Lasswell-Formel“ „Who say what in which channel to whom with what effect?“, mit der Lasswell 1948 den empirischen Forschungsstrang der sich zu etablieren beginnenden „Massenkommunikationsforschung“ in die Teilbereiche „Kommunikator-, Inhalts-, Medien-, Publikums- und Wirkungsforschung aufspaltete, nimmt er eine Differentierung in der Erforschung der Kommunikation vor. Die Kommunikatorforschung beschäftigt sich mit den Beweggründen für Kommunikation, wobei Lasswell, anders als DeFleur[1], der dies als zentralen Punkt im sozialen Kommunikationssystem sah, in keinster Weise Unterhaltung im Sinne von Kommunizieren aus Vergnügen als Hauptfunktion der Kommunikation betrachtete, sondern sie noch nicht einmal als einen Aspekt würdigte. Kritiker der Theorie fügten diesen Aspekt hinzu und sahen darüber hinaus auch Zusammenhänge im wirtschaftlichen System eines Landes als einen Kommunikationsaspekt.

Der Ursprung der Inhaltsanalysen liegt in Webers Überlegungen zum Inhalt von Zeitungen und den damit verbundenen Konsequenzen,

dass der Mensch sich dran gewöhnt hat, ehe er an seine Tagesarbeit geht, ein Ragout zu sich zu nehmen, welches ihm eine Art von Chassieren durch alle Gebiete des Kulturlebens, von der Politik angefangen bis zum Theater, und allen möglichen anderen Dingen, aufzwingt[2]

Die Presse sollte im Hinblick auf die Prägung des modernen Menschen und die Beeinflussung überindividueller Kulturgüter untersucht werden. Auf diese Weise nahm Weber bereits 1911 die Art von Inhaltsanalysen vorweg, die Lasswell 1927 für die Durchführung von Propagandastudien anregte.[3]

Medienanalysen entwickelten sich erst später zu einem Wissenschaftszweig, im Zuge der Erfindung des Fernsehens und der fortschreitenden Entwicklung immer neuer Medientechnologien und –nutzungsmöglichkeiten, im Hinblick auf verschiedene Anwendungsbereiche. Die Publikumsforschung ist eng verbunden mit dem Bereich der Wirkanalysen. Hier ist von zentraler Bedeutung, aus welchen Gründen und mit welchen Zielen der Rezipient kommuniziert. Ein Ansatz ist der Uses-and-Gratifications-Approach der u.a. von Elliott und Lazarsfeld entwickelt wurde. Hier wird die Beziehung Medien-Mensch von der Nutzenseite des Rezipienten gesehen, nach dem Aspekt: „Was machen die Menschen mit den Medien?“[4]

2.1. Aufbau und Funktion

Unter dem Gesichtspunkt dieser Unterscheidungen geht Lasswell in seiner Kommunikationstheorie auf den Akt der Kommunikation als Ganzes in Relation gesehen zum gesamten sozialen Prozess in der Gesellschaft ein. Dort sind zwei Aspekte zu differenzieren: Die Struktur und die Funktion der Kommunikation. Der strukturelle Aufbau sieht aus wie folgt: Die Gesellschaft lässt sich laut Lasswell in zwei Gruppen einteilen, in die Führer und die den Führern Folgenden. Hier bringt er den Vergleich zur Tierwelt, wo es auch immer einen Herdenführer gibt, der an der Spitze der Herde steht, Entscheidungen trifft und Werte vermittelt.[5] In dieser Gruppe sind in der menschlichen Gesellschaft hauptsächlich die „Spezialisten“[6] vertreten, die sich wiederum in drei Kategorien teilen lassen: Die erste Kategorie sind die Vertreter der politischen Umwelt, wie Diplomaten, Attachés und Auslandskorrespondenten, die für die Kommunikation zwischen den Staaten und Ländern verantwortlich sind. In die zweite Kategorie lassen sich Autoren, Schriftsteller und Journalisten einteilen, die für die interne, oftmals kritische Kommunikation, und auch Kommentierung der Handlungen der ersten Kategorie verantwortlich sind und auf der Kommunikationsbasis innerhalb eines Landes arbeiten. Die dritte Kategorie besteht aus der Lehrinstitution eines Staates. Hier, im Sozialsystem eines Landes, werden Werte und Wissen durch Kommunikation vermittelt. Diese Aufgabe wird im kleinsten Kosmos eines Staates, der Familie, durch das Oberhaupt dieser wahrgenommen, und im Bildungssystem durch Lehrende ausgeführt.

Der technische Aufbau der Kommunikation eines Staates und darüber hinaus die Weltkommunikationsstruktur ist nach Lasswell wie der menschliche Körper mit seinen Synapsen[7] aufgebaut. Wie im Körper auch, können diese Schaltstellen Impulse mehr oder weniger intensiv weiterleiten, und auch Informationen während des Transportierens verändern, so dass der Input nicht mehr dem Output gleicht, es zu einem Kommunikationsfehler, also einem Missverstehen, kommt. Den kritischen Punkt stellen hier die „relay stations“[8] dar, also die Punkte, an denen sozusagen das Medium gewechselt werden muss, um weitertransportiert zu werden. Als Beispiel kann man hier das Prinzip der Stillen Post anführen, ein Spiel, in dem in Flüsterlautstärke über mehrere Personen ein Satz weitergeleitet wird – der Input gleicht nie dem Output. Bezogen auf die Weltstruktur ergeben sich solche Fehlermeldungen am ehesten über große Entfernungen, da es dort zu Informationsveränderungen und auch Zeitverzögerungen kommen kann. Hier ist jedoch anzumerken, dass, wie im Weiteren auf Seite 6 ff. noch ausgeführt, dieser Aspekt durch die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte nicht mehr die selbe Gültigkeit hat, wie noch damals.

In dieser Kommunikationsstruktur gibt es zwei Punkte, an denen Informationen verändert oder – negativ gesehen – manipuliert werden können: inhaltlich von Personen, die Informationen weitergeben, aufarbeiten, konkretisieren und im Hinblick auf die Inhalte bearbeiten müssen, und technisch von Menschen, die an der technischen Umsetzung dieser Inhalte mitarbeiten. In der ersten Kategorie befinden sich an oberster Stelle Regierungen und des Weiteren Redakteure, Schriftsteller, Zensoren und Propagandisten. In die zweite Kategorie lassen sich Techniker, also z. B. Kameramänner und Cutterinnen, oder auch im ursprünglichen Sinne Überbringer von Nachrichten, hier z. B. der Postbote, finden.

Die Funktion der Kommunikation besteht im Allgemeinen darin, dass jeder Mensch das Grundbedürfnis hat, sein inneres Gleichgewicht zu erhalten, und seine Bedürfnisse und Anforderungen an sich und die Umwelt zu stillen und zu erfüllen. Der Mensch beeinflusst so die Umwelt in ihrem Prozess, und aus diesem Prozess heraus lässt sich wiederum eine Sozial- und Wertestruktur der Bevölkerung, und auch Weltbevölkerung, ableiten. Die Werte, die so vermittelt werden, werden je nach Gesellschaft unterschiedlich gewichtet und verbreitet. So entstehen Moralvorstellungen, Ideologien, politische Doktrine, so z. B. in den USA „the doctrine of individualism, the paragraphs of Constitution“[9]. Konkret bezogen auf die Kommunikationsstruktur im Hinblick auf die politische Ebene eines Staates werden nach Lasswell auch Machtstrukturen in der Weltpolitik von ideologischen Konflikten beeinflusst.[10] So besteht als Gefahr nicht nur die Macht des potentiellen Gegners, z. B. bezogen auf seine Kriegstechnologie, sondern auch die Angst vor der Beeinflussung der eigenen Ideologien durch Ideologien der gegnerischen Kultur, die im schlimmsten Fall die eigene soziale Struktur untergraben und somit den Staat schwächen kann. So stellt die Kommunikation auch die Möglichkeit dar, sich über die Stärken und Schwächen des potentiellen Gegners zu informieren. Hier läßt sich natürlich sogleich der Umkehrschluss ziehen, dass, wenn man den Gegner „ausspionieren“ kann, auch ein Ausspionieren der eigenen Strukturen durch den Gegner möglich ist. Diese Angst vor der Kontrolle der eigenen Kommunikationskanäle kann im Extremfall – also Kriegsfall – dazu führen, dass es zu Geheimdienstoperationen, Reisebeschränkungen für die Bevölkerung und Nachrichtensperren kommen kann,

um so den zu kontrollierenden Nachrichtenkreis möglichst klein zu halten. Hier stellen Machtinhaber eine potentielle Gefahr für den eigenen Staat dar, da sie generell den größten und unkontrollierbarsten Informationszugang haben.

Betrachtet man die Kommunikationsstruktur einer Gesellschaft, so ergeben sich nach Lasswell dort drei Funktionen:

1. „Surveillance“[11]:Die Überwachung und – vermeintliche – Kontrolle der Umwelt mit der Möglichkeit, Gefahren und Alternativen zu erkennen und zu beeinflussen
2. „Correlation“[12]: Die Möglichkeit, die Komponenten der Gesellschaft mit der Umwelt in Verbindung zu setzen und so Einfluss auszuüben
3. „Transmission“[13]: Übermitteln des sozialen Erbes, also Werte- und Moralvorstellungen an nächste Generationen weiterzugeben

Auch kann man die Kommunikationsmöglichkeiten unter dem Aspekt sehen, dass Kommunikation generell die Möglichkeit für die Bevölkerung darstellt, an den Machtstrukturen eines – demokratischen – Staates zu partizipieren und mitzuwirken.

[...]


[1] De Fleur, M.L. / Westie, F.R.: Verbal Attitudes and Overt Acts. In: American Sociological Review 23 (1958), S. 667 – 673.

[2] Weber, M.: Geschäftsbericht auf dem 1. Deutschen Soziologentag vom 19. – 22.10.1910 in Frankfurt/Main. In: Verhandlungen der Deutschen Soziologentage. Tübingen 1911, S. 39 – 52.

[3] Vgl.: Lasswell, H.D.: Propaganda Technique in World War I. The M.I.T. Press/ Cambridge, London, 1927 (1971).

[4] Elliott, P.H: Uses and Gratifications Research: A Critique and a sociological Alternative. In: Blumler, J.G. / Katz, E. (Hrsg.): The Uses of Mass Communications. Current Perspectives in Gratifications Research. Beverly Hills 1974, S. 249 – 268.

[5] Vgl.: Lasswell, H.D.: The Structure and Function of Communication in Society. In: Bryson, L.: The Communication of Ideas. Institute of Religious and Social Studies / New York, 1948, S. 86.

[6] Vgl.: Ebenda, S. 87.

[7] Vgl.: Ebenda, S. 86.

[8] Vgl.: Ebenda.

[9] Vgl.: Ebenda, S. 91.

[10] Vgl.: Ebenda.

[11] Ebenda, S. 98.

[12] Ebanda.

[13] Ebenda, S. 99.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Krieg in den Medien - Medienkrieg
Untertitel
Lasswells Kommunikations- und Propagandatheorie
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften)
Veranstaltung
Krieg in den Medien
Note
2.3
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V116798
ISBN (eBook)
9783640191307
ISBN (Buch)
9783640191345
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krieg, Medien, Medienkrieg, Krieg, Medien
Arbeit zitieren
Stefanie Vomhof (Autor:in), 2003, Krieg in den Medien - Medienkrieg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116798

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