Kanzlerprinzip

Welche Grenzen hat das Kanzlerprinzip?


Referat (Ausarbeitung), 2006

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Organisationsprinzipien der Kanzlerdemokratie
2.1 Kanzlerprinzip
2.2 Ressortprinzip
2.3 Kabinettsprinzip/ Kollegialprinzip

3. Führungsinstrumente des Bundeskanzlers
3.1 Richtlinienkompetenz
3.2 Bildung der Bundesregierung
3.3 Organisationsgewalt
3.4 Bundeskanzleramt
3.5 Parteiführung
3.6 Medienpräsenz

4. Grenzen des Kanzlerprinzips in der Praxis
4.1 Gesetzgebungsverfahren
4.2 Koalitionspartner und eigene Partei
4.3 Größe der Bundesregierung
4.4 Persönliches Geschick

5. Ergebnis

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1. Einleitung

Mit Konrad Adenauer, als erstem Bundeskanzler, bildete sich ein neuer Regierungstyp heraus, der als Kanzlerdemokratie bezeichnet wird und bis heute Bestand hat. Dieser Regierungstyp zeichnet sich durch die folgenden fünf Merkmale[1] aus:

1. die Verwirklichung des Kanzlerprinzips in verfassungsrechtlicher und politischer Hinsicht
2. der Kanzler nimmt eine führende Position in der größten Regierungspartei ein
3. es besteht ein deutlicher Gegensatz zwischen dem Regierungs- und dem Oppositionslager
4. es besteht deutliches Engagement des Bundeskanzlers in der Außenpolitik
5. die politische Auseinandersetzung wird durch eine starke Personalisierung und Medienpräsenz des Regierungschefs bestimmt

Das Kanzlerprinzip bildet die rechtliche Grundlage für das Bestehen einer Kanzlerdemokratie, die durch eine dominierende Position des Bundeskanzlers gekennzeichnet ist. „Doch kein Kanzler kann unter Berufung auf seine verfassungsmäßigen Vollmachten mit dem Kopf durch die Wand.“[2] Da es sich bei der Kanzlerdemokratie, wie ihr Name schon sagt, um eine Demokratie und nicht um eine Diktatur handelt, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wodurch die dominierende Stellung des Bundeskanzlers eingeschränkt wird. Deshalb soll in dieser Arbeit der Frage „Welche Grenzen hat das Kanzlerprinzip?“ nachgegangen werden.

Es wird mit einer Begriffserklärung des Kanzlerprinzips sowie der beiden anderen Organisationsprinzipien der Kanzlerdemokratie begonnen. Danach sollen die Führungsinstrumente des Bundeskanzlers vorgestellt, sowie ihre Bedeutung für die hervorgehobene Stellung des Bundeskanzlers dargelegt werden. Nach der Vorstellung der Führungsinstrumente werden die Grenzen des Kanzlerprinzips erläutert, wobei der Schwerpunkt auf der Betrachtung des persönlichen Geschicks der ehemaligen Bundeskanzler liegen wird. Nach der Untersuchung der Grenzen des Kanzlerprinzips, wird in Punkt 5 mit einem Resümee die Fragestellung beantwortet.

2. Organisationsprinzipien der Kanzlerdemokratie

In einer Kanzlerdemokratie werden drei Organisationsprinzipien der Bundesregierung unterschieden. Das Kanzlerprinzip, das Ressortprinzip sowie das Kabinettsprinzip. „Diese Organisationsprinzipien sind im Grundgesetz miteinander kombiniert und überlagern sich gegenseitig.“[3] Im Folgenden werden diese Prinzipien näher erläutert, wobei der Schwerpunkt auf dem Kanzlerprinzip liegen wird.

Kanzlerprinzip

Das Kanzlerprinzip steht für die dominierende Stellung[4] des Kanzlers in der Bundesregierung. In dem Art. 65 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ist festgehalten, dass der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik bestimmt und dafür die Verantwortung trägt.

„Was die Richtlinien der Politik sind, ist nicht genau zu umschreiben. Man kann darunter die Leitlinien der Politik, eine Art Gesamtplan verstehen, den der Bundeskanzler mit seiner Regierung durchführen will.“[5]

Die Regeln des Grundgesetzes zur Bundesregierung wurden mit der Absicht formuliert, die Stabilität und Arbeitsfähigkeit der Regierung zu verbessern.[6]

Um den Kanzler außerdem in seiner Position hervorzuheben und diese zu stabilisieren, verfasste der parlamentarische Rat 1948 die Art. 67 und 68 des Grundgesetzes. Das sind zum einen das konstruktive Misstrauensvotum und zum anderen die Vertrauensfrage.

Das konstruktive Misstrauensvotum[7] besagt, dass die Entlassung des Bundeskanzlers durch den Bundestag nur möglich ist, wenn gleichzeitig ein neuer Regierungschef gewählt wird. Dieses führte beispielsweise am 1.10.1982 zu einem Regierungswechsel. Helmut Schmidt wurde in seiner Position als Kanzler durch Helmut Kohl abgelöst.

Einschränkend muss allerdings erwähnt werden, dass sich die Autoren des Grundgesetzes darüber einig waren, dass das konstruktive Misstrauensvotum keine „Patentlösung für alle zukünftigen möglichen Regierungskrisen“ darstellt.[8]

Die in dem Art. 68 des Grundgesetzes festgeschriebene Vertrauensfrage, dient ebenfalls zur Stärkung und Stabilisierung des Regierungschefs. Sie besagt, dass in parlamentarischen Regierungssystemen, ein Regierungschef das Recht hat, einen Antrag an das Parlament zu stellen, ihm das Vertrauen auszusprechen. Wird die Vertrauensfrage von der Mehrheit im Parlament verneint, hat das i. d. R. den Rücktritt der Regierung und/ oder die Parlamentsauflösung zur Folge.[9] Wird sie allerdings bejaht, so kann dies eine Bestätigung und damit eine Legitimation des Bundeskanzlers und seiner Regierung bewirken.

Ressortprinzip

Laut dem Artikel 65 des Grundgesetzes Satz 1 bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt für diese Verantwortung (sog. Kanzlerprinzip). Allerdings wird diese Regel in Satz 2 desselben Artikels eingeschränkt. Denn „innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftbereich selbstständig und unter eigener Verantwortung“[10] (sog. Ressortprinzip). Das Ressortprinzip begrenzt also das Kanzlerprinzip, indem es ein „hineinregieren“ des Bundeskanzlers, über den Kopf eines Ministers, in sein Ministerium nicht möglich macht.[11] „Die Alleinverantwortlichkeit des Kanzlers verdrängt und überlagert also keineswegs vollständig die individuelle Ministerverantwortlichkeit gegenüber dem Parlament.“[12]

Kabinettsprinzip/ Kollegialprinzip

Die Begriffe „Kabinettsprinzip“ und „Kollegialprinzip“ werden in der Literatur oft synonym verwendet. In dieser Arbeit wird der Einheitlichkeit wegen, der Begriff „Kabinettsprinzip“ vorgezogen, da er in der Mehrheit der angewandten Literatur gebraucht wurde.

Nach Wolfgang Rudzio lässt die Kabinettskonstruktion des Grundgesetzes die Bundesregierung, im Vergleich zum Kanzlerprinzip, eher wie ein Kollegialorgan erscheinen.[13] Hierfür werden zwei Gründe angeführt:

Zum einen die kollektiven Handlungsbefugnisse nach außen. Hier agiert nicht der Bundeskanzler allein, sondern das Kabinett gemeinsam als Bundesregierung im Gesetzgebungsprozess und zu Bundestagsvorlagen.

Der zweite Grund sind die kollektiven regierungsinternen Kompetenzen. In dem Art. 65 Satz 3 des Grundgesetzes ist festgelegt, dass über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern die Bundesregierung entscheidet. „Bei Meinungsverschiedenheiten ist die Kanzlerin oder der Kanzler allerdings Erster unter Gleichen. Dies bedeutet: Kommt es zum Streit zwischen den Ministerinnen oder Ministern, schlichtet die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler. Das Kabinett muss schließlich mit der Mehrheit zu einer Entscheidung finden.“[14].

Daneben sind auch Vorschläge zur Ernennung politischer und höherer Beamter des Bundes zur Entscheidung dem Kabinett vorzulegen.

3. Führungsinstrumente des Bundeskanzlers

In der Kanzlerdemokratie hat der Bundeskanzler eine hervorgehobene Stellung in der Bundesregierung. Doch allein diese Stellung reicht nicht aus um eine Regierung zu führen. Deshalb stehen dem Bundeskanzler verschiedene Führungsinstrumente zur Verfügung. Diese sollen in dem Folgenden einzeln erläutert werden.

Richtlinienkompetenz

Die Umsetzung der Richtlinienkompetenz ist die eigentliche Basis für die Machtstellung des Bundeskanzlers. „Sie ist das Instrument zur Disziplinierung eines Kabinetts, dessen Zusammensetzung er nicht völlig frei bestimmen kann“[15], denn die Minister müssen innerhalb der von dem Bundeskanzler vorgegebenen Richtlinien agieren.

Die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers ist in dem Art. 65 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) festgelegt.

Art. 65 1 GG

[...]


[1] vgl. Niclauß, K., Kanzlerdemokratie, Paderborn, 2004, S.68 ff

[2] Andersen, U./ Woyke, W. (Hrsg.), Handwörterbuch… Deutschland, 3.Aufl., Opladen, 1997, S.47

[3] Hesse, K., Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, 5. Aufl., Karlsruhe, 1972, S.252

[4] vgl. Brauswetter, H., Kanzlerprinzip, Ressortprinzip und Kabinettsprinzip in der ersten Regierung Brandt, Bonn, 1976, S.4

[5] Sontheimer, K., Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, München, 1971, S.159

[6] vgl. Niclauß, K., Kanzlerdemokratie, Paderborn, 2004, S.69

[7] im Gegensatz dazu gab es in der Weimarer Republik das einfache Misstrauensvotum

[8] vgl. Niclauß, K., Kanzlerdemokratie, Paderborn, 2004, S.70

[9] vgl. Schülerduden Politik und Gesellschaft, 4. Aufl., Mannheim, 2001, Stichwort: Vertrauensfrage

[10] Artikel 65 Satz 2 GG, 40. Aufl., München, 2005, S.33

[11] vgl. Rudzio, W., Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, 6.Aufl., Opladen, 2003, S.293

[12] Andersen, U./ Woyke, W. (Hrsg.), Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, 3.Aufl., Opladen, 1997, S.47

[13] vgl. Rudzio, W., Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, 6.Aufl., Opladen, 2003, S.290

[14] http://www.bundesregierung.de/PureHtml/-,12552.430577/dokument.htm#03

[15] Sontheimer, K. / Bleek, W., Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik, Bonn, 2000, S.309

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kanzlerprinzip
Untertitel
Welche Grenzen hat das Kanzlerprinzip?
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Politisches System Deutschlands und der EU
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V116821
ISBN (eBook)
9783640187218
ISBN (Buch)
9783640188703
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kanzlerprinzip, Politisches, System, Deutschlands
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Nina Eger (Autor:in), 2006, Kanzlerprinzip, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116821

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