Bildungsstandards und -chancen von anerkannten Flüchtlingen im Hinblick auf die berufliche Integration


Studienarbeit, 2020

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Geflüchtete in Deutschland

3 Bildungshintergrund Geflüchteter exemplarisch am Beispiel Syrien

4 Herausforderungen und Lösungsansätze im Rahmen der beruflichen Integration

5 Chancen bei erfolgreicher Integration

6 Fazit/Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Schutzformen

Abb. 2: Entscheidungen über Asylanträge

Abb. 3: Potential einzelner Maßnahmen, Betriebe zur Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze für Geflüchtete zu veranlassen, gemessen am durchschnittlichen Potenzial aller Maßnahmen

Abb. 4: Sektorale Beschäftigungsentwicklung im Basisszenario

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Der Ausspruch „Wir schaffen das!“ war vermutlich eine der umstrittensten Aussagen die während der Amtszeit von Angela Merkel als Bundeskanzlerin gefallen ist (vgl. Müller 2019). Weltweit sind rund 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Gründe sind mannigfach: Verfolgung auf Grund von Religion oder Politik aber auch Naturkatastrophen sorgen dafür, dass auch die Zahl der Geflüchteten in Europa seit 2013 stark zugenommen hat. Als Schutzsuchende wurden 2015 bis 2016 rund 1,2 Millionen Menschen in Deutschland registriert. Mit Ausnahme der Aufnahme von 12 Millionen Flüchtlingen im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg, handelt es sich seit Gründung der Bundesrepublik um den größten Zuzug von Geflüchteten (vgl. Pfeffer-Hoffmann 2016: S. 15). Insbesondere für Deutschland war der Anstieg der Asylanträge signifikant. So zeichnete sich in der Bundesrepublik in den Jahren 2014 bis 2015 ein relativer Anstieg der Asylanträge von über 135%. In Deutschland allein wurden 36,01% aller Asylanträge in der EU gestellt. Sorge zu tragen, für die Teilhabe der Geflüchteten an zentralen gesellschaftlichen Gütern wie Bildung, Wohnen und Arbeit im Rahmen der gesellschaftlichen Integration, stellt eine große Herausforderung dar (vgl. Granato & Neises 2017: S. 100). Nicht zuletzt, da die als ,,Krise“ eingestufte Anzahl an Neuzugängen von Asylbewerbern als wesentlicher Bestandteil dafür gesehen werden kann, dass nationalkonservative Kräfte in vielen europäischen Staaten an Zuspruch gewonnen haben (vgl. Meier 2015). Die Voraussagen der Weltbank prognostizieren eine Stagnation der Bevölkerungszahl der Europäischen Union bei etwa einer halben Milliarde. Indes evolvieren sich die Bevölkerungszahlen des Nahen Ostens und der Staaten Afrikas trotz hoher Auswanderungsprognosen auf knapp drei Milliarden Menschen (vgl. Weltbank 2019). Das Thema Zuwanderung bestimmt also nicht nur derzeit die tägliche Debatte, sondern wird auch in Zukunft einen hohen Stellenwert im politischen Diskurs haben.

Die Integration von Flüchtlingen aus unterschiedlichen Herkunftsländern, Kulturen und sozialen Schichten erfordert Berücksichtigung innerhalb vielfältiger Dimensionen. Der Angelpunkt jedoch, ist klar definierbar: ,,Letztlich wird Integration in all diesen Dimensionen nur gelingen, wenn es auch gelingt, die Integration in den Arbeitsmarkt zu schaffen. Wenn sich Menschen jahrelang nicht in unseren Arbeitsmarkt einbringen können [...] so wird dies Unzufriedenheit und Resignation hervorrufen [...] und letztlich eine bereitwillige Integration in unsere Gesellschaft nahezu unmöglich machen.“ (Wößmann 1 2016: S. 21). Daher soll im Rahmen dieser Arbeit der Forschungsfrage nachgegangen werden, inwiefern eine berufliche Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der Hürden durch Spracherwerb und berufliche Qualifikation möglich ist. Zunächst soll versucht werden, einen weitreichenden Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen Geflüchteter in Bezug auf die Möglichkeiten der beruflichen Teilhabe nach Ankunft der Asylbewerber in Deutschland darzulegen. Im Rahmen der beruflichen Integration sind Informationen zu Bildungsabschlüssen, sowie beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen der Geflüchteten von zentraler Bedeutung (vgl. Stoewe 2017: S. 3). Aus diesem Grund soll im Anschluss der Bildungshintergrund Geflüchteter exemplarisch am Beispiel Syrien mit fundiertem Hintergrundwissen veranschaulicht werden. Ziel ist es, hieraus im Rahmen einer darauffolgenden, kritischen Auseinandersetzung, Herausforderungen für die berufliche Integration abzuleiten und konkrete Lösungsansätze zu diskutieren. Nach einem Überblick über die Chancen, die sich aus einer erfolgreichen Integration ergeben könnten, sollen im Fazit mit Blick auf die Fragestellung noch einmal die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst werden. Hierbei konzentriert sich die Fragestellung in erster Linie auf anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive. Regelungen zur Rückführung von Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive oder rechtliche Hürden beim Asylverfahren selbst werden explizit nicht behandelt.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung aller personalisierten Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für jedes Geschlecht.

2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Geflüchtete in Deutschland

Alle Möglichkeiten Geflüchteter im Rahmen der beruflichen Integration wie Ausbildung, Praktika oder der klassischen Beschäftigung sind grundlegend im Asylgesetz, dem Aufenthaltsgesetz, der Beschäftigungsverordnung sowie dem dritten Sozialgesetzbuch geregelt. Entscheidend für die Beschäftigung ist in erster Linie der Aufenthaltsstatus der jeweiligen Person (vgl. Frintrup 2018: S. 121). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterscheidet drei Personengruppen; die erste Gruppe umfasst die Asylsuchenden. Asylsuchende sind Personen, welche beabsichtigen einen Asylantrag zu stellen, aber noch nicht in Deutschland erfasst worden sind. Diese Gruppe hat keinen Zugang zum Arbeitsmarkt.

Die zweite Gruppe umfasst Asylantragstellende. Hierbei handelt es sich um Asylbewerber, die sich im Asylverfahren befinden und deren Verfahren noch nicht entschieden ist. Während dieser Zeit besteht ein eingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Bedeutung dieses eingeschränkten Zugangs wird am Ende dieses Kapitels im Rahmen einer Übersicht erläutert.

Der Begriff Flüchtling wird im Alltag vielfach als Synonym für die beiden vorangegangenen Gruppen genutzt. Im Asylrecht umfasst er jedoch lediglich die dritte Gruppe: Anerkannte Flüchtlinge. Das BAMF unterscheidet bei anerkannten Flüchtlingen noch einmal vier Schutzarten: Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz und Abschiebeverbot. Je nach Schutzart erhalten die Personen unterschiedliche Aufenthaltserlaubnisse, Möglichkeiten der beruflichen Teilhabe, Niederlassungserlaubnisse, sowie Ansprüche auf Familiennachzug (vgl. BAMF 2019). Auf Grund der Fragestellung sind für diese Arbeit lediglich die rechtlichen Folgen für erstere beiden relevant. Die vier Schutzarten sollen im Folgenden kurz skizziert werden:

Ist jemand auf Grund seiner Rasse, Nationalität oder politischen Überzeugung staatlich verfolgt und ihm drohen bei Rückkehr in das jeweilige Herkunftsland schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, so ist er in Deutschland Asylberechtigt. Der Flüchtlingsschutz hingegen, basiert auf der Genfer Flüchtlingskonvention und ist umfangreicher als die Asylberechtigung. Er greift auch bei Verfolgung durch nicht staatliche Akteure auf Grund der bereits eben genannten Merkmale. Rechtliche Folgen: In beiden Fällen eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre sowie ein unbegrenzter Arbeitsmarktzugang. Greift weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung, es droht der Person aber dennoch ernsthafter Schaden, wie zum Beispiel die Vollstreckung der Todesstrafe oder Folter im Herkunftsland, so gilt der Subsidiäre Schutz. Rechtliche Folgen: Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr sowie ein unbegrenzter Arbeitsmarktzugang. Wenn keine der drei Schutzformen greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebeverbot erteilt werden. Voraussetzungen können vorliegen, wenn Erkrankungen durch die Rückführung wesentlich verschlimmert würden. Es kann unter bestimmten Voraussetzungen auch für ganze Staaten ein Abschiebeverbot erteilt werden. Rechtliche Folgen: Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr sowie ein eingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt (vgl. BAMF 2019). Zusammenfassend lassen sich die vorangegangenen Erkenntnisse als wie folgt grafisch darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Schutzformen (Eigene Darstellung nach BAMF 2019)

Eingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt besagt, dass Geduldete (bestehendes Abschiebeverbot) und Asylbewerber sich stets die Erlaubnis der lokalen Ausländerbehörde einholen müssen, um einer Beschäftigung nachzugehen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Zustimmung der lokalen Arbeitsagentur notwendig (vgl. Frintrup 2018: S. 122).

Wie die Grafik auf der folgenden Seite zeigt, wurde 36,8% der Flüchtlinge im Jahr 2016, dem Jahr mit dem meisten Entscheidungen über Asylanträge, Flüchtlingsschutz respektive Asylberechtigung zugesprochen. Weitere 22,1% erhielten Subsidiären Schutz. 25,0% der Asylanträge wurden abgelehnt. Dementsprechend hatten im Jahr 2016 von 75% in der Bundesrepublik Deutschland verbleibenden Flüchtlingen 58,9% unbeschränkten Arbeitsmarktzugang. Dies entspricht einer Quote von 78,53%. Flüchtlinge mit abgelehntem Asylantrag bedürfen keiner Integration, da sie in ihr Heimatland zurückkehren müssen. Auf Basis der vorliegenden Zahlen werden aus diesem Grund im weiteren Verlauf der Arbeit lediglich die Herausforderungen, Lösungsansätze und Chancen für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive und unbeschränktem Arbeitsmarktzugang diskutiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Entscheidungen über Asylanträge (BAMF 2019)

3 Bildungshintergrund Geflüchteter exemplarisch am Beispiel Syrien

Um zielführend eine Integration in den Arbeitsmarkt gestalten zu können, sind Informationen über den Bildungshintergrund Geflüchteter essenziell (vgl. Stoewe 2017: S. 3). Auf Grund dessen, dass zu Beginn der Flüchtlingskrise der größte Anteil der Erstanträge mit ca. 36% aus Syrien stammt (vgl. Pfeffer-Hoffmann 2016: S. 15), soll im Folgenden ein Abbild des Bildungssystems vor Ort dargelegt werden. Die Herausforderungen hieraus in Rekurrenz auf das Bildungssystem in Deutschland, werden folgend in Kapitel vier dieser Abhandlung herausgearbeitet.

Durch den seit 2011 andauernden Bürgerkrieg sind zahlreiche Bildungseinrichtungen zerstört, besetzt oder für militärische Zwecke umfunktioniert. Der Bildungsbetrieb ist also derzeit stark eingeschränkt (vgl. Stoewe 2017: S. 16) und mehr als die Hälfte der Kinder hat keinen Zugang zu Bildung. Über 200.000 Kinder werden aktuell militärisch belagert (vgl. MKFFI 2016). Medien propagieren sogar eine ,,verlorenen Generation“, die nie eine Schule besucht hat: ,,The risk of losing a generation grows with every day that the situation deteriorates (...). All around them, their dreams and opportunities fort the future being lost“ (UNICEF 2013). Um den Bildungshintergrund Geflüchteter im arbeitsfähigen Alter allerdings erfassen zu können, ist die Bildung vor Kriegsbeginn relevant.

In Syrien ist der Staat seit dem Jahre 1973 zu einem kostenlosen Sozialsystem verpflichtet. Kinder über acht Jahren obliegen der Schulpflicht. An eine neunjährige Pflichtschulzeit kann sich ein Bildungsweg an einer staatlichen Sekundarschule anschließen. Hier werden grundsätzlich die drei Richtungen Handel, Industrie und Landwirtschaft angeboten in welchen ca. 20 Berufe erlernt werden können. Im Rahmen der Vermittlung von Tradition, Kultur und Fachwissen als Union, findet der Unterricht in arabischer Sprache statt. Englisch ist allerdings verpflichtende Fremdsprache ab der ersten Klasse. Im Jahre 2009 besuchten ca. 95% der Kinder eine Grundschule und ca. 58% eine weiterführende Schule. Den Anschluss auf eine Weiterbildung an einer staatliche Sekundärschule schafften gut 22% der Schüler. Dies liegt insbesondere daran, dass der Zugang durch vorangegangene Noten bestimmt wird (vgl. Stoewe 2017: S. 15). Um das Bildungsniveau erfassen zu können, lässt sich auf eine Studie der OECD aus dem Jahr 2016 zurückgreifen. Hier wurden die Ergebnisse der PISA-Studie aus 2012 sowie der TIMSS-Studie aus 2011 im Vergleich der Schülerleistungen aus 81 Ländern der Welt zusammengelegt. In Syrien erreichten ca. 65% der Schüler die absolute Grundkompetenz, wie sie die OECD mit der PISA-Kompetenzstufe Eins definiert hat (vgl. Wößmann 2016: S. 22).

Bei der Berufswahl bestimmt die Nachfrage am Arbeitsmarkt zumeist die Erwartungen der Familie. Interessenbezogene Berufswahl existiert grundsätzlich nicht (vgl. Stoewe 2017: S. 41). Die berufliche Ausbildung funktioniert im Kern des Dogmas „Learning by Doing“. Im beruflichen Bereich gingen rund zwei von drei Flüchtlingen (64,1%) einer bezahlten Erwerbstätigkeit nach. Da allerdings kein institutionalisiertes Ausbildungssystem, wie zum Beispiel in Deutschland besteht, sind entsprechende Fertigkeiten zumeist nicht durch einen formalen Berufsabschluss zertifiziert (vgl. Granato & Neises 2017: S. 29).

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Bildungsstandards und -chancen von anerkannten Flüchtlingen im Hinblick auf die berufliche Integration
Hochschule
Fachhochschule des Mittelstands
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
22
Katalognummer
V1168898
ISBN (eBook)
9783346589385
ISBN (Buch)
9783346589392
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chancen und Risiken, Berufliche Integration, Flüchtlinge, Bildung, Bildungshintergrund, Syrien, Chancen, Herausforderungen
Arbeit zitieren
Christian Büsching (Autor:in), 2020, Bildungsstandards und -chancen von anerkannten Flüchtlingen im Hinblick auf die berufliche Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1168898

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