Die keltische Religion in Irland und ihre Beeinflussung durch die Christianisierung


Diplomarbeit, 2007

65 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zielsetzung und Fragestellung

3. Theorie und Methodik

4. Christianisierung Irlands
4.1. Ein Überblick
4.2. Der heilige Patrick und seine Mission in Irland
4.3. Die getrennte dogmatische Entwicklung des Christentums in Irland

5. Die keltische Religion in Irland
5.1. Aussersprachliche Befunde in Form von Kultbildern
5.2. Lebor Gabála Érenn
5.3. Die Bedeutung der Druiden in der keltisch-irischen Religion
5.3.1. Druiden, Barden und Filidh in der irischen Gesellschaft
5.3.2. Die Beeinflussung des Druidentums durch die Christianisierung – im Speziellen durch den heiligen Patrick
5.4. Die religiöse Überhöhung des Königtums in der keltisch-irischen Religion
5.5. Der Kannibalismus in Irland
5.6. Die Kopfjagd und der Schädelkult in der irisch-keltischen Religion
5.7. Das Fasten – als magische Kraft in der irisch-keltischen Religion und im irischen Christentum
5.8. Die Jenseitsvorstellungen in der irisch-keltischen Religion
5.8.1. Die Beeinflussung der Jenseitsvorstellungen durch das Christentum
5.9. Die Götter der irischen -keltisch Religion
5.9.1. Brigit
5.9.2. Lug
5.9.3. Nuadu
5.9.4. Lug und Nuadu, in der irischen und walisischen Literatur - ein Vergleich
5.10. Die irisch-keltischen Feste und ihre Beeinflussung durch das Christentum
5.10.1.Samain – das Fest des 1. November
5.10.2.Imbolc – das Fest des 1. Februar
5.10.3.Beltaine – das Fest des 1. Mai –das Sommer- und Lichtfest
5.10.4.Lugnasad – das Fest des Königs
5.10.5 Beeinflussung der "Hohen irisch-keltischen Feste" durch die Christianisierung

6.0. Zusammenfassung

7.0. Schlussfolgerungen und Diskussion

8.0. Nachwort

9.0. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Zeit um Christi Geburt war für Irland, in seiner Entlegenheit die neue Nachbarschaft der Römer auf der britischen Insel, die bis dahin keinen angeseheneren Feind in Europa gehabt hatten als die Kelten, eine kritische Situation. Trotzdem war auch unter diesen Verhältnissen Güter- und Informationsaustausch möglich. Dadurch wurden die irischen Kelten mit den neuen geistigen Bewegungen jenseits ihrer Insel konfrontiert. Was von den Essenern, einer jüdischen Gemeinschaft mit ordensähnlichem Charakter und den Gnostikern aus dem Osten nach Westen drang, war ein Weltenmythos aus Apokalypse und einer vorderasiatischen Erlösungslehre, die zur Befreiung des Menschen aus seinem materiellen Gefängnis, mehr von der Erkenntnis, als vom Glauben ausging. Alles, was die Spätantike an religiöser Philosophie entließ, deutete über die Zeitenwende hinaus auf einen revolutionären Umbruch hin, der sich auf den britischen Inseln der Römer als seinem Medium bediente. Für die Iren muss sich damals schon ein entscheidender Anstoß zur Hinwendung zum Christentum vollzogen haben (Meyer-Sickendieck 1996, 40-43).

Irland hatte sich während der römischen Okkupationszeit in Europa und Britannien, gemäß seiner nordwestlichen Randlage außerhalb des römischen Reiches unauffällig verhalten. Irland hat an der mit intellektueller Hemmungslosigkeit geführten Auseinandersetzung um die neue Religionslehre in den nachchristlichen Jahrhunderten nicht teilgenommen, sondern ihr von der Britannica Romania her ohne großes Aufhebens auf eigene Weise Zugang verschafft. Anders als auf dem Festland, wo sich wie in einer riesigen Arena ein anspruchsvolles Publikum zur Gala lateinischer Rhetorik traf, vernahm man hier in Irland kaum etwas von den Dissonanzen des dogmatischen Dialogs, sondern eher etwas vom anschwellenden Akkord christlichen Bekennertums. Bis die Informationen nach Irland kamen, waren alle pseudo-wissenschaftlichen Spitzfindigkeiten ausgeschieden. Übrig blieben die Grundzüge des Glaubens und seine ethische Substanz. Wenn auch erst die von Eusebius von Cäsarea (260 bis 339), Vater der Kirchengeschichte, geschriebene Chronik der Christenverfolgung der Nachwelt hinreichend über diese unruhige Epoche unterrichtete, haben sich mit Sicherheit auch schon zu seiner Zeit besonders drastische Einzelheiten selbständig gemacht und das Ohr der ungetauften Welt erreicht. Hiefür waren die raumgreifenden Bewegungen der ersten germanischen Völkerwanderung nicht ohne Bedeutung. In diesem Zusammenhang spielten die christlichen Soldaten, auf die Rom wegen der wachsenden Anfälligkeit seines Imperiums nicht verzichten konnte und die für die neue Lehre besonders anfälligen Sklaven bei der Verbreitung solcher Nachrichten eine wichtige Rolle. Sie erfuhren mehr, je häufiger sie bei Truppenverschiebungen und der damit verbundenen Ortswechsel und Besetzung ziviler Verwaltungsstellen ihren Standort wechselten. Im 2. Jahrhundert. breiteten sich dann die Greuelberichte der Christenverfolgungen durch die römischen Gottkaiser aus. Im Jahr 303 setzte die letzte mit grausamer Systematik betriebene staatliche Christenverfolgung unter Diokletian ein. In Britannien gab es fünf Gemeinden in welchen Christen hingerichtet wurden. Diese Ereignisse, so nahe an der irischen Küste wirkten unter Umständen auf die Iren alarmierend. Meyer-Sieckendick (1996, 47) gibt der Frage Ausdruck, ob nicht die Ogham Steine schon erste Hinweise auf christliche Einflüsse aufweisen, bevor die nach der Christianisierung hinzugefügten Kreuze ihren heidnischen Charakter neutralisierten.

Im Jahre 380 wurde das Christentum die Staatsreligion im römischen Reich. Mehrfache Gründe und Erscheinungsformen sind kennzeichnend für das Besondere des frühen irischen Christentums. Die Ordnung der Stämme und Druiden hatte im Gegensatz zu den Verhältnissen auf dem Festland keine Staatsreligion entstehen lassen, die durch einen Machtkampf hätte abgelöst werden müssen. Das Druidentum nahm das Christentum mehr oder weniger freundlich auf und ging eine Synthese ein. (Meyer-Sickendieck 1996, 51).

2. Zielsetzung und Fragestellung

In vorliegender Arbeit soll versucht werden, die vorchristliche Religion der Kelten in Irland, hier als irisch-keltische Religion bezeichnet, wenn überhaupt möglich, zu vergegenwärtigen und vom christlichen Einflussbereich gesondert zu betrachten. Dabei soll die Organisation der damaligen Religion, die Priesterschaft, die Fest- und Opfertätigkeit und letztlich die Götterwelt untersucht werden. Zu jeder vorchristlichen Darstellung soll aber auch die Beeinflussung durch das Christentum gestellt werden. Als Ausgangsliteratur wurden die Arbeiten der Keltologen Maier (2001), Birkhan (1997) und McCone (1990) herangezogen.

3. Theorie und Methodik

Die einzige sich anbietende Art über das vorchristliche Irland zu schreiben ist dementsprechende Quellen heranzuziehen. Die Hinterlassenschaften, wie archäologische Funde, Inschriften etc, welche auf die irisch-keltisch Religion hinweisen oder Auskunft darüber geben, sind sehr dünn gestreut. Maier (2001, 34) unterscheidet grundsätzlich folgende Quellen der keltischen Religionsgeschichte

- außersprachliche
- literarische
- epigrafische Zeugnisse

Birkhan (1997) geht noch mehr ins Detail und unterscheidet zwischen:

- indigenen Texten
- Nachrichten bei antiken Autoren
- archäologischen Funden in Form indigener Bilder
- anderen archäologischen Befunden
- Etymologien und andere sprachwissenschaftlichen Argumenten
- indogermanischen Parallelen
- inselkeltischen literarischen mittelalterlichen Quellen
- späteren Brauchtum vor allem bei den Inselkelten und
- neuzeitlichen Erzähltraditionen bei den Inselkelten.

Birkhan`s Einteilung lässt sich natürlich wunderbar in die drei Hauptgruppen von Maier eingliedern. An dieser Stelle möchte ich kurz auf die einzelnen Quellengruppen eingehen und der Frage nachgehen, welche dieser Quellen für die vorliegende Arbeit relevant sind. Unter den außersprachlichen Quellen verstehen wir Bodenfunde, also unmittelbare Überreste, die für die Erforschung der keltischen Religion von großem Wert sind. Literarische Zeugnisse bezeichnet Maier (2001, 34) lediglich als Tradition und die epigrafischen Quellen tragen, nach Maier`s Meinung den Charakter unmittelbarer Überbleibsel und liefern in ihrer sprachlichen Ausformungen wertvolle Interpretations-punkte. Konkret versteht Maier (2001, 34) unter den außersprachlichen Quellen in der keltischen Religionsforschung:

- Überreste kultischer, ritueller oder magischer Handlungen, hierher gehören auch die von Birkhan (1997) erwähnten "indigenen Texte". Er versteht darunter alle Arten von Aufzeichnungen in denen die Kelten zu uns sprechen. Also Inschriften auf schwer oder leicht transportierbaren Objekten wie Fluchtafeln, Weihesteinen etc.)
- Kultstätten, die ein unterschiedlich hohes Maß an baulicher Gestaltung erkennen lassen
- Produkte des Kunsthandwerkes, die kultischen, rituellen oder magischen Zwecken dienten, zu ergänzen sind hier noch die von Birkhan (1997) als "indigene Bilder" bezeichneten Darstellungen. Gemeint sind damit Darstellungen mit oder nur mit knappen Begleitinschriften. Vor allem die keltische Ornamentik wie Fischblasenstil, Palmetten oder Spiralen, Fratzen und Triskelen seien an dieser Stelle zu nennen
- Gräber und die damit verbundenen Zeugnisse des Totenbrauchtums

Literarische Quellen sind nach Maier (2001, 40):

- Nachrichten antiker Beobachter in griechischer und lateinischer Sprache
- mittelalterliche Angaben zur Religion der vorchristlichen Zeit in lateinischer und irischer Sprache, ergänzend dazu der Punkt Birkhan`s, den er als "späteres Brauchtum" bezeichnet
- Keltische Mythen in irischen, kymrischen und altfranzösischen Literaturwerken, diese beinhalten natürlich auch die von Birkhan bezeichneten inselkeltischen Quellen und die neuzeitliche Volkstradition.

An dieser Stelle möchte ich die Punkte Maier`s noch durch solche von Birkhan (1997, 451-455) ergänzen:

- Etymologien, darunter versteht man die Suche nach der ursprünglichen Bedeutung eines Wortes (Brikhan, 1997, 451)
- Indogermanische Parallelen, hier sind vor allem die indogermanischen Dichtersprachen mit allen heldenepischen Literaturwerken relevant (Birkhan, 1997, 455).

Nachdem Irland von Rom nie erobert wurde, sind Nachrichten antiker Beobachter über das vorchristliche Religionsgeschehen in Irland vernachlässigbar und erst die Berichte aus dem Mittelalter haben hier Bedeutung. Viel wichtiger sind für uns an dieser Stelle die mittelalterlichen Quellen, die Angaben über die vorchristliche Zeit in Irland geben. Nur einige wenige stammen tatsächlich aus der Epoche der Christianisierung, die meisten aus späterer Zeit.

Zu den wichtigsten Quellen dieser Gruppe gehören zunächst die hagiografischen Texte, die von den Auseinandersetzungen der christlichen Glaubensvertreter mit ihrer heidnischen Umgebung berichten. Eine wesentliche Rolle spielt diesbezüglich die lateinische Vita des heiligen Patrick, auf die ich in dieser Arbeit noch mehrmals eingehen werde. Sie wurde um 670 AD von einem irischen Geistlichen namens Muichú geschrieben. Die älteste irische Lebensbeschreibung des heiligen Patrick, die "Vita tripartita", wurde erst um 900 AD zu Papier gebracht. Patrick selbst verfasste in lateinischer Sprache die Confessio und den Brief an Coroticus. Aus der Zeit des Muirchús stammt auch die älteste Lebensbeschreibung der heiligen Brigit durch den geistlichen Cogitosus, die irische Parallelschrift Berthu Brigit stammt als ältester hagiografischer Text aus dem 9. Jahrhundert. Etwa um 830 entstand, der 365 vierzeilige Strophen umfassende, Heiligenkalender des Oengus (Felire Oenguso), in dem der Verfasser die christliche Gegenwart Irlands mit der heidnischen Vergangenheit konfrontiert (Maier, 2001, 42). Neben den Heiligenlegenden steht uns historisch erzählende Literatur zur Verfügung. Die keltologische Forschung des 19. Jahrhunderts gliederte diese Quellengruppe in Zyklen. Um Christi Geburt spielten nach mittelalterlicher Anschauung die Erzählungen des Ulsterzyklus. Heute wird dieser Zyklus als Spiegelbild der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Verhältnisse in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausend nach Christi Geburt angesehen. Früher wurde sie als eine ergiebige Quelle der vorchristlichen irischen Kultur betrachtet (Maier, 2001, 42). Größte Bedeutung hat die umfangreichste Erzählung aus dem Ulsterzyklus, "Die Geschichte des Rinderraubs von Cualinge“ (Táin Bó Cuailnge. Daneben seien noch erwähnt, die Erzählungen von "Oengus" "Traumgesicht" (Aislinge Oenguso), "Die Geburt CúChulainns" (Compert Chon Culainn), "Vom Cophur der beiden Schweinehirten" (De chophur in da muccida), "Das Wegtreiben der Rinder Froechs" (Táin Bó Froich), "Die Erzählung vom Schwein des Mac Da Thó" (Scéla mucce Meic Dathó) und "Die Zerstörung der Halle Da Dergas" (Togail Bruidne Da Derga) (Maier, 2001, 42). In der Zeit vor der Christianisierung spielen auch die Erzählungen des Finn- oder Ossianischen Zyklus. Held ist dort Finn mac Cumaill, welcher Krieger und Seher war. Weitere Schilderungen der vor- und frühchristlichen irischen Kultur findet man in den Erzählungen über die Könige Lugaid mac Con (Cath Maige Mucraine), Conn Cétchathach (Baile in Scáil), Cormac mac Airt (Esnada Tige Buchet), Niall Noigiallach (Echtra mac n-Echach Muigmedóin), Mongán mac Fiachna (Compert Mongáin) und Suibne mac Colmáin (Buile Suibne) (Maier 2001, 44). Eine ausführliche Geschichte Irlands von der Erschaffung der Welt bis ins 11. Jahrhundert enthält das "Buch der Einnahme Irlands" (Lebor Gabála Érenn), welches biblische, klassische und einheimische Überlieferungen miteinander verbindet . Ich gebe an späterer Stelle eine Kurzfassung der Lebor Gabála Érenn wieder:

Epigrafische Zeugnisse:

- dabei handelt es sich überwiegend um Weiheinschriften für Götter und Göttinnen und sind vereinzelt auch in anderen Texten wie kultische Kalender, sakralrechtliche Bestimmungen, Grabinschriften und rituelle Verwünschungen bezeugt
- man unterscheidet zwischen Inschriften in lateinischer Sprache, Inschriften in gallischer Sprache, Inschriften in keltiberischer Sprache und Inschriften in lepontischer Sprache

Von Irland sind Ogam-Inschriften, meistens aus dem 5. und 6. Jahrhundert AD, bekannt. Sie stellen frühe Zeugnisse aus dem Einflussbereich des Christentums in Irland dar. Generell enthalten diese Ogam-Inschriften nur Personen- und Stammesnamen. "Ogam" ist ein Schriftsystem, bei dem es sich um aufgemalte oder eingeritzte Striche handelte, die eine senkrechte Linie durchkreuzen oder sie in unterschiedlichen Winkeln schnitten. Das Ogam-Alphabet hatte zwanzig Buchstaben. Das Ogam-Alphabet basierte auf Konsonanten- und Vokalgruppen und war von der lateinischen Schrift inspiriert. Steine mit Ogam-Inschriften wurden in ganz Irland gefunden, besonders viele im Süden und waren vom 3.Jahrhundert bis zum 8. Jahrhundert in Mode. Viele davon sind Grabsteine. In den irischen Sagen ist auch von Inschriften aus Holz die Rede, manchmal auch in Verbindung mit Druiden (Green 1998, 67ff).

Die literarischen Quellen machen bei weitem den umfangreichsten Bereich der irischen religionsgeschichtlich relevanten Grundlagen aus. Archäologische und epigrafische Quellen sind nur sehr spärlich vorhanden.

Das Problem der gesamten literarischen Quellenkunde ist, und das darf man nicht außer Acht lassen, dass die Texte von christlichen Mönchen im irischen Frühmittelalter geschrieben wurden und es daher nicht klar ist wie weit die irisch- keltische Religion von der christlichen überdeckt ist.

4. Die Christianisierung in Irland

4.1 ein Überblick

Bevor ich in die irisch-keltische Religion einsteige möchte ich einen kurzen Überblick über die Christianisierung Irlands geben, um ein möglichst genaues Bild der damaligen Situation darzustellen. Die Christianisierung Irlands wird von Padberg (1998, 65) auch als irischer Sonderweg bezeichnet. Durch Chlodwigs Bekehrung zum Christentum konnte das römische Christentum im Kerngebiet Westeuropas Fuß fassen, allmählich wurden die Franken christianisiert und der Polytheismus geriet immer mehr ins Abseits. Nordwestlich des alten Limes wurde noch immer Odin verehrt. Die Franken versuchten die Alemannen und die Baiern zu bekehren. Um die heidnischen Nachbarn in England, Friesland und Sachsen kümmerte sich aber niemand. So mussten andere aktiv werden, nämlich die Iren und die Angelsachsen. Vom westlichen Rand Europas kommend trieben sie vor allem im 7. Jahrhundert die Christianisierung des Kontinents voran. Bevor sie diese zukunftsträchtigen Aufgaben in Angriff nahmen, mussten sie aber selbst das Evangelium kennen lernen. (Meyer-Sickendieck, 1996, 37). Irland lag damals am Rande der Welt. Von den Römern nicht erobert, war Irland von der antiken Welt ziemlich unberührt geblieben. Die Iren wurde zu einer Zeit Christen, als ihre britischen Nachbarn von heidnischen Invasoren bedrängt wurden. Die genauen Abläufe des religiösen Wandels auf Irland, lassen sich nur unvollständig nachvollziehen. Das scheinbar einzige richtige Datum der irischen Missions-geschichte ist eine Nachricht des Chronisten Prosper Tiro von Aquitanien (390-463). Nachdem im Jahre 431 ein gewisser Palladius von Papst Coelestin (422-432) als Bischof zu den an Christus glaubenden Iren geschickt worden ist. Wie das Christentum vor Palladius, im 4. Jahrhundert, nach Irland kam ist nicht klar. Meyer-Sickendiek (1996, 38) schreibt in ihrem Buch, dass die Ausbreitung des Christentums vor Palladius durch die Emigration großer Volksgruppen eine wichtige Rolle spielte. Nach dem Sieg Caesars über Gallien im Jahre 58 BC hatten keltische Auswanderer in großer Zahl die römisch besetzten Gebiete in Richtung Britannien und Irland auf dem Seeweg verlassen. Nachdem die neue Glaubenslehre sich nicht nur in Rom, sondern auch in anderen Städten Italiens etabliert hatte, setzten schon zu Ende des 2. Jahrhunderts die Flüchtlingsströme wieder ein, weil der römische Kaiser Decius eine drastische Christenverfolgung durchführte (Meyer-Sickendieck 1996, 38-39). Abgelöst wurde Palladius dann von Patrick, der sehr erfolgreich die Christianisierung weiterführte und zum Landesheiligen wurde.

Patrick kam etwa 385 AD in Taburniae (Grafschaft Cumberland, Nordwestengland) als Sohn eines Legionärs und späteren Diakons namens Calpornius zur Welt. Schon sein Großvater Potius war Priester gewesen und die Familie scheint einen hohen Stellenwert innerhalb der römischen Gemeinde gehabt zu haben.

Während eines groß angelegten Überfalls der Iren (Scoten) an Britanniens Westküste geriet der sechzehnjährige Patrick in Gefangenschaft und wurde als Sklave verkauft. Er diente sechs Jahre als Hirte bei einem keltischen Häuptling in der späteren Grafschaft Antrim. Letztendlich gelang ihm die Flucht und er fand eine Schiffsüberfahrt zurück nach England.

In seinen Träumen manifestierte sich seine Bestimmung zur Christianisierung Irlands. Er studierte im Kloster St. Honorat auf den Lerins-Inseln (bei Cannes, Südfrankreich), danach bei Germanus in Auxerre in Burgund. Obwohl seine Bildung und sein Schriftstil als nicht ausreichend empfunden wurden – die prägenden Jahre hatte er ja auf der Weide verbracht – ernannte man ihn 432 AD zum Nachfolger des ersten irischen Bischofes Palladius.

Er begann im Westen und Norden der Insel zu predigen. Er rief die Menschen mit Paukenschlägen herbei. Interessanterweise genoss er sehr schnell die Unterstützung der örtlichen Kleinkönige, die sich vom Christentum eine straffe Organisation und damit leichtere Regierbarkeit der wilden Iren versprachen. Da Patrick während seiner Gefangenschaft die gälische Sprache gut gelernt hatte, konnte er seine Predigten in der Landessprache halten. Überdies scheint er begabt und realitätsnah gelehrt zu haben. Als Beispiel sei hier die Erklärung der Dreifaltigkeit an Hand eines dreiblättrigen Kleeblatts erwähnt. Das dreiblättrige Kleeblatt wurde später zum Symbol Irlands. All das dürfte es den Iren erleichtert haben den neuen Glauben anzunehmen. Die größte Herausforderung bei der Christianisierung Irlands waren für Patrick die Druiden, welche ihn zu vernichten versuchten. Er trat aber immer wieder im direkten Wettstreit gegen sie an. Ab 444 AD teilte Patrick die Insel in Diözesen ein. Als deren Oberhäupter setzte er alte Freunde und Gefährten, die er schon aus Gallien kannte, ein. Er selbst baute seine Bischofskirche in Armagh, am Sitz des Hochkönigs, übrigens auch heute noch das religiöse Zentrum Irlands. Dort starb Patrick 461 AD.

Seine Attribute sind:

Mitra, Kreuzstab; Schlangen – weil er der Legende nach alles giftige Getier von der Insel Irland vertrieb. Deshalb ist dies auch das Symbol für die Ausrottung des Heidentums.

Das Kleeblatt – weil er die Wesensgleichheit der drei göttlichen Personen Vater, Sohn und heiliger Geist mit Hilfe eines Kleeblattes erklärte;

Flammen – er soll mit seinem Stab ein Loch in die Erde gestoßen haben, aus dem das Höllenfeuer emporschlug mit welchem er seine Zuhörer zur Buße und Reue bewegte;

Schafe und Kühe – Symbole für Irland und sein Amt als Oberhirte der irischen Gläubigen (Quelle: Lexikon der Heiligen 2006, 333-335).

Insgesamt kann man die Christianisierung Irlands als einen lange andauernden Prozess annehmen. Außerdem nahm in Irland die christliche Kirche einen wesentlich anderen Entwicklungsweg als auf dem Kontinent. An dieser Stelle möchte ich

Kriterien anführen welche die christliche Kirche in Irland zu etwas Besonderem machte:

- eine Herausbildung einer beachtlichen Kultur, deren Buchkunst bis heute Bewunderung hervorruft
- eine besondere Organisationsstruktur
- die Gemeinden waren nach dem Ordnungsgefüge der irischen Stämme in einzelne Klosterverbände und deren Gründungsheiligen zugeordnet
- die Äbte und nicht die Bischöfe waren die Glaubenshelden, denn auf Grund ihres asketischen Lebens galten sie als bessere Wundermänner oder Heilsmittler
- die irische Kirche stellt sich somit als Konföderation von Mönchsgemein-schaften dar
- die in den Klöstern praktizierte Buße
- das Konzept der Peregrinatio

Alle Sünden mussten gebeichtet werden und in Bußbüchern, einer neuen Gattung, wurde aufgelistet, welche Kompensationsleistung der Christ dafür zu leisten hatte. Entscheidend war dabei, dass die Buße als Strafe und nicht als bessernde oder heilende Aufgabe verstanden wurde. Es wurde nicht nach der Intention gefragt, nein, nach der Tat und damit traten die äußeren Werke und Leistungen in den Vordergrund. Es kam nicht auf die ethische Besserung an, sondern auf den Tarifausgleich. Man konnte sich sogar von der Bußleistung freikaufen indem man einen Stellvertreter für die eigenen Sünden büßen ließ. Folglich folgte auf die Tat die Buße, nach der Reue wurde nicht gefragt. Etwa tausend Jahre später bildete dann die Ablasshandlung den Schlusspunkt dieser Entwicklung. Damit zusammenhängend enstand die Peregrinatio (Angenendt, 1982, 55ff.). Zu den Bußstrafen konnte die Verbannung aus dem Stamm oder noch extremer von der Insel gehören. Irische Mönche begannen nun als asketische Draufgabe solchen Verlust der Heimat freiwillig auf sich zu nehmen. Vorbild dabei war Abraham, der auf Gottes Ruf hin Verwandtschaft und Vaterland verlassen hatte (Gen. 12,1). Die irischen Mönche taten dies zum eigenen Seelenheil. Nebenbei verkündeten sie in der Fremde das Evangelium und so wurde der "irisch- christliche Sonderweg" ein entscheidender Anstoß für die weitere Christianisier-ung Kontinentaleuropas (Angenendt, 1982, 58). Ich möchte an dieser Stelle aber erwähnen, dass es auch andere Meinungen zur irischen Kirche und ihrer Stellung im Christentum gibt und dort nicht von einem irischen Sonderweg gesprochen wird.

Ab 590 AD führten also irische Mönche die Christianisierung außerhalb ihrer Heimat weiter. Erwähnenswert ist Columcille (Columban von Hy, 520-597), der im Jahre 563 nach Schottland ging. Wesentlich berühmter war allerdings Columban der Jüngere (543-615), der 590 mit 12 Gefährten die Peregrinatio auf dem Kontinent begann. Durch die beispielhaft vorgelebte Kombination von Gebet und Arbeit schaffte Columban am Kontinent ein neues christliches Arbeitsethos. Die Zeit war reif für ein vertiefendes Christentum, denn allein in Gallien erhöhte sich die Zahl der Klöster von 220 auf 550 vom Ende des 6. Jahrhunderts bis zum Ende des 7. Jahrhunderts. Anfang des 8. Jahrhunderts ging der Einfluss der Iren in Europa zurück. Er prägte aber nachhaltig die christliche Entwicklung in Europa (Padberg, 1998, 68).

War auch die christliche Religion im römischen Britannien seit der vorkonstan-tinischen Zeit bekannt, so hatte sie doch in Irland und Schottland nur wenig Verbreitung gefunden. Papst Coelestin sandte 431 den zum Bischof geweihten Palladius nebst vier anderen Missionaren nach Irland. Diese fanden dort einige Christen, hatten aber weinig Erfolg in ihrem Wirken. Palladius begab sich daher nach Nordschottland, wo er bald darauf starb. Der eigentliche Apostel Irlands wurde aber der ursprünglich Sucat genannte heilige Patrick.

(Quelle: Beda Ven. Hist.eccles.gent.Angl. I 4 13).

Die Christianisierung in Irland könnte sozusagen von oben nach unten (Birkhan 1997, 474-475) gegangen sein. War der Stammesfürst einmal nach der Niederlage seiner Druiden für das Christentum als die stärkere Religion gewonnen, so konnte der Glaubenswechsel bei den Untertanen verhältnismäßig leicht durchgesetzt werden. Dies wäre eine Erklärung für die Erfolge des heiligen Patricks, der ja über weite Strecken alleine agierte (vgl. auch Birkhan 1997, 475). Es müßten hier aber auch andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden bzw. untersucht werden. Bei der Christianisierung Irlands verstanden es die Mönche scheinbar besonders gut, die christlichen Grundsätze mit der vorchristlichen keltischen Religion in Einklang zu bringen. Als Beispiele seien die keltischen Menhire genannt, die durch Krönung mit einem Kreuz und Einmeißelung verschiedener christlicher Heilsszenen sozusagen christianisiert wurden (Menhir von Rungleo, von Douzec oder von Waterville (Co.Kerry, Danaher, 1982, 226). Birkhan (1997, 475) meint dazu, dass das Heidentum für die Iren als überwundener Zustand galt, dessen man sich nicht schämte, sondern es aus wissenschaftlichem Interesse in Erinnerung halten wollte. In Irland stießen zwei "Kulturen", eine heidnische Gedächtniskultur und eine christlich-monastische Schriftkultur aufeinander. Die Mönche sahen es als Ziel die erste in die zweite zu integrieren (Birkhan 1997, 475 mit Hinweis auf Gaechter 1970). Irland war noch stark geprägt von der waffenkultischen Eisenzeit und der "fianna". Das Land war in verschiedene Königssitze aufgeteilt. Durch die Prdigten Patricks wurde bald der "chieftain vin Dichu" zum Christentum bekehrt. Von den Regionalherren erbat er sich die Errichtung von Kirchen und Klöstern und baute so seine christlichen Glaubensvorstellungen immer weiter aus. Er trat allen Stammesfürsten und Druiden furchtlos gegenüber, diese wurden, wenn auch nicht gleich bekehrt, doch stutzig. Berühmt ist sein gezielter Vorstoß gegen ein sakrosanktes, durch Todesstrafe geschütztes Gebot, wonach zum höchsten keltischen Fest, dem "Feis Beltaine" nur der Hochkönig das neue Feuer entzünden durfte. Dieses Ritual wurde schon lange Zeit überliefert und deckte sich mit dem damaligen Datum des Osterfestes. Zur Nacht mussten alle Feuer erloschen werden, damit von Hand des Herrschers die kultische Flamme, für alle von weitem sichtbar, als das erwartete "neue Feuer" auf der Königsburg in Tara entzündet werden konnte. Patrick, um für Christus zu zeugen, entzündete in jener Nacht ein Signalfeuer, welches weithin sichtbar war. König Loaghaire zitierte Patrick an seinen Hof. Aus dieser Begegnung erfolgte zwar nicht die Todesstrafe für Patrick, aber auch nicht die Taufe für Loaghaire. Wenn der Auftritt Patricks vor Loaghaire mit szenischem Beiwerk wie Sitzordnung und Speisefolge ausgeschmückt wurde, so haben zwei schriftliche Überlieferungen aus dem Mittelalter dazu den Hintergrund geliefert, nämlich das "Book of Leinster" aus dem 12. Jahrhundert und das "Gelbe Buch von Lecan" aus dem 15. Jahrhundert. Demzufolge erschien Patrick in der fünfschiffigen "Banquet Halle" von Tara vor Loaghaire und hielt eine dramatische Ansprache mit allen literarischen Stilmerkmalen jener Zeit. Zusätzlich zielte seine Rede darauf ab, mit sich selbst die Reihenfolge der bis in die Vorzeit zurückgehenden Anführer keltischer Stämme, vom legendären CuChulainn über Niall von den neun Geiseln bis zu CormacMac Airt (3.Jht AD) gleichrangig fortzusetzen, und zwar dort, wo sich die Genealogie der Goidelen bis auf einen der heroischen Vorväter der irischen Rasse, Fene Fersaid, zurückführen ließ.

(Quelle: The patrician Texts in the Book of Armagh, ed. und trans. by Bieler 1979, 85).

Angeblich wurde der Turm zu Babel von jenen siebzig chieftains gebaut, die in direkter Linie von ihm abstammten. Nach Meyer-Sickendieck (1996, 83) knüpften Anfang des 20. Jahrhunderts britische Juden an, um auf dem Gelände von Tara nach der verschollenen Bundeslade zu suchen, natürlich vergeblich. Ein weiterer Grund davon auszugehen, dass Tara eine Art Nationalheiligtum gewesen sein musste.

Auf Grund seiner Herkunft und seiner Erziehung in kontinentalen Klöstern setzte Patrick seine natürliche Überlegenheit mit kluger Berechnung ein. Immer waren es zuerst Könige um die er warb und die er nach und nach für das Christentum gewann. Betrachtet man die Zahl der Kirchen und Klöster die in seiner Zeit entstanden sind, so haben sich sehr viele bekehren lassen. Um 450 AD erschien Patrick auf dem Felsen von Cashel, welcher heute Mittelpunkt eines Bistums ist. Dort taufte er angeblich Aengus (Meyer-Sickendieck, 1996, 42).

Patrick überschritt seinen päpstlichen Auftrag, nämlich sich um die irischen Christen zu kümmern und sie im Sinne der lateinischen Kirche zu organisieren, bei weitem. Das Mönchswesen nahm unter seiner Patronnanz einen gewaltigen Aufschwung. Im größten Ulster-Königreich Emhain Macha gründete Patrick im Jahr 445 die Hauptkirche des Landes unter den Augen der alten Druidenmacht. Es gelang ihm auf einem der ältesten heidnischen Siedlungsplätze rund um Armagh seine Metropolkirche zu gründen. Scheinbar schaffte er das, ohne offenen Bruch mit der heidnischen Vergangenheit der Iren (Nemec-Birkhan, 1989, 190).

Absolut erstaunlich ist die Bedeutung der Askese, welche durch die Christianisierung in Irland eine fundamentale Integration in der keltischen Kirche erlangte. Sie geht scheinbar auf das Koptentum zurück. Patrick hielt an dieser büßenden Form der Religiosität fest. Hier möchte ich ein Beispiel der Askese erwähnen, welches bereits seit 1500 Jahren durchgeführt wird. Zwischen Juni und August suchen viele Iren die karge Moor- und Heidelandschaft um den See Derg auf. Auf einer kleinen Bußinsel kasteien sich die Menschen drei Tage lang. Neben Beten und Fasten (es wird nur trockenes Brot und ungesüßter schwarzer Tee konsumiert) werden barfuss eine Reihe von Rundprozessionen durchgeführt. Diese Übungen werden immer in Rechtsdrehung (deisal) nach vorchristlichem Kult durchgeführt, niemals linksläufig (widdershin) aus Furcht vor schlechter Vorbedeutung, angeblich wird diese Furcht noch verstärkt, weil auf Tara ein Fluch lastet (Nemec-Birkhan 1989, 190).

4.2 Der heilige Patrick und seine Mission in Irland

Beschäftigt man sich mit der Christianisierung von Irland, dann kommt man nicht umhin über den heiligen Patrick zulesen, der bei genauer Betrachtungsweise der Literatur letztendlich auch in dieser Arbeit als Kernperson der irischen Christianisierung hervorgeht.

In Irland hatte man scheinbar ein spezielles Gesellschaftssystem, die "tuath-Ordnung" Das bedeutete einerseits eine starke Unterwürfigkeit des Stammesfürsten (a tuath) gegenüber dem Großkönig (great king), dieser wiedrum zum König der Größkönige (king of the great kings) und es bedeutete andererseits eine starke soziale Bindung zwischen den Stämmen (tribals). Das brachte für die Christianisierung folgende Szenarien (siehe Kelly 1988, 1-16):

- wenn der tuath den neuen Glauben annahm, folgte ihm generell sein Gefolge problemlos nach
- wenn der tuath aber ablehnte, war es unwahrscheinlich, dass sich sein Gefolge gegen ihren Chef entschied

Der heilige Patrick erkannte diese Situation sehr schnell und er folgerte richtig daraus, dass der christliche Glaube und das Priesteramt in Irland von oben nach unten und nicht von unten nach oben verbreitet werden musste, so stellt man sich das zumindest heute vor.

Man weiß wenig über den religiösen Glauben und die Kulte vor der Christianisierung von Irland. Es deutet vieles darauf hin, dass der gemeinsame Glaube an die Sonne wahrscheinlich war. Es ist anzunehmen, dass es keine Tempel gab, aber Altäre in der Natur gab und Idole, meist in Form von Steinsäulen, die angebetet wurden. Auch Götter und Göttinnen spielten in der irischen Mythologie eine Rolle. Es gab kein Priesteramt und es gab keine einheitliche Organisation der keltischen Religion, welche als national in Irland hätte bezeichnet werden können. Es ist daher verständlich, dass diese Art von Heidentum nicht lange hätte bestehen können gegen die starken Waffen einer organisierten Religion welche über das römische Europa schwappte. Das Heidentum ist natürlicherweise tolerant gegenüber einem neuen Aberglauben als zusätzlicher Facette. Günstig für die Verbreitung des Christentums wirkte sich die fehlende priesterliche Missgunst aus. Ausschlaggebend dürfte sich die christliche Mystik und Eucharistie ausgewirkt haben. Die Moral des christlichen Glaubens bzw. die Hoffnungen die er bereitstellte, dürften die heidnische Bevölkerung kaum dazu veranlasst haben den Glauben zu wechseln. Ein taktisch kluger Zug von Patrick war es, den heidnischen Aberglauben nicht auszurotten, sondern nebenbei bestehen zu lassen. Die verantwortlichen Hauptfiguren für Zauberei und Wahrsagerei in Irland waren die Druiden (siehe Kapitel 5.3.). Die irischen Druiden standen im Einklang mit den gallischen Druiden, allerdings nicht in allen Bereichen. Sie erfreuten sich über ein übernatürliches Können und Wissen, den Fähigkeiten der Dichtkunst und über das Wissen der Rechte und Geschichte ihres Landes. Sie gaben den Königen Rat und unterrichteten deren Kinder. Sie praktizierten Vorhersagen in verschiedenen Formen mit Ruten aus Eibenholz. Die große Ehrfurcht, die Ihnen entgegen gebracht wurde, resultierte natürlich von ihren prophetischen Kräften. Sie konnten Wind aufkommen lassen, die Ebene mit Dunkelheit bedecken und Gegenstände in Nebel einhüllen, sodass sie unsichtbar wurden. Die Druiden bildeten keine Priesterklasse aus und in ihren Funktionen dürften sie eher Auguren gewesen sein. Ihr Äußeres war charakteristisch. Sie rasierten sich die Köpfe von einem Ohr zum anderen. und trugen weiße Kleider. Es war natürlich klar, dass die Druiden nicht erbaut waren über die neue Religion, die ihre Positionen existentiell bedrohte. Die Kunst der Wahrsagerei und die Zauberkräfte wurden vom neuen Glauben verdammt. Die Gegenwehr der Druiden war aber nicht sehr effektiv, da sie nicht national organisiert waren. Patrick hatte erkannt, dass es ein Vorteil für die Verbreitung der christlichen Kirche sei, wenn man den Dämonen der aktuellen heidnischen Macht Achtung schenkte und auf derselben intellektuellen Ebene agierte. Der Glaube der irischen Heiden an ihre Dämonen erforderte eine besondere Institution seitens der Christen. Es wurden also Exorzisten ausgebildet. Deren Aufgabe war es, die Teufel an den neu getauften auszutreiben. Patrick hatte immer Exorzisten in seinem Gefolge, diese waren äußerst wichtig für das Überreden der abergläubischen Heiden. Somit war es möglich den heidnischen Zauberern auf gleicher Ebene zu begegnen, da diese ja an die Zauberei glaubten. Patrick war wie die Heiden völlig überzeugt, dass die Kraft der Druiden real war. Er wusste aber auch, dass die Kräfte und Mächte der Druiden streng limitiert waren, wobei die Kraft seines Gottes grenzenlos war. Patrick hätte nie zu einem irischen Druiden sagen können: "Dein Zauber ist Betrug, dein Zauber kann keinen Geist heraufbeschwören oder die Kräfte der Natur kontrollieren und du kannst nicht vorhersagen was kommen wird!" Er würde gesagt haben: " Ja, du kannst solchen Zauber mit der Unterstützung der bösen Mächte machen, aber jene bösen Kräfte sind Teil von den guten Kräften, deren Religion ich predige!"

(Quelle: The Life of St. Patrick and his place in History, Bury, 1971, 77-79).

Ein wichtiger Punkt bei der Christianisierung durch Patrick war die mentale Zustimmung der christlichen Priester zu den heidnischen Druiden, hinsichtlich deren Glauben an die Wirksamkeit der Zauberei. Ein nicht unwesentlicher Punkt bei der Verbreitung des christlichen Glaubens dürfte aber auch die Beibehaltung von Mysterien und Riten gewesen sein. Es wäre nicht denkbar gewesen eine neue theologische Lehre einfach und schmucklos, alleine ausgestattet mit der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod einerseits und seinen neuen Idealen andererseits über die halbe Welt zu verbreiten (Bury, 1971, 82).

4.3. Die getrennte dogmatische Entwicklung des Christentums in Irland

Ergänzend zur Christianisierung sei erwähnt, dass das irische Mönchtum scheinbar vieles mit dem ägyptischen gemein hat. Wahrscheinlich es sogar von diesem übernommen hat (Löwe 1982 in: Meyer-Sickendick, 1996, 54). Es scheinen wirklich einige Ägypter nach Irland gekommen zu sein. Wissenschaftler wie Graves (1891, 45) oder Wakeman (1891, 123) waren der Meinung, dass es viel mehr direkte Kontakte zwischen Irland und Ägypten gegeben habe, als man vermuten könnte. Gestützt wurde diese Aussage durch die auffällige Übereinstimmung in der Vielfalt der frühchristlichen, ägyptischen und der frühmittelalterlichen irischen Formen des Kreuzzeichens. Die monastische Bewegung und ihr damit verbundener moralischer Impuls erreichte auf unbekannten Wegen die irische Küste. In weiterer Folge wurde durch die positive Aufnahme dieser Bewegung eine vom Festland getrennt dogmatische Entwicklung des Christentums aufgenommen, die sich in der keltischen Kirche wieder fand. Es ist sehr erstaunlich, dass sich am anderen Ende der damaligen Welt, in Irland, wesentlich mehr an Einflüssen aus dem frühen koptischen Mönchstum erhalten hat als in jedem anderen europäischen Land. Das koptische Taukreuz, aus dem Anch, dem pharaonischen Heils- und Lebenszeichen hervorgegangen, muss sehr früh nach Irland gelangt sein. Auf Tory, einer der unwirtlichsten Inseln vor der Nordküste der Grafschaft Donegal ragt eine dieser fremden Kreuzformen über dem Atlantik auf. Wenn es ein Beispiel für die entsagungsvolle Lebensführung des thebäischen Mönchtums im Westen gibt, dann ist es diese klippenreiche Insel (Meyer-Sickendiek 1996, 54).

5. Die keltische Religion in Irland

5.1.Aussersprachliche Befunde in Form von Kultbildern

An dieser Stelle möchte ich kurz, weil es nicht sehr viel darüber zu berichten gibt, auf die Kultbilder eingehen. Hier tritt wiederum das Problem der mittelalterlich-christlichen Sichtweise auf. Irisch-keltische Schilderungen vorchristlicher Kultbilder wurden häufig unter Verwendung biblischer und patristischer Vorbilder phantasievoll ausgeschmückt. Sie haben daher wenig bis gar keinen religionsgeschichtlichen Quellenwert. Charakteristisches Beispiel dafür, ist die Beschreibung des aus Gold und Silber gefertigten Götzen Cenn Crúach, welcher der Vita tripartita zufolge bis zu seiner Zerstörung durch den Heiligen Patrick umgeben von zwölf weiteren Idolen aus Erz auf der Ebene Mag Slécht gestanden habe (Maier 2001, 126-132). Im Gegensatz dazu sind die Aussagen antiker Autoren wesentlich aussagekräftiger, da sie sich anhand der Bodefunde überprüfen lassen.

Im Vergleich zu anderen keltischen Ländern gibt es generell in Irland wenige Kultbilder. Sie können mit hoher Wahrscheinlichkeit in die vorchristliche Eisenzeit datiert werden. Als Beispiele sind zu nennen:

- die Darstellung eines dreigesichtigen Kopfes aus Corleck (Co. Cavan)
- eine Steinfigur aus Tanderagee (Co. Cavan)
- Skulpturen an den Außenmauern wie im Kapitelhaus der Kathedrale auf dem Hügel des ehemaligen Ringforts Navan Fort.

Menhire von Rungleo, von Douzec oder von Waterville (Co.Kerry), nach

Hutton (1993, 156-160).

Ob Elemente der vorchristlichen Ikonografie über den Glaubenswechsel hinaus lebendig blieben, erscheint eher zweifelhaft, denn während die frühchristliche Kunst des Mittelmeerraums in vielfältiger Weise an die Tradition der klassischen Antike anknüpft, kann man entsprechende Einflüsse von Seiten der vorchristlichen Tradition in den keltischen Ländern nicht nachweisen. Möglich erscheint es, dass auf irischen Hochkreuzen Szenen aus der vorchristlichen Mythologie abgebildet wurden und mit Hilfe des typologischen Verfahrens im christlichen Sinne umgedeutet worden sind. Es gibt hiefür allerdings keine eindeutigen Beweise. Als absolut gesichert gilt aber, dass von den knapp 100 identifizierten Bildern, die meisten von den Erzählungen des Alten und Neuen Testaments und einige wenige von Motiven der christlichen Hagiografie inspiriert worden sind. Diese Erkenntnis ist ein Ergebnis der umfassenden Dokumentation von Harbison (1992, 555-576). In diesem Zusammenhang sei noch auf die Steinskulpturen in Irland hingewiesen, die unter der Bezeichnung Sheela-na-Gig bekannt sind. Dabei handelt es sich um Darstellungen unbekleideter, betont unansehnlicher weiblicher Gestalten in Frontalansicht, die dem Betrachter mit unmissverständlicher Geste ihr Geschlecht zur Schau stellen. Man findet diese Skulpturen in Irland vorzugsweise an Außenmauern, sowohl von Kirchen als auch von profanen Gebäuden. Neuere Untersuchungen in stilistischer Hinsicht konnten nachweisen, dass der Typus der Sheela-na-Gig zuerst in Südwestfrankreich und Nordspanien auftritt, von wo aus er nach England und im Zuge der anglo-normannischen Eroberungen nach Irland gelangte. Ihr Ursprung ist daher in mittelalterlich-christlichen Anschauungen zu suchen und steht zweifellos im Zusammenhang mit generellen Tendenzen der romanischen Kunst, die weibliche Sexualität verächtlich zu machen. Nicht geklärt ist allerdings in diesem Zusammenhang das spezifisch irische Auftreten dieser Skulpturen außerhalb von Kirchengebäuden, etwa an Burgmauern und Schlossmauern. Man vermutet, dass dabei eine apotropäische Wirkung beabsichtigt wurde, aber es handelt sich trotzdem um ein mittelalterlich-christliches Phänomen, für welche es keine vorchristlichen Vorläufer oder Vorbilder gibt (vgl.Hutton 1993, 156-160).

5.2. Lebor Gab á la Ė renn

An vorderster Stelle möchte ich den wichtigsten Mythos der irisch-keltischen Religionsgeschichte, die Lebor Gabala (das Buch von der Besitzergreifung Irlands), welche aus der altirischen Tradition bekannt ist, zuerst im Buch von Leinster, als erste Redaktion aus dem 12. Jht. (siehe Birkhan 2004, 37-43) auszugsweise wiedergeben. Damit möchte ich einen Einblick in die altirischen Glaubens- und Landnahmevorstellungen ermöglichen. In der Lebor Gabala ist von 5 Einwanderungen die Rede. Das Resultat dieser synthetischen Geschichtsbetrachtung ist, dass verschiedene Vorfahren der Iren mit dem Namen Eber erscheinen. Welche von der Iberischen Halbinsel, vom Kaukasus, vom Ebro oder aus dem hebräischen Gebiet stammen können. So soll eine der Urmütter der Iren, Scota, eine Pharaonentochter gewesen sein. Die erste Frau die irischen Boden betreten haben soll, war Cesair, eine Enkeltochter des Noe.

Die 1. Einwanderung ist die des Partholon aus Spanien. Er landete am 1. Mai (später als Beltaine- Fest bekannt). Partholon hat mit seinen Leuten Irland urbar gemacht, neue Lochs sind damals entstanden. Eine Epidemie raffte alle, außer Tuan mac Cairill dahin. Das war die Strafe dafür, dass Partholon seine Eltern gemeuchelt hatte. Es gibt aber noch eine Alternative zur ersten Einwanderung. Cesair, die Enkelin des Noe geht mit ihren Begleitern, außer dem Fintan in der Sintflut unter.Bereits zur Zeit Partholons verheeren die Fom ó ri unter ihrem monströsen Herrscher Cichol Gri-Cenchos das Land. Sie werden später von Partholon besiegt.

Die 2. Einwanderung erfolgte unter Nemed ("der Heilige") und seiner Nemesier aus Spanien (oder dem Skythenland). Nemed ist mit einer der drei Muttergottheiten (Machas) vermählt, nach welcher die Ebene von Macha (Macha Magh) in Süd-Ulster benannt ist. Die Nemesier unterliegen den Fom ó ri in der Schlacht um den Turm des Conan (angeblich auf Tory Island im Nordwesten der Insel, Birkhan 1997) und kehren, soweit sie die Schlacht überlebt haben auf den Kontinent zurück. Ein Teil geht in den Norden und lernt dort die Zauberei. Der zweite Teil geht in die Bretagne und wird zu Bretonen. Der dritte Teil gerät in die griechische Knechtschaft.

Die 3. Einwanderung bringt drei Völker auf den Plan, die man nach der dominierenden Gruppe meist abgekürzt Firbolg nennt. Diese Firbolgs werden auch Sack- oder Balgleute genannt. Sie mussten im griechischen Frondienst, Erde in Ledersäcken auf die Felsen tragen, um das Bergland in Ackerland umzuwandeln. Die Firbolgs erhoben sich gegen ihre Herren und machten aus ihren Ledersäcken, mit denen sie die Erde getragen hatten, Boote. Mit diesen Booten gelangten sie nach Irland. Ihnen wird die Erfindung des keltischen Fellbootes, curach genannt, zugeschrieben. Als Nachkommen der in Griechenland versklavten Nemesier arrangierten sie sich mit den Fom ó ri. Für die alten Iren galten sie als ihre Götter. Aus dem Volk der Firbolgs stammte die Fruchtbarkeitsgöttin Tailtiu, die spätere Ziehmutter des Gottes Lug.

Die 4. Einwanderung führt die T ú atha D é Danann aus dem Nordosten nach Irland. Der Name Túatha Dé Danann entspricht etwa, wie Birkhan (1997) meint " die Stämme der Göttin Danann". Die T ú atha D é Danann sind Nachkommen des Nemed, die im Osten Zauberei gelernt haben und in einen magischen Nebel gehüllt, am 1. Mai landeten. Sie verbrannten ihre Schiffe und besiegen in der Schlacht von Mag Tuired ("Ebene der Türme") bei Cong in Co.Mayo die Firbolgs. Die Firbolgs erhalten Wohnsitze in der Provinz Connacht. Wo noch im 17. Jahrhundert einzelne Familien auf sie zurückführen sind. Die Befestigung von Dun Aengus auf Inishmore (Co. Galway) gilt als Firbolgbau. Aus dem Firbolgrest von Leinster gingen der große Held Finn mac Umaill und die als "fian" bezeichnete Kriegergesellschaft hervor.

Wiederum am 1. Mai landet als letzte der fünf mythischen Einwandererscharen, die des "Spaniers" Mil. Diese Milesier sind nun die Vorfahren der späteren Goidelen, also des q-keltischen Bevölkerungsanteils der Iren. Vor allem wegen des Namens ihres Anführers Mil Espane hat man sie aus Spanien oder Südwestfrankreich hergeleitet. Insbesondere hielt O'Rahilly (1940, 103) sie für dort ausgewanderte Quariates "Kesselleute" wozu er sich auf den altirischen Namen Ca(i)rith/Cairid berief. Diese Annahme konnte aber nie bewiesen werden. Die Landung der Milesier enthält nach Birkhan (1997) einige sehr archaische Momente, die von großem religions-geschichtlichen Interesse sind. Es sind die drei Beschwörungen des Amairgen Glungel (Geburt des Klagegesanges). Die Milesier landeten im Südwesten der Insel bei Slieve Mish. Bald trafen sie mit der Königin der Tuatha De Danann, Banba, zusammen. Sie wollte Amairgen davon überzeugen, dass die Eroberung der Insel nicht rechtens sei, wenn es aber nicht anders ginge so sollte die Insel wenigstens nach ihr benannt werden. Amairgen stimmte ihr zu. Weiter im Landesinneren trafen sie die nächste Königin namens Fotla, sie forderte dasselbe und es wurde auch ihr versprochen. Im Innersten Irlands trafen sie auf Eriu, die 3. Königin und auch diese stellte dieselbe Forderung. Amairgen löste das Problem so, dass der Hauptname der Insel nach Eriu benannt wird, während Banba und Fotla die dichtersprachlichen Benennungen des Landes wurden. Die Milesier trafen bei Tailtiu (Teltown Co.Meath) auf die Tuatha De Danann, es kam zur Schlacht. Die drei Königinnen und ihre Ehemänner kamen um. Die überlebenden Götter mussten sich in unterirdische Höhlen und vorzeitliche Hügelgräber zurückziehen. Dort leben sie seitdem als aes side "Volk der Grabhügel" (auch Elfen und Feen). Der Dagdae wies jedem Gott seinen Elfenhügel zu, es kam jedoch zu allerlei Streitigkeiten. Resultat war, dass Aengus Mac Oc, Sohn des Dagdae, das größte Hügelgrab, nämlich Bruig na Boinne (Newgrange Tumulis Co. Meath) bewohnte. Nach der Niederlage wählte die Tuatha De Danann zwei neue Könige: Bodb Derg, einen Sohn des Dagdae und Manannan mac Lir, den Meeresgott. Es kam zum Kampf der Anhänger der beiden Könige.

Grundsätzlich glaubten die Leute, dass die Götter in den Elfenhügeln als lebende Tote, genannt "fairies", air. aes side "Volk der Grabhügel". Die Verehrung der Tuatha De Danann ist also vom Ahnenkult nicht zu trennen. Die verehrten Ahnen konnten zu Heroen und diese auch zu Göttern werden, aus denen dann nach der Christianisierung die "fairies" wurden. Die "fairies" sind ein Volk der Vorzeit, das beweist ihr Umgang mit veralteten Bronzegeräten. Sie haben ein gestörtes Verhältnis zum Eisen. Die T ú atha D é Danann und ihre Verwandten können sich nach Belieben sichtbar und unsichtbar machen und auch zeitweilig ihre Hügel verlassen, besonders zu samuin. Die Túatha Dé Danann sind selbst eingewandert und waren nicht von Anfang an da. Die Túatha Dé Danann können auch verwundet werden, so wie wir es auch von den Göttern bei Homer kennen (Aphrodite oder Ares). Die Tuatha De Danann können auch sterben und würden so eigentlich mehr den griechischen Heroen entsprechen. Es ist in der irischen Mythologie nicht klar, wo die Götterwelt aufhört und die Heroenwelt bzw. der Welt der menschlichen Helden beginnt. Eine ganz scharfe Trennlinie zwischen Menschen und Göttern, zwischen Irdischen und Überirdischen gibt es genauso wenig wie zwischen „Dieser Welt“ und der "Anderen Welt", dem gewöhnlichen Aufenthaltsort von Göttern, Dämonen und Toten. (Quelle:Birkhan, 2004, Lebor G á bala É renn, Das Buch von der Besitzergreifung Irlands; Ausg. & Übersetzung: R.A.S. Macalister, Lebor G á bala É renn The Book of the Taking of Ireland, Bd.4, Macalister 1941).

Ich denke es ist gut an dieser Stelle noch verschiedene Interpretationsmodelle über die Lebor Gabála vorzustellen:

McCone (1990, 55) stimmt an dieser Stelle mit Snowcroft (1987) welcher die Lebor Gabála als synthetische irische Geschichte überein. Sie stellt eine Fusion von Fakten und Phantasie ursprünglicher, also heidnischer und lateinischer, folglich also christlicher Tradition dar. Das wiederum stattete die irischen Literaten mit ihrer eigenen Mythologie aus. Das heißt Historie und Wiederinkraftsetzen von Gesetzmäßigkeiten einerseits und andererseits von Sagen, Annalen und Chroniken, zu welchen man Hagiographien, Genealogien, Topographien und das Recht dazuzählen darf. Birkhan (1997, 479) zitiert Mori`s Arbeiten aus den Jahren 1993 und 1994, in welchen dieser die Lebor Gabála einerseits in die biblische Tradition stellt und sie andererseits als Propagandaschrift für das Hochkönigtum interpretiert.

Eine Kombination lokaler, mythischer und sagenhafter Überlieferungen mit der frühmittelalterlichen Klostergelehrsamkeit liefern die Ortssagen, die unter der Bezeichnung Dindsenchas überliefert sind. Das "Glossar Cormacs" (Sanas Cormac) gibt Aufschlüsse darüber, welche Vorstellungen lateinisch gebildete Autoren des 9. und 10. Jahrhunderts von der vorchristlichen irischen Religion hatten. Auch muss man jene Texte berücksichtigen, die Stoffe und Motive aus der vorchristlichen Mythologie verarbeiten. Auch sie können wertvolle Rückschlüsse auf die vorchristlich-irische Religion geben. Man findet Vorstellungen von einer, der Menschenwelt parallelen Geisterwelt in den alt- und mittelirischen Erzählungen des "Mythologischen Zyklus", sowie in den thematisch verwandten Geschichten aus dem Bereich der "Wunderbaren (See-) Reise" (echtrae bzw. immram). Als die bedeutendste Erzählung des "Mythologischen Zyklus" gilt die "Geschichte der Schlacht von "Mag Tuired" (Cath Maige Túired), in welcher, von dem in der mythischen Vorzeit stattgefundenen Kampf des zauberkundigen Volkes der Túatha Dé Dannan gegen die dämonischen Fomóire berichtet wird.

5.3. Die Bedeutung der Druiden in der irisch- keltischen Religion

Die Rolle der Druiden in Irland scheint eine ganz besondere gewesen zu sein (Guyonvare'h & Le Roux 2003, 12). Es ergibt sich aber bei der Nachforschung eine grundlegende Problematik, da die Druiden in lateinischen und volkssprachlichen Werken zwar überaus häufig erwähnt werden, jedoch fast alle betreffenden Texte erst lange nach der Christianisierung aufgezeichnet wurden und zusätzlich bereits das frühe hagiografische Schrifttum um die beiden Heiligen, Patrick und Brigit, den Druiden nach dem Vorbild biblischer und apokrypher Priester und Zauberer zeichnet. Es gab auch in den zwei folgenden Jahrhunderten nach Patricks Wirken in Irland ein organisiertes Heidentum. Dieses wird in der ersten Synode des heligen Patricks deutlich gemacht. Es gibt dort eine Bestimmung die es der Kirche verbietet Almosen von Heiden anzunehmen. Sie bestimmt auch die Buße, wenn vor einem heidnischen Priester ein Eid abgelegt wurde. Muirchús Bericht über die Auseinandersetzung des heiligen Patricks mit dem Druiden des König Logaires ist durchaus nach dem Vorbild der Konfrontation Moses mit den Zauberern des Pharao von Ägypten (in Exodus 7) und dem Konflikt des Petrus mit dem hellenistischen Wundertäter Simon Magus (Apostelgeschichte 8,9-24) vergleichbar und phantasievoll ausgeschmückt. Die Folge daraus ist natürlich die Schwierigkeit der Einschätzung des Wertes solcher Quellen im Einzelfall. Muirchús Darstellungen verfolgen in erster Linie erbauliche und didaktische Absichten. Wider besseres Wissen ordnete er zeitgenössische Realität den literarischen Konventionen, die sein Publikum erwartete, unter. Es taucht daher die Frage auf, was die mittelalterlichen Autoren überhaupt noch von den Druiden wissen konnten. Darüber hinaus ist auch zu überprüfen, ob die uns erhaltenen Texte tatsächlich dieses Wissen oder aber theologisch motivierte Anachronismen und literarische Klischees widerspiegeln. Vergleicht man unter diesem Aspekt die Aussagen der antiken und mittelalterlichen Quellen, so finden im Speziellen die Auffassung der Druiden als Philosophen, sowie Caesar`s Hinweis auf eine landesweit hierarchisch gegliederte Organisation der keltischen Priester in inselkeltischen Texten überhaupt keine Entsprechung. Die inselkeltischen Quellen lassen auch keine besondere Beziehung der Druiden zur Eiche erkennen, obschon die rituelle oder magische Funktion bestimmter Bäume ansonsten durchaus erwähnt wird. In der irischen Hagiografie wird andererseits vor allem die Fähigkeit der Druiden, seine Gegner durch eine rituelle Verfluchung zu bedrohen und mit Zaubersprüchen die Wirklichkeit zu manipulieren, wovon in den antiken Texten überhaupt nicht die Rede ist. Eine wirkliche Gemeinsamkeit zwischen den druidischen Traditionen ist die Beziehung der Druiden zur Mantik, andererseits findet die in den antiken Texten oft betonte Funktion der Druiden bei Opferhandlungen in den inselkeltischen Texten nur sehr selten Erwähnung. In Irland sind Druiden in zwei Arten der Frühliteratur nachgewiesen. Die eine besteht aus Texten in irischer Volkssprache wie etwa dem Ulster-, dem Mythologischen- und dem Fenn-Zyklus. Die andere sind die Vitae früher irischer Heiliger wie Patrick und Brigit. Beide wurden zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert AD in christlichen Klöstern niedergeschrieben oder verfasst. Das heidnische Druidensystem in den Sagentexten gleicht im Wesentlichen dem, wie oben bereits erwähnt, von klassischen Autoren wie Cäsar beschriebenen. In der irischen Sagenliteratur erscheinen die Druiden religiös wie politisch ungemein machtvoll und einflussreich. Die Beschreibung ihres Tun und Lassens deutet auf eine enge Verbindung zu den Königen hin (siehe Kapitel 5.4.). Die Druiden waren die Mittler zwischen Gott und der irdischen Macht, und da sie die Zukunft vorhersagen konnten, brauchten die Könige für ihr politisches Vorgehen den Rat der Druiden. Bei näherer Betrachtung stellt man eine geradezu verblüffende Ähnlichkeit der irischen Druiden mit den warnenden Propheten des Alten Testaments fest, vor allem mit Samuel und Nathan, über die Gott das Vorgehen Sauls und Davids zu lenken suchte. Samuel und Nathan bedienten sich der Zukunftsdeutung um den göttlichen Willen zu ergründen. Die negative und etwas düstere Haltung dieser Propheten zu ihren Königen erinnert an irische Druiden wie Cathbadh von Ulster. Cathbadh nimmt in der irischen Literatur sicher einen besonderen Platz ein und ich möchte an dieser Stelle einen kurzen Ausschnitt aus dem Ulsterzyklus bringen um die Bedeutung des Druiden Cathbadh zu untermauern. "Im Zentrum des frühmittelalterlichen Ulsterzyklus steht die Táin Bó Cuailnge (Der Rinderraub von Cooley). Eine der Hauptpersonen ist der Druide Cathbadh, ein Mann von gewaltigem Einfluss, Hofdruide und Vater oder Pflegevater des König Conchobar von Ulster. Cathbadh`s Wesen ist schillernd. Bevor er Hofdruide wurde, hat er eine vagabundierende Kriegerbande, die Finna, angeführt. Cathbadh ist nicht nur Conchobars Berater sondern wirkt auch als Lehrer. In der Táin heißt es, er habe in der Schule bei der Königsfestung Emain Macha junge Adelige in Druidenkünsten wie der Deutung von Omen und Vorzeichen ausgebildet. Cathbadh wohnte bei seinem Sohn Conchobar mac nessa. Einhundert lernbegierige lernten Druidenkünste bei ihm. Einmal fragte ihn einer, wofür dieserTag günstig sei. Cathbadh sagte, der Name eines Kriegers, der sich an diesem Tag erstmals rüste, werde in Irland auf immer für mächtige Taten stehen und Erzählungen über ihn hielten sich ewig. Aber Cathbadh fügt unheilverkündend hinzu:" Wer sich heute zum ersten Mal wappnet wird Ruhm und Größe erreichen. Doch sein Leben wird kurz sein". Dies hörte auch CúChulainn, damals noch ein Knabe, der Irlands größter Held werden sollte. Als er die Worte des Druiden hört, verlangte er sofort Waffen von König Conchobar. Nachdem CúChulainn alle Waffen zerbrochen hat, die man ihm gibt, akzeptiert er schließlich die Ausrüstung des Königs. CúChulainn erfüllt Cathbadhs Prophezeiung. Er erlangt übermenschliche Kraft, Tapferkeit und Schönheit und erringt viele Siege über die Feinde Ulsters. Doch er stirbt an den Ränken und dem Zauber von Medb, der Kriegerkönigin von Connacht und CúChulainns schlimmster Feindin. Vergeblich versuchen Cathbadh und die anderen Königsdruiden CúChulainns Schicksal abzuwenden, aber Medb`s Kräfte sind stärker. Sie nimmt Cailitins Kinder in ihren Dienst und unterrichtet sie in der Hexenkunst um den Helden in den Tod zu locken. Die Hexen und Zauberer beschwören Illusionen erbitterter Schlachten herauf, in die sich CúChulainn einmischen will. Die Druiden und die Ulster-Mannen versuchen den verführerischen Schlachtlärm mit Geheul zu übertönen; dennoch unterlag CúChulainn der Täuschung. Das Ende des Helden trägt klare Züge druidischen Zaubers: Als die Feinde nahen, trifft er auf drei Druiden, deren jeder sich einen von CúChulainns drei Speeren erbittet. Einem Druiden etwas abzuschlagen brachte Unglück, und außerdem drohten sie, ihn und Ulster mit Schmähungen zu entehren. Zweimal schleudert Cú Chulainn einen Speer und tötet damit jedes Mal einen der Druiden. Den dritten Speer aber fängt der Krieger Lugaid auf und wirft ihn zurück zu CúChulainn und tötet ihn."

(Quelle: The Ancient Irish Epic TaleT á in B ó C ú alnge ed. & trans. by J. Dunn, 1914).

[...]

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Die keltische Religion in Irland und ihre Beeinflussung durch die Christianisierung
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Indogermanistik)
Veranstaltung
Diplomarbeit
Note
gut
Autor
Jahr
2007
Seiten
65
Katalognummer
V116915
ISBN (eBook)
9783640196616
ISBN (Buch)
9783640205127
Dateigröße
843 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religion, Irland, Beeinflussung, Christianisierung, Diplomarbeit
Arbeit zitieren
DI. Mag. Dr. Robert Fischer (Autor:in), 2007, Die keltische Religion in Irland und ihre Beeinflussung durch die Christianisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116915

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