Helmuth Plessners Konzeption des Homo absconditus


Hausarbeit, 2014

20 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einführung in Plessners Konzeption einer Philosophischen Anthropologie

3. Der Begriff Leben aus Sicht der Plessnerschen Philosophischen Anthropologie

4. Homo absconditus als zentrale Bestimmung der Plessnerschen Konzeption des Menschen

5. Die Exzentrische Positionalität als Grundstruktur des Homo absconditus

6. Schlussbetrachtung und Ausblick

1. Einleitung

Mit der Frage „ Was ist der Mensch “ als philosophischer Grundfrage ist die philosophische Anthropologie um Erkenntnis der Natur des Menschen bemüht. Die Fragestellung der vorliegenden Hausarbeit fokussiert auf Plessners Philosophische Konzeption der menschlichen Natur. Ziel der Ausführung ist es, die Bedeutung des Konzeptes des Homo absconditus innerhalb des Gedankengebäudes Plessners herauszustellen. Um diese Fragestellung systematisch auszuarbeiten werden die folgenden Aspekte der Plessnerschen philosophischen Anthropologie betrachtet:

Zunächst wird eine Einführung in Helmuth Plessners philosophische Anthropologie gemacht, die von der Fragwürdigkeit des menschlichen Wesens ausgeht, und in der Erforschung des Menschens eine skeptische Perspektive in den Mittelpunkt stellt (2). Anschließend wird das Konzept des Lebens als Kernbegriff seiner anthropologischen Reflexionen thematisiert (3), um daraufhin seine Konzeption des Homo absconditus als fundamentale menschliche Wesensbestimmung zu erläutern (4), die es schafft, die Unergründlichkeit des Menschen als positiven Aspekt vor jede Bestimmung des Menschen zu setzen, und dabei Einheit und Offenheit und Konstanz und Variabilität durch die Bestimmung der menschlichen Grundstruktur als Entzugsstruktur verbindet und dem Menschen einen ihn schützenden, verborgenen Kern zugesteht. Zuletzt wird die Grundstruktur des Homo absconditus anhand der Exzentrischen Positionalität näher bestimmt, die durch die Konstellation von Begriffen wie Weltoffenheit, Wurzellosigkeit, Geschichtlichkeit näher feststellbar ist (5). Die Wesensbestimmung bei Plessner verweist auf einen Möglichkeitsraum, der eine Offenheit in der Festlegung, mit Rücksicht auf die Zeitlichkeit des Lebendigen, entgegen einer Zielfixierung oder teleologischen Idee befürwortet. Durch eine systematische Betrachtung der fundamentalen Ansätze der Plessnerschen philosophischen Anthropologie soll in der Schlussbetrachtung gezeigt werden, dass ein begriffliches Spannungsverhältnis zwischen Plessners Überwindung dualistischer und einseitiger Auffassungen der menschlichen Natur mit seiner Vorgabe einer einheitlichen Konzeption der komplexen menschlichen Natur vorhanden ist, die sich zunächst widerspruchsfrei behandeln lässt, wobei jedoch bei näherer Betrachtung eine dualistische Spaltung bestehen bleibt (6).

2. Einführung in Plessners Konzeption einer Philosophischen Anthropologie

Grundlage der schriftlichen Ausarbeitung sind insbesondere die in den Gesammelten Schriften unter dem Titel Conditio humana zusammengetragenen Aufsätze unterschiedlicher Jahrgänge. Daneben fand eine intensive Auseinandersetzung mit Plessners Hauptwerk Die Stufen des Organischen und der Mensch neben der Berücksichtigung der Werke Macht und menschliche Natur sowie Ausdruck und menschliche Natur aus der Reihe der Gesammelten Schriften statt.1 Die Auswahl der Texte erfolgte aufgrund der Relevanz zur Beschreibung des Begriffs des Homo absconditus sowie der Hauptmerkmale der Plessnerschen Philosophie.

Ausgangspunkt der Plessnerschen Konzeption einer Philosophischen Anthropologie ist ein verloren gegangener Maßstab zur Beschreibung des Menschen. Den Menschen wird ein in viele gegensätzliche Interessen gespaltenes gesellschaftliches Leben angeboten, und somit ein Ungleichgewicht durch miteinander konkurrierende Wertesysteme. Neben einem Pluralismus der praktischen Orientierungen ist auch die theoretische Orientierung durch Aufspaltung der Wissenschaft in viele Einzeldisziplinen uneinheitlich.2 Der Mensch ist im Zerfall gefestigter Werte, nicht zuletzt durch Autoritätsverlust einer theologischen Weltordnung, neben der Pluralität und Geschichtlichkeit menschlicher Normensysteme3, somit zunächst allein seinem Fundament als Naturwesen verbunden, fragwürdig geworden.

Die Fragwürdigkeit des Menschen führt die Philosophische Anthropologie aufgrund der Notwendigkeit einer Orientierung für den Menschen vor die Aufgabe der Besinnung auf die Grundstruktur des menschlichen Seins.

Die Erörterung einer Grundstruktur verlangt eine Universitas, die Plessner als übergreifende Einheit der praktischen und theoretischen Orientierungen versteht. Diese philosophische Bestimmung des Menschen soll die Reduktion des Menschen aufgrund von Absolutheitsansprüchen einzelner Erkenntnisse und Deutungen verhindern. In Abgrenzung zu reduktionistischen Ansätzen entwickelt Plessner den Begriff des Homo absconditus, welcher, wie ausführlich zu sehen sein wird, die gesamte Komplexität des Menschen vor jeder vereinfachenden Festlegung seines Wesen bewahren soll4. Die Universitas begreift Plessner als eine, die sich durch eine „Offenheit, die nicht nach Abschluss drängt, sondern über sich hinaus“5 auszeichnet, als eine, die im Gegensatz zu einer geschlossenen Weltordnung des Mittelalters vom Menschen her begriffen wird. Dabei trägt die Offenheit der dynamischen Entwicklung Rechnung sowie der Unergründlichkeit des Menschen. Die gesuchte Einheit soll in der „Vielförmigkeit und Vielstrebigkeit […] ganz eigentlich zum Ausdruck [kommen].6

Die Fragwürdigkeit des Menschen, die auf der bezeichneten Destruktion gesicherter Werte basiert, setzt ihn einer unumkehrbaren Seinsbedrohung aus. Plessners philosophische Konzeption des Menschens setzt an der Fragwürdigkeit bezüglich seines nicht erschöpfbaren Wesens an. Die Fragwürdigkeit soll nicht durch eine endgültige Bestimmung des Menschen übergangen werden, im Gegenteil wird sie mittels der skeptischen Methode in die philosophischen Reflexionen integriert. Die methodische Skepsis enthält drei Grundmerkmale, nämlich erstens ein destruktives Prozedere, das zweitens nicht als eine bloße Negierung zu verstehen ist, und drittens die Feststellung eines freien Raums zur Reflexion bezweckt.7 Skepsis als Durchführung eines methodischen Zweifels soll nicht zur Negierung führen, stattdessen im Dienst der Erlangung von Wissen stehen: „Nur auf dem umgekehrten Wege der bewußten Steigerung der destruktiven Argumente und ihrer systematischen Zuspitzung gegen alle bisher mitgeschleppten Sicherungen kann man das Fundament menschlichen Seins so exponieren und entsichern, dass die Destruktion eines angeblich fraglosen Eigenwesens des Menschen die Umkehr in die Entscheidung zur Menschlichkeit erzwingt.“8 Die skeptische Methode stellt die Unergründlichkeit der menschlichen Natur in den Mittelpunkt. Durch Einbettung eines Verständnisses von Grenzen des Könnens und Wissens lehnt sich die Skepsis somit gegen Absolutheitsansprüche vereinfachter Deutungen und Bestimmungen des Menschen, und bewahrt ihm seine Freiheit. Die skeptische Methode bewahrt also ein strukturelles Offenlassen für vielfältige Bestimmungen des Menschen. Sie kann als ein skeptischer Verzicht auf eine umfassende Definition des Menschen verstanden werden.9 Die Offenheit des Menschen als Wesen in der Welt wird durch eine skeptische philosophische Anthropologie nicht verschlossen. Die Anwendung der skeptischen Methode lässt sich somit als die einzig adäuate Betrachtungsweise der Fragwürdigkeit des Menschen feststellen10. Aus der Fragwürdigkeit der menschlichen Natur ergibt sich also die Unmöglichkeit einer endgültigen und allumfassenden Darstellung des Menschen, die einen zentralen Aspekt der Plessnerschen philosophischen Anthropologie ausmacht. Somit ist das einheitliche Gebilde des Menschen ein provisorisches und kein abschließend gültiges, womit ein selbstbewusstes Provisorium um das Wissen des Menschen entsteht, das unerschöpft bleibt.

3. Der Begriff Leben aus Sicht der Plessnerschen Philosophischen Anthropologie

Die Relevanz des Begriffs Leben innerhalb der Plessnerschen Philosophischen Anthropologie besteht darin, dass hierdurch eine erste Annäherung an die problematische Einheit der menschlichen Natur erreicht werden kann. Plessner greift die Idee einer Spaltung der menschlichen Einheit auf, die bei Descartes als Unterscheidung von res extensa und res cogitans benannt ist11, um die wissenschaftliche Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften zu benennen, deren Überbrückung er als eine der wichtigsten Aufgaben seiner Philosophie betrachtet. Die wesentliche Funktion des Konzepts des Lebendigen für die Plessnersche Philosophie besteht darin, die dualistischen Ansätze der modernen Philosophie in der Betrachtung des Menschen zu überwinden.

[...]


1 Die Gesammelten Schriften sind im Suhrkamp Verlag erschienen. Das Hauptwerk Plessners „Die Stufen des Organischen und der Mensch“ erschien 1928, die übrigen Werke sind Aufsatzsammlungen unterschiedlicher Jahrgänge.

2 vgl. Plessner, Conditio Humana, 33ff. und 117ff..

3 vgl. Plessner, Conditio Humana, 235.

4 vgl. Plessner, Conditio Humana, 134.

5 Plessner, Conditio Humana, 118.

6 Plessner, Conditio Humana, 118.

7 Plessner, Conditio Humana, 40ff..

8 Plessner, Conditio Humana, 46.

9 vgl. Pietrowicz 1992, 251.

10 vgl. Haucke 2000, 12.

11 vgl. Hammer 1967, 112.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Helmuth Plessners Konzeption des Homo absconditus
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1.0
Autor
Jahr
2014
Seiten
20
Katalognummer
V1169245
ISBN (eBook)
9783346578556
ISBN (Buch)
9783346578563
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Homo absconditus, Plessner, Anthropologie, Exzentrische Positionalität, Mensch, Wesensbestimmung, Leben, Natur, Körper, Geist, Dualismus, Einheit, Welt, Offenheit
Arbeit zitieren
Bozena Anna Schmidt (Autor:in), 2014, Helmuth Plessners Konzeption des Homo absconditus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1169245

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