Das Land Bhutan hat 800 000 Einwohner und ist geographisch vom Himalaya geprägt. Ich hatte nie Kontakt, geschwiege denn eine Ahnung, was dieses Land so besonders macht. Ausgerechnet meine große Leidenschaft - der Fußball - brachte mir den ersten Kontakt dorthin. Ein Fußballprofi Namens Yeshi Dorji, welcher ein Hoffnungsträger der bhutanischen Nationalmannschaft war, kontaktierte mich und bat um Hilfe. Als Fußballprofi aus diesem sehr kleinen und in der Fußballbranche eher unbekannten
Land erfolgreich zu werden ist schwer, wenn nicht sogar unmöglich.
Über unsere SpielerInnenberatungsagentur „TF Sport“ konnten wir zu einem Bielefelder Fußballverein Kontakt aufnehmen, welcher Interesse bekundete, einem jungen Nationalspieler die Möglichkeit zu geben, Profi zu werden. Während der Zeit in Deutschland weckte Yeshi immer mehr die Neugier in mir, mehr über Bhutan und dessen Menschen zu erfahren. Dabei fiel auf, dass die Mentalität in Bhutan eine völlig andere ist als die des Westens. Machtverhältnisse, Identität und die Wahrung von Kultur spielen dabei eine wichtige Rolle, was bereits auch Marchart (2018) im Rahmen der Cultural Studies intensiv beleuchtete. Warum es jedoch so schwierig ist, als bhutanischer Fußballprofi in Europa Fuß zu fassen und welche Herausforderungen ihn in seinem Alltag begleiten werden im Verlauf dieses Essays weiter aufgeführt.
Universität Bielefeld
Fakultät für Erziehungswissenschaften
Abteilung Bildungswissenschaften
Sommersemester 2021
Studiengang MA Bildungswissenschaften
Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen (GymGe)
Veranstaltung: 250210 Wozu Schule? Funktion von Schule in Nationen unterschiedlicher politischer Systeme am Beispiel Südostasien. (S) (SoSe 2021)
„Fußballprofi in Bhutan“ – Zwischen glücklich sein und Leistungsdrucks
Vorgelegt von:
Pascal Carlmeyer
Bielefeld den, 05.11.2021
Das Land Bhutan hat 800 000 Einwohner und ist geographisch vom Himalaya geprägt. Ich hatte nie Kontakt, geschwiege denn eine Ahnung, was dieses Land so besonders macht. Ausgerechnet meine große Leidenschaft - der Fußball - brachte mir den ersten Kontakt dorthin. Ein Fußballprofi Namens Yeshi Dorji, welcher ein Hoffnungsträger der bhutanischen Nationalmannschaft war, kontaktierte mich und bat um Hilfe. Als Fußballprofi aus diesem sehr kleinen und in der Fußballbranche eher unbekannten Land erfolgreich zu werden ist schwer, wenn nicht sogar unmöglich. Über unsere SpielerInnenberatungsagentur „TF Sport“ konnten wir zu einem Bielefelder Fußballverein Kontakt aufnehmen, welcher Interesse bekundete, einem jungen Nationalspieler die Möglichkeit zu geben, Profi zu werden. Während der Zeit in Deutschland weckte Yeshi immer mehr die Neugier in mir, mehr über Bhutan und dessen Menschen zu erfahren. Dabei fiel auf, dass die Mentalität in Bhutan eine völlig andere ist als die des Westens. Machtverhältnisse, Identität und die Wahrung von Kultur spielen dabei eine wichtige Rolle, was bereits auch Marchart (2018) im Rahmen der Cultural Studies intensiv beleuchtete. Warum es jedoch so schwierig ist, als bhutanischer Fußballprofi in Europa Fuß zu fassen und welche Herausforderungen ihn in seinem Alltag begleiten werden im Verlauf dieses Essays weiter aufgeführt.
Die Fragestellung ist daher: „Wie schafft es Yeshi Dorji als bhutanischer Fußballprofi trotz des Leistungsdrucks glücklich zu sein?
Der bhutanische Staat sorgt dafür, dass jeder Bürger glücklich ist. Nun klingt diese These doch vielmehr wie ein großer Wunsch, den man gegenüber dem Staat haben könnte. Jedoch manifestiert der bhutanische Staat mit dem „Bruttonationalglück“ oder auch Gross National Happiness (GNH). Dieses obliegt vier Säulen, um das Bruttonationalglück zu gewährleisten (vgl. Riedl, 2009). Zum einen bildet der Umweltschutz maßgeblich einen Beitrag dazu. Diesen hatte Yeshi mehrfach in Unterhaltungen erwähnt. Er liebe die Natur, obgleich sie durch große Raubkatzen auch einen Funken Gefahr mit sich brächte. Die zweite Säule bildet die wirtschaftliche Entwicklung. Durch Zement und andere Rohstoffe versucht Bhutan im Export aktiv zu sein. Die dritte Säule bildet die gute Führung der Regierung, um glücklich zu sein. Eine gerechte Verteilung von Ressourcen, Bildung und medizinischer Versorgung zählen dazu. Yeshi erwähnte hier, dass ihn seine Schule sehr unterstützt habe. Nicht jeder Fußballer bekäme viel Unterstützung während unterrichtlicher Fehlzeiten, welche seine Länderspiele und auch seine Karriere in der Premiere League in Buthan mit sich bringt. Zwar habe er nur einmal die Woche Sport, trainierte aber jeden tag zu Hause, um die nötige Fitness für die laufende Saison beizubehalten. Die vierte Säule betrifft die Wahrung von Spiritualität und Kultur. Wie bereits Hall (2000) erwähnte zeigt die Kultur einen Bedeutungshorizont, welcher einen politischen Habitus aufweist. Die Kultur und Tradition seien für Yeshi der wichtigste Teil seines Lebens. Er sprach mehrfach von seiner Spiritualität und seinem buddhistischen Glauben. Er tankte dort viel Kraft während schweren Phasen, denn er verlor vor wenigen Jahren seinen Vater. Er wirkte während unseren Unterhaltungen immer sehr entspannt und glücklich. Besonders die Tatsache, dass der Staat für das Glück zu sorgen habe, verwunderte mich bereits vor unserem Zusammentreffen. Die letzten Zweifel verlor ich jedoch, nachdem er mir berichtete, dass niemand in seinem Land dem anderen mutwillig Schaden anrichten würde. Ein Anrempeln am Straßenrand, würde nach einer ernstgemeinten Entschuldigung keine Probleme bereiten, da jeder Mensch in Bhutan gleich sei. Da er als Profifußballer sehr bekannt war in seinem Land, wollte ich natürlich auch wissen, ob der Staat ihn bei seinem Träumen unterstützen würde. Der Bhutanische Verband, so konnte ich es am eigenen Leibe erfahren, ist von Grund auf erstmal skeptisch. Man wusste nicht, ob ich als sein Berater und Freund vertrauenswürdig genug sei. Hier merkte ich, dass das Wohl der Fußballer einen hohen Stellenwert genießt, jedoch für weitere Schritte in Richtung des internationalen Profifußballs eher hinderlich sein könnte. Insbesondere der Nationalstolz fiel hierbei aber besonders auf. Jeder Bhutanese sei bereit für sein Land zu sterben, war eine die Aussage von Yeshi, was aus meiner westlichen Sicht zeigt, dass das Dreieck zwischen Kultur (Stolz), der Identität (Zugehörigkeit) qua Macht kombiniert und reproduziert wird (vgl. Hall, 2000). Daher war mein erster Eindruck seitens der Föderation Bhutan zunächst, dass ich als westlicher weißer Mann zunächst mich zu beweisen habe, dass ich ein guter Mensch bin. Tatsächlich musste ich der Föderation gemeinsam mit Yeshi einen Brief schreiben und von mir erzählen, sowie meiner Absicht, Yeshi nach Europa zu helfen. Erst danach wurde das Visum und die Freistellung seitens Bhutan akzeptiert. Ein zweischneidiges Schwert aus meiner Sicht, da Yeshi einerseits so frei wirkte, andersherum jedoch der Föderation und dem Land seiner Gnade unterliegen schien.
Eine gute Bildung und Gesundheit spielen in Bhutan eine wichtige Rolle. In den Interviews, welche wir Studierenden mit Yeshi im Rahmen eines Seminares führen durften, erfuhren wir, was das bhutanische Schulsystem von dem deutschen Schulsystem unterscheidet. Eine derartige Selektion, wie es in Deutschland der Fall ist, kannte Yeshi nicht. Der selbst aus armen Verhältnissen stammende Yeshi genießt seitdem er denken kann die Schule. Zwar störte ihn, als sportbegeisterter Fußballer, die geringen Sportstundenzahlen, jedoch sei er dankbar dafür, dass diese überhaupt angeboten worden sind. Er selbst entschied sich seinerzeit gegen den Volkssport des Bogenschießens und widmete sich schon früh dem Fußball. Er zeigte mir stolz seine Bücher und Biografien von europäischen Spitzenfußballern. Man merkte, wie gebildet und sorgsam er lebte. Denn neben seiner Muttersprache (Dzongkha) lernte er in der Schule Englisch, was ihm den Zugang zur westlichen Literatur ermöglicht. Yeshi selbst sieht die Bildung als Grundlage dafür, sollte es mit seinem Traum, Fußballprofi zu werden, in Europa nicht funktionieren. Er würde jedoch sehr gerne in Europa studieren. Wir telefonierten zu der Zeit viel, als er gerade in seinen Abschluss Examina steckte. Er war oft verzweifelt, da er viel trainieren und auch üben musste. Er hatte zeitweise die Schule sogar um ein Jahr aussetzen dürfen, um den Sprung in den bhutanischen Profifußball zu schaffen. Hierbei zeichnete er sich dadurch aus, dass er einer der jüngsten Torschützenkönige in Bhutan war (17 Jahre jung). Das fehlende Jahr musste Yeshi jedoch kürzlich nachholen und konnte mit guten Noten bestehen. Ansonsten existieren in Bhutan keine Noten, sondern in den unteren Jahrgängen lediglich Entwicklungsberichte. Diese haben nach Benner & Ramseger (1985) die Möglichkeit, die individuellen Leistungsfortschritte zu schildern und entsprechend detailliert zu beschreiben. Ich empfinde daher auch aus den Erzählungen von Yeshi, dass das Bildungssystem in Bhutan nicht nur den Druck und die frühe Selektion verhindert, sondern eben auch Leistungssportlern die Möglichkeit bietet, ihre Träume wahr werden zu lassen. Tatsächlich scheint sich im Leistungssport jedoch aus der Sicht von Sportlerinnen die Unterstützung von den Männern zu unterscheiden. Grund dafür sei nach Yeshi, dass das Land ohnehin nicht die großen finanziellen Mittel hat und diese nur bei ausgesuchten Talenten derartig honoriert. Auch bei Yeshi waren es keine finanziellen Mittel, sondern lediglich die Möglichkeit, ein Jahr die Schule pausieren zu lassen, ohne anschließend Nachteile zu haben. Dabei sei gesagt, dass es als solches keine Schulpflicht in Bhutan gibt, die Schule jedoch jedem ermöglicht wird. Auch die Gesundheit des Volkes ist ein hohes Gut, welches Bhutan fördert. Nach Bien zeigen sich auch in der Philosophie verschiedene Ansätze und Definitionen von Glück. So sei es zum Beispiel der reine Zufall, weshalb man im Lotto gewonnen hat. Dieses Glück sei ein zeitliches Ereignis, welches einen einzelnen glücklichen Zufall beschreibt, mit einem positiven Ausgang für den Betroffenen. Eine andere Definition jedoch empfinde ich besonders im Hinblick auf das Recht auf gesundheitliche Versorgung in Bhutan sehr passend. Und zwar betitelt eine weitere Definition: „ Mit ‘Glück’ meint man sodann die Glücksgüter, die man haben oder nicht haben kann, also das, was man sich und anderen aus Anlass des Geburtstages oder zum Jahreswechsel zu wünschen pflegt: Gesundheit, Wohlstand, Erfolge und sonstige einzelne Güter“ (Bien, 2000, S.). In diesem Zitat stecken mehrere Glücksgüter, welche Yeshi und auch dem Land als besonders wichtig erscheinen. Das Glücksgut Gesundheit wird wie bereits erwähnt seitens des Staats auch finanziell unterstützt. Yeshi erzählte mir noch, dass sich rührend um ihn gekümmert worden sei, nachdem er sich den Knöchel verstauchte. Die Kosten für die Behandlung wurden übernommen, was dem jungen Yeshi zu dieser Zeit ansonsten die Existenz gekostet hätte. Zum anderen sieht Yeshi Erfolg im Fußball als großen Faktor, um glücklich zu sein. Seine Mutter sagte jedoch, dass egal wie sehr man sich freuen würde über einen Sieg, man den Gegner und dessen negativen Gefühle nie vergessen darf. Die Verlierer werden nicht glücklich sein und dies sei nicht gut. Daher sollte Yeshi jederzeit seine Emotionen gegenüber den Gegner zügeln. Er selbst beschrieb es als nach innengekehrte Freude. Auch das Tagesglück sei ein wichtiger Faktor, ob er nun wirklich ein gutes Spiel absolvieren wird. Das größte Glück jedoch beschrieb er, wenn es seiner Familie gut geht. Dies zeigte mir, dass der Begriff „Glück“ anders als bei uns interpretiert wird und auch in jeder Lebenslage präsent zu sein scheint. Auch ein Profifußballer in Bhutan macht seinen Erfolg unter anderem von dem Tagesglück abhängig. Im Gegensatz zu neuen Erkenntnissen der Sportpsychologie, in denen man nicht external Attribuiert (also ein von außen manipulierendes Medium), sondern den Erfolg an, der selbst erbrachten Leistung bzw. Anstrengung honoriert (vgl. Weiner, B., 1986).
Der Regierung ist es sehr wichtig, dass Geld nicht die Gesellschaft spaltet. Besonders herausragend bei dieser These empfand ich das gemeinsame Abendessen in einem bielefelder Lokal, dem auch der Nationalmannschaftskollege Lhendaup Dorji beiwohnte. Beide waren sich unabhängig voneinander einig, es gäbe keine gesellschaftliche Spaltung in Bhutan. Es gäbe wohl Menschen in Bhutan, welche ein wenig mehr Geld haben würden, jedoch würden diese nicht derartig privilegierter leben als die vermeintlich Armen. Yeshi selbst Sohn einer alleinerziehenden Mutter meinte, es sei aus seiner Sicht alles in Ordnung, jeder hat genügend Essen. Lediglich Luxusartikel wie ein Auto oder Motorrad wären für seine Familie nicht möglich gewesen. Sein Mannschaftskollege Lhendaup selbst hat eine Frau und mittlerweile einen Sohn. Er hat sich neben dem Profifußball in Bhutan, wo er die ehrenvolle Aufgabe des Kapitäns tragen darf, betreibt ein Textilgeschäft mit maßgeschneiderten Hals- und Kopftüchern aufgebaut. Einen Unterschied im Lebensstil sah man beiden nicht an und kristallisierte sich auch nicht in den Gesprächen heraus. Riedl (2009) führte des Weiteren an, dass der Tourismus in Bhutan massiv geregelt wird, um zum einen den Umweltschutz, aber auch die Überfrachtung von externen Einflüssen zu minimieren. Lediglich 3% generiert Bhutan daher finanziell aus dem Tourismus, da ein Visum pro Person durchaus 250 Euro/Tag bedeuten kann (vgl. Hans, 2009, S. 282-292). Auch hier zeigt sich eine gewisse Abspaltung vom Westen und dessen Kultur. Insbesondere China als sehr westliches asiatisches Land ist im bhutanischen Volksmund eher weniger positiv vertreten. Daher wird eine gewollte Abschottung mit der regulierten Öffnung des Landes provoziert. Grund dafür ist weiterhin das „Bruttonationalglück“. Riedl (2009) führte an, dass es das Mandat des Staates sei, eine Umgebung zu schaffen, in der BürgerInnen einer mentalen Gelassenheit nachgehen könnten. Dieser Satz klang für mich auch nach den Gesprächen mit den beiden als äußerst strebsam. Die westliche, für mich gerade in Ostwestfalen, kalte Atmosphäre und das Gefühl des Ausgeliefert gegenüber der Regierung ließ mich das Leben in Bhutan in einer gewissen Art und Weise an ein soziales „Paradies“ erinnern. Auch der Vergleich von SportlerInnen in Deutschland und in Bhutan ist wirklich interessant. Zum Vergleich stellt Yeshi Dorji in Bhutan als Nationalspieler eine ähnliche Rolle wie in Deutschland ein Timo Werner1. Nun vergleicht man den Alltag der beiden wird klar, dass diese nur schwer zu vergleichen sind. Auch, sagte Yeshi, würde er in Bhutan im Thimphu zwar erkannt werden, aber dies sei kein Vergleich zu den europäischen Topstars im Männerfußball. Belagerungen und Autogrammstunden würden in Bhutan nicht derartige Dimensionen annehmen, wie in Deutschland. Vielleicht liegt auch hier der Grund, weshalb er versuchte um jeden Preis nicht in Asien als Fußballer Fuß zu fassen, sondern eben in Europa. Der Stellenwert, das mediale Interesse sowie die finanzielle Macht sind im europäischen Fußball deutlich größer, als die in Bhutan. Jedoch erhielt Yeshi und auch der deutsche Verein nachdem Probetraining mächtig Support. Halb Bhutan verfolgte die Tage von Yeshi und Lhenaup, da sie einer der ersten Fußballer aus Bhutan waren, welche in Deutschland zu einem Probetraining eingeladen worden sind. Auch die lokale Presse interviewte mich, da das Leben in Bhutan auf sehr viel Interesse gestoßen zu sein schien. Kein Wunder, wie bereits geschildert ist es nicht mit der westlichen Denkkultur zu vergleichen. Er wiederholte daher immer wieder, dass er sehr glücklich sei, in Bhutan zu wohnen, weil dort jeder Mensch gleich sei. Aufgrund der zu geringen Zeit in Deutschland bzw. Europa fehlte ihm jedoch ein wenig die Referenz, um einen validen Vergleich zu ziehen, schilderte er. Auch Distelhorst (2014) zeigte, dass je weniger das Geld und dessen Macht spürbar erscheint, es umso besser um andere Ressourcen bestellt. Dies untermauert auch wieder das magische Dreieck der Cultural Studies, dass die Macht durch das Geld im Medium der Kultur reproduziert wird. Bhutan scheint zu versuchen, eben dieses Medium außen vor zu lassen, weshalb zumindest die Bevölkerung in Bhutan eben keine gesellschaftliche Schere zu spüren scheint.
Ost vs. West – hemmt die westliche Welt Yeshi in der Erfüllung seiner Träume Fußballprofi zu werden?
Bei der Überlegung, was am Westen Yeshi evtl. hemmen könnte, gab es viele verschiedene Aspekte, die mit einfließen könnten. Was mir ohne weitere Recherche auffiel, war die Bürokratie. Wie bereits erwähnt, musste ich mich zunächst als moralisch einwandfreien Berater gegenüber der bhutanischen Federation beweisen. Danach musste Yeshi nach Neu-Delhi, um sein Visum in Indien zu holen. Dafür nahm er viel Geld und Aufwand in Kauf. Auch mussten wir uns um einwandfreie Einladungen des deutschen Vereins kümmern, damit diese bewilligt werden würden. Besonders problematisch erwies sich die Dauer des Visums. Die deutsche Botschaft hatte lediglich drei Monate bewilligt, was gegen eine Verpflichtung sprach. Leider konnte auch in Deutschland angekommen keine Erweiterung erlangt werden, da sie keine feste Anstellung, geschweige denn einen Profivertrag unterzeichnen konnten, da es sich nicht um einen Profiverein handelte. Somit bedeutete die fehlende Kulanz oder gar das fehlende Recht, dass ein längerer Aufenthalt in Deutschland nicht möglich war. Dazu lässt sich noch sagen, dass Bhutan seinerseits seine Genehmigung erteilte und sogar der deutschen Botschaft einen Brief zukommen ließ, worin stand, dass Yeshi ein engagierter und warmherziger junger Mann sei. Als ich dies las, merkte ich, dass es in Bhutan viel auf die inneren Werte ankommt. Ein solches Schreiben vom deutschen Staat zu erhalten, um in Bhutan zu leben, halte ich weiterhin für höchst unwahrscheinlich. Es trafen zwei Welten aufeinander. Eine weitere Überlegung der Hemmung in der westlichen Welt könnte aber auch im Bezug auf den Leistungsdruck bezogen werden. Den eigentlichen Leistungsdruck schien sich Yeshi ganz von dann selbst zu machen. Seitens des Staates gab es, wenn nicht finanzielle, logistische Hilfestellungen, um Fußballprofi zu sein. Der Leistungsbegriff als solches bedarf daher in diesem Bezug eine Definition: „Was ist überhaupt Leistung?“. Distelhorst (2014) bspw. stellte eine Definition von Leistung auf, welche beinhaltet, dass Leistung per Definition eine von Anstrengung erbrachte Leistung sei. Getreu dem Motto, wer viel leistet, der sollte auch mehr bekommen. In der westlichen, oder gar deutschen Realpolitik, sei Leistung ein „humaner Wert“ (Distelhorst, 2014, S. 39). Im Westen scheint die Definition von Leistung eine Art Outcomeanalyse zu sein, um zu schauen, wer am meisten erreicht und sich am meisten von seiner Konkurrenz abgrenzt. Auch wurde provokant angeführt, dass es aufgrund dieser Macht des Geldes den Krankenhäusern nicht mehr um die Patienten, den Kindergärten nicht um die Kinder geht, sondern lediglich, um das ökonomische Wohloutcome. Schäfer (2015) stellte zudem die These auf, dass Leistung in diesem Sinne in den wirtschaftlich starken Ländern damit meist Ablenken möchte von Problemen, welche durch Leistung nicht zu kompensieren sind. Für Yeshi hängt Leistung auf den Fußball bezogen davon ab, wie man sich auf ein Spiel vorbereitet und wie das Tagesglück sei. Somit scheint Yeshi nicht von extern Leistungsdruck und Erwartungen erfüllen zu müssen, sondern scheint in dieser Hinsicht seines eigenes Herr zu sein. Im Gegensatz zu vielen meiner Trainerinnen Kollegen in leistungsorientierten Vereinen, in denen der Verein ganz klare Vorstellungen und Vorgaben macht, was zu erreichen sei in einem definierten Zeitraum, scheint Yeshi auch aus den Gesprächen heraus lediglich das Ziel zu haben, einfach das Beste aus sich herauszuholen. Er selbst scheint mit dieser Strategie sehr erfolgreich, da er in der Vergangenheit mehrfach zu den top Stürmern seines Landes zählte in der Vergangenheit. Ich habe im Gegensatz zu anderen TrainerInnen auch kein Wort von jeglichen Vorgaben gegenüber seiner Leistung wahrgenommen. Dies lässt mich darauf schließen, dass die östliche Kultur zumindest am Beispiel Bhutan auch in Bezug auf Leistungserbringungen den Stellenwert des Glücks höher hängt als das numerische Resultat einer erbrachten Leistung, was sich auch im Schulsystem widerspiegelt. Dass die westliche Denkkultur vielmehr die Erfüllung sozialer Erwartungen als Leistung definiert, konnte Schäfer (2015) ebenfalls aufführen. Somit scheint Yeshi Erwartungen, Zielvorstellungen und seine Motivation gänzlich intrinsisch manifestiert zu haben und auf Grundlage seines Glücklichseins danach zu streben. Diese konvergenten Denkkulturen könnten bei der Erfüllung seines Traums Probleme bereiten. Wie bereits erwähnt, könnten Torvorgaben oder erbrachte messbare Leistungen Yeshi sehr unter Druck setzen, welches er aus seiner Heimat nicht kennt. Auch könnte der hohe Stellenwert des Geldes ein großer Faktor sein, da Vereine in Europa bzw. in Deutschland bei nicht erbrachter Leistungen zu genüge durch Geld andere Spieler käuflich erwerben und Yeshi ggf. sogar ersetzen könnten, was mit dem Lebensbild in Bhutan nicht übereinstimmt. Auch kann das Leben hier in Deutschland aufgrund der großen Schere zwischen Arm und Reich sehr befremdlich sein. Die Spanne zwischen Elend und Protz ist allein durch einen Spaziergang durch die bielefelder Innenstadt sichtbar. Diese Situation war auch bei seinem leider sehr kurzen Aufenthalt sehr befremdlich. Somit könnten die westlichen Ansprüche an einen Profifußballer, zu jeder Zeit ohne Rücksicht auf das individuelle Wohlbefinden oder gar Glücklichsein, eine große, wenn nicht gar unlösbare Aufgabe für Yeshi darstellen. Dem entgegen steht sein enormer Kämpfergeist, weshalb er sich zumindest aufgrund der Spiritualität und der positiven Lebenseinstellung hervorragend gegenüber oft pessimistischen Fußballkollegen durchsetzen kann.
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1 Timo Werner, geb. 06.03.96 in Stuttgart. Aktuell deutscher Fußballnationalspieler mit 47 Länderspielen. Aktuell ist er unter Vertrag beim Fc Chelsea London in der Premiere League.
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