Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer


Bachelorarbeit, 2021

69 Seiten, Note: 15,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historisches

3. Eckpunkte der geplanten Finanztransaktionssteuer

4. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer

5. Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer
5.1 Marktanteile des Aktienhandels
5.2 Liquidität
5.3 Handelsvolumen
5.4 Volatilität
5.5 Steuersatz
5.6 Steuerobjekte
5.7 Residenzprinzip vs. Ausgabeprinzip
5.8 Ausnahme OTC-Handel
5.9 Ausnahme Anleihehandel
5.10 Ausnahme Intraday und Hochfrequenzhandel
5.11 Ausnahme Marktmacher
5.12 Ausnahme Derivate
5.13 Erhebungs- und Verwaltungssystem

6. Verstärkte Zusammenarbeit
6.1 Entscheidung des EuGHs
6.2 Verteilungsmechanismen

7. Auswirkungen und Reaktionen
7.1 Steuerinzidenzen
7.2 Unternehmen
7.3 Anleger

8. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsanhang

Tabellenanhang

Anlagenverzeichnis

Anmerkung

Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, wird hier und im folgenden Text nur die männliche Form verwendet. Die Verwendung erfolgt hierbei geschlechtsunabhängig, weibliche und andere Formen sind stets gleichermaßen mitgemeint.

Abkürzungsverzeichnis

A0 Anfangskapital

At Endkapital

At (ex tax) Endkapital nach Steuern

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

BMF Bundesministerium der Finanzen

bspw. beispielsweise

bzw. beziehungsweise

CFDs Contracts for Difference/Differenzkontrakte

CONSOB Commissione Nazionale per le Società e la Borsa/ Italienische Börsenaufsichtsbehörde

CREST Certificateless Registry for Electronic Share Transfer/ Ein in Großbritannien ansässiges zentrales Wertpa- pierdepot

DAI Deutsches Aktieninstitut

DAX Deutscher Aktienindex

DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

EFTs Exchange Traded Funds

EMIR European market infrastructure regulation/Marktinfra- strukturverordnung

ESMA European Securities and Markets Authority / Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof

f folgend

ff folgenden

FTS Finanztransaktionssteuer

gem. gemäß

ggü. gegenüber

HFT high-frequency trading/Computern betriebener Börsenhandel mit kurzen Haltefristen und hohen Umsätzen

HMRC Her Majesty’s Revenue and Customs/Abteilungen der britischen Regierung für Einnahmen und Zoll

i. d. R. in der Regel

i. H. v. in Höhe von

IT Informationstechnik

K Kapital

K0 Anfangskapital

Kt Endkapital

Kt(ex tax) Endkapital nach Steuern

KapESt Kapitalertragsteuer

KMU kleine und mittlere Unternehmen

lit. Littera/ Buchstabe

MiFID Markets in Financial Instruments Directive/Richtlinie 1 über Märkte für Finanzinstrumente

Mio. Million

Mrd. Milliarden

OTC-Handel Over-the-Counter-Handel/außerbörslicher Handel

r Rendite

s Steuersatz

S. Seite

SEC United States Securities and Exchange Commission/ US-Börsenaufsichtsbehörde

t Zeit

u Umschichtung

USA Vereinigte Staaten von Amerika

uvm. und vieles mehr

1. Einleitung

Unter dem Begriff „Finanztransaktionssteuer“ versteht man eine Verkehrsteuer auf Finanztransaktionen an und außerhalb der Börse. Je nach Ausgestaltung unterscheidet man zwischen Unterformen bspw. die Stempelsteuer (Großbritannien), die Börsenumsatzsteuer (Deutschland bis 1992) oder auch die Tobinsteuer (bis heute nicht realisierte Steuer auf Devisentransaktionen). Die Einführung einer allgemeinen FTS wird von Politikern und Ökonomen im Hinblick auf die möglichen Einnahmen und die erhoffte regulatorische Wirkung auf die Finanzmärkte immer wieder diskutiert. Sämtliche Versuche einer länderübergreifenden Implementierung sind bis heute gescheitert.1 Im Dezember 2019 legte der Bundesminister der Finanzen Herr Scholz einen Gesetzesentwurf vor, dessen wesentliche Punkte auf der Seite des BMF einsehbar sind und Aussagen über die Ausgestaltung und Wirkung der Steuer zulassen.2

Im Folgenden sollen die bekannten Elemente des Entwurfs vom 09.12.2019 eingeordnet und die damit einhergehenden zu erwartenden Auswirkungen problematisiert werden. Vergleichend wird dabei auf bereits in einigen Mitgliedsstaaten angewendete Modelle sowie auf den Entwurf der EU-Kommission von 2013 eingegangen. Nicht nur die aufgrund der bekannten Details zu erwartenden Marktauswirkungen sollen erörtert werden, sondern auch die geplanten Ausnahmen und deren Folgen. Insbesondere sind hierfür alternative Konzepte, für die bereits deutlich mehr Studien erstellt wurden, von Interesse. Von Belang sind überdies die zu erwartenden Einnahmen und Kosten, sowie die Fragen des Erhebungs- und Verwaltungssystems. Hierfür spielt auch die verstärkte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene eine Rolle. Eine Einschätzung der tatsächlichen Steuerbelastung für die deutschen Bürger und Unternehmen wird stattfinden. Final werden die aufgegriffenen Punkte im Gesamtbild betrachtet, sowie die Möglichkeiten erörtert, die sich aus dem nicht in Kraft treten des Vorschlags ergeben.

2. Historisches

Der britische Ökonom John Maynard Keynes diskutierte in seinem 1936 erschienen Hauptwerk "The General Theory of Employment, Interest and Money“ erstmals Überlegungen zu einer FTS auf dem Aktienmarkt, die durch die Eindrücke der vorangegangenen Großen Depression geprägt waren.3 Laut Keynes sollte die Einführung einer nicht unerheblichen Verkehrsteuer auf alle Transaktionen kurzfristige Spekulationen vermindern und es den Unternehmen damit erlauben, sich verstärkt auf langfristige und nachhaltige Gewinnmaximierung zu konzentrieren. Dabei war sich Keynes des Dilemmas durchaus bewusst, dass die FTS Handelsvolumen und Liquidität des Marktes verringert und dadurch die Gefahr besteht, dass neue ernsthafte Investitionen ebenfalls behindert werden.4 Dass sich sein Vorschlag auf den Aktienmarkt beschränkt, ist dem Umstand geschuldet, dass andere Finanzprodukte, wie z.B. Derivate, praktisch nicht existent waren und nicht so zu interpretieren, dass nur von Aktien eine Spekulationsgefahr ausgehe und folglich andere Finanzprodukte nicht der FTS unterworfen werden sollten.5

Als vergleichbares Instrument gegen Währungsspekulationen wird bei Diskussionen um eine FTS immer wieder die sogenannte Tobin-Steuer ins Spiel gebracht. Anfang der 1970er Jahre brach das Bretton-Woods-System, welches zuvor feste Wechselkurse garantiert hatte, zusammen und immer mehr Staaten gaben ihre Wechselkurse frei. Dies machte es möglich, mit spekulativen grenzüberschreitenden Geldtransfers Gewinne aus geringen und kurzfristigen Schwankungen von Devisenkursen zu erzielen. James Tobin veröffentlichte 1978 seine Idee, eine niedrige Abgabe i. H. v. 1% auf sämtliche Devisengeschäfte zu erheben. Dadurch sollten die potenziellen Auswirkungen, die das Finanzkapital durch ungehemmte Verschiebungsmöglichkeiten auf die realen wirtschaftlichen Kosten der Volkswirtschaften haben könnte, eingedämmt werden.6

Schon lange zuvor gab es eine Besteuerung des Aktienhandels in Form der Stempelsteuern. Die Abgabe auf alle möglichen Dokumente und Gegenstände, die typischerweise von den Wohlhabenden benutzt wurden, war und bleibt eine preiswerte Methode, um die Vermögenden stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranzuziehen. Bspw. bestehen die britischen stamp duties schon seit 1694. Auch in anderen Ländern wurden ähnliche Stempelsteuern erhoben, so etwa ab 1881 im neu entstandenen Deutschen Reich. Aus der Reichsstempelsteuer ging 1922 die Börsenumsatzsteuer hervor. Diese besteuerte den Aktienpreis mit 0,2%, wurde jedoch 1990 aufgehoben, um die Kapitalmobilität und den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Als grundlegender Unterschied zwischen den klassischen Stempelsteuern und den Konzepten für FTS darf die Intention dahinter angesehen werden. Stempelsteuern sind in erster Linie ein einfaches und probates Mittel zur Erzielung von Steuereinnahmen. Die FTS dagegen soll als Lenkungssteuer konzipiert werden, mit dem Anspruch, kurzfristige spekulative Handlungen an den Finanzmärkten einzudämmen, folglich langfristige Investitionen zu stärken und somit zur Finanzmarktstabilität beizutragen.7

3. Eckpunkte der geplanten Finanztransaktionssteuer

1. Besteuert werden soll der Aktienerwerb von an der Börse gelisteten Unternehmen, die ihren eingetragenen Sitz im Inland haben und deren Marktkapitalisierung zum 01.12. des Vorjahres mehr als 1 Mrd. Euro betrug.
2. Für die Erhebung gilt das Ausgabeprinzip, die Steuerpflicht richtet sich nach dem Firmensitz unabhängig vom Transaktionsort und der Nationalität des Erwerbers.
3. Geplant ist ein Steuersatz von 0,2 % auf den täglichen Erwerbssaldo.
4. Ausgenommen sind Erstemissionen, europäische und internationale Institutionen, sofern diese in öffentlichem Interesse handeln, sowie Geschäfte durch Marktintermediäre, die der sog. Marktpflege dienen.8,9

4. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer

Der Versuch, 2011 eine FTS in der gesamten EU zu etablieren, scheiterte. Daraufhin wurde 2013 im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit (von Belgien, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und der Slowakei) ein neuer Vorschlag erarbeitet, der im Wesentlichen auf dem alten Entwurf basiert, diesen jedoch um weitere Punkte ergänzt.10

Verkürzt waren für den Vorschlag folgende Punkte vorgesehen:

1. Vom Anwendungsbereich der Steuer sollen Transaktionen mit Finanzinstrumenten aller Art, d.h. Instrumente, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind, alle Geldmarktinstrumente sowie Derivatkontrakte erfasst werden.11
2. Alle Handelsformen, sowohl die geregelten Märkte sowie die außerbörslichen Märkte, sollen der Steuer unterliegen.12
3. In räumlicher Hinsicht gilt das Ansässigkeitsprinzip ergänzt um Elemente des Ausgabeprinzips. Damit wollen die teilnehmenden Mitgliedsstaaten eine Verlagerung auf andere Märkte erschweren.13
4. Sowohl Käufer und Verkäufer haben die Steuer zu entrichten. Der Steuersatz beträgt 0,1% bei Finanzprodukten wie Aktien bzw. 0,01% bei Transaktionen mit Derivaten.14
5. Von der Steuer sollen ausgenommen werden: Zentrale Gegenparteien (CCP), Zentralverwahrer (CSD), internationale Zentralverwahrer (ICSD) sowie die Mitgliedsstaaten und die mit der öffentlichen Schuldenverwaltung betrauten öffentlichen Einrichtungen bei der Ausübung dieser Funktion, soweit sie keiner eigentlichen Handelstätigkeit nachgehen.15

Jedoch konnte auch für diesen Entwurf bis heute keine Mehrheit, bei den an der verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten, erzielt werden.16

5. Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer

Im folgenden Abschnitt sollen die bekannten Eckpunkte des Vorschlags und die damit einhergehenden Auswirkungen der FTS thematisiert werden. Im Mittelpunkt stehen die Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Bestimmte Details des Vorschlags sollen eingeordnet werden. Darüber hinaus sollen die Folgen bestimmter Ausnahmen analysiert werden, um die jeweiligen Konsequenzen einer breiteren oder schmäleren Steuerbemessungsgrundlage einschätzen zu können.

5.1 Marktanteile des Aktienhandels

Zunächst einmal sollte man sich die Größe des Finanzhandels vor Augen führen und sich den Anteil des europäischen Marktes und des Aktienhandels daran verdeutlichen.

Seit den 1970er Jahren und insbesondere im Jahrzehnt vor der Finanzkrise 2008, haben Deregulierung und technischer Fortschritt weltweit zu einem bemerkenswerten Anstieg der Finanztransaktionen beigetragen.17 Anschaulich wird dies noch einmal durch Abbildung 1. Zu sehen ist die Entwicklung an europäischen Börsen zwischen 1999 und 2018 für das jährliche Umsatzvolumen von Aktien, Unternehmens- und Staatsanleihen sowie Derivaten (Futures und Optionen) in Billionen Euro. Panel A zeigt das Handelsvolumen von Aktien, sowie öffentlichen und privaten Anleihen. Die Umsatzzahlen für Anleihen sind insgesamt etwas höher als für Aktien. Der Handel im Anleihen- und Aktiensektor verzeichnete bis 2007 hohe Wachstumszahlen, nach dem anschließenden leichten Rückgang blieb er in den letzten Jahren konstant.18

Panel B setzt die Werte aus Panel A in Relation zu den Werten für den Derivathandel. Es wird deutlich, dass in den letzten 20 Jahren der größte Teil des Umsatzvolumens am europäischen Finanzmarkt auf Derivate entfällt. Begründet ist dies auch im starken Wachstum des Derivatmarktes, so hat sich der Handel mit Derivaten in Europa zwischen 1999 und 2008 mehr als verfünffacht. Der Anteil von Aktien und Anleihen am gesamten Finanzmarktvolumen ist dagegen von untergeordneter Bedeutung und weist ein wesentlich geringeres Wachstum auf. Über die betrachtete Zeitspanne machen Derivate mehr als 80% der gesamten Finanztransaktionen aus, wobei sich die Dominanz der Derivate am Handel in den letzten fünf Jahren nochmals ausgedehnt hat.19

Zwar spielen die europäischen Finanzmärkte international eine wichtige Rolle, aber durch die Beschränkung auf börsengehandelte Aktien, die nicht einmal 5% des Handelsvolumens ausmachen, zieht der deutsch-französische Vorschlag nur einen Bruchteil der gesamten Finanztransaktionen in Europa für die Steuer heran.20 Ausgenommen von der geplanten FTS wäre außerdem der außerbörsliche Handel auf sogenannten OTC-Plattformen. Abbildung 3 zeigt, dass nur etwa die Hälfte aller Käufe und Verkäufe von Aktien in Frankfurt und Paris an regulären Börsen vorgenommen werden, außerbörslich findet auf OTC-Plattformen die andere Hälfte des Handels statt. Durch die Fokussierung auf den Börsenhandel halbiert sich also die Zahl der für die Steuer heranziehbaren Aktientransaktionen.21

5.2 Liquidität

Unter der Liquidität eines Finanzmarktes versteht man die Möglichkeit, Wertpapiere schnell und ohne bemerkenswerten Einfluss auf den Preis, handeln zu können. Bezeichnend für einen hoch liquiden Markt ist es, dass ein großes Volumen von Wertpapieren innerhalb von Sekundenbruchteilen gehandelt werden kann, ohne dass dadurch die Preise verzerrt werden. Im Gegensatz dazu steht der illiquide Markt, an dem es zum einen länger dauert, um eine Transaktion durchzuführen und zum anderen hat diese Transaktion auch einen stärkeren Einfluss auf die Bildung des Preises. Zu beachten ist, dass das Liquiditätsmaß eines Finanzmarktes nicht in einer Kennzahl zusammengefasst werden kann, sondern dass aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen, die erfasst werden sollen, in der Literatur eine Vielzahl von Kennzahlen existieren, z.B. Handelsvolumen, Bid-Ask Spread22, Markttiefe, uvm.23

Märkte sind effizient, alle Marktteilnehmer handeln rational, weil sie logisch konsistent ihren Präferenzen folgen, besagt die Annahme der (neo-)klassischen finanzwirtschaftlichen Theorie. Daraus folgt, dass alle Transaktionen an diesem Markt der Preisfindung dienen, bis ein Gleichgewichtet entsteht, an dem es keinen Handel mehr gibt, da alle Ressourcen ideal verteilt sind. Also führt auch jede Veränderung der Rahmenbedingungen zu einer Veränderung an diesem Markt. Die Erhöhung der Transaktionskosten durch Einführung einer FTS führt dazu, dass sich einige Transaktionen für die Marktteilnehmer nicht mehr lohnen und deshalb unterlassen werden, was wiederum den Preisbildungsprozess stört. Im vereinfachten ökonomischen Modell hat die Einführung der FTS somit einen eindeutig negativen Effekt.24

Zahlreiche empirische Studien belegen jedoch, was schon länger bekannt ist, dass die Annahme vom perfekt rational agierenden Marktteilnehmer nicht haltbar ist.25 Grundsätzlich unterscheidet man in den Wirtschaftswissenschaften deshalb zwischen zwei Arten von Marktteilnehmern: Einerseits die rationalen Investoren, sie entscheiden aufgrund von fundamentalen Daten der Aktienmärkte und der Volkswirtschaft und haben dabei einen langfristigen Anlagehorizont, andererseits die Spekulanten, sie treffen typischerweise ihre Entscheidungen aufgrund von nicht fundamentalen Gerüchten und haben einen kurzfristigen Anlagehorizont. Sie werden in der Literatur auch Noise Trader genannt. Die ursprüngliche Annahme war, dass die Spekulanten durch ihre Kurswetten die Preisbildung behindern. Die FTS würde die Transaktionskosten steigern und solche Wettstrategien unrentabel machen, was zum Rückzug der Spekulanten führen müsste. Anhand von Marktmikrostrukturmodellen unter unterschiedlichen, aber durchaus plausiblen Bedingungen kann man zeigen, dass sich eine gewisse Menge von Spekulanten positiv auf die Preisbildung auswirken kann. Die Argumentation lautet, dass sich beim Agieren vieler Spekulanten am Markt Arbitragemöglichkeiten26 ergeben, die durch besser informierte rationale Investoren ausgenutzt werden können. Nimmt der Anteil der Spekulanten jedoch stark ab, wird es Market Maker27 erschwert zu rentablen Preisen zu quotieren und sie müssen die Bid-Ask Spreads erhöhen, um die Handelsverluste auszugleichen. Diese Entwicklung setzt sich fort, bis die Bid-Ask Spreads so groß sind, dass am Markt keine Liquidität mehr gibt, oder der Anteil der Spekulanten durch den Rückzug der rationalen Investoren wieder steigt.28

Schon Keynes setzte sich für eine Steuer auf Aktientransaktionen ein. Seine bzw. ähnliche Argumentationslinien werden von Befürwortern einer FTS immer wieder ins Feld geführt. Letztlich sollen durch die Einführung einer FTS die Spekulanten vom Markt gedrängt werden, weil diese kurzfristiger handeln, mehr Transaktionen durchführen und folglich durch die FTS stärker benachteiligt werden. Im Ergebnis nimmt die Liquidität ab, der Anteil rationaler Investoren steigt und die Kurse entsprechen fundamentalen Werten. Dahinter steht die Idee, dass durch die Aktivitäten von Spekulanten die Preise keine realen Werte mehr abbilden, was schädlich für den Kapitalmarkt ist.29

Gegner einer FTS, wie etwa Friedman, argumentieren, dass sich Spekulationsmöglichkeiten erst ergeben, wenn die Kurse die fundamentalen Werte nicht mehr abbilden, deshalb können die Tätigkeiten der Spekulanten an den Finanzmärkten nicht ausschließlich destabilisierend sein. Allerdings entstehen so Arbitragemöglichkeiten, diese werden von rationalen Marktteilnehmern ausgenutzt, weswegen sich die Kurse in Zukunft wieder an den fundamentalen Werten orientieren.30

Allgemein sind wahrscheinlich die Ausgangsliquidität des Marktes und die Höhe der einzuführenden FTS die entscheidenden Faktoren, um die Auswirkung der Steuer auf die zukünftige Liquidität abzuschätzen. Anzunehmen ist, dass in hoch liquiden Märkten durch eine niedrige Steuer bzw. auch bei höheren Steuersätzen keine negativen Auswirkungen auf Liquidität und Volatilität zu erwarten sind. Jedoch werden Märkte mit einer bereits geringen Ausgangsliquidität wesentlich empfindlicher auf eine FTS reagieren, weshalb bei einem höheren Steuersatz negative Auswirkungen zu erwarten sind.31

Es ist auch nicht eindeutig geklärt, warum durch die FTS ausschließlich Spekulanten vom Markt verschwinden sollten und nicht ebenso Teile der rationalen Investoren.32 Modelle zeigen für diesen Fall negative Auswirkungen für die Liquidität durch Sinken des Handelsvolumens, des Weiteren erhöhte Volatilität und ineffizientere Preisbildungsprozesse.33

Empirische Studien zur Einführung der FTS in Frankreich finden keine eindeutigen Ergebnisse. Für Italien werden hingegen eher negative Auswirkungen auf die Liquidität festgestellt, dies entspricht auch dem internationalen Vergleich mit typischen Ergebnissen für eine FTS.34,35

5.3 Handelsvolumen

Da eine FTS die Transaktionskosten erhöht, muss ceteris paribus36 das Handelsvolumen des besteuerten Marktsegmentes, in unserem Fall der besteuerten Wertpapiere, zurückgehen. Dieser Rückgang findet in den ersten sechs bis zwölf Monaten nach Einführung der Steuer statt und wird auf 10 bis 20% geschätzt. Studien zur Einführung der FTS in Frankreich, sowie Erfahrung aus Italien und weitere internationale Studien stützen diese Daten, zeigen jedoch, dass Rückgänge bis zu 30% durchaus möglich sind. Einzig für die in den 1980er-Jahren in Schweden erhobene Steuer wurde ein Rückgang von 60% beobachtet, der allerdings dem hohen Steuersatz von anfänglich 1%, später 2%, sowie leichter Umgehungsmöglichkeiten durch das Residenzprinzip geschuldet war.37

5.4 Volatilität

Üblicherweise gibt die Volatilität an, in welchem Verhältnis Preis oder Rendite eines Wertpapieres, in einem festgelegten Zeitraum, um dessen Mittelwert schwankt.38

Wenn die FTS ihr Ziel erreicht und die Zusammensetzung der Marktteilnehmer sich dahingehend ändert, dass die Aktivitäten spekulativ agierende Akteure am Markt überproportional abnehmen, sinkt auch die Volatilität. Die Wahrscheinlichkeit hierfür sinkt jedoch durch die Nichtbesteuerung des Intraday-Handels.39

Verschlechtert sich durch die Steuer die Marktliquidität, erhöht sich im Zuge des gestörten Preisbildungsprozesses die Volatilität. Letztlich hängt der Gesamteffekt davon ab, welche der Auswirkungen dominiert.40

Ob durch die Einführung einer FTS tatsächlich ein positiver Effekt auf die Volatilität erreicht werden kann, ist in der Theorie jedoch umstritten. Für Frankreich findet eine einzige Studie eine gesunkene Volatilität.41 Einen signifikanten Anstieg findet niemand. Die Mehrheit, bestehend aus Capelle-Blancard und Havrylchyk, Sramko sowie Colliard und Hoffmann, kann letztlich keine eindeutigen Effekte auf die Volatilität feststellen.42 Für Italien findet keine Studie einen Rückgang der Volatilität. Zwei Arbeiten finden keine Effekte.43 Gestiegene Volatilität wird von drei Anderen attestiert.44 Empirische Studien für die FTS in Frankreich und Italien stellten also lediglich moderate oder keine Effekte fest.

Ältere internationale Studien stellen eher eine steigende Volatilität fest.45

5.5 Steuersatz

Der Steuersatz ist eine bedeutende, vielleicht sogar die bedeutendste Stellschraube, um die Folgen der Einführung der FTS abschätzen zu können.

Bei dem Steuersatz von 0,2% soll es sich um einen Mindeststeuersatz handeln. Den teilnehmenden Mitgliedstaaten soll es möglich sein, einen höheren Satz festzulegen bzw. bei bereits implementierten FTS diesen beizubehalten.

Der niedrige Steuersatz von 0,2%, liegt im Mittelfeld der bisher in anderen Ländern etablierten Steuern. Exemplarisch zu nennen sind hier Italien mit 0,12%, Frankreich aktuell mit 0,3%, sowie Großbritannien mit 0,5%. Erfahrungsgemäß ist anzunehmen, dass das Handelsvolumen um 10% bis 20% sinken wird, darüber hinausgehende größere Marktverzerrungen im Hinblick auf Marktqualität und Preisbildung sind jedoch nicht zu erwarten.46

Bei der Festlegung des Steuersatzes ist stets ein Abwägen notwendig zwischen dem Ziel, durch einen höheren Satz Einnahmen zu generieren und der Problematik, durch einen zu hohen Satz Vermeidungsreaktionen auszulösen, die zu gravierenden Marktverzerrungen führen würden. Bspw. erhob Schweden einen Steuersatz von 1% und erhöhte diesen später noch einmal auf 2%. Da die Steuer recht einfach zu umgehen war, brach der Handel in Schweden um 60% ein und wanderte zu einem erheblichen Teil an die Londoner Börse ab.

5.6 Steuerobjekte

Bei einer Beschränkung auf Aktien ist die Begrenzung auf Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung über 1 Mrd. Euro wiederum sinnvoll. Davon wären in Deutschland aktuell 143 Unternehmen betroffen.47

Diese machen zwischen 70% und 90% des Aktienhandels aus. Allgemein geht mit einer hohen Marktkapitalisierung auch ein hoher Aktienumschlag einher. Fiskalisch ist durch die Grenzen also ein unbeachtlicher Verlust zu erwarten. Dem ggü. steht der Vorteil, dass die ohnehin illiquideren und empfindlicher reagierenden Anteile der KMU geschont werden. Diese sind typischerweise bereits nicht sehr liquide. Capelle-Blancard/Havrylchyk stellten fest, dass die Marktauswirkungen und Verdrängungseffekte einer FTS bei illiquiden Aktien deutlich höher sind als bei liquiden Werten.48 Gerade kleinere Unternehmen haben oft größere Schwierigkeiten, Aktien zu platzieren und Eigenkapital aufzunehmen, die Ausnahmeregelung sollte ihnen den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern.49

5.7 Residenzprinzip vs. Ausgabeprinzip

In räumlicher Hinsicht kann eine FTS grundsätzlich nach zwei Prinzipien gestaltet werden, die wiederum miteinander kompatibel sind.

Das Residenz- oder Ansässigkeitsprinzip, knüpft die Steuerpflicht an die Ansässigkeit der an der Transaktion beteiligten Parteien. Nach welchen Kriterien die Ansässigkeit bestimmt wird, bedarf Regelungen; da der aktuelle Vorschlag sich jedoch ausschließlich auf das Ausgabeprinzip stützt, soll an dieser Stelle nur auf die grundsätzliche Problematik eingegangen werden.

Die große Schwäche des Ansässigkeitsprinzips ist die einfache Umgehungsmöglichkeit durch Verlagerung der Aktivitäten ins Ausland. Das berühmteste Beispiel hierfür ist die schwedische FTS. In diesem Fall wurde die Steuer nur auf Transaktionen von registrierten schwedischen Maklerhäusern, also den Zwischenhändlern, erhoben. Nicht besteuert wurde dagegen der Handel von schwedischen Wertpapieren im Ausland, sowie Transaktionen von schwedischen Staatsbürgern an ausländischen Finanzplätzen wie London.50

Das Ausgabeprinzip knüpft die Steuerpflicht an den Ausgabeort des gehandelten Wertpapieres. Über die Steuerpflicht entscheidet also nicht die Nationalität der Handelnden oder der Ort der Transaktion, sondern lediglich, ob der Emittent des gehandelten Finanzinstruments seinen Sitz in einem Land hat, welches die FTS erhebt.51

Dieses Modell ist bewährt, gilt als Standard der modernen FTS und soll gem. dem aktuellem Vorschlag angewendet werden.52 Steuerpflichtig wären demnach Aktien von Unternehmen, die ihren Sitz in einem an der verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedsstaat haben.53 Da die Unternehmen daran interessiert sind, dass ihre Eigenkapitalbeschaffung nicht, und sei es auch nur später auf dem Sekundärmarkt, durch die FTS belastet wird, besteht das Risiko gerade für kleinere Länder, dass die Firmensitze ins Ausland verlagert werden, um der Steuer zu entgehen.54

Das Risiko der sich bei getrennter Anwendung des Ansässigkeits- oder des Ausgabeprinzip ergebenden Umgehungsmöglichkeiten lässt sich durch Anwendung einer Kombination erheblich reduzieren.55 Dabei fällt die FTS sowohl beim Kauf eines Finanztitels, der von einem Unternehmen in der EU ausgegeben wurde, nach dem Ausgabeprinzip, als auch bei Transaktionen, bei denen wenigstens eine Partei in der EU ansässig ist, nach dem Residenzprinzip, an.56 Das Kombinationsmodell war Teil des EU-Vorschlags von 2013 für eine FTS mit breiter Bemessungsgrundlage zur besseren Abdeckung der Steuerbasis und Reduktion des Risikos der Abwanderung von Handelsaktivitäten in steuerfreies Gebiet.57 Eine Studie des DIW prognostiziert die zu erwartenden Konsequenzen eines damaligen Verzichts auf das Ansässigkeitsprinzip. Demzufolge wäre das geschätzte Steueraufkommen in Deutschland und Frankreich um höchstens 30 % niedriger, während es Länder mit kleineren Aktienmärkten stärker trifft. So hätte Italien einen Rückgang um 40 % zu erwarten, Österreich müsste sogar mit Mindereinnahmen von 80 % ggü. der ursprünglichen Prognose rechnen.58 Scheinbar verlieren die kleineren Länder überproportional, wenn nur das Ausgabeprinzip gilt.59 Zwar bezieht sich die Berechnung auf den EU-Vorschlag von 2013, jedoch behält die Erkenntnis, dass kleine Länder bei ausschließlicher Anwendung des Ausgabeprinzips, wie im aktuellen Vorschlag, verlieren, weiterhin ihre Gültigkeit. Durch Ergänzung des Vorschlags um das Ansässigkeitsprinzip könnte nicht nur eine erhebliche Steigerung der Einnahmen erreicht werden, sondern es würde auch ein größerer Anreiz für Länder mit kleinen Aktienmärkten gesetzt, sich an einer EU-weiten FTS zu beteiligen.60

5.8 Ausnahme OTC-Handel

Der außerbörsliche Handel oder auch OTC-Handel - vom englischen Over the Counter (über den Tresen) - bezeichnet den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, der auf nicht regulierten Märkten direkt zwischen den Handelnden geschlossen wird und nicht über Börsen oder sonstige Handelsplätze abgewickelt wird. Besonders oft außerbörslich gehandelt werden:

- börsennotierte Wertpapiere, wenn die Handelspartner nicht wollen, dass jemand etwas von dem Kauf oder Verkauf erfährt.
- Wertpapiere, die zum Börsenhandel nicht zugelassen sind.
- Finanzderivate ohne standardisierte Spezifikationen, wenn die Handelspartner ihrem Absicherungswunsch durch individuelle Konstruktionen präziser erfüllen können als es durch börsengehandelte standardisierte Produkte möglich wäre.

Auf nicht regulierten Börsen finden heute die meisten Wertpapiertransaktionen statt. Das betrifft besonders den Handel mit Anleihen und Derivaten, aber selbst bei Aktien werden mittlerweile etwa 50% außerbörslich gehandelt. Werden nur börsliche Transaktionen besteuert, kann das zu erheblich geringeren Steuereinnahmen führen. Auch setzt eine Steuerbefreiung des außerbörslichen Handels Anreize dafür, dass Marktteilnehmer in den OTC-Handel abwandern.61 Dagegen zeigen Erfahrungen aus der italienischen FTS, dass ein Teil der außerbörslichen Transaktionen, bei einer überlegten Besteuerung des OTC-Handels wieder an die regulierten Plattformen und Marktplätze zurückkehren.62 In Italien wird eine Steuer auf die Netto-Eigentumsübertragungsposition am Ende eines jeden Tages i. H. v. 0,12% auf Transaktionen an der Börse und 0,22% auf Transaktionen, die zum OTC-Handel gehören, erhoben.63 Der außerbörsliche Handel wird also systematisch besteuert, mit einem Steuersatz, der fast das Doppelte des Satzes für Transaktionen an regulären Börsen beträgt. Auch gelten die Ausnahmebestimmungen für Market Maker nicht für außerbörsliche Broker, die im OTC-Handel als Liquiditätsanbieter tätig sind.64

Die italienische Börsenaufsicht stellte im italienischen OTC-Sektor zwischen der Einführung der Steuer auf Aktienhandel im März 2013 und der Ausweitung der Steuer auf den Derivathandel im September 2013 einen Rückgang im Handelsvolumen um 31% fest, während es an der regulären Börse um 9% gestiegen ist.65 Dagegen stellte Sramko, im Vergleich zu zwei von drei Kontrollgruppen, eine Reduktion im regulären Börsenhandel gemessen an Anzahl und Wert der Aktien im Bereich von 21,8% bis 31,5% nach der ersten Einführungsphase im März 2013 fest.66 Auch Coelho findet einen Rückgang von 85% des Handelsvolumens im OTC-Sektor im Vergleich zu einer spanischen Kontrollgruppe.67

Im Ergebnis zeigt sich jedoch, dass eine breitere Steuerbemessungsgrundlage erfolgreich Steuervermeidungsstrategien reduziert, insbesondere das Abwandern in den nicht regulierten oder OTC-Handel. Exemplarisch ging der Börsenhandel von Aktien in Frankreich bis zu 20% zurück, während in Italien der Anteil zunahm, weil dort der OTC-Handel im Gegensatz zu Frankreich ebenfalls, allerdings zu einem höheren Satz, besteuert wird.68 In Italien ergaben sich jedoch in der praktischen Umsetzung Probleme bei der Abgrenzung von regulärem und OTC-Handel, was aufgrund der unterschiedlichen Besteuerung der beiden Sektoren problematisch ist.69

Aus regulatorischer Sicht hat das deutsch-französische Modell also unerwünschte Nebeneffekte. Der Vorschlag diskriminiert durch seine Steuerbelastung nicht nur bestimmte Anlagestrategien und Investoren, die sich aktiv und transparent am Aktienmarkt beteiligen, obwohl sie einen positiven Beitrag zur Preisfindung leisten, sondern setzt obendrein Anreize zu nicht reguliertem außerbörslichen Handel.70

5.9 Ausnahme Anleihehandel

Zwar ist im deutsch französischen Vorschlag keine Besteuerung des Anleihehandels angedacht, dennoch wäre dies bei einer späteren Ausweitung der FTS denkbar und war bereits im EU-Vorschlag von 2013 vorgesehen.71

Für eine FTS, die auch die Besteuerung des Anleihehandels miteinbezieht, wäre es allerdings unerlässlich auch den außerbörslichen OTC-Markt mit zu besteuern. Auf außerbörslichen Plattformen findet fast 90% des Anleihe-Handels in Europa statt. Auch wenn EU-Regulierungen und technologische Neuerungen in den letzten Jahren für eine teilweise Rückkehr auf regulierte Börsenplattformen gesorgt haben, werden europäische Anleihen immer noch fast vollständig auf dem nicht regulierten OTC-Markt gehandelt.72 Eine FTS auf Anleihen, die den OTC-Handel ausnimmt, würde eben jene positive Rückkehr zum regulierten Handel wieder umkehren und hätte massive Ausweichbewegungen zum OTC-Markt zur Folge. Dies setzt den Willen voraus, einen Eingriff in den weitgehend intransparenten und kaum regulierten OTC-Handel für Anleihen vorzunehmen. Die dort agierenden Finanzakteure, bei denen es sich vor allem um große globale Investmentbanken handelt, müssten zur Weitergabe ihrer Transaktionsdaten und zur Steuerabführung verpflichtet werden.73 Dadurch bietet sich die Chance, die Transparenz in diesem wichtigen, aber größtenteils dezentral organisierten, Marktsegment zu steigern, auf das Regulierungsbehörden zurzeit kaum Einblick haben. Durch die Einführung einer FTS und entsprechender Clearingprozesse könnten z.B. Regierungen einsehen, wer die Staatsanleihen des eigenen Landes handelt und hält. Diese Daten sind zurzeit nicht bekannt, wären aber zur Vorbeugung und Lösung von Finanz- und Schuldenkrisen von erheblichem Wert.74

5.10 Ausnahme Intraday und Hochfrequenzhandel

Der aktuelle Vorschlag sieht eine Besteuerung der Netto-Eigentumsübertragungsposition am Ende eines jeden Tages vor.75 Konkret bedeutet dies eine Ausnahme von der Besteuerung für den Intraday-Handel, also dem Kauf und Verkauf von Wertpapieren innerhalb eines Handelstages. Zur Steuerpflicht kommt es erst, wenn die Aktien über Nacht gehalten werden. Der gewünschte Effekt der Steuer, die Verteuerung des kurzfristigen spekulativen Handelns am Aktienmarkt, tritt nur durch die steigenden Transaktionskosten ein. Dieses Ziel wird jedoch nicht erreicht, wenn erworbene Aktien noch am Tag des Erwerbs steuerfrei veräußert werden können. Offensichtlich ist diese Art kurzfristiger Spekulationen nicht auf ein langfristiges Renditeziel ausgerichtet, womit die Ernsthaftigkeit der oben genannten Zielverfolgung offensichtlich in Frage steht.76

[...]


1 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 10.

2 Vgl. Bundesfinanzministerium, Gesetzesvorschlag zu Finanztransaktionssteuer, 10.12.2019.

3 Vgl. Burghof/Jung, S. 2.

4 Vgl. Keynes, S. 134 ff.

5 Vgl. Burghof/Jung, S. 7.

6 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 15; Tobin, Eastern Economic Journal, 1978, 153 ff.

7 Vgl. Burghof/Jung, S. 2 + 9.

8 Vgl. Bundesfinanzministerium, Gesetzesvorschlag zu Finanztransaktionssteuer, 10.12.2019; Burghof/Jung, S. 1 f; Funke/Meyer/Trebesch, S. 10.

9 Siehe Tabelle 1:Der deutsch-französische Vorschlag im internationalen Vergleich.

10 Vgl. EU-Kommission (2013), S. 2 ff.

11 Vgl. EU-Kommission (2013), S. 8 f.

12 Vgl. EU-Kommission (2013), S. 9.

13 Vgl. EU-Kommission (2013), S. 11.+ 25 f.

14 Vgl. EU-Kommission (2013), S. 27 ff.

15 Vgl. EU-Kommission (2013), S. 24 f.

16 Siehe Tabelle 2: Der deutsch-französische Vorschlag im Vergleich zu bisherigen Vorschlägen.

17 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 12.

18 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 12.

19 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 12.

20 Siehe Abbildung 2: Größenvergleich der Finanzmarktumsätze.

21 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 12.

22 Geld-Brief-Spanne: Bezeichnet die Differenz zwischen angebotenen Käuferpreis und dem angebotenen Verkäuferpreis.

23 Vgl. Amihud, Yakov, Journal of Financial Markets, 2002, 31 ff; Pichler, S. 7.

24 Vgl. Pichler, S. 7.

25 Vgl. z.B. Tversky/Kahneman, Cognitive psychology, 1973, S. 207 ff.

26 Arbitrage ist die Gewinnmitnahme durch Ausnutzung von minimalen Preisunterschieden zum selben Zeitpunkt an verschiedenen Orten.

27 Marktmacher: Marktteilnehmer die kontinuierlich als Gegenpartei für die Kauf- und Verkaufsentscheidung anderer Marktteilnehmer zur Verfügung stehen und eine sofortige Ausführung ermöglichen.

28 Vgl. Pichler S. 7f.

29 Vgl. Pichler S. 8.

30 Vgl. Friedman zitiert nach Pichler S. 9.

31 Vgl. Pichler S. 9.

32 Vgl. Pichler, S. 9.

33 Vgl. Pichler, S. 9; Funke/Meyer/Trebesch, S. 22.

34 Vgl. Pichler, S. 10 f; Funke/Meyer/Trebesch, S. 23.

35 Siehe Tabelle 3:Empirische Studien zur Finanztransaktionssteuer in Frankreich und Italien.

36 „Unter sonst gleichen Bedingungen“.

37 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 20 f; Burghof/Jung, 9 f.

38 Vgl. FAZ.net Börsenlexikon, Volatilität.

39 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 21 f; Pichler, S. 12 f.

40 Vgl. Pichler, S. 12; Burghof/Jung, S. 9.

41 Vgl. Becchetti/Ferrari/Trenta, Journal of Financial Stability, 2014, S. 127 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 22; Pichler, S. 15

42 Vgl. Sramko, International Journal of Economic Sciences, 2015, S. 52 ff; Capelle-Blancard/Havrylchyk, International Review of Financial Analysis, 2016, S. 166 ff; Colliard/Hoffmann, S. 19 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 22; Pichler, S. 15.

43 Vgl. Sramko, International Journal of Economic Sciences, 2015, S. 52ff; Hvozdyk/Rustanov, International Review of Financial Analysis, 2016, S. 62 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 22.

44 Vgl. Coelho, S. 2 ff; Capelletti/Guazzarotti/Tommasino, Journal of Financial Stability, 2017, S. 81 ff; Rühl/Stein, Economics Bulletin, 2014, S. 25 ff zitiert nach Funke/Meyer/Trebesch, S. 22.

45 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 22; Pichler, S. 14 f.

46 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 32.

47 Eine Auflistung der betroffenen deutschen Unternehmen, zum Stichtag 17.04..2019, ist in der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage an das BMF einsehbar, Drucksache 19/9828 vom 03.05.2019.

48 Vgl. Capelle-Blancard/Havrylchyk, International Review of Financial Analysis, 2016, S.166 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 32.

49 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 32 f.

50 Vgl. Umlauf, Journal of Financial Economics, 1993, S. 227 f; Campbell/Froot, Chicago: University of Chicago Press, 1994, S.277 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 19.

51 Vgl. Schäfer, S. 14.

52 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

53 Vgl. Schäfer, S.14.

54 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

55 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

56 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

57 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

58 Vgl. Schäfer, S. 31 ff.

59 Vgl. Schäfer, S. 31; Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

60 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 35.

61 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 37.

62 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 8.

63 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 18.

64 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 18.

65 Vgl. CONSOB 2018 zitiert nach Funke/Meyer/Trebesch, S. 21.

66 Vgl. Sramko, International Journal of Economic Sciences, 2015, S. 52 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 21.

67 Vgl. Coelho, S. 20 ff; Funke/Meyer/Trebesch, S. 21.

68 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 34.

69 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 31.

70 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 34.

71 Vgl. EU-Kommission (2013), S.12 + 21 f.

72 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 37.

73 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S: 38.

74 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 37.

75 Vgl. Funke/Meyer/Trebesch, S. 18.

76 Vgl. Burghof/Jung, S. 11 f.

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer
Hochschule
Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg; ehem. Fachhochschule Ludwigsburg
Note
15,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
69
Katalognummer
V1169966
ISBN (eBook)
9783346584229
ISBN (eBook)
9783346584229
ISBN (eBook)
9783346584229
ISBN (Buch)
9783346584236
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ausgestaltung, finanztransaktionssteuer
Arbeit zitieren
Johannes Göhr (Autor:in), 2021, Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1169966

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