Das Subsidiaritätsprinzip im Kontext der ambulanten Jugendhilfe. Eine analytische Betrachtung des Grundgedanken vs. Praxisbezug


Hausarbeit, 2019

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Das Subsidiaritätsprinzip

3. Das Arbeitsfeld der ambulanten Jugendhilfe und ihre Beteiligten
3.1 Der öffentliche Träger
3.2 Der freie Träger
3.3 Der Klient

4. Vereinbarkeit von Selbstbestimmung und Wächteramt – das Doppelmandat der Sozialen Arbeit

5.Fazit

Literaturverzeichnis

1.Einleitung

„Starke Familie – Solidarität, Subsidiarität und kleine Lebenskreise“ – so betitelt die Robert Bosch Stiftung einen Bericht der Kommission „Familie und demographischer Wandel“ (Robert Bosch Stiftung 2016:1). Bereits die Kernaussage einer starken Familie könnte eine praxisbezogene Definition des Begriffs Subsidiarität sein. Der Begriff stellt die Selbstbestimmung und die bestmögliche Vermeidung staatlicher Interventionen in das selbstbestimmte Leben jedes Individuums dar. In dieser Projektarbeit spielen diese Begriffe eine zentrale Rolle.

Wie der Titel bereits beschreibt, wird ein besonderes Augenmerk auf den Grundgedanken der Subsidiarität und die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten im Rahmen der ambulanten Jugendhilfe gelegt. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob der Grundgedanke des Subsidiaritätsprinzips mit der gesetzlich festgelegten Überwachungsfunktion des öffentlichen Trägers im Rahmen der ambulanten Jugendhilfe kollidiert und ob dies Auswirkungen auf die Arbeit des freien Trägers im direkten Setting mit den Klienten hat.

Die Hausarbeit verfolgt die Hypothese, dass die Hilfe zur Selbsthilfe und der Grundgedanke der Selbstbestimmung sich auch im Rahmen des Wächteramts der öffentlichen und freien Träger im Kontext der ambulanten Jugendhilfe realisieren lässt. Die Haltung und das Selbstverständnis der professionell handelnden Personen tragen entscheidend zu einer gelingenden Kombination von Kontrollfunktion und unterstützender/beratender statt autoritärer Arbeitsweise bei.

Um dieser Thematik auf den Grund zu gehen, wird zunächst die Definition des Subsidiaritätsprinzips geklärt. Im weiteren erfolgt eine Betrachtung der direkten Teilnehmer dieses Prozesses in der Praxis – dem öffentlichen Träger mit einem besonderen Augenmerk auf den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), dem freien Träger, im speziellen, die Arbeit Fachkräfte in der ambulanten Jugendhilfe und nicht zuletzt den Hauptprotagonisten dieses Prozesses – die Klienten.

Nachdem diese Bereiche genauer definiert wurden, bezieht sich die Projektarbeit auf die Umsetzbarkeit des Grundgedanken der Subsidiarität in die Praxis und dem daraus resultierenden „Doppelmandat“ der Sozialen Arbeit. Neben rechtlichen Grundlagen und Erfahrungsberichten aus der praktischen Arbeit erfolgt eine Verbindung zur systemischen Theorie in Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip.

2. Das Subsidiaritätsprinzip

Wörtlich übersetzt kommt der Begriff Subsidiarität vom lateinischen „subsidium“, was übersetzt Hilfe bzw. Reserve bedeutet.

Er beschreibt die Verlagerung von Verantwortung auf die möglichst kleinste Ebene oder Einheit. Nur dort, wo die eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen, um die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen, sollen staatliche Interventionen durch die jeweiligen Institutionen subsidiär erfolgen (Gabler Wirtschaftslexikon). Den Begriff Subsidiarität findet man in unterschiedlichen Bereichen, wie z.B. der Soziologie, der Finanzwissenschaft oder im Versicherungswesen. Im Weiteren wird der Fokus auf die Bedeutung im sozialogischen Kontext gelegt.

„Was der Einzelmensch aus eigener Initiative und seinen eigenen Kräften leisten kann, darf ihm nicht entzogen und dem staatlichen Handeln zugewiesen werden“ (zit. Nell-Breuning in Klie 2013:5). Hier wird in einfacher Form der Kern des Subsidiaritätsprinzips auf soziologischer Ebene beschrieben – Selbstverantwortung und Mitgestaltung des Menschen in seinen unmittelbaren Netzwerken. Denn jede gesellschaftliche Handlung, die aus eigener Motivation geschieht, stärkt das soziale Gefüge der beteiligten Personen (ebd.)

Als Ursprung des Subsidiaritätsprinzip ist die katholische Soziallehre zu sehen, die davon ausgeht, dass ein Mensch als einzelnes Individuum in der Gesamtgesellschaft lebt. Besonders wichtig ist, die eigene Initiative und die Eigenverantwortung des Menschen und seiner unmittelbaren Systeme, wie z.B. die Familie, Peer Gruppen, Vereine oder Kommunen. Auch die übergeordneten Gremien, in denen sich der Einzelne aber auch die Gruppen bewegen wie der Staat und die Gesellschaft haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Sie sollen die kleinen Systeme stützen indem deren Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit gefördert werden. (vgl.Michel in Becker 2013:664f.)

In den 50er Jahren entfachte über die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft eine Grundsatzdebatte, die die staatliche Verantwortung auf Vorsorge der individuellen Vorgehensweise von Sicherung auf Wohlfahrtsebene gegenüberstellte. Durch die klare Definition im GG Art.20 und 28 war jedoch eindeutig, dass die soziale Sicherung aufgrund der Grundlage des sozialen Rechtsstaats Aufgabe der Regierung war. Daraus resultierten zunehmend Zuständigkeitsfragen zwischen öffentlichen und freien Träger auf kommunaler Ebene.

1961 erfolgte die Gesetzesänderung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes zum Jugendwohlfahrtsgesetz.

Inhaltlich erhielten die freien Träger deutlich mehr Handlungsspielraum und waren fortan vorrangig für die Organisation und Erbringung von Leistungen im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe zuständig, während die öffentlichen Träger zur Förderung dieser verpflichtet waren (Sachße 2013:941f.).

Allerdings benötigten die freien Träger besonders finanzielle Unterstützung zur Bewältigung der Aufgaben, was sie wiederrum in eine Art Abhängigkeit zu den öffentlichen Träger stellte. Diese Kombination aus Abhängigkeit und Vermischung von Zuständigkeitsgrenzen zog sich bis in die 90er Jahre.

Zu Beginn der 90er Jahre erfolgte ein Umschwung, aus dem die heutige Form des Subsidiaritätsgedanken entstand. Besonders die europäische Einigung und das damit verbundene Diskriminierungsverbot öffnete die Tore für Fachkräfte aus dem europäischen Ausland. Aufgrund der vorherrschenden Finanzknappheit war es für freie Träger äußerst lukrativ, sich dieser kostengünstigeren Methode zu bedienen. So öffnete sich der Markt für die kommerziellen freien Träger und diese wurden durch das Diskriminierungsverbot, welches die sozialrechtlichen Privilegien der privaten freien Träger kippte und kommerzielle und private Träger gleich stellte.

Im weiteren Verlauf der Geschichte war eine immer wieder neu angepasste Subsidiarität von Nöten, die sich an den gesellschaftlichen Wandel anpassten. Zur heutigen Zeit geht es primär darum, weg von der „regulierten Fremdsteuerung“ hin zur „situativen Selbststeuerung“.

Der Staat wird immer mehr zum Partner, der das Umfeld und die Bedingungen schafft, um Selbstbestimmung und Selbststeuerung durchführen zu können. Hierzu gehört u.a. die Finanzierung von Unterstützungsmöglichkeiten sowie Stärkung von Netzwerken.(ebd.:943)

Zusammenfassend beschreibt dies den Rahmen einer partnerschaftlichen Beziehung einer Triade zwischen öffentlichen sowie freien Trägern und der Gesellschaft, aus der sich im Weiteren der Klientenkreis entwickelt.

3. Das Arbeitsfeld der ambulanten Jugendhilfe und ihre Beteiligten

Wie bereits im vorherigen Abschnitt beschrieben, spielen die Beziehungen zwischen den an den Hilfeprozessen der Kinder – und Jugendhilfe Beteiligten eine entscheidende Rolle. Diese Beziehungen sind die Grundlagen des Prozessverlaufs, welche durch sozialrechtliche Themen aber auch durch konzeptionelle Rahmenbedingungen ausgehandelt und vereinbart werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Subsidiaritätsprinzip im Kontext der ambulanten Jugendhilfe. Eine analytische Betrachtung des Grundgedanken vs. Praxisbezug
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
16
Katalognummer
V1170069
ISBN (eBook)
9783346581235
ISBN (Buch)
9783346581242
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Subsidiaritätsprinzip, Jugendhilfe, Soziale Arbeit, Struktur, Theoriezugänge
Arbeit zitieren
Jan Berrens (Autor:in), 2019, Das Subsidiaritätsprinzip im Kontext der ambulanten Jugendhilfe. Eine analytische Betrachtung des Grundgedanken vs. Praxisbezug, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1170069

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