Der gesetzliche Mindestlohn. Eine Kontroverse in der Bundesrepublik.

Stand: 2008


Seminararbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Mindestlohn – Definition und derzeitige Situation in der BRD

3 Befürworter und ihre Argumente
3.1 Der DGB und die SPD
3.2 Die Partei DIE LINKE

4 Gegner und ihre Argumente
4.1 Der BDA
4.2 Die FDP

5 Der internationale Vergleich
5.1 Der SMIC in Frankreich

6 Zusammenfassung und Ausblick

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Im Juli 2008 hat die Bundesregierung den dritten Armuts- und Reichtumsbericht vorgelegt. Darin geht sie davon aus, dass im Jahr 2005 in etwa 11 % der Bevölkerung als dauerhaft einkommensarm gegolten haben. Jeder 9. Deutsche ist also von Armut betroffen, jeder 20. sogar von strenger, dauerhafter Armut (Armutsbericht 2008, S. 26). Die Bruttolöhne und –gehälter der Arbeiter gingen zwischen 2002 und 2005 real um 4,8 % zurück (Ebd., S. 11f). Im Niedriglohnsektor lässt sich eine Zunahme der Beschäftigung beobachten, so dass mittlerweile 36,4 % aller Beschäftigten für einen Lohn arbeiten, der weniger als zwei Drittel des durchschnittlichen Lohnes beträgt (Ebd., S. 12).

Ein gesetzlicher Mindestlohn, so die Befürworter, könne hier Abhilfe schaffen, während die Gegner schwerwiegende Folgen für die deutsche Wirtschaft prognostizieren, sollte ein solcher Mindestlohn eingeführt werden. Fakt ist, die Bundesrepublik Deutschland ist eines der wenigen großen europäischen Länder und führenden Industrienationen, in der es keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Aber seit einiger Zeit tobt auch in Deutschland eine Debatte darüber, ob unsere Gesellschaft der Einführung eines solchen bedarf. Die Standpunkte in dieser Debatte lassen sich wunderbar an folgenden zwei Zitaten zeigen:

„Besser working poor als nur poor.“

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, in: DIE ZEIT vom 09.03.06.

„Es ist und bleibt eine Unanständigkeit erster Güte, dass Menschen, die einen ganzen Tag arbeiten, anschließend auf die Unterstützung vom Staat angewiesen sind.“

Jürgen Trittin am 28. Mai 2008 bei Hart aber Fair (ARD).

Für die eine Seite ist es wichtiger, dass die Menschen überhaupt eine Arbeit haben, während für die andere Seite von Bedeutung ist, dass die Menschen von dieser Arbeit auch leben können. Im Folgenden wird aufgezeigt, wo in Gesellschaft und Politik in der Bundesrepublik die Trennlinie zwischen Mindestlohn-Befürwortern und –Gegnern verläuft und was ihre jeweiligen Argumente sind. Davor wird in einem Kapitel der Frage nachgegangen, was überhaupt unter Mindestlohn zu verstehen ist und wie die derzeitige Situation in Deutschland aussieht. Abschließend wird dann der Fokus auf die europäischen Nachbarn erweitert. Welche Länder in der EU haben gesetzliche Mindestlöhne und wie hoch sind diese? Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei der französische SMIC, da Frankreich sowohl was die Größe der Bevölkerung als auch was die Wirtschaftskraft und –struktur betrifft noch am ehesten mit der Bundesrepublik vergleichbar ist. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst.

2 Mindestlohn – Definition und derzeitige Situation in der BRD

Geht man nach dem Wörterbuch zur Politik von Schmidt, so ist ein Mindestlohn: „der gesetzlich oder tarifvertraglich vereinbarte Mindestlohn für lohn- oder gehaltsabhängige Arbeit“ (Zit. Schmidt 2004, S. 451). Ein Mindestlohn kann also auf zwei Ebenen betrachtet werden.

Ein tariflicher Mindestlohn bedeutet, dass die Sozialpartner, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, eine untere Lohnstufe für jeweils eine Branche aushandeln. Jede Branche kann also einen eigenen Mindestlohn haben, der auch in der Höhe von dem anderer Branchen abweichen kann. Die Höhe des Lohnes hängt dabei hauptsächlich von der zu verrichtenden Arbeit sowie der Größe und vor allem der Marktmacht der betreffenden Gewerkschaft ab. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist hingegen ein vom Gesetzgeber verfügter. Dieser Mindestlohn ist allgemeingültig, er gilt also für alle Branchen gleich.

Wie sieht die Situation nun in der Bundesrepublik aus? Wie schon erwähnt, ist die Bundesrepublik eines der wenigen wirtschaftsstarken Länder ohne gesetzlichen Mindestlohn. In der EU gibt es insgesamt nur 7 Länder, die keinen nationalen gesetzlichen Mindestlohn haben. Neben Deutschland sind das Dänemark, Schweden, Finnland, Österreich, Italien und Zypern (Vgl. Schulten 2006, S. 18).

In der Bundesrepublik ist es weit verbreitet, dass der Staat öffentliche Aufgaben an Interessensgruppen und Verbände delegiert. So haben die Verbände von Arbeit und Kapital, also die Gewerkschaften und die Arbeitgebervertretungen, im Rahmen der Tarifautonomie das Recht (und die Pflicht) neben Arbeitsbedingungen und der Regelung der beruflichen Ausbildung vor allem die Lohnhöhe auszuhandeln (Vgl. Schmidt 2007, S. 127). Durch diese Tarifautonomie hat der Staat eigentlich keine Möglichkeit, auf die Höhe von Löhnen und Gehälter direkten Einfluss zu nehmen (Vgl. Hartmann 2004, S. 218). Die Gewerkschaften sind in Deutschland größtenteils im DGB, dem deutschen Gewerkschaftsbund, vereinigt, der die politische Unterstützung der SPD, der Partei Die Linke sowie des CDU-Arbeitnehmerflügels genießt. Auf der anderen Tarifseite finden wir die Arbeitgeberverbände, die größtenteils in dem Dachverband BDA, Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände, zusammengeschlossen sind. In der Bundesrepublik ist das Prinzip des Flächentarifvertrages vorherrschend. Arbeitgeber und Arbeitnehmer organisieren sich in für Regionen und/oder Branchen repräsentativen Verbänden und handeln Löhne aus, die dann für die gesamte Region und die gesamte Branche gültig sind (Vgl. ebd. S. 219f).

In einigen Branchen gibt es jedoch so etwas wie einen gesetzlichen Mindestlohn. Durch das 1996 verabschiedete Entsendegesetz wurde festgelegt, dass ausländische Arbeitskräfte, die auf Baustellen in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt sind, nicht nach dem in ihrem Herkunftsland üblichen Entgelt bezahlt werden, sondern dass ihr Lohn dem deutschen Mindeststundenlohn im Baugewerbe entspricht (Vgl. Schmidt 2004, S. 196f). Die eigentlich auf das Baugewerbe beschränkte Regelung wird nun aber erweitert. Bis zum 31. März 2008 lief eine Frist, in der sich andere Branchen um eine Aufnahme in das Entsendegesetz bewerben konnten. Welche Branchen das im Einzelnen sind, geht aus Tabelle 1 hervor. Insgesamt würden so zu den 1,9 Millionen Arbeitskräften, denen durch dieses Gesetz ein gesetzlicher Mindestlohn sicher ist, weitere 1,6 Millionen Arbeitnehmer hinzu kommen. Der DGB erwartet die ersten Gesetzesentwürfe im Sommer 2008 (Vgl. DGB-HP, Entsendegesetz. Zur Auflösung der Homepagekürzel siehe Literaturverzeichnis).

Abbildung 1: Branchen, die sich um Aufnahme ins Entsendegesetz beworben haben

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung, nach: http://www.mindestlohn.de/meldung/aktuell/entsendegesetz/

3 Befürworter und ihre Argumente

Im Folgenden werden einige Befürworter eines einheitlichen Mindestlohnes sowie ihre jeweiligen Argumente vorgestellt. Womit untermauern die jeweiligen Akteure ihre Forderung und wie weitreichend ist diese? Vorgestellt wird das Konzept des DGB, dem sich auch die SPD angeschlossen hat, sowie das weiter gehende Programm der Partei DIE LINKE.

3.1 Der DGB und die SPD

Der DGB fordert einen flächendeckenden Mindestlohn von 7,50 € die Stunde. Dieser soll, wenn möglich, tariflich ausgehandelt, wenn nötig, gesetzlich beschlossen werden. Die SPD hat sich ebenfalls dieser Forderung angeschlossen und fordert ebenso einen gesetzlich verankerten Mindestlohn, der es dem Werktätigen erlaubt, sich und seine Familie zu ernähren. Dies soll erreicht werden, indem das Entsendegesetz auf alle Wirtschaftsbereiche ausgeweitet wird (Vgl. SPD-HP, Gute Arbeit). Im Folgenden werden die Wichtigsten Argumente von DGB und SPD aufgelistet und kurz erläutert.

Niedriglöhne erhöhen die Schwarzarbeit (Vgl. DGB-HP, Fehlargumente)

Das Argument des DGB ist, dass durch niedrige Löhne die Menschen dazu verleitet werden, neben ihrer regulären Arbeit noch eine weitere Arbeit anzunehmen. Mit einem Mindestlohn seien die Geringverdiener durch die höheren Einkommen nicht mehr auf eine zusätzliche, unter Umständen „schwarze“ Arbeit angewiesen. Somit könnten Mindestlöhne effektiv Schwarzarbeit verhindern.

Mindestlöhne verhindern Lohnarmut und führen zu neuen Jobs (Vgl. DGB-HP, Arbeitsplätze)

Durch die höheren Löhne hätten die Verbraucher mehr Geld für den Konsum. Steigende Preise würden durch die höhere Kaufkraft der Kunden durch den Mindestlohn ausgeglichen und die dadurch erhöhte Nachfrage würde letztendlich zu neuen Jobs führen.

7,50 € ist unter vergleichbarem Niveau der europäischen Nachbarn (Vgl. DGB-HP, Europa)

Die gesetzlichen Mindestlöhne der westlichen Nachbarn der BRD sind alle höher als 7,50 €. In Frankreich beträgt er beispielsweise seit dem 01. Juli 2008 8,71 €. In keinem dieser Länder, so das Argument, seien die Befürchtungen der Mindestlohngegner eingetreten. Daher könne auch in Deutschland ein Mindestlohn eingeführt werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der gesetzliche Mindestlohn. Eine Kontroverse in der Bundesrepublik.
Untertitel
Stand: 2008
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Wirtschaftsgeographie
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V117128
ISBN (eBook)
9783640195169
ISBN (Buch)
9783640195206
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mindestlohn, Darstellung, Kontroverse, Bundesrepublik, Wirtschaftsgeographie
Arbeit zitieren
Toni Börner (Autor:in), 2008, Der gesetzliche Mindestlohn. Eine Kontroverse in der Bundesrepublik., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117128

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