Fallstudien-Analysen insolventer Unternehmen

Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse, Methodenkritik


Seminararbeit, 2007

43 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


GLIEDERUNG

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2. Krisenursachen, Krisenprozess und Insolvenz
2.1 Begriffsbestimmungen
2.2 Phasenmodelle des Krisenprozesses

3. Erkenntnisse der Insolvenzforschung
3.1 Quantitative Insolvenzforschung
3.1.1 Empirische Untersuchungen
3.1.2 Zwischenergebnis
3.2 Qualitative Insolvenzforschung
3.2.1 Empirische Untersuchungen
3.2.2 Zwischenergebnis
3.3 Das Problem der Multikausalität

4. Analyse der Fallstudie von Richard Morris
4.1 Beschreibung der Fallstudien
4.2 Insolvenzen im Textilsektor
4.3 Insolvenzen im Maschinenbausektor
4.4 Analyse einzelner Insolvenzen
4.5 Zwischenergebnis

5. Fazit

LITERATURVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1 Unternehmensinsolvenzen BRD 1990-2006

2 Phasenmodelle des Krisenprozesses

3 Insolvenzen - Rechtsform - Ruhrgebiet/BRD 2004

4 Insolvenzen – Rechtsform – BRD 1999-2006

5 Insolvenzen nach Branchenzugehörigkeit BRD 1999-2006

6 Empirische Studien der qualitativen Ursachenforschung 1930-1984

7 Systematisierung der Krisenursachen

8 Typologie von Unternehmenskrisen

9 Multikausalität von Krisenursachen

10 EBIT-PBT – Bambers Stores

11 EBIT – PBT Blackman Conrad

12 Kausalitätskette - Bambers Stores/ Blackman Conrad

13 Kausalitätskette - Blackwood Morton

14 EBIT – PBT – Blackman Conrad

15 ROI, EBIT/Sales, PBT/Sales – RJ Pullman

16 Verschuldungsgrad TCK

17 ROI - Berwick Timpo

18 Umsatzentwicklung Berwick Timpo

19 Verschuldungsgrad Berwick Timpo, Timpo

20 Kausalitätskette – Berwick Timpo

21 Kausalitätskette – Maschinenbausektor

22 Kausalitätskette Mettoy

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Im Jahr 2006 mussten 30.757 Unternehmen in Deutschland Insolvenz anmelden[1]. Der durch Insolvenzen bedingte Verlust von Arbeitsplätzen lag in den Jahren 1999 bis 2005 bei durchschnittlich 540.000 Stellen.[2]Der durch Unternehmensinsolvenzen voraussichtlich verursachte Schaden wird für das Jahr 2006 auf 31,1 Mrd. Euro geschätzt.[3] Einhergehend damit ist die Vernichtung von Vermögen durch die Zerschlagung der insolventen Unternehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Unternehmensinsolvenzen BRD 1990-2006 Quelle: Statistisches Bundesamt

Es liegt somit nicht nur im Interesse der Anteilseigner oder der Geschäftsführung eines Unternehmens die Insolvenz durch frühzeitiges Erkennen zu vermeiden, sondern auch externe Adressaten, wie Kreditinstitute oder Lieferanten haben ein berechtigtes Interesse daran eine potentielle Insolvenz ihres Geschäftspartners frühzeitig zu erkennen. Wenn davon auszugehen ist, dass sich Insolvenzen vermeiden lassen oder der sich aus ihnen resultierende Schaden minimiert werden kann, falls sie nur rechtzeitig erkannt werden, stellt sich zwangsläufig die Frage: Wie können Unternehmensinsolvenzen frühzeitiger erkannt werden? Unter dem Aspekt der Früherkennung von Insolvenzen werden im Rahmen der Insolvenzforschung Fallstudien und empirische Untersuchungen insolventer Unternehmen durchgeführt. Die daraus resultierenden Erfahrungswerte sollen diesbezüglich zweckdienliche Informationen liefern. Die Analyse dieser Informationen im Hinblick speziell auf ihren Aussagegehalt, unter dem Aspekt der Früherkennung ist Gegenstand dieser Seminararbeit, deren Problemstellung sich wie folgt formuliert:

Sind Fallstudien-Analysen insolventer Unternehmen in der Lage Erkenntnisse zu liefern, anhand derer es möglich ist die potentielle Insolvenz eines Unternehmens frühzeitiger zu erkennen ?

1.2 Gang der Untersuchung

Nach dieser Einleitung werden im zweiten Kapitel zunächst einige Begriffsbestimmungen, in Bezug auf die Krise eines Unternehmens vorgenommen. Weiterhin soll die Dynamik des Krisenprozesses dargestellt sowie auf seine unterschiedlichen Phasen eingegangen werden. Durch die Einteilung in unterschiedliche Phasen ist eine eindeutigere Abgrenzung hinsichtlich des Krisenverlaufs möglich.

Das dritte Kapitel soll einerseits die Erkenntnisse und Vorgehensweisen der bisherigen Insolvenzforschung darstellen, diese aber auch kritisch, bezüglich ihres Aussagehalts hinsichtlich der Prognosemöglichkeiten von Insolvenzen hinterfragen. Weiterhin werden die aus diesen Erkenntnissen ableitbaren Probleme identifiziert. Das Gebiet der Insolenzforschung wird in der Literatur auch oft als Insolvenzursachenforschung[4] oder Krisenursachenforschung[5] bezeichnet.

Das vierte Kapitel widmet sich der Fallstudie von Richard Morris aus dem Jahre 1997. In diesem Kapitel werden nicht nur die Ergebnisse von Morris wiedergegeben, es soll auch versucht werden, ausgehend von den Erkenntnissen aus dem 3.Kapitel, diese konkret auf diese Fallstudie anzuwenden. Ziel ist es die Ergebnisse von Morris soweit es möglich ist zu ergänzen und im Anschluss daran zu überprüfen, inwiefern diese Ergänzung unter dem Aspekt der Früherkennung weitere Erkenntnisse liefert.

Im fünften und letzten Kapitel werden die Ergebnisse in Form eines zusammenfassenden Fazits verdichtet.

2. Krisenursachen, Krisenprozess und Insolvenz

2.1 Begriffsbestimmungen

Der Begriff der Unternehmenskrise umschreibt das Auftreten nachhaltiger wirtschaftlicher Schwierigkeiten von Unternehmen, die in einer existenzbedrohenden Notsituation enden können.[6] Die Unternehmensinsolvenz bezeichnet den finalen Zeitpunkt oder das letzte Stadium dieses Krisenverlaufes.[7] Demnach geht der Insolvenz eines Unternehmens immer zunächst eine Krise desselben voraus. Die Insolvenz eines Unternehmens tritt im Allgemeinen dann ein, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist seine Geschäftstätigkeit weiter auszuführen. Als gesetzliche Insolvenzauslösetatbestände sind die Zahlungsunfähigkeit, die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung anzuführen.[8]

Unternehmenskrisen treten nicht zufällig auf, sondern werden durch unterschiedliche Krisenursachen ausgelöst. Der daraus resultierende wirtschaftliche Verlauf des Unternehmens wird als Krisenprozess bezeichnet. Während dieses Prozesses werden Symptome auffällig, die ex post auf die Krisenursachen hinweisen. [9] Die destruktive Wirkung des Prozesses endet in den negativen Auswirkungen der Insolvenz.[10] Unternehmenskrisen dürfen also nicht als Zeitpunkterscheinungen, sondern müssen als ein dynamisch ablaufender Prozess betrachtet werden. Um diese Prozesse allgemein darstellen zu können, bedient sich die Wissenschaft der so genannten Phasenmodelle, auf welche im Folgenden genauer eingegangen werden soll.

2.2 Phasenmodelle des Krisenprozesses

Der Verlauf einer Unternehmenskrise ist in charakteristische Phasen unterteilbar, welche im Hinblick auf die Wahrnehmbarkeit und durch ihren Grad der Bedrohung unterschiedlich ausgeprägt sind. In der Literatur finden sich zahlreiche Phasenmodelle, die den Prozess der Unternehmenskrise darstellen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Phasengliederung sowie in der Betonung verschiedener Perspektiven. Die wohl meist verbreiteten Phasenmodelle stammen von Mülle r, Krystek und Hauschildt, die im Folgenden dargestellt werden sollen.

Müller gliedert den Krisenverlauf in vier Phasen, indem er die Unternehmenskrise in einzelne Krisenarten unterteilt, welche die primär die finanz- und erfolgswirtschaftliche Perspektive beschreiben.[11] Erst durch die zeitliche und kausale Verknüpfung der einzelnen Typen zeichnet sich der Krisenverlauf ab.[12]

1. Phase: Strategiekrise; Es kommt zu Nachlässigkeiten in der strategischen Planung. Strategische Lücken treten auf wodurch Erfolgspotentiale verloren gehen.
2. Phase: Erfolgskrise; Das Unternehmen muss rückläufige Erträge, infolge der Nachlässigkeiten der ersten Phase verzeichnen.
3. Phase: Liquiditätskrise; Der Handlungsspielraum ist aufgrund der Illiquidität stark eingeschränkt. Kreditlinien werden ausgeschöpft.
4. Phase: Die Insolvenz; Das Unternehmen ist nicht in der Lage den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.

Eine alternative Darstellung des Krisenverlaufs stammt von Krystek. [13] Im Gegensatz zu Müller unterteilt Krystek den Krisenverlauf nach Aggregatzuständen sowie nach dem Grad der Beeinflussbarkeit in Hinblick auf eine potentielle Bewältigung der Krise. Dieses, ebenfalls in vier Phasen unterteilte, Modell betont neben der Wahrnehmungsperspektive auch die Perspektiven des steigenden Handlungsbedarfs und verbleibenden Handlungsspielraums.

1. Phase: Die potentielle Unternehmenskrise; In dieser Phase befindet sich das Unternehmen noch in einem Quasi-Normalzustand. Die Krisensymptome sind nicht wahrnehmbar. Krisenursachen hingegen können in dieser Phase bereits entstehen, wirken aber noch nicht auf das Unternehmen ein.
2. Phase: Die latente Unternehmenskrise; Die Unternehmenskrise ist in dieser Phase bereits existent, jedoch in ihrer Wirkung, mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten nicht wahrnehmbar. Die Krisenursachen wirken noch nicht in dem hohen Maße auf das Unternehmen ein, dass die Krise erkennbar wäre.
3. Phase: Die akut beherrschbare Unternehmenskrise; Die destruktive Wirkung des Krisenprozesses ist jetzt unmittelbar wahrnehmbar. Krisensymptome sind wahrnehmbar. Bei abnehmendem Handlungsspielraum, nimmt der Handlungsbedarf, zur Abwehr der existenzbedrohenden Krise zu.
4. Phase: Die akut nicht beherrschbare Unternehmenskrise; Das Fortschreiten des Krisenprozesses hat den verfügbaren Handlungsspielraum fortschreitend minimiert. Das Unternehmen ist de facto nicht mehr in der Lage sein Fortbestehen zu sichern.

Hauschildt hingegen stellt bei seinem Phasenmodell primär auf die Erkennbarkeit der Unternehmenskrise ab.[14] Er betont demnach vielmehr die Wahrnehmungsperspektive. Die vier Phasen lassen sich wie folgt beschreiben:

1. Phase: Die vorgelagerten Krisenursachen; Damit ist der Entstehungszeitraum der Krise gemeint. Die Krisenursachen entfalten noch keinerlei Wirkungen.
2. Phase: Die latente Krise; Die Krise ist für Externe, wie Banken und andere Geschäftspartner nicht erkennbar und ist selbst teilweise internen Personen nicht bekannt. Symptome sind nicht in dem Maße wahrnehmbar, so dass die Krise nicht ohne weiteres erkennen lässt.
3. Phase: Die manifeste Krise; Die Symptome der Krise sind jetzt deutlich intern sowie extern erkennbar. Externe Stakeholder überdecken ihr Engagement bezüglich des Krisenunternehmens.
4. Phase: Die Insolvenz; Das Unternehmen ist nicht in der Lage den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Phasenmodelle des Krisenprozesses, Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Krystek 1987, Müller 1986 und Hauschildt 2000

Durch, die oben beschriebenen Phasenmodelle wird der Eindruck vermittelt, dass die einzelnen Phasen eindeutig voneinander trennbar sind. Bezogen auf die ersten Phasen des Krisenprozesses ist dies in der Realität wohl nicht eindeutig möglich. Es ist mehr vielmehr davon auszugehen, dass die Grenzen fließend sind und eine eindeutige Trennung nicht möglich ist. Die Phasenmodelle betonen in diesem Zusammenhang nur die jeweils primär auftretenden oder wahrnehmbaren Elemente in den einzelnen Phasen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Zeitraum, in dem sich die Krise oder die einzelnen Krisenphasen abspielen nicht generell festgelegt werden kann. Die einzelnen Krisenphasen, der verschiedenen Phasenmodelle können des Weiteren nicht eindeutig einander zugeordnet werden, wie Abb. 2 dies zunächst suggeriert. Abhängig davon, ob die Erkennbarkeit oder der Bedrohungsgrad im Vordergrund steht, zeigen sich unterschiedliche Gemeinsamkeiten der Phasen innerhalb der Modelle. Abb. 2 orientiert sich, unter dem Aspekt der Früherkennung, an der Erkennbarkeit von Unternehmenskrisen.

Die Phasenmodelle liefern einen theoretischen Einblick, in eine Art idealtypischen Krisenprozess. Bezogen auf das Ziel der Früherkennung von Unternehmenskrisen, ist die Analyse solcher Prozesse eine unverzichtbare Notwendigkeit.

3. Erkenntnisse der Insolvenzforschung

3.1 Quantitative Insolvenzforschung

3.1.1 Empirische Untersuchungen

Die quantitative Insolvenzforschung versucht anhand signifikanter statistischer Zusammenhänge, die Ursachen für Insolvenzen zu identifizieren.[15]

Die in der Vergangenheit insolvent gewordenen Unternehmen werden ausgehend von bestimmten Kriterien in bestimmte Gruppen unterteilt, um schließlich von der Häufigkeit der jeweiligen Ausprägung innerhalb einer Gruppe auf die Wahrscheinlichkeit und somit auf die Insolvenzanfälligkeit zu schließen. So wird ein Zusammenhang zwischen diesen Daten und dem Scheitern des Unternehmens unterstellt.[16] Die in der Regel zur Unterscheidung herangezogenen Kriterien sind die Branchenzugehörigkeit, das Alter und die Rechtsform des Unternehmens sowie die Unternehmensgröße, gemessen an Umsatz oder Mitarbeiterzahl.

In einer im Jahre 1979 durchgeführten Studie von Rödl wurden auf diese Weise knapp 4000 Unternehmensinsolvenzen, im Zeitraum von 1974 bis 1978 innerhalb des gesamten Bundesgebiets unter Verwendung der bereits genannten Untersuchungskriterien statistisch ausgewertet.[17] Er kam im Wesentlichen zu folgenden Ergebnissen. Unternehmen mit einer haftungsbeschränkenden Rechtsform, wie beispielsweise die GmbH waren stärker insolvenzanfällig. Weiterhin stieg die Insolvenzwahrscheinlichkeit mit der Mitarbeiterzahl und für jüngere Unternehmen. Das Unterscheidungskriterium Bundesland spielte eine untergeordnete Rolle und bestimmte Wirtschaftszweige, wie die Baubranche waren besonders insolvenzanfällig.

Eine teilweise identische Untersuchung führten die Geschäftsstellen der Creditreform-AG im Ruhrgebiet für das Jahr 2003 und 2004 durch, um das regionale Insolvenzgeschehen zu beschreiben.[18] Diese Ergebnisse unterscheiden sich in einigen Punkten wesentlich von denen von Rödl festgestellten. Unternehmen mit einer geringen Mitarbeiterzahl weisen demnach, im Gegensatz zu Rödl ein höheres Insolvenzrisiko auf. Die Dienstleistungsbranche liegt mit 49 % Insolvenzhäufigkeit im Jahre 2004 im Ruhrgebiet an erster Stelle, im Gegensatz zu nur 10 % im Jahre 1979 bezogen auf das gesamte Bundesgebiet, was bedingt durch den großen Zuwachs im Dienstleistungssektor, in letzten 30 Jahren erklärt werden kann. Die GmbH im Bereich des Kriteriums Rechtsform ist 1979 mit 22 % vertreten. Die Creditreform ermittelt hier zu einem Wert von 46 % (2003) beziehungsweise 43 %t (2004). Diese massiven Differenzen lassen sich demnach durch den unterschiedlichen Erhebungszeitraum von mehr als 30 Jahren erklären.

Um einen solchen Vergleich objektiver vollziehen zu können, sollen an dieser Stelle die regionalen Ergebnisse der Creditreform-AG aus dem Jahr 2004 mit den bundesweiten Statistiken des Statistischen Bundesamtes aus demselben Jahr verglichen werden. Hinsichtlich des Kriteriums der Rechtsform zeigen sich hier nur leichte Differenzen (siehe Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Insolvenzen - Rechtsform - Ruhrgebiet/BRD 2004, Quelle: Statistisches Bundesamt und Creditreform AG

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abb. 4: Insolvenzen – Rechtsform – BRD 1999-2006, Quelle: Statistisches Bundesamt

Wie aus Abb. 4 ersichtlich ist, zeigt die GmbH als Rechtsform hinsichtlich der Insolvenzanfälligkeit innerhalb der letzten acht Jahre einen rückläufigen Trend. Die Gruppe der Kleingewerbetreibenden, Freien Berufe und der Einzelunternehmer hingegen fallen durch einen steigenden Trend auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Insolvenzen nach Branchenzugehörigkeit BRD 1999-2006, Quelle: Statistisches Bundesamt

Solche Entwicklungen lassen sich ebenfalls in Hinblick auf die Branchenzugehörigkeit ausmachen. Wie Abb. 5, welche nur einige Wirtschaftszweige beinhaltet zeigt konnte die Baubranche beispielsweise einen rückläufigen Trend aufweisen.

Es lässt sich demnach vorerst festhalten, dass leichte regionale Unterschiede innerhalb dieser Statistiken auftreten. Weiterhin ist von einer zeitlich begrenzten Aussagekraft auszugehen.

Eine weitere aktuelle Studie (2006) stammt von der Euler-Hermes Versicherungs-AG in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim.[19] Im Unterschied zu beiden vorangegangen Studien beruht hier das Datenmaterial nicht auf öffentlichen Statistiken, sondern auf Befragungen von 125 Insolvenzverwaltern. Hier zeichnen sich stark abweichende Ergebnisse, im Bereich des Kriteriums der Unternehmensgröße, gemessen am Umsatz sowie an der Mitarbeiterzahl ab. Korrigiert man die Ergebnisse der Euler Hermes Studie, im Hinblick auf die unterschiedliche Klassifizierung, so entfallen 54 % der Insolvenzen auf Unternehmen mit einem Umsatz bis 5 Mio. Euro. Die Studie der Creditreform AG beziffert diesen Wert mit 96 %. Bei dem Kriterium Unternehmensgröße, gemessen an der Mitarbeiterzahl, besteht hier ebenfalls eine Differenz von 11 %, innerhalb der Klassifizierung von 1-50 Mitarbeitern. Dies zeigt, dass die Art der Erhebung einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis hat.

3.1.2 Zwischenergebnis

Die Erkenntnisse der quantitativen Insolvenzursachenforschung sind wenig aussagekräftig angesichts des eigentlichen Problems der Früherkennung von Insolvenzen. Sie beruhen auf der Auswertung statistischer Daten, was unter dem Aspekt der Ursachenfindung mit dem Ziel der Frühdiagnose von Unternehmenskrisen als nicht zweckmäßig erscheint.[20] Kriterien wie die Rechtsform, die Branchenzugehörigkeit, die Altersklasse und die Größenklasse eines Unternehmens haben vielmehr einen ausgeprägten Symptom- als Ursachencharakter.[21] Auf den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang innerhalb des Krisenprozesses kann auf diese Weise nicht eingegangen werden. Die teils unterschiedlichen Ergebnisse zeigen weiterhin, dass nicht von einer zeitlich unbegrenzten und überregionalen Allgemeingültigkeit ausgegangen werden kann. Weiterhin ist die Art der Erhebung von wesentlicher Bedeutung für die Ergebnisse. Hinsichtlich der Früherkennung von Insolvenzrisiken können auf diese Weise nur tendenzielle Entwicklungen hinsichtlich besonders gefährdeter Branchen oder Rechtsformen identifiziert werden.

3.2 Qualitative Insolvenzforschung

3.2.1 Empirische Untersuchungen

Die qualitative Insolvenzforschung verfolgt das Ziel durch die Heranziehung detaillierter Ursachenkataloge, den Wirkungszusammenhang zwischen Ursachen und Krisen zu untersuchen.[22] Das Primärziel ist eine vollständige Identifikation und Systematisierung von Krisenursachen. Des Weiteren wird auf diesem Wege eine Typologisierung der Krisenunternehmen abgeleitet.[23] So wird versucht allgemeingültige Hinweise und Ursache-Wirkungsketten, die zur Insolvenz führen, zu identifizieren.[24] Im Gegensatz zur quantitativen Krisenursachenforschung kann hierfür auf eine umfangreichere Datengrundlage zu Auswertungszwecken zurückgegriffen werden. Diese Daten beruhen vorwiegend auf Befragungen von involvierten Personen und auf Analysen von Insolvenzakten, Geschäftsberichten und Berichten in der Wirtschaftspresse. Zunächst werden an dieser Stelle die wichtigsten Erkenntnisse der Studien bis 1982 übersichtsartig dargestellt, ohne auf jede einzelne detailliert einzugehen.

[...]


[1] Vgl. http://www.destatis.de/indicators/d/Irins01ad.htm, Stand: 6. Juni 2007.

[2] Vgl. Creditreform (Hrsg.): Insolvenzen, Neugründungen, Löschungen 2006, S. 22.

[3] Vgl. Creditreform (Hrsg.): Insolvenzen, Neugründungen, Löschungen 2006, S. 20.

[4] Vgl. Kihm, Axel in: Blöse, Jochen/ Kihm, Axel (Hrsg.): Unternehmenskrisen: Ursachen – Sanierungskonzepte - Krisenvorsorge – Steuern, Berlin: Schmidt, 2006, S. 36.

[5] Vgl. Krystek, Ulrich: Unternehmenskrisen, Wiesbaden: Gabler, 1987, S. 33.

[6] Vgl. Krystek S. 6 und Kihm S. 19.

[7] Vgl. Ritter, Wolfgang: Unternehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht: Eine Analyse aus Sicht der Kreditinstitute, Sternenfels: Wissenschaft und Praxis, 2000, S. 30.

[8] Vgl. §§ 17-19 InsO.

[9] Vgl. Hahn, Dietger/Krystek, Ulrich in: Staehle, Wolfgang H./Stoll, Edgar (Hrsg.), Betriebs-wirtschaftslehre und ökonomische Krise, Wiesbaden: Gabler, 1984, S. 6.

[10] Vgl. Hahn/Krystek, S. 9.

[11] Vgl. Müller, R.: Krisenmanagement in der Unternehmung, Frankfurt/M.: Bern, 1982, S. 25.

[12] Vgl. Krystek S. 26.

[13] Vgl. Krystek S. 29-32.

[14] Vgl. Hauschildt, Jürgen: Krisendiagnose durch Bilanzanalyse, 2.Aufl., Köln: Schmidt, 2000 S. 3.

[15] Vgl. Krystek S. 33 und Kihm S. 36.

[16] Vgl . Pfaffenholz, Guido: Krisenhafte Entwicklungen in mittelständischen Unternehmen, Bonn: Institut für Mittelstandsforschung, 1998, S. 20.

[17] Vgl. Rödl, Helmut: Kreditrisiken und ihre Früherkennung, Düsseldorf: Handelsblatt GmbH, 1979, S. 54-80.

[18] Vgl. Creditreform (Hrsg.): Insolvenzen im Ruhrgebiet, Bochum: 2004.

[19] Vgl. http://www.wirtschaftkonkret.de/hermes-wirtschaft/pdf/414_wiko.pdf, Stand: 6. Juni 2007.

[20] Vgl. Kihm S. 36.

[21] Vgl. Bea, F.X./Kötzel, A.: Ursachen von Unternehmenskrisen und Maßnahmen zur Krisenvermeidung. in: Der Betrieb, 36.Jg. Heft 11, 18.03.1983, S. 565-571, hier: S. 566.

[22] Vgl. Kihm S. 36.

[23] Vgl. Kühn, Manfred: Insolvenzindikatoren und Unternehmenskrise, Bergisch Gladbach: Josef Eul, 1991, S. 198.

[24] Vgl. Krystek S. 33 und Kühn S. 199.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Fallstudien-Analysen insolventer Unternehmen
Untertitel
Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse, Methodenkritik
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Fachbereich: Wirtschaftsprüfung, Unternehmensrechnung und Controllung)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
43
Katalognummer
V117157
ISBN (eBook)
9783640196814
ISBN (Buch)
9783640196913
Dateigröße
735 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fallstudien-Analysen, Unternehmen, Seminar, Insolvenz
Arbeit zitieren
Gerrit Thorn (Autor:in), 2007, Fallstudien-Analysen insolventer Unternehmen , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117157

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