Basel II - Der Handlungsbedarf für den Mittelstand


Ausarbeitung, 2003

112 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhalt

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Von Basel I zu Basel II
2.1 Basel I
2.2 Neue Eigenkapitalrichtlinien (Basel II)
2.2.1 Das erste Konsultationspapier
2.2.2 Das zweite Konsultationspapier
2.3 Der Basel II - Fahrplan

3. Die drei Säulen des Konsultationspapiers
3.1. Die erste Säule: Mindesteigenkapitalanforderungen
3.1.1 Externes Rating (Standardansatz)
3.1.2 Internes Rating (IRB-Ansatz)
3.1.3 Operationelles Risiko
3.2 Die zweite Säule: Der bankenaufsichtliche Überprüfungsprozess
3.3 Die dritte Säule: Marktdisziplin

4. Der Rating-Prozess
4.1 Definition Rating
4.2 Risikobeurteilung durch Rating
4.3 Komponenten eines Ratings
4.3.1 Quantitative Faktoren
4.3.2 Qualitative Faktoren
4.4 Grundsatz zur Eigenkapitalunterlegung nach Basel I
4.5 Entscheidung: Internes oder externes Rating nach Basel II?

5. Ablauf des Rating-Verfahrens
5.1 Internes Rating-Verfahren
5.1.1 Festlegung der Unternehmensstrategie
5.1.2 Rating-Zusammensetzung
5.1.3 Gespräche und Präsentationen
5.1.4 Umgang mit dem Rating nach der erstmaligen Durchführung
5.2. Externes Rating-Verfahren
5.2.1 Entscheidung für ein externes Rating
5.2.2 Auswahl der Rating-Agentur
5.2.3 Rating-Vertrag
5.2.4 Vorbereitungsphase
5.2.5 Analysegespräch
5.2.6 Präsentation des Ergebnisses
5.2.7 Option zur Veröffentlichung
5.2.8 Pflege und Überwachung
5.2.9 Kosten

6. Abgrenzung und Begriffsbestimmung des Mittelstandes
6.1 Quantitative Kategorisierung
6.1.1 Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM), Bonn
6.1.2 Definition der Europäischen Union für KMU
6.1.3 Definition der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
6.2 Qualitative Kategorisierung
6.3 Bedeutung des Mittelstandes in Deutschland

7. Aktuelle Finanzierungssituation des Mittelstandes
7.1 Eigenkapitalschwäche
7.2 Innenfinanzierung
7.3 Außenfinanzierung durch Kredite

8. Konsequenzen für die Finanzierung des Mittelstandes
8.1 Kreditverknappung für den Mittelstand?
8.1.1 Theoretische Betrachtung
8.1.2 Bevorzugung durch Einordung ins Retail-Portfolio
8.2 Kreditverteuerung durch Basel II?
8.3 Finden Sicherheiten in Basel II Berücksichtigung?
8.5 Führt Basel II zu einem Anstieg der Insolvenzen?

9. Aktueller Vorbereitungsstand - Untersuchungsergebnisse
9.1 Kenntnisstand über Basel II und Rating
9.2 Führungsstruktur
9.3 Strategie, Planung, Controlling
9.4 Marktposition
9.5 Produktion
9.6 Finanzmanagement
9.7 Finanzierung
9.8 Bankenkommunikation
9.9 Sonstige Risiken
9.10 Auswirkungen von Basel II
9.11 Eigene Lösungsansätze
9.12 Kritik, Anmerkungen zu Basel II
9.13 Zusammenfassung

10. Aktueller Handlungsbedarf

11. Lösungsansätze
11.1 Ausrichtung des Unternehmens auf die Anforderungen von Basel II
11.1.1 Kenntnisstand
11.1.2 Nachfolge- und Vertretungsregelung
11.1.3 Zukunftsaussichten des Unternehmens
11.1.4 Transparenz
11.1.5 Risikobewältigung
11.1.6 Externes Rating
11.1.7 Aktive Kennzahlensteuerung
11.2 Reduzierung der Abhängigkeit von Kreditinstituten
11.2.1 Reduzierung der Kapitalbindung
11.2.1.1 Optimierung der Warenwirtschaft
11.2.1.2 Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen
11.2.1.3 Debitorenbuchhaltung
11.2.1.4 Outsourcing
11.2.1.5 Verschiebung von Investitionen
11.2.1.6 Leasing, Factoring, Forfaitierung
11.2.2 Optimierung der Finanzplanung
11.3 Alternative Finanzierungsquellen
11.3.1 Leasing
11.3.2 Factoring
11.3.3 Forfaitierung
11.3.4 Private Equity / Venture Capital
11.3.4.1 Direktbeteiligungen
11.3.4.2 Mezzanine Finanzierung

12. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Vorwort

Unser Interesse am Thema Basel II wurde durch die umfassende Berichterstattung in den Medien geweckt, auf die man nicht nur bei der Lektüre von Fachpresse und einschlägigen Wirtschaftsteilen der Tageszeitungen stieß, sondern die auch durch populäre Darstellungen in Massenblättern ins Bewusstsein gerückt wurde.

Schon als unser Dozent Herr Köller uns dieses Thema in der Vorlesung Rechnungswesen IV näherbrachte, wollten wir mehr darüber erfahren, und es kam zu angeregten Diskussionen in der Pause und im Anschluss an die Vorlesung.

Als wir schließlich zum Ende unserer Studienzeit auf der Suche nach einem geeigneten Thema für unsere gemeinsame Projektarbeit waren, wurden wir durch unsere Kommilitonin Frau Jacobs, der an dieser Stelle nochmals unser gemeinsamer Dank gilt, auf die Themenvorschläge von Herrn Heuermann, Partner bei KPMG Bremen, aufmerksam gemacht, der unter anderem unser Thema zur Bearbeitung vorgeschlagen hatte.

Unsere Begeisterung für dieses Thema veranlasste uns mit Herrn Heuermann Kontakt aufzunehmen, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Bereits bei unserem ersten Treffen haben wir viele kompetente und wertvolle Ratschläge sowie Tipps zur Bearbeitung von ihm erhalten. Auch während der Erstellung der vorliegenden Arbeit stand uns Herr Heuermann beratend zur Seite. An dieser Stelle sei ihm besonders gedankt.

Um einen Praxisbezug herzustellen, war die Befragung von mittelständischen Unternehmen als wesentlicher Bestandteil vorgesehen. Bedauerlicherweise war die Bereitschaft, zu den von uns gestellten Fragen Stellung zu nehmen, relativ gering, so dass wir von 60 befragten Unternehmen lediglich in 21 Fällen Auskunft erhielten.

Jedoch waren auch diese „wenigen“ Antworten entsprechend aufschlussreich, um als Grundlage für die nun vorliegende Arbeit zu dienen.

Die Erstellung der Projektarbeit hat unsere Erwartungen erfüllt, durch die Bearbeitung dieses Themas einen tieferen Einblick in die viel diskutierte Thematik „Basel II“ zu bekommen. Darüber hinaus hat uns das Arbeiten im Team sehr viel Freude bereitet.

Nicht zuletzt gilt unser Dank Herrn Köller und Herrn Hennings, die uns als betreuende Dozenten ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite standen und uns zur Bearbeitung des Themas ermutigt haben.

Bremen, im Februar 2003

Gent Goeters Timo Petry Alexander Scheling Marc Waetjen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aktuelle Grundsatzbelegung

Abb. 2: Beweggründe für eine neue Eigenkapitalvereinbarung

Abb. 3: Der Basel II - Fahrplan

Abb. 4: Das „Drei-Säulen-Konzept“ des Baseler Ausschusses (Januar 2001)

Abb. 5: Risikoklassen nach Standard & Poor´s

Abb. 6: Interner Ratingansatz (IRB-Ansatz)

Abb. 7: Mindestanforderungen des IRB-Ansatzes

Abb. 8: Eigenkapitalunterlegung im Basisansatz

Abb. 9: Rating-Symbole

Abb. 10: Bonitätsstruktur des Kreditportfolios einer mittelstandsorientierten Bank

Abb. 11: Kriterien zur Bonitätsbeurteilung

Abb. 12: Vergleich externes und internes Rating

Abb. 13: Entscheidungsbaum

Abb. 14: Rating-Zusammensetzung

Abb. 15: Herleitung des Rating-Verfahrens

Abb. 16: Schlüsselzahlen zum Mittelstand

Abb. 17: Selbsteinschätzung Kenntnisstand

Abb. 18: Selbsteinschätzung Vorbereitungsstand

Abb. 19: Nachfolge- bzw. Vertretungsregelung

Abb. 20: Altersstruktur im Mittelstand

Abb. 21: Finanzlage: Eigenmittel-, Haftmittelquote

Abb. 22: ROI-Schema

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Das Thema „Basel II“ berührt seit der öffentlichen Diskussion des zweiten Baseler Konsultationspapiers sowohl Banken, die die dort beschriebenen Anforderungen an ihre internen Rating-Verfahren umsetzen müssen, als auch Unternehmen, auf die diese Verfahren wirken. Was bisher nur für Großunternehmen galt, ist nun auch für den deutschen Mittelstand von Bedeutung. Gerade für mittelständische Unternehmen steht das Schlagwort Basel II für eine Bedrohung ihrer Existenz durch Kreditverknappung und steigende Zinsen.

Doch welche konkreten Auswirkungen hat der Baseler Akkord nun wirklich auf kleinere und mittlere Unternehmen? Welche Maßnahmen können vom Mittelstand ergriffen werden, um weiterhin eine adäquate Versorgung mit Fremdkapital zu akzeptablen Konditionen sicherzustellen? Wird Basel II zu einem weiteren Anstieg der ohnehin schon hohen Insolvenzquote führen?

Ist der deutsche Mittelstand überhaupt auf die neuen Anforderung vorbereitet? Um dies zu klären, haben wir eine Studie durchgeführt, um den aktuellen Vorbereitungsstand zu ermitteln und Bereiche aufzuzeigen, in denen Handlungsbedarf besteht.

In der vorliegenden Arbeit haben wir zunächst die historische Entwicklung der Eigenkapitalrichtlinien für Banken dargestellt und in dem Zusammenhang den aktuellen Stand der Konsultationen detailliert beschrieben. Danach wird der Rating-Prozess als solches mit den zugrundeliegenden Beurteilungskriterien erläutert und anschließend der Ablauf eines Rating-Verfahrens geschildert. Im weiteren Verlauf wird der Begriff des Mittelstandes und seine gesamtwirtschaftliche Bedeutung für Deutschland dargelegt. Daran schließt sich eine Darstellung der aktuellen Finanzierungssituation und der Konsequenzen von Basel II für die Mittelstandsfinanzierung an.

Nach der Darlegung der theoretischen Grundlage werden die wesentlichen Ergebnisse der bereits erwähnten Untersuchung vorgestellt und der sich daraus ergebende aktuelle Handlungsbedarf aufgezeigt. Eine umfangreiche Darstellung möglicher Lösungsansätze, wie beispielsweise die Ausrichtung des Unternehmens an die neuen Anforderungen oder die Erschließung alternativer Finanzierungsquellen, und ein Fazit schließen die Arbeit ab.

Mit der vorliegenden Arbeit möchten wir dazu beitragen, das Verständnis für Basel II zu erhöhen, und darüber informieren, welche Möglichkeiten dem Mittelstand offen stehen, um eine bessere Rating-Note zu erzielen, um zukünftig von der neuen Eigenkapitalvereinbarung zu profitieren.

2. Von Basel I zu Basel II

Der 1975 gegründete Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht setzt sich aus Vertretern der Zentralbanken sowie der Bankenaufsichtsbehörden der G10-Staaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Luxemburg, Schweden, Schweiz und USA) zusammen und tritt i. d. R. bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel alle drei Monate zusammen, wo sich auch sein ständiges Sekretariat befindet (vgl. Hirschmann 2002, S. 8).

Der Hauptanstoß für die Baseler Eigenkapitalvereinbarung von 1988 (Basel I) war die Besorgnis der Zentralbankpräsidenten der G10-Länder, dass das Eigenkapital der wichtigsten Banken weltweit auf Grund des anhaltenden Verdrängungskampfes, im Rahmen der fortschreitenden Globalisierung und Informationstechnologie, auf einen gefährlich tiefen Stand gefallen war. Damit Banken in der Lage sind Verluste abzufedern, ist es notwendig, entsprechende Eigenkapitalrücklagen zu halten. Nicht zuletzt stellt dies auch einen Anreiz für die Eigentümer dar, ihre Geschäfte auf umsichtige Weise zu tätigen (vgl. BIZ 2001, S. 11).

Veränderungen auf den Finanzmärkten sind der Ausgangspunkt für die Regelung des Baseler Ausschusses mit dem Ziel, die Stabilität der internationalen Kreditinstitute zu erhöhen. Weltweit werden die inhaltlichen Grundlagen für die bankaufsichtliche Regulierung von Kreditinstituten maßgeblich von den Normenwerken des Baseler Ausschusses geprägt (vgl. Keiner 2001, S.22).

2.1 Basel I

Die Eigenkapitalvereinbarung von 1988 (Basel I) verlangt von den international tätigen Banken der G10-Länder, dass sie ihre Adressenausfall- sowie Marktpreisrisiken nach dem Grundsatz 1 mit Eigenmitteln unterlegen. Im Verhältnis zu einem Korb von Aktiva, die je nach Risikogehalt unterschiedlich gemessen werden, sind zumindest 8% Eigenkapital zu halten. Das Eigenkapital wird (grob gesehen) in zwei Klassen unterteilt: Eigenkapital der Klasse 1 besteht aus dem Aktienkapital und den einbehaltenen Gewinnen, Eigenkapital der Klasse 2 enthält zusätzliche interne und externe Ressourcen der Bank. Das ausgewiesene Eigenkapital einer Bank muss mindestens zur Hälfte aus Kapital der Klasse 1 bestehen (vgl. BIZ, 2001, S. 11). Da die Beschlüsse der Baseler Übereinkunft rechtlich unverbindliche Vereinbarungen zwischen den beteiligten Bankaufsichtsbehörden sind, mussten diese formal in nationales Recht übertragen werden. In Deutschland geschah dies mit der vierten KWG-Novelle (Kreditwesengesetz) und Basel I im Jahr 1992 (vgl. Keiner 2001, S. 24). Der Grundsatz 1 konkretisiert die in § 10 Abs. 1 KWG festgelegte Anforderung, angemessene Eigenmittel vorzuhalten.

Abb. 1: Aktuelle Grundsatzbelegung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Eigenkapitalunterlegung beträgt grundsätzlich 8%, jedoch werden die Forderungen der Banken entsprechend ihrer Schuldnerkategorie mit drei Risikogewichten (siehe Abb. 1) bewertet. Dies bedeutet, dass für einige Forderungen, vor allem Bankforderungen gegenüber Staaten (z. B. Staatsanleihen), keine Eigenkapital-anforderungen bestehen, da diese als ganz sicher gelten, während Forderungen gegenüber Banken ein Risikogewicht von 20% haben, was einer Eigenkapital-unterlegung von 1,6% der Forderung entspricht. Kredite an Unternehmen gehen grundsätzlich mit 100% in die mit Eigenkapital zu unterlegende Summe ein, und zwar unabhängig davon, wie gut oder schlecht der Schuldner ist oder welches Ausfallrisiko die Banken im konkreten Fall eingehen (vgl. Keiner 2001, S. 25 ff). Ergänzend ist noch zu sagen, dass die Gewichtung der Eigenkapitalunterlegung für Realkredite an gewerbliche Kunden (Kredite, die z.B. durch Hypotheken oder Grundschuld gesichert sind) nur mit 50% angesetzt wird. Das entspricht einer Eigenkapitalunterlegung von 4% der Forderung (vgl. Keiner 2001, S. 31).

Das zur Unterlegung von Kreditrisiken erforderliche Eigenkapital wird nach der folgenden Formel berechnet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispielsweise bedeutet dies im Hinblick auf einen Unternehmenskredit (OECD) in Höhe von 1.000.000 Euro, dass die Bank hierfür Eigenkapital in Höhe von 80.000 Euro hinterlegen muss. Der vergleichbare Wert bei einem Bank-zu-Bank-Kredit beträgt 16.000 Euro, während die Kreditgewährung an eine öffentliche Gebietskörperschaft keinerlei Eigenkapital bei der Bank bindet. Eine deutlich höhere Risikounterlegung ist bei Kreditnehmern aus Nicht-OECD-Ländern (also Schwellen- und Entwicklungsländern) anzusetzen.

Diese Eigenkapitalvereinbarung wurde in den 90er Jahren zum international akzeptierten Standard, der in weit über 100 Ländern im Kreditwesen Anwendung fand. Allerdings enthielt sie auch Schwachpunkte, die mit der Weiterentwicklung des Finanzwesens immer deutlicher wurden. Im Mittelpunkt der Eigenkapitalvereinbarung von 1988 stand das Kreditrisiko. Sonstige Risiken, wie Betriebs-, Liquiditäts-, Rechts- und Reputationsrisiken wurden nicht explizit erfasst (vgl. o.V., www.rating-expert.de/ pdfs/ra322af.pfd). So unterscheidet sich selbstverständlich die Kreditwürdigkeit von einem Unternehmen zum anderen, trotzdem werden alle Unternehmen mit dem gleichem Bonitätsgewicht (100%) bewertet („one-size-fits-all-Prinzip“). Daraus resultiert, dass Unternehmen mit guter Bonität einen zu hohen Zins bezahlen und Unternehmen schlechterer Qualität quersubventionieren. Dieses Ärgernis, aber auch der verschärfte Wettbewerb in der Kreditwirtschaft, führte dazu, dass der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht im Juni 1999 eine risikogerechtere Regelung vorschlug (erstes Konsultationspapier).

2.2 Neue Eigenkapitalrichtlinien (Basel II)

Das Verlangen nach einer präziseren Erfassung von individuellen Ausfallwahrscheinlichkeiten ist nicht der alleinige Grund für eine neue Regelung der Eigenkapitalrichtlinien. Zu den wichtigsten Kritikpunkten gehören unter anderem, dass die Kapitalanforderungen nicht in Beziehung zum tatsächlichen Risikoprofil einer Bank stehen. Damit ist gemeint, dass die bisherige Berechnung der Eigenkapitalunterlegung nicht unbedingt der Risikolage einer Bank entspricht. Ein weiterer Punkt ist, wie schon erwähnt, die unzureichende Differenzierung der vierstufigen Bonitätsgewichtung. Des Weiteren fanden Zinsänderungsrisiken und operationale Risiken keine Berücksichtigung. Außerdem wurden Diversifizierungseffekte und risikoreduzierende Geschäfte nicht hinreichend beachtet, bzw. moderne Risikomanagementtechniken nicht gefördert (vgl. Keiner 2001, S.29).

Abb. 2: Beweggründe für eine neue Eigenkapitalvereinbarung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BIZ 2001, S. 1

Diese Kritikpunkte bringen zum Ausdruck, dass das aktuelle Regelwerk nicht die nötige Anpassungsfähigkeit besitzt, um die zunehmenden und schnelleren Veränderungen und Innovationen in der Bankenwelt zu kompensieren. Aus diesem Grund fanden mehrere Überarbeitungen durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht statt.

2.2.1 Das erste Konsultationspapier

Bereits 1996 trat eine Änderung in Kraft, die sich auf Handelsrisiken bezog und einigen Banken erstmals gestattete, ihre eigenen Verfahren zur Messung des Marktrisikos einzusetzen, um somit die Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken und operationellen Risiken durch eine Reihe von einfachen und fortgeschritteneren Ansätzen zu beurteilen (vgl. o.V., www.ratingaktuell-news.de/rating_januar_februar/ ueberbaselII.htm). Daraus resultierend sah das erste Konsultationspapier vom Juni 1999 im Wesentlichen drei grundlegende Neuerungen vor, die vor allem auf eine risikogerechte Eigenkapitalunterlegung ausgerichtet waren. Als erstes sollte der pauschale Prozentsatz (Bonitätsgewicht) für die Eigenkapitalunterlegung abgeschafft werden und damit eine risikoadäquate Einstufung je nach Bonität des Schuldners erfolgen. Die zweite Neuerung beinhaltete das Recht für einige hoch entwickelte Banken, sich eines internen Rating-Systems für die Bemessung der Eigenkapitalforderung zu bedienen. Die dritte Änderung betraf die Inanspruchnahme von externen Rating-Agenturen. Banken sollte es gestattet werden, Ratings externer Bonitätsbeurteilungsinstitute zu verwenden, um ihre Forderungen gegenüber Staaten und Wirtschaftsunternehmen zu klassifizieren. Folge hiervon wäre gewesen, dass das in den USA weit verbreitete externe Rating die Regel für die Bemessung der Eigenkapitalunterlegung von Risiken geworden wäre, während der internen Bonitäts-einschätzung der Ausnahmezustand zugedacht war. In den zahlreichen Stellungnahmen, die bis Ende März 2000 eingereicht wurden, zeigt sich deutlich, dass die Banken dieses Geschäftsfeld nicht nur den Agenturen überlassen wollten. Diese Stellungnahmen fanden sich im zweiten Konsultationspapier, wieder (vgl. BIZ 2001, S. 12).

2.2.2 Das zweite Konsultationspapier

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht legte am 16. Januar 2001 das zweite Konsultationspapier „Die Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung“ in New York zur Revision der Eigenkapitalübereinkunft aus dem Jahre 1988 zur Stellungnahme vor. Die Frist zur Stellungnahme lief zunächst bis zum 31. Mai 2001 und wurde schließlich um ein weiteres Jahr verlängert (vgl. Keiner 2001, S. 30).

Ziel des zweiten Konsultationspapiers bleibt, die Vereinbarung von 1988 durch eine risikogerechtere Regelung zu ersetzen. Jedoch wurden die zahlreichen Stellungnahmen zum ersten Konsultationspapier berücksichtigt und eingearbeitet. Der aktuelle Entwurf der Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung hat folgenden Inhalt:

- Die Eigenkapitalvereinbarung soll nicht nur auf international tätige Banken angewendet werden, sondern generell auf „bedeutende“ Kreditinstitute. Diese erweiterte Anwendung erfasst also alle relevanten Bank- und Finanzdienstleistungen.
- Durch das „Drei-Säulen-Konzept“ von Basel II haben die Banken die Möglichkeit, ihre Risiken individueller zu messen und dementsprechend mit Eigenkapital zu unterlegen. Allgemein gilt: Wer weniger Risiken eingegangen ist, muss weniger Eigenkapital dafür reservieren. Dieser Grundsatz kommt stärker als bisher zur Geltung und kann einer Reihe von Kreditinstituten mehr finanziellen Spielraum bringen. Hier ist vorgesehen, dass die quantitativen Eigenkapitalregeln inklusive Messung und Bewertung der Risiken in der Säule 1 Berücksichtigung finden. Es sollen künftig auch Risiken erfasst werden, die bislang als nicht oder nur schwer quantifizierbar galten (vgl. Keiner 2001, S. 31). Das bedeutet, dass in Zukunft auch operationelle Risiken sowie qualitative Faktoren (Soft Facts) berücksichtigt werden müssen. Ergänzt wird dies durch eine intensivere qualitative Bankenaufsicht (Säule 2) und durch die Stärkung der Marktdisziplin (Säule 3), mit der Mindeststandards für die Veröffentlichung von Kapitaldaten sowie Risikoprofile geschaffen werden.
- Eine weitere Ergänzung sieht die interne Bemessung der Kreditrisiken vor (Internes Rating), die nun nicht mehr die Ausnahme sein soll. Interne und externe Rating-Verfahren sollen künftig gleichberechtigt sein.
- Zusätzlich sieht das zweite Konsultationspapier eine fünfte Risikogewichtung vor. So soll es neben 0%, 20%, 50% und 100% auch noch eine Gewichtung von 150 % für Schuldner von sehr schwacher Bonität geben.

(Vgl. o.V., www.rating-expert.de/pdfs/ra322af.pdf)

Die Kernpunkte der neuen Maßnahmen greifen auf die drei Säulen des neuen Konsultationspapiers zurück.

2.3 Der Basel II - Fahrplan

Der Ausschuss beabsichtigt, nach einer dritten Konsultationsphase von Mai bis Juli 2003, die neue Eigenkapitalvereinbarung im vierten Quartal 2003 fertigzustellen, so dass sie in jedem Land bis zum Jahresende 2006 eingeführt werden kann. In dieser dreijährigen Übergangszeit sollen Banken und Aufsichtsinstanzen die notwendigen Systeme und Verfahren gemäß den Standards der neuen Eigenkapitalvereinbarung anpassen bzw. entwickeln (vgl. BIZ 2002, S. 2). Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht geht davon aus, dass die meisten Mitglieder der Vereinbarung von 1988 Basel II einführen wollen, jedoch haben einige Länder diese erst vor wenigen Jahren umgesetzt, sodass jene mehr Zeit, über das Jahr 2006 hinaus, benötigen (vgl. BIZ 2002, S. 2). Des Weiteren müssen Banken, die ihre Eigenkapitalunterlegung anhand des IRB-Ansatzes messen, bis zum Jahr 2008 eine Datenbasis von 5 Jahren nachweisen. Das bedeutet, dass bereits in diesem Jahr mit der Datenerhebung anfangen werden muss.

Abb. 3: Der Basel II - Fahrplan

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hirschmann 2002, S. 9

3. Die drei Säulen des Konsultationspapiers

Das 3-Säulen-Konzept ist nach den Vorstellungen des Baseler Ausschusses das Herz der neuen Baseler Eigenkapitalverordnung. Es basiert auf der Mindesteigenkapitalanforderung, dem aufsichtlichen Überprüfungsverfahren sowie der Marktdisziplin.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist nur die erste Säule, also die Mindesteigenkapitalanforderung, relevant. Die anderen Säulen tangieren kleine und mittlere Unternehmen nicht, sie beziehen sich auf Banken und weitere Kreditgeber.

Abbildung 4 zeigt das Konzept der drei sich gegenseitig stützenden Säulen, die es den Banken und Aufsichtsinstanzen gestatten, die verschiedenen Risiken der Banken korrekt zu bewerten. Um die Auswirkungen der neuen Vereinbarung auf Kreditzinsen zu ermitteln, wird sich ausschließlich auf die Änderung der Mindesteigenkapitalforderungen konzentriert, da sich nur diese unmittelbar auf die Höhe der Kreditzinsen auswirken (vgl. o.V., Kredit & Rating Praxis 2002, S. 15).

Abb. 4: Das „Drei-Säulen-Konzept“ des Baseler Ausschusses (Januar 2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: vgl. www.ernst-young.de „Basel II“

3.1. Die erste Säule: Mindesteigenkapitalanforderungen

Der Hauptgrund für die Überarbeitung von Basel I ist, wie schon erwähnt, die generelle Risikoklassifizierung. Deshalb steht die Suche nach einer neuen Risikoklassifizierung im Mittelpunkt des neuen Konsultationspapiers, welche die tatsächlichen Bonitätsrisiken der Kreditnehmer widerspiegelt. Der Standardansatz, sprich die Beurteilung der Bonität durch externe Rating-Agenturen, war ursprünglich (im ersten Konsultationspapier) vorgesehen. In den USA ist dieser Ansatz weit verbreitet, dort lassen sich viele Unternehmen durch Rating-Agenturen, wie Moody´s oder Standard & Poor´s, bewerten, um einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt zu haben. In Europa, vor allem in Deutschland, sind externe Ratings eher die Ausnahme. Die großen Rating-Agenturen sind zwar auch in Deutschland vertreten und einige Rating-Agenturen befinden sich im Aufbau, jedoch verfügen außerhalb des Bankensektors lediglich rund 30 Unternehmen (inklusive Tochterunternehmen ca. 80 bis 90 Unternehmen) über ein externes Rating (vgl. o.V., KfW 2000). Im Vergleich zu den externen haben interne Ratings den Vorteil, dass Kreditinstitute langfristige Geschäftsbeziehungen zu den Kreditnehmern haben und daher im Vergleich zu Rating-Agenturen eine exaktere Einschätzung der Risikosituation vornehmen können. Des Weiteren entstehen den Unternehmen erhebliche Kosten bei einer externen Bonitätsbeurteilung, je nach Größe des Unternehmens können dies zwischen 25.000 und 60.000 € für ein Erstrating betragen. Um ungerechtfertigten Wettbewerbsnachteilen deutscher Unternehmen und Banken auf internationaler Ebene entgegenzuwirken, hat sich die deutsche Verhandlungsdelegation für die Anerkennung bankinterner Ratings im zweiten Konsultationspapier eingesetzt. So ist es möglich, das Kreditrisiko anhand des Standardansatzes (extern) oder auf Grundlage bankinterner Ratings (IRB-Ansatz) zu klassifizieren. Hier kann die Bank zwischen einem einfachen Basisansatz und einem fortgeschrittenen Ansatz wählen. Die Banken haben ein Gesamtwahlrecht für alle ihre Engagements, d. h. sie können sich entweder für externes oder internes Rating entscheiden. Bei einem externen Rating wird die Durchführung des Ratings den Unternehmen selbst überlassen, sie tragen dafür die Kosten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die neue Eigenkapitalvereinbarung hält sowohl an der geltenden Eigenkapitaldefinition als auch an der Mindesteigenkapitalquote von 8% im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva fest (vgl. BIZ 2001, S. 3). Die Messverfahren für das Kreditrisiko sind ausgefeilter und es wird erstmals auch eine Messgröße für das operationelle Risiko vorgeschlagen, während das Markrisiko unverändert bleibt. Wie schon erwähnt, werden die Kreditrisiken anhand der Standardmethode oder auf einem, auf internen Ratings basierendem, Ansatz (IRB-Ansatz) gemessen.

3.1.1 Externes Rating (Standardansatz)

Die Standardmethode ist dadurch gekennzeichnet, dass die Einteilung der Risikoaktiva durch externe Rating-Agenturen durchgeführt wird, basierend auf den vorgegebenen Risikogewichten der Aufsichtsbehörde. Sie sieht zahlreiche Verbesserungen zur fairen Beurteilung und Einteilung der Kreditnehmer in Risikoklassen vor. So hätte ein nicht geratetes Unternehmen nach dem amerikanisch geprägten Ansatz die Möglichkeit, seine Kreditkosten im Falle einer guten Bonität zu senken. Denn Banken müssen einen Kredit, im Hinblick auf ein extern besser als A+ geratetes Unternehmen, nur mit 20% Eigenkapital unterlegen, anstatt bisher mit 100%. Bei der Festlegung des Bonitätsgewichts greifen Kreditinstitute auf Rating-Agenturen zurück. Die Bonitätsbeurteilungssysteme sind zuvor von der nationalen Bankaufsichtsbehörde zu prüfen. Ein Beispiel einer Rating-Klassifizierung ist im Folgenden exemplarisch anhand der Notation von Standard & Poor´s dargestellt:

Abb. 5: Risikoklassen nach Standard & Poor´s

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: KfW 2000, S. 23

In Abbildung 5 ist deutlich zu erkennen, dass die Rating-Klassifizierung bei einem Kredit an ein Unternehmen mit einem Rating schlechter als B- für 100.000 Euro Kredit nicht mehr nur 8.000 Euro (= 100% vom Solvabilitätskoeffizienten 8%), sondern 12.000 Euro (= 150% Solvabilitätskoeffizienten 8%) Eigenkapitalunterlegung für das Kreditrisiko bei Banken erfordert.

Bei der Klassifizierung unterscheidet der Standardansatz zwischen den Kreditnehmergruppen Staaten, Banken und Unternehmen. Darüber hinaus kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich um ein OECD-Land handelt. Die Länder und Banken werden individuell geratet (vgl. Keiner 2001, S. 37). „Das bedeutet, dass ein überschuldetes Land wie Argentinien oder Brasilien nicht mit Deutschland bezüglich der Unterlegung gleichzusetzen ist, da Deutschland erheblich kapitaldienstfähiger und damit sicherer als Argentinien oder Brasilien ist“ (Gierse 2002, S. 12).

Rating-Verfahren von Rating-Agenturen müssen die Anerkennung der nationalen Bankenaufsichtsbehörde nachweisen, damit diese für die Beurteilung der Eigenkapitalunterlegung genutzt werden können. Dabei prüfen die Bankenaufsichtsbehörden, ob die Beurteilungsverfahren auf Basis historischer Erfahrungen und objektiven Kriterien erfolgen und ob sie laufenden Prüfungen unterzogen werden. Ratings müssen unabhängig von politischen und ökonomischen Einflüssen sein. Eine Rating-Agentur muss des Weiteren nachweisen, dass die von ihr genutzte Methodik öffentlich zugänglich ist und die individuellen Bonitätseinschätzungen für in- und ausländische Institutionen verfügbar sind. Außerdem muss sie über hinreichende Ressourcen für ein qualitativ hochwertiges Rating-Verfahren besitzen, die den laufenden Kontakt zu den Entscheidungsträgern des gerateten Unternehmens ermöglichen. Als selbstverständlich wird vorausgesetzt, dass die Bonitätseinschätzungen glaubwürdig erscheinen (vgl. Deutsche Bundesbank 2001, S. 21).

3.1.2 Internes Rating (IRB-Ansatz)

Gerade in dem stark fremdkapitalorientierten deutschen Finanzierungssystem haben Banken bereits sehr umfangreiche Erfahrungen bei der Beurteilung von Kreditnehmern gesammelt (vgl. Keiner 2001, S. 39). Bei der Verteilung von Krediten stehen die vergangenheitsbezogene Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnungen nicht mehr im Vordergrund. So haben sich Kreditinstitute im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung vor allem bei langfristigen Krediten detailliert über die Zukunftsaussichten des Unternehmens informiert.

Die Fragen, die Banken heute bei Kreditverhandlungen stellen sind beispielsweise:

- Wie steht es um die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens?
- Ist das Management in der Lage, das Unternehmen sicher und erfolgreich zu führen?
- Wie krisensicher bzw. wie entwicklungsfähig ist die Branche?
- Hat das Unternehmen Umwelt- und Ökologieprobleme im Griff?

Ziel des internen Ratings ist es, Firmenkunden in entsprechende Bonitätsgewichte einzugruppieren, um somit Aussagen über den Risikogehalt eines einzelnen Engagements und die Zusammensetzung des gesamten Kreditportfolios der Bank zu erhalten (vgl. o.V., www.rating-expert.de/pdfs/ra52bf.pdf, 2003).

Die IRB-Ansätze bauen auf den bewährten Kreditsteuerungstechniken der Banken auf. Sie nutzen individuell gestaltete Risikogewichte und müssen speziellen Mindestanforderungen genügen. Da jedoch interne im Gegensatz zu externen Ratings zu niedrigen Eigenkapitalanforderungen tendieren, müssen sie zwingend durch die nationale Aufsichtsbehörde genehmigt werden (vgl. Deutsche Bundesbank 2001, S. 23). Im neuen Regelwerk ist der IRB-Ansatz in 3 Bereiche gegliedert:

- Die relevanten Risikokomponenten
- Die Berechnung der risikogewichteten Aktiva
- Mindestanforderungen, die Banken erfüllen müssen, wenn sie sich für den IRB-Ansatz qualifizieren möchten

Bei der Anwendung des IRB-Ansatzes müssen die Banken die Forderungen in sechs definierte Klassen einordnen: Unternehmen, Banken, Staaten, Privatkunden, Projektfinanzierung und Beteiligungsfinanzierung (vgl. Deutsche Bundesbank 2001, S. 24).

Die relevanten Risikokomponenten für die Bestimmung der Bonitätsgewichtungsfaktoren der jeweiligen Forderungen, sind für den IRB-Ansatz folgende:

- Ausfallwahrscheinlichkeit der Rating-Kategorie des Kreditnehmers für den Zeithorizont von einem Jahr (PD – Probability of Default),
- Forderungsbeträge bei Ausfall der Transaktion (EAD – Exposure at Default),
- Verlust bei Ausfall der Transaktion (LGD – Loss Given Default),
- Restlaufzeit (M – Effective Maturity)

Für die letzten drei Komponenten liegen jeweils von der Bankenaufsicht spezifizierte Risikoparameter sowie quantitative und qualitative Mindestanforderungen für die Anwendung des IRB-Ansatzes vor (vgl. Deutsche Bundesbank 2001, S. 25).

Abb. 6: Interner Ratingansatz (IRB-Ansatz)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Basisansatz) (fortgeschrittener Ansatz)

Quelle: Keiner 2001, S. 40

Damit das komplexe interne Rating nicht nur Anwendung in Großbanken findet, sieht der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht derzeit zwei Möglichkeiten vor. Zum einen den Basisansatz (Foundation Approach), in dem von den Banken lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) geschätzt wird; bei den anderen drei Parametern wird auf die Vorgaben der Bankenaufsicht zurückgeriffen. Zum anderen kann ein fortgeschrittener Ansatz (Advanced Approach) zur Beurteilung des Kreditrisikos angewendet werden, in dem die Banken sämtliche Risikoparameter selbst schätzen. Die Schwierigkeit besteht darin, den Verlust im Falle eines Ausfalles zu berechnen. Dieser muss vor jeder Neukreditvergabe von der Bank geschätzt und angegeben werden. Als Bestimmungsalternativen für die Restlaufzeit (M) werden derzeit verschiedene Varianten, wie die nominale und kapitalgewichtete Laufzeit, diskutiert (vgl. Keiner 2001, S. 41).

Der zweite Baseler Akkord sieht vor, dass Banken, die anhand von internen Ratings ihre Eigenkapitalunterlegung messen, eine Datenbasis von 5 Jahren bis Ende 2008 vorhalten müssen. Aus diesem Grunde beginnen Banken zum Teil bereits jetzt mit der Datensammlung, damit die notwendigen Kenntnisse über statistische Werte am Einführungsstichtag bereitliegen.

Die Mindestanforderungen zur Anwendung des IRB-Ansatzes für die aufsichtrechtliche Eigenkapitalberechnung sollen sicherstellen, dass das Rating-System, der Rating-Prozess und die geschätzten Risikokomponenten einer Bank adäquat sind. Darüber hinaus müssen in Übereinstimmung mit den Anforderungen der zweiten Säule des Konsultationspapiers interne Ratings in die interne Bewertung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung eingehen.

Abb. 7: Mindestanforderungen des IRB-Ansatzes

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Deutsche Bundesbank 2001, S. 27

Abbildung 8 zeigt den Unterschied zwischen der bisherigen Eigenkapitalunterlegung Basel I und dem zukünftigen IRB-Ansatz:

Abb. 8: Eigenkapitalunterlegung im Basisansatz

Eigenkapitalunterlegung in %

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ausfallwahrscheinlichkeit in % EAD: 100% LGD: 50%

Quelle: Keiner 2001, S. 42

Der neue Baseler Akkord sieht für die Privatkundenbewertung (Retail Banking) erhebliche Erleichterungen für die Banken durch deutlich geringere qualitative Anforderungen vor. Hier wird auf die permanente Überwachung der Bonität aus Kostengründen verzichtet. Die Erleichterungen beruhen auf der Unterlassung der individuellen Beurteilung für jeden einzelnen Privatkunden. Weil bei diesen vergleichsweise kleinen Kreditbeträgen das Ausfallrisiko statistisch geringer ist, werden sie zusammengefasst und pauschal bewertet. Es wird erwartet, dass durch die vorhersehbaren Zahlungsströme, wie das Einkommen einer Privatperson, der Gewichtungsfaktor dieses Bereiches unter 100% eingegliedert wird. In der Pressemitteilung vom 11.06.02 kündigte der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht an, dass Kredite an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), mit einem Jahresumsatz weniger als einer Million Euro, ähnlich wie Privatkundenkredite behandelt werden sollen. Damit soll ein überdimensionaler Verwaltungs- und Prüfungsaufwand vermieden werden. Darüber hinaus erhalten KMU-Engagements, mit einem Jahresumsatz von maximal 50 Millionen Euro, einen Risikoabschlag von bis zu 20%.

3.1.3 Operationelles Risiko

Bereits im ersten Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht vom Juni 1999 zur Neuregelung der Eigenkapitalausstattung der Banken wird erstmalig im Bankenbereich den operationellen Risiken ein vergleichbarer Stellenwert wie den Kredit- und Marktrisiken zugebilligt, was sich insbesondere seit dem Vorliegen der zweiten Fassung des Baseler Konsultationspapiers vom Januar 2001 in einer fest vorgesehenen Eigenkapitalunterlegung die operationellen Risiken manifestiert.

Das operationelle Risiko definiert der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht wie folgt: „Die Gefahr von unmittelbaren oder mittelbaren Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen eintreten.“ (Deutsche Bundesbank 2001, S. 28f)

Diese ursachenbasierte Definition nimmt rechtliche Risiken in den Kreis der operationellen Risiken auf und schließt dagegen strategische, Reputations-, Geschäfts- und systematische Risiken explizit aus (vgl. Keiner 2001, S. 43). Typische Beispiele für operationelle Risiken sind: Das Verlustrisiko auf Grund von Computerfehlern oder ungenügender Dokumentation, Betrug, Naturkatastrophen und terroristische Anschläge. Auf Grund der politischen und technischen Entwicklung haben operationelle Risiken in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die wachsende Abhängigkeit von der Informationstechnologie und dem damit einhergehenden Trend zum Outsourcing sowie die grundsätzlich höhere Komplexität der Geschäftstätigkeit sind ausschlaggebend daran beteiligt. Die operationellen Risiken werden von Banken als zweitwichtigste Risikokategorie eingestuft und verbinden damit ungefähr 20% der Eigenkapitalanforderung. Trotz des hohen Anteils herrschen noch keine Standards für die Messung der operationellen Risiken, vielmehr stecken die Steuerungstechniken noch in der Entwicklung. Grundlegend sind in der neuen Eigenkapitalvereinbarung drei Verfahren zur Messung der operationellen Risiken vorgeschlagen:

[...]

Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Basel II - Der Handlungsbedarf für den Mittelstand
Hochschule
BVL Campus gGmbH  (Private Fachschule für Wirtschaft)
Note
1,0
Autoren
Jahr
2003
Seiten
112
Katalognummer
V11738
ISBN (eBook)
9783638178099
Dateigröße
1047 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgezeichnete Projektarbeit an der DAV - Die Abschlussarbeit "BASEL II - Der Handlungsbedarf für den Mittelstand" wurde an der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie (DAV) in Bremen prämiert. Im Rahmen der Abschlussfeierlichkeiten erhielten die neuen Betriebswirte Gent Goeters, Timo Petry, Alexander Scheling und Marc Wätjen die mit 2.000 Euro dotierte Auszeichnung des Vereins der Förderer und Absolventen der DAV (VFA).
Schlagworte
Basel, Handlungsbedarf, Mittelstand
Arbeit zitieren
Alexander Scheling (Autor:in)Gent Goeters (Autor:in)Timo Petry (Autor:in)Marc Waetjen (Autor:in), 2003, Basel II - Der Handlungsbedarf für den Mittelstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11738

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