Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Sachanalyse
1.1 Der Schwank als Gattung
1.2 Till Eulenspiegel
2. Didaktische Analyse
2.1 Lehrplanbezug / Bildungsgehalt
2.2 Begründung der Schwerpunktsetzung
3. Methodische Analyse/Lernziele
4. Unterrichtsverlaufsplan
5. Literaturverzeichnis
1. Sachanalyse
1.1 Der Schwank als Gattung
Der Schwank (von "schwingende Bewegung"; vgl. Streich) erscheint erstmals im 13. Jahrhundert in der deutschen Literatur nach dem Vorbild der französischen Fabliaux (älteste Schwanksammlung "Der Stricker", gestorben ca. 1250). Eine weitere Schwankfigur, bekannt in der Weltliteratur, ist Nasreddin Hodscha, der 1208 in einem türkischen Dorf geboren wurde, von dem es etwa 300 Geschichten gibt.
Seine größte Verbreitung erfuhr er allerdings erst im 16. (Hans Sachs) und 17. Jahrhundert. Damals gab es eine Unmenge von Sammlungen mit Titeln wie "Wendeunmut", "Wegkürzer" oder "Rastbüchlein", welche dem Leser Unterhaltung versprachen. Bis heute sind die Schildbürgerstreiche, die Eulenspiegelgeschichten und - aus späterer Zeit - die Lügenerzählungen des Barons von Münchhausen (Gottfried August Bürger 1796) beliebt. Auch der "Rheinische Hausfreund" von Johann Peter Hebel enthielt Schwänke. Das Grundmuster besteht darin, dass Personen mit unterschiedlicher Rolle (Herr / Knecht, Bauer / Städter, Laie / Kleriker) zusammentreffen und eine dieser Figuren mit List den Sieg über die andere davonträgt.
Der Schwank als epische Form ist also eine kurze Geschichte (in Vers oder Prosa) mit witzig - humorvollem Beigeschmack und meist von einer derben sowie groben Sprache geprägt. Sein bevorzugter Inhalt ist menschliche Dummheit, Eitelkeit, Prahlsucht, Gerissenheit, der betrogene Bürger. Typisch sind seine gehäuften Eigenschaften sowie Ereignisse und sein Ziel ist die Unterhaltung.
Bei einem dramatischen Schwank handelt es sich um eine harmlos vordergründige, heiter spielerische, effektvoll unterhaltsame Form der Kömödie, die lediglich der Kurzweil dient.
Schließlich unterscheidet man noch das Schwankmärchen, in dem das eigentlich Schwankhafte das Märchenhaft - Wunderbare in den Hintergrund treten lässt.
Als Einlage in Texten anderer literarischer Gattung finden sich auch heute noch Schwänke, wie zum Beispiel in den "Flüchtlingsgesprächen" von Bertolt Brecht (1961).
Schwänke haben in der Geschichte der Literatur und des Schullesebuches bis heute eine ungebrochene Tradition. Diese Tatsache kann u.a. damit begründet werden, dass Schwänke menschliche Eigenarten, Schwächen, Fehler usw. im Lichte des Komischen, des Humors, der Heiterkeit, teilweise der Schadenfreude, erscheinen lassen, sodass sich jeder /-e Leser /-in gleich welchen Alters und Standes - erstaunt, verdutzt, nachdenklich und auch selbstkritisch - wiederzuentdecken vermag. Somit übt die Lektüre von Schwänken, deren Motive zwischen den Kulturen wandern und die nahe verwandt sind mit Märchen, Sagen, Legenden, Fabeln usw., eine erheiternde und befreiende Wirkung aus, die einerseits zum Lachen über sich selbst und auch zur Selbstkritik und andererseits zum Lachen über andere und zur Zeit- und Gesellschaftskritik anregen kann.
1.2 Till Eulenspiegel
Till Eulenspiegel, eine der bekanntesten Schwankfiguren der deutschen Volksdichtung, ist uns als legendärer Schalk bekannt, zurückgehend auf den um 1300 in Kneitlingen geborenen und in Mölln 1350 begrabenen Bauernsohn Thil Uhlenspiegel, der Mitteldeutschland durchziehend, seine oft tiefsinnigen und umweltkritischen Streiche verübte. Er diente als Kristallisationsfigur für rund 100 Schwänke. Das Niederdeutsche Volksbuch wurde erstmals im 15. Jahrhundert gedruckt und wurde von vielen Dichtern neu bearbeitet, darunter die bedeutende Fassung von Charles de Coster (belgischer Schriftsteller, 1827 - 1879). Seine Schwänke richten sich an den Humor des Lesers bzw. Hörers. Wie der Witz gipfelt der Schwank in der Pointe, die erkannt werden muss. In den Eulenspiegel - Schwänken liegt sie auf der konsequenten, meist wortwörtlichen Auslegung der Sprache. Eulenspiegel verspottet die Menschen wegen ihrer Dummheit, wegen ihrer Schwächen und Eitelkeiten, er hält sie zum Narren und spielt ihnen Streiche, damit sie - sich wie im Spiegel betrachtend (Dingsymbol Spiegel) - zu einer besseren Selbsterkenntnis gelangen. Seine Mittel, die er als angeblicher Tor, Narr, Schalk, als "Weiser" (Symbol Eule) gebraucht, sind zum Beispiel:
- die Umkehrung der Machtverhältnisse (Herr - Knecht, Meister - Geselle, König - Untertan, Bürger - Landstreicher, Reicher - Armer, Professor - Schüler, Geistlicher - Laie),
- die Situationskomik (Zuspitzung einer komischen Situation bis zur Pointe) und
- die Sprachkomik (Wortwitz und Wortspiel, das Wörtlichnehmen).
[...]