Wie nehmen die Besucher eines Fußballstadions die Sicherheitslage wahr? Welche Faktoren können das subjektive Sicherheitsgefühl der Fußballfans beeinflussen und gibt es aus ihrer Sicht Maßnahmen, die die Sicherheit bei Fußballspielen erhöhen könnten? Um diese zentralen Fragen beantworten zu können, werden zunächst der Begriff des „subjektiven Sicherheitsgefühls“ erörtert, bevor dann die deutsche Fanszene differenziert betrachtet wird. Daran anschließend wird die Sicherheitslage in Fußballstadien sowohl aus objektiver als auch aus subjektiver Sicht dargestellt. Das gegenwärtig besonders als aktuell erscheinende Thema die Gesellschaft und auch den Fußball sicherheitspolitisch betreffend, der Terrorismus, wird danach thematisiert. Auf Grundlage der bis hier dargelegten theoretischen Basis werden darauffolgend Hypothesen aufgestellt, die es mittels Daten einer anonymen, standardisierten Online-Befragung zu verifizieren gilt. Zunächst wird die Methodik der Untersuchung erläutert. Im Anschluss werden die Ergebnisse ausgewertet und die angestellten Hypothesen überprüft, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse vorzustellen und vor dem Hintergrund thematisierter theoretischer Überlegungen zu diskutieren. Abschließend werden sie im Fazit kritisch gewürdigt.
Fußball - die schönste Nebensache der Welt. Die Marke Fußball boomt. 2015 gab es weltweit 1,6 Milliarden Fußballfans - keine andere Sportart zieht demnach mehr Leute in ihren Bann. Es ist auch die mit Abstand beliebteste Sportart Deutschlands. Es gibt allerdings auch eine Kehrseite der Medaille. Die Polizei muss im Rahmen von Fußballveranstaltungen mit heftigen Fanausschreitungen, gewalttätigem Verhalten, Sachbeschädigungen, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und sogar Terroranschlägen umgehen. Doch nicht nur die Institution Polizei sieht die Sicherheit rund um Fußballspiele gefährdet. Auch 77 % der Entscheidungsträger im Bereich Fußball sehen gemäß einer Umfrage, dass die Sicherheitsprobleme zunehmen werden (Stand 2016).
Inhaltsverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das „subjektive Sicherheitsgefühl“ und die Einflussgrößen
2.1 Die Sicherheit
2.2 Das „subjektive Sicherheitsgefühl“
2.3. Einflussgrößen der subjektiven Sicherheit in der Bevölkerung
2.3.1 Alter
2.3.2 Medien
2.3.3 Bildung
2.3.4 Geschlecht
3. Die Fankultur im deutschen Fußball
3.1 Gruppierungen und Kategorien von Fußballfans
3.1.1 Der konsumorientierte Fan
3.1.2 Der fußballzentrierte Fan
3.1.3 Der erlebnisorientierte Fan
3.1.4 Die Kuttenfans
3.1.5 Die Ultras
3.1.6 Die Hooligans
3.1.7 Kategorie A-B-C-Fans
4. Die Sicherheitslage in deutschen Fußballstadien
4.1 Die neuen Stadien und der Strukturwandel der Zuschauer
4.2 Die Gewalt im Fußball
5. Die Terrorangst in Deutschland und bei Fußballspielen
6. Fragestellung und Hypothesen der Untersuchung
7. Untersuchungsmethode
7.1 Untersuchungsinstrument
7.2 Stichprobe
7.3 Durchführung der Befragung
7.4 Auswertungsstrategien
8. Ergebnisse der Untersuchung
8.1 Überprüfung der Hypothesen
8.1.1 Überprüfung der Hypothesen 1a) - j)
8.1.2 Überprüfung der Hypothesen 2a) + b)
8.2 Interpretation
8.3 Reflexion
9. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Allgemeine Kriminalitätsfurcht nach Alter (Birkel et al., 2014, S.69)
Abbildung 2: Allgemeine Kriminalitätsfurcht nach Geschlecht (Birkel et al., 2014, S.68)
Abbildung 3: Differenzierung der Fanszene (Pilz, 2006, S. 3)
Abbildung 4: Übersicht der Bewertungskategorien von Fußball-Fans (Moser, 2009, S. 23)
Abbildung 5: Bewertung des letzten Polizeikontaktes nach Alter (Birkel et al., 2014, S. 46)
Abbildung 6: Sicherheitsempfinden beim Besuch von Fußballspielen (Forschungsgruppe BEMA, 2016)
Abbildung 7: Die 7 größten Ängste bei Frauen und Männern 2016 (R+V Versicherung, 2016)
Abbildung 8: Der durchschnittliche Fußballfan (Forschungsgruppe BEMA, 2016)
1. Einleitung
Fußball - die schönste Nebensache der Welt. Die Marke Fußball boomt. 2015 gab es weltweit 1,6 Milliarden Fußballfans - keine andere Sportart zieht demnach mehr Leute in ihren Bann (vgl. Handelsblatt, 2015). Es ist auch die mit Abstand beliebteste Sportart Deutschlands (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, 2016). Der Deutsche FußballBund (2016, S. 2) meldet in seiner jüngsten Statistik fast 7 Millionen Mitglieder. Knapp 19 Millionen Zuschauer strömten in der Saison 2015/2016 in die Stadien der 1. und 2. Bundesliga und trugen zum abermaligen Rekordumsatz von 3,24 Mrd. Euro bei. Rekord (vgl. DFL, 2017, S. 26). Es ist das Geld der Fans, weshalb bekanntlich extrem hohe Ablösesummen und Gehälter der Spieler möglich sind.
Es gibt allerdings auch eine Kehrseite der Medaille:
„Welt-online“ (2017) zitiert am Tag nach heftigen Fanausschreitungen beim Bundesligaspiel Borussia Dortmund gegen RB Leipzig am 05.02.2017 den Dortmunder Polizeidirektor: „In solche hasserfüllten Fratzen habe ich noch in keinem meiner Polizeieinsätze gesehen. Ich bin schockiert.“. Es ließe sich kritisch hinterfragen, ob diese Wahrnehmung ein von dem öffentlichen Diskurs dramatisierter Einzelfall oder ein verbreitetes Phänomen sei.
Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) führt in diesem Kontext in seinem aktuellen Jahresbericht 2015/2016 der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) (2016, S. 5) an, dass „[...] sich Sicherheitsstörungen und gewalttätiges Verhalten im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen auf einem saisonbedingt schwankenden, jedoch insgesamt weiterhin hohen Niveau[.]“ befinden. Körperverletzungen, Widerstände, Sachbeschädigungen, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz sind nur einige Delikte, weshalb die Polizei im Rahmen von Fußballspielen Strafverfahren einleitet (vgl. ebd., S. 36ff.) und dabei über zwei Millionen Arbeitsstunden leistet (vgl. ebd., S. 27).
Doch nicht nur die Institution Polizei sieht die Sicherheit rund um Fußballspiele gefährdet. Auch 77% der Entscheidungsträger im Bereich Fußball sehen gemäß einer Umfrage, dass Sicherheitsprobleme im Bereich Fußball zunehmen werden (vgl. bbw Marketing, 2016, S. 193).
Ein weiteres Thema mit dem sich nicht nur die Polizei in Zukunft, sondern spätestens seit dem 13.11.2015 auch der Fußball beschäftigen muss, ist die Gefahr eines Terroranschlages rund um Fußballspiele. An diesem Abend wurden bei (Selbstmord-)Anschlägen an mehreren Orten in Paris 130 Menschen getötet und 350 verletzt. Einer der Anschlagsorte war das Stade de France, in dem gerade das Fußball-Länderspiel Frankreich gegen Deutschland stattfand (vgl. Funken; Hungerland; Pflüger; Vöpel, 2016, S. 12). Es lässt sich fragen, wie die Betroffenen (in diesem Fall insbesondere die Stadionbesucher) die Sicherheitslage wahrnehmen. Des Weiteren stellt sich die Frage, welche Faktoren das subjektive Sicherheitsgefühl der Fußballfans beeinflussen können und ob es aus ihrer Sicht Maßnahmen gibt, die die Sicherheit bei Fußballspielen erhöhen könnten. Um diese zentralen Fragen vorliegender Thesis beantworten zu können, werden zunächst in einem theoretischen Teil der Begriff des „subjektiven Sicherheitsgefühls“ erörtert (Kapitel 2), bevor dann die deutsche Fanszene differenziert betrachtet wird (Kapitel 3), um die verschiedenen weltanschaulichen Paradigmen verschiedener Zuschauer- und Fangruppen nachvollziehen und später hierauf basierend Hypothesen bilden zu können. Daran anschließend wird die Sicherheitslage in Fußballstadien sowohl aus objektiver (anhand von Fakten), als auch aus subjektiver (anhand von Befragungsstudien) Sicht dargestellt (Kapitel 4). Das gegenwärtig besonders als aktuell erscheinende Thema der Gesellschaft und auch den Fußball sicherheitspolitisch betreffend, der Terrorismus, wird in Kapitel 5 thematisiert. Auf Grundlage der bis hier dargelegten theoretischen Basis werden darauffolgend Hypothesen aufgestellt (Kapitel 6), die es mittels Daten einer anonymen, standardisierten online-Befragung (siehe Anhang) zu verifizieren gilt. Zunächst wird die Methodik der Untersuchung erläutert (Kapitel 7). Im Anschluss werden die Ergebnisse ausgewertet und die angestellten Hypothesen überprüft, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse vorzustellen und vor dem Hintergrund thematisierter theoretischer Überlegungen zu diskutieren (Kapitel 8). Abschließend werden sie im Fazit kritisch gewürdigt (Kapitel 9).
2. Das „subjektive Sicherheitsgefühl“ und die Einflussgrößen
2.1 Die Sicherheit
Nach Jaschke (2011, S. 6) war Sicherheit stets ein hoch angesehenes Gut des Menschen. Demnach zählt Sicherheit zu den Grundbedürfnissen des Menschen, um glücklich und zufrieden in einer Gesellschaft leben zu können. Sicherheit umfasst sowohl eine subjektive (Sicherheitsgefühl), als auch eine objektive (tatsächliche Kriminalitätslage) Komponente (vgl. ebd.).
Auch Haverkamp (2012, S. 209) beschreibt „Sicherheit“ als ein Empfinden, dass durch Angstfreiheit, Vertrauen und Geborgenheit, sowie einen meist zukünftigen, ungewissen Zustand, der frei von Risiken und Gefahren geprägt ist. Spricht jemand von Sicherheit, so vertraut er darauf, dass sich Risiken nicht verwirklichen oder Folgeschäden aus Risiken bewältigt werden können (vgl. ebd.).
2.2 Das „subjektive Sicherheitsgefühl“
Viele Menschen sprechen vom „subjektiven Sicherheitsgefühl“. Doch was macht diesen Begriff aus? Schewe (2006, S. 322) definiert diesen wie folgt:
„Der Begriff „Subjektives Sicherheitsgefühl“ bezeichnet die Einschätzung des Einzelnen seiner Sicherheit oder — aus umgekehrtem Blickwinkel — der Gefahr, dass seine Rechtsgüter beeinträchtigt werden.“ Zumeist wird als Hauptursache der befürchteten Rechtsgüterbeeinträchtigung eine zunehmende Kriminalität angenommen, weshalb das subjektive Sicherheitsgefühl im Wesentlichen mit dem kriminologischen Begriff der Kriminalitätsfurcht gleichgesetzt wird. Allerdings geht das subjektive Sicherheitsgefühl über die Kriminalitätsfurcht hinaus. Zum einen erfasst das Sicherheitsgefühl auch die Beunruhigung durch mittelbare Beeinträchtigungen wie die Besorgnis anlässlich massenhafter Kleinkriminalität sowie demonstrativer und ohne Ahndung bleibender Rechtsbrüche und Ordnungsstörungen, während die Kriminalitätsfurcht nur die Besorgnis vor eigenen unmittelbaren Gefährdungen durch Kriminalität meint.“
Schewe beschreibt ferner, dass es zwar eine begriffliche Verwandtschaft zwischen dem Sicherheitsgefühl und der objektiven Sicherheit gibt und somit zu vermuten wäre, dass es einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen dem subjektiven Sicherheitsgefühl und der objektiven Sicherheit gäbe, dies aber durch soziologische und kriminologische Untersuchungen widerlegt wird (vgl. ebd., S. 323). Demnach spiegelt das Sicherheitsgefühl nicht die objektive Gefährdungslage wider. So sind Personen, die sich besonders fürchten, Opfer von (Gewalt-) Kriminalität zu werden, nicht besonders gefährdet, während Personen, die sich eher weniger fürchten, statistisch gesehen häufiger Opfer von Kriminalität werden. Man bezeichnet dieses Phänomen als Kriminalitätsfurcht-Paradoxon (vgl. ebd., S. 323). Als Opfer bezeichnen Kiefl und Lamnek (1986, S. 28 ff.) eine Person, die einen wahrnehmbaren Schaden durch eine strafbare Handlung eines oder mehrere Täter erleidet, den Schaden aber nicht zwangsläufig wahrnehmen muss. Studien zeigen, dass entgegen der statistischen Gefahr, mehr Frauen und Ältere Angst haben Opfer einer Straftat zu werden, als Männer und Jüngere (vgl. Birkel; Guzy; Hummelsheim; Oberwittler & Pritsch, 2014, S. 67). Nach Schewe (2006, S. 323) beeinflussen drei Faktoren das Empfinden von Sicherheit bei jedem Menschen auf unterschiedliche (subjektive) Art und Weise: Risiko, Copingfähigkeit, und die daraus resultierende Vulnerabilität (Verletzbarkeit). Die Risikoeinschätzung betrifft die subjektive Bewertung eines jeden Einzelnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, Opfer von Straf-/ Gewalttaten zu werden (vgl. ebd., S. 323). Die Copingfähigkeit einer Person beschreibt das (subjektive) Wissen, dass man auf eigene (objektiv vorhandene) Fähigkeiten zurückgreifen kann, um sich einer Gefahrenlage durch sicheres Auftreten oder geschicktes, verbales Verhalten zu entziehen (vgl. Fischer, Kudlacek, Ziegleder, 2011, S. 48). Die Vulnerabilität definiert Bürkner (2010, S. 6) als „[...] Verletzlichkeit von Menschen und Gegenständen angesichts von Gefährdungen [...]“ und beschreibt somit die Verlustängste, die einem Opfer einer Straftat drohen (vgl. Schewe, 2006, S. 323). Somit ergeben sich folgende drei Fragestellungen die das subjektive Sicherheitsgefühl des Einzelnen entscheidend beeinflussen könnten:
- Kann ich Opfer einer Straftat werden?
- Wie kann ich eine solche Situation bewältigen?
- Was kann mir in einem solchen Fall passieren?
Da jedes Individuum diese Fragen für sich anders beantwortet, könnte sich derjenige, der statistisch besonders gefährdet ist, Opfer einer Straftat zu werden sicher fühlen, während sich eine andere Person unsicher fühlt, obwohl sie objektiv nicht gefährdet ist (vgl. ebd., S. 323 f.).
Somit wäre die These Kilchlings (1995, S. 44) untermauert, dass es das typische Opfer nicht gibt. Die Viktimologie (lat. „victima“, das Opfer) beschäftigt sich mit Verbrechensopfern und gilt als eine interdisziplinäre Wissenschaft, welche eng mit der Kriminologie zusammenhängt (vgl. Kiefl & Lamnek, 1986, S. 35). Unterschieden wird hier zwischen den unmittelbar physischen und psychischen Folgen, sowie materielle Beeinträchtigungen die das Opfer aus einer Straftat erleidet (Primärviktimisierung), sowie der Sekundärviktimisierung (vgl. Laubenthal, 2017, S. 105). Bei der Sekundärviktimisierung handelt es sich im Anschluss an die Primärviktimisierung um Fehlverhalten Dritter, die somit schädigend auf das Opfer wirken. Hierbei kann auf informeller Ebene (persönlicher Nahraum wie Familie) oder formeller Ebene (Strafverfolgungsbehörden) negativ auf das Befinden des Opfers eingewirkt werden (vgl. ebd.). Kilchling (1995, S. 48) erwähnt, dass die Gefahr erneut Opfer einer Straftat zu werden signifikant ansteigt, sobald man einmal Opfer war. Das subjektive Sicherheitsgefühl dieser Personen wird durch den Vorfall negativ beeinflusst. Daher ist es laut Kilchling von entscheidender Bedeutung die „Mehrfachviktimisierungs-Dynamik“ mittels Präventions-/ oder Opferhilfemaßnahmen zu unterbinden (vgl. ebd., S. 48). Ebenso wichtig ist die Wiederherstellung des durch die „Opferwerdung“ gestörten Normvertrauens. Sollte das Vertrauen in das Recht nicht wieder hergestellt werden, bestünde sonst die Gefahr, dass sich das Opfer aufgrund von Enttäuschung und Frustration selbst zum Täter entwickelt. Man spricht hier von einer sogenannten Opfer-TäterKarriere (vgl. ebd., S. 47f.). Einige Personengruppen scheinen gegen die Angst, erneut von einer Straftat betroffen zu werden resistenter als Andere. Nach Bottoms und Costello (2012, S. 118ff.) haben Frauen größere Sorgen erneut Opfer zu werden, als Männer. Ebenso haben eher Angehörige der unteren sozialen Schichten die Befürchtung erneut Opfer zu werden als Wohlhabendere. Die sekundäre Viktimisierung ist insbesondere auf das Deliktfeld der Körperverletzung eine potenzielle Gefahr (vgl. Birkel et al., 2014, S. 24), welches im Bereich des Fußballs eine zentrale Rolle spielt. Pease (1998, S. 3) bestätigt, dass insbesondere bei Gewaltdelikten die Gefahr einer erneuten „Opferwerdung“ groß ist.
Ein entscheidender Faktor für das Empfinden von Sicherheit ist nach Schewe (2006, S. 323) auch die mediale Berichterstattung, die ihre reißerischen Schlagzeilen insbesondere auf Gewaltdelikte fokussiert, obwohl diese nur einen geringen Anteil der Gesamtkriminalität ausmachen. Während die objektive (tatsächliche) Sicherheitslage anhand der jährlich durch das Bundeskriminalamt herausgegebenen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) gemessen werden kann, können diese Daten durch die Medien punktuell herausgesucht und somit dramatisiert werden. Folglich verspürt die Bevölkerung eine größere Unsicherheit, was das subjektive Sicherheitsgefühl eines jeden Einzelnen negativ beeinflussen kann (vgl. Förster, Heine & Wagner, 2011, S. 9).
Schon als das Bewusstsein des drohenden Terrorismus in Westeuropa noch nicht so allgegenwärtig wie heute war, berichtet Schewe (2006, S. 325) dass beispielsweise die Terroranschläge vom 11.09.2011 in New York das subjektive Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung tangierten. Staatliche Maßnahmen wie Gesetzesänderungen oder verstärkte Polizeipräsenz verbesserten weniger die objektive Sicherheit, als vielmehr das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung (vgl. ebd., S. 325).
Schwind (2009, S. 412) setzt zudem den Begriff der subjektiven Sicherheit auch mit der Kriminalitätsfurcht gleich.
Zusammenfassend lässt sich das subjektive Sicherheitsgefühl als die Einschätzung des Einzelnen bezüglich seiner Sicherheit oder andersherum die empfundene Gefahr der persönlichen Rechtsgüterbeeinträchtigung definieren.
2.3. Einflussgrößen der subjektiven Sicherheit in der Bevölkerung
Wie zuvor erwähnt, klafft zum Teil eine große Lücke zwischen der tatsächlichen Sicherheitslage und dem empfundenen Sicherheitsgefühl innerhalb der Bevölkerung. Es muss demnach noch andere Faktoren geben, die das Gefühl der (Un)Sicherheit entscheidend beeinflussen. Im Folgenden sollen diese Faktoren erläutert werden.
2.3.1 Alter
Je nach Lebensalter variiert die Kriminalitätsfurcht. Aus einer 2012 durchgeführten Studie (Birkel et al., 2014, S. 69) ist zu entnehmen, dass sich sowohl Jüngere im Alter zwischen 16-24 Jahren, sowie Personen ab 65 Jahren generell unsicherer fühlen, als Menschen mittleren Alters von 35-44 Jahren. Hierbei bezieht sich die Studie auf die Kriminalitätsfurcht aller möglichen Delikte. Betrachtet man das Deliktfeld der Körperverletzung, welches gemäß der ZIS in ihrem Jahresbericht 2015/16 zum wiederholten Male mit großem Abstand im Rahmen der Spiele der 1. und 2. Fußballbundesliga am häufigsten vertretene Delikt ist (vgl. ZIS, 2016, S. 37f.), so sagt die Studie von Birkel et al. aus, dass vorwiegend die unter 20-Jährigen beunruhigt sind geschlagen oder verletzt zu werden (vgl. ebd., S. 68).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbiilldunngg11: :AAllgllegmemeineeinKer iKmriinmailnitäatlsitfäutrscfhutrncahcthnAalctehrA(Bltierkr e(lBeitrkael.l, 2e0t1a4l,., 2014, S.69)
2.3.2 Medien
Da unsere moderne Gesellschaft durch eine zunehmende Medialisierung geprägt ist und die Berichterstattungen gerade beim Thema Kriminalität darauf ausgerichtet ist, möglichst viele Interessenten anzusprechen, werden dem Konsumenten diesbezüglich oft keine objektiven Informationen angeboten. Insbesondere seitdem sich die Medienlandschaft durch private Anbieter und soziale Netzwerke erweitert hat, werden kriminalitätsbezogene Themen dramatisiert (vgl. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, 2011, S. 8). Der Anteil von Gewaltdelikten an der Gesamtkriminalität wird von der Gesellschaft oft sehr stark überschätzt (vgl. Pfeiffer; Windzio; Kleimann, 2004, S.4ff.). So geben Pfeiffer et al. (2004, S. 4) an, dass die Fälle eines vollendeten Sexualmordes von der Bevölkerung um das sechsfache überschätzt würden. Oberwittler (2012, S. 487) begründet dies unter anderem damit, dass die oft sensationsorientierte Berichterstattung der Massenmedien zur Unsicherheit der Bevölkerung beiträgt.
2.3.3 Bildung
Oberwittler (2012, S. 487) beschreibt, dass Menschen mit geringen sozialen Ressourcen, welche beispielsweise auf einen niedrigen Bildungsstand zurückzuführen sind, eine größere Kriminalitätsfurcht aufweisen, als Menschen mit einem höheren Bildungsstand. Boers (1991, S. 218) geht davon aus, dass Menschen mit einer höheren Bildung die eigenen Ressourcen und somit die Gefahr einer Viktimisierung besser beurteilen können. Insbesondere die Angst Opfer von Körperverletzungen zu werden ist bei Personen mit einem niedrigeren Schulabschluss größer (vgl. Birkel et al., 2014, S.69).
2.3.4 Geschlecht
Frauen gelten als - auch in Situationen, in denen Männer statistisch gesehen häufiger betroffen sind - ängstlicher als Männer (vgl. Gordon, Rieger, 1989; zit. n. Dellmann, 2009, S.175). Eine Studie des Allensbach-Instituts aus dem Jahr 2016 bestätigt diese These: demnach fühlen sich nur 26% der Frauen vor Verbrechen sicher, dagegen immerhin 41% der Männer (vgl. FAZ, 2016). Eine seit 25 Jahren vom Institut für Politische Wissenschaft Heidelberg im Auftrag der R+V Versicherung (2016) durchgeführte Studie verdeutlicht, dass Frauen im Gesamtdurchschnitt stets ängstlicher waren als Männer, die Unterschiede aber geringer geworden sind. Birkel et al. (2014, S.72ff.) merken an, dass das Sicherheitsempfinden bei Frauen im Vergleich zu Männern überproportional abnimmt, sobald sie einmal Opfer von Gewaltdelikten, wie beispielsweise einer Körperverletzung geworden sind (vgl. Kapitel 2.2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbiilldunngg22: :AAllgllegmemeineeinKer iKmriinmailnitäatlsitfäutrscfhutrncahcthnGacehscGhlecshcth(leBcirhktel(Beti rakl.e, l et al., 2014, S.68)
3. Die Fankultur im deutschen Fußball
Recherchiert man den Begriff „Fankultur“ im Internet, so stößt man immer wieder auf Bündnisse, die sich für den Erhalt der Fankultur stark machen. Eine genauere Definition liefert das Institut für Fankultur:
„Wir verstehen Fußball als einen wichtigen Teil des gesellschaftlichen Zusammenlebens, als permanenten Ort für emotionale, individualitäts- und sinnstiftende Gemeinschaftsinszenierungen. Rund um Fußball formieren sich seit langer Zeit bunte, vielfältige und friedvolle Fankulturen immer wieder neu. Diese aus kultur-, verhaltens- und sozialwissenschaftlicher Perspektive zu beschreiben und zu verstehen ist unser Ziel“ (Institut für Fankultur, 2017).
Dies ist ein Leitbild, welches ausschließlich auf die positiven Aspekte der Fankultur verweist.
Den Unterschied zwischen Fans und Zuschauern sieht Kabs (2008, S.123) insbesondere darin, dass das eigene Selbstwertgefühl des Fans mit dem Schicksal des Vereins eng verstrickt ist, während der Zuschauer sich nicht in eine solch starke emotionale Abhängigkeit begibt.
Die Unterscheidung zwischen Fan und Zuschauer stellt allerdings nur eine erste grobe Rasterung dar. Um die Fankultur besser zu verstehen, werden im folgenden Abschnitt weitere - für die Thesis relevante - Subkulturen kurz dargestellt, um die weltanschaulichen Perspektiven der jeweiligen Gruppierung nachvollziehen zu können. Hier stellt insbesondere die Gruppe der Ultras eine für die Hypothesen relevante Gruppierung dar.
3.1 Gruppierungen und Kategorien von Fußballfans
Moser (2009, S. 22ff.) beschreibt die Fußball-Fankultur als etwas Besonderes, da sich die Subkulturen nicht auf andere Sportarten übertragen lassen. Demnach ist die Fanszene durch Uneinheitlichkeit geprägt, was insbesondere auf die Kommerzialisierung des Fußballs zurückzuführen ist. Adam (2016, S. 74) führt in diesem Zusammenhang aus, dass sich viele Fans (insbesondere die noch vorzustellenden Ultras) gegen den voranschreitenden Kommerz im Profifußball und die damit verbundene Eventisierung „ihres Sports“ wenden. Kritisiert würden insbesondere das Wegrationalisieren der Stehplätze zugunsten für die Vereine ertragreicherer Sitzplätze und VIP-Logen (vgl. ebd.; S.74)
Betrachtet man die Motivation von Fans ein Fußballspiel im Stadion zu besuchen, so lassen sich nach Heitmeyer (1988, S. 24f) bis heute drei unterschiedliche Gruppierungen differenzieren:
- der konsumorientierte Fan
- der fußballzentrierte Fan
- der erlebnisorientierte Fan
3.1.1 Der konsumorientierte Fan
Dieses Genre gehört eher der Mittel- und Oberschicht an, sucht sich vorwiegend wichtige Spiele oder Lokalderbys aus und möchte ein schönes Fußballspiel erleben. Der Event-Charakter steht hier im Vordergrund. Das Ergebnis ist zweitrangig und es wird sowohl für die eine, als auch für die andere Mannschaft applaudiert. Unmut über schlechte Leistungen macht sich insbesondere durch frühe Pfiffe oder vorzeitiges Verlassen des Stadions bemerkbar (vgl. Heitmeyer, 1988, S. 24).
Eine Gefahr für Andere geht von dieser Gruppe in der Regel nicht aus (vgl. Pilz, 2010, S. 56f).
3.1.2 Der fußballzentrierte Fan
Diese Anhänger stammen vorwiegend aus den unteren sozialen Schichten, sowie der Arbeiterklasse und gehen ins Stadion um die eigene Mannschaft siegen zu sehen, was sie durch leidenschaftliche Unterstützung erreichen wollen. Dabei werden die gegnerische Mannschaft und Fans auch zu Feinden, die mit aller Macht besiegt werden müssen. Durch den Erfolg der Mannschaft wird die eigene missliche Lage kompensiert. Um die „Ehre“ aufrecht zu erhalten scheuen sie auch die körperliche Auseinandersetzung mit den generischen Fans nicht. Durch die hohe Identifizierung mit dem Verein und dem damit verbundenen Tragen von Schals und Trikots sind sie leicht für gegnerische Fans erkennbar und werden so schnell zu Objekten (körperlicher) Auseinandersetzungen (vgl. ebd., S.56ff.).
3.1.3 Der erlebnisorientierte Fan
Erlebnisorientierte Fans stammen aus fast allen sozialen Schichten, vorwiegend jedoch aus der Mittel- und oberen Mittelschicht, gehen wochentags einem bürgerlichen Leben nach und zeigen ihre zweite Identität am Spieltag/ Wochenende. Das Fußballspiel ist hier zweitrangig und dient eher als Mittel zum Zweck. Es zählt der Kick. Gibt das Fußballspiel diesen nicht her, werden eigene Kicks - beispielsweise durch körperliche Auseinandersetzungen - gesucht (vgl. ebd., S.56 ff.).
Nach Weigelt (2004, S. 29f.) ergeben sich folgende, bevorzugte Aufenthaltsorte dieser drei Gruppierungen im Stadion:
Da sie Fußball als Freizeitbeschäftigung ansehen, schauen die konsumorientierten Fans gerne alleine oder in Kleingruppen von den Sitzplätzen aus und meiden die Stehplätze.
Dort wiederum sind die fußballorientierten Fans anzutreffen, die die eigene Mannschaft im Verbund mit Mitgliedern ihres Fanclubs lautstark durch Fangesänge und Choreographien unterstützen. Fußball wird hier auf den Stehplätzen gelebt und ist wesentlicher Lebensinhalt dieser Fangruppe (vgl. ebd., S. 29).
Dem erlebnisorientierten Fan kann nach Weigelt kein genauer Standort im Stadion zugeordnet werden, da er sich immer dort befindet, wo was los ist und ihm das gesamte Stadion und Umfeld als Showbühne dient (vgl. ebd., S. 29).
Pilz (2006, S. 70f.) kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der Komplexität der heutigen Fanszene eine Dreiteilung nicht mehr ausreicht und weitere Untergruppen genannt werden müssen. Darunter werden die wichtigsten drei Gruppen, • die Kuttenfans
- die Ultras und
- die Hooligans, gefasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Differenzierung der Fanszene (Pilz,S006, S. 3)
Während die Kuttenfans ausschließlich zu den fußballzentrierten
Fans gezählt werden, sind die Hooligans unter den erlebnisorientierten Fans einzustufen. Die Ultras hingegen können sowohl zu den fußballinteressierten, als auch zu den erlebnisorientierten Fans gehören (vgl. ebd., S.70).
3.1.4 Die Kuttenfans
Die Kuttenfans sind mittlerweile kaum noch im Stadion anzutreffen und erhielten ihren Namen aufgrund ihrer Jeansjacken mit zahlreichen Aufnähern. Heute tragen sie oft nur noch Trikot und Schal und wurden als herausragende Erscheinung im Stadion von den Ultras abgelöst (vgl. ebd., S.70).
3.1.5 Die Ultras
Aufwendig einstudierte Choreographien und Fangesänge sind Hauptmerkmale der Ultras, für die die Liebe zum eigenen Verein über allem steht. Das Durchschnittsalter der vorwiegend männlichen Mitglieder dieser Gruppe beträgt 15-25 Jahre, welche zumeist Schüler, Studenten, Auszubildende oder Arbeitende sind (vgl. Sommerey, 2010, S. 79). Für junge Leute haben Ultras aufgrund ihrer Selbstfindungsphase eine große Anziehungskraft und können mit Kameradschaft, Identität und Verbundenheit dienen (vgl. Hofmeister, 2016, S. 221). Maskulinität, Mut, Ausdauer und Stärke sind Attribute die den Ultras zuzuschreiben sind (vgl. Trattner, 2016, S. 240). Auch der (verbotene) Einsatz von Pyrotechnik ist ein sichtbares Merkmal vieler Ultra-Gruppierungen (vgl. Kähler, Marg, 2012, S. 143). Das Abbrennen von bengalischen Fackeln ist aus ihrer Sicht allerdings keine Form der Gewalt, sondern vielmehr ein Stilelement der Ultrakultur, vergleichbar mit einer Choreographie (vgl. Pilz/ Wölki- Schumacher, 2010, S. 16). Aufgrund des selbstbewussten und einheitlichen Erscheinungsbildes ist die Gruppe der Ultras insbesondere für Jugendliche interessant (vgl. Kathöfer; Kotthaus; Willmann, 2013, S. 48). Sie distanzieren sich von der immer weiter voranschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs (vgl. Kapitel 3.1) und kritisieren die damit verbundenen Distanz zu den Spielern der eigenen Mannschaft, die in der Gesellschaft immer mehr als unnahbare Stars gelten (vgl. Pilz; Wölki-Schumacher, 2010, S. 7f.). Im Stadion stellen sie bei Heimspielen einen Anteil der Gesamtzuschauerzahl von nur 1- 5% und sind in der Regel auf der Stehplatztribüne hinter dem Tor zu finden. Bei Auswärtsspielen hingegen ist die Konzentration an Ultras deutlich höher (vgl. ebd., S. 7).
[...]
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