Emotionale Intelligenz im Konfliktmanagement

Empirische Untersuchung der Zusammenhänge von Faktoren emotionaler Intelligenz und Konfliktstilen


Diplomarbeit, 2008

110 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

III Abbildungsverzeichnis

IV Tabellenverzeichnis

V Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

2 Psychologische Grundlagen der Emotion
2.1 Emotion und Begrifflichkeiten
2.1.1 Emotion
2.1.2 Gefühl
2.1.3 Stimmung
2.1.4 Affekt
2.2 Klassifikation von Emotionen
2.3 Auslösebedingungen von Emotionen
2.3.1 Auslösendes Ereignis
2.3.2 Ereignistyp
2.3.3 Subjektive Einschätzung des Ereignisses
2.3.4 Situativer Kontext
2.3.5 Persönliche Disposition einer Person
2.3.6 Regulationsstrategien von Gefühlszuständen
2.3.6.1 Bewusste oder unbewusste Regulation
2.3.6.2 Emotionsregulation als Kompetenz
2.4 Einfluss von Emotionen
2.4.1 Einfluss auf die Gesundheit
2.4.2 Einfluss auf die Wahrnehmung
2.5 Fazit Emotionen

3 Emotionale Intelligenz
3.1 Begrifflichkeit Emotionale Intelligenz
3.2 Erläuterung der emotionalen Intelligenz und Wirkung
3.3 Erkenntnisse aus der Intelligenzforschung
3.3.1 Emotionale Intelligenz und IQ
3.3.2 Das leidenschaftliche Gehirn
3.3.2.1 Elliot
3.3.2.2 Phineas Gage
3.3.3 Ein Blick in die Neurobiologie
3.4 Theoretische Konzepte zur Emotionalen Intelligenz
3.4.1 Edward L. Thorndike
3.4.2 Howard Gardner
3.4.3 Salovey und Mayer
3.4.4 Daniel Goleman
3.4.4.1 Selbstwahrnehmung
3.4.4.2 Selbstregulation
3.4.4.3 Motivation
3.4.4.4 Empathie
3.4.4.5 Soziale Fähigkeit
3.5 Fazit Emotionale Intelligenz

4 Konfliktmanagement
4.1 Konflikt
4.2 Vor- und Nachteile von Konflikten
4.2.1 Nachteile von Konflikten
4.2.2 Vorteile von Konflikten
4.3 Typologie von Konflikten
4.4 Konfliktarten
4.4.1 Intrapersonale und interpersonale Konflikte
4.4.2 Heiße und kalte Konflikte
4.5 Konfliktmanagement
4.6 Konfliktfähigkeit
4.7 Konflikteskalationsstufen nach F. Glasl
4.7.1 Erste Ebene – win-win-Strategie
4.7.2 Zweite Ebene: win-lose-Strategie
4.7.3 Dritte Ebene: lose-lose-Strategie
4.8 Konfliktstile
4.8.1 Integrativer Konfliktstil
4.8.2 Nachgiebiger Konfliktstil
4.8.3 Vermeidender Konfliktstil
4.8.4 Dominanter Konfliktstil
4.8.5 Kompromissbereiter Konfliktstil
4.9 Eisbergmodell der Konfliktdynamik – Die zwei Dimensionen eines Konfliktes
4.9.1 Beispiel
4.9.2 Eisbergmodell und Emotionale Intelligenz
4.10 EI im Konfliktmanagement und Streitvermeidungsstrategien
4.10.1 Keine direkte Konfrontation mit Gefühlen
4.10.2 Verwechslung von Handlung und Motiv
4.10.3 Verwechslung von Gefühl und Überlegung
4.10.4 Falsche oder mangelnde Wahrnehmungen
4.11 Fazit Konfliktmanagement

5 Erste Untersuchung
5.1 Befragung
5.2 Versuchspersonen
5.3 Methode
5.4 Fragebogen Emotionale Intelligenz
5.5 Fragebogen Konfliktmanagement
5.6 Ergebnisse
5.6.1 Emotionale Intelligenz
5.6.2 Emotionale Intelligenz und Konfliktstile
5.6.3 Konfliktstile

6 Zweite Untersuchung
6.1 Fragebogen
6.2 Versuchspersonen
6.2.1 Geschlechterverteilung
6.2.2 Studienrichtungen
6.2.3 Alter
6.3 Mittelwert und Standardabweichung
6.3.1 Emotionale Intelligenz
6.3.2 Konfliktstile

7 Deskriptive Statistik - Korrelationsanalyse
7.1 Emotionale Intelligenz
7.2 Emotionale Intelligenz und Konfliktstilen
7.3 Konfliktstile

8 Ergebnisse
8.1 Emotionale Intelligenz
8.2 Emotionale Intelligenz und Konfliktstile
8.3 Konfliktstile
8.4 Fazit Korrelationsanalyse

9 Fazit Emotionale Intelligenz und Konfliktmanagement

10 Gesamtfazit

VI Anhang

VII Literaturverzeichnis

III Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Emotionsausdrucksmöglichkeiten von Angst

Abbildung 2: Darstellung Neurobiologie

Abbildung 3: emotional skills

Abbildung 4: Eskalationsmodell von Konflikten nach Glasl

Abbildung 5: Modell der Konfliktstile in Anlehnung an Rahim (1992)

Abbildung 6: Eisbergmodell von Konflkten

Abbildung 7: Demographische Daten – Geschlecht

Abbildung 8: Demographische Daten – Studienfach

IV Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Alter - M und SD

Tabelle 2: Emotionale Intelligenz und Konfliktstile – M und SD

Tabelle 3: Korrelationen Bausteine Emotionaler Intelligenz

Tabelle 4: Korrelationen Bausteine emotionaler Intelligenz und Konfliktstile

Tabelle 5: Korrelationen Konfliktstile

V Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Vor einigen Jahren habe ich an einem Seminar zur „Emotionalen Intelligenz“ teilgenommen. Meine Firma hatte dieses Seminar damals angeboten und da ich auf der Suche war nach einer Weiterbildung zum Thema Persönlichkeitsentwicklung in Zusammenhang mit Konfliktmanagement, hat mich der Titel „Emotionale Intelligenz“ angesprochen, auch wenn mir zum damaligen Zeitpunkt die Bedeutung des Begriffes nicht wirklich klar war. Die inhaltliche Beschreibung des Seminars jedoch klang interessant (z.B. die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz kennenlernen, die eigenen Emotionen deutlicher und früher sowie auch Konfliktfallen zu erkennen, Emotionen regulieren zu können) und hat mein Interesse geweckt. Zwei Tage lang dauerte das Seminar, in dem ich einen umfassenden Einblick bekommen habe, was Emotionale Intelligenz nun tatsächlich bedeutet und ausmacht und welchen Einfluss sie auf das Konfliktmanagement ausüben kann. Von da an habe ich mich für dieses Thema immer mehr interessiert und zahlreiche Bücher darüber gelesen. Mein erster Gedanke auf der Suche nach einer Diplomarbeit galt somit auch der Emotionalen Intelligenz. Ich möchte in dieser Arbeit aber nicht nur theoretisch über Emotionale Intelligenz im Fokus Konfliktmanagement schreiben, sondern auch empirisch untersuchen, ob diese Form der Intelligenz tatsächlich für ein besseres und erfolgreiches Konfliktmanagement sorgt bzw. inwiefern unterschiedliche Konfliktstile mit der Emotionalen Intelligenz zusammenhängen.

Die Emotionale Intelligenz besteht aus einer Reihe von Fähigkeiten und Kompetenzen, die in dieser Arbeit ausführlich erläutert werden – Konfliktfähigkeit ist eine davon. Denn gerade auch in Konfliktsituationen sind Menschen ihren Emotionen manchmal völlig ausgeliefert, wenn negative Gefühle wie Wut, Ärger oder Enttäuschung Überhand nehmen. Hier zeigt sich, dass sich Emotionen trotz aller Sachlichkeit vermutlich nie oder nur schwer ausblenden lassen können. Goleman versuchte in seinem Mitte der 90er Jahre publizierten Buch darzustellen, dass Emotionen und Verstand nicht mehr als zwei unbedingt voneinander trennbare Systeme gelten sollen, sondern vielmehr zeigte er mit zahlreichen Fallbeispielen auf, dass „ohne ein intaktes Gefühlsleben die beste Intelligenz nichts nutze und dass Emotionen und Verstand in ständiger Wechselwirkung stehen“ (Müller, o. J.). Außerdem seien „an allen Entscheidungen, die wir treffen, jene Teile des Gehirns […] beteiligt […], die Emotionen verarbeiten, auch wenn es um rein sachlich- fachliche Themen geht“ (von Kanitz, 2007, S.4). Diese Arbeit enthält die Ergebnisse und Diskussion der empirischen Untersuchung meiner Bachelorarbeit sowie eine zweite empirische Untersuchung, die ich im Rahmen meiner Diplomarbeit durchgeführt habe. Ich habe mich bei der zweiten Befragung bewusst an eine bestimmte und eingeschränkte Zielgruppe gewandt, um so die Ergebnisse der beiden Befragungen miteinander vergleichen zu können.

1.1 Problemstellung

„Wir sollten uns hüten, den Intellekt zu unserem Gott zu machen. Er hat natürlich kräftige Muskeln, aber keine Persönlichkeit. Er kann uns nicht führen, er kann uns nur dienen“ (Radtke, 2006, S.3) - dies sagte schon Albert Einstein und bringt es damit auf den Punkt: Dem Intellekt und somit der Ratio, dem Verstand, der Sachlichkeit wird eine ungeheure Macht zugesprochen - die Emotionen meist völlig außer Acht gelassen. Meist wird dabei aber die viel größere Macht, die Emotionen ausüben können, unterschätzt.

Daniel Goleman prägte mit seinem Bestseller "Emotionale Intelligenz" einen völlig neuen „Intelligenz“Begriff und brachte diesen in aller Munde. Neben dem allen bekannten IQ schien nun plötzlich auch der EQ, der emotionale Quotient, an Bedeutung zu gewinnen. Verschiedene Forscher entwickelten auch schon Jahre zuvor Theorien, die bewiesen, dass es mehr gibt als die klassische Intelligenz und der Mensch über verschiedene Arten von Intelligenz verfügen kann, wie eben auch über eine besondere Intelligenz im emotionalen bzw. sozialen Bereich. Nachdem lange Zeit der IQ als der Maßstab für Erfolg vor allem im beruflichen Leben galt und Emotionen dort eher verpönt waren, weil allein Fachwissen und Sachlichkeit zählten, ist heute nach neuesten Erkenntnissen der EQ mindestens genauso an einem erfolgreichen Leben – privat und beruflich - beteiligt, wenn nicht sogar mehr. Viele sind sich allerdings der Macht der Emotionen immer noch nicht ganz bewusst oder unterschätzen sie. Daher möchte ich in meiner Diplomarbeit demonstrieren, welche Bedeutung Emotionen für das menschliche Leben ausüben und inwiefern Emotionen Einfluss haben auf verschiedene Bereiche des Lebens allgemein sowie im speziellen auf die Konfliktfähigkeit.

1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

Der erste Teil meiner Diplomarbeit beschäftigt sich mit den psychologischen Grundlagen von Emotionen. Ich möchte einige Begrifflichkeiten erklären und definieren sowie auf Bedeutung und Einfluss von Emotionen eingehen. Auch auf die Frage, warum der Mensch überhaupt Emotionen empfindet, soll Auskunft gegeben werden und durch welche Bedingungen und Gegebenheiten Emotionen ausgelöst werden.

Die Emotionale Intelligenz wird im zweiten Teil behandelt. Hier wird ein Blick ins

„Innere des Menschen“ gewagt, nämlich in sein Gehirn: Die Neurobiologie liefert interessante Aussagen darüber, was beim Empfinden einer Emotion im Gehirn tatsächlich passiert. Des Weiteren werde ich verschiedene Theorien, die sich mit dem Konstrukt der EI befassen, von bedeutenden Forschern aufgreifen und näher erläutern. Goleman werde ich hier besonders Aufmerksamkeit widmen, da durch ihn der Begriff bekannt geworden ist.

Im dritten Teil werde ich auf Konfliktmanagement eingehen. Konflikte begegnen dem Menschen jeden Tag, im Alltag oder im beruflichen Umfeld. Da die Konfliktfähigkeit ein Teilaspekt der Emotionalen Intelligenz ist, soll dieses Kapitel das Konfliktmanagement behandeln. Ich werde verschiedene Konfliktstile, positive und negative Seiten von Konflikten beschreiben, das Konfliktmodell von F. Glasl zur Veranschaulichung einer Konfliktentwicklung und –eskalation heranziehen. Auch einige Beispiele aus der aktuellen Literatur werde ich anführen, um den Einfluss Emotionaler Intelligenz auf Konfliktfähigkeit zu beschreiben.

Die nächsten Teile enthalten empirische Untersuchungen. In meiner Bachelorarbeit habe ich für meine Befragung „Emotionale Intelligenz und Konfliktmanagement“ eine kleinere Zielgruppe gewählt und Teilnehmer aus dem beruflichen Umfeld verschiedenster Altersstufen gewählt. Diese Ergebnisse möchte ich auch hier noch einmal aufgreifen und im Anschluss eine zweite empirische Untersuchung durchführen – diesmal mit einer definierten Zielgruppe. Beide Testergebnisse möchte ich in den Teilen 5-8 präsentieren und interpretieren, um somit herauszufinden, welche Konfliktstile Menschen mit emotionaler Intelligenz am häufigsten anwenden. Die Ergebnisse dieser zweiten Befragung möchte ich mittels der Korrelationsanalyse ermitteln und Antworten auf die Fragen finden: Wie reagieren Menschen mit emotionaler Intelligenz auf Konflikte? Sind sie tatsächlich konfliktfähiger?

Abschließend möchte ich meine Arbeit mit einem Fazit zur Emotionalen Intelligenz. Dies gilt der Frage: Lässt sich EI lernen? Und ist man tatsächlich in der Lage, sie zu erhöhen? Oder ist die Emotionale Intelligenz eine statische unveränderbare Größe? Letztlich soll die Bedeutung der EI klar herausgehoben werden. Sind sich mehrere Menschen deren Bedeutung bewusst und sind sie dazu bereit auch an ihrem EQ zu arbeiten, so gäbe es in Zukunft zwar mit Sicherheit weitere Konflikte – aber vielleicht mit einem produktiveren Verlauf und Ergebnis.

2 Psychologische Grundlagen der Emotion

2.1 Emotion und Begrifflichkeiten

Zu Beginn möchte ich einige Begrifflichkeiten definieren und voneinander abgrenzen. In folgender Arbeit werden die Begriffe „Emotion“ und „Gefühle“ häufig auftreten. Sie werden in der Literatur oft als Synonym gebraucht – auch in dieser Arbeit werden beide Begriffe synonym verwendet.

2.1.1 Emotion

Eine Vielzahl von Definitionsmöglichkeiten einer „Emotion“ findet man in der Literatur. Einige davon möchte ich anführen:

Nach Schmidt-Atzert hat der Begriff „Emotion“ gegenüber dem Begriff „Gefühl“ eine globalere, umfassendere Bedeutung und kann daher als Oberbegriff angesehen werden, der neben dem Gefühl auch noch physiologische Veränderungen sowie den emotionalen Ausdruck umfasst (Schmidt-Atzert, 1996, S. 18f).

P. Zimbardo definiert eine Emotion (von lateinisch: ex „heraus“ und motio „Bewegung, Erregung“) als „komplexes Muster von Veränderungen, das physiologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse und Verhaltensweisen einschließt, die in Reaktion auf eine Situation auftreten, welche ein Individuum als persönlich bedeutsam wahrgenommen hat“ (Zimbardo, 1995, S. 442).

Nach Kroeber-Riel und Weinberg sind Emotionen innere Erregungsvorgänge, die angenehm oder unangenehm empfunden werden und mehr oder weniger bewusst erlebt werden (2003, S. 106). Es lassen sich vier Merkmale von Emotionen unterscheiden:

(a) Erregung (Aktivierung) – Diese Dimension gibt an, welches Maß an Aktivierung der Emotion zugrunde liegt, also der inneren Spannung, die den Organismus mit Energie versorgt und das Verhalten antreibt.
(b) Richtung (angenehm oder unangenehm) – Freude z.B. ist eine angenehm erlebte Emotion, Angst eine negative erlebte Emotion.
(c) Qualität (Erlebnisinhalt) – z.B. Freude, Angst, Geborgenheit, etc.
(d) Bewusstsein – ist die Emotion unbewusst oder bewusst.

Der Mensch verfügt über eine Vielzahl von Emotionen. Nicht umsonst wurde er von der Natur großzügig damit ausgestattet. Der Grund dafür liegt darin, dass Emotionen helfen, Situationen und Menschen besser einschätzen zu können. Sie „mobilisieren im Körper die nötige Energie für die Bewältigung schwieriger Situationen und geben Handlungsimpulse“ (von Kanitz, 2007, S.6).

2.1.2 Gefühl

Emotionen sind dem Menschen unbewusst, Gefühle bewusst. Ein Gefühl ist ein subjektiver Aspekt der Emotion. Nach Klein erlebt man ein Gefühl, wenn man eine Emotion (das Blitzen der Augen vor Lust, das Erröten der Gesichtshaut, wenn man bei einer Ausrede ertappt worden ist) bewusst wahrnimmt – als Freude oder Scham. Ansonsten können manche Emotionen auch verborgen bleiben, wenn niemand darauf hinweist (Klein, 2002, S.35).

2.1.3 Stimmung

Auch der Begriff Stimmung taucht öfter in Zusammenhang mit Emotion und Gefühl auf. Unter einer Stimmung wird ein schwächerer ausgeprägter Zustand als bei einer Emotion verstanden. Eine Stimmung dauert mindestens mehrere Stunden oder Tage, eine Emotion dagegen nur einige Minuten oder auch nur wenige Sekunden. Die Ursache für eine Stimmung kann auch weit in der Vergangenheit liegen, so dass ein eindeutiger Grund für eine Stimmung nicht unbedingt erkennbar ist. Nach lexikon.meyers.de wird eine Stimmung definiert als „Gefühlslage, die im Gegensatz zu anderen Gefühlszuständen (Gefühl, Affekt) weniger zielgerichtet ist, länger andauert, die allgemeine Körperverfassung widerspiegelt und den gleichmäßigen Hintergrund der anderen Erlebnisinhalte gibt.“

2.1 4 Affekt

Affekte sind nach Kroeber-Riel und Weinberg grundlegend kurzfristig auftretende Gefühle der Akzeptanz oder Ablehnung eines Sachverhalts. Affekte sind Emotionen, die kognitiv wenig kontrolliert werden und inhaltlich kaum differenziert sind (2003, S. 100).

2.2 Klassifikation von Emotionen

Die Emotionspsychologie unterscheidet primäre und sekundäre Emotionen. Primär-, oder auch Grundemotionen genannt, werden so von dem amerikanischen Emotionsforscher und Psychologen Paul Ekman bezeichnet, da sie weltweit in der gleichen Weise ausgedrückt werden (Interview mit Paul Ekman, Zeitschrift Emotion, 2008). Er hat in seinen Forschungsreisen Mitte der 60er Jahre selbst in Papua- Neuguinea, bei abseits der Zivilisation lebenden Ureinwohnern, festgestellt, dass auch dort die Menschen den gleichen Gesichtsausdruck, dieselbe Mimik haben wie Menschen woanders auf der Welt (z.B. gehen bei Trauer die Augenbrauen innen nach oben, bei Zorn nach unten und ziehen sich zusammen, bei Angst sind die oberen Augenlider angehoben, die unteren angespannt). Diese Grundemotionen sind die primären oder Basisemotionen, da sie „im Sinne dieses Instinktprozesses entstehen, vererbt sind und nicht mehr in andere Gefühlsqualitäten zerlegbar sind und einen klaren Bezug zum Hauptinstinkt haben“ (Reuschenbach, 2002). Dazu zählen: Fröhlichkeit, Überraschung, Wut, Ekel, Furcht, Trauer und Verachtung, wobei allerdings Uneinigkeit darin besteht, wie viele Primäremotionen es tatsächlich gibt. Da diese Mimiken universell sind, „müssen die elementaren Emotionen und die Art, wie unsere Körper sie ausdrücken, angeboren sein“ (Klein, 2002, S.23) und die primären Emotionen „gehören zur genetischen Grundausstattung eines Menschen“, sodass „damit verbundene Ausdrucksweisen nicht erlernt werden müssen“ (von Kanitz, 2007, S. 17). Bestimmte Gefühle für Standardsituationen sind genetisch programmiert, wie z.B. Angst im Dunkeln. Erst die Feinheiten werden durch Erziehung und Kultur geprägt. Von anderen schaut man ab und lernt, welche Situationen traurig sind, gefährlich oder freudig.

Sekundäre Emotionen leiten sich von den Primäremotionen ab, sie ergeben sich aus der Mischung von primären Emotionen oder Variationen (Reuschenbach, 2002). Sie haben engen Bezug zum gesellschaftlichen Umfeld wie z.B. Neid, der entsteht aus einer Mischung von Ärger und Unterwerfung, Bewunderung aus Staunen und Verachtung, Verachtung aus Ekel und Ärger.

2.3 Auslösebedingungen von Emotionen

Von verschiedenen Bedingungen und Gegebenheiten hängt es ab, welche Emotionen eine Person in bestimmten Situationen erlebt. Nach Mesquita und Frijda (1992, S. 180) sind das folgende:

2.3.1 Auslösendes Ereignis

Dies kann ein Reiz sein, der ein Gefühlsleben auslösen kann. Bei einem Reiz kann es sich um einen äußerlichen Reiz handeln, z.B. ein unfreundlicher Kommentar des Nachbarn, Straßenlärm, eine schöne Melodie handeln. Er kann auch von innen kommen, durch die eigenen Gedanken und Erinnerungen. Beispielsweise kann ein bevorstehendes unangenehmes Gespräch mit einem schwierigen Kollegen sehr wohl eine Wallung von Emotionen auslösen. Es macht also keinen großen Unterschied, ob der Reiz von außen oder von innen kommt – der Körper antwortet mit dem gleichen Muster: er reagiert und löst eine Emotion aus. Welcher Reiz dabei welche Emotionen auslöst, ob stärker oder schwächer, mehr oder weniger intensiv, hängt von der eigenen Lebensgeschichte, der Erziehung, dem Umfeld ab und wir sehr man dazu in der Lage ist, seine Emotionen unter Kontrolle zu haben. Verhindern kann man nicht, dass ein Reiz Emotionen auslöst, da dieser Vorgang automatisch erfolgt. Einen entscheidenden Einfluss auf die weitere Entwicklung dieses Prozesses haben jedoch die Wahrnehmung dieses Gefühls und die kognitive Weiterverarbeitung. Bei der Bewertung der Reize werden Objekte menschlicher Erfahrungen als erstes bewertet mit gut oder schlecht, positiv oder negativ. Zwischenmenschliche Interaktionen werden als erstes mit dem Faktor emotional positiv oder emotional negativ bewertet. Dabei bilden negativ emotionale Reize Assoziationen, Repräsentationen und Verhaltensprogramme im Vermeidungssystem, während positive emotionale Reize das Annäherungssystem aktivieren (Vgl. Lammers). Personen unterscheiden sich darin, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie bestimmten Arten von Ereignissen begegnen.

Gespeicherte Erfahrungen, vergangene Ereignisse oder Informationen liegen in unserem Unterbewusstsein bereit und sind mit einem positiven oder negativen Urteil versehen. Dies ist im Unterbewusstsein verankert – der Mensch würde sonst aufgrund der Vielzahl an Informationen und Reizen überflutet werden. Diese dort abgespeicherten Informationen liefern oft bei Entscheidungen oder Eindrücken das sogenannte Bauchgefühl – sie sind schneller da, als die Ratio ein Urteil zu fällen vermag. Somit haben auch Emotionen, die einem nicht bewusst sind, Einfluss auf Entscheidungen.

2.3.2 Ereignistyp

Die erlebte Emotion hängt davon ab, wie in einer Kultur und Gruppe bestimmte Klassen von Ereignissen typisiert werden, was als „Lob“, „Beleidigung“ oder „Kompliment“ gilt und wie dies emotional erlebt und ausgedrückt wird.

2.3.3 Subjektive Einschätzung des Ereignisses

Eine Person schätzt ein Ereignis (z.B. Sonnenuntergang) ein im Hinblick auf seine subjektive Bedeutung. Nach Mesquita und Frijda ergibt sich diese Bedeutung vor dem Hintergrund des persönlichen Wertesystems einer Person, was ihr wichtig ist und ihr persönlich bedeutet. Art, Intensität und Dauer einer Gefühlsreaktion werden durch die subjektive Einschätzung maßgeblich mitbestimmt.

2.3.4 Situativer Kontext

Physiologische Reaktionsmuster wie z.B. Herzklopfen, Zittern oder Schwitzen der Hände können eine Gefühlsreaktion begleiten und sogar verstärken.

Emotionen können auf folgende physiologische Art und Weise ausgedrückt werden:

- Mimik

(z.B. kann aufgrund eines Lächelns, hängenden Mundwinkeln oder Zornesfalten auf den Emotionszustand des Gegenübers geschlossen werden)

- Gestik, Körperhaltung

(z.B. signalisiert eine gebückte Körperhaltung Angst und Unsicherheit, ein aufrechter Gang Selbstbewusstsein)

- Vokalisation

(z.B. Betonung und Melodik der Worte)

- beobachtbare physiologische Veränderungen

(z.B. Erröten bei Schamgefühl, Herzrasen bei Angst)

Der Ausdruck von Emotionen erfolgt also verbal-kognitiv, motorisch und physiologisch. Am Beispiel der Emotion Angst ist der Emotionsausdruck wie folgt dargestellt:

Abbildung 1: Emotionsausdrucksmöglichkeiten von Angst

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Universität Pécs, Ungarn: http://www.aok.pte.hu/docs/dsg/studium/psychologie/4aEmotionen.pdf, S.5

2.3.5 Persönliche Disposition einer Person

Emotionales Verhalten wie vor allem Ausdrucksverhalten (Mimik, Gestik, Vokalisation) kann Gefühlsleben begleiten und ebenso wie physiologische Reaktionen einen verstärkenden oder abschwächenden Einfluss haben. Sowohl positive als auch negative Emotionen können auch auf andere Menschen übertragen werden. Ein Lächeln kann ansteckend wirken und beim Empfänger die gleiche Reaktion auslösen. Menschen, die häufig lächeln, werden auch oft mit einem Lächeln begegnet, was sie offener, sympathischer und vertrauensseliger wirken lässt. Trifft man auf Menschen, die sich in einer heiteren Stimmung befinden, neigt man dazu in eine ähnliche Stimmung zu verfallen. Begeisterung und Euphorie können sich ebenso auf andere übertragen, denkt man nur an die ausgelassene Stimmung in einem Fußballstadion. Negative Emotionen können umgekehrt genauso anstecken. Begegnen uns Menschen mit negativen Gefühlen wie Wut oder Zorn oder auch Langeweile, empfindet man ebenfalls oft ähnlich. Somit kann man Emotionen auch als Mittel der Kommunikation betrachten, da man auch aus den nonverbalen Signalen des Gegenübers auf dessen Gemütszustand schließen kann. Die Gefühle anderer nimmt man häufig über deren Körpersprache und den damit verbundenen nonverbalen Signalen wahr. Aus diesen Signalen lässt ich schließen, was der andere gerade empfindet, allerdings ist dies immer nur eine Interpretation. Erst wenn der andere sagt, ob er glücklich, fröhlich oder traurig ist, kann man sicher sein, was der andere tatsächlich fühlt. Daher ist die Sprache letztendlich das sicherste Mittel, um etwas über den Gemütszustand des anderen zu erfahren.

2.3.6 Regulationsstrategien von Gefühlszuständen

Diese kann sowohl zur Hemmung bzw. zur Unterdrückung von Erleben und Ausdruck wie auch zur Steigerung von beidem führen.

2.3.6.1 Bewusste oder unbewusste Regulation

Menschen regulieren ihre Emotionen auf unterschiedliche Weise. Je nach Disposition gelingt es ihnen schwerer oder leichter mit negativen Emotionen wie Angst, Trauer, etc. umzugehen und zu regulieren. Laut Dr. Döring-Seipel, Diplompsychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie an der Universität Kassel (2007), bezieht sich die Emotionsregulation „auf die Prozesse, durch die Menschen beeinflussen, welche Emotionen sie haben, wann sie diese Emotionen haben und wie sie sie erleben und ausdrücken“. Dabei kann der Person der Emotionsregulationsprozess bewusst sein - kontrolliert oder automatisch ablaufen - oder unbewusst stattfinden. Menschen, die in der Lage sind, ihre Emotionen bewusst zu regulieren, weisen nach Goleman (Bossmann, o. J.) generell ein höheres Wohlbefinden und eine bessere psychische Gesundheit auf als Personen, die Emotionen verdrängen oder unterdrücken und somit nur einen schwach ausgeprägten kognitiven Einfluss auf die Emotionsregulation besitzen. Die Internetseite www.columbia.edu führt an, dass „one particularly powerful emotion regulation strategy involves changing the way we think in order to change the way we feel” (Ochsner und Gross, 2003). Auch andere Personen können einen Einfluss auf die Emotionsregulation ausüben, indem sie z.B. unterstützend wirken, bei Traurigkeit trösten, sich mitfreuen. Provozierendes oder abwehrendes Verhalten kann den Emotionsregulationsprozess dagegen verlangsam und blockieren. Nach Salisch (2000, S241) gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, um z.B. Ärger zu regulieren: Man kann die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenken, eine Situation z.B. als unabsichtlich oder unvermeidbar bewerten, sich etwas Gutes tun (z.B. ein Restaurantbesuch), sich die Unbegründetheit des Ärgers deutlicher bewusst machen, sich zwingen, den Ärger nicht nach außen sichtbar werden zu lassen – wodurch auch das Ärgergefühl schwächer werden könnte.

2.3.6.2 Emotionsregulation als Kompetenz

Emotionsregulation kann auch als Entwicklung einer Kompetenz bezeichnet werden, (a) auf Anlässe emotional zu reagieren und (b) mit Emotionen auf selbst regulierende Art umzugehen (Falchi, o. J.). Nach Mesquita und Frijda kann das intensive Denken an beispielsweise eine erfahrende Kränkung sowohl Zorn als auch das Gefühl der Demütigung vergrößern; wer sich intensiv seine Urlaubsfreuden vorstellt, seine Vorfreude steigern.

2.4 Einfluss von Emotionen

2.4.1 Einfluss auf die Gesundheit

Emotionen haben äußeren Einfluss auf die Gesundheit. Permanenter Ärger, stets unterdrückte Wut, Feindseeligkeit, kann zu Herzleiden und psychosomatischen Krankheiten führen. Eine negative Lebenshaltung führt zu einer Schwächung des Immunsystems, während eine positive Lebenseinstellung den Heilungsprozess einer Krankheit vorantreiben kann. Positive Emotionen steigern körperliches Wohlbefinden und Immunsystem und können die Anfälligkeit des Körpers gegenüber Krankheiten vermindern. Laut einer Studie aus dem Bereich der Psychoneuroimmunologie (PNI) konnte eine Wechselwirkung zwischen Psyche/Verhalten, dem Nervensystem und dem Immunsystem nachgewiesen werden. Demnach gäbe es eine eindeutige Beziehung zwischen negativem Stress, Immunsystem und Krankheiten. Negative Emotion und Stress erhöhen die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten, dauerhafter Stress und negative Emotionen treiben den Blutdruck in die Höhe. Wenn die Immunzellen dadurch zu sehr geschwächt werden, sinkt ihre Abwehrkraft und der Körper kann nicht mehr so gut vor Krankheiten geschützt werden. Auch Viren und Bakterien haben dann ein leichteres Spiel und können leichter in den Körper eindringen. Eine Studie von Sheldon Cohen wies nach, dass sich Personen, die sich gestresst fühlten, eher und schneller mit Erkältungsviren infizierten, als die psychisch ausgeglichenen Personen. Die Schwere der Infektion nahm mit dem Grad der Stressbelastung zu. Eine optimistische Grundhaltung und Lebensfreude wirkt sich im Gegenzug positiv auf die körperliche Verfassung aus, denn dadurch werden Abwehrkräfte gestärkt (Vgl. Qualimedic.com AG, 2007).

2.4.2 Einfluss auf die Wahrnehmung

Auch die Wahrnehmung kann durch zu starke Emotionen beeinträchtigt oder verzerrt sein. Denkt man an einen heftigen Streit mit einem Arbeitskollegen – man sieht nur noch die schlechten Seiten, alle andere Dinge werden ausgeblendet, man ist fokussiert auf den Streit und den „Feind“. Die Sachlichkeit und Ratio wird blockiert. Man kann Emotionen deshalb auch eine „selektive Funktion“ (Itzard, 1994, S. 86) zuweisen – je nach den eigenen Bedürfnissen und Absichten nimmt man Geschehnisse oder Menschen im Umfeld wahr oder nicht. In wie oben beschriebenen Streitsituationen werden eher die negativen Gesichtspunkte einer Sache betrachtet und positiven Dingen wird kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Laut Schmitz-Atzert richtet man bei negativen Emotionen seine Aufmerksamkeit auch eher auf sich selbst als bei positiven Emotionen. Man ist in Situationen negativer Stimmung (wie Trauer oder Angst) stark mit sich selbst beschäftigt (Schmidt-Atzert, 1996, S. 178).

2.5 Fazit Emotionen

Emotionen sind also ein genetisches Erbe des Menschen – sie haben ihn schon immer begleitet. Einst sicherten sie den Überlebensvorteil eines Menschen – denkt man beispielsweise an die Konfrontation mit einem wilden Tier: Zeigten die Menschen keine Furcht, so wurde ihr Leben mit Sicherheit nicht mehr all zu lang, während die Menschen, die sich vor einer Gefahr fürchteten und somit eine erhöhte Bereitschaft zu fliehen zeigten, mit höherer Wahrscheinlichkeit überlebten. Die Emotion „Furcht“ gab also den entscheidenden Impuls zur Flucht –, heute geben Emotionen andere wichtige Hinweise auf Verhaltensweisen, Absichten und das eigene Empfinden. Aus den Emotionen anderer lässt sich deren Gemütszustand ablesen, was Emotionen zu einem wichtigen Kommunikationsmittel macht. Emotionen waren also schon immer da. Viele Menschen haben allerdings verlernt, auf sie zu achten und scheinen zu vergessen, dass es Emotionen aus einem guten Grund gibt. Dass sie auch heute noch (über)lebenswichtig sind, zeigt ein Beispiel im nächsten Teil.

3 Emotionale Intelligenz

Daniel Goleman hat den Begriff der "Emotionalen Intelligenz" durch seinen Bestseller geprägt und populär gemacht und somit für eine Renaissance der emotionalen Intelligenz gesorgt. Bis dato galt lange Zeit der Intelligenz-Quotient als der Maßstab für Erfolg. Frühere Theorien zu emotionaler Intelligenz haben oftmals wenig Aufmerksamkeit erhalten. Erst seit Goleman ist dieser Begriff in aller Munde. Goleman postuliert, dass vielmehr die emotionale Intelligenz als der IQ maßgeblich zu einem erfolgreichen Leben beitrage, „da ohne intaktes Gefühlsleben der beste Intellekt nichts tauge, da beide Systeme (das rationale und das emotionale; Anm. d. V.) in einem engen Wechselspiel stehen“ (Goleman, 1995, Inhaltsangabe).

3.1 Begrifflichkeit Emotionale Intelligenz

Emotionale Intelligenz, so findet man inzwischen Erläuterungen in verschiedenster Literatur, ist eine Fähigkeit, mit den eigenen Gefühlen und den Empfindungen und denen anderer intelligent umzugehen. Emotionale Intelligenz entspricht einer Kombination von kognitiven und emotionalen Fähigkeiten (Cherniss, 2001, S.2).

Goleman definiert emotionale Intelligenz als „die Fähigkeit, unsere eigenen Gefühle und die anderer zu erkennen“ (Goleman, 1999, S. 387). Ein hohes Ausmaß an emotionaler Intelligenz impliziert Vorteile in vielen Lebensbereichen und sei maßgeblich für Erfolg in Schule, Beruf und Beziehungen (Siebert, 2006).

Nach Dr. Döring-Seipel können emotional intelligente Menschen „Gefühle und Denken aufeinander beziehen. Das heißt, sie können im Einzelnen ihre eigenen Gefühle differenziert wahrnehmen und ausdrücken und auf dieser Grundlage ihr Denken und ihre Entscheidungen unterstützen. Sie wissen im Allgemeinen sehr viel über emotionale Situationen und Prozesse und können dadurch ihre eigenen Emotionen steuern“ (Psychologie heute, 05/2001, S. 14-15).

Emotionale Intelligenz erhält zunehmend Beachtung – während früher die Intelligenz als kognitives Konstrukt verstanden wurde, wurden durch zahlreiche Theorien neue Definitionen von Intelligenz geschaffen, die sich von der „alleinigen“ klassischen, akademischen Intelligenz lösen. Auch weiterhin wird der Aspekt der emotionalen Intelligenz im Arbeitsleben an Bedeutung gewinnen - bei Teamarbeiten und Projekten, bei der Auswahl und Entwicklung von Personal, bei der Weiterentwicklung von Mitarbeitern. Gerade in Serviceberufen ist emotionale Intelligenz mit seinen Teilaspekten wie Empathie und Konfliktfähigkeit enorm wichtig – wer gekonnt auf einen verärgerten Kunden reagiert, seine Emotionen wahrnimmt und erkennt, dem gelingt es sehr viel rascher, der Konsens wiederher- und den Kunden zufrieden zu stellen.

3.2 Erläuterung der emotionalen Intelligenz und Wirkung

Die Basis der emotionalen Intelligenz bilden die Gefühle und Emotionen des Menschen. Denn werden sie richtig eingesetzt, so leiten Gefühle das Handeln und geben dazu die entscheidenden Impulse. Jedes Gefühl, das man empfindet hat seinen Sinn und hilft bei der optimalen Nutzung von Wissen, Erfahrung und Denken.

Emotional intelligente Menschen können realistisch einschätzen, welche Handlungen voraussichtlich welche Emotionen auslösen werden, und dieses Wissen in eine vernünftige Entscheidungsfindung einfließen lassen (von Kanitz, 2007, S.27). Diese Menschen sind sich also ihrer Emotionen bewusst und lassen sich nicht im Gegensatz dazu von ihnen beherrschen. Negative Emotionen und Stimmungen wie Schwermut, Angst oder Gereiztheit können bei Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz besser kontrolliert werden.

Als Beispiel: Manche Leute können sich furchtbar über die kleinsten Dinge aufregen.

Z.B. ärgern sie sich ein ganzes Wochenende lang über einen unfreundlichen Kommentar eines Kollegen. Sie können richtig wütend werden und sich in dieses Gefühl des Ärgerns und der Wut hineinsteigern – es gelingt ihnen nicht, den Ärger loszuwerden oder ihn auszuschalten. Emotional intelligente Menschen hingegen sind in der Lage, durch die Ratio ihre Gefühle zu steuern, indem sie sich bewusst machen, dass der Kommentar des Kollegen wohl unfreundlich war – aber dass man jedoch aufhören kann und soll sich zu ärgern, das Gefühl des Ärgerns aber zu akzeptieren. Dies bedeutet letztlich, dass man Kontrolle über seine Gefühle ausübt und sich nicht von ihnen kontrollieren und beherrschen lässt. Durch diese Art und Weise wird der Einklang von Ration und Emotion zu einem ausgeglichenen Leben führen, weil man sich nicht so schnell einem negativen Gefühl ergibt. – Dr. Afzalur Rahim, Professor of Management Western Kentucky University, sagt folgendes über die emotionale Intelligenz: “For example, if you are angry, can you control your anger? If you are angry and lose control of yourself, that is not a sign of emotional intelligence” (Shain Parsle, 2005).

Die Fähigkeit, seine Gefühle rational zu steuern, verschaffe einer Person Vorteile in nahezu allen Lebensbereichen (Goleman, 1996, S.57). Vieles deutet darauf hin, „dass Menschen, die in emotionaler Hinsicht geschickt sind – die ihre eigenen Gefühle kennen und sie richtig zu handhaben wissen und die Gefühle anderer durchschauen und sie erfolgreich mit ihnen umgehen zu wissen (…) in ihrem Leben eher zufrieden und erfolgreich sind“ (Goleman, 1996, S. 57), was sich auch auf den Teilaspekt der Konfliktfähigkeit bezieht, das im 4. Teil erörtert werden soll.

3.3 Erkenntnisse aus der Intelligenzforschung

3.3.1 Emotionale Intelligenz und IQ

Das Konzept der emotionalen Intelligenz entstand aus den Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten der herkömmlichen klassischen Intelligenzforschung und deren Tests. Man stellte fest, dass ein guter Intelligenzquotient kein Garant für Erfolg und Befriedigung im Leben ist. Zahlreiche Forschungen gibt es bereits dazu, die versuchen, in die Definition der Intelligenz andere Fähigkeiten und Erfahrungen eines Menschen mit einzubeziehen, um so den Begriff ganzheitlicher zu gestalten. Von der emotionalen Intelligenz hänge es letztlich ab, wie gut man seine gesamten Fähigkeiten, also auch den kognitiven Intellekt, erfolgreich einsetzen könne (Nürnberger, 2005). Eine schnelle Auffassungsgabe, hohe analytische Fähigkeiten und logisches Denken reichen nicht aus, um bis zum letzten erfolgreich zu sein und von der Umgebung völlig akzeptiert zu werden (Feldkamp, 2005). Der IQ trage außerdem zu höchstens 20% zu den Faktoren bei, die den Lebenserfolg ausmachen, so dass über 80% auf andere Kräfte zurückzuführen sind, so Goleman (Goleman, 1996, S.54). Weiter kritisiert er, dass „obwohl ein hoher IQ keine Garantie für Wohlstand, Ansehen oder Glück im Leben ist, fixieren sich unsere Schulen und unsere Kultur auf akademische Fähigkeiten und ignorieren die emotionale Intelligenz, einen Merkmalskomplex, […] der für unser persönliches Schicksal ebenfalls von überragender Bedeutung ist“ (Goleman, 1996, S.56). Goleman gelangte nach www.4managers.de auf der Grundlage von Profil-Analysen in 500 Unternehmen zu der Aussage, „dass emotionale Intelligenz doppelt so wichtig ist für den beruflichen Erfolg wie der Intelligenzquotient plus dem Fachwissen. Ein direkter Vergleich der Spitzen- mit den Durchschnittsmanagern ergab, dass die Unterschiede in den Personenprofilen zu 90% auf Faktoren emotionaler Intelligenz zurückzuführen sind und nicht auf das kognitive Wissen. Würden einem (fachlich ausgezeichneten) Chef beispielsweise zusätzliche emotionale Fähigkeiten wie ein ausgeprägtes Kommunikations- und Vertrauensnetzwerk fehlen, so würde er wohl wichtige, informelle Informationen in seiner Abteilung als letzter erfahren – was seine Führungsqualitäten erheblich mindern würde. Auch Dr. Rahim ist der Auffassung dass „for a long time we thought IQ was the most important thing…now, we are realizing IQ is not the only thing to be considered. It´s actually EQ“ (Batcheldor, 2007). Schwieriger ist es jedoch, den EQ, also den emotionalen Quotienten, tatsächlich zu erfassen. Während man den IQ mit klassischen Intelligenztests misst, in dem richtige Antworten auf vorgegebene Fragen, teils unter Zeitdruck, gegeben werden, erfasst man mit einem EQ-Testes Persönlichkeitsaspekte und – eigenschaften einer individuellen Person. Daher werden solche Tests und deren Ergebnisse oft kritisch betrachtet.

Der Begriff Emotionale Intelligenz wird oft mit EQ abgekürzt, was für „emotional quality“ steht. Im Gegensatz zum klassischen Intelligenzquotienten IQ, ist der EQ allerdings keine feststehende Größe. Die Auswertungen eines EQ-Testes liefern Aussagen über ein individuelles Persönlichkeitsbild, das die Stärken und Schwächen einer Person transparent macht. Daher ist der EQ kein messbares Konstrukt und man erhält durch die Testergebnisse auch keinen Zahlenwert, wie es beim IQ der Fall ist. Die Tests sind mehr eine Hilfe, die erklären, wie man seine emotionalen Fähigkeiten bzw. eine emotionale Intelligenz noch weiter verbessern und ausbauen kann. Carsten Steinert schreibt in einem Management&Training-Magazin, dass, setzt man das Abschneiden in einem IQ-Test in Korrelation zum beruflichen Erfolg, würde man feststellen, dass der Einfluss des IQ auf den beruflichen Erfolg nur bei ca. 25% läge. Dies würde bedeuten, dass der IQ der schlechteste Indikator ist, „den Erfolg von Menschen mit guten kognitiven Fähigkeiten vorauszusagen“. Empirische Befunde des Harvard Professors David McClelland würden jedoch eine Korrelation zwischen beruflichem und privatem Erfolg und ausgeprägten Fähigkeiten im Bereich der emotionalen Intelligenz bestätigen (Vgl. Steinert, 2000, S. 22ff).

3.3.2 Das leidenschaftliche Gehirn

3.3.2.1 Elliot

Nicht nur, dass die Emotionen eine bedeutende Rolle im Leben spielen, was das Treffen von Entscheidungen und Zufriedenheit im Leben betrifft - ohne sie wäre der Mensch nicht einmal lebensfähig. Das zeigt ein Beispiel des Neuropsychologen Antonio Damasio (Vgl. Klein, 2002, S.41): Sein Patient Elliot , erfolgreicher Jurist, guter Ehemann und Vater wurde von einem Tumor befallen, der sein Stirnhirn oberhalb der Nasenhöhle zerstörte. Der Tumor wurde entfernt, aber Elliots Persönlichkeit war nicht mehr dieselbe. Es fiel ihm schwer, sich zu organisieren, Entscheidungen zu treffen, er hatte den Blick für das Wesentliche verloren. Zeigte man Elliot Bilder von brennenden Häusern und ertrinkenden Menschen, so zeigte er keine Regung. Er schien von den Szenen unberührt, sie ließen ihn kalt. Er entgegnete nur, er merke, das Themen, die ihn einst sehr erregt hätten, jetzt keinerlei Reaktionen mehr in ihm hervorriefen, weder positive noch negative. Elliot, der Mann ohne Gefühle. Elliot verlor erst seinen Job, dann ging seine Ehe in die Brüche. Da er nicht mehr in der Lage war, Emotionen zu empfinden, kam er mit den normalsten Alltagssituationen nicht mehr zurecht. Nach Kast (2007) fand Damasio heraus, dass Elliot normal sprach und keinerlei Gedächtnisprobleme hatte, sogar sein IQ lag über dem Durchschnitt. Somit konnte es ihm nicht an Intelligenz und Wissen fehlen, dafür aber an etwas anderem, das dies die Ursache für sein Versagen im Alltag war: Elliot mangelte es an Gefühl. Das zeigte den Forschern erstmals, dass der Verstand ohne Emotionen nicht vorteilhaft funktionieren konnte, um ein „normales“ Leben leben zu können.

3.3.2.2 Phineas Gage

Eine Explosion hatte vor etwa 150 Jahren den vorderen Schädel des amerikanischen Bahnarbeiters Phineas Gage gesprengt. Gage hatte überlebt, war aber ein anderer Mensch: Während er vor seinem Unfall ein freundlicher und umgänglicher Mensch war, war ihm nach dem Unfall alles egal, besonders, was die Leute über ihn dachten. Er log und es war für ihn völlig bedeutlungslos, welche negativen Auswirkungen sein Verhalten nach sich zog (Vgl. Koch, 2002, S. 7). Damasio konnte das Hirn des Phineas Gage mittels Computerhilfe rekonstruieren. Das Ergebnis war, dass das Frontalhirn Gages, besonders der vordere Bereich der Großhirnrinde nahe den Augenhöhlen, von der Eisenstange aus dem Schädel herausgerissen worden war.

Mit dieser grauen Masse hatte er auch sein Gefühl für Sitte und Moral verloren. Wie Elliot wusste Gage zwar, dass sein Verhalten falsch war, aber er war nicht in der Lage, etwas daran zu ändern.

Auch am Schicksal weiterer Patienten konnte Damasio verfolgen, wie sehr solch ein schwerer Hirnschaden im Großhirnteil des emotionalen Apparates deren Persönlichkeit veränderte: Menschen, die zuvor unauffällig waren und deren Gehirn durch einen Unfall oder einen Tumor in bestimmten Bereichen der vorderen Großhirnrinde geschädigt worden war, verloren plötzlich jegliches Einfühlungsvermögen, sie wurden unzuverlässig oder in ihren Reaktionen und Verhaltensweisen unberechenbar. Sie konnten zwar bei experimentellen Befragungen im Labor noch genau äußern, wie sie in bestimmten Situationen hätten handeln sollen. Aber für sie hatte es keine Bedeutung mehr, pünktlich zur Arbeit zu gehen, das Konto nicht hemmungslos zu plündern und häusliche Lappalien nicht mit brutaler Gewalt zu beantworten – sie sahen darin keinen Vorteil. Zwar wussten sie es, aber dadurch, dass der Verstand durch den Hirnschaden von den Emotionen abgekoppelt war, konnten sie so nicht anders handeln (Vgl. Ochmann, 2003, S.5).

Das emotionale Gehirn ist am rationalen Denken genauso beteiligt wie das denkende Gehirn“ (Antonio Damasio, zitiert nach Goleman, 1996, S.49), so ein Zitat von Damasio, das genau auf den Fall Elliot zutrifft – wenn die Emotionen fehlen, ist auch die Ratio betroffen. Beides, Emotionen und rationales Denken, sind bedeutend, um im Leben zu recht zu kommen.

3.3.3 Ein Blick in die Neurobiologie

Emotionen haben aus gutem Grunde eine besondere Macht, sind nach Goleman „entscheidend für unser Überleben“ (2007, S.48), weil das Gehirn den Menschen auf eine besondere Situation aufmerksam machen will. Es hält bereits Pläne zum aktivieren bereit: Fliehen, Kämpfen, sich tot stellen. Die heutige Neurobiologie ermöglicht das Sichtbarmachen von Emotionen mittels moderner Bildverfahren. Dabei lässt sich feststellen, dass sich die Areale, die generell Emotionen auslösen, vom Hirnstamm ganz unten über das mitten im Gesicht liegende limbische System bis zu den Teilen der vorderen Großhirnrinde befinden (Vgl. Ochmann, 2003, S.7). Das limbische System, eingebettet zwischen den Hälften des Großhirns, mit dessen Denkregionen fest verdrahtet, hat „die Aufgabe, jede Absicht, jede Erkenntnis, jedes Erlebnis mit Emotionen einzufärben“. Seine Botenstoffe werden über Nervenbahnen zu den bewussten Hirnteilen in der Rinde gesendet und unentwegt manipuliert (Vgl. Koch, 2002, S.6). Die Amygdala ist ein wichtiger Teil des limbischen Systems. Dabei handelt es sich um ein altes sehr komplexes System, das über eine Menge verschiedener neuronaler Kerne verfügt. Jede neue Information, die die Sinnesorgane zum Gehirn schicken, wird von der Amygdala bewertet, indem sie den emotionalen Gehalt der Information misst bzw. den emotional bedingten Zustand, den der neue Eindruck körperlich ausgelöst hat: Was anregt oder aufregt wird als wichtig eingestuft und im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Belangloses, unwichtige Dinge oder Informationen, die keine Emotion ausgelöst haben, werden gelöscht und hinterlassen keine Spuren. Nach LeDoux (zitiert nach Goleman, 1996, S. 36) fungiert die Amygdala, auch Mandelkern genannt (allgemein zuständig für Reizbewertung und Reaktionsauslösung), als „emotionaler Wachposten“. Sensorische Signale vom Auge oder vom Ohr würden zuerst zum Thalamus wandern und von dort über eine einzige Synapse zum Mandelkern. Vom Thalamus wird ein weiteres Signal zum Neokortex geschickt (der Neokortex wird bei Goleman als „denkendes Gehirn“ bezeichnet). Aufgrund dieser Verzweigung ermöglicht das dem Mandelkern vor dem Neokortex zu reagieren, „der die Informationen auf mehreren Ebenen zerebraler Schaltungen verarbeitet, ehe er die Dinge vollständig wahrgenommen hat und endlich seine feiner zugeschnittene Reaktion einleitet.“ (EI, S. 36). Nach LeDoux nehmen so die primitivsten und stärksten Gefühle den direkten Weg über den Mandelkern. Im Neokortex werden die Signale analysiert, um zu erkennen, mit was es der Mensch zu tun hat und eine Reaktion auszulösen, doch aufgrund der „Abkürzung“ kommt ihm der Mandelkern oft zuvor. Nachdem in der Amygdala also der emotionale Gehalt überprüft wurde, wird die Information an diese an die beteiligten Vorderhirnteilen, dem Hypothalamus und Neuronenzentren des Hirnstamms weitergeleitet und als eigentliche Emotion ausgelöst. Angst z.B. würde zu einer elektrischen und hormonellen Reaktionen führen, die entsprechende körperliche Veränderungen auslöst wie etwa höhere Herzfrequenz und die Anspannung der Muskeln. Das denkende Gehirn hat sich also aus dem limbischen Gehirn (= emotionales Zentrum) entwickelt (Goleman Emotionale Führung, S. 49), von dem es Befehle entgegen nimmt, wenn der Mensch eine Bedrohung wahrnimmt oder unter großem Stress steht, der Mandelkern überwacht dabei alle Vorgänge in unserer Umgebung ständig, um uns vor Notfällen zu warnen. (Goleman, EF, S. 49). Das limbische System steuert vor allem angeborenes und erworbenes Verhalten und ist Ursprung von Trieben, Motivation und Emotion (vgl. Despopoulos/Silbernagl 1988, S. 290). Der Mandelkern erteilt anderen Teilen des Gehirns Befehle, auch den rationalen Zentren im Neokortex, damit der Mensch sofort handeln kann, wenn er eine Gefahr wahrnimmt.

Abbildung 2: Neurobiologische Darstellung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/:Verhalten-Die-Macht- Gef%FCHle/index.html?id=5117948p=3&p=3&nv=ct_cb&eid=511775

3.4 Theoretische Konzepte zur Emotionalen Intelligenz

Das Interesse an der Emotionalen Intelligenz, an der Erkundung und der Suche nach neuen Erkenntnissen, ist stetig gewachsen in den letzten Jahren. Auch in den Zeiten der „institutionalisierten“ Psychologie um 1900 beschäftigten sich einige Wissenschaftler und Psychologen wie John B. Watson oder Wilhelm Wundt mit diesem Thema, bis das Interesse im Zeitraum um 1950 aufgrund des Behaviorismus nachließ. In dieser Phase war vor allem in den USA der Behaviorismus dominant. Dabei ging es nur darum, ausschließlich beobachtbare Reize und Reaktionen als legitimen Gegenstand der Psychologie zu betrachten – Emotionen, Gefühle, Gedanken, all das war eine „black box“, nicht ersichtlich und daher für psychologische Zwecke nicht relevant. In den 60er Jahren, als der Behaviorismus allmählich von der kognitiven Reform abgelöst wurde, begannen einige Forscher allerdings wieder, sich mit der Emotionspsychologie zu befassen.

3.4.1 Edward L. Thorndike

Die Wurzeln der emotionalen Intelligenz gehen auf das Konzept der sozialen Intelligenz (1920) von Edward L. Thorndike (1874 - 1949), Professor der pädagogischen Psychologie an der Columbia University Teachers College, zurück. Er differenzierte in seinem Modell drei Aspekte von Intelligenzen bei einem Menschen (Sablack, 2004).

- Die abstrakte Intelligenz, welche die Fähigkeit eines Menschen beschreibt, verbale und mathematische Symbole zu verstehen und nichtig zu nutzen.
- Die mechanische (praktische) Intelligenz, welche die Fähigkeit bedeutet, physikalische Objekte zu verstehen und zu benutzen, entspricht somit der Alltagsintelligenz.
- Soziale Intelligenz (social intelligence) bezeichnet die Fähigkeit, andere zu
verstehen und in menschlichen Beziehungen klug zu handeln.

Thorndike war der Auffassung, man müsse soziale Intelligenz von der abstrakten, akademischen unterscheiden. “Ein Aspekt der emotionalen Intelligenz, die soziale Intelligenz, also die Fähigkeit, andere zu verstehen und in menschlichen Beziehungen klug zu handeln, sei ebenfalls ein Aspekt des IQ.“, so zitiert Goleman (Goleman, 1996, S.64) Thorndike. Damit spricht er von einer Fähigkeit, „eigene wie innere fremde Zustände, Motive, Kognitionen und Verhaltensweisen zu deuten, auf diese Weise sich selbst und andere Menschen besser zu verstehen und auf optimale Weise darauf zu reagieren“ (Siebert, 2006).

Die Theoretiker des IQ jedoch kritisierten diese Behauptungen stark, sahen die soziale Intelligenz als Manipulation, andere „dahin zu bringen, zu tun, was man selber will“ (Goleman, 1996, S.64). Die soziale Intelligenz wurde somit als nutzlos abgetan.

3.4.2 Howard Gardner

Der amerikanische Psychologe Howard Gardner (geb. 1943) stellte ebenfalls die Existenz einer allgemeinen geistigen Fähigkeit in Frage. Verschiedene Untersuchungen hatten gezeigt, dass Menschen über verschiedene, voneinander relativ unabhängige kognitive Fähigkeiten verfügen. Gardner entwickelte Mitte der siebziger Jahre sein Konzept der „multiplen Intelligenzen“ (Goleman, 1996, S.59).

„There must be more to intelligence than short answers to short questions“ so Gardner (Gardner, 1983, S.4). Er kritisierte die Auffassung, es gäbe nur eine einzige Intelligenz, die mit psychometrischen Standardinstrumenten gemessen werden kann. Nach Gardner should it “be equally clear that current methods of assessing the intellect are not sufficiently well honed to allow assessment of an individuals potential or achievements” (Gardner, 1983, S.4). Mit seiner Theorie der multiplen Intelligenzen weitet er den Begriff der Intelligenz auf nicht-kognitive Fähigkeiten aus. Manche Menschen haben eine ganz besondere Begabung, sind Rechengenies oder begnadete Pianisten oder denkt man an Autisten, idiots savants – auch diese Menschen besitzen in einem oder mehrerer Spezialgebiete eine außerordentliche Intelligenz. Gardners 1983 erschienenes Buch „Frames of Mind –The theory of multiple intelligences“ „war ein Manifest, das die IQ-Denkweise widerlegte“ (Goleman, 1996, S.59). Nicht eine einzige, monolithische Art von Intelligenz sei entscheidend für den Lernerfolg, sondern eben ein breites Spektrum von Intelligenzen. Mit diesem Konzept versucht Gardner soziale Ungerechtigkeiten zu beseitigen. In Schulen und Universitäten seien die Leistungen der Intelligenztests überbewertet und andere Fähigkeiten unterbewertet. Zwar seien schriftliche Kompetenzen und logisch-mathematisches Denken lebenswichtig, aber die Intelligenzforschung habe andere Fähigkeiten unterbewertet oder ignoriert (Freund, 2006).

Gardners Modell geht weit über die gängige Vorstellung hinaus, für die der IQ ein einziger, unwandelbarer Faktor ist. Gardner war der Überzeugung, der Kern der interpersonalen Intelligenz umfasse die „Fähigkeiten, die Stimmungen, Wünsche anderer Menschen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren“ (Goleman, 1996, S. 61).

In diesem Konzept der Multiplen Intelligenzen differenziert Gardner daher folgende Intelligenzfelder:

- verbale Gewandtheit (Sensibilität für gesprochene und geschriebene Sprache)

- mathematisch-logische Fähigkeiten (rechnerische Begabung, Probleme logisch zu analysieren)

- räumliche Fähigkeiten (visuelle Wahrnehmung und daraus resultierende Erfahrungen)

- kienästhetische Fähigkeiten (Pantomime, Kontrolle der eigenen Körperfunktionen und kunstvolle, geschickte Manipulation von Objekten)

- musikalische Fähigkeiten (Begabung zum Musizieren, Komponieren, Sinn für die Musik)

- personale Intelligenz
- interpersonale Fähigkeiten
- intrapersonelle Fähigkeiten

Intrapersonale Intelligenz bedeutet bei Gardner die Fähigkeit, eigene Gefühlszustände zu kennen und sie zu unterschieden und sie so zu benutzen, um das eigene Verhalten zu steuern. „At it most advanced level, intrapersonel knowledge allows one to detect and to symbolize complex and highly differentiated sets of feelings“ (Gardner, 1983, S.239). Interpersonale Intelligenz bedeutet die Fähigkeit, die Absichten, Wünsche und Motive von anderen Menschen zu verstehen und erfolgreich mit ihnen zu kooperieren, „the ability to notice and make distinctions among other individuals and, in particular, among their moods, temperaments, motivations and intentions“ (Gardner, 1983, S.239).

Diese beiden Aspekte beziehen sich auch auf das Konzept der emotionalen Intelligenz. Emotionale Intelligenz sieht Gardner hier vor allem als Verarbeitung emotionaler Reize und Prozesse.

3.4.3 Salovey und Mayer

Fünf Jahre vor Golemans Bucherscheinung stellten der Psychologe John Mayer und Intelligenz- und Emotionsforscher Peter Salovey (1990) ihr Konzept der emotionalen Intelligenz in der psychologischen Fachzeitschrift „Imagination, Cognition and Personality“ (Vgl. eiconsortium.org, 2008) vor, was damals in der wissenschaftlichen Psychologie aber zunächst nur wenig Beachtung erhielt. Salovey und Mayer orientierten sich mit ihrem Konzept der emotionalen Intelligenz stark an Gardner. Sie untersuchten die Möglichkeiten, Intelligenz in Emotionen hineinzubringen und betrachteten emotionale Intelligenz als „Fähigkeit, Emotionen korrekt wahrzunehmen, zu bewerten und auszudrücken; die Fähigkeit Zugang zu seinen Gefühlen zu haben bzw. diese zu entwickeln, um gedankliche Prozesse zu erleichtern; die Fähigkeit Emotionen zu verstehen und ein emotionales Wissen zu besitzen; und die Fähigkeit Emotionen zu regulieren um emotionales und intellektuelles Wachstum zu unterstützen“ (Merten, o. J.). Im Vergleich mit der sozialen Intelligenz sollte sich die emotionale Intelligenz besser von der klassischen Intelligenz abgrenzen lassen. Sie betonten, dass „der Gedanke der Existenz verschiedenster intellektueller Fähigkeiten nicht neu ist, sondern bereits nahezu seit Bestehen der Intelligenzforschung Teil dieser ist“ (Siebert, 2006). Das Konzept der emotionalen Intelligenz von Salovey “is primarly focused on the complex, potentially intelligent tapestry of emotional reasoning in everyday life” (Salovey & Sluyter, 1997, S.9).

Differenzierungen nach Salovey und Mayer:

Diese emotionale oder soziale Intelligenz differenzierten Salovey und Mayer in fünf Merkmalen:

- Die eigenen Emotionen kennen:

„Emotions thus operate from the start to signal important changes in the person and in the environment” (Salovey & Sluyter, 1997, S.12), bedeutet: Das Erkennen eines Gefühles, sobald es auftritt. Dies stellt die Grundlage der emotionalen Intelligenz dar und ist unverzichtbare Voraussetzung für das Wissen um die Hintergründe emotionaler Reaktionsmuster und Selbstkontrolle.

- Emotionen handhaben:

Emotionale Verarbeitung und Gefühle so hand zu haben, dass sie angemessen sind. „Wer darin schwach ist, hat ständig mit bedrückenden Gefühlen zu kämpfen“ (Goleman, 1996, S.65) und erholt sich weniger gut von Rückschlägen und Aufregungen des Lebens.

[...]

Ende der Leseprobe aus 110 Seiten

Details

Titel
Emotionale Intelligenz im Konfliktmanagement
Untertitel
Empirische Untersuchung der Zusammenhänge von Faktoren emotionaler Intelligenz und Konfliktstilen
Hochschule
Hochschule für angewandtes Management GmbH
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
110
Katalognummer
V117632
ISBN (eBook)
9783640198870
ISBN (Buch)
9783640199051
Dateigröße
1182 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Emotionale, Intelligenz, Konfliktmanagement
Arbeit zitieren
Diplom-Wirtschaftspsychologin Felicitas Müller (Autor:in), 2008, Emotionale Intelligenz im Konfliktmanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117632

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