Die Ministerialität. Herausbildung und Bedeutung in der salischen und staufischen Monarchie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2021

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. EINLEITUNG

2. DIE GESELLSCHAFTLICHEN STRUKTUREN IM 11. UND 12. JAHRHUNDERT

3. DIE HERAUSBILDUNG DER MINISTERIALITÄT
3.1 Die ministerialis des frühen Mittelalters 6
3.2 Die tatsächlichen Vorgänger der Ministerialität - Der Begriffswandel von servus zu ministeriales
3.3 Annäherung und Aufstieg zum Adel
3.4 Schriftliche Fixierung der Rechte - Das ius ministerialium

4. DIE BEDEUTUNG DER MINISTERIALITÄT FÜR DIE SALISCHE HERRSCHAFT

5. DIE BEDEUTUNG DER MINISTERIALITÄT FÜR DIE STAUFISCHE HERRSCHAFT

6. SCHLUSSBETRACHTUNG

7. QUELLENVERZEICHNIS

8. LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

„Aufbruch und Aufschwung waren keineswegs nur Kennzeichen einer neuen Königsdynas­tie. Vielmehr wird, je weiter man in der Salierzeit voranschreitet [...] ein dynamischer Prozess erkennbar, der sich auf allen Ebenen der Verfassung und der gesellschaftlichen Ordnung ausbildete“1. Mit diesen Worten leitete Stefan Weinfurter in seinem Werk ,Das Jahrhundert der Salier‘ das Kapitel über den Wandel der Verfassung und der Gesellschaft ein. Ein entscheiden­der Aspekt dieses gesellschaftlichen Wandels war die Herausbildung eines neuen Standes der über die Regierungszeit zweier bedeutender Königshäuser hinweg immer mehr Einfluss gewann. Nachdem eine kurze Darstellung der mittelalterlichen Gesellschaft erfolgt ist, soll diese Arbeit zunächst herausstellen, wie sich dieser neue Stand, die Ministerialität, herausbil­dete und formierte. Bei der Auseinandersetzung mit der Fachliteratur konnten meist ähnliche Strukturen und Vorgehensweisen hinsichtlich der Erarbeitung der genannten Formierung der ständischen Ministerialität erkannt werden, sodass sich auch diese Arbeit an diesen Strukturen orientieren soll. Daher werden zunächst die begrifflichen Übereinstimmungen des frühen Mittelalters und die tatsächlichen Vorgänger der Ministerialität untersucht. Im nächsten Schritt wird sich mit dem Anschluss der Dienstmannen an den Adel gewidmet werden. Besondere Aufmerksamkeit erfordert dabei der Aspekt der ritterlichen Lebensweise und der des Waffendienstes mit schwerer Kriegsausrüstung und zu Pferd. Als entscheidenden Schritt der Konsolidierung als rechtlicher Stand werden abschließend zu diesem Kapitel die Entwick­lungen des ius ministerialium erfasst2.

Zur Anschaulichkeit der rechtlichen Konsolidierung sollen auch die entsprechenden Hof- und Dienstrechte als Quellen herangezogen werden, die in der Quellenedition Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250 ediert worden sind3. Darüber hinaus geben auch die Urkunden der salischen und staufischen Kaiser Auskunft über einerseits rechtliche Entwicklungen und andererseits über die Beziehung der Herrscher selbst zu ihren Ministerialen. Dies führt unausweichlich auch zu der Frage, welche Bedeutung die aus der Unfreiheit stammende Dienstmannschaft für die salischen Könige und Kaiser hatte und wie diese schließlich als Reichsministerialität der Politik der Staufer dienlich wurde. Dazu sollen entscheidende Aspekte des Einsatzes der Ministerialität untersucht und beleuchtet werden.

Auch in der Forschung waren Bedeutung und Herkunft der Ministeriale immer wieder Grund für fachlichen Diskurs. Während die ältere und teils nationalistisch geprägte Forschung die Wurzeln der Ministerialität in freien Geschlechtern der Karolingerzeit sahen, wurde dies durch neuere Erkenntnisse widerlegt, die die überwiegende Zahl der Ministeriale als Emporkömm­linge aus der Unfreiheit betrachteten4. Die Diskussion über die eigentliche Triebfeder des Auf­stiegs konnte letztlich versöhnlich beigelegt werden, indem man sich darauf einigte, dass weder das Hofamt selbst, noch die Art der Verwaltungstätigkeit, noch der Kriegsdienst als alleinige Aufstiegsmöglichkeit gewertet werden konnten, sondern die Dienstausübung selbst entschei­dend war5. Ebenso wird in der neuern Forschung auch der politische Einfluss der Ministerialität für die Herrscher und das Reich relativiert, ohne jedoch deren Bedeutung für die herrschaftliche Präsenz, Verwaltung und Durchdringung zu schmälern6.

Abschließend soll ein Urteil darüber gefällt werden, wie groß der Einfluss und auch die Bedeutung für die Herrschaft der salischen und staufischen Kaiser tatsächlich war und ob man von einem grundlegenden Wandel sprechen kann.

2. Die gesellschaftlichen Strukturen im 11. und 12. Jahrhundert

Die Struktur der mittelalterlichen Gesellschaft stellt die Ausgangslage für die späteren Ausführungen zur Ministerialität dar und bedarf daher einer kurzen Darstellung, die im Rahmen dieses Kapitels erfolgen soll. Dass es im Mittelalter eine sogenannte Drei-Stände-Gesellschaft gegeben hat, ist eine weitverbreitete Erkenntnis, auch wenn diese nicht als generelle Gesell­schaftsordnung für die gesamte Epoche angenommen werden darf. Eine grundlegende Eintei­lung in Freie und Unfreie lässt sich jedoch für den größten Teil des Mittelalters nachvollziehen.

Eine allgemeingültige Definition des Standes wurde von Max Weber verfasst. Er beschreibt einen Stand als eine Vielheit von Menschen, die innerhalb einer sozialen Gruppierung agieren und sich durch ähnliche Lebensführung sowie Erziehung charakterisieren lassen. Für den Ein­tritt in einen Stand ist dabei jedoch ein gewisses Geburts- oder Berufsprivileg erforderlich7. Ergänzend dazu kann an dieser Stelle auch Otto Gerhard Oexle bemüht werden, der einen Stand als soziale Gruppe beschreibt und deren Bestehen an vier Voraussetzungen koppelt. Zunächst ist es erforderlich, dass die Mitglieder dieser Gruppe gewisse Regeln und Normen teilen, durch die sie sich gegenüber anderen Ständen positionieren. Somit wird als zweite Voraussetzung eine Abgrenzung zu anderen Gruppierungen erreicht. Des Weiteren beschreibt Oexle eine Organisation innerhalb des Sozialgefüges und fordert schließlich als letzte Voraussetzung eine kontinuierliche Beständigkeit dieser Eigenschaften8.

Im Mittelalter wird die Einteilung in ordines9 und die damit verbundene Hierarchisierung der Gesellschaft erstrebt und auf Basis einer Ungleichheit der Menschen sowie durch eine gottgegebene und -gewollte Ordnung legitimiert10. Erste Differenzierungen wurden bereits zur Zeit der Karolinger vorgenommen, indem zwischen den beiden Ständen der bellatores und oratores11 unterschieden wurde. Dabei formierten sich allen voran die Kleriker als eigener Stand, indem immer mehr Mönche den Mittelpunkt ihres Schaffens von körperlicher auf geist­liche Arbeit legten. Ausgehend von karolingischer Zeit erreichte auch die ständische Zuord­nung der Mönche mit den Geistlichen des Klosters Cluny im 11. Jahrhundert ihren Höhepunkt12. Die Beschreibung der funktionalen Einteilung in die drei Stände erfolgte um die Jahrtausendwende und wurde in Mitteleuropa erstmals von Bischof Adalbero von Laon in einem Gedicht dargestellt. Adalbero stellte dabei vor allem die Bedeutung des arbeitenden Standes heraus, da dieser die Versorgung mit Lebensmitteln sicherte. Diese besonders wichtige Aufgabe führte zwar nicht zu einer Gleichberechtigung der Stände, relativierte aber deren Unterschiede durch die unausweichliche Wechselwirkung untereinander13. Ausgehend von zunächst berufsständischen Einteilungen kristallisierte sich letztlich die Dreiteilung in Adel, Klerus und Bauernstand heraus, die unter anderem auch auf die Bestrebungen der Ritterschaft, sich von den Bauern zu lösen und dem Adel anzuschließen, zurückzuführen ist14.

Betrachtet man die hier aufgeführten Definitionen eines Standes von Weber und Oexle scheint sich ein vollends statisches System abzuzeichnen. Wenn auch das Bild einer nicht belegbaren statischen Gesellschaft im Bewusstsein der Allgemeinheit stark verbreitet ist, widersprechen die Erkenntnisse der Mediävistik diesem. Auf- und Abstiege sind sowohl für Einzelpersonen, als auch für gesamte Familienverbände belegt15.

3. Die Herausbildung der Ministerialität

3.1 Die ministerialis des frühen Mittelalters

Wenn auch die Begrifflichkeit ministerialis mit den salischen und staufischen Herrschern den Höhepunkt ihrer Bedeutung erreichte, so war dies nicht zugleich der Ursprung ihrer Entstehung. Gleichzeitig ist davor zu warnen, wie sich später zeigen wird, diese als direkte Vorläufer der hochmittelalterlichen Ministerialen zu betrachten, wenn auch eine begriffliche Übereinstimmung besteht. Bereits in der römischen Antike wurde die Bezeichnung ministeria- lis für Bedienstete am Hof des Kaisers genutzt und die für den logistischen Ablauf des Hofle­bens verantwortlich waren. Diese Form des Dienstes setzte sich auch im germanischen Reich fort, wo sie als pueri regis im näheren Umfeld der merowingischen Könige oder der grundherr­schaftlichen Höfe tätig waren und sich durch ihren Dienst die Gelegenheit des sozialen Aufstiegs ermöglichten16.

Auch unter den Karolingern fand sich die Bezeichnung des ministerialis, die jedoch allgemein und völlig losgelöst von sozialen Gesichtspunkten für Inhaber eines ministerium verwendet wurde, was schlicht und ergreifend einen Amtsträger darstellte. So konnte dieser Titel auch von Grafen und Bischöfen getragen werden17. Für die Träger des Amtes war dessen Ausübung und die damit verbundene Erbringung eines Dienstes keine Form der Herabsetzung, sondern vielmehr eine durch Mitwirkung an der königlichen Herrschaft erlangte Ehre18.

Nach karolingischem Vorbild wurde der Begriff ministerialis in ottonischer Zeit für einen Amtsträger gebraucht, der lokale Verwaltungsaufgaben übernahm. Die Frage, ob es sich bei den hier beschriebenen ministerialis um die direkten Vorgänger der Ministerialität handelt, scheint auch in der Geschichtswissenschaft nicht eindeutig beantwortet worden zu sein. Während Jan Keupp zu dem Schluss kommt, dass die „Amtsministeriale“ aus karolingischer und ottonischer Zeit von den späteren „ständischen Ministerialen“ zu unterscheiden seien19, wird diese direkte Verbindung von Peter Neumeister nicht ausgeschlossen20. Thomas Zotz wiederum betont, dass es sich bei diesen ministerialis lediglich um Amtsträger handelte, die nicht mit der eigentlichen ständischen Ministerialität in Verbindung gebracht werden konnten. Gleichzeitig stellt Zotz heraus, dass für ebendiese Vorgänger der Ministerialität andere Begriffe verwendet wurden21, deren Wandel und Entwicklung es im Folgenden noch herauszustellen gilt. In seinem Werk über die Frühformen der mittelalterlichen Gesellschaft kam Karl Bosl zu dem Schluss, dass die ständische Formierung der Ministerialität erst durch die spätere Vielzahl an Personen, die sich von der Unfreiheit lösten, ermöglicht werden konnte22.

[...]


1 Weinfurter, Stefan, Das Jahrhundert der Salier, 2004, S. 67.

2 Als Beispiel für diese Strukturierung kann der Aufsatz ,Die Formierung der Ministerialität' von Thomas Zotz, vgl.: Zotz, Thomas, Die Formierung der Ministerialität, in: Weinfurter, Stefan (Hg.), Die Salier und das Reich Bd. 3, 1991, S. 3 - 50, sowie das Werk von Jan Ulrich Keupp ,Dienst und Verdienst', vgl.: Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst, 2002, herangezogen werden.

3 Vgl.: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters, Band XXXII, hg. v. Buchner, Rudolf, 1977, S. 88 - 105, S. 120 - 123 und 266 - 279.

4 Vgl.: Zum Diskurs des Ursprungs der Ministerialität, Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst, 2002, S. 4, Zotz, Thomas, Die Formierung der Ministerialität, in: Weinfurter, Stefan (Hg.), Die Salier und das Reich Bd. 3, 1991, S. 7 und allgemein Bosl, Karl, Frühformen der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa, 1964.

5 Vgl.: Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst, 2002, S. 5.

6 Vgl.: Ebd. S. 360.

7 Vgl.: Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, 1972, S. 179f und Ebd.: S. 534.

8 Vgl.: Oexle, Otto Gerhard, Soziale Gruppen in der Ständegesellschaft, in: Oexle, Otto Gerhard; von Hülsen- Esch, Andrea (Hg.), Die Repräsentation der Gruppen, 1998, S.9 - 44, S. 17.

9 ordo, pl. ordines lat. Stand, Ordnung.

10 Vgl.: Hechberger, Werner, Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter, 2010, S. 1.

11 bellatores lat. Kämpfende und oratores lat. Betende.

12 Vgl.: Oexle, Otto Gerhard, Die funktionale Dreiteilung als Deutungsschema der sozialen Wirklichkeit in der ständischen Gesellschaft des Mittelalters, in: Schulze, Winfried (Hg.), Ständische Gesellschaft und soziale Mobi­lität, 1988, S. 37f.

13 Vgl.: Oexle, Otto Gerhard, Die funktionale Dreiteilung als Deutungsschema der sozialen Wirklichkeit in der ständischen Gesellschaft des Mittelalters, in: Schulze, Winfried (Hg.), Ständische Gesellschaft und soziale Mobi­lität, 1988, S. 39f und dazu Weinfurter, Stefan, Das Jahrhundert der Salier, 2004, S. 86.

14 Vgl.: Mitsch, Ralf, Stand, Stände, Ständelehre, in: Lexikon des Mittelalters online, 1997, Sp. 45 - 47, abgerufen 30.03.2021, 12:20 Uhr.

15 Vgl.: Hechberger, Werner, Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter, 2010, S. 2.

16 Vgl.: Esders, Stefan, Ministeriales, in: Der Neue Pauly, online abgerufen am 01.04.2021, Erstveröffentlichung online: 2006 und Hechberger, Werner, Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter, 2010, S. 27.

17 Vgl.: Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst, 2002, S. 34.

18 Vgl.: Neumeister, Peter, Beobachtungen und Überlegungen zur Ministerialität des 9., 10. Und 11. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43, 1995, S. 428.

19 Vgl.: Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst, 2002, S. 35.

20 Vgl. Neumeister, Peter, Beobachtungen und Überlegungen zur Ministerialität des 9., 10. Und 11. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43, 1995, S. 430.

21 Vgl.: Zotz, Thomas, Die Formierung der Ministerialität, in: Weinfurter, Stefan (Hg.), Die Salier und das Reich Bd. 3, 1991, S. 15.

22 Vgl.: Bosl, Karl, Frühformen der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa, 1964, S. 228.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Ministerialität. Herausbildung und Bedeutung in der salischen und staufischen Monarchie
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
26
Katalognummer
V1176805
ISBN (eBook)
9783346609090
ISBN (Buch)
9783346609106
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Salier, Staufer, Ministerialität, Dienstmannschaft
Arbeit zitieren
Christopher Horn (Autor:in), 2021, Die Ministerialität. Herausbildung und Bedeutung in der salischen und staufischen Monarchie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1176805

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