Musikrezeption und Leistungsmotivation im Studium. Auswirkungen und Zusammenhänge


Bachelorarbeit, 2021

73 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.1.1 Historie
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Zielsetzung

2. Theoretischer Teil
2.1 Geschichte der Musik
2.2 Theoretische Grundlagen der Musikrezeption
2.2.1 Physiologische Betrachtung der Musikrezeption
2.2.2 Psychologische Betrachtung der Musikrezeption
2.2.2.1 Aufmerksamkeit
2.2.2.2 Habituation
2.2.2.3 Emotion und Stimmungslage
2.2.3 Mögliche Anwendungsbereiche im Kontext eines Studiums
2.2.3.1 Verhaltensbeeinflussung
2.2.3.2 Leistungssteigerung
2.2.3.3 Gedächtnisstimulation
2.3 Grundlagen der Motivation
2.3.1 Theoretische Grundlagen der Leistungsmotivation durch Musik
2.3.2 Konzept des Anreizes

3. Methodik
3.1 Vorüberlegung
3.2 Bisherige Modelle der Leistungsmotivationsforschung
3.3 Beschreibung des Befragungstools
3.4 Aufbau des Fragebogens
3.5 Auswahl der Fragen
3.6 Stichprobenkonstruktion
3.7 Befragungsablauf

4. Ergebnisse

5. Diskussion
5.1 Kritische Reflexion der Vorgehensweise
5.2 Interpretation der Ergebnisse

6. Fazit

7. Anlagen

Anlage

Literaturverzeichnis

Internetquellenverzeichnis

Abstract

Die vorliegende wissenschaftliche Untersuchung befasst sich mit der Thematik einer potenziellen Auswirkung von Musikrezeption für Studierende im Kontext eines Studiums. Einleitend zu dieser Arbeit werden die theoretischen Grundlagen sowie der aktuelle Status Quo dargestellt, um einen fundierten Kenntnis- sowie Wissensstand gewährleisten zu können. Vor dem Hintergrund, dass dieses theoretische Vorwissen überprüft und um den Praxisteil erweitert werden soll, findet sich im Anschluss an den Theorieteil die Beschreibung der Methodik wieder, welche einen Überblick über den angewandten Ansatz in der empirischen Untersuchung geben soll. Der Kern der vorliegenden Bachelorthesis wird durch den Praxisteil repräsentiert, beginnend mit der Ergebnisdarstellung sowie einer anschließenden Interpretation der vorliegenden Ergebnisse. Die Erkenntnisse dieser Arbeit zeigen, dass Studierende ihre Motivation sowie explizit die Leistungsmotivation durch das Hören von Musik beeinflussen können. Ferner wird durch die Ergebnisbetrachtung deutlich, dass eine Beeinflussung von Leistungsmotivation stets mit der Stimmungslage des Individuums einhergeht. Diese identifizierte Kohärenz stellt einen Bereich dar, bei dem es weiterer tiefgreifender Untersuchung Bedarf. Die sich durch die globale COVID-19 Pandemie veränderte Studiensituation stellt einen weiteren Faktor dar, welcher auf die Notwendigkeit von Untersuchungen zur Beeinflussung von Stimmungslage, persönlichem Wohlbefinden und dem Aspekt Leistungsmotivation drängt. Vor dem Hintergrund der neuartigen und komplexen Belastungen entstehen sowohl neue Herausforderung für Universitäten als auch für Studierende zugleich.

Als weitere Erkenntnis aus der Untersuchung soll sie Tatsache angeführt werden, dass Musik einen alltäglichen Begleiter für Studierende darstellt und ein möglicher Ansatzpunkt für die Vertiefung im Sinne einer gezielten Nutzung von Musikrezeption als Motivationskonstrukt sein kann.

Schlagworte: Motivationsforschung, Leistungsmotivation, Musikrezeption, Studium, Emotionen, Studienmotivation

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung der wichtigsten Hirnregionen

Abbildung 2: Gegenüberstellung der Theorien von Broadbent und Treisman

Abbildung 3: Das Kontinuum der Selbstbestimmung

Abbildung 4: Auszug der Positive and Negative Affect Schedule (PANAS)

Abbildung 5: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 6: Übersicht zu Altersverteilung der Probanden nach Frage

Abbildung 7: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 8: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 9: Numerische Angabe der Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 10: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 11: Ergebnisse der Positive And Negative Affection Schedule 1

Abbildung 12: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 13: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 14: Übersicht der Antworten zu Frage

Abbildung 15: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 16: Verteilung der Fragen zu Frage

Abbildung 17: Verteilung der Antworten zu Frage

Abbildung 18: Übersicht der Antworten zu Frage

Abbildung 19: Ergebnisse der Positive And Negative Affection Schedule 2

Abbildung 20: Gegenüberstellung PANAS allgemein und mit Musikrezeption

Abbildung 22: Vergleich der PA von PANAS allgemein und mit Musikrezeption

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Items der PANAS in der in der empirischen Befragung

Abkürzungsverzeichnis

Aufl. Auflage

bspw. beispielsweise

sog. sogenannte(n)

u. a. unter anderem

uvm. und viele(s) mehr

vgl. vergleiche

z. B. zum Beispiel

Ggf. gegebenenfalls

Ca. circa

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

1.1.1 Historie

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben sich Universitäten zügig auf die neue veränderte Situation einstellen können. Das virtuelle Lernen als Konstrukt von Universitäten ist in nur wenigen Tagen vielerorts zur Realität geworden. Noch ist die zukünftige Entwicklung unklar, da die Krise sowohl Stärken als auch Schwächen hervorgehoben hat, allen voran die aufgeschobene digitale Transformation in vielen Hochschulen. Vielmehr ist es nun essenziell, das Tempo der digitalen Transformation zu erhöhen, vor dem Hintergrund, dass die Welt sich in einer Situation mit einer volatilen Wirtschaftslage und unklaren geopolitischen Trends befindet. Die aktuelle globale Krise kann jedoch auch einen Neubeginn anstoßen, welcher nicht länger durch rigide Strukturen und Regeln beschränkt wird, sondern vielmehr die aktuellen Erfahrungen und Erkenntnisse als Anlass für Veränderung und Innovation in sich trägt. Das Studentenleben verändert sich derzeit stark und die Motivation, Leistung im Studium zu erbringen, wird auf die Probe gestellt. Studenten finden sich aktuell nicht mehr in der studentischen Fakultät ein, sondern nehmen virtuell an Vorlesungen teil. Zu der sich verändernden Sachlage äußert sich das Kultusministerium wie folgt:

„Das Sommersemester 2020 wird ein ungewöhnliches, es soll jedoch kein verlorenes Semester sein. Es wird angestrebt, für die Hochschulen die erforderlichen Rahmenbedingungen für einen möglichst reibungslosen Lehr- und Forschungsbetrieb im Sommersemester 2020 zu schaffen.“ 1

Die daraus resultierende notwendige Zusammenarbeit von Mensch und Maschine korreliert zunehmend und die Nachfrage nach neuen Kompetenzen steigt stetig an. Die letzten Wochen der Pandemie haben jedoch aufgezeigt, dass ein virtuelles Studieren trotz völlig unterschiedlicher Lebensumstände produktiv und sogar teilweise kreativer gestaltet werden kann. Im Jahr 2021 – angesichts eines derzeitigen Lockdowns in Deutschland - sehen sich Universitäten weiterhin der Herausforderung gegenüber, aus den Möglichkeiten konkrete Konzepte zu entwickeln, auch und gerade für die Leistungsmotivation. Denn der Aspekt der Motivation von Studierenden in Zeiten von COVID-19 und „Homeschooling“ ist nun relevanter denn je.

Dieser Aspekt der Motivation soll Gegenstand dieser wissenschaftlichen Untersuchung sein. Im Detail wird hierbei der Einfluss von Musik auf die Leistungsmotivation im Kontext eines Studiums untersucht.

1.2 Aufbau der Arbeit

Einleitend zu dieser wissenschaftlichen Arbeit soll zunächst die Relevanz des Themas erläutert werden. Hierbei soll sowohl die Brisanz der Themenstellung verdeutlicht als auch Antwort auf die Frage gegeben werden, warum diese Thematik einer wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen werden soll. Im weiteren Verlauf wird erklärt, warum die Wahl des Autors auf dieses spezifische Thema gefallen ist. Im abschließenden Kapitel der Einleitung wird die Zielsetzung dieser Arbeit betrachtet. In diesem Abschnitt wird demnach beschrieben, welche wissenschaftlichen und empirischen Erkenntnisse sich der Autor aus dieser Bachelorthesis und der integrierten empirischen Untersuchung erhofft und welche Ergebnisse idealerweise daraus hervorgehen sollen.

Anschließend an das einleitende Kapitel widmet sich der darauffolgende Abschnitt dem Theorieteil, welcher sich zunächst mit den Grundfragen der Psychologie sowie den verschiedenen Aspekten der Motivation, wie den Antriebskräften bzw. den extrinsischen und intrinsischen Anreizen beschäftigt. Ferner werden in diesem Teil die Musik und spezifisch der Aspekt der Musikrezeption als essenzielle Teilbereiche dieser Arbeit thematisiert. Der Theorieteil gibt zudem einen Einblick über vergangene sowie moderne Untersuchungen und Forschungsstände zu den jeweiligen Teilbereichen.

Nach dem Theorieteil und vor dem Praxisteil soll die Methodik beschrieben werden, welche aufzeigen soll, wie die Forschung für den Praxisteil gestaltet wird. Im Zuge dieser Bachelorthesis wird hierfür eine Umfrage verwendet.

Der Hauptteil dieser Arbeit wird dargestellt durch den Praxisteil, in welchem die theoretischen Aspekte auf die Praxis transferiert werden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Abschnitts ist die Untersuchung und Behandlung der empirischen Ergebnisse aus der Forschungsumfrage des Autors, so wie sie im ersten Abschnitt dieses Kapitels unter „Methodik“ beschrieben worden ist. Die Kombination aus Theorie und Praxis Transfer und Betrachtung der eingegangenen Forschungsergebnisse stellt die Basis dieser wissenschaftlichen Arbeit dar.

Vor dem Hintergrund der Forschungsfrage - Welche Auswirkung hat Musikrezeption im Kontext eines Studiums auf die Leistungsmotivation? – werden die Ergebnisse im Praxisteil deskriptiv beschrieben und untersucht, während im anschließenden Teil der Diskussion die Ergebnisse aus dem Praxisteil selbst mit möglichen Erklärungen dafür kombiniert werden. Zudem beinhaltet dieser Abschnitt eine grundlegende Thematisierung möglicher neuer Erkenntnisse und das Aufzeigen etwaiger Grenzen bzw. Limitierungen der Untersuchung. Als Abschluss des Diskussionsteils sollen Empfehlungen für die zukünftige Untersuchung zu diesem Thema abgeleitet werden. Im Diskussionsteil wird die Arbeit einer kritischen Reflexion unterzogen.

Im letzten inhaltlichen Teil dieser Bachelorthesis steht das Fazit der wissenschaftlichen Untersuchung.

1.3 Zielsetzung

Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es herauszufinden, ob und inwieweit die Leistungsmotivation von Studierenden durch Musikrezeption beeinflusst werden kann.

Für eine verständlichen Aufbau von Leitfragen und Zielsetzungen der Arbeit, ist es zunächst sinnvoll, die Begriffe Motivation und Leistung vorab zu definieren. Der Motivationsbegriff findet im Alltag häufig dann Verwendung, sofern es um Leistungsbereitschaft, Zielgerichtetheit, Strebsamkeit und ähnliche Merkmale des Handelns geht.2 Im Deutschen Wörterbuch werden die beiden korrelierenden Aspekte Leistungsbereitschaft sowie Motivation als „Wille bzw. Antrieb zur Leistung“3 definiert. Der Begriff Leistung stellt das bis heute am intensivsten erforschte Themenfeld der Motivationspsychologie dar.4 Durch diese Arbeit soll der Forschungsstand der Motivationspsychologie abgerufen und untersucht werden. Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Arbeit sollen ferner als Grundlage sowie Anreiz zur weiteren Forschung dieses Themenfeldes dienen.

Vor dem Hintergrund, dass – wie im Verlauf dieser Arbeit beschrieben – Musik einen affektiven Einfluss auf Menschen und deren Leistungsmotivation hat bzw. haben kann, soll im Zuge dieser wissenschaftlichen Arbeit im Wesentlichen herausgefunden werden, ob und inwieweit Studierende und deren Leistungsmotivation durch Musikrezeption beeinflusst werden kann.

2. Theoretischer Teil

2.1 Geschichte der Musik

Bereits seit der Antike gilt Musik als eine Form des Ausdrucks, welche sich sowohl physisch auf den Körper als auch auf die Psyche der Menschen auswirkt. Primär spielt hierbei der Rhythmus eine tragende Rolle, wenn es um die Auswirkungen von Musik geht, da dieser das Tempo einer Musik sowie dessen zeitliche Abfolge definiert. Rhythmen können gleichermaßen auditiv wahrgenommen - also gehört - und über Schwingungen körperlich gespürt werden.5 So wird der Rhythmus eines Wiener Walzers oder eines Marsches beispielsweise akustisch wahrgenommen und in motorische Bewegungsmuster transferiert, welche zu körperlichen Aktionen wie etwa dem Mitklatschen verleiten und motivieren.

Es ist bereits früh in der Geschichte der Menschheit erkannt worden, dass musikalische Phänomene und Konstrukte die Fähigkeit besitzen, sich auf einen Menschen auszuwirken. Die frühesten Nachweise hierzu sind in den frühgeschichtlichen Gesellschaften und im Schamanismus zu suchen.6 Vor dem Hintergrund, dass eine Rezeption ruhiger, harmonischer sowie tendenziell leiserer Musik die Senkung der Herzfrequenz und dem Blutdruck auslöst, hat diese Form der Musik auf Menschen eher eine entspannende Wirkung. Demgegenüber wirkt laute, schnelle und extrem rhythmische Musik anregend, da sie eine Beschleunigung des Pulses und auch eine Blutdruckerhöhung beim Rezipienten auslösen kann.7 Betrachtet man die griechische Philosophie, so gilt auch hier besonders der Rhythmus als das essenzielle Kernelement, welches durch seine Kraft sowohl Psyche und Physis als auch charakterliche Eigenschaften des Menschen beeinflussen kann.8

Die Wirkung von Musik ist auch Jahrhunderte später noch von Relevanz. So sind im industriellen Bereich bereits im Jahr 1915 Experimente von Thomas Edison durchgeführt worden, welche Musik und dessen Auswirkungen bei einem gezielten Einsatz untersuchen sollten. Diese Experimente haben zunächst keinen Erfolg verzeichnen können, jedoch steht demgegenüber die Tatsache, dass zu dieser Zeit ein Mangel an Qualität bei der Musikwiedergabe zu berücksichtigen ist.9 Heutzutage, in einem Zeitalter geprägt vom demografischen und soziokulturellen Wandel, Internet und Industrie 4.0 sieht sich auch die Musik in einer volatilen Branche, welche viele verschiedene Ausdrucksformen und Effekte in sich trägt. Mit der Existenz des Internets ist ein entscheidender Einfluss für die Musikkultur dazugekommen.

Musik gilt also sowohl in der Geschichte, als auch in der modernen Zeit stets als ein zentrales Kernelement von Kultur. Spätestens aus der rasant progressiven Entwicklung von MP3-Playern, Musikportalen sowie internetfähigen mobilen Endgeräten heraus konnten sich unterschiedlichste Nutzungsmöglichkeiten zum Konsum von Musik bilden und stellen heutzutage ein nicht wegzudenkendes Konstrukt des Alltags dar.

2.2 Theoretische Grundlagen der Musikrezeption

Nachdem nun die geschichtliche Betrachtung von Musik und dessen Auswirkungen auf Menschen betrachtet worden ist, muss sich nun zu Beginn dieser empirischen Untersuchung die Frage gestellt werden, was Musik überhaupt ist und welches Konstrukt generell dahintersteckt. Im Laufe dieser Arbeit soll untersucht werden, wie sich Musik auf den menschlichen Körper – sowohl aus physischer als auch psychologischer Perspektive betrachtet – auswirken kann. Referenziert an die Geschichte aus Kapitel 2.1, so stellt Musik historisch betrachtet etwas Übernatürliches und sogar Göttliches dar, da es zu Beginn eine Wirkung mit enormem Ausmaß auf die menschlichen Emotionen hervorgerufen hat, welche zunächst nicht logisch erklärt werden konnte. Dieser starke Effekt der Musik wirkt sich – wie wir heute wissen - auch psychosomatisch aus und kann sowohl das Denken als auch das Handeln des Aufnehmenden, dem sogenannten Rezipienten (lat. „receptio“ = Aufnahme) beeinflussen und steuern. Dadurch lässt sich zum Beispiel das Verhalten beim Kauf lediglich durch musikalische Begleitung essenziell manipulieren. Auch die Motivation eines Menschen lässt sich mit zielgerichteter Musikstimulation entweder steigern oder mindern, da hierbei affektive Zustände ausgelöst werden.10

In der heutigen Zivilisation stellt Musik einen alltäglichen Begleiter des Menschen dar und wird zu vielen unterschiedlichen Zwecken verwendet. Demnach wird oftmals postuliert, dass die musikalische Stimulation als eine Form der Psychotherapie zu betrachten ist, welche oftmals zwar gezielt angewendet wird, im Empfänger der Stimulation jedoch unterbewusst stattfindet. Trotz der heutigen Erkenntnisse über die genaue Wirkung und den Einfluss von Musik auf das menschliche Gehirn, werden aktuell in der Neurowissenschaft viele Studien durchgeführt, um dieses Phänomen ganzheitlich nachvollziehen zu können.11 Im weiteren Verlauf dieses Kapitels sollen die theoretischen Grundlagen der Musikrezeption erläutert werden, sowohl aus physiologischer Perspektive als auch aus der psychologischen Betrachtungsweise.

2.2.1 Physiologische Betrachtung der Musikrezeption

Wenn von Musikrezeption gesprochen wird, so stellt dies einen neuroakustischen Signal- und Informationsverarbeitungsprozess dar. Das Gehör als eines unserer Sinnesorgane ermöglicht hierbei einem Menschen, auditive Informationen aus der Umwelt aufzunehmen und gilt neben dem visuellen System des Menschen – welches allgemein als dominantes Sinneskonstrukt angesehen wird – als eine einzigartige Möglichkeit mit der Umwelt zu interagieren, dessen Einflüsse wahrzunehmen und demnach Emotionen hervorzurufen, Gefahren zu entgehen oder die eigenen Aspekte der Wahrnehmung grundlegend zu modellieren. So kann die Aufnahme von auditiven Impressionen Menschen ermöglichen, Gefahren im Straßenverkehr zu minimieren, wenn bspw. das Signal einer Hupe ertönt, in Ekstase zu geraten, sobald eine spezifische Melodie angespielt wird oder aber auch den Fokus bewusst erhöhen, wenn ganz spezielle Frequenzen – wie beispielsweise bei binauralen Beats – auf das Gehör treffen. In diesem Kapitel wird der physiologische Prozess der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung beim Hören untersucht, welche nach dem Sehen den meistuntersuchten Sinn darstellt und für einige physische Prozesse, wie etwa soziale Kommunikation, von essenzieller Bedeutung ist. Klar ist, dass auch andere nicht-auditive Sinneswahrnehmungen einen tragenden Beitrag zur allgemeinen Wahrnehmung leisten und diese sich sogar in den meisten Fällen gegenseitig ergänzen, was allgemein bekannt ist unter der sogenannten multi-sensorischen Interaktion.12

Betrachtet man Musik im Kontext der Physiologie, so entspricht Musik einem Schallmuster, welches über das Medium Luft als Transversalwelle übertragen wird und über die Ohrmuschel in den Gehörgang gelangt. Von dort findet die Weiterleitung über den Malleus, Incus und Stapes in die Perilymphe statt, sodass eine sogenannte Wanderwelle in der Flüssigkeit entsteht. Aus dem mechanischen Schall heraus bildet sich nun durch die Depolarisation der Haarzellen der Basilarmembran mithilfe der Neurotransmitter ein elektrischer Impuls, welcher dann wiederum auf die Hörnervfasern transferiert wird. Die ca. 3500 Neuronen an der Cochlea vereinen sich durch den Hörnerv zu einem neuronalen Netz, welches bis hin zum auditorischen Kortex bis zu 100 Millionen Neuronen enthält. Alle akustischen Eigenschafen des Schalls werden innerhalb dieses Netzwerks verarbeitet und ausgewertet. Betrachtet man die Musikrezeption gesamthaft, spielen jedoch wesentlich mehr Areale im Gehirn eine entscheidende Rolle, als nur der auditorische Kortex. Dieser hat lediglich die Fähigkeit, die grundlegenden akustischen Eigenschafen – wie Frequenz, Tonlänge und Lautheit – zu klassifzieren. Während des Musikhörens sind noch einige andere Teile des Gehirns aktiv.

In der unten dargestellten Abbildung 1 werden die zusätzlich involvierten Gehirnareale dargestellt. Wenn man beispielsweise den Aspekt der Wahrnehmung von harmonischen und rhythmischen Merkmalen betrachtet, so sind zum Beispiel die inferioren frontalen und superioren temporalen Gyri – auf der linken Seite der Abbildung im unteren rechten Bereich des linken Gehirns erkennbar - dafür verwantwortlich. Im Kontext eines Studiums ist der Faktor Aufmerksamkeit unerlässlich. Wird bei einer Studieneinheit ein maximaler Lern- und Konsumerfolg von Informationen angestrebt, dann ist der Aspekt der Aufmerksamkeit ausschlaggebend für das Ausmaß des Erfolges in Studien- und Lernsituationen. Aus diesem Grund werden die verschiedenen Aspekte der Auswirkung von Musik im weiteren Verlauf der Arbeit näher beleuchtet, um ein besseres Verständnis über das Gesamtkonstrukt Musikrezeption – speziell im Kontext eines Studiums – zu erhalten.

Die nachfolgende Abbildung zeigt hierfür die Darstellung der wichtigsten Hirnregionen im Kontext von Musikrezeption, basierend auf Neuroimaging-Studien an gesunden Probanden.

Abbildung 1: Darstellung der wichtigsten Hirnregionen13

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie eingangs erwähnt, sind neben dem auditorischen Kortex während des Hörens von Musik viele weitere Gehirnareale aktiv, welche in Abbildung 1 grafisch dargestellt werden. Betrachtet man also den Vorgang der neuroakustischen Signal- und Informationsverarbeitung der Musikrezeption aus physiologischer Sicht, so wird der dorsolaterale präfrontale Kortex bei der Konzentration aktiv, was wiederum beim aktiven Zuhören geschieht, und speichert aufgenommene Informationen im Arbeitsgedächtnis. Das episodische Gedächtnis wird im Hippocampus angeregt und vergleicht - bei der Wahrnehmung von Musik – diese Erkenntnisse mit bereits bekannter (eingeprägter) Musik. Die durch die Musik evozierten Emotionen werden von den sogenannten Basalganglien gesteuert, indem sie Dopamin und Adrenalin ausschütten.14

Als beispielhaftes Konstrukt der physiologischen Auswirkung von Musik kann der Komplex der Aktivierung angeführt werden. Unter Aktivierung15 wird die Erhöhung der Körperfunktionen zum Zweck einer verbesserten Leistungsfähigkeit verstanden.16 Dabei werden etwa 40 verschiedene körperliche Parameter durch das Aktivierungssystem beeinflusst. Hierzu zählen zum Beispiel eine Veränderung der Atemfrequenz, eine Veränderung im Sinne einer stärkeren Blutzirkulation oder des elektrischen Hautwiderstandes. Dies wird durch die Stimulation des sympathischen Abschnitts des vegetativen Nervensystems bewirkt. Doch Musik kann auch den direkten Kontrast zur Aktivierung hervorrufen, bspw. durch die Stimulation des parasympathischen Nervensystems, welches eine Entspannung herbeiführt. Die Aktivierung wird durch einen anatomischen Aufbau im Mittelhirn geleitet, welcher als das sogenannte aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem bekannt ist (ARAS). Das ARAS bekommt Informationen sowohl von den efferenten Bahnen (Sensoren), als auch über muskuläre Aktionen, welche von anderen Teilen des Gehirns gesteuert werden. Die Informationen und Impulse des Aktivierungssystems gehen zu einem Kern, von dem aus entweder weitere Kerne oder komplette Hirnareale – wie dem Thalamus – aktiviert werden. Daher kann das Aktivierungssystem sowohl spezifische Anregungen auslösen, um so gewisse Aufmerksamkeitsprozesse zu steuern, respektive kann es aber auch unspezifische Erregungen produzieren, welche eine generelle Aktivierung des Organismus hervorrufen. Nach Robert M. Yerkes und John D. Dodson17 ist zwischen der Aktivierung und der Leistungsfähigkeit ein umgekehrter U-förmiger Zusammenhang zu erkennen. Hierbei tritt die größte Leistungsfähigkeit dann auf, wenn ein mittleres Maß an Aktivierung vorliegt. Viele Studien belegen, dass Musik einen starken Einfluss auf das Aktivierungsniveau haben kann. Ferner wird die stärkste Aktivierung durch Musik hervorgerufen, welche der Rezipient bevorzugt. Hinzu kommt, dass auch die Lautstärke beim Hören einen großen Einfluss auf die Aktivierungsintensität hat.18

Es wird also sofort deutlich, warum die theoretischen Vorüberlegungen von Musikrezeption so relevant sind. Der Gegenstand Musikrezeption stellt allein in der physiologischen Betrachtung ein komplexes Konstrukt dar, welches zunächst in den Grundzügen dargestellt werden muss, sodass am Ende ein sinnvolles Gesamtbild der Musikrezeption entstehen kann. Deshalb soll im Anschluss an dieses Kapitel nun die psychologische Perspektive in die theoretischen Vorüberlegungen integriert werden.

2.2.2 Psychologische Betrachtung der Musikrezeption

Nach der physiologischen Betrachtung der Musikrezeption sollen nun psychologische Grundbegriffe erläutert werden, welche sinnbildlich verdeutlichen, welche Auswirkung Musikrezeption in einer psychologischen Betrachtungsweise mit sich bringt. Hierfür werden im Folgenden die Begriffe

- Aufmerksamkeit,
- Habituation sowie
- Emotion und Stimmungslage betrachtet.19 Die Begriffe sind so ausgewählt worden, dass sie im Kontext eines Studiums bzw. auf die spezifische Situation einer studierenden Person transferiert werden können, um eine erste Überleitung zu schaffen. Ferner kann die deskriptive Beschreibung von psychologischer Auswirkung von Musik anhand dieser drei Teilkonstrukte sinnvoll und verständlich dargestellt werden.

2.2.2.1 Aufmerksamkeit

Als erster Begriff wird die Aufmerksamkeit näher untersucht, welche bereits in der physiologischen Betrachtung schon thematisiert worden ist. Betrachtet man den Effekt bzw. die Wirkungslosigkeit von Musik, so kann dies teilweise durch psychologische Modelle der Aufmerksamkeit erläutert werden. Beim Aspekt der Aufmerksamkeit ist es wichtig, zunächst die verschiedenen Funktionen von Aufmerksamkeit zu unterscheiden. Eine der Funktionen stellt die Intensitätsfunktion dar, welche entweder kurz- oder langfristig zur Erhöhung von Aufmerksamkeit dienen kann. Die sogenannte Selektivitätsfunktion repräsentiert die Auswahl sowie die Fokussierung auf diverse Reize. Rockstroh unterteilt dieses Konstrukt in die fokussierte, selektive, alternierende sowie geteilte Aufmerksamkeit.20 Musik, welche beispielsweise im Hintergrund abläuft, wird während der spezifischen Ausführung unterschiedlicher Aktivitäten rezipiert und tritt in Abhängigkeit von der individuellen Situation in einer von vier Selektionsmechanismen auf. Nach Broadbents klassischem Modell21, tritt zum Beispiel zunächst die Erfassung von allem Wahrgenommenen innerhalb eines sensorischen Zwischenspeichers auf, woraufhin die Signale dann durch eine Art Filtersystem weitergeleitet werden. Dies wird damit begründet, dass der Verarbeitungsprozess eines Menschen lediglich einen bestimmten Kapazitätsgrad zulässt. Laut Broadbent werden die Signale der Sensorik in geteilten Kanälen transferiert, das Konstrukt Aufmerksamkeit stellt somit die Verschiebung eines Filters innerhalb dieser Kanäle dar und ist auch als diese anzusehen.22

Treisman (1964)23 hat in ihrer Attenuationstheorie der Aufmerksamkeit eine unterschiedliche psychologische Betrachtungsweise zum Konstrukt Aufmerksamkeit als Teilbereich der Musikrezeption dargestellt. Folgende Darstellung soll Unterschiede zum Konstrukt von Broadbent und Treisman darstellen:

Abbildung 2: Gegenüberstellung der Theorien von Broadbent und Treisman24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie eingangs erläutert und in Abbildung 2 verdeutlicht, wird nach Broadbent (Filtertheorie, A) ein sogenannter selektiver Filtermechanismus auf einen von mehreren parallel verlaufenden Kanälen des Eingangs (Input) gesetzt. Den Verarbeitungsprozessen, welche zwar höher stattfinden, jedoch limitiert in ihrer Kapazität sind, wird lediglich über diesen Kanal Information zugespielt. Im Gegensatz dazu wird in der Theorie von Treisman (Attenuationstheorie, B) Information über sämtliche Kanäle zeitgleich übertragen, wobei jedoch der Informationsfluss von einem sogenannten Attenuatormechanismus abgeschwächt wird - die Gesamtmenge bleibt in puncto übertragener Information jedoch konstant.25 Bei der Betrachtung unterschiedlicher Modelle von Aufmerksamkeit wird also bereits deutlich, dass der Effekt bzw. die Wirkungslosigkeit von Musikrezeption – in Abbildung 2 sinnbildlich für den Input eines Rezipienten dargestellt – unterschiedliche Auswirkungen auf den Faktor der Aufmerksamkeit haben kann. Für die theoretische Vorüberlegung zur Auswirkung von Musikrezeption bedeutet dies im Sinne der psychologischen Betrachtungsweise, dass Musik – am Beispiel des Konstrukts der Aufmerksamkeit - auf verschiedene Individuen unterschiedliche Auswirkungen haben kann.

2.2.2.2 Habituation

Von einer Habituation wird dann gesprochen, wenn ein bestimmter Reiz repetitiv Auftritt und sich dabei als irrelevant erweist. Hierbei sorgen die sog. Neuheitsdetektoren, welche in einem Hirnareal – dem sog. Hippokampus (siehe Abbildung 1) – liegen, der am Gedächtnisprozess beteiligt ist, für die Prüfung eines jeden eingehenden Reizes. Bei dieser Prüfung verkleinert sich das Ausmaß der Aktivierung mit zunehmendem Vertrautheitsgrad des Rezipienten mit dem Reiz selbst.26 Diesem Prozess kommt eine große Bedeutung für die musikalische Wahrnehmung zu. Demnach könnte eine konstante Anwesenheit von Musik zu einer generellen Habituation führen. Hierzu kann folgendes Beispiel von Rötter und Plößner27 angeführt werden: Im Jahr 1994 ist das Kaufverhalten von ca. 25.000 Personen in einem Supermarkt untersucht worden. Kunden der Experimentalgruppe sind mit generischer Kaufhausmusik – instrumental und leise im Hintergrund ablaufend - beschallt worden, respektive hat die Kontrollgruppe an anderen Tagen keine Musik gehört. Im anschließenden Vergleich auf Umsätze, Verweildauer und Stimmung der Kunden sind keine signifikanten Unterschiede verzeichnet worden. Bei den Kunden der Gruppe ohne Beschallung von Musik ist hierbei ein verstärktes Bewusstsein darüber zu verzeichnen, dass mehr eingekauft worden ist, als es sich die Kunden im Vorhinein vorgenommen hatten. Hierfür könnte ein Habituationseffekt für die Wirkungslosigkeit von Musik im Hintergrund verantwortlich sein. Demgegenüber steht jedoch die Begründung, dass ein stereotypisches Publikum im Supermarkt als heterogen gilt. Forschungen haben erwiesen, dass mit individuell präferierter Musik die größte Wirkung ausgeht.28 Auch hier spielt die Auswirkung von Musik wieder eine individuell geprägte Rolle. Diese Bedingung wird in Supermärkten aktuell nicht erfüllt, da hier lediglich eine generische und für alle Einkäufer gleichermaßen standardisiert abgespielt wird und somit nicht immer den Kern der individuellen Präferenz treffen kann. Dies stellt neben der Habituation selbst den wichtigsten Aspekt für die Wirkungslosigkeit mancher Musik dar. Demnach befindet sich also in der Theorie die Annahme, dass aller Wahrscheinlichkeit nur dort Wirkungen entstehen, wo im Hintergrund oder Vordergrund eine individuell gewählte Musik ertönt. Diese Annahme gilt bereichsübergreifend, ob beim Autofahren, beim Sport oder am Studien- bzw. Arbeitsplatz.29 Zusammenfassend stellt die Erkenntnis aus dem Beispiel der Habituation also deutlich dar, dass Musik zum einen eine Auswirkung auf Habituationsmechanismus des Rezipienten haben kann und zum anderen dann den größtmöglichen Effekt erzielen kann, wenn die die Musikrezeption mit dem Hören von individuell präferierter Musik einhergeht.

2.2.2.3 Emotion und Stimmungslage

Wie eingangs bereits indiziert, soll Musik im Zuge dieser wissenschaftlichen Arbeit im Kontext eines Studiums und in Bezug auf Leistungsmotivation untersucht werden. Grundsätzlich liegt die Intention von Menschen, beim Entschluss Musik zu hören darin, dass Musik eine enge Verbindung zu den menschlichen Emotionen besitzt.30 Seit Beginn der Emotionspsychologie werden mögliche Funktionen von Emotionen von Forschern untersucht. Für einen langen Zeitraum der allgemeinen empirischen Untersuchung galt die Ansicht, dass Emotionen vorwiegend als Einflüsse mit erhöhtem Störfaktor gelten, welche rationales Denken und überlegtes Handeln beschränken bzw. beeinträchtigen können. Diesbezüglich hat die Ansicht zur Emotion einen Wandel erfahren. Vor diesem Hintergrund sieht die Mehrheit der Emotionsforscher es heute wie Keltner und Gross (1999), welche Emotion als eine adaptive Entgegnung bzw. Reaktion auf persönlich bedeutsame Herausforderungen in der Umwelt bezeichnen.31 Oakley und Johnson-Laird (1987) haben in ihrer Hypothese eine Erweiterung der Hypothese zur emotionalen Unterbrechung von Nobelpreisträger und Kognitionspsychologe Herbert A. Simon (1967) vorgenommen. Diese Hypothesenerweiterung enthält fünf Basisemotionen, welche von spezifischen Aspekten in der Zielverfolgung ausgelöst werden und dem kognitiven System einen Hinweis zu einer veränderten Situation geben. Diese fünf Basisemotionen sind folgende:

- Freude
- Traurigkeit
- Angst
- Ärger
- Ekel32

Die physiologischen Grundlagen von Emotionen, also die Rolle von Abläufen in unserem Körper und Gehirn, sind seit Anbeginn der Emotionspsychologie ein essenzieller Bestandteil dessen Untersuchung. Im Verlauf der letzten 20 Jahre konnte die Forschung in diesem Gebiet jedoch aufgrund von technologischen Entwicklungen enorme Fortschritte verzeichnen, weshalb das Verständnis von den biologischen Grundlagen von Emotionen heutzutage wesentlich größer ist.33 Die Emotionsverarbeitung läuft in einer komplexen Struktur des Gehirns – dem limbischen System – ab. Das limbische System – siehe Kapitel 2.2.1 - hat Verbindungen zu Hirnrinde, Hypothalamus und zum Hirnstamm. Das limbische System sorgt für die Verhaltensregulierung und die emotionalen Prozesse und stellt eine Verknüpfung zwischen sensorischen Informationen – also beispielsweise Musik - und motivationaler Bedeutung her.34

Das bedeutet, dass bei der Verknüpfung von Physiologie und Psychologie in puncto Emotion und Stimmungslage deutlich wird, dass Musik als sensorische Information einen motivationalen Effekt auslösen kann.

2.2.3 Mögliche Anwendungsbereiche im Kontext eines Studiums

Vor dem Hintergrund, dass eine Brücke zwischen Musikrezeption und dem Studienkontext geschlagen werden soll, sollen nun anschließend an die theoretischen Vorüberlegungen der Musikrezeption, die möglichen praktischen Anwendungsbereiche im Kontext eines Studiums betrachtet werden.

Neben einer physiologischen und einer psychologischen Betrachtungsweise werden nun anhand der korrelierenden Aspekte Verhaltensbeeinflussung, Leistungssteigerung sowie Auswirkung auf das Gedächtnis Gründe dargestellt, weshalb Studierende überhaupt in Erwägung ziehen könnten, Musik im Kontext ihres Studiums zu rezipieren.

2.2.3.1 Verhaltensbeeinflussung

Als erster möglicher Anwendungsbereich von Musik im Studienkontext soll die Verhaltensbeeinflussung angeführt werden. In der Musiktherapie bereits erkennbar, hat Musik einen enormen psychologischen Effekt auf den Hörer, welcher oftmals auch unterbewusst auftritt. Dieser Effekt findet nicht nur in der Medizin zur Behandlung von psychischen Erkrankungen Anwendung, sondern wird auch im alltäglichen Leben angewandt. Als Beispiel der Verhaltensbeeinflussung kann hierfür die Untersuchung von Smith und Curnow aus dem Jahr 1966 genannt werden. Hierbei ist herausgefunden worden, dass das Kaufverhalten der Kunden durch Werbe-Jingles oder durch leise Hintergrundmusik in den Einkaufsläden beeinflusst werden konnte. Die Erkenntnis aus dieser Untersuchung hat ergeben, dass Kunden bei lauter Musik im Durchschnitt kürzer im Laden verblieben sind als bei leiser Musik.35 Dieser Effekt konnte ebenso bei bei der Rezeption schneller Musik im Vergleich zu langsamer beobachtet werden. Je mehr Zeit ein Kunde im Markt lässt, desto mehr Produkte kann er letztendlich kaufen. In einem Vortrag aus dem Jahr 2017 zeigte der Neurowissenschaftler und Musiker Alan Harvey auf der Innovationskonferenz-Plattform TED (Technology, Entertainment, Design) in Perth36 die Auswirkungen von verschiedenen Musikstücken auf das Elektroenzephalogramm eines Probanden mit geschlossenen Augen. Während bei der Rezeption einer ruhigen und gleichmäßigen Musik vorwiegend Alphawellen messbar waren, änderten sich diese insbesondere bei einem Melodieverlauf mit einer hohen Asynchronität der Signale als Ausdruck einer enormen emotionalen Belastung. Durch das uns heute zur Verfügung stehende musikalische Verständnis und die uns bekannten Muster, kann eine veränderte Akkordreihenfolge zu einem nahezu schmerzhaften Gefühl führen. Das bedeutet, dass bei längerer Darbietung von Musik eine starke Beeinflussung des Menschen realistisch ist.37

2.2.3.2 Leistungssteigerung

Ein weiterer Bereich, welcher im Studium relevant ist, ist der Aspekt der Leistung und Leistungsmotivation. Leistung und Motivation stehen können in einem Kreislauf betrachtet werden. Verbesserte Leistung führt zu mehr Motivation, Leistung überhaupt zu erbringen. Ein motivierter Studierender hat größere Chancen, bessere Leistung erbringen, respektive wird ein demotivierter Studierender tendenziell schlechtere Leistung erbringen. Leistung und Motivation steht also in einem direkten Zusammenhang. Angesichts der Leistungssteigerung und dessen Zusammenhang mit Musik, wurde diese Kohärenz von Rauscher et al. 1993 in „Music as spatial task performance“38, populärer als der sogenannte Mozart-Effekt, beschrieben. Diese Studie zeigt eine verbesserte Leistung der Probanden in einem Test für räumliches Verständnis, während klassische Musik abgespielt worden ist. Respektive ist die Leistung der Probanden, welche nur Stille wahrgenommen haben, geringer ausgefallen. Der Mozart-Effekt ist umstritten, da bspw. auch andere stimulierende Reize, wie z. B. das Hören einer Kurzgeschichte, welche ebenfalls von den Probanden als positiv bewertet worden ist, zu einer verbesserten Leistung führen kann.39 Diese Beobachtung bezog sich zudem nicht nur auf die Fähigkeit des räumlichen Denkens, sondern auch auf Aspekte wie sprachliche Intelligenz oder Vigilanz. Hört ein Mensch demnach eine für ihn angenehme Musik, so kann dies in einer temporären Leistungssteigerung resultieren und folglich beim Lernen unterstützend und motivierend wirken.40

[...]


1 Kultusministerkonferenz 03.04.2020

2 Vgl. Brandstätter, V. et al (2018), S. 3

3 Paul, H. (2002), S. 675

4 Vgl. Brandstätter, V. et al (2018), S. 31

5 Vgl. Gasenzer, E.R., Leischik, R. (2018), S. 43-44

6 Vgl. Brandl, R.-M. (1993), S. 599-605; Brandl, R.-M. (1993), S. 604-606; Tarasov, N. (2005), S. 6-11

7 Vgl. Brandl, R.-M. (1993), S. 604-606

8 Vgl. Gasenzer, E.R., Leischik, R. (2018), S. 44

9 Vgl. Lundin, R. (1967), S. 29

10 Vgl. Brandstätter, V. et al (2018), S. 187

11 Vgl. Jones, W. D. et al. (2020), S. 3

12 Vgl. Müsseler, J., Rieger, M. (2017), S. 52

13 Jones, W. D. et al. (2020), S. 5

14 Vgl. Jones, W. D. et al. (2020), S. 4-5

15 Vgl. De la Motte-Haber, H., Rötter, G. (2005)

16 Vgl. Scherer, K.R. (2000), S. 137

17 Yerkes, R.M., Dodson, J.D. (1908), S. 459-482

18 Vgl. Rötter, G. (2010), S. 27-29

19 Vgl. Rötter, G. (2017), S. 31

20 Vgl. Rockstroh, S. (2011), S.70

21 Vgl. Broadbent, D.E. (1958)

22 Vgl. Rötter, G. (2017), S. 32-33

23 Vgl. Treisman, A. (1964), S. 12-16

24 Eigene Darstellung in Anlehnung an Müsseler, J., Rieger, M. (2017), S. 107

25 Vgl. Müsseler, J., Rieger, M. (2017),

26 Vgl. Rötter, G. (1986), S. 18 ff.

27 Vgl. Rötter, G., Plößner, C. (1994), S. 154-164

28 Vgl. Rötter, G. (1986)

29 Vgl. Rötter, G. (2017), S. 35

30 Vgl. Rötter, G. (2017), S. 35

31 Vgl. Keltner, D., Gross, J.J. (1999), S. 467-480

32 Vgl. Müsseler, J., Rieger, M. (2017), S. 197

33 Vgl. Dalgleish, T. et al. (2009), S. 355-368

34 Vgl. Rötter, G. (2017), S. 35

35 Vgl. Smith, P.C., Curnow, R. (1966), S. 255-256

36 Harvey, A. (2017)

37 Vgl. Jones, W. D. et al. (2020), S. 6

38 Rauscher, F.H., Shaw, G.L., Ky, K.N. (1993)

39 Schellenberg, E.G. et al. (2007)

40 Vgl. Jones, W. D. et al. (2020), S. 7

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Musikrezeption und Leistungsmotivation im Studium. Auswirkungen und Zusammenhänge
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
73
Katalognummer
V1176878
ISBN (eBook)
9783346604538
ISBN (eBook)
9783346604538
ISBN (eBook)
9783346604538
ISBN (Buch)
9783346604545
Sprache
Deutsch
Schlagworte
musikrezeption, leistungsmotivation, studium, auswirkungen, zusammenhänge
Arbeit zitieren
Oliver Koch (Autor:in), 2021, Musikrezeption und Leistungsmotivation im Studium. Auswirkungen und Zusammenhänge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1176878

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Musikrezeption und Leistungsmotivation im Studium. Auswirkungen und Zusammenhänge



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden