Das Konzept der Dekonstruktion und seine Bedeutung für Philosophie und Literatur


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Forschungsgegenstand und Materiallage
1.2. Fragestellungen und Schwerpunkte der Arbeit

2. Kurzbiographie Jacques Derrida

3. Dekonstruktion in der Philosophie

4. Dekonstruktion in der Literatur
4.1. Allgemeine Anmerkungen
4.2. Die „Yale-School“

5. Dekonstruktion - Ein Beispiel
5.1. Detektivgeschichte „ Der Tod und der Kompaß“
5.2. Auswertung

6. Schluß

7. Literaturverzeichnis

8. Internetlinks

1. Einleitung

1.1.Forschungsgegenstand und Materiallage

Im Rahmen der folgenden Seminararbeit möchte ich mich eingehend mit dem poststrukturalistischen Konzept der Dekonstruktion in Philosophie und Literatur beschäftigen. Meine Literaturrecherche ergab eine Reihe von Monographien und Aufsätzen, welche sich mit diesem Thema beschäftigen. Die Bibliographie reicht von Standardwerken Derridas der Sechziger, wie zum Beispiel „Grammatologie“ und die „Randgänge der Philosophie“, bis zu aktuellen Abhandlungen aus den neunziger Jahren. Hervorzuheben sind hierbei vor allem die Autoren Jonathan Culler und Peter V. Zima, welche sich auf Derrida bezugnehmend mit philosophischen und literarischen Aspekten der Thematik auseinandersetzen.

Das Internet lieferte mir neben biographischen Daten auch einige Möglichkeiten zur Einarbeitung in Fragestellungen meiner Seminararbeit.

1.2. Fragestellungen und Schwerpunkte der Arbeit

Ziel meiner Arbeit ist es, gemäß Gliederung aus der vorliegenden Literatur spezifische Fragestellungen zur Dekonstruktion zu bearbeiten.

Zunächst möchte ich anhand einer biographische Skizze Derridas die für das Verständnis seines Wirkens notwendigen persönlichen Informationen darstellen, um anschließend die philosophischen Grundlagen der von ihm geprägten Dekonstruktion zu erörtern. Hierbei gilt es vor allem deren Charakter und damit auch die Unterschiede zu strukturalistischen Konzepten herauszuarbeiten. Um die daraus resultierenden Auswirkungen auf das geisteswissenschaftliche Arbeiten zu verdeutlichen, möchte ich mich der Dekonstruktion innerhalb der Literaturgeschichte widmen. Besondere Beachtung soll in diesem Zusammenhang den Grundsätzen der als Yale-School bekannt gewordenen Professorengruppe zuteil werden, welcher eine herausragende Stellung in der amerikanischen Literaturwissenschaft der siebziger und achtziger Jahre zugeschrieben wird. Um meine theoretischen Ausführungen mit einem praktischen Beispiel zu verdeutlichen, werde ich mich eingehend mit einer Kurzgeschichte von Luis Borges auseinandersetzen. Unter Zuhilfenahme einer Definition möchte ich den betreffenden Text analysieren und die spezifischen Merkmale der Dekonstruktion herausarbeiten. Den Abschluß meiner Arbeit bildet eine Zusammenfassung sowie

das Literaturverzeichnis.

2. Kurzbiographie Jacques Derrida

Der französische Philosoph Jacques Derrida wurde am 15. Juli 1930 im algerischen El Biar geboren. Von 1935 bis 1941 besuchte er die Grundschule in seinem Geburtsort und wechselte anschließend zum Lycée Ben Aknoun. In dieser Zeit erfuhr er häufig Diskriminierungen aufgrund seiner Zugehörigkeit zum jüdischen Volk. Neben der Schule studierte er intensiv die Werke der Philosophen Rousseau, Gide, Nietzsche, Valéry und Camus. Außerdem veröffentlichte Derrida Gedichte in kleinen nordafrikanischen Zeitungen. 1947 bis 1948 besuchte er die

Philosophieklasse am Lycée Gauthier.[1] In den darauffolgenden Jahren

beschäftigte sich Derrida vor allem mit Texten Kierkegaards und Heideggers und beschloß die völlige Hinwendung zur Philosophie. Nach einem kurzen Aufenthalt an der Internatsschule Lycée Louis-le-Grand studierte Derrida von 1952 bis 1956 an der École Normale Supérieure in Paris.[2] Hier war er zeitweilig in Gruppen der nichtkommunistischen extremen Linken aktiv. Derrida schloß Freundschaft mit Foucault und besuchte mit Begeisterung dessen Vorlesungen. 1956 erhielt er ein Stipendium als „special auditor“ an der Universität von Harvard, wurde aber bereits ein Jahr später zum Militärdienst im Rahmen des Algerienkrieges zurückberufen. Von 1960 bis 1964 lehrte er Allgemeine Philosophie und Logik an der Sorbonne in Paris. Im Anschluß wurde er Dozent für Philosophiegeschichte an der École Normale Supérieure. 1966 nahm Derrida an der Johns Hopkins University in Baltimore an einem großen Kolloquium teil, welches eine spektakuläre Intensivierung der Rezeption bestimmter französischer Philosophen und Theoretiker in den USA einleitete. Bei diesem Treffen lernte der Philosoph unter anderem auch Paul de Man und Jacques Lacan kennen.[3] Ein Jahr später hielt er seinen sehr populär gewordenen Vortrag „Die différance“ vor der Société française de philosophie. Derrida veröffentlichte daraufhin erste Bücher, wie zum Beispiel „De la grammatologie“ und die für das Konzept der Dekonstruktion maßgeblichen „Randgänge der Philosophie“. Die wachsende Anerkennung des Auslandes in der Folgezeit spiegelte sich in der Mitgliedschaft in mehreren Akademien sowie vielfacher Verleihung von Preisen und Ehrendoktortiteln wider. Allerdings wurde der Philosoph in Frankreich in zunehmendem Maße vom

akademischen Betrieb ausgeschlossen. Aus diesem Grund kehrte Derrida 1971 nach Algerien zurück und nahm eine Lehrtätigkeit an der Universität von Algier auf. Ab 1975 lehrte Derrida in Yale und legte mit amerikanischen Professoren den Grundstein der sogenannten „Yale School“.

3. Dekonstruktion in der Philosophie

Die Dekonstruktion, eine Kombination aus den gegensätzlichen Begriffen der Konstruktion und Destruktion, gilt als wichtigstes Element des Poststrukturalismus. Geprägt wurde der Ausdruck von dem Philosophen Jacques Derrida, der die französischen Worte „déstruction“ und „construction“ zum Kunstwort „déconstruction“ zusammenfügte.[4]

In der Tradition Heideggers’ „Destruktion der Geschichte der Ontologie“ dekonstruiert Derrida das gesamte abendländisch-metaphysische Denken, welches er als Logozentrismus bezeichnet.[5]

Derrida betrachtete die gesamte Geschichte des Logozentrismus als eine Kette von Ersetzungen eines Zentrumsbegriffs durch weitere, ebenso metaphorische Begriffe. Philosophien bewertet er lediglich als Versionen des Logozentrismus, der für ihn immer die Annahme einer Ordnung von Sinn ist. Der Begriff Dekonstruktion impliziert, daß die hierarchischen Gegensätze des metaphysischen Denkens Konstruktionen oder ideologische Auflagen sind, die auf binären Oppositionen sowie auf einem externen Referenzpunkt, einer Präsenz wie Gott,

Wahrheit, Ursprung, Ursache, Transzendenz oder einem Zentrum beruhen.[6] Laut

Derrida hat sich auch der Strukturalismus nicht vom Logozentrismus gelöst, da eine Struktur nicht ohne Zentrum, in welchem Permutation und Transformation der Elemente untersagt sind, konzipiert ist. Dieses Tabu möchte der Philosoph brechen und an die Stelle eines starren Zentrums ein unendliches Spiel von Differenzen setzen. Derrida befürwortet in Anlehnung an Nietzsches „Fröhlicher Wissenschaft“ das Spiel der Welt „aus Zeichen ohne Fehl, ohne Wahrheit, ohne Ursprung, die einer tätigen Deutung offen ist.“[7] Dabei übernimmt er vom Strukturalismus die Methode der Zerlegung in klassische philosophische

Gegensätze, deren Hierarchien aber „durch eine doppelte Geste und eine doppelte Schreibweise“[8] umgekehrt und letztlich mit einer „generellen Deplazierung des Systems“[9] in die Nichtigkeit überführt werden. Diese Doppelstrategie soll die inneren Widersprüche des metaphysischen Denken aufzeigen. Ein einfach nachzuvollziehendes ist die Nietzscheanische Dekonstruktion der Kausalität, die

ein fundamentales Prinzip unseres Universums darstellt. Vorraussetzung dafür ist die logische und zeitliche Priorität der Ursache gegenüber der Wirkung. Erst die Annahme, daß ein Ereignis ein anderes verursacht und das jede Ursache eine Wirkung hat, macht die aktuell praktizierte Art des Denkens und Handelns durchführbar. Laut Nietzsche ist „dieser Begriff der kausalen Struktur nicht gegeben, sondern das Produkt einer bestimmten tropologischen oder rhetorischen

Operation, einer chronologischen Umdrehung.“[10] Empfindet eine Person

beispielsweise Schmerz, so ist sie veranlaßt nach der Ursache zu suchen. Das eventuelle Auftauchen einer Nadel assoziert eine Beziehung zwischen dem spitzen Gegenstand und dem Schmerz. Somit findet eine Umkehrung der wahrgenommenen Ordnung Schmerz – Nadel in den kausalen Zusammenhang Nadel – Schmerz statt. Anstelle der erlebten kausalen Abfolge tritt eine Metonymie. Das kausale Schema ist somit keine unbezweifelbare Grundlage, sondern lediglich Ergebnis einer rhetorischen Operation. Das bedeutet aber nicht, das die Dekonstruktion das Kausalitätsschema grundsätzlich verneint. Vielmehr arbeitet sie im gleichen Begriffsschema und mit den gleichen Prinzipien. Die Empfindung des Schmerzes ist die Ursache, weshalb die Nadel entdeckt und eine verantwortliche Ursache erzeugt wird. Eine Dekonstruktion der Kausalität erfolgt also, indem man mit dem Begriff der Ursache operiert und ihn selbst auf das kausale Prinzip anwendet.[11]

Wesentliche Unterschiede ergeben sich in dieser Beziehung zum skeptischen Argument Humes. In seinem „Treatise on Human Nature“ behauptet er, daß bei der Untersuchung kausaler Folgen lediglich Kontiguitätsbeziehungen und zeitliche Abfolgen zu finden sind. Eine inhaltliche Aufwertung von Verursachung gegenüber Kontiguität und Abfolge sieht Hume als nicht beweisbar. Wenn

[...]


[1] http://www.suhrkamp.de/autoren/derrida/derridabio.htm

[2] http://www.philosophenlexikon.de/derrida.htm

[3] Dahlerup, Pil: Dekonstruktion. Die Literaturtheorie der 1990er, Berlin 1998, S. 34.

[4] Pekar, T.: Dekonstruktion, in: Ueding, Gert (Hrsg): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Darmstadt, 1994, Bd. 2, S. 512.

[5] Zima, Peter V.: Die Dekonstruktion. Einführung und Kritik, Tübingen und Basel 1994, S. 30.

[6] http://www.itap.de/homes/otto/pynchon/dekon.htm#strat

[7] Derrida, Jacques: Die Schrift und die Differenz, Frankfurt/M, 1987, S. 441.

[8] Derrida, Jacques: Randgänge der Philosophie, Frankfurt/M, 1976, S. 154.

[9] ebenda.

[10] zitiert nach Culler, Jonathan: Dekonstruktion. Derrida und die poststrukturalistische Literaturtheorie, Hamburg, 1988, S. 96.

[11] http://www.itap.de/homes/otto/pynchon/dekon.htm#strat

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Konzept der Dekonstruktion und seine Bedeutung für Philosophie und Literatur
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Institut für Staatswissenschaften)
Veranstaltung
Hauptseminar: Kritische und Postmoderne Theorien - Ausgewählte Vergleichsaspekte
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
18
Katalognummer
V11772
ISBN (eBook)
9783638178389
ISBN (Buch)
9783638777476
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Derrida, Jacques Derrida, Dekonstruktion, Yale School, Borges, Kritische Theorie, Postmoderne
Arbeit zitieren
Andreas Hönicke (Autor:in), 2001, Das Konzept der Dekonstruktion und seine Bedeutung für Philosophie und Literatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11772

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