„Die Diskrepanz zwischen dem erklärten Willen zum gemeinschaftlichen Handeln
im Sinne von Supranationalität und mitgliedstaatlicher Autonomie im Sinne
nationaler Kontrolle der Entscheidungsprozesse ist kennzeichnend für den Charakter
der GASP und bleibt das entscheidende Paradigma bis in den Verfassungsertrag
hinein.“1 Dieses Zitat steht exemplarisch für das Dilemma mit dem
sich alle EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der GASP konfrontiert sehen. Während
man zwar heute nicht mehr wagen würde von Vergemeinschaftung im Sinne
von Kompetenzabtretung an ein EU-Organ zu sprechen, so war die Idee einer
supranationalen Außen-, und Sicherheitspolitik gerade im Vorfeld zum Abschluss
des Vertrages von Maastricht 1992 eine Position, die von der Bundesrepublik
als langfristig erreichbar angesehen wurde. Frankreich und Großbritannien
jedoch betrachteten seit jeher dieses sensible Politikfeld als nationalstaatliche
Domäne, weswegen man auch schnell zu der Einsicht gelangte, dass
eine vergemeinschaftete Außen-, und Sicherheitspolitik nicht realisierbar war.
Die Position der Bundesrepublik auf diesen, eng miteinander verzahnten Politikfeldern
beschreibt Franco Algieri treffend als eine „Parallelität von Kontinuität
und Wandel“2. Während der Handlungsspielraum zwischen 1949 und 1990 in
weiten Teilen als eingeschränkt betrachtet werden muss, so eröffneten sich
durch den Wegfall des Ost-West Konfliktes, den damit verbundenen Transformationsprozessen
in Mittel-, und Osteuropa sowie der deutschen Wiedervereinigung
erheblich größere Gestaltungsspielräume, die die nationale Interessenlage
der Bundesrepublik in größerem Maße als jemals zuvor berücksichtigen.
Die völlig neue geostrategische Lage ab 1990, verbunden mit einer starken
ökonomischen Leistungsfähigkeit lies alte Ressentiments in Großbritannien und
Frankreich wiederaufkommen. Die Bundesrepublik wusste jedoch mit Bedacht
darauf zu reagieren und unternahm in den 1990er Jahren große Anstrengungen,
um das nach dem 2. Weltkrieg widererlangte Vertrauen, durch Einbettung
in multilaterale Foren sowie einer Politik der nationalen Zurückhaltung zu rechtfertigen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Untersuchungsgegenstand
- 2. Position der Bundesrepublik in der Außen- und Sicherheitspolitik bis 1989 im europäischen Kontext
- 2.1 Europäische Politische Zusammenarbeit
- 2.2 Einheitliche Europäische Akte
- 3. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union
- 3.1 Akteure
- 3.2 Instrumente
- 3.3 Die Vertragsrevisionen von Amsterdam und Nizza
- 3.4 Die Rolle Deutschlands im Rahmen der GASP
- 3.4.1 Deutsch-französische Impulse
- 3.4.2 Die transatlantischen Beziehungen
- 3.5 Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
- 4. Die GASP nach dem Vertrag von Lissabon - Bewertung und Perspektiven für die Rolle Deutschlands im Kontext europäischer Sicherheitspolitik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik im europäischen Kontext, insbesondere die Rolle Deutschlands in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU. Der Fokus liegt auf der Analyse der Position Deutschlands von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart, unter Berücksichtigung der Herausforderungen und Veränderungen der internationalen Beziehungen.
- Entwicklung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit 1949
- Die Rolle Deutschlands in der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ)
- Die deutsche Position innerhalb der GASP und deren institutionelle Entwicklung
- Deutsch-französische Zusammenarbeit und transatlantische Beziehungen im Kontext der GASP
- Die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon auf die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung und Untersuchungsgegenstand: Die Einleitung beschreibt das zentrale Dilemma der GASP: den Konflikt zwischen supranationalem Handeln und nationalstaatlicher Autonomie. Sie skizziert die Position der Bundesrepublik, die zwischen dem Wunsch nach supranationaler Außenpolitik und der Akzeptanz nationalstaatlicher Grenzen navigiert. Die Arbeit untersucht die Entwicklung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik und deren Rolle in der GASP, von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart, mit besonderem Fokus auf die EPZ, die Einheitliche Europäische Akte und die Vertragsrevisionen von Amsterdam und Nizza. Die deutsch-französischen Impulse, die transatlantischen Beziehungen und die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon werden ebenfalls analysiert.
2. Position der Bundesrepublik in der Außen- und Sicherheitspolitik bis 1989 im europäischen Kontext: Dieses Kapitel beschreibt die deutsche Außenpolitik zwischen 1949 und 1989, die durch die Prinzipien der Westintegration, der nationalen Zurückhaltung und der Verankerung in multilateralen Foren geprägt war. Die Europäische Integration und die transatlantische Partnerschaft waren unverzichtbare Eckpfeiler. Trotz dieser Selbstbeschränkungen zeigt das Kapitel eine gewisse Emanzipation auf, insbesondere durch die Ostpolitik unter Brandt und Bahr. Die NATO spielte eine zentrale Rolle als Sicherheitsgarant.
2.1 Europäische Politische Zusammenarbeit: Dieses Unterkapitel analysiert die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) als ersten Schritt zur außenpolitischen Vertiefung innerhalb der EU. Die EPZ, obwohl intergouvernemental organisiert, bot ein multilaterales Forum zur Koordinierung der Außenpolitik der Mitgliedstaaten. Der Text betont, dass die EPZ keine eigenständige Organisation war und deren Beschlüsse nicht bindend waren, sondern den Status politischer Absichtserklärungen hatten. Die wachsenden internationalen Spannungen und die Pläne für eine europäische Ost-West-Konferenz spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der EPZ.
Schlüsselwörter
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Europäische Union (EU), Bundesrepublik Deutschland, Außenpolitik, Sicherheitspolitik, Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ), Einheitliche Europäische Akte, Vertragsrevisionen (Amsterdam, Nizza), Deutsch-französische Beziehungen, Transatlantische Beziehungen, Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), Vertrag von Lissabon, Supranationalität, Nationalstaatlichkeit, Multilateralismus.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Die Rolle Deutschlands in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik im europäischen Kontext, insbesondere die Rolle Deutschlands in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU. Der Fokus liegt auf der Analyse der Position Deutschlands von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart, unter Berücksichtigung der Herausforderungen und Veränderungen der internationalen Beziehungen.
Welche Zeiträume werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik von der Nachkriegszeit (1949) bis zur Gegenwart, mit besonderem Augenmerk auf die Entwicklung der GASP und die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Zentrale Themen sind die Entwicklung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit 1949, die Rolle Deutschlands in der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ), die deutsche Position innerhalb der GASP und deren institutionelle Entwicklung, die deutsch-französische Zusammenarbeit und transatlantische Beziehungen im Kontext der GASP sowie die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon auf die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung und Untersuchungsgegenstand; Position der Bundesrepublik in der Außen- und Sicherheitspolitik bis 1989 im europäischen Kontext (inkl. Unterkapitel zur EPZ und Einheitlichen Europäischen Akte); Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (inkl. Unterkapitel zu Akteuren, Instrumenten, Vertragsrevisionen von Amsterdam und Nizza, der Rolle Deutschlands in der GASP mit Fokus auf deutsch-französische Impulse und transatlantische Beziehungen, sowie der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik); Die GASP nach dem Vertrag von Lissabon - Bewertung und Perspektiven für die Rolle Deutschlands im Kontext europäischer Sicherheitspolitik.
Wie wird die Rolle Deutschlands in der GASP dargestellt?
Die Arbeit analysiert die Entwicklung der deutschen Rolle in der GASP von einer Position nationaler Zurückhaltung nach dem Zweiten Weltkrieg hin zu einer immer aktiveren und einflussreicheren Position innerhalb der EU. Dabei werden sowohl die Herausforderungen als auch die Erfolge der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik im europäischen Kontext beleuchtet.
Welche Bedeutung haben die deutsch-französischen Beziehungen und die transatlantischen Beziehungen?
Die deutsch-französische Zusammenarbeit und die transatlantischen Beziehungen werden als wichtige Faktoren für die Gestaltung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik und deren Rolle in der GASP betrachtet und detailliert analysiert.
Welche Rolle spielt der Vertrag von Lissabon?
Der Vertrag von Lissabon und dessen Auswirkungen auf die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik werden ausführlich untersucht und bewertet.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Europäische Union (EU), Bundesrepublik Deutschland, Außenpolitik, Sicherheitspolitik, Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ), Einheitliche Europäische Akte, Vertragsrevisionen (Amsterdam, Nizza), Deutsch-französische Beziehungen, Transatlantische Beziehungen, Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), Vertrag von Lissabon, Supranationalität, Nationalstaatlichkeit, Multilateralismus.
Welche zentralen Fragen werden in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung thematisiert das zentrale Dilemma der GASP – den Konflikt zwischen supranationalem Handeln und nationalstaatlicher Autonomie – und skizziert die Position der Bundesrepublik, die zwischen diesen Polen navigiert.
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- Oliver Ziesemer (Author), 2008, Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die ESVP - Die Position der Bundesrepublik Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117916