Internationale Filmkoproduktionen. Politische Rahmenbedingungen in Deutschland


Diplomarbeit, 2007

155 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Inhaltliche und methodische Vorgehensweise

2. Internationale Koproduktionen
2.1. Begriffsbestimmung und Analyserahmen
2.2. System und Akteure der Filmwirtschaft
2.3. Begriffsbestimmung Filmproduktion
2.4. Begriffsbestimmung internationale Koproduktion
2.5. Historische Entwicklung deutsch-internationaler Koproduktionen
2.6. Gründe für internationale Koproduktionen
2.7. Organisatorische Aspekte internationaler Koproduktionen
2.8. Juristische Aspekte internationaler Koproduktionen
2.8.1 Koproduktionsgesellschaft
2.8.2. Koproduktionsgemeinschaft
2.8.3. Bruchteilsgemeinschaft
2.8.4. Joint Venture
2.8.5. Der Koproduktionsvertrag
2.9. Inhaltliche Aspekte internationaler Koproduktionen
2.10. Vor- und Nachteile internationaler Koproduktionen
2.10.1. Vorteile internationaler Koproduktionen
2.10.2. Nachteile internationaler Koproduktionen
2.11. Abgrenzung von Kinofilm-Koproduktionen und Fernseh-Koproduktionen
2.11.1. Koproduktionen mit öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten
2.11.2. Koproduktionen mit privaten Fernsehsendern
2.12. Zwischenergebnis: internationale Koproduktion

3. Politische Rahmenbedingungen in Deutschland
3.1. Filmförderung
3.1.1. Nationale Förderinstrumente
3.1.2. Internationale Förderinstrumente
3.2. Staatliche Abkommen
3.2.1. Allgemeine Ausrichtung von bilateralen Abkommen
3.2.2. Bilaterale Abkommen der deutschen Bundesregierung
3.2.3. Das Europäische Übereinkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen
3.3. Der Medienerlass
3.3.1. Die Hintergründe des Medienerlasses
3.3.2. Steuerliche Annäherung an den Medienerlass
3.3.3. Die Behandlung internationaler Koproduktionen nach dem Erscheinen des Medienerlasses
3.3.4. Die Folgen für die internationale Koproduktion mit deutscher Beteiligung
3.4. Der Deutsche Filmförderfonds (DFFF)
3.4.1. Bestimmungen des Deutschen Filmförderfonds
3.4.2. Der DFFF und internationale Koproduktionen
3.5. Zwischenergebnis: Politische Rahmenbedingungen in Deutschland

4. Rahmenbedingungen in anderen Ländern
4.1. Großbritannien
4.2. Frankreich
4.3. Ungarn
4.4. Kanada
4.5. Vergleich bzw. Analyse der deutschen Rahmenbedingungen mit denen anderer Länder
4.6. Zwischenergebnis: Rahmenbedingungen in anderen Ländern

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

7. Anlagen

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Plakat „Dancer in the Dark“

Abbildung 2: System und Akteure der Filmwirtschaft

Abbildung 3: Organisatorische Strukturen von Koproduktionen

Abbildung 4: Organisatorische Strukturen von Koproduktionen

Abbildung 5: Organisatorische Strukturen von Koproduktionen

Abbildung 6: Organisatorische Strukturen von Koproduktionen

Abbildung 7: Organisatorische Strukturen von Koproduktionen

Abbildung 8: Plakat „Troy“

Abbildung 9: Plakat „Die Rote Violine“

Abbildung 10: Plakat „Deep Blue“

Abbildung 11: Erstaufführungen in Deutschland in den Jahren 1997-2006

Abbildung 12: Ungarisches Anreizsystem für die Filmwirtschaft

Tabelle 1: European character of the project

Tabelle 2: Ländervergleich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Plakat „Dancer in the Dark“1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Koproduktionen sind wie Sex:

bizarre Konstellationen, verwickelte Ko- operationen, komplizierteste Kombina- tionen. Oft wundert man sich, was die Leute eigentlich miteinander zu tun haben.“

Dieter Kosslick2

Die Filmwirtschaft ist heute internationaler denn je. Stetig steigende Herstellungskosten bringen Produzenten aus allen Ländern an einen Tisch und eine verschärfte Standortpolitik lockt Filmproduktionen selbst nach Trinidad Tobago3. Immer öfter wird dort produziert, wo mit professionellem Personal, geringem Aufwand und den größten Fördermöglichkeiten ge- arbeitet werden kann. Internationale Koproduktionen vereinfachen diese Zusammenarbeit und sind für Produzenten ein Weg, Filmprojekte finanzi- ell, organisatorisch sowie künstlerisch zu verwirklichen und sich gleichzeitig weitere Absatzgebiete zu erschließen.

So haben zahlreiche Staaten in den vergangenen Jahren Maßnahmen erlassen, die den Zugang zu ihrem nationalen Filmmarkt regulieren, die einheimische Filmindustrie fördern und deren Zusammenarbeit mit der internationalen Filmwirtschaft unterstützen. Um von diesen Maßnahmen partizipieren zu können arbeiten auch deutsche Produzenten häufig im Rahmen internationaler Koproduktionen mit ausländischen Partnern zusam- men. Für diese Kooperation hat die deutsche Bundesregierung juristische und steuerliche Rahmenbedingungen geschaffen. Diese werden den prakti- schen Erfahrungen der Filmwirtschaft jedoch nicht immer gerecht und sind zum Teil sogar konträr.

1.1. Fragestellung

Vor dem eingangs beschriebenen Hintergrund beleuchtet die vorliegende Diplomarbeit politische und gesetzliche Rahmenbedingungen für deutsch- internationale Koproduktionen. Sie diskutiert dazu anhand zentraler organi- satorischer, juristischer und inhaltlicher Aspekte deren Vor- bzw. Nachteile. Die deutsche Situation wird vergleichend in die sogenannten Anreizsysteme andere Länder eingeordnet.

1.2. Inhaltliche und methodische Vorgehensweise

Im zweiten Abschnitt der vorliegenden Arbeit werden zunächst die Produkti- onsform der „Koproduktion“ definiert und ihre historische Entwicklung aus deutscher Sicht dargestellt. Danach werden sowohl mögliche Gründe für Koproduktionen, als auch deren organisatorische, juristische und inhaltliche Aspekte näher beschrieben.

Da auf nationaler Ebene ein Großteil der Spielfilmproduktionen in Zu- sammenarbeit mit Fernsehsendern stattfinden, wird diese Möglichkeit dargestellt und vom Bereich der internationalen Koproduktion von Kino- filmen abgegrenzt.

Im dritten Abschnitt werden die politischen Rahmenbedingungen für internationale Koproduktionen in Deutschland untersucht. Dafür werden die derzeit wichtigsten politischen und gesetzlichen Regelungen, wie bilaterale Abkommen, die deutschen und europäischen Förderinstrumente sowie der Medienerlass und die Maßnahmen des Deutschen Filmförder- fonds erläutert.

Der vierte Abschnitt widmet sich schließlich der Darstellung der politischen „Anreizmodelle“ für die Filmwirtschaft Großbritanniens, Frankreichs, Kanadas sowie Ungarns und vergleicht diese im Anschluss mit dem Deutschlands.

Bislang fand die Thematik „politische Rahmenbedingungen internatio- naler Koproduktionen“ sowohl in der wissenschaftlichen, als auch in der praxisbezogenen Literatur wenig Beachtung. Daher liegt der Anspruch der vorliegenden kompilatorischen Arbeit darin, einen Überblick der aktuellen politischen Rahmenbedingungen Deutschlands für die Durchführung internationaler Koproduktionen zu geben. Die Erkenntnisse der Arbeit beruhen auf einer systematischen Auswertung aktueller und grundlegender Fachveröffentlichungen. Laufende Entwicklungen konnten bis zum 5. September 2007 berücksichtigt werden. Da es sich zudem um ein inter- nationales Thema handelt, wurde häufig mit englischsprachiger Literatur und Presse gearbeitet.

Im Hinblick auf die Internationalität – sowohl des Themas, als auch des Studiums, das diese Arbeit erfolgreich beenden soll – wurden Zitate nicht ins Deutsche übersetzt. Die Arbeit verwendet die Bezeichnung „Film“ für programmfüllende4 Spielfilme, die im Sinn des deutschen Filmförder- gesetzes (FFG) zum Zweck der Uraufführung im Kino hergestellt werden. Dokumentar-, Industrie-, Kurz- und Werbefilme sowie TV-Formate bleiben unberücksichtigt. Um übermäßige Doppelungen zu vermeiden, wird nicht immer die vollständige Bezeichnung „internationale Koproduktionen“ verwendet, sondern von „Koproduktionen“ gesprochen. Wenn keine explizite Abgrenzung zur rein nationalen Koproduktion5 vorgenommen wird, schließt die Bezeichnung „Koproduktion“ auch die internationale Zusammenarbeit ein.

2. Internationale Koproduktionen

2.1. Begriffsbestimmung und Analyserahmen

Um im späteren Verlauf der Arbeit die aktuellen Rahmenbedingungen für internationale Koproduktionen aufzeigen und analysieren zu können, sollen zunächst das System und die Akteure der Filmwirtschaft dargestellt und da- nach auf den Bereich der Filmproduktion im allgemeinen sowie auf interna- tionale Koproduktion im speziellen eingegangen werden.

Die nachfolgenden Definitionen und Ausführungen treffen in der Regel auch auf die verschiedenen Varianten von nationalen Koproduktionen zu. Darauf wird aber nur zu Abgrenzungszwecken eingegangen.

2.2. System und Akteure der Filmwirtschaft

Seit der Einführung der Kinematografie um 1900 hat sich das Medium Film zum Massenkommunikationsmittel entwickelt. „Wer im Jahre 2000 die Bilder beherrscht, beherrscht die Welt“6, so Filmregisseur Wim Wenders zum heutigen Stellenwert des Film. Im Laufe der Jahre entstand eine stetig wachsende Branche, die Michael Thiermeyer als ein Subsystem der Wirtschaft beschreibt und dessen Akteure in den Bereichen Produktion, Distribution und Konsumtion tätig sind.7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: System und Akteure der Filmwirtschaft8

2.3. Begriffsbestimmung Filmproduktion

Der Begriff Filmproduktion (Stufe 1 in der Abbildung) steht für die Finan- zierung und Herstellung eines Kino- oder Fernsehfilms. Im Hinblick auf die Inhalte einer Filmproduktion gibt es in der Literatur verschiedene Variationen, die sich jedoch nur minimal voneinander unterscheiden. Im Folgenden werden drei Herangehensweisen exemplarisch vorgestellt.

Nach Diana Iljine und Klaus Keil wird zur Herstellung marktfähiger Filme ein konsequenter Produktionsrhythmus benötigt, der bei jedem Projekt wiederkehrt:

- In der ersten Phase der Herstellung müssen stets Stoffauswahl, Drehbuchentwicklung und Marktforschung betrieben werden.
- In der zweiten Phase folgt ein strategischer Prozess, der die Zusammenstellung eines verkaufsfähigen „package“9 und einer lückenlosen Finanzierung beinhaltet.
- In der dritten Phase folgt dann die eigentliche Produktion. Auch hier gibt es einen immer gleich ablaufenden Rhythmus: Vorberei- tung, Dreharbeiten, Nachbearbeitung und Endfertigung.
- Die vierte Phase steht schließlich für den Verwertungsprozess im Kino, Video, terrestrischen Fernsehen, Satellitenfernsehen, Pay-TV, Internet und in interaktiven Medien.10

Eine andere Einteilung stammt von Christina Kallas:

„Man kann inzwischen von fünf Phasen sprechen (>>ein Film entsteht fünfmal<<): 1. Idee, Buch, 2. Finanzierung, 3. technische Vorberei- tung, Besetzung, 4. Drehen, Schnitt, Mischung, 5. Auswertung, PR, Vertrieb.“11

Ähnlich wie Iljine und Keil geht auch Duvvuri von vier Phasen aus:

„Die Filmherstellung erfolgt durch den Produzenten, in Form von na- türlichen oder juristischen Personen, gemeinsam mit filmtechnischen Unternehmen, die z.B. Ateliers und Geräte vermieten oder Teile der Leistungserstellung übernehmen (z.B. digitale Bildbearbeitung oder Musik). Der Produktionsprozess lässt sich in die Phasen Entwicklung, Pre-Production, Production und Post-Production untergliedern.“12

Aber anders als Iljine und Keil beschreibt Duvvuri die Post-Production Phase als Phase der Verfeinerung des Negativs und Erstellung von Kopien für die Kinoauswertung. Den anschließenden Verwertungsprozess des Films ordnet Duvvuri den späteren Prozessstufen zu.

In seiner Definition benennt Duvvuri nicht nur deren einzelne Phasen, sondern stellt zudem einen Zusammenhang zwischen dem Produzenten und den – für die Produktion ebenfalls unerlässlichen – filmtechnischen Unternehmen her. So entsteht eine zeitgemäße Definition, die im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit verwendet werden soll.

2.4. Begriffsbestimmung internationale Koproduktion

Wie die obenstehende Definition für Filmproduktion Anwendung im Bereich der internationalen Zusammenarbeit findet, beschreibt Steve Norris, CEO der British Film Commission anhand des Films „Elisabeth“:

„It was made in Britain, the story of an English queen played by an Australian actress, directed by an Indian director, and financed by an American company. It is fair to say that co-production is crucial to our industry.”13

Die Bezeichnung „Koproduktion“ stammt aus der Fachsprache des Film- wesens und steht in der Regel für einen Zusammenschluss von zwei oder mehreren Filmproduzenten zum Zweck der Herstellung eines Films. In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen, wie beispielsweise der etwas eigenwillige Ansatz von F.K. Geyer, der zwischen „Ko-Eigen- produktion“ und „Ko-Auftragsproduktion“ unterscheidet.

„Damit meint er, dass neben den Grundtypen der Eigen- und der Auftragsproduktion im Grunde keine eigenständige Kategorie der Koproduktion existiert, sondern dass sie je nach Anteil an den Produktionskosten als Eigen- oder Auftragsproduktion anzusehen und zu behandeln ist.“14

Der Hamburger Medienrechtsanwalt Dr. Andreas Pense grenzt die Kopro- duktion hingegen von rein wirtschaftlichen Interessen ab und erklärt:

„Filmvorhaben, an dem mindestens zwei Partner beteiligt sind. Die jeweiligen Koproduktionspartner leisten dabei jedoch nicht nur einen finanziellen Beitrag zu den Herstellungskosten und übernehmen je nach Vereinbarung einen Teil des wirtschaftlichen Risikos (sog. Cost- Sharing), sondern sie treffen in der Regel auch gemeinsame Entschei- dungen und tragen die Verantwortung in allen für die Filmherstellung wesentlichen Bereichen, wie Drehbuch, Besetzung, Produktionsbud- get, Cash-Flow-Plan, Drehbuch, Gesamtfinanzierung und Verwertung. Der jeweilige Koproduktionsanteil kann finanziert werden durch Eigen- kapital, Fremdkapital oder Filmförderung.“15

Dr. Penses Darstellung erläutert zeitgemäß sowohl die wirtschaftlichen, als auch organisatorischen Kernelemente einer Koproduktion und soll daher der vorliegenden Arbeit als Definition für Koproduktionen dienen.

Neben der Koproduktion wird in der Literatur auch von Gemeinschafts- produktion oder Kofinanzierung gesprochen. Um diese vom Begriff der Koproduktion abzugrenzen oder gleichzustellen, werden beide im Folgenden definiert, finden aber im weiteren Verlauf der Arbeit keine Berücksichtigung. Kallas ordnet die Gemeinschaftsproduktion dem Bereich der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten zu und erklärt, dass von Gemeinschafts- produktionen meist dann gesprochen wird, wenn „zwei oder mehrere deutschsprachige Sender gemeinsam einen bestimmten Programm- beitrag realisieren […].16 Im Hinblick auf die Koproduktion sind jedoch keine objektiven Unterscheidungskriterien erkennbar und da in den relevanten Gesetzestexten regelmäßig der Begriff „Gemeinschaftsproduktion“ verwendet wird, wird er im Kontext der vorliegenden Arbeit mit dem Begriff „Koproduktion“ gleichgestellt.

Die Kofinanzierung, die auch als Unterform der Koproduktion bezeichnet wird, steht für eine rein finanzielle Partnerschaft zwischen Produzent und Geldgeber17. Letzterer investiert in die Herstellung eines Filmes einen bestimmten Betrag oder erwirbt die Verwertungsrechte daran und wird entsprechend seines Investments prozentual an den Einkünften beteiligt. Kofinanzierer können beispielsweise private Investoren, Fernsehanstalten, Filmhändler oder Verleiher und Videoprogrammanbieter sein.

2.5. Historische Entwicklung deutsch-internationaler Koproduktionen

In diesem Kapitel wird ein knapper historischer Überblick über die Ent- wicklungsstufen der deutschen Zusammenarbeit mit dem meist europäischen Ausland gegeben.

„Von ihrer Entstehung her ist die eigentliche Koproduktion diejenige, die auf internationaler Ebene betrieben wird.“18 So entstand die Idee, Filme ge- meinsam zu produzieren, erstmals um 1920 in Europa. Vor dem 1. Weltkrieg beherrschte die französische Filmwirtschaft den internationalen Markt, und namhafte Produzenten wie Méliès, Gaumont sowie Pathé19 hatten Verkaufs-, Verleih- und Produktionsniederlassungen in der ganzen Welt etabliert. Selbst in Amerika gehörten ihre Filialen zu den großen Produktionsunternehmen des Landes. Der 1. Weltkrieg unterbrach die Filmproduktion in Frankreich und Europa, währenddessen sich in Hollywood konkurrenzlos eine schnell wachsende Filmindustrie entwickeln konnte.

Nach dem Krieg wurden vorrangig amerikanische Filme in den euro- päischen Kinos gezeigt und die amerikanische Filmindustrie versuchte ihre Produktions- und Verleihfilialen in Europa zu etablieren. Zudem warb Hollywood durch technisch und finanziell aufwendigere Produktionen den europäischen Filmen die Zuschauer ab und verringerte so die Amortisations- chancen neu entstehender europäischer Produktionsfirmen. Hinzukamen durch die Entwicklung des langen Spielfilms stetig steigende Produktions- kosten, diedieeuropäische Filmwirtschaftzwangen, nachgeeigneten Gegen- strategien zu suchen. Das führte 1921 zur ersten internationalen Koproduktion zwischen Deutschland und der Schweiz: „Im Kampf mit dem Berge“. Danach folgten weitere Koproduktionen, vorrangig zwischen Deutschland, der Schweiz, Österreich sowie Frankreich und etwa ab Mitte der 1920er auch mit Italien.

Ausgehend von den Gründen für die europäische Zusammenarbeit, schildert Thiermeyer:

„Die wichtigsten Vorteile der internationalen Coproduktion waren von Anfang an offensichtlich: Aufteilung von Finanzierung und Risiko, Vorteile beim internationalen Absatz, Chance der Qualitätsstei- gerung durch ein höheres Budget und größere Auswahl an Filmschaffenden.20

Das Aufkommen des Tonfilms führte erstmals zum Erliegen der internatio- nalen Koproduktionsaktivitäten, da er die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem anderssprachigen Ausland zunächst erheblich beeinträchtigte. Das führte aus deutscher Sicht zu einem Anstieg von Koproduktionen mit dem deutschsprachigen Ausland – Österreich und Teilen der Schweiz.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland gab es durch die schlagartige Verringerung potentieller Partner einen weiteren Einschnitt in die Entwicklung der internationalen Koproduktion. „Während des Krieges entstanden ganze drei deutsch-ausländische Coproduktio- nen, und zwar mit der Schweiz und den beiden Kriegspartnern Italien und Japan.“21 Nach dem 2. Weltkrieg hemmten in der Bundesrepublik22 fehlende politischen Rahmenbedingungen und die geringe Popularität deutscher Filme die Zusammenarbeit mit dem Ausland.

In Europa hatte der Franzose M. Fourré-Cormeray bereits Mitte der 40er Jahre ein zwischen-staatliches Abkommen für Italien und Frankreich ent-wickelt. Dessen Ziel war es, die gemeinschaftliche Produktion zu fördern und Produzenten durch die Qualifikation als „nationaler Film“ den Zugang zu den Förderinstrumenten beider Länder zu ermöglichen. Wenige Jahre nach dem Krieg, 1949, wurde das französisch-italienische Abkommen unterzeichnet und in den folgenden Jahren zum Vorbild für zahlreiche nach- folgende Abkommen zwischen den Staaten Europas. Da es in der BRD weder bilaterale Abkommen noch staatliche Subventionen für die Film- wirtschaft gab, war das Land als potentieller Koproduktionspartner kaum gefragt.

Der Besucherrückgang in den Kinos und die immer größer werdende Konkurrenz des Fernsehens machten es ab 1960 nicht nur in Deutschland notwendig, Kinofilme durch aufwendigere Produktionen von Fernsehfilmen abzugrenzen. Die damit verbundenen stetig steigenden Produktionskosten belebten im Hinblick auf die Finanzierungs- und Risikoverteilung die Form der internationalen Koproduktion in Deutschland. Den Höhepunkt der Inter- nationalisierung erlebte der deutsche Filmmarkt um 1965, als mehr interna- tionale Koproduktionen als nationale Spielfilme hergestellt wurden.23

Durch Investitionen wandelte sich das Fernsehen im folgenden Jahrzehnt vom Konkurrenten zum Partner der deutschen Filmwirtschaft. Zusätzlich gewann die Filmförderung – 1968 war die Filmförderungsanstalt (FFA) gegründet worden – stetig an Bedeutung und führte dazu, dass sich die nationale Kinofilmproduktion zunehmend vom Markt löste. Während es den Produzenten durch diese Entwicklungen gelang, einen wesentlichen Teil ihres Absatzes auf dem nationalen Fernsehmarkt zu generieren, verlor das Instrument der internationalen Koproduktion an Bedeutung.

Vor allem die Etablierung der europäischen Förderprogramme EURIMAGES (1988) und MEDIA (ab 1990), Medienfonds sowie der Abschluss mehrerer bilateraler Koproduktionsabkommen durch die deutsche Regierung rückte die Form der internationalen Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren wieder in das Blickfeld deutscher Produzenten.

Aktuell wird diskutiert, ob dieser Aufwärtstrend durch den Medienerlass aus dem Jahr 2001 sowie dessen Erweiterung von 2003 und den Wegfall der Medienfonds im Jahr 2005 beeinträchtigt wird. Auf diese Entwicklungen wird im Abschnitt 3 näher eingegangen.

2.6. Gründe für internationale Koproduktionen

„Filme, die international koproduziert werden, bekommen mehr Facetten und die Produktionen werden in einem größeren Rahmen möglich“24, so Produzent Arno Ortmair zu den Gründen für eine internationale Zusam- menarbeit. Die jeweiligen Koproduzenten bringen meist landesspezifi- sches Wissen und Erfahrungen in die Produktion ein, wodurch der Film das gewünschte internationale Vermarktungspotential erhält. „Gerade weil inter- national vermarktbare deutsche Filme gefordert werden, sollten sich deut- sche Produzenten verstärkt internationale Finanzierungsmöglichkeiten zu Nutze machen. Das gelingt durchaus mit internationalen Koproduktionen“, so Ortmair weiter.25

Das zeigt, dass sowohl künstlerische und organisatorische Gründe, als auch finanzielle Vorteile Anlass für internationale Koproduktionen sein können. Durch die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ergibt sich in der Regel die Möglichkeit, ein Budget zu erzielen, dass der einzelne Produzent nicht aufbringen könnte. Dass es vor allem um die Finanzierung geht, verdeutlichte auch Jan Mojto, Film- und Fernsehproduzent, während des MBA-Seminars „Spielfilm und Koproduktion“ im Jahr 2004. Der eigent- liche Anlass internationaler Koproduktionen seien die Finanzierungsvor- teile: „Koproduktion ist vor allem wirtschaftlich getrieben, nicht inhaltlich“, so Mojto zum Auftakt des zweitägigen Seminars.26 So wird aus Sicht der Filmproduzenten das finanzielle Risiko auf mehrere Partner verteilt, es können höhere Eigenmittel generiert werden, die Auswertungsmöglich- keiten werden beachtlich vergrößert, durch nationale Ursprungszeugnisse werden steuerliche Vorteile erreicht und der Zugang zu verschiedenen Fördersystemen sowie speziellen Drehorten wird erleichtert. Zudem werden von internationalen Fördereinrichtungen wie dem europäischen Filmfonds EURIMAGES Mittel für internationale Koproduktionen zur Verfü- gung gestellt.

Während für Produzenten meist der finanzielle Aspekt Grund für eine inter- nationale Koproduktion sein kann, steht für Verleiher ein erhöhtes Mitspra- cherecht an der Produktion im Vordergrund. Dirk Lisowsky von Universal Pictures Germany beschreibt die Motivation folgendermaßen:

„Als Koproduzent sichert man sich durch einen entsprechenden finanziellen Betrag die Rechte, auf die Produktion Einfluss nehmen zu können. Dies betrifft auch Terminierung und Budgets. Man hat als Koproduzent ein höheres Maß an Steuerungsmöglichkeiten als beim Erwerb eines fertigen Films.“27

Ein weiterer, wenn auch eher ungewöhnlicher Anlass für eine Zusammenar- beit, kann die Auseinandersetzung mit einer gemeinsamen Vergangenheit sein. So planen Japan und China derzeit28 den Abschluss eines Koproduktionsabkommens und haben bereits eine sieben Punkte um- fassende Vereinbarung unterzeichnet. „Wir müssen uns mit unserer unerfreulichen Vergangenheit auseinandersetzen und diese Vereinbarung ist ein Anfang“, so der stellvertretende Direktor der Auslandsvertretung von UniJapan Film, Takashi Nishimura, in Anspielung auf die Behandlung der Chinesen durch die Japaner während des 2. Weltkriegs.29 Die Vereinbarung ist die Vorstufe für den Abschluss des Koproduktionsabkommens30 und sieht regelmäßige Branchetreffen, Workshops für Koproduktionen mit jeweils am anderen Land interessierten Produzenten und den Austausch von Zahlen wie Statistiken über Boxoffice31 und Leinwandzahlen sowie einen Vermitt- lungsservice für Produzenten und Filmprojekte vor.

2.7. Organisatorische Aspekte internationaler Koproduktionen

Ebenso wie unterschiedlichste Motivationen zu einer internationalen Koproduktion führen können, entstehen bei der jeweiligen Zusammenarbeit verschiedene organisatorische Formen. Diese werden im Folgenden näher erläutert.

In der Literatur gibt es auch im Hinblick auf die organisatorischen Formen von Koproduktionen verschiedene Ansätze. Der Journalist Horst Vetter unterscheidet beispielsweise zwischen:

- „der klassischen“ – gleiche Leistung und gleiche Beteiligung der Partner,
- „der gebräuchlichen“ – ein Partner wird mit der Durchführung beauftragt und
- „der gerechten“ – jeder Partner wird nach dem Rotationsprinzip mit der Durchführung einer Produktion beauftragt – Koproduktion.

Andere Experten sprechen von vier unterschiedlichen Formen der Koproduktion:

- Pre-Sale – Vorabverkauf,
- Twinning – länger bestehendes Joint Venture,
- Mischproduktion32 und
- echte – finanzielle und kreative Beteiligung des Produzenten.33

Im Hinblick auf die Thematik der vorliegenden Arbeit, ist die Einteilung des britischen Anwalts Peter McInerney von Interesse. Er unterscheidet zwischen:

- „offiziellen“ – im Rahmen eines bilateralen Abkommens hergstellt,
- „inoffiziellen“ – ohne Abkommen hergestellte Koproduktionen.

Die bilateralen Abkommen, auf die in Kapitel 3.2.2. ausführlicher eingegan- gen wird, sind bei internationalen Koproduktionen die Voraussetzung für die Einstufung als „nationaler Film“ und der dadurch mögliche Zugriff auf nationale Fördermittel.34

Da Koproduktion selten einem bestimmten Schema oder Ablauf folgen, kann die organisatorische Einteilung auch nach verschiedenen unter- nehmerischen und rechtlichen Strukturen vorgenommen werden. Die folgenden Diagramme zeigen organisatorische Strukturen, die – wenn auch nicht immer realistisch oder sinnvoll – bereits angewendet wurden35:

a) The most straightforward co-production structure is when three co-producers agree to produce the film jointly. Any and all agree- ments between the parties are based on this one co-production agreement.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 3: Organisatorische Strukturen von Kopro- duktionen.

b) Co-producers 1, 2 and 3 decide to co-produce the film through a Special Purpose Company (SPC), which means that they grant all rights and contracts needed to make the film to the SPC, and gain joint-ownership of the film through the SPC’s shares. This isolates the film as a stand-alone activity, making it much ieasier to control financially, and to establish acts of security. The bank can provide an off-balance-sheet finance to the film. This structure also ensures that the film is free from burden of the co-producers’s past activities so previous debts cannot threaten the co-production.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 4: Organisatorische Strukturen von Kopro- duktionen.

c) Here the delegate producer has been authorised to create an SPC, and the co-production agreement provides the co-producers with the necessary rights. In this type of structure the SPC becomes more of a service company fort he practical and technical produc- tion of the film.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 5: Organisatorische Strukturen von Kopro- duktionen.

d) A variation of Diagram b), where the delegate producer first iso- lates the film in an SPC to keep the film rights in that company. In this case the delegate producer’s SPC an the co-producers jointly create an SPC.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 6: Organisatorische Strukturen von Kopro- duktionen.

e) In this case each co-producer has decided to isolate al of his or her activities relating to the production of the film in a company of ist own. The three SPCs then form a production company to carryout the physical production of the film. This is fairly costly structure due to related legal and accounting expenses, but it provides each of the co-producers with a flexible system allowing them to easily assign their ownership to a third party. This type of complex structure is usually the result of demands from third-party financiers, financing institutes, banks an the like.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 7: Organisatorische Strukturen von Kopro- duktionen.

2.8. Juristische Aspekte internationaler Koproduktionen

Die juristische Form internationaler Koproduktionen wird vom Gesetzgeber nicht geregelt. Zivilrechtlich ergibt sie sich im Einzelfall aus dem Vertragswerk und der tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung. Das Filmförderungsgesetz wiederum unterscheidet zwischen internationaler Koproduktion (§16 FFG) und internationaler Kofinanzierung (§16a FFG).

Der Medienerlass differenziert jedoch nach steuerrechtlichen Maßstäben und geht davon aus, dass mit dem Abschluss der Koproduktionsverein- barung entweder eine Koproduktionsgesellschaft (Koproduktions-GbR) oder eine Koproduktionsgemeinschaft entsteht. Welche der beiden Formen der jeweiligen internationalen Koproduktion zugeordnet wird ist maßgeblich im Hinblick auf die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland. Daher werden beide im Folgenden ausführlich erläutert.

2.8.1. Koproduktionsgesellschaft

Bei der Koproduktionsgesellschaft handelt es sich steuerrechtlich um eine Mitunternehmerschaft und zivilrechtlich um eine Gesellschaft des bürger- lichen Rechts.

Mitunternehmerschaft:

Eine Mitunternehmerschaft steht für die gemeinschaftliche Erwirtschaf- tung betrieblicher (also selbstständiger oder gewerblicher) Einkünf- te durch eine Personengesellschaft. Bei einer Mitunternehmerschaft ist das Steuersubjekt jedoch nicht die Gesellschaft als solche, die gemeinschaftlichen Einkünfte werden einheitlich und gesondert fest- gestellt und von den Beteiligten separat versteuert.36

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts:

Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts wird mit GbR oder BGB-Ge- sellschaft abgekürzt. Sie beschreibt eine auf einem Vertrag beruhende Vereinigung mehrerer Personen, die zur Erreichung eines gemeinsa- men Zwecks (§§ 705 folgende BGB) gegründet wurde. […]

Die GbR wird u. a. aufgelöst bei Erreichen des Zwecks, Tod eines Gesellschafters, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft oder durch Kündigung.37

Kümmern sich die Koproduzenten gemeinsam um die Produktion, tragen beide das Produktions- und Auswertungsrisiko und schließen entsprechende Verträge im Namen der GbR ab, wird im Sinne des § 15 EStG sowohl in der Produktionsphase, als auch in der Auswertungsphase eine Mitunternehmer- schaft unter den Beteiligten begründet. Beteiligen sich deutsche Produzen- ten an einer Koproduktionsgesellschaft im Ausland, begründen sie durch den Mitunternehmeranteil eine Betriebsstätte38 in dem jeweiligen Land. Das Gleiche gilt auch für den ausländischen Partner. Zudem kann auch ein Dritter, der nicht (Mit)Inhaber des Produktionsunternehmens ist, von Fall zu Fall als Mitunternehmer im Hinblick auf die Produktion angesehen werden. Ein solcher Fall kann zum Beispiel eintreten, wenn er an den Einspielergeb- nissen beteiligt ist, wenn er dem (Ko-) Produzenten Leistungsschutzrechte zur Auswertung bei der Produktion überträgt sowie wenn er Einfluss auf die Finanzierung oder technische und künstlerische Gestaltung des Projektes nimmt.

Findet die Auswertung des Films durch jeden einzelnen Koproduzenten für jeweils besondere Rechte statt, so ist es möglich, dass sich die Mitunter- nehmerschaft ausschließlich auf die Produktionsphase bezieht.

2.8.2. Koproduktionsgemeinschaft

Genau wie die Koproduktionsgesellschaft ist die Koproduktionsgemein- schaft zivilrechtlich in der Regel eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Aus steuerrechtlicher Sicht ist bei der Koproduktionsgemeinschaft jedoch keine Mitunternehmerschaft gegeben, was in der Regel eine Vermeidung des Betriebsstättenproblems zur Folge hat.

„Eine Koproduktionsgemeinschaft liegt grundsätzlich dann vor, wenn diese nach objektiv nachprüfbaren Kriterien lediglich kostendeckend Leistungen für die beteiligten Koproduzenten erbringt und der Kopro- duktionsgemeinschaft als solcher spätestens nach Beendigung der Filmherstellung keinerlei Verwertungsrechte verbleiben.“39

Das bedeutet, dass im Rahmen der Koproduktionsgemeinschaft zum einen keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen darf und dass ihr zum anderen nach Beendigung der Filmherstellung keinerlei Verwertungsrechte verblei- ben dürfen. Das heißt, die Auswertungsrechte müssen eindeutig zwischen den Koproduktionspartnern aufgeteilt sein.

2.8.3. Bruchteilsgemeinschaft

Eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, auch Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741ff. BGB) genannt, liegt vor, wenn mehrere Personen durch einen Vertrag oder per Gesetz gemeinsam Inhaber des Rechtes an einem Gegenstand sind. Das bedeutet, dass die Rechtszuständigkeit, nicht aber der Gegenstand geteilt wird – jedem Teilhaber stehen ideelle Bruchteile zu, die er beliebig veräußern oder belasten kann. Die Verwaltung des Gegenstandes erfolgt gemeinschaftlich, jedoch ist die Gemeinschaft als solche kein Träger von Rechten und Pflichten. Ihre Aufhebung kann jederzeit verlangt werden und sie erfolgt durch Teilung in Natur oder Verkauf (bei Grundstücken durch Teilungsversteigerung, einem Unterfall der Zwangsversteigerung). Das Gegenteil der Bruchteilsgemeinschaft ist die Gesamthandsgemeinschaft, wie z.B. die Erbengemeinschaft.40

2.8.4. Joint Venture

Gerade im Hinblick auf die internationale Zusammenarbeit kommt es seit mehreren Jahren verstärkt zur Bildung von so genannten Joint Ventures: grenzüberschreitende Gemeinschaftsunternehmen. Diese sind sowohl durch Kooperation, als auch durch Autonomie gekennzeichnet. Das bedeu- tet, dass selbstständige Unternehmen durch die Gründung einer neuen, rechtlich selbstständigen Geschäftseinheit vorübergehende Kooperationen eingehen, an der sie jeweils durch Kapital beteiligt sind. Im Filmbereich wird mit Hilfe von Joint Ventures vor allem eine eventuelle Defizitfinanzierung vermieden, der Vertrieb vereinfacht und eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen. Im Hinblick auf internationale Koproduktionen arbeiten die beteiligten Koproduzenten in der Regel mit einem Grundkonzept und teilen sich darauf basierend die Arbeit – bspw. werden unabhängig voneinander verschiedene Folgen einer Serie produziert.41

2.8.5. Der Koproduktionsvertrag

Koproduktionsverträge müssen aus Sicht des deutschen Gesetzgebers nicht schriftlich abgeschlossen werden. Normalerweise wird trotzdem ein solcher Vertrag als Geschäftsgrundlage der Zusammenarbeit aufgesetzt. Dieser ist meist sehr umfangreich und wird von Fachjuristen schlüssig bis ins Detail verhandelt, ausformuliert, bei internationalen Koproduktionen in englischer Sprache abgefasst und abschließend notariell beglaubigt.

„Die Rechtsform des Koproduktionsvertrags ist in der Regel die Gesellschaftbürgerlichen Rechts, dereninterne Gestaltungeinvernehm- lich unter den Gesellschaftern durch den Gesellschaftsvertrag auszu- machen und zu regeln ist.“42

Zum einen ist es Gegenstand eines Koproduktionsvertrags, das filmische Werk so präzise wie möglich zu definieren. Zum anderen werden die verschiedenen Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Beiträge der einzelnen Koproduzenten für die Phasen der Vorproduktion, Produktion und Nach- produktion genau aufgelistet. Ebenso werden die Eigentumsbestandtei- le am Film sowie die entstandenen Urheber- und Leistungsschutzrechte detailliert aufgeschlüsselt und Festlegungen für die wirtschaftliche Auswertung des Films getroffen. Zu den wesentlichen Inhalten eines Koproduktionsvertrags gehören folgende Punkte:43

1. Präambel
2. Vertragsgegenstand
3. Vorbestehende Werke
4. Durchführung der Produktion und Haftung
5. Budget
6. Finanzierung
7. Förderung
8. Befolgung der Voraussetzungen nach bilateralen oder europäischen Koproduktionsabkommen
9. Material
10. Zuordnung der entstehenden Rechte
11. Auswertungsvorgaben und Auswertungsverträge
12. Erlösverteilung, Rückflussplan (Recoupment)
13. Nennungsverpflichtung
14. Öffentlichkeitsarbeit
15. Dauer und Beendigung der Koproduktion
16. Sonstige Regeln

Damit nationale Fördermittel beantragt werden können, findet die Vertrags- gestaltung zudem oft im Hinblick auf die Vorgaben der bilateralen oder multilateralen Koproduktionsabkommen statt. Daher werden heute bereits standardmäßig detailliertere Angaben zu folgenden Punkten in die Kopro- duktionsverträge aufgenommen:

- Material
- Festlegung, auf welchem Material, welche Sprachfassungen mit welchem Budget hergestellt werden sowie, wer die entsprechenden Kosten trägt
- Eigentum am sowie Zugang zum hergestellten Material
- Einlagerung im Kopierwerk

- Zuordnung der entstehenden Rechte
- Urheber- und Leistungsschutzrechte, Auswertungsrechte
- Territorial Aufteilung – Exklusivgebiete
- Inhaltliche Aufteilung (nach Medien, Nebenrechten und Merchandising)

- Ausgabenkontrollen
- Bereitstellen von so genannten Prüfungstestaten über die Ausgaben in den jeweiligen Ländern (Budgetierung)

- Auswertungsvorgaben und Auswertungsverträge
- Auswertungsabfolge: Sperrfristen, Erstausstrahlungsrechte, Reihenfolge der Verwertungskette
- Weitere Vorgaben der Förderungsinstitutionen: Ort der Premiere, Collecting Agent

- Nennungsverpflichtung
- Nennung der Koproduzenten – berücksichtigen der Vorgaben gemäß dem jeweiligen Koproduktionsabkommen
- Beachtung der Nennungsvorgaben in den Territorien – Förderinstitutionen sowie nationale Besonderheiten
- weitere Nennungen44

Ebenso wird meist vertraglich festgelegt, wer als ausführender Produzent agiert und inwieweit die Vertragspartner Entscheidungen zu organisa- torischen, technischen, wirtschaftlichen, finanziellen, künstlerischen sowie rechtlichen Fragen gemeinsam treffen und tragen. Um im Ernstfall abgesichert zu sein, ist es Praxis, bereits im Vorfeld festzuschreiben, was passiert, wenn einer der Koproduzenten seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann oder will. Für einen solchen Fall wird meist vereinbart, dass der andere Vertragspartner unter Einhaltung bestimmter Formen und Fristen den Vertrag aufkündigen, sprich entweder die Rechte und Pflichten des anderen übernehmen oder einen neuen Koproduzenten einsetzen kann.

2.9. Inhaltliche Aspekte internationaler Koproduktionen

Nicht jeder Stoff eignet sich für eine internationale Koproduktion, beziehungsweise ist grenzüberschreitend Erfolg versprechend. Daher werden im internationalen Bereich fast ausschließlich Kino- und Fernsehfilme produziert, wobei neben Biopics45 Romanverfilmungen die größten Erfolge verzeichnen. In diesem Kontext eignen sich vor allem historische Themen für internationale Koproduktionen, da Geschichten wie die von „Troja“ oder „Robin Hood“ universell und überall auf der Welt bekannt sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 8: Plakat „Troy“46

Ebenso sind Zukunfts- oder Abenteuerromane geeignet, da diese durch eine Kombination von verschiedenen fantastischen Elementen Zeit und Raum überschreiten und so keine speziellen kulturellen Rahmen- bedingungen beachten müssen. Gute Beispiele hierfür sind die weltweiten Kassenschlager „Indiana Jones“ und „Star Wars“.47

Eine weitere international Erfolg versprechende Kombination ist die aus kulturellem Hintergrund und zeitunabhängigem Inhalt. Deren Wirkungs- mechanismen lassen sich gut am Beispiel der multilateralen Koproduktion48

„Die rote Violine“ verdeutlichen:

Im Montreal der Gegenwart wird die legendäre „Rote Violine“ versteigert und Bieter aus aller Welt sind angereist, um dieses seltene und wertvolle Stück in ihren Besitz zu bekommen. Während der Auktion erfährt der Zuschauer in Rückblenden die wechselhafte Geschichte der Violine.

Diese beginnt 1681 in Cremona/Italien. Dort ist Geigenbauer Nicole Bussotti glücklich verheiratet und seine Frau Anna erwartet ihr erstes Kind. Da passiert das Unfassbare: Anna stirbt während der Geburt. Daraufhin vergräbt sich Bussotti und steckt alle Kraft in die Fertigstel- lung der einzigartigen „Roten Violine“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 9: Plakat „Die Rote Violine“49

Rund 100 Jahre später wird in einem österreichischen Kloster das Talent eines Waisenjungen entdeckt, der es versteht, die „Rote Violine“ meisterhaft zu spielen. Auch er stirbt unerwartet und wird mit dem Instrument begraben. Das Grab wird jedoch ausgeraubt und die rote Violine kommt wieder in Umlauf. Nach weiteren 100 Jahren taucht sie in Oxford auf und im 20. Jahrhundert kommt sie während der Chinesischen Kulturrevolution zum Einsatz.

Schließlich landet sie im kanadischen Montreal, wo sie versteigert werden soll.

Durch die Reise der Violine über Kontinente und durch Jahrhunderte über- schreitet die Geschichte sowohl die Zeit, als auch die kulturellen Grenzen aller beteiligten Koproduzenten und eignet sich so als globaler Stoff be-sonders für die Form der internationalen Koproduktion.50

Anders ist es bei den meisten Dokumentar- bzw. Kulturfilmen – da sich diese Genres vorrangig mit nationalen Themen beschäftigen, haben sie auf dem internationalen Markt nur geringe Verwertungschancen.51 Werden Dokumentarfilme dennoch im Zuge internationaler Koproduktionen hergestellt, berichten sie meist über Natur, Sport oder internationale Berühmtheiten.52

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Plakat „Deep Blue“53

2.10. Vor- und Nachteile internationaler Koproduktionen

Auch wenn der gewählte Stoff für eine internationale Koproduktion geeignet scheint, gibt es zahlreiche andere Aspekte, die eine solche Produktion positiv oder negativ beeinflussen können.

„A co-productionis not a one-night stand but rather more like a long- lasting marriage, and your choice of partner can make the difference between a happy marriage and a nightmarish union potentially ending in divorce. Unfortunatly, there are countless examples of co-pro- duction where the parties involved put each other through hell and back, vowing never to co-produce again. Hence, the key is to marry well … not often.“54

2.10.1. Vorteile internationaler Koproduktionen

Wie beschrieben, führte unter anderem der finanzielle Vorteil von inter- nationalen Koproduktionen zu deren Entstehung. So wird das wirtschaftliche Risiko normalerweise zwischen den Partnern geteilt und ein größeres Budget geschaffen. Außerdem können sich durch die Nutzung der nationalen Fördermöglichkeiten weitere Finanzierungsmöglichkeiten wie Subventionen oder Steuervorteile ergeben.

Die Vergrößerung der Absatzmärkte wurde ebenso bereits erwähnt und ist, genau wie die vereinfachte Nutzung der Distributionswege, ein ent- scheidender Vorteil von internationalen Koproduktionen. Der europäische Distributionsmarkt wird von Amerika beherrscht und gerade die mangelhafte Verbreitung europäischer Filmproduktionen wird immer wieder als eines der Hauptprobleme der europäischen Filmwirtschaften genannt. Die Form der internationalen Koproduktion ermöglicht dem Produzenten den Zugang auf den heimischen Markt seines Partners, der zudem die hiesigen Distributions- wege und Verleiher kennt und mit diesen in der Regel bereits zusammen- arbeitet. „If you have a co-producer in a country, the local support there is strengthened, which also means that PR & marketing will be optimised“, bestätigt und ergänzt Per Holst55 von Nordisk Film aus Dänemark. Gerade die größeren Auswertungsmöglichkeiten sind ein entscheidender Faktor für die Refinanzierung von Filmen und somit für die wirtschaftliche Entwicklung der entsprechenden Produktionsfirma.

Die oft als nachteilig beschriebenen unterschiedlichen Mentalitäten der Beteiligten können die Produktion bei einem richtigen Umgang auch kreativ beflügeln und dadurch stärken:

“T wo producers, when they get together to work, bring a lot of sensitivities, which would weigh with their proposed audiences. If those particular inputs are integrated at the production stage, that is the kind of input that can make a co-production so much stronger and so much more appealing to a variety of audiences.“56

Die Bündelung von Kreativität und Spezialwissen – gerade im Bereich der Animation und bei Effekten – führt am Ende häufig zu positiven Ergebnissen, die rein nationale Produktionen nicht erzielt hätten.

Schließlich ermöglichen internationale Koproduktionen gerade euro- päischen Produzenten die Zusammenarbeit mit internationalen Stars, was oft zu einem Prestigegewinn für die Produktion und damit zu einer einfacheren Vermarktung des Films führt.57

2.10.2. Nachteile internationaler Koproduktionen

Neben den zahlreichen Vorteilen internationaler Koproduktionen gibt es auch Nachteile, wie Dieter Kosslick kurz und prägnant zusammenfasst:

„Wer einmal in irgendeiner Form an einer Koproduktion beteiligt war, kennt das Gefühl: ‚Das kann alles nicht funktionieren, das ist viel zu kompliziert.’ Dazu die verschiedenen Rechtssysteme, kulturelle Differenzen, politische Absichten. Wer soll das verstehen. Von den Sprachdifferenzen mal ganz abgesehen.“58

Ein ganz einfacher, aber auch ganz entscheidender Nachteil sind die komplizierten und oft langwierigen Entscheidungswege einer internationa- len Zusammenarbeit: „die Projektverantwortung kann man letztlich nicht teilen“, so Jan Mojto59.

Da internationale Koproduktionen in der Regel stattfinden, um die jeweiligen nationalen Förderinstrumente nutzen zu können, werden Dreh- bücher, Crew und Cast sowie Gagengefüge oft nach deren Vorgaben gestaltet. Diese Handhabung steigert unter anderem oft die Reisekosten und dadurch die Produktionskosten allgemein.

Negativ kann sich auch die meist sehr komplizierte Vertragsgestaltung auf die Zusammenarbeit erweisen. Das beginnt bei der einfachen Definition ab wann von einer Koproduktion gesprochen wird und endet bei den verschiedenen rechtlichen Gegebenheiten:

„Eines der größten Hindernisse für die Weiterentwicklung internationaler Koproduktionen besteht in der Unsicherheit, die sich aus der Ver- schiedenheit der europäischen Gesetzgebungen und dem Inhalt der Begriffe ergibt, auf die sich die Gesetzestexte stützen. […] Schwer- wiegende Fehler können sich aus der falschen oder ungefähren Übersetzung ergeben, oder – wenn der Koproduzent Zugang zu den Gesetzestexten in der eigenen Sprache hat – aufgrund der Unterschiede im Inhalt und in der Bedeutung der Konzepte.“60

Für viele Koproduzenten liegt das Problem aber vor allem im Zugang zu den notwendigen rechtlichen Vorgaben und entsprechenden Interpretationen des jeweiligen Koproduktionslandes.

Im Rahmen einer europäischen Zusammenarbeit werden die Nachteile, die aus den komplizierten Gesetzgebungen resultieren durch finanzielle Hürden verstärkt:

„Bezeichnend ist, dass die meisten europäischen Banken ihre Aktivitäten auf das eigene Land beschränken. Bei ausländischen Krediten bevorzugen sie amerikanische Koproduktionen, weil ihnen die europäischen aufgrund der komplexen Gesetzgebungen und der unterschiedlichen Sprachen zu kompliziert sind.“61

Neben rechtlichen und wirtschaftlichen Problemen können im Rahmen internationaler Koproduktionen gerade Mentalitätsunterschiede und unterschiedliche kulturelle Hintergründe für Missverständnisse sorgen. So musste beispielsweise die dänische Produzentin Lise Lense-Møller von Magic Hour Films ApS im Rahmen einer dänisch-polnischen Koprodukti- on feststellen, dass die Arbeitsweisen in den einzelnen Ländern sehr ver- schieden sein können. Sie erinnert sich, dass für einen Dreh in Dänemark vereinbart wurde, polnisches „key personnel“, sprich Kameramann, Set Designer etc., einzusetzen. Zum Problem wurde die Situation, als sie feststellen mussten, dass in Polen wichtige Positionen und Verantwortliche nicht davon ausgehen, dass sie mit anfassen oder Equipment tragen müssen – das ist unter ihrer Würde, und während in Dänemark für einen Dreh dieser Größenordnung 20 Leute gereicht hätten, wird in Polen mit einem Stab von rund 100 Leuten gearbeitet.

Ebenfalls von einer „Lernerfahrung“ spricht Arnold Messer, der die deutsch- amerikanische Serienproduktion62 „Berlin Break“ bei Columbia TriStar leitete, in einem Artikel des „Hollywood Reporters“. So kann sich bereits die Planungsphase einer internationalen Zusammenarbeit schwierig gestalten:

„Da es in Deutschland nur wenige talentierte Produzenten gibt, müssen sie Monate im Voraus unter Zusage eines festen Drehbe- ginns verpflichtet werden. In Hollywood ist das Herumtüfteln an einem Projekt bis zur letzten Minute völlig normal, eine Herangehensweise, die mit den langen Vorlaufzeiten der Deutschen völlig unvereinbar ist.“63

Dem folgen unterschiedliche Budget- und Zeitvorgaben, die bei den jeweiligen Teammitgliedern Verständnisprobleme hervorrufen können – „Berlin Break“ wurde beispielsweise nur mit 65-70 Prozent des Budgets einer vergleichbaren Hollywood-Fernsehserie und in nur sieben oder acht Tagen abgedreht, was für deutsche Verhältnisse sehr schnell ist.

Neben den Rahmenbedingungen kann auch Mimik und Gestik der unter- schiedlichen Nationalitäten zu Problemen oder Zeitverzug führen:

„Bei so subtilen Dingen, wie z.B. schauspielerischen Gesten oder Beleuchtung gibt es Unterschiede zwischen dem amerikanischen und deutschen Stil. Alles dauert viel länger, vor allem, wenn sich kreatives talent aus aller Herren Länder mit einer ihnen fremden Sprache herum- schlagen müssen.“64

Schließlich fällt auch die Anpassungsfähigkeit der Techniker an die Bedingungen internationaler Koproduktionen unterschiedlich aus und kann daher problematisch werden. Messer hat die Erfahrung gemacht, dass Deutsche Beleuchter von den Hollywood-Führungskräften ausgesprochen gut beurteilt wurden, während er deutsche Cutter durch ihr gänzlich anderes Arbeitstempo als die sieht, denen es am schwersten fällt, sich an Koproduktionen mit den USA anzupassen.

2.11. Abgrenzung von Kinofilm-Koproduktionen und Fernseh-Koproduktionen

Bei der Betrachtung von Koproduktionen muss in Deutschland auch ein Augenmerk auf die Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern gelegt werden. Diese ist im nationalen Bereich gesetzlich geregelt und konzentriert sich so auf den deutschen Filmmarkt. Nationale Fernsehanstalten treten bei zahlreichen Produktionen als finan- zierende Koproduzenten auf oder kaufen bereits im Vorfeld der Produktion die Ausstrahlungsrechte. Dadurch ist das hiesige Verhältnis zur Filmwirtschaft besonders eng und die Fernsehsender spielen im Hinblick auf die Finanzierung von nationalen, aber auch von internationalen Kino-filmen eine entscheidende Rolle. Beispielsweise arbeitete Produzent Bernd Eichinger im Rahmen der internationalen Kinofilmkoproduktion „Der Untergang“ sowohl mit nationalen als auch mit internationalen Fernseh- sendern zusammen:65

- Constantin Film Produktion
- Norddeutscher Rundfunk (NDR) (co-production)
- Westdeutscher Rundfunk (WDR) (co-production)
- Degeto Film (co-production)
- Österreichischer Rundfunk (ORF) (co-production)
- EOS Entertainment (co-production)
- Rai Cinemafiction (co-production)

Eine solche Konstellation ist allerdings eher die Ausnahme. Da es für die internationale Zusammenarbeit mit der deutschen Fernsehbranche keine gesonderten Regelungen gibt, werden untenstehend zur Vollständigkeit die nationalen Gesetzgebungen dargestellt. Aus inhaltlicher Sicht sind sie für den Verlauf der vorliegenden Arbeit nicht weiter von Interesse.

2.11.1. Koproduktionen mit öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten

Zu den angewendeten Koproduktionsformen der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten gehören im Wesentlichen:

- Gemeinschaftsproduktionen mit deutschen Filmherstellern im Rahmen des Film/Fernsehabkommens66 (wobei die Ausstrah- lungsrechte an diesen Produktionen den Fernsehanstalten nach einer 24-monatigen Kino- und Videoauswertung für sechs Jahre mit einer Option auf Verlängerung zur Verfügung stehen)
- Gemeinschaftsproduktionen d. Rundfunkanstalten untereinander

Eine Partnerschaft zwischen Filmproduzenten und öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ist vor allem für die Anschub- und Abschlussfinanzierung von Koproduktionen wichtig.

2.11.2. Koproduktionen mit privaten Fernsehsendern

Nach der Einführung des dualen Systems wurden auch die privaten Sender in die Zusammenarbeit mit den Förderanstalten integriert. Die Sender wurden vom Deutschen Bundestag verpflichtet, ebenfalls an der Filmförderung teilzunehmen und so die Filmwirtschaft zu unterstützen. Sie waren ge- zwungen, ein Film/Fernsehabkommen mit der Filmförderungsanstalt abzu- schließen und so einen direkten Beitrag an die FFA zu zahlen.

Derzeit wird die Zusammenarbeit des Verbands Privater Rundfunk und Tele- kommunikation e.V. (VPRT) mit der FFA durch ein Abkommen aus dem Jahr 2004 geprägt. Dieses hat eine Laufzeit von fünf Jahren (2004 bis 2008) und sah für das Jahr 2006 bspw. eine Gesamtleistung von zwölf Millionen Euro vor. Der Betrag teilte sich in fünf Millionen Euro Barleistungen, die größten- teils für die Projektfilmförderung verwendet werden sollten und sieben Milli- onen Euro Medialeistungen.67

2.12. Zwischenergebnis: internationale Koproduktion

Die vorangegangene Definition der internationalen Koproduktion sowie die Darstellung ihrer verschiedenen Charakteristika haben gezeigt, wie viel- fältig sich eine internationale Zusammenarbeit im Bereich der Filmproduktion gestalten und, dass diese sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann.

Entwickelt hat sich das System der internationalen Koproduktion durch ihre positiven Aspekte und als Gegenmaßnahme zur stetig wachsenden amerikanischen Dominanz auf den nationalen Filmmärkten der Welt. Die Motivationen zur Durchführung internationaler Koproduktionen sind daher in der Regel finanziell, können aber auch kulturell oder historisch sein.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Definition und die Einflussfaktoren internationaler Koproduktionen so vielfältig sind wie die Filme, die sich diese Produktionsstruktur zu Nutze machen. Um dieser Vielfalt ein Gerüst zu verleihen wurden weltweit politische Rahmen- bedingungen geschaffen, die im Folgenden am Beispiel Deutschlands beleuchtet werden.

3. Politische Rahmenbedingungen in Deutschland

Film ist vor allem ein vagabundierendes Medium, das an keinen Ort gebunden ist: „Film ist ein unglaublich mobiles Gut. Wir sind in der Lage, heute mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen, fast jeden Stoff an fast jedem Platz auf der Welt zu drehen.“68 Um dieses Potential zu nutzen, haben zahlreiche Länder mehr oder weniger komplexe Systeme entwickelt, die das Überleben und Fortkommen der eigenen Filmindustrie sichern und inter- nationale Produktionen, das heißt, ausländisches Kapital ins Land holen.

„Wir müssen schauen, dass diese Rahmenbedingungen sich ändern. Das Land Deutschland befindet sich in einem Wettbewerb mit anderen Ländern auf der Welt. Und warum ist das so? Das liegt einfach daran, weil Filme – gerade große, internationale Produktionen – ein Geschäft sind für das Land, in dem sie hergestellt werden. Und dieses Geschäft kann man ‚machen’ oder ‚nicht machen’. Und das liegt sicherlich auch an der Politik, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass es hier geschieht.“69

[...]


1 Lars von Triers „Dancer in the Dark“ wurde von zehn Ländern produziert - Schweden, Deutschland, Island, Frankreich, Großbritannien, Dänemark, Niederlande, USA, Finnland und Norwegen - und ist dadurch eine der internationalen Koproduktionen mit den meisten zwischenstaatlichen Beteiligungen. Quelle: International Movie Database

2 vgl. Film ABC, Zugriff am 25.07.2007

3 Trinidad Tobago bietet Filmproduktionen seit Juni 2007 einen Steuerrabatt von bis zu 30 Prozent. vgl. Screen Daily (04.06.2007), Zugriff am 04.06.2007

4 Nach § 15 FFG ist ein Film „programmfüllend“, wenn er eine Vorführdauer von mindestens 79 Minuten, bei Kinderfilmen 59 Minuten hat.

5 Das ist beispielsweise bei der Thematik „Zusammenarbeit mit Fernsehanstalten“ der Fall.

6 vgl. Jarothe (1998), S. 17

7 vgl. Thiermeyer (1994), S. 22

8 Duvvuri (2007), S. 10

9 Das „package“ beinhaltet kreative, Finanzierungs- und organisatorische sowie Verwertungs- und Marketing-Elemente. Es soll als Paket von starken Verkaufsargumenten Investoren, Banken, Fernsehsender, Koproduzenten und Rechtehändler von dem Projekt überzeugen. vgl. Iljine/Keil (2000), S. 216

10 vgl. Iljine/Keil (2000), S. 185

11 Kallas (1992), S. 140

12 Duvvuri (2007), S. 11

13 Ficci-Frames, Zugriff am 25.08.2007

14 vgl. Kallas (1992), S. 24

15 Filmförderung Hamburg, Zugriff am 17.07.2007

16 vgl. Kallas (1992), S. 22

17 ebenda

18 Kallas (1992), S. 27

19 Die Franzosen Georges Méliès, Léon Gaumont und Charles Pathé gelten als erste Pioniere der Filmindustrie. vgl. Die Belle Epoque in Europa, Zugriff am 25.07.2007

20 vgl. Thiermeyer (1994), S. 232 Im Falle Deutschlands ist es vermutlich weniger um die Finanzierung, als vielmehr um die Auswertung und eine größere Auswahl an Filmschaf- fenden gegangen, da deutsche Produzenten ihre Filme nach dem 1. Weltkrieg wegen der schwachen Valuta im Ausland zu konkurrenzlosen Niedrigpreisen anbieten konnten. vgl. Thiermeyer (1994), S. 79

21 Thiermeyer (1994), S. 234

22 Die DDR entwickelte zunächst enge Verbindungen zu den sozialistischen Ländern. Kontak- te zu westlichen Ländern scheiterten anfänglich an der Nichtanerkennung der DDR und ko- produzierte Filme kamen z.B. nur unter dem Partner-Namen zum Einsatz. Festival-besuche litten unter ähnlichen Schwierigkeiten. Erst 1954 nahm die DEFA am Festival in Locarno teil. 1956 stieg mit Einladungen nach Cannes, Montevideo, Edinburgh, Damaskus diese Tendenz der internationalen Akzeptanz deutlich an. Insgesamt wurden in diesem Jahr 125 Exportabschlüsse an Spiel- und abendfüllenden Dokumentarfilmen getätigt. vgl. hierzu: Defa-Stiftung, Zugriff am 02.08.2007

23 vgl. Thiermeyer (1994), S. 235

24 Blickpunkt: Film (14.04.2003), Zugriff am 05.07.2007

25 Blickpunkt: Film (14.04.2003), Zugriff am 05.07.2007

26 Blickpunkt: Film (02.06.2004), Zugriff am 13.07.2007

27 Blickpunkt: Film (30.06.2004), Zugriff am 16.07.2007

28 Blickpunkt: Film (20.06.2007), Zugriff am 18.07.2007

29 ebenda

30 Das Abkommen soll in zirka zwei Jahren unterzeichnet werden.

31 Der Begriff Box Office stammt aus der amerikanischen Umgangssprache und meint ur- sprünglich den Kartenschalter am Kinoeingang. Heute wird der Begriff auch für die Einnah- men verwendet, die ein Film während seiner Kinoauswertung erzielt.

32 Jeder Koproduzent liefert einen oder mehrere Filme und bekommt dafür andere Filme, die er in seinem Territorium auswerten kann.

33 vgl. Kallas (1992), S. 25

34 vgl. Kallas (1992), S. 26

35 Die aufgeführten Beispiel-Diagramme sind dem englischsprachigen Buch „The Fine Art of Co-Producing“ entnommen und lassen sich nicht immer in geeigneter Weise ins Deutsche übertragen. Aus diesem Grund ist entschieden worden, die Passage vollständig zu zitieren. Neumann (2003), S. 18ff

36 vgl. Filmförderung Hamburg, Zugriff am 17.07.2007

37 vgl. Meyers Lexikon: Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, Zugriff am 23.07.2007

38 Die Begründung einer Betriebsstätte im Ausland sowie die damit verbundenen Probleme für koproduzierende Produzenten werden in Kapitel 3.3. ausführlich erläutert.

39 Dr. Schwarz/von Zitzewitz (12/2001), S. 691

40 vgl. Rechtsanwälte Böckenhoff: Bruchteilsgemeinschaft, 27.07.2007

41 vgl. Kallas (1992), S. 26

42 Kallas (1992), S. 169

43 vgl. Dr. Pense (2003), S. 5ff

44 vgl. Dr. Pense (2003), S. 7

45 Biopics zeigen Ausschnitte aus dem Leben einer historischen Persönlichkeit. Biopics die das ganze Leben einer Person darstellen, sind eher selten.

46 Koproduktion USA, Malta, UK; Quelle: Google Pictures

47 Beide Filme sind keine Koproduktionen, würden sich aber durch ihre Inhalte dazu eignen.

48 zwischen England, Kanada und Italien

49 Quelle: Google Pictures

50 vgl. Massachusetts Institute of Technology, Zugriff am 20.07.2007

51 vgl. Iljine/Keil (2000), S. 141

52 vgl. Massachusetts Institute of Technology, Zugriff am 20.07.2007

53 Koproduktion Deutschand, UK; Quelle: Google Pictures

54 Neumann (2003), S. 5

55 Blickpunkt: Film (20.06.2007), Zugriff am 18.07.2007 Neumann (2003), S. 175

56 Ficci-Frames, Zugriff am 25.08.2007

57 vgl. Iljine/Keil (2000) S. 141 58 Kallas (1992), S. 8

59 vgl. Blickpunkt: Film (02.06.2004), Zugriff am 13.07.2007

60 vgl. Europäische audiovisuelle Informationsstelle, Zugriff am 10.07.2007

61 ebenda

62 Bei diesem Beispiel handelt es sich nicht um einen Kinofilm, dennoch werden im Rahmen des entsprechenden Artikels zahlreiche Faktoren im Hinblick auf die genreunabhängige internationale Zusammenarbeit genannt. vgl. Iljine/Keil (2000), S.144

63 Iljine/Keil (2000), S.144

64 ebenda

65 vgl. Filmportal, Zugriff am 22.08.2007

66 Das Film-Fernseh-Abkommen wurde im Jahr 1974 durch Zusammenschluss zwischen den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern, ARD und ZDF in Deutschland mit der Filmförde- rungsanstalt geschaffen. Dieses Abkommen beteiligt die öffentlich-rechtlichen Fernsehsen- der an filmpolitischen Entscheidungen stärker als zuvor und verpflichtet sie zur Herstellung von Gemeinschaftsproduktionen sowie zur Projektfilmförderung. Das Abkommen wurde in den vergangenen Jahren mehrfach angepasst, so dass derzeit das 8. Abkommen mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2008 die Grundlage der Zusammenarbeit zwischen FFA und den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten bildet.

67 Als Medialeistungen werden in der Regel kostenfreie Werbeplätze in TV und Hörfunk für die Bewerbung deutscher Kinofilme gewertet. vgl. FFA (2007), S. 14

68 vgl. Blickpunkt: Film (22.05.2006), Zugriff am 18.07.2007

69 Film20 (2005), Zugriff am 25.08.2005

Ende der Leseprobe aus 155 Seiten

Details

Titel
Internationale Filmkoproduktionen. Politische Rahmenbedingungen in Deutschland
Hochschule
Hochschule Mittweida (FH)  (Medien)
Veranstaltung
Studiengang Medienmanagement
Note
1
Autor
Jahr
2007
Seiten
155
Katalognummer
V117919
ISBN (eBook)
9783640228041
ISBN (Buch)
9783640229918
Dateigröße
1954 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internationale, Filmkoproduktionen, Politische, Rahmenbedingungen, Deutschland, Studiengang, Medienmanagement
Arbeit zitieren
Michaela Braun (Autor:in), 2007, Internationale Filmkoproduktionen. Politische Rahmenbedingungen in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117919

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