„Deutschland ist nicht familienfreundlich!“1,
sagt Malte Ristau, Leiter der Abteilung Familienpolitik, Wohlfahrtspflege und bürgerschaftliches Engagement im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), und zeigt dabei vor allem auf die Ignoranz von Wirtschaft und Medien im Bezug auf Familienpolitik. Tatsächlich spielte die Familie noch zur Regierungszeit Gerhard Schröders eine nachgeordnete Rolle, was nicht zuletzt durch dessen bekannte, herabwürdigende Bezeichnung für das Bundesministerium als Ministerium für „Familie und das ganze Gedöns“ deutlich wurde. Das BMFSFJ ist heute das kleinste Ministerium, es hat ein geringes Budget, nur wenig Personal und vergleichsweise wenig gesetzliche Kompetenzen. Vielleicht ist es deswegen mit Ursula von der Leyen, einer streitbaren siebenfachen Mutter, prominent besetzt. Ihr gelang es, das Thema Familie vom Rand in das Zentrum der politischen Diskussion zu führen. Familie, Familienpolitik und nicht zuletzt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind in der Wissenschaft und in der Politik so präsent wie selten zuvor. Bei Politikern ist die Familie zu einem Kernthema geworden, Parteien des gesamten Spektrums bemühen sich um die Gunst von Familien. Dabei ist Familienpolitik auch immer ein ideologisch aufgeladenes Politikfeld, wie es zum Beispiel die Diskussionen um den Familiennachzug im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes zeigen2. Auch das Volksbegehren „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“ aus dem Jahr 20053 war ein deutliches Zeichen dafür. Selbst die Reaktion auf Eva Hermans Entgleisungen und ihre vehemente Verteidigung des selbst entwickelten „Eva-Prinzips“ zeigt die vielfältige Beachtung des Themas Familie in den Medien.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung
2. Familie im Wandel
2.1. „Familie“ – Wort und Begriff
2.2. Familienpolitik – Eine historische Ableitung für die Bundesrepublik Deutschland
2.3. Demografischer Wandel und Familie
2.3.1. Der erste und der zweite demografische Übergang
2.3.2. Ursachenkomplexe der demografischen Veränderungen
2.3.3. Herausforderungen des demografischen Wandels
2.4. Familie und Familienpolitik in den beiden deutschen Staaten
2.4.1. Vorbemerkungen
2.4.2. Das bürgerliche Familienmodell in der alten Bundesrepublik – Von der Komplementarität zur Partnerschaft?
2.4.3. Produktion und Reproduktion – Familie und Familienpolitik in der DDR
2.4.4. Zwischenfazit
3. Politik mit der Familie
3.1. Familienpolitik – Inhalte im Wandel
3.1.1. Interventionsformen staatlicher Familienpolitik
3.1.2. Problemfelder der aktuellen Familienpolitik
3.1.3. Das Leitbild von der nachhaltigen Familienpolitik
3.2. Ökonomie und Familie – Standpunkte und Betrachtungsweisen
3.3. Kontroversen um die Integration von Erwerbs- und Familienleben
3.3.1. Familie als soziale Ordnung? – Traditionelle Familienbilder im Wandel
3.3.2. Parteipolitische Blickwinkel auf Familie und Familienpolitik
4. Karriere oder Familie – AkademikerInnen im Spannungsverhältnis
4.1. Studieren mit Kind?
4.2. Familie und akademische Berufslaufbahn
5. Bilanz
Literaturverzeichnis
Vorwort
Rosemarie Nave-Herz verweist in ihrem Buch „Familie heute“ auf die große Be- deutung eigener familiärer Erfahrung, welche Rezipienten der Beurteilung wissen- schaftlicher Aussagen zu Familienproblemen stets einräumen. So stehen Arbeiten wie die Folgende oft vor dem Dilemma, dass die inhaltlichen Ausführungen mit eben diesen Erfahrungen intensiv verglichen werden. Stimmen beide Seiten über- ein, wird dem Leser nur Bekanntes präsentiert, im gegenteiligen Fall erwachsen ihm Zweifel. Der Ausweg aus dem Dilemma ist mir nicht bekannt, es bleibt zu hof- fen, dass dem Leser ein stetiger Wechsel zwischen ohnehin Bekanntem und Zwei- felhaftem erspart bleibt. Ich bin verheirateter Vater zweier Kinder. Meine Ehefrau und ich verfolgen zahlreiche Interessen. Vor allem wollen wir aber beruflich erfolg- reich arbeiten und gleichzeitig ein glückliches Familienleben führen. Wir glauben, dass diese beiden Lebensbereiche einander bedingen und Voraussetzungen für eine erfüllte und glückliche Ehe sind. In unserer Familie ist es selbstverständlich, dass wir diese Herausforderung gemeinsam bewältigen wollen. Wir können uns dabei auf ein intaktes und über die Maßen nützliches Netzwerk aus Familienange- hörigen, Freunden und Institutionen stützen. Wir haben uns daher sehr früh für Kinder entschieden, in dem Bewusstsein, dass es den „idealen Zeitpunkt“ nicht gibt. Wir glaubten, dass die Zeit des Studiums alle Rahmenbedingungen bietet, welche Elternschaft am ehesten möglich machen. Die Vorteile dieser Entschei- dung, aber auch die Sorgen und Nöte auf dem beschrittenen Weg sowie die ge- sellschaftlichen Probleme um Familie, Ehe und Elternschaft haben mich inspiriert, diese Arbeit zu schreiben. Sie soll ein Plädoyer für die bewusst frühe Elternschaft sein.
So danke ich meiner Frau Angela und meinen Eltern Marlies und Rolf, dass sie mich bei der Fertigstellung dieser Arbeit so tatkräftig unterstützt haben, auf ihre Kritik und ihre nützlichen Hinweise sind manche Verbesserungen und Ergänzun- gen zurückzuführen. Meinen Kindern danke ich dafür, dass sie den gestressten Papa so tapfer ertragen haben.
1. Einleitung
„Deutschland ist nicht familienfreundlich!“[1],
sagt Malte Ristau, Leiter der Abteilung Familienpolitik, Wohlfahrtspflege und bür- gerschaftliches Engagement im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), und zeigt dabei vor allem auf die Ignoranz von Wirtschaft und Medien im Bezug auf Familienpolitik. Tatsächlich spielte die Familie noch zur Regierungszeit Gerhard Schröders eine nachgeordnete Rolle, was nicht zuletzt durch dessen bekannte, herabwürdigende Bezeichnung für das Bundesministeri- um als Ministerium für „Familie und das ganze Gedöns“ deutlich wurde. Das BMFSFJ ist heute das kleinste Ministerium, es hat ein geringes Budget, nur wenig Personal und vergleichsweise wenig gesetzliche Kompetenzen. Vielleicht ist es deswegen mit Ursula von der Leyen, einer streitbaren siebenfachen Mutter, pro- minent besetzt. Ihr gelang es, das Thema Familie vom Rand in das Zentrum der politischen Diskussion zu führen. Familie, Familienpolitik und nicht zuletzt die Ver- einbarkeit von Familie und Beruf sind in der Wissenschaft und in der Politik so präsent wie selten zuvor. Bei Politikern ist die Familie zu einem Kernthema ge- worden, Parteien des gesamten Spektrums bemühen sich um die Gunst von Fa- milien. Dabei ist Familienpolitik auch immer ein ideologisch aufgeladenes Politik- feld, wie es zum Beispiel die Diskussionen um den Familiennachzug im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes zeigen[2]. Auch das Volksbegehren „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“ aus dem Jahr 2005[3] war ein deutliches Zeichen dafür. Selbst die Reaktion auf Eva Hermans Entgleisungen und ihre ve- hemente Verteidigung des selbst entwickelten „Eva-Prinzips“ zeigt die vielfältige Beachtung des Themas Familie in den Medien. So werden Familienbündnisse gegründet, Familiengipfel abgehalten und die Familienfreundlichkeit von Unter- nehmen und Institutionen festgestellt und bewertet. All dies geschieht unter stetig steigender Beachtung in der Medienlandschaft.
Die wissenschaftliche Literatur zum Thema ist kaum noch zu überschauen. Die Familie steht im Zentrum der Forschungen zahlreicher Wissenschaften, Soziolo- gen, Psychologen, Wirtschaftswissenschaftler und nicht zuletzt die Politologen zeigen ein großes wissenschaftliches Interesse am Thema. Warum ist dies so? Zum einen werden immer wieder die wirtschaftlichen Herausforderungen des de- mografischen Wandels angeführt, demnach sei es ein großes Problem, dass im- mer weniger Kinder geboren werden. Zum anderen wird angeführt, dass der Ge- burtenrückgang auf einen Werteverlust im Bezug auf Ehe und Familie sowie auf einen Bedeutungsverlust und teilweisen Zerfall traditioneller Leitbilder zurückzu- führen sein. Die einzelnen Wissenschaften versuchen nun, diesem Problem auf ihren jeweiligen Fachgebieten auf den Grund zu gehen. Als Faktum bleibt zumin- dest stehen, dass der demografische Wandel als ein Problem erkannt wurde, wel- ches zahlreiche Folgewirkungen hat. Immer wieder wird dabei aus einer ökonomi- schen Sichtweise argumentiert, von Fachkräftemangel und volkswirtschaftlichem Schaden gesprochen, es werden ganze Familienwirtschaftstheorien entwickelt und Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften auf Familien übertragen. Dabei seien hier mit der Humankapitaltheorie[4], der Theorie interfamilialer Zeitallokation[5] oder der endogenen Fertilitätstheorie[6] nur einige wenige genannt. Dieses Vorge- hen kann indes als äußerst problematisch betrachtet werden. Eine Analyse fami- lialen Verhaltens mithilfe ökonomischer Modelle unterstellt letztendlich, dass eben dieses das Ergebnis nutzenoptimierender Entscheidungen der Familienmitglieder ist[7]. Das würde zugespitzt bedeuten, dass sich Paare allein aufgrund einer Kos- ten-Nutzen-Rechnung für oder gegen die Ehe, beziehungsweise für oder gegen Kinder entscheiden. Ein anderes Forschungsfeld zeigt auf, dass sich Familien- freundlichkeit zum Beispiel in mittelständischen Unternehmen wirtschaftlich rech- net, weil sich allein durch familienfreundliche Maßnahmen mehr Umsätze und da- mit höhere Gewinne erzielen lassen. Der „methodische Imperialismus der Wirt- schaftswissenschaften“[8] verstellt dabei allzu oft den Blick auf die Familie als sozia- le Instanz. Liebe, Partnerschaft und Elternschaft können heute nicht in erster Linie ökonomisch begründet werden. Sicherlich ist es auch ein ökonomisches Problem, wenn sich immer mehr Paare gegen Kinder entscheiden. In erster Linie ist es je- doch ein soziales und gesellschaftliches Problem, denn nicht nur der daraus resul- tierende Arbeiter- und Fachkräftemangel ist höchst gefährlich, sondern vor allem das Fehlen neuen, jungen Lebens, welches eine Gesellschaft vital, innovativ und dynamisch hält. Eine Gesellschaft ohne Kinder ist insgesamt nicht zukunftsfähig. Ihre Zukunftsfähigkeit begrenzt sich, mathematisch leicht nachzuvollziehen, auf 30 bis 40 Jahre, nämlich auf die Zeit der aktiven Bevölkerung[9].
Die Familie ist wie kaum eine andere gesellschaftliche Institution grundlegenden Veränderungen unterworfen, eine fortschreitende Individualisierung, die Pluralisie- rung der Lebensformen und eine gewisse Enttraditiona]lisierung stellt sie vor eine existenzielle Herausforderung[10]. Im deutlichen Gegensatz zur allgemeinen Sozial- politik, welche sich unter dem Leitbild des aktivierenden Sozialstaats und unter dem Motto „Sozial ist, was Arbeit schafft“ verstärkt auf dem Rückzug befindet, werden im Bereich der Familienpolitik die Leistungen nach Art und Umfang weiter ausgebaut. Eine Kindergelderhöhung, die Kinderfreibeträge und die neue Bewer- tung von Erziehungsleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sind fami- lienpolitische Maßnahmen der Rot-Grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, die Einführung des neuen Elterngeldes und der angestrebte Ausbau des Kinderbetreuungsangebots sind Wegmarken der großen Regierungskoalition unter Angela Merkel. Sie verdeutlichen einen gewissen familienpolitischen Para- digmenwechsel, auf den im Verlauf der Arbeit einzugehen ist. Diese Sonderstel- lung der Familienpolitik zeigt, dass über die prinzipielle Notwendigkeit staatlicher Sozialpolitik in diesem Bereich ein breiter Konsens herrscht und diese dabei auf eine breite gesellschaftliche Akzeptanz bauen kann. Deutschland soll sich bald zum familienfreundlichsten Land Europas entwickeln, Familienfreundlichkeit wird dabei seitens der Politik auch und vor allem als Standortfaktor der Zukunft begrif- fen.
Neben den demografischen und ökonomischen Problemkreisen haben wir es im Bereich der Familienpolitik auch mit gewissen Mentalitätsproblemen zu tun, die auf die deutsche Geschichte und den Untergang des Staatssozialismus zurückzu- führen sind. Im vereinten Deutschland existieren immer noch verschiedene Grundmodelle familialen Zusammenlebens und verschiedene tradierte Geschlech- terrollen. Während in den alten Bundesländern das Modell der Ernährerehe bezie- hungsweise das der Hausfrauenfamilie dominiert, haben wir es in den neuen Bun- desländern vermehrt mit Familienmodellen zu tun, in denen beide Elternteile oder Partner erwerbstätig sind. Daher leiden Frauen in Ostdeutschland besonders unter dem Wegfall ihrer Arbeitsplätze und dem Abbau der Kinderbetreuungseinrichtun- gen, was sie zu gleichberechtigten Partnerinnen ihrer Männer machte[11]. Es gehört zu den Leitbildern der so genannten nachhaltigen Familienpolitik, die Erwerbstä- tigkeit von Frauen zu steigern und gleichzeitig die Geburtenrate zu erhöhen. Kon- servative Familienpolitik verbindet jedoch die Erhöhung der Geburtenrate mit einer Reduktion der Erwerbsbeteiligung der Frau[12]. Nun scheint es so zu sein, dass die deutsche Familienpolitik die Reproduktion traditioneller Geschlechterrollen for- ciert[13]. Das Beispiel von Ländern wie Norwegen oder Irland zeigt indes auf, dass eine hohe Erwerbsbeteiligung der Frau nicht im Gegensatz zu einer hohen Gebur- tenrate stehen muss. Ungeachtet dessen kann heute darauf hingewiesen werden, dass sich die Bildungs- und Erwerbsbeteiligung von Frauen stark verbessert hat und die Abhängigkeiten von den Männern sinken. Die familienpolitischen Maß- nahmen wie Elterngeld und der angestrebte Ausbau des Kinderbetreuungsange- botes sind richtige Instrumente zur Verwirklichung dieses Ziels, leider haben diese Instrumente Herstellungsfehler, auf die im Laufe der Arbeit einzugehen ist.
Die ungünstige demografische Entwicklung und der Geburtenrückgang, die wirt- schaftlichen Herausforderungen, die durch den als Globalisierung bezeichneten Prozess entstehen und die verschiedenen gesellschaftlichen Mentalitäten und Auf- fassungen zeigen die Probleme deutlich, denen hier nachzugehen ist. Deutsch- land ist nicht familienfreundlich, es steht vor großen Herausforderungen, um das Ziel einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen.
In der folgenden Arbeit sollen nun diese Probleme hinterfragt und diskutiert wer- den, im Vordergrund sollen dabei nicht ausschließlich ökonomische Denkansätze stehen. Die Problemfelder Familie und Familienpolitik, insbesondere die bestmög- liche Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sind mit ökonomischen Erfordernissen eng verbunden, die hier auch zum Tragen kommen sollen. Darum soll das Ver- hältnis von Ökonomie und Familienfreundlichkeit untersucht werden. Es sollen Gründe für den Geburtenrückgang erörtert und der Frage nachgegangen werden, warum es heute für Frauen und Männer häufig ein Problem ist, Beruf und Famili- engründung zu vereinen. Warum sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit beider Lebensbereiche so schlecht? Dabei soll auch gefragt werden, welcher Veränderungen es bedarf, um günstige Rahmenbedingungen zu schaffen[14]. Ein weiteres Problem zeigt der Zusammenhang zwischen dem Bil- dungsgrad der Frau und der erreichten beruflichen Position einerseits und der deutlichen Abnahme der Geburtenwahrscheinlichkeit andererseits. Circa 40% der Akademikerinnen entscheiden sich gegen Kinder, damit ist die Kinderlosigkeit ge- rade bei Akademikern sehr hoch. Daher soll der Vereinbarkeit von Familie und akademischer Berufslaufbahn ein besonderes Augenmerk gelten und hinterfragt werden, warum gerade für Akademikerinnen die Voraussetzungen zur Familien- gründung so ungünstig sind. Dabei sollen Lösungsansätze aufgezeigt und kritisch beurteilt werden.
Zunächst wird es einen Grundlagenteil geben, in welchem geklärt werden soll, welches Gebilde sich hinter dem Wort Familie verbirgt. Des Weiteren soll hier dann auf den Wandel der Familie eingegangen werden, in dem die verschiedenen Modelle familialen Zusammenlebens dargestellt und diskutiert werden sollen. Be- sonderes Augenmerk liegt dabei auf den bestehenden Unterschieden innerhalb des vereinten Deutschlands. Im zweiten Hauptteil sollen die oben aufgerissenen Problemkreise um demografischen Wandel und ökonomische Betrachtungsmuster der Familie erörtert und die derzeitig geforderte nachhaltige Familienpolitik als Lö- sungsansatz diskutiert und bewertet werden. Hier soll dann auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingegangen werden. In diesem Teil soll auch ein soziolo- gischer Blick eröffnet werden und der Frage nachgegangen werden, ob die Fami- lie heute überhaupt noch als ein Prinzip der sozialen Ordnung gelten kann.
Im dritten Hauptteil soll, wie bereits angekündigt, besonders auf das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Akademikern eingegangen werden.
„Es ist Zeit für ein neues Leitbild: Mehr Kooperation für Kinder und Karriere!“[15] In diesem Sinne soll die Arbeit gesellschaftliche und politische Problemkonstellatio- nen aufzeigen und so der Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter Vorschub leisten.
2. Familie im Wandel
2.1. „Familie“ - Wort und Begriff
Das Wort Familie, welches vom lateinischen Wort familia stammt und mit Hausge- nossenschaft übersetzt werden kann, bezeichnet heute einen nicht mehr so ein- fach zu definierenden Begriff. In diesem Zusammenhang spielen Werte, gesell- schaftliche Normen, Geschlechterverhältnisse, Rollenmuster und Emotionen wie Autoritäts- und Partnerschaftsmuster, subjektive Erfahrungen und Ideologien und nicht zuletzt die institutionelle Funktion der Familie in der Gesellschaft eine be- stimmende Rolle. Da mit dem Begriff Familie kulturell sehr verschiedene Formen des Zusammenlebens beschrieben werden können, bedient sich die Soziologie zunächst des Terminus der „privaten Lebensform“, um die Struktur von privaten sozialen Beziehungen von Menschen zu bezeichnen. Die familiale Form ist dem- nach eine mögliche Form des privaten Zusammenlebens. Der Terminus wird dar- über hinaus auch verwendet, um eine deutliche Scheidung vom oft negativ besetz- ten Begriff der „bürgerlichen Familie“ zu erwirken. Private Lebensformen werden dabei bevorzugt als relativ stabile Beziehungsmuster der Bevölkerung im privaten Bereich verstanden, die allgemein mit Formen des Alleinlebens oder Zusammen- lebens mit Kindern beschrieben werden können[16]. Kriterien für die Abgrenzung verschiedener Lebensformen sind dabei das Vorhandensein eines Haushalts, eine gewisse Generationenzusammensetzung dieses Haushalts, die sozialrechtliche Stellung der Personen, die in diesem Haushalt leben, der Familienstand und die Kinderzahl[17]. Rosemarie Nave-Herz gibt als konstitutive Merkmale einer Familie Folgendes an:
„1. die biologisch-soziale Doppelnatur aufgrund der Übernahme der Reprodukti- ons- und zumindest der Sozialisationsfunktion, neben anderen, die kulturell varia- bel sind, 2. ein besonderes Kooperations- und Solidaritätsverhältnis; denn über die üblichen Gruppenmerkmale hinaus [..] wird in allen Gesellschaften der Familie eine ganz spezifische Rollenstruktur mit nur für sie geltenden Rollendefinitionen und Bezeichnungen [..] zugewiesen, 3. die Generationendifferenzierung.“[18].
Eine Familie wird demnach als „Verantwortungsgemeinschaft von mindestens zwei Generationen“[19] verstanden. Als deutsche „Normalfamilie“ gilt folglich ein verheiratetes Paar mit einem oder mehreren leiblichen Kindern[20]. Eben diese Gruppe von Eltern und Kindern wird dabei mit den Worten „Kernfamilie“ oder „Kleinfamilie“ bezeichnet und gilt als die für moderne Industriegesellschaften typi- sche und adäquate Organisationsform[21]. Doch ist eben genau eine solche Nor- malfamilie begrifflich kaum fassbar, eine Abgrenzung zwischen Ehe, Familie und Verwandtschaft gibt es im sprachlichen Bereich nicht mehr. Singles, kinderlose Paare, nicht-eheliche Lebensgemeinschaften, alleinerziehende, Stieffamilien und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gelten im Sprachgebrauch ebenso als Familie wie Drei- beziehungsweise Vier-Generationen-Familien. Darüber hin- aus umfasst die Bezeichnung Familie im Sprachgebrauch auch jene Personen, die zur Verwandtschaft zählen, also Onkel, Tanten oder Cousins[22].
Das Bundesfamilienministerium hat im Rahmen des vierten Familienberichts 1985 eine wissenschaftliche Definition von Familie veröffentlicht, demnach kann Familie „eine Gruppe von Menschen bezeichnen, die miteinander verwandt, verheiratet oder verschwägert sind, gleichgültig, ob sie zusammen oder getrennt leben, ob die einzelnen Mitglieder noch leben oder verstorben sind. Familie kann unabhängig von räumlicher oder zeitlicher Zusammengehörigkeit als Folge von Generationen angesehen werden, die biologisch oder rechtlich miteinander verbunden sind.“[23] Familie stellt zusammenfassend eine „Folge von Generationen“ dar, die „biolo- gisch oder rechtlich“ miteinander verbunden sind. Die moderne Familie in Deutschland kann sich also als eine Form des Zusammenlebens darstellen, in der zunehmend ursprünglich verwandtschaftlich definierte Verhältnisse durch erwor- bene soziale Rechte ersetzt werden können[24]. Familie im rechtlichen Sinn ist also auch die Stieffamilie, die kinderlose Ehe oder die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare mit oder ohne Kinder. Soll Familie aus dem Blickwin- kel des Politischen betrachtet werden, scheint es begründet zu sein, sich dem Bundesverfassungsgericht anzuschließen, welches Familie als diejenige umfas- sende Gemeinschaft von Eltern und Kindern auffasst, in der den Eltern vor allem Recht und Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder erwachsen[25]. Zu diesen Kindern gehören auch eindeutig Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder. Die Frage der Geschlechterverhältnisse der Eltern ist hier im Bezug auf Familie und in Abgren- zung zur Ehe bewusst offen gelassen. Diesem weiten Familienbegriff wird sich die vorliegende Arbeit anschließen, jedoch nicht ohne darauf zu verweisen, dass das Mehrgenerationenmerkmal als das entscheidende Merkmal einer Familie betrach- tet wird. Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass in den folgenden Ausführun- gen - der Kürze wegen - die oben beschriebene „Kernfamilie“ als Familie bezeich- net wird. Ist aufgrund inhaltlicher Darstellungen eine weitere Differenzierung not- wendig, werden die genannten unterschiedlichen Familienbegriffe herangezogen. Darüber hinaus scheint es analytisch hilfreich zu sein, die Familie nicht nur als Einheit aus Vater, Mutter und Kindern zu betrachten, sondern als Kopplung von Partnerschaft beziehungsweise Ehe und Elternschaft.[26]
Familienfreundlichkeit ist also immer ein Kriterium, welches auf die Lebensum- stände einer Partnerschaft mit Kindern zielt, dabei ist es unwichtig, ob diese Part- nerschaft amtlich bescheinigt ist oder nicht. Darüber hinaus gilt alleinerziehenden Eltern eine besondere Aufmerksamkeit, es wird die Auffassung vertreten, dass Aspekte der Familienfreundlichkeit hier im Besonderen Gültigkeit besitzen.
2.2. Familienpolitik – Eine historische Ableitung für die Bundesrepublik Deutschland
Die Familie war ein tragendes Element der vorindustriellen Gesellschaft. Sie stellte neben der sozialen auch eine rechtliche, politische und wirtschaftliche Einheit dar. Die Familie war patriarchalisch strukturiert, so waren dem Mann und Familien- oberhaupt alle Familienangehörigen sowie alle zum Hof oder Haushalt gehörigen Angestellten untergeordnet. Durch die Modernisierungen der industriellen Revolu- tion wurde die Familie, ihre Struktur sowie ihr Umfeld stark verändert. Immer mehr rückte sie ab vom drei bis vier zum ein bis zwei Generationenhaushalt. Doch nicht allein die Industrialisierung veränderte die Familienstrukturen zur sogenannten Kernfamilie, auch vorher gab es bereits ein Nebeneinander von unterschiedlichen Familienformen, welche stark von der Produktionsweise und der Erwerbstätigkeit der Eltern bestimmt waren[27]. Vor allem in den Städten entwickelte sich im 18. und 19. Jahrhundert die so genannte bürgerliche Familienkonstellation. Neu an dieser Familienform war, dass nun Arbeitsstelle und Wohnort getrennt waren, die Pro- duktion fand nicht mehr innerhalb der Familie, sondern außerhalb statt. Arbeit und Familie, Dienst- und Privatsphäre wurden nun dauernd getrennt. „Seither haben private und öffentliche Lebenssphäre sich so auseinandergespalten, dass jeder ein besonderes gesellschaftliches Milieu entspricht [...] Der Dualismus d er gesell- schaftlichen Sphären ist das Sondermerkmal neuzeitlichen Daseins“[28]. Die Pro- duktionsfunktion der Familie wurde ersetzt durch eine Erholungs- und Entlastungs- funktion. Die Familie fußte dabei auf dem Eheideal, verschärfte aber gleichzeitig die Ungleichheit zwischen Mann und Frau. Diese Entwicklungen stellen die Prob- lemkonstellation der familienpolitisch hochaktuellen Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar.
Die Familienpolitik hat nun allgemein betrachtet die Aufgabe, die rechtliche, wirt- schaftliche und soziale Struktur der oben genannten privaten Lebensformen ver- bindlich zu regeln. Unter Familienpolitik versteht man das bewusste, zielgerichtete und planvolle Einwirken öffentlicher und freier Träger auf rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lagen von Familien, auf ihre Mitglieder und ihre Umwelt[29]. Ziel ist da- bei die Gewährleistung der durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Struk- turen möglichst wenig beeinträchtigten Entfaltung der eigenständigen, optimal funktionsfähigen Familie[30].
Obwohl es bereits zu viel früherer Zeit punktuelle Eingriffe des Staates in familien- bezogenes Verhalten gab und die Wahrnehmung von Familienaufgaben durch den Staat eine lange Tradition hat, wird in der Literatur davon ausgegangen, dass die Familienpolitik im Sinne eines planvollen Einsatzes verschiedener Instrumen- tarien zur Einflussnahme auf die Lebenssituation und Funktionswahrnehmung von Familien erst in der Weimarer Republik ihren Anfang nahm[31]. Hier war sie jedoch vor allem „Bevölkerungspolitik“[32]. In der Zeit des Nationalsozialismus erreichte diese ihren traurigen Höhepunkt, es ging allein darum, dass „rassisch wertvolle“ Frauen dem völkischen Staat Kinder gebaren. Mit den Nürnberger Gesetzen, dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ oder dem Verein „Lebensborn“ seien hier nur einige wenige Stichworte genannt, die versinnbildlichen sollen, wie das NS-Regime „Familienpolitik“ betrieb[33]. Familie und Mutterschaft waren im NS- Deutschland keine Privatsache, sondern galten als Vorbereitung auf den geplan- ten Rassenkrieg[34]. Die Hausfrauenarbeit wurde in einmaliger Weise professionali- siert und in ihrer Bedeutung für die Volksgemeinschaft aufgewertet. Beides, Pro- fessionalisierung und Entprivatisierung, dienten dem NS-Staat dazu, sich der na- türlichen Fähigkeiten seiner Bürgerinnen zu bedienen. Nicht nur aufgrund dieses rassen- und kriegspolitischen Hintergrunds der „NS-Familienpolitik“, sondern auch aufgrund der rassenpolitisch motivierten Repressionen der NS-Sozialpolitik ist es äußerst bedenklich, wenn heute in der Öffentlichkeit ein Zurück zum Familienge- danken der Nationalsozialisten diskutiert wird. Weite Teile der Bevölkerung wie zum Beispiel Juden, Homosexuelle, Ausländer und politisch Andersdenkende wurden von Sozialleistungen ausgeschlossen[35]. Es gab hier keine Familienpolitik, es gab hier auch keine Grundwerte bezüglich der Familie als solche, es gab nur Kriegspolitik! Daher kann es keine Diskussion darüber geben, ob in der NS- Familienpolitik Anleihen genommen werden können, um heutige familienpolitische Probleme zu lösen oder gar dem diagnostizierten Werteverfall entgegenzutreten.
Mit der Gründung der Bundesrepublik[36] und der Amtszeit Konrad Adenauers wird Familienpolitik vor allem als Institutionenpolitik betrieben. Von einer systemati- schen Familienpolitik kann hier noch nicht gesprochen werden. Die christdemokra- tische Politik baute dabei auf dem Familienbild der katholischen Soziallehre auf, wonach das Prinzip der Familiensubsidiarität einen Grundpfeiler gesellschaftlichen Zusammenlebens darstellt[37]. So trat der Staat auch nicht als primärer Anbieter von Transfer- und Sozialleistungen auf sondern eher als eine Instanz, die Hilfe leistete, wenn die Leistung nicht aus eigener Kraft erbracht werden konnte. Ziel war es, die familiale Leistungserbringung durch die in Arbeitsteilung und Rollen- wahrnehmung traditionell bestimmte Familie zu sichern[38]. Mit Familie verband man vor allem Vorstellungen von kinderreichen Hausfrauenfamilien[39], wobei die Frauen- beziehungsweise Müttererwerbsarbeit als Bedrohung für die Funktionser- füllung von Familie gesehen wurde. So wurde auch der Ausbau von Betreuungs- einrichtungen als familienfeindlich betrachtet und dementsprechend abgelehnt. Ziel von Familienpolitik dieser Zeit war es dabei auch, wieder geordnete wirtschaft- liche Verhältnisse für Familien herzustellen. Es wurde darüber debattiert, ob die Familie verfassungsrechtlich zu schützen sei, was unter Familie zu verstehen wä- re und welchen Personenkreis sie umfasse[40]. Im Hinblick auf eine sich herausbil- dende Familienpolitik standen anfänglich meistens Maßnahmen der Einkommens- verteilung zugunsten der Familien mit Kindern im Vordergrund, vor allem um dem kriegsbedingten Geburtenrückgang entgegenzuwirken[41]. Darüber hinaus sollten Familienbeihilfen die Frau davon entlasten, Geld zum Familienunterhalt verdienen zu müssen. Die Bindung der Mutter an das Haus galt als unabdingbare Vorstel- lung. Die Mehrkindfamilie stellte dabei das Ideal dar, welches zur Verwirklichung von Opferbereitschaft, Achtung christlicher Werte, Sittlichkeit und Arbeitsamkeit führte. So waren die Beihilfen auch nicht zur Befreiung der Familie von den Kin- derkosten gedacht. Die Elternschaft wurde vielmehr so gesehen, dass deren ma- terielle Zwänge auch zu sittlicher Stärke führen können. Nicht zuletzt wurde die Familie auch in dieser Zeit bereits zu politischen Zwecken genutzt, so stellte sie nach Ansicht des damaligen Familienministers Franz-Josef Wuermling auch ein Bollwerk gegen die „drohende Gefahr der Völker des Ostens“ dar[42]. Man glaubte also, mit der Familie dem Kommunismus entgegenwirken zu können. Ein nicht ganz leicht nachzuvollziehender Gedanke, aber wohl nicht der einzige Fehlglau- ben, den das „Schreckgespenst Kommunismus“ zu dieser Zeit hervorgerufen hat- te.
Mit der sozialliberalen Koalition kam es zu einem Umschlag von der Familieninsti- tutionenpolitik zu einer Familienmitgliederpolitik. Als wichtige Leistung ist dabei die rechtlich-praktische Öffnung des Familienbegriffs zu nennen, was im Nichteheli- chengesetz oder im Adoptivgesetz deutlich wird. Familienpolitik versteht sich von nun an als Teil einer gestaltenden Gesellschaftspolitik[43]. Nicht mehr der Schutz der Institution Familie stand im Mittelpunkt der Politik, sondern die Durchsetzung von Rechten vor allem der Frauen und Kinder. Die SPD/FDP Koalition sorgte da- bei auch für einen Anstieg der materiellen Förderung für Familien. Die 68er Bewe- gung hatte deutlich gemacht, dass sich die Geschlechterrollen zu ändern began- nen. So war eine gewisse Bedeutungssteigerung der weiblichen Erwerbstätigkeit gegenüber der Mutterschaft zu verzeichnen. Durch die Familienmitgliederpolitik sollte nun die relative Benachteiligung der Frauen und Kinder in der Gesellschaft abgebaut werden. Die Durchsetzung der Emanzipation der Frau war erklärtes Ziel der sozialliberalen Regierung. Darüber hinaus war die Politik zum Handeln ge- zwungen, da der Geburtenrückgang seit den 1960er Jahren bedrohlich Ausmaße angenommen hatte. Familienpolitik wurde nun verstärkt unter bevölkerungspoliti- schen Aspekten betrieben. So wurde im Jahr 1979 der Mutterschaftsurlaub einge- führt, der aber nur für berufstätige Frauen möglich war. Der Dritte Familienbericht von 1979 machte dabei deutlich, dass Familienpolitik die Lebenslagen der Men- schen so zu gestalten habe, dass sie sich für Kinder entscheiden können, dass die Frau das Recht auf eine gleichberechtigte Integration in den Arbeitsmarkt habe und, dass Familien einen Anspruch auf die Sicherung eines angemessenen Le- bensniveaus haben[44]. So empfahl man bereits in diesem Bericht die Einführung eines Erziehungsgeldes, eine eigenständige soziale Sicherung der nichterwerbstä- tigen Frau, einen umfangreichen Katalog von beruflichen Qualifizierungs- und Wiedereingliederungshilfen sowie eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und eine entsprechende Anpassung der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtun- gen.
Mit dem Regierungswechsel 1982 wurde der Mutterschutz eingeführt, welcher Er- ziehungsgeld und Erziehungsurlaub mit sich brachte. Als weitere familienpolitische Maßnahme ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten als Renten erhöhen- de Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu nennen[45]. Als Leis- tung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit wurde dabei auch die Absenkung der Mindestversicherungszeit der Rente von 15 auf fünf Jahre be- trachtet. In diesen familienpolitischen Maßnahmen wird besonders deutlich, dass die bundesdeutsche Familienpolitik bis dahin noch immer das Modell der traditio- nellen Ernährerfamilie zu fördern versuchte, es wurden Anreize dafür geschaffen, dass die Frau zum Zwecke der Kindererziehung zuhause bleiben kann. Die finan- ziellen Nachteile, zum Beispiel bei der Rente, versuchte man zu minimieren.
Die moderne Familienpolitik hat sich von der bevölkerungspolitischen Ausrichtung gelöst. Heute werden zum einen kompensatorische Ziele verfolgt, so sollen sozia- le Ungerechtigkeiten durch verschiedene Leistungen ausgeglichen werden. Fami- lienpolitik verfolgt heute zum anderen korrektive Ziele, in dem zum Beispiel ver- sucht wird, materielle Engpässe zu beseitigen, darüber hinaus werden präventive Ziele verfolgt, indem versucht wird, Fehlentwicklungen zu vermeiden. Die Konkre- tisierung dieser Ziele ist in der Politik dabei äußerst umstritten. So verfolgten christliche Parteien lange eine konservative Familienpolitik, wonach die traditionel- le Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau und zwischen Familie und Staat beibe- halten werden sollte, während liberale und sozialdemokratische Parteien eher eine sozialliberale Familienpolitik verfolgten, die der Chancengleichheit aller Familien- mitglieder und der Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen mehr Raum gibt[46]. Laut Artikel 6, Absatz 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutsch- land stehen Ehe und Familie unter besonderem Schutz des Staates. Das bedeutet zum einen, dass diese Institutionen vor Beeinträchtigungen von außen bewahrt werden sollen und dabei durch geeignete Maßnahmen zu fördern sind, und zum anderen bedeutet dies für Staat und Politik, Familie und Ehe nicht zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen[47]. Es muss also Bereiche geben, die der staatlichen Einwirkung entzogen sind, um das Recht auf eine selbstbestimmte, private Le- bensgestaltung zu garantieren. So muss das Ehe- und Familienrecht so gestaltet sein, dass zum Beispiel die Entscheidung darüber, ob sich einer der Partner aus- schließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein will, eine mögliche, rein private Entscheidung ist. Laut § 1356 des Bürgerlichen Gesetzbuches regeln die Ehegatten die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Daher sind bei- de Partner grundsätzlich berechtigt, erwerbstätig zu sein. Dabei haben sie jedoch auf die Belange des jeweils anderen Partners und besonders der gesamten Fami- lie Rücksicht zu nehmen. Die familiale Arbeitsteilung ist in der Bundesrepublik heute Privatsache.
Die Familienpolitik des letzten Jahrzehnts kann insgesamt als Politik bezeichnet werden, die durch die Realisierung der Rechte von Familienmitgliedern die Siche- rung der Erfüllung von Funktionen der Familie gewährleisten möchte. Im Hinblick auf das Steuerungsverhältnis von Familie durch Staat kann davon ausgegangen werden, dass sich das Leitbild von Familienpolitik im Verlauf des Bestehens der Bundesrepublik immer stärker der sozialen Realität angepasst hat, nachdem zu Beginn der Institutionalisierung von Familienpolitik versucht worden war, staatliche Politik gelebten Entwicklungen entgegenzusetzen[48].
2.3. Demografischer Wandel und Familie
2.3.1. Der erste und der zweite demografische Übergang
„Deutschland schrumpft und ergraut. Die Bundesrepublik rangiert mit ihrer Gebur- tenrate unter 190 Staaten auf Platz 185. Vier von zehn deutschen Akademikerin- nen verzichten auf Mutterglück und Mutterstress.“[49] titelt „Der Spiegel“ im Februar 2004 und macht medienwirksam deutlich, welch große Probleme die Bundesrepu- blik hinsichtlich ihrer Geburtenrate hat. Franz-Xaver Kaufmann bemerkt hier einen Wandel in der Publizistik, demnach würde sich das Augenmerk hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung[50] weg von der absehbaren Überalterung der Gesell- schaft hin zum Geburtenproblem verlagern. So wäre es auch in der Politik ange- kommen, dass hinsichtlich der Demografie nicht ausschließlich die vielen alten Menschen als Problem erkannt werden dürfen, sondern das Problem, dass es zu wenige junge Menschen gibt[51]. Über die Ursachen und Konsequenzen dieses sich aus dem Perspektivenwechsel ergebenen Problems gehen die politischen Mei- nungen indes weit auseinander. Kaufmann konstatiert jedoch, dass die demografi- sche Problematik in der Bundesrepublik in Wissenschaft und Politik bisher glei- chermaßen vernachlässigt wurde. Trotz dieser Erkenntnisse und verschiedener Urteile des Bundesverfassungsgerichts zielt die staatliche Sozialpolitik nach wie vor auf die Altersphase und weniger auf die Kinder ab. Lösungen zugunsten der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Elternschaft stehen in Deutschland noch zu wenig auf der Agenda[52]. Dabei kommt der Familie die zentrale Rolle im demogra- fischen Wandel zuteil. Nicht nur, dass Familien seine Auslöser und Motoren sind, auch die Art und der Zeitpunkt der Gründung einer Familie, ihre Größe, die Dauer und die mögliche Auflösung sowie der mögliche Verzicht auf eine Familiengrün- dung sind Faktoren, die die Geburten- und Bevölkerungsentwicklung maßgeblich beeinflussen. Im folgenden Abschnitt soll nun der aufgezeigte Zusammenhang zwischen dem demografischen Wandel, dem als eines der großen Probleme die niedrige Fertilität zugrunde liegt, und der Familie betrachtet werden. Dabei soll zunächst auf den Wandel der demografischen Verhältnisse als solchen eingegan- gen werden. Diesem Wandel liegen zwei deutliche demografische Übergänge zugrunde, welche durch einen drastischen Rückgang der durchschnittlichen Ge- burten pro Frau geprägt sind, einen Trend, der in allen Industriegesellschaften zu beobachten ist. Dem Modell des ersten und des zweiten demografischen Über- gangs zufolge haben sich die Kinderzahlen den neuen sozioökonomischen Rah- menbedingungen der Industriegesellschaft angepasst. Als demografischer Über- gang wird dabei das langfristige Absinken der Sterblichkeit und die nachfolgende Verringerung der Geburten bezeichnet[53]. So verringerte sich im Verlauf des so genannten ersten demografischen Übergangs, also in der Zeit vom letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zurzeit nach dem 1. Weltkrieg, die Zahl der durchschnitt- lichen Geburten pro Frau von fünf auf zwei Kinder. Mit dieser Phase wird der Ü- bergang von der vorindustriellen Bevölkerungsweise zur industriegesellschaftli- chen Bevölkerungsweise beschrieben. Diesem Modell zufolge sind in der vorin- dustriellen Bevölkerungsweise Geburten und Sterbefälle sehr häufig, wobei die Geburtenrate die Sterberate überstieg. Durch eine starke Erhöhung der Lebens- erwartung sank die Sterberate, gleichzeitig reduzierten die Menschen die Zahl ih- rer Kinder. Die Menschen bekamen weniger Kinder und lebten länger. Da das Ge- burtenniveau aber immer noch etwas über der Sterblichkeit lag, wuchs die Bevöl- kerung langsam weiter. Dies wird als industriegesellschaftliche Bevölkerungsweise bezeichnet[54]. In der Zeit seit Mitte der 1960er Jahre bis in die Mitte der 1980er Jahre verringerte sich die Zahl der Geburten pro Frau nochmals drastisch auf 1,4 Kinder. Die Geburtenrate sank dauerhaft unter die Sterberate. Dieser Geburten- rückgang wird als zweiter demografischer Übergang bezeichnet und beschreibt den Übergang von der industriegesellschaftlichen Bevölkerungsweise zur postin- dustriellen[55]. Des Weiteren ist der zweite demografische Übergang von einem Rückgang der Mehrkindfamilien und einer Steigerung der Kinderlosigkeit[56] ge- prägt. Die Bevölkerungsentwicklung in der DDR weicht indes von der anderer In- dustriegesellschaften ab. Sie entspricht viel mehr der eines Auswanderungslan- des, wodurch die Bevölkerungszahl seit ihrer Gründung kontinuierlich von 19,1 auf 16,4 Millionen Einwohner im Jahr 1989 sank. Die Geburtenrate pro Frau lag in der DDR zwischen 1965 und 1989 indes höher als die in der BRD[57]. Der Zusammen- bruch der DDR und die Wiedervereinigung mit der BRD brachten auf dem Gebiet der neuen Bundesländer einen drastischen demografischen Knick mit sich. Neben einer starken Rückentwicklung der Geburtenrate um bis zu 60 % sanken auch die Scheidungs- und Heiratsziffern. Die Kinderlosigkeit, welche in der DDR-Zeit noch sehr selten war, stieg sprunghaft an[58].
2.3.2. Ursachenkomplexe der demografischen Veränderungen
Als Ursachen dieser Prozesse werden die wirtschaftliche Entwicklung und der An- stieg des Lebensstandards für das Absinken der Sterberate angenommen, wäh- rend für die Abnahme der Geburtenziffer die soziale Entwicklung in der Moderne, die Urbanisierung, die Erhöhung der Schulbildung und ein Wechsel traditioneller Denkweisen hin zu modernen als Gründe angenommen werden[59]. Stefan Hradil gibt dabei jedoch zu bedenken, dass im Laufe der Geschichte die Sterbe- und Geburtenziffer in den einzelnen Gesellschaften bei sehr unterschiedlichem Stand der gesellschaftlichen Modernisierung zu schrumpfen begann. Er ist daher be- müht, die Ursachen diese Übergänge differenzierter zu betrachten und gibt eine ökonomische und eine soziologische Begründung zu den demografischen Über- gängen an. Da laut Hradil in modernen Gesellschaften immer weniger die Traditi- onen oder die Emotionen darüber entscheiden, ob und wie viel Kinder zur Welt gebracht werden, ist es „zunehmend der Nutzen[60] der Eltern beziehungsweise der Mutter“[61]. Übersteige der Nutzen die Kosten,[62] so komme es laut Hradils ökono- mischer „ Rational Choice Theorie“ zu weiteren Geburten. Im Laufe der Moderni- sierung sinke jedoch der Nutzen der Kinder für Eltern, wobei der immaterielle Nut- zen für Eltern auch durch wenige Kinder erbracht würde. Gleichzeitig stiegen die Kosten für Kinder enorm an, da der Anspruch an Erziehung und Ausbildung in modernen Gesellschaften sehr hoch sei. Rudolf Andorka führt dagegen berechtigt an, dass in modernisierten Gesellschaften eigentlich auch mehr Ressourcen für Kinder verfügbar wären[63]. Nach der soziologischen Theorie der Fertilität ent- scheiden sich Paare nach den in ihrer Umgebung gültigen Normen und Werten für Kinder und für eine bestimmte Anzahl an Kindern. Hradil fragt aber hierzu kritisch nach, wieso es zu bestimmten Normen und Werten über die wünschenswerte Zahl von Geburten kommt. Er folgert einen Zusammenhang zwischen ökonomischer und soziologischer Theorie, denn wenn die ökonomischen Erwartungen optimis- tisch wären, führte dies automatisch zu denjenigen Normen und Werten, die eine Geburtssteigerung nahe legten[64]. Er zeigt auf, dass in der postindustriellen Ge- sellschaft Lebensbedingungen seltener bestehen, die vor den demografischen Übergängen für zahlreiche Kinder gesprochen hätten, und wertet diese als indirek- te Ursachen. So würden eigene Kinder heute weder zur Alterssicherung noch als Arbeitskräfte benötigt. Darüber hinaus werde das Ideal der „verantwortungsvollen Elternschaft“ propagiert, welches nicht die maximale Kinderzahl sondern die oben beschriebene Kleinfamilie voraussetze. Auch das Sinken der Kindersterblichkeit würde schließlich dazu führen, dass nicht mehr so viele Kinder in die Welt gesetzt werden. Als direkte Ursache des Geburtenrückganges gibt Hradil an, dass es e- ben heute Lebensbedingungen gäbe, die eher gegen Kinder sprechen. „Die Be- rufswelt, der Karriereweg, der Wohnungsmarkt sind in Industriegesellschaften ‚strukturell rücksichtslos’ gegen Familien und Kinder.“[65] Franz-Xaver Kaufmann führt darüber hinaus die emanzipatorische Frauenbewegung und die Wirkung der „Pille“, welche erstmals eine vom sexuellen Kontakt völlig unabhängige Empfäng- nisregulierung durch die Frau ermöglichte, und die Verzögerung des Heirats- und damit des Gebäralters als Gründe für den zweiten demografischen Übergang und den „brüsken Fall“ der allgemeinen Geburtenziffern in den 1960er Jahren an[66]. Auch der Rückgang der kinderreichen Familien, also der Familien mit mehr als drei Kindern, und die seit dem Beginn der 1980er Jahre wachsende Verbreitung der Kinderlosigkeit stellen heute wichtige Ursachen für den Nachwuchsmangel dar. Einen Trend zur Einkindfamilie gibt es dabei nicht, wenn eine Frau ein Kind bekommt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie sich mindestens für ein zweites ent- scheidet. „Das typische Muster lautet also, entweder ganz auf Kinder verzichten oder mindestens zwei Kinder zu bekommen.“[67] Thomas Meyer sieht darüber hin- aus die „späte Mutterschaft“ als Grund für den Geburtenrückgang. Im Jahr 2000 seien Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich 29 Jahre alt ge- wesen. Dies führt er zurück auf die langen Ausbildungszeiten und den Wunsch vieler Frauen, vor der Elternschaft Berufserfahrungen zu sammeln. Daher schie- ben besonders beruflich ambitionierte Frauen die Erstelternschaft auf[68]. Bernhard Schäfers schlussfolgert demnach, dass die „Späte erste Mutterschaft [...] vor allem ein Phänomen hochqualifizierter Frauen [ist M.K.], die nach der Geburt ihres ers- ten Kindes vergleichsweise früh wieder ihre Berufstätigkeit aufnehmen“[69]. Herwig Birg vertritt dabei die These, dass es gerade der Wettbewerb zwischen den ver- schiedenen Volkswirtschaften um einen günstigen Rangplatz ist, der dafür sorgt, dass die Menschen viel Zeit und Geld in eine höhere berufliche Qualifikation in- vestieren. Die Löhne steigen durch die höhere Qualifikation permanent an. Den Frauen, die aufgrund der Kindererziehung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, entgehen diese steigenden Löhne. Herwig Birg kommt so zu dem Schluss, dass eben in denjenigen Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen die Gebur- tenzahlen pro Frau am geringsten sind. Darin sieht er einen entscheidenden Grund für die niedrige Fertilität in hoch entwickelten Industrieländern[70].
Reiner Geißler subsummiert mehrere Ursachenkomplexe als Gründe für den de- mografischen Wandel. So zeigt er auf den bereits angesprochenen Funktions- und Strukturwandel der Familie[71] und die ebenfalls bereits aufgezeigte Emanzipation und „Enthäuslichung“ der Frau[72]. Darüber hinaus verweist Geißler auf ein ver- stärktes Konsumdenken und einen anspruchsvolleren Lebensstil als Ursache[73] und zeigt auf die These Franz-Xaver Kaufmanns, der eine gewisse strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber der Familie erkennt[74]. Des Weiteren verweist Geiß- ler darauf, dass es heute eine Scheu vor langfristigen Bindungen und Festlegun- gen gibt, die auf den voranschreitenden Prozess von Individualisierung und Plura- lisierung der Lebensstile zurückzuführen sei. Er erkennt dabei auch emotionalisier- te und verengte Paarbeziehungen[75] als Ursache für Kinderlosigkeit. Die zuneh- mende gesellschaftliche Akzeptanz der Kinderlosigkeit auf der einen Seite und die gestiegenen Ansprüche an die Elternrolle[76] auf der anderen Seite nennt Geißler als weitere Ursachen. In der Rationalisierung der Familienplanung sowie in der ungünstigen Wirtschaftslage und in der hohen Arbeitslosigkeit sieht er weitere Gründe dafür, warum viele Paare von der Erfüllung des Kinderwunsches abse- hen[77]. Thomas Meyer spricht in diesem Bezug auch die mangelnde staatliche Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen besonders in Westdeutschland an und sieht darin einen entscheidenden Grund für die stagnierenden Geburtenzahlen[78]. Franz-Xaver Kaufmann fasst die Erklärung der Nachwuchsschwäche als ein Mehr- Ebenen-Problem und ordnet die beschriebenen Ursachenkomplexe einer kulturel- len, einer institutionellen sowie einer Paar- und einer Individualebene zu[79]. Dem- nach sieht er auf der kulturellen Ebene die Enttraditionalisierung und die kulturelle Selbstverständlichkeit der Geburtenkontrolle als Faktoren, die als Folge Ehe und Elternschaft biografisch unverbindlich werden lassen und die für die Pluralisierung der Lebensformen sorgen. Konkreter wird Kaufmann im Bezug auf die institutio- nelle Ebene, hier untergliedert er in die Institutionen der Familie, der Wirtschaft und des Sozialstaates. Er macht auf familialer Basis die Liberalisierung des Ehe- und Scheidungsrechts und die Stärkung der Rechte der Kinder für die verstärkte Verantwortung der Eltern und die damit verbundene psychische Belastung ver- antwortlich. Auf wirtschaftlicher Basis sieht er die Indifferenz gegenüber der El- ternschaft und die wachsende Dynamik verantwortlich dafür, dass Eltern ökono- misch benachteiligt werden und der familiale Stress stetig steigt. Dem Sozialstaat wirft er mangelnde Anerkennung der Erziehungsleistung vor. So beispielsweise, dass Leistungsansprüche in der Regel nur durch Erwerbsbeteiligung entstehen, was zu einer beachtlichen Transferausbeutung der Familien führen würde. Für die Paarebene analysiert Kaufmann, dass die Erschwerung der „Nestbildung“ zu einer unfreiwilligen Kinderlosigkeit gerade bei Akademikern und hoch Qualifizierten führt, darüber hinaus folge aus einer gefährdeten Verlässlichkeit der Beziehungen ein erhöhtes Scheidungsrisiko. Hierfür sieht er auch auf der Individualebene Erklä- rungsfaktoren, so folgt für ihn aus der Zurückhaltung gegenüber langfristigen Bin- dungen und den zunehmenden Opportunitätskosten der Elternschaft, dass sich immer mehr Menschen für ehe- und kinderlose Lebensformen entscheiden. Im Bezug auf die besondere ostdeutsche Entwicklung wird der Geburtenrückgang als Reaktion auf die vielfältigen und zum Teil krisenhaften Umbrüche gewertet[80].
Frauen ohne Arbeit verzichten auf Kinder, um ihre Chancen auf eine Erwerbstätig- keit zu erhöhen, und Erwerbstätige stellen den Kinderwunsch zurück, um die Ar- beit nicht zu verlieren. So seien in den neuen Bundesländern viele Menschen von den Ereignissen rund um die Wende außerhalb der Familie so in Anspruch ge- nommen worden, dass sie keine langfristigen und folgenreichen Veränderungen im Privatleben vorgenommen haben[81]. Vergleicht man die beiden deutschen Ge- sellschaften, so stellt man fest, dass es in der DDR in den späten 1970er Jahren einen zweiten Babyboom gab, obwohl die Menschen mit beengten Wohnverhält- nissen zu kämpfen hatten und der Lebensstandard deutlich niedriger war. Darüber hinaus wird deutlich, dass trotz der hohen Erwerbsbeteiligung der Frau[82] und des ab 1972 legalisierten Schwangerschaftsabbruchs die Fruchtbarkeitsrate bis 1989 höher lag als in der BRD. Dies kann als deutlicher Hinweis darauf gewertet wer- den, dass nicht allein die weibliche Erwerbstätigkeit das Geburtsverhalten beein- flusst, sondern die Chancen der Vereinbarkeit von Elternschaft und Berufstätig- keit[83].
[...]
[1] Ristau, M.: Der ökonomische Charme der Familie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, (2005)23-24, S. 16- 23, S. 16.
[2] Vgl. Butterwegge, Chr.: Familie und Familienpolitik im Wandel, in: Butterwegge, Chr.; Klundt, M. (Hrsg.): Kinderarmut und Generationengerechtigkeit. Familien- und Sozialpolitik im demografischen Wandel, Opla- den ²2003, S. 225-242, S. 225.
[3] Ziel war es, den Betreuungsanspruch von Kindern arbeitsloser Eltern auf 5 Stunden am Tag zu reduzieren, um auf diese Weise große Geldsummen einzusparen, dies ging einher, mit einer drastischen Erhöhung des Betreuungsschlüssels, womit eine deutliche Arbeitszeitreduktion der Kindergartenerzieherinnen und Erzieher verbunden war. In dessen Rahmen wurde mit viel Polemik seitens der Landesregierung gegen arbeitslose Mütter und Väter, die ihre Kinder angeblich nicht zuhause haben wollen, Stimmung gemacht. Auf sämtliche anderen Aspekte des neuen Gesetzes wurde in der öffentlichen Diskussion nicht eingegangen. Aktuell scheint sich die Lage dahin gehend zu verändern, dass die CDU/SPD Landesregierung die damals verringerten Be- treuungszeiten, welche in dem ironischer Weise mit „Kinderförderungsgesetz“ betitelten Gesetz festgelegt wurden, wieder ausweiten möchte. Dabei wird gar ein kostenloses letztes Kindergartenjahr diskutiert, ein nicht ganz so leicht nachvollziehbarer Gedanke!
[4] Laut Franz-Xaver Kaufmann wird unter Humankapital die Gesamtheit der Kompetenzen verstanden, wel- che die einer Gesellschaft zuzurechnenden Individuen in die verschiedenen gesellschaftlichen Zusammen- hänge, wie Wirtschaft, Staat, Kultur, Familie, einbringen. Vgl. Kaufmann, F.X.: Keine Glückwünsche. Rep- lik auf den Beitrag Max Wingens: Anmerkungen zu 50 Jahren Familienministerium in Rück- und Ausblick, in: Zeitschrift für Familienforschung, 15(2003)3, S. 299-302, S. 300.
[5] Laut Jörg Althammer versucht diese Theorie die Wirkung familienpolitischer Instrumente auf die Arbeits- verteilung innerhalb der Familie zu untersuchen. Darüber hinaus wird durch die Untersuchung der innerfami- liären Arbeitsteilung und des Rollenverständnisses von Mann und Frau versucht zu ermitteln, welche Pro- duktivität die einzelnen Familienmitglieder haben. Aus den Ergebnissen sollen dann Handlungsanleitungen für die Familienpolitik abgeleitet werden. Vgl. Althammer, J.: Ökonomische Theorie der Familienpolitik. Theoretische und empirische Befunde zu ausgewählten Problemen staatlicher Familienpolitik, Heidelberg 2000, S. 55ff.
[6] Im ökonomischen Ansatz werden die Entscheidungen über Fertilität (Fruchtbarkeit), Erziehung und Ausbil- dung von Kindern als Konsumprozess der Elterngeneration verstanden, demnach träten nachfolgende Gene- rationen nicht als Individuen sondern als ‚Argumente’ der elterlichen Nutzenfunktion auf. Vgl. Althammer, J.: Ökonomische Theorie, a.a.O., S. 3.
[7] Vgl. Althammer, J.: Ökonomische Theorie, a.a.O., S. 2.
[8] Althammer, J.: Ökonomische Theorie, a.a.O., S. 2.
[9] Vgl. Bertram, H.; Rösler, W.; Ehlert, N.: Zeit, Infrastruktur und Geld: Familienpolitik als Zukunftspolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, (2005)23-24, S. 6-15, S.14.
[10] Vgl. Bertram, H.; Borrmann-Müller, R.: Individualisierung und Pluralisierung familialer Lebensformen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, (1988)13, S.14-23, S.14.
[11] Vgl. Butterwegge, Chr.: Familie und Familienpolitik, a.a.O., S. 228.
[12] Vgl. Gruescu, S.; Rürup, B.: Nachhaltige Familienpolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, (2005)23-24, S. 3-6, S. 3.
[13] Vgl. Schmitt, C.: Familiengründung und Erwerbstätigkeit im Lebenslauf, in: Aus Politik und Zeitgeschich-te, (2007)7, S. 3-8, S. 6.
[14] Befragt man Paare, welche Faktoren ihrer Meinung nach zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen, treten drei Antworten am häufigsten auf. Demnach ist es auf der individuellen Ebene von großer Bedeutung, dass der Partner mit im Haushalt lebt und damit die Verantwortung und die Familienauf- gaben geteilt werden können. Darüber hinaus sind für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Arbeitszeiten von großer Bedeutung. Neben einer flexiblen Arbeitszeit ist es Paaren sehr wichtig nicht am Wochenende und in der Nacht arbeiten zu müssen und eine Arbeit „auf Abruf“ vermeiden zu können. Als Drittes wird unter Familienfreundlichkeit verstanden, dass Mütter und Väter in ihren Familienpflichten und – rechten durch ein entsprechendes Betriebsklima unterstützt werden. Geldleistungen spielen demnach eine sehr untergeordnete Rolle. Vgl. Klenner, C.; Schmidt, T.: Familienfreundlicher Betrieb – Einflussfaktoren aus Beschäftigtensicht, in: WSI-Mitteilungen. Monatszeitschrift des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftli- chen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, 60(2007)9, S. 494-501, S. 494f.
[15] Damme, N.; Dettling, D.: Kinder, Karriere und Kooperation. Familienpolitik nach dem Karlsruher Urteil, in: Neue Gesellschaft. Frankfurter Hefte (2001)6, S. 225-242, S. 328.
[16] Vgl. Lauterbach, W.: Familie und private Lebensformen oder: Geht der Gesellschaft die Familie aus? in: Glatzer, W.; Ostner, I. (Hrsg.): Deutschland im Wandel. Sozialstrukturelle Analysen, Opladen 1999, S. 239- 354, S. 239.
[17] Vgl. Zapf, W.: Individualisierung und Sicherheit – Untersuchungen zur Lebensqualität in der Bundesrepu- blik Deutschland, München 1987, S. 30.
[18] Nave-Herz, R.: Familie heute, Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung, Darmstadt ²2002, S. 15.
[19] Ristau, M.: ökonomische Charme, a.a.O., S. 18.
[20] Vgl. Erler, M.: Die Dynamik der modernen Familie. Empirische Untersuchung zum Wandel der Familien- formen in Deutschland, Weinheim, München 1996, S. 11; Peuckert, R.: Familienformen im sozialen Wandel, Opladen ²2002, S. 20.
[21] Vgl. Meyer, T.: Private Lebensformen im Wandel, in: Geißler, R.: Die Sozialstruktur Deutschlands. Die gesellschaftliche Entwicklung nach der Vereinigung. Mt einem Beitrag von Thomas Meyer, Wiesbaden ³2002, S. 401-433, S. 402.
[22] Vgl. Schäfers, B.: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland, Stuttgart 82004, S. 114.
[23] BMFSFJ (Hrsg.): 7. Familienbericht, Familie zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit. Perspektiven für eine lebenslaufbezogene Familienpolitik, CD-Rom Version, Berlin 2006, hier Archiv, 4. Familienbericht der Bundesregierung 1985, S. 14.
[24] Vgl. Erler, M.: Dynamik der modernen Familie, a.a.O., S. 12.
[25] Vgl. Hesselberger, D.: Das Grundgesetz. Kommentar für die politische Bildung, (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 409), Bonn 132003, S. 108.
[26] Vgl. Meyer, T.: Private Lebensformen, a.a.O., S. 401f.
[27] Vgl. Geißler, R.: Die Sozialstruktur Deutschlands. Die gesellschaftliche Entwicklung nach der Vereini- gung. Mit einem Beitrag von Thomas Meyer, Wiesbaden ³2002, S. 43.
[28] Geiger, T.: Demokratie ohne Dogma, München o.J., S. 61ff., zitiert nach: Geißler, R.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 47.
[29] Vgl. Textor, M.: Familienpolitik. Probleme, Maßnahmen, Forderungen, Bonn 1991, S. 33, des Weiteren: Wingen, M.: Zur Theorie und Praxis der Familienpolitik, (= Schriften des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Bd. 270), Frankfurt a.M. 1994, S. 3.
[30] Vgl. Wingen, M.: Familienpolitik. Ziele, Wege und Wirkungen, Paderborn ²1965, S. 65.
[31] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln. Ideologie und politische Praxis in Deutschland, Opladen 1996, S. 149.
[32] Unter Bevölkerungspolitik wird ein zielgerichtetes politisches Handeln verstanden, welches der planmäßi- gen Beeinflussung demografischer Verhältnisse wie der Größe der Bevölkerung, deren Altersaufbau, ihrer regionalen Verteilung und ihrer Wachstumsintensität dient. Vgl. Bethusy-Huc, V. Gräfin von: s.v. Familien- politik, in: Holtmann, E. (Hrsg.): Politik-Lexikon, München, Wien ³2000, S. 169-172, S. 172.
[33] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln, a.a.O., S. 91f.
[34] Vgl. Frevert, U.: s.v. Frauen, in: Benz, W. u.a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 42001, S. 220-234, S. 226.
[35] Vgl. Pilz, F.: Der Sozialstaat. Ausbau – Kontroversen – Umbau, (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 452), Bonn 2004, S. 32.
[36] Auf die Entwicklungslinien der Familienpolitik in der DDR wird im Kapitel 2.4.3. näher eingegangen.
[37] Vgl. Pfau-Effinger, B.: Kultur- und Frauenerwerbstätigkeit in Europa. Theorie und Empirie des internatio- nalen Vergleichs, Opladen 2000, S. 129.
[38] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln, a.a.O., S. 211.
[39] Vgl. Kaufmann, F.-X.: Kein Glückwünsche, a.a.O., S. 299.
[40] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln, a.a.O., S. 96.
[41] Vgl. Wingen, M.: Theorie und Praxis der Familienpolitik, a.a.O., S. 4.
[42] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln, a.a.O., S. 189.
[43] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln, a.a.O., S. 211.
[44] Vgl. Ebenda, S. 183f.
[45] Vgl. Pilz, F.: Sozialstaat, a.a.O., S. 40.
[46] Vgl. Schmidt, M.G.: s.v. Familienpolitik, in: Schmidt, M.G. (Hrsg.): Wörterbuch zur Politik, Stuttgart 1995, S. 294-296, S. 296.
[47] Vgl. Hesselberger, D.: Grundgesetz, a.a.O., S. 109.
[48] Vgl. Gerlach, I.: Familie und staatliches Handeln, a.a.O., S. 212.
[49] Bölsche, J. u.a.: Land ohne Lachen, in: Der Spiegel, 58(2004)1, S. 38-48, S. 38.
[50] Unter Bevölkerung wird dabei diejenige Gemeinschaft von Personen verstanden, die in einem Gebiet län- gerfristig zusammenlebt, dabei ist es unwichtig, welche Staatsangehörigkeit diese Personen haben. Als Be- völkerungsstruktur wird dann die Untergliederung der Bevölkerung, unter anderem nach Alter, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit verstanden. Diese Bevölkerungsstruktur kann nur durch Geburt, Sterbefälle und Außenwanderungen verändert und beeinflusst werden. Vgl. Hradil, S.: Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2004, S. 37.
[51] Vgl. Kaufmann, F.-X.: Schrumpfende Gesellschaft. Vom Bevölkerungsrückgang und seinen Folgen, Frankfurt a.M. 2005, S. 9.
[52] Vgl. Thränhardt, D.: s.v. Bevölkerung, 3. Bevölkerungsperspektiven, in: Woyke, W.; Andersen, U. (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, (= Lizenzausgabe der Bundes- zentrale für Politische Bildung), Bonn 42000, S. 32-34, S. 34.
[53] Vgl. Andorka, R.: Einführung in die soziologische Gesellschaftsanalyse. Ein Studienbuch zur ungarischen Gesellschaft im europäischen Vergleich, Opladen 2001, S. 240.
[54] Vgl. Hradil, S.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 39.
[55] Vgl. Meyer, T.: Die Familie im demografischen Wandel, in: Frevel, B. (Hrsg.): Herausforderung demogra- fischer Wandel, Wiesbaden 2004, S. 58-74, S. 58.
[56] Die Kinderlosigkeit stieg bei den zwischen 1950 und 1960 geborenen Frauen von 15 % auf 26 % an. Vgl. BMFSFJ (Hrsg.): 7. Familienbericht, a.a.O., S. 20.
[57] Vgl. Geißler, R.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 51ff.
[58] Vgl. Ebenda, S. 56.
[59] Vgl. Andorka, R.: soziologische Gesellschaftsanalyse, a.a.O., S. 240.
[60] Unter dem Nutzen von Kindern für Eltern versteht Hradil jedwede Erreichung der eigenen Ziele. Dies können dabei sowohl finanzielle, materielle als auch immaterielle Ziele, wie persönliches Glücksempfinden oder Identität sein.
[61] Hradil, S.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 41.
[62] Unter den Kosten von Kindern für Eltern versteht Hradil alle Aufwendungen, die zur Erreichung der elter- lichen Ziele notwendig sind. Das können finanzielle Aufwendungen, Mühe, Schmerzen und Opportunitäts- kosten sein.
[63] Vgl. Andorka, R.: soziologische Gesellschaftsanalyse, a.a.O., S. 241.
[64] Vgl. Hradil, S.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 42.
[65] Vgl. Hradil, S.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 49.
[66] Vgl. Kaufmann, F.-X.: Schrumpfende Gesellschaft, a.a.O., S. 122.
[67] Meyer, T.: Familie im demografischen Wandel, a.a.O., S. 59.
[68] Vgl. Peuckert, R.: Familienformen, a.a.O., S. 117.
[69] Schäfers, B.: Sozialstruktur und sozialer Wandel, a.a.O., S. 127.
[70] Vgl. Birg, H.: Demographische Zeitenwende, in: Hessische Staatskanzlei (Hrsg.): Die Familienpolitik muss neue Wege gehen! Der „Wiesbadener Entwurf“ zur Familienpolitik. Referate und Diskussionsbeiträge, Wiesbaden 2003, S. 157-188, S. 161.
[71] Dieser sei laut Geißler durch die verminderte ökonomische Bedeutung der Kinder für die Eltern erklärbar, demnach würden heute viele Fürsorgeleistungen durch gesellschaftliche Einrichtungen übernommen. Dar- über hinaus erkennt Geißler, dass es heute das Ideal der Zweikindfamilie gäbe, denn deutsche Frauen bräch- ten durchschnittlich 1,7 Kinder zur Welt.
[72] Thomas Meyer verweist hier im Besonderen auf die hohe Zahl hochqualifizierter kinderloser Frauen. Die stärkere Bildungs- und Berufsorientierung der Frauen könne zur Folge haben, dass die Realisierung beste- hender Kinderwünsche so weit hinausgeschoben wird, dass nur noch ein Kind geboren werden könne, oder auch auf ein Kind gänzlich verzichtet werden würde. Vgl. Meyer, T.: Familie im demografischen Wandel, a.a.O., S. 59f.; Rüdiger Peuckert stellt darüber hinaus fest, dass die extrem niedrige Kinderzahl der Akademi- kerinnen auf deren großen Eheverzicht zurückzuführen ist und damit als Verzicht auf Familie interpretiert werden könne. Vgl. Peuckert, R.: Familienformen, a.a.O., S. 119.
[73] Wonach Kinder einen erheblichen Kostenaufwand bedeuten würden, der zu sozioökonomischen Nachtei- len führen könne und wonach der Erziehungsaufwand die persönliche Bewegungsfreiheit der Eltern ein- schränke. Hier sieht Geißler eine wichtige Ursache für den Rückgang der Mehrkindfamilie und einen zentra- len Faktor der Geburtenentwicklung.
[74] Demnach herrsche den Bedürfnissen von Kindern gegenüber Gleichgültigkeit. Die gesellschaftlichen Strukturen wären mit ihrer fortschreitenden Spezialisierung und Rationalisierung immer Ausschließlicher auf die Bedürfnisse der Erwachsenen zugeschnitten. Darüber hinaus fehle es den familialen Leistungen gegen- über an gesellschaftlicher Akzeptanz und materieller Unterstützung. Es herrschten vielmehr strukturelle Ge- gebenheiten, die denjenigen Vorteile verschafften, die keine Kinder haben. Vgl. auch Kaufmann, F.-X.: Zu- kunft der Familie im vereinten Deutschland. Gesellschaftliche und politische Bedingungen, München 1995, S. 169ff.
[75] Demnach können sich Zweierbindungen dahin gehend verengen, dass der Zweck der Beziehung, die Paar- beziehung als solche ist, Kinder würden dabei als Last, Konkurrenz und Störung angesehen.
[76] Geißler nimmt hier auf die Pädagogisierung der Gesellschaft Bezug, angesichts des hohen Stellenwerts von Schule und der Emanzipation des Kindes macht er gestiegene Anforderungen an die Eltern als Erzieher aus und befürchtet, dass sich Eltern diesem Druck psychologisch nicht gewachsen fühlen könnten, und deshalb vom Kinderwunsch absähen.
[77] Vgl. Geißler, R.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 57ff.
[78] Meyer, T.: Familie im demografischen Wandel, a.a.O., S. 60.
[79] Vgl. Kaufmann, F.-X.: Schrumpfende Gesellschaft, a.a.O. S. 132.
[80] Hier litten gerade Frauen und Mütter unter dem Arbeitsplatzrisiko und dem Wegfall von Kinderbetreu- ungseinrichtungen.
[81] Vgl. Geißler, R.: Sozialstruktur Deutschlands, a.a.O., S. 56.
[82] 1989 waren 91,2 % der Frauen im erwerbsfähigen Alter berufstätig. Vgl. Helwig, G.: s.v. Frauen, in: Wei-denfeld, W.; Korte, K.R. (Hrsg.): Handbuch zur deutschen Einheit 1949 – 1989 – 1999, (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 363), Bonn 1999, S. 386.
[83] Vgl. Peuckert, R.: Familienformen, a.a.O., S. 119.
- Arbeit zitieren
- Matthias Kolodziej (Autor:in), 2008, Neue Herausforderungen in Gesellschaft und Politik - Das Verhältnis von Familie und Beruf im Wandel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117941
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