Wie können Lehrer und Schüler einer bayerischen Grundschulklasse unterstützt werden, um eine qualitativ hochwertige schulische Inklusion zu ermöglichen?


Term Paper, 2021

20 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ausgangssituation

3. Hintergrundinformationen und aktueller Forschungsstand
3.1. Unterschied Integration und Inklusion
3.2. Unterstützung der Lehrerinnen an bayerischen Grundschulen und Schülerinnen in Inklusionsklassen an bayerischen Grundschulen
3.2.1. durch den Freistaat Bayern
3.2.2. durch Schulen: Grundschulen, Förderschulen, Berufsschulen, Hochschulen / Universitäten
3.2.3. durch Initiativen und Verbände

4. Erhebungsverfahren

5. Bestimmung des Forschungsfeldes und des Samplings

6. Durchführung und Auswertung der Interviews

7. Durchführung und Auswertung der Beobachtungen

8. Fazit

II. Verzeichnis der Anhänge

III. Anhänge und Materialien

IV. Literaturverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Der Begriff „Inklusion“ ist seit seiner Definition durch die UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 in der Bevölkerung oft missverstanden. Der Leitsatz „Nichts über uns ohne uns!“ von Verena Bentele im Vorwort der deutschen Version zeigt ganz klar, um was es bei Inklusion geht (Beauf­tragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung 2017, S. 2). Men­schen mit Behinderung wurden aktiv in die Umsetzung der UN-BRK miteinbezogen. Auch in Bay­ern wurde dieser Ansatz durch die Überarbeitung des Bayerischen Bildungs- und Unterrichtsge­setzes (BayEUG) im Jahr 2011 umgesetzt (vgl. ISB Bayern). Seit diesen Änderungen hat sich auch in der schulischen Inklusion einiges verändert. Es gibt vielfältige schulische Umsetzungen, wie die Inklusion mit der Unterstützung durch den MSD, Kooperationsklassen, Partnerklassen, offene Klassen der Förderschulen, sowie das Schulprofil „Inklusion“ (vgl. Bayerisches Staatsminis­terium für Familie, Arbeit und Soziales, o.J.). Im Schuljahr 2019/2020 gibt es in Bayern 377 Schu­len, die mit dem Profil „Inklusion“ ausgezeichnet wurden. Zum vorherigen Schuljahr bedeutet dies einen Zuwachs von 21 Schulen. Sie stellen den Vorreiter zum Thema schulischer Inklusion dar und sollen ein Vorbild für hoffentlich viele weitere Schulen in Bayern sein (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultur, 2019). Um dieses Profil zu erhalten können sich Schu­len mit der Zustimmung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde und der Schulaufwandsträger be­werben. Das Thema Inklusion an Schulen nimmt seit dem Schuljahr 2011/2012 immer mehr Raum ein. Seither können Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf selbst entschei­den, ob ihr Kind eine Förderschule oder eine Regelschule besuchen soll. Kinder mit sonderpäda­gogischen Förderbedarf sind unter anderem Kinder mit einer Hör-, Seh- oder Sprachbeeinträchti­gung, einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder Kinder mit erheblichen Beeinträchtigun­gen im Lernen, sowie mit Auffälligkeiten im Verhalten. Dadurch findet eine Re-Organisation des Schulsystems statt. Inklusive Schulen werden aufgebaut, wodurch mit der Zeit ein Rückgang der Förderschulen einhergehen wird (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Sozia­les, o.J.). Trotz der zunehmenden Thematik berichten angehende Lehrkräfte von Frustration und Unsicherheit im Umgang mit schulischer Inklusion und führen dies auf unzureichende Vorbereitung in der Ausbildung zurück (vgl. Greiner, F. / Taskinen, P. / Kracke, B., 2020, S. 274). Auch im Hin­blick auf die Schüler ist ein Gegensatz zum inklusiven Gedanken festzustellen. Kinder stehen heutzutage immer mehr unter Leistungsdruck und unter enormen Bildungsherausforderungen, die sie auch oft nur mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Eltern und erhöhtem Zeit- und Lernaufwand meistern können. Diesem Leistungsdruck können Kinder mit SPF nicht standhalten. Deshalb stellt sich die Frage, wie Lehrer und Schüler einer bayerischen Grundschulklasse unterstützt werden können, um eine qualitativ hochwertige schulische Inklusion zu ermöglichen? Genau damit be­schäftigt sich diese Arbeit im weiteren Verlauf. Da dieses Thema sehr individuell gehandhabt wer­den muss und Einzelerfolge nicht pauschal auf alle weiteren Fälle abgebrochen werden können, ist zur Bearbeitung der Fragestellung die Verwendung der qualitative Sozialforschung erforderlich. Sie ist durch eine offene und unvoreingenommene Haltung geprägt und beschreibt Erfolge, Probleme, Ziele, sowie mögliche Unterstützungen auch präzise, was bei solch einem individuellen Thema sehr vorteilhaft sein kann.

2. Ausgangssituation

Das Fallbeispiel „Schulische Inklusion in Beispielhausen“ beschreibt die Zunahme von Schülern mit SPF an Grundschulen und die einhergehende Abnahme der Anzahl der Schüler an Förder­schulen. Die Erfahrungen, Ansichten und Meinungen der Lehrkräfte zum Thema schulische Inklu­sion sind heterogen. Es werden sowohl Probleme als auch Erfolge und mögliche Ansätze aufge­zeigt. Im nächsten Abschnitt soll auf vorhandene und weitere Mögliche Ansätze und Unterstützun­gen für Schüler und Lehrer eingegangen werden, um eine qualitativ hochwertige schulische Inklu­sion zu ermöglichen.

3. Hintergrundinformationen und aktueller Forschungsstand

3.1. Unterschiede Integration und Inklusion

Die Begriffe Integration und Inklusion werden oft synonym verwendet. Inklusion kann zwar als Wei­terentwicklung von Integration gesehen werden, es bedeutet aber keineswegs das Gleiche (vgl. Sozialverband VdK Bayern e.V., o.J.). Um hier ein Stück mehr Klarheit zu schaffen, werden die beiden Begriffe kurz erklärt, sodass deren Unterschied deutlich wird. In Abbildung 1 sind schema­tisch die Begriffe veranschaulicht dargestellt, was zum besseren Verständnis führen soll1. Integra­tion geht davon aus, dass die Gesellschaft aus zwei Gruppen besteht, sie nimmt Unterschiede zwischen Menschen in der Gesellschaft also wahr. Eine große gleichartige Gruppe und eine klei­nere Außengruppe, welche integriert werden muss. Bei der Außengruppe würde es sich z.B. um Kinder mit SPF an den bayerischen Grundschulen handeln. Diese hat eine Abwehrhaltung gegen­über dem Zwei-Gruppen-System der Integration. Inklusion sieht alle Menschen als gleichberechtig­te Individuen, jeder ist ein Teil des Ganzen. Die Inklusion betrachtet nicht die Unterschiede, son­dern sieht die Vielfalt der Gesellschaft als selbstverständlich an. Für die Umsetzung in der Schule bedeutet dies, dass sich nicht das Kind mit SPF an das bestehende System der Schule anpassen muss (vgl. Wehrfritz, Schob, 2013). Ziel der Inklusion ist es, dass sich die Gemeinschaft den Be­dürfnissen des Individuums anpasst und alle Menschen an der Gesellschaft teilhaben lässt (vgl. Sozialverband VdK Bayern e.V., o.J.). Die Schule hat zur Aufgabe, dass jeder individuelle Schü­lerinnen mit den jeweiligen Fertigkeiten und Fähigkeiten am Unterricht teilnehmen kann (vgl. Wehrfritz, Schob, 2013). Im weiteren Verlauf wird auf die Unterstützung der Lehrerinnen an Grundschulen, sowie auf Schülerinnen in Inklusionsklassen an bayerischen Grundschulen einge­gangen.

3.2. Unterstützung der Lehrerinnen an bayerischen Grundschulen und Schü­lerinnen in Inklusionsklassen an bayerischen Grundschulen

3.2.1. durch den Freistaat Bayern

Der Freistaat Bayern bietet durch das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus eine Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten für Lehrerinnen und Schülerinnen an. Auf seiner Inter­netseite stellt das Staatsministerium für Unterricht und Kultus Plakate und Informationsmaterial für Lehrerinnen, Eltern und Schülerinnen zum Thema Inklusion an Schulen zur Verfügung. Die Gra­fik im Anhang2 zeigt wie wichtig die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Institutionen und Pro­fessionen ist. Dieses System vom Freistaat Bayern ermöglicht eine interdisziplinäre und hochwer­tige Beratung durch die gebildeten Teams. Diese bestehen aus Personen mit verschiedenen Aus­bildungen, welche unterschiedliche Sichtweisen einbringen, die so die schulische Inklusion immer weiter verbessern sollen. Ein weiteres Plakat3 zeigt die zahlreichen Möglichkeiten der Eltern von Kindern mit SPF auf. Inklusion soll kein striktes Vorgehen für alle darstellen. Es geht vielmehr um individuelle Lösungsfindungen, um eine Teilhabe für alle Individuen zu ermöglichen. Deshalb stellt das breit gefächerte Inklusionsangebot einen Vorteil für Kinder und Lehrerinnen dar, wenn dieses auch bewusst genutzt wird. Eltern können seit dem Schuljahr 2011/2012 frei wählen, welche Schulform ihre Kinder mit SPF besuchen sollen. Eine individuelle Beratung und Unterstützung bie­tet die Inklusionsberatung am Schulamt an. Inklusion an Grundschulen kann z.B. durch Kooperati­onsklassen, Partnerklassen, Einzelinklusion an Regelschulen oder Schulen mit dem Profil „Inklusi­on“ stattfinden.

Inklusionsberatung soll Eltern und Kindern unterstützend und beratend zur Seite stehen, um im Einzelfall richtigen und passenden Weg zu wählen. Zusätzliche Informationen sind in Form von Flyern4 online verfügbar. Die Beratungslehrkräfte und Schulpsychologinnen bzw. Schulpsycholo­gen beraten kostenlos, neutral, vertraulich und für alle Schularten. Hierbei kann es sich um die verschiedensten Anliegen wie zum Beispiel Mobbing, akute Krisen oder Lern- und Leistungs­schwierigkeiten handeln. Diese Themen können auch im Zusammenhang mit Inklusion auftreten und so professionell behandelt und bearbeitet werden. Neben noch weiteren Flyern zum Thema Inklusion findet sich auch ein Video auf der Internetseite des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus wieder. Es erklärt die Idee der schulischen Inklusion in Bayern, sowie die verschiedenen möglichen Umsetzungen und auch die Vorteile für die Schülerinnen mit und ohne SPF. Dies kann das Interesse und Vertrauen in eine gelungene schulische Inklusion stärken und Kinder, sowie Lehrerinnen antreiben positiv mitzuwirken. Negative Vorurteile können vielleicht immer weiter durch Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit abgebaut werden. Videos sowie die Veröffentlichung von Flyern und Plakate im Internet sind vor allem für die heutige Gesellschaft der richtige Kanal, da digitale Medien immer mehr genutzt werden. Bayern bietet für Grundschulen und deren Leh­rerinnen auch die sogenannte staatliche Schulberatung an. Das Angebot reicht von Beratung, Moderation, Supervision bis hin zu Fortbildungen für Fachkräfte und die Kooperation mit pädago­gischen, psychologischen und medizinischen Fachdiensten. Auch hier ist zu sehen, dass Koopera­tion und eine interdisziplinäre Arbeit im Fokus schulischer Inklusion stehen (vgl. Kultusministerium für Unterricht und Kultus, o.J.).

Der Freistaat sieht auch die Barrierefreiheit als Grundvoraussetzung für Inklusion. Hierzu gibt es eine eigene Website „Barrierefreiheit Bayern“. Hier gibt es auch Angebote zur Veranschaulichung für Gehörlosigkeit, Sehbehinderung und Körperbehinderung. Sie soll Kinder und Erwachsenen ohne diese Beeinträchtigungen ein ähnliches Gefühl vermitteln und so die Empathie und das Ver­ständnis fördern. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für gelingende Inklusion. Es finden sich auch noch ein Quiz, das Programm „Barrierefreiheit“, das Magazin „Menschen die im Alltag auf Barrieren stoßen, und Menschen, die Barrieren abbauen. Lernen Sie sie kennen! “, verschiedene Artikel zum Thema und Anlauf-, sowie Beratungsstellen (vgl. Bayerische Staatsregierung, o.J.). Die Website selbst ist mit Vorlese-Funktion, Informationen in Gebärdensprache oder leichter Spra­che, sowie Schriftgrößenverstellung ein Vorbild für Inklusion bei digitalen Medien. Dies baut eben­falls Barrieren auf digitaler Ebene ab.

Auch das ISB ist eine Anlaufstelle zum Thema Inklusion an Schulen. Es handelt sich hierbei um ein Staatsinstitut, also auch um einen Teil des Freistaats Bayerns. Hier findet sowohl Unterstüt­zung, Betreuung und Beratung für Lehrerinnen, als auch für Eltern und Schülerinnen statt. Auf der Website ist auch ein Leitfaden für die Praxis für die Profilbildung Inklusive Schule zu finden. Schulen können hierdurch ihren Standort zum Thema Inklusion erfassen und eine Weiterentwick­lung planen. Des Weiteren sind Arbeitshilfen, Fragebögen für Lehrerinnen und Schülerinnen ver­fügbar. Die eine Evaluation und Weiterentwicklung der inklusiven Arbeit an Grundschulen ermögli­chen. Durch viele vorgefertigte und allgemein zugängliche Materialien wird ein Anhaltspunkt für bayerische Grundschulen und deren Lehrkräfte geschaffen. Dies gibt ihnen Sicherheit und Orien­tierung sich in eine inklusive Richtung zu entwickeln. Auch der Reiter Kooperation auf der Internet­seite vermittelt wieder, wie wichtig dies beim Thema schulische Inklusion ist. Hier sind unter ande­rem Ideen für eine gute Zusammenarbeit mit Eltern, Kollegen, Jugendhilfe und therapeutischen oder medizinischen Institutionen aufgeführt. Dies kann einen regen Austausch und gute Koopera­tion zwischen allen Beteiligten fördern. Nur durch eine gute, regelmäßige und offene Kooperation kann Inklusion gelingen (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, o.J.). Es werden auch Lehrgänge und Fortbildungen zum Thema Inklusion verlinkt, sowie Materialien von diesen bereitgestellt. So können neue Blickwinkel, Kompetenzen, Ideen, Haltungen erworben werden. Diese können im Kollegium weitergegeben und individuell auf die Inklusionsklasse zugeschnitten werden. Lehrerinnen entwickeln sich weiter, es kommt zu keinem Stillstand in der schulischen Inklusion, sondern zu einem ständigen Fortschritt der schulischen Inklusion.

Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales bietet eine Wanderausstellung „Miteinander - Inklusion in Bayern“ an. Diese soll durch unterschiedliche Standorte so viele Men­schen wie möglich erreichen und Inklusion zum Gesprächsthema werden lassen. Schulklassen können diese Ausstellung ebenfalls besuchen. Unterricht zum Thema Inklusion, kann so noch ab­wechslungsreicher und interessanter gestaltet werden (Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, o.J.).

2019 wurde auch der „Bayerische Miteinander-Preis“ verliehen. Jeweils ein besonders gelungenes Projekt zur Inklusion von Menschen mit Behinderung der jeweiligen Regierungsbezirke erhielt ei­nen Preis. Solche Projekte spornen die Gesellschaft an mitzumachen und an einer Veränderung mitzuwirken. Die gleiche Idee nur spezifischer auf schulische Inklusion an Grundschulen wäre ein guter und hilfreicher Ansatz (Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, o.J.). Bayerische Grundschulen haben also laut Recherche zahlreiche Unterstützung vom Freistaat Bayern.

3.2.2. durch Schulen: Grundschulen, Förderschulen, Berufsschulen, Hochschulen I Universitäten

Ob diese Schulform auch ohne selbst aktiv zu werden z.B. Info-Material oder Projektideen vom Freistaat erhalten ist offen. Der Aufwand wäre für den Freistaat Bayern bzw. für dessen ausfüh­rende Kräfte enorm. Daher ist eine der wichtigsten Aufgaben der Grundschulen bzw. der Rektoren und Lehrkräfte sich selbst darüber zu informieren, weiterzubilden und Interesse für Fortschritt in Sachen schulische Inklusion aufzuweisen. Sie tragen also selbst Verantwortung Flyer für Leh­rerinnen auszulegen, Fortbildungen aktiv anzubieten und an Projekten teilzunehmen oder sogar selbst Projekte zu gestalten. Auch für die Barrierefreiheit muss die Schule selbst Initiator sein und Förderanträge für Umbau und Anpassung der vorhandenen Räumlichkeiten sein. Sie muss kreativ Lösungen für mögliche Probleme finden und kann den Freistaat Bayern als Stütze in Anspruch nehmen. Inklusive Bildung soll am einzelnen Kind orientiert sein. Es fordert also eine individuelle Förderung der Schülerinnen. Dies soll z.B. durch didaktische Konzepte gelingen. Hier sollen die Grundschulen mit ihren Lehrkräften alle wichtigen Komponenten der geplanten Lernumgebung erkennen und zu einem förderlichen Lernen miteinander kombinieren. Dies fordert einen individuel­len Lehrplan. Lehrerinnen müssen sich intensiver mit dem momentanen Lernstand ihrer Schü­lerinnen auseinandersetzen, individuelle und auch erreichbare Ziele formulieren und somit auch individuelle Unterrichtsmaterialien erstellen. Sie müssen ihren Unterricht so gestalten, dass jedes Kind mitmachen kann. Eben weil sich viele Kinder heute vor enormen Bildungsherausforderungen sehen, ist der Spagat umso größer (vgl. Richter / Sufryd 2020, S.198). Es fordert den Pädagogen nicht nur viel Zeit, sondern auch Geduld, Fingerspitzengefühl, Empathie und ein großes Repertoire an Wissen über Inklusion, Behinderung, Unterstützungsmöglichkeiten zur Teilhabe von Kindern mit Behinderung, Lehr- und Lernmaterialen, um nur einen kleinen Teil zu nennen. Dies ist wohl nur selten der Fall. Also kann die individuelle Förderung auch als Zumutung erfahren werden.“ (Richter / Sufryd 2020, S. 199). Um dies zu vermeiden, sollte auch in der Ausbildung von Lehrern das Thema schulische Inklusion intensiver behandelt werden. Das Feld der schulischen Inklusion steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Es ¡stein vieldimensionales Konzept, welches in einem Kurs auf das Wichtigste zusammengefasst werden muss, obwohl die Thematik schon fast einen eigenen Studiengang oder eine extra Ausbildung umfassen würde. Genau deshalb gibt es ver­schiedene Ausbildungen bzw. Studiengänge für die verschiedenen Schulformen. Die Ausbildung zum Sonderschulpädagogen bzw. Sonderschullehrer deckt die Förderschwerpunkte für Kinder mit SPF ab. Des Weiteren kann noch eine Erweiterung, wie z.B. „Didaktik der Grundschule“ hinzuge­wählt werden (vgl. Kultusministerium für Unterricht und Kultus, o.J.). Im Umkehrschluss erscheint dies auch sinnvoll für angehende Grundschullehrer. In Bayern handelt es sich zum Thema Inklusi­on4 um eine Pflichtveranstaltung für alle Lehramtsstudiengänge. Dennoch gibt es zahlreiche Leh­rer, die ihre Ausbildung oder ihr Studium vor etlichen Jahren erfolgreich abgeschlossen haben, aber beim Thema schulische Inklusion vor großen neuen Herausforderungen stehen. Sie fühlen sich mit diesen allein gelassen. Was in der Theorie gut erarbeitet wirkt, lässt noch Verbesserungen in der Praxis offen. Das Thema nimmt in Bayern immer mehr Raum ein. Die Zahlen von Kindern mit SPF steigen kontinuierlich an. Gleiches gilt auch für die Inklusionsklassen an Grundschulen (vgl. Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V., 2019). Eine Kooperation von Grund- und Förderschulen erscheint klug, um noch intensiver von beiden Fachrichtungen profitieren zu kön­nen. Hierfür setzen sich auch unter anderem Initiativen, Verbände und (Förder-)Vereine ein.

3.2.4. durch Initiativen und Verbände

Der BLLV bemängelt, dass Grundschullehrer mit den Herausforderungen der schulischen Inklusion alleingelassen werden. Die Schulen sind weder räumlich noch personell auf Kinder mit SPF vorbe­reitet und ausgestattet. Der Verband fordert mehr multiprofessionelle Teams, die je nach Be­darf an den Schulen eingesetzt werden“ (Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V., 2019). Dies ermöglicht eine individuelle Förderung und Begleitung der Kinder mit und ohne SPF und ver­folgt somit das Ziel, sowie den Sinn und Zweck der schulischen Inklusion. Der Verband appelliert an die Politik bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Vorsitzende vom BLLV ist überzeugt, dass gelungene Integration an Schulen nur auf Grundlage von Austausch, Kooperation und Kommunikation der Lehrkräfte untereinander und mit den anderen Fachkräften gelingen [...]“ kann (Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V., 2019). Der Freistaat Bayern muss also mehr Stellen schaffen und somit auch mehr Geld investieren. Der BLLV spricht von einem Stellenzu­wachs von 1900 und 134 Millionen Euro Erhöhung des Bildungshaushaltes (vgl. Bayerischer Leh­rer- und Lehrerinnenverband e.V., 2019). Initiativen, Verbände und Vereine treiben Entwicklung und Veränderung voran. Sie setzen sich für die Pädagogen ein und weißen auf Missstände hin. Dies führt zur Verbesserung der schulischen Inklusion und soll Stillstand und Unzufriedenheit ver­meiden. Des Weiteren haben sie eine aufklärende Funktion. Auf der Internetseite sind zahlreiche Artikel über Inklusion und die neuesten Entwicklungen zu finden. Diese helfen auch den Pädago­gen Missstände zu melden und sich nicht allein in ihrer Situation zu fühlen. Denn auch 93 Prozent der bayerischen Lehrkräfte, dass es in inklusive Klassen eine Doppelbesetzung aus Lehrkraft und Sonderpädagoge geben sollte. Bisher ist aber dies nur in circa 29 Prozent der inklusiven Schul­klassen der Fall. In weiteren 28 Prozent steht ein multiprofessionelles Team zur Verfügung und bei 66 Prozent liegt keine der beiden Varianten vor (vgl. Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V., 2020). Ähnliches gilt auch für die Barrierefreiheit an den Schulen. Der Verband hat durch U m- fragen diese Zahlen erhalten, was ebenfalls eine wichtige Aufgabe darstellt. Der Grundschulver­band unterstützt aber nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Schülerinnen und deren Eltern. Er ver­sucht durch Elternbriefe und Fachzeitschriften aufzuklären und hilfreiche Tipps zu geben (vgl. Grundschulverband e.V., 2012). Es wurden auch Elternverbände gegründet, die Eltern und Kinder über schulische Integration aufklären und unterstützen wollen (vgl. Bayerischer Elternverband e.V., 2013). Auch die gegründete Initiative Inklusion Bayern e.V. will für Pädagogen, Eltern und Schü­lerinnen ein Vermittler zu wichtigen Einrichtungen und Ansprechpartnern sein, sowie Anstoß zu Projekten und Ideen geben. Sie will aufklären und eine Weiterentwicklung vorantreiben (vgl. Inklu­sion Bayern e.V., o.J.).

4. Erhebungsverfahren

Die Datenerhebung findet zum einen durch narrative Interviews und zum anderen durch Selbst- und Fremdbeobachtungen statt. Bei narrativen Interviews handelt es sich um die Darstellung eines Geschehens oder bisheriger Erfahrungen aus der Perspektive eines bestimmten Subjekts, die im Rahmen eines Interviews erzählend wiedergegeben werden. Narrative Interwies stellen einen wichtigen Teil der qualitativen Forschungsmethoden dar (vgl. Misoch 2014, S. 37). „Ziel [...] ist eine möglichst umfassende, ganzheitliche und an der Eigenperspektive der Subjekte orientierte Analyse sozialer Wirklichkeit (Misoch 2014, S. 37). Es kann also die Lebenswelt der Befrag­ten erfasst werden. Wichtige Voraussetzungen sind die Rücknahme des Forschenden im Inter­view, sowie ein Interviewer ohne viel Vorwissen und geeignete Fragestellungen. Diese sollten wertfrei sein, sodass keine Vorgabe oder Richtung von Anfang an mitgegeben wird. Den Befragten soll die Möglichkeit geben werden frei, ohne Unterbrechung und mit selbst formulierten Antworten zu erzählen. Es bringt den Vorteil mit sich, dass die Befragten ihre eigenen Gefühle, Einschätzun­gen, Erfahrungen und Gedanken mitteilen können. Dies ermöglicht auch eine weitestgehend an­genehme und natürliche Gesprächssituation, in der der Befragte frei und ohne Befangen erzählen kann. So können qualitative Inhalte erhoben werden, die wichtig zur Klärung der Forschungsfrage sind (vgl. Misoch 2014, S. 37-40). Im Beispiel möchte herausgefunden werden, wie Lehrerinnen und Schülerinnen an Grundschulen unterstützt werden können, um qualitativ hochwertige schuli­sche Inklusion zu ermöglichen. Das narrative Interview gibt einen guten Einblick, wie Lehrerinnen und Schülerinnen über schulische Inklusion denken und fühlen, sowie ihre Erfahrungen und Ein­schätzungen zu diesem Thema. Auf diesen Interviews können tiefgehende Rückschlüsse über bereits vorhandene und noch sinnvolle notwendige Unterstützungen gezogen werden.

Die Fremdbeobachtungen sollen dem Forschenden einen Eindruck über schulische Inklusion ge­ben. Verdeckte Beobachtungen sollten gut überlegt sein, daher ist es meist ratsam auf eine offene Beobachtung zurückzugfreien (vgl. Schaffer, H. / Schaffer, S., 2019, S. 96). Dies hat im Beispielfall auch den Vorteil, dass die Beobachtungen viel genauer und intensiver dokumentiert werden kön­nen, da nicht selbst aktiv am Geschehen teilgenommen wird. Dies wirkt sich positiv auf die Menge der auszuwertenden Daten und somit auch auf den Umfang der Beantwortung der Forschungsfra­ge aus. Die Beobachtung erfolgt nicht-teilnehmend, der Beobachter nimmt also keine aktiv­handelnde, sondern eine passive Rolle ein (vgl. Schaffer, H. / Schaffer, S. 2019, S. 91-92). Dies soll vermeiden, dass das übliche Vorgehen verzerrt wird, sich Verhaltensweisen von Lehrerinnen und Schülern ändern oder auch die angemessene Nähe-Distanz nicht gewahrt werden kann. Dies kann die Beobachtung beeinflusst und so natürlich auch negative und beeinflussende Auswirkun­gen auf die darauffolgende Auswertung haben. In Grundschulen ist der Ablauf für alle Beteiligten meist strukturiert, um Orientierung und Sicherheit zu vermitteln. Vor allem Kinder mit SPF profitie­ren von Struktur und Ritualen, welche von einem teilnehmenden Beobachter gestört werden könn­ten und somit auch das Verhalten von den Beteiligten verändern. Dies würde dann wiederrum zu verzerrten Ergebnissen in der Forschung führen. Um sich nur auf die relevanten Details zu kon­zentrieren und diese aber dafür genauer festzuhalten, findet die Beobachtung systematisch, also stark strukturiert ab. Der Gegenstand der Beobachtung ist im Vorfeld klar definiert. Es soll festge­halten werden, welche Unterstützungen in der Klasse bereits zu beobachten sind und wo noch Verbesserungsbedarf herrscht. Der inklusive Unterricht soll in gewohnter Umgebung stattfinden. Es handelt sich also um eine natürliche Beobachtung. Dies ist sehr wichtig, da auch die Barriere­freiheit und räumliche Beschaffenheit beim Thema schulischer Inklusion ein großes Thema dar­stellt.

[...]

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Details

Title
Wie können Lehrer und Schüler einer bayerischen Grundschulklasse unterstützt werden, um eine qualitativ hochwertige schulische Inklusion zu ermöglichen?
Course
Quantitative Forschungsmethoden
Grade
2,0
Author
Year
2021
Pages
20
Catalog Number
V1181326
ISBN (eBook)
9783346602695
Language
German
Keywords
Inklusion, Bayern, Exklusion, Integration, inklusives Lernen, schulische Inklusion, Schüler, Lehrer, Unterstützung
Quote paper
Roswitha Biebl (Author), 2021, Wie können Lehrer und Schüler einer bayerischen Grundschulklasse unterstützt werden, um eine qualitativ hochwertige schulische Inklusion zu ermöglichen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1181326

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