Kooperation zwischen Schule und Eltern mit Migrationshintergrund


Hausarbeit, 2021

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Elternarbeit in der Schule
2.1. Begriff: Elternarbeit
2.2. Elternarbeit als Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

3. Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern mit Migrationshintergrund
3.1. Begriffe: Migration und Migrationshintergrund
3.2. Barrieren der interkulturellen Elternarbeit
3.3. Voraussetzungen für eine erfolgreiche interkulturelle Elternarbeit

4. Interkulturelle Elternarbeit: Analyse eines Beispiels
4.1. Programm Rucksack Schule
4.2. Beurteilung des Programms Rucksack Schule

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Elternarbeit in der Schule wird mittlerweile eine große Bedeutung beigemessen. Dies liegt vor allem an der Erkenntnis, dass Familie und Elternhaus die Leistungen von Schülerinnen und Schülern weitaus stärker beeinflussen als Schul-, Lehr- und Unterrichtsmerkmale. In einer Reihe von Studien zum Schulerfolg wurde nachgewiesen: „Je mehr die Eltern mit dem Schulalltag ihrer Kinder vertraut sind, desto größer scheinen die Chancen, dass ihre Kinder gute Ergebnisse erzielen“ (Robbe, 2009, S. 7). Daraus kann man schließen, dass der Aufbau wirksamer und förderlicher Beziehungen zwischen Elternhaus und Schule für den Schulerfolg eines Kindes von hohem Wert ist (ebd.).

Trotz des Wissens über die Bedeutung der Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus fällt es den Lehrkräften häufig schwer, die Elternarbeit erfolgreich zu gestalten. Insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund gelten dabei häufig als schwer erreichbar (Sacher, 2012a, S. 297). Verschiedene Studien belegen die Unterrepräsentanz von Eltern mit Migrationshintergrund unter den Eltern, die sich in der Schule beteiligen (Acho, 2011, S. 11).

Aufgrund der immer höher werdenden Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund an deutschen Schulen werden Lehrkräfte dementsprechend mit den Eltern dieser Kinder und ihren spezifischen Bedürfnissen konfrontiert. Vor allem die Unterschiede sprachlicher und kultureller Art lassen die Kooperation mit Migranteneltern zu einer besonderen Herausforderung im Lehrerberuf werden (Robbe, 2009, S. 31). Um ein vertieftes Verständnis über Besonderheiten der Elternarbeit mit Migrantenfamilien zu erlangen und hilfreiche Lösungsansätze sowie konkrete Beispiele für eine gelingende interkulturelle Elternarbeit kennenzulernen, die man auch auf die eigene Berufspraxis übertragen kann, entschloss ich mich das Thema „Kooperation zwischen Schule und Eltern mit Migrationshintergrund“ im Rahmen dieser Hausarbeit aufzugreifen.

Anschließend an die einführenden Erläuterungen erfolgt die Bearbeitung des genannten Themas in drei Hauptabschnitten. Zunächst wird im zweiten Kapitel auf die Bedeutung der Elternarbeit in der Schule näher eingegangen. Dabei wird der Begriff Elternarbeit definiert und in den schulischen Kontext eingeordnet. Danach wird die Idee der Elternarbeit als Bildungs- und Erziehungspartnerschaft vorgestellt. Im nächsten Kapitel geht es um die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern mit Migrationshintergrund. Dabei werden zunächst die Begriffe Migration und Migrationshintergrund erläutert. Anschließend werden die zentralen Barrieren in der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Migranteneltern aufgezeigt und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche interkulturelle Elternarbeit beleuchtet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten Eltern mit Migrationshintergrund in den Schulalltag mit einzubeziehen. Im vierten Kapitel dieser Hausarbeit wird eine dieser Möglichkeiten, und zwar das Programm Rucksack Schule, vertiefend erläutert und darauf analysiert, ob es die Voraussetzungen für eine erfolgreiche interkulturelle Elternarbeit erfüllt. Abschließend werden im Fazit die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst und Schlussfolgerungen gezogen.

2. Elternarbeit in der Schule

2.1. Begriff: Elternarbeit

Zunächst ist festzuhalten, dass der Begriff Elternarbeit in der Fachliteratur nicht eindeutig definiert ist. Neben der Elternarbeit findet man in der Diskussion über die Kooperation zwischen Schule und Elternhaus eine Vielzahl weiterer Begriffe, wie z.B. Elternbildung, Familienbildung, Elternberatung, Elterneinbeziehung, Elternmitwirkung, Elternmitbestimmung, Elternpartizipation, Elternkooperation usw. Der Begriff Elternarbeit wird dabei häufig als Oberbegriff verwendet, der weitere Unterformen umfasst, die jedoch oft weder trennscharf noch empirisch begründet sind. Im Kern geht es aber immer um Kommunikation und Kooperation zwischen pädagogischen Einrichtungen und Eltern, um die individuelle Entwicklung der Kinder zu fördern (Stange, 2012, S. 13).

Unter Eltern sind in diesem Kontext nicht nur biologische Väter und Mütter zu verstehen, sondern alle Sorgeberechtigten oder sonstige volljährige Personen, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten längerfristig Aufgaben der Personensorge wahrnehmen (Sozialgesetzbuch VIII, 2020). Die Elternarbeit nimmt also nicht nur die leiblichen Eltern in den Focus, sondern auch Großeltern, Onkel und Tanten, Pflegeeltern, Heimeltern, erwachsene Geschwister, Freunde, Bekannte und Nachbarn, die bereit sind, Verantwortung für Kinder und Jugendliche zu übernehmen. Somit sind Eltern immer eine heterogene Gruppe hinsichtlich des Geschlechts, des Alters sowie ihres sozio-ökonomischen Status, der Religion und auch der Vertrautheit mit dem staatlichen Bildungssystem. Aus diesem Grund tragen sie auch verschiedene Vorstellungen und Ressourcen an die Schule heran (Fürstenau & Gomolla, 2009, S. 13).

Die Elternarbeit in der Schule in Deutschland begründet sich durch die Gesetzgebung. Bis 1973 war das Verhältnis von Elternhaus und Schule von der Gegensätzlichkeit der Grundgesetzartikel 6 und 7 geprägt. So erklärt der Artikel 6: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“ (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 2019, S. 14). Der Artikel 7 besagt aber, dass das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates steht, und wehrt somit die Öffnung der schulischen Prozesse für die Mitwirkung von Eltern ab (ebd.). Diese Unvereinbarkeit wurde durch das Förderstufenurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1972 aufgehoben. Dieses Urteil sieht eine gemeinsame gleichberechtige Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule vor, welche die Persönlichkeitsbildung des Kindes zum Ziel hat und in einem sinnvoll aufeinander bezogenen Zusammenwirken zu erfüllen ist (Wild & Lütje-Klose, 2017, S. 129). Dieser Aspekt findet sich auch im Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen wieder: „Die Schule achtet das Erziehungsrecht der Eltern. Schule und Eltern wirken bei der Verwirklichung der Bildungs- und Erziehungsziele partnerschaftlich zusammen“ (Ministerium für Bildung und Erziehung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2020).

Der Begriff Elternarbeit wird häufig kritisiert. So verweist Neumann darauf, dass mit dem Verständnis von Elternarbeit häufig nur die alleinige Kontaktaufnahme zwischen Elternhaus und Schule in Form des Informationsaustausches über schulische Ereignisse einhergeht, welches er als unzureichend und überholt einstuft (Neumann, 2012, S. 365). Auch Stange problematisiert, dass der Begriff Elternarbeit „aus Sicht der Fachkräfte, also der professionell-pädagogischen Seite, formuliert ist“ und ideologielastig sowie verschleiernd wirken könnte (Stange, 2012, S. 13). Woll konstatiert, dass der Begriff Elternarbeit automatisch ein ungleiches Verhältnis zwischen Lehrkräften und Eltern konstruiert, das in der Praxis leicht zu einem Lehrer-Schüler-Verhältnis werden kann. Deshalb sollte er am besten aus dem Sprachgebrach gestrichen werden (Woll, 2008, S. 14). Sacher hält diesen Begriff ebenfalls für obsolet. Seiner Ansicht nach wird damit vielmehr die Arbeit gemeint, die Lehrkräfte sich mit Eltern machen. Dies bedeutet, dass die schulische Seite aktiv ist, während Eltern Objekte der Bearbeitung sind und passiv bleiben. Demnach gehen Maßnahmen und Initiativen der Elternarbeit in der Regel von der Schule und von den Lehrkräften aus. Sie informieren Eltern, machen ihnen Angebote und erteilen ihnen Ratschläge, erwarten aber kaum von ihnen, dass sie Initiative ergreifen und Anregungen geben (Sacher, 2014, S. 24).

Die gesetzlich geforderte partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus setzt aber eine aktive Einbeziehung der Eltern voraus, die als bedeutende Erziehungspartner für die Schule angesehen werden sollen. Gemeinsam mit den Lehrkräften sollen Eltern die Verantwortung für das Wohl der Kinder übernehmen und bei deren Betreuung, Erziehung und Bildung mitwirken. Deshalb sollte man besser von Elternarbeit als Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Lehrkräften sprechen (Textor, 2013, S. 21).

2.2. Elternarbeit als Bildungs- und Erziehungspartnerschaft

Seit einigen Jahren wird unter dem Label der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in Politik und in Fachkreisen eingefordert, dass sich Eltern und Lehrkräfte in Schulen partnerschaftlich und auf Augenhöhe begegnen. Die dahinterstehende Idee ist, dass Eltern einen wichtigen Beitrag zu den unter anderem durch die PISA-Studien aufgezeigten Probleme in der Bildung leisten können. Verschiedene Studien unterstreichen, dass Schülerinnen und Schüler im Durchschnitt bessere Schulleistungen erwerben, höhere Bildungszertifikate anstreben und Bildungsübergänge leichter meistern können, wenn sie von ihrer Familie angemessen unterstützt werden (Wild & Lütje-Klose, 2017, S. 135). Außerdem ist nachgewiesen worden, dass literarische, mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern etwa doppelt so stark von Einflüssen ihrer Familie abhängen wie von Schule, Unterricht und Lehrkräften (Sacher, 2012a, S. 7). Darüber hinaus wirkt sich eine verstärkte Einbindung von Eltern in schulische Prozesse günstig auf die Motivation und Arbeitsverhalten der Kinder aus. Auch Gewaltprobleme und Fehlzeiten von Schülerinnen und Schülern können auf diese Weise reduziert werden. Diese Effekte tragen wiederum dazu bei, dass Unterrichtsstörungen abnehmen und sich die Lehrkräfte besser ihrem Kerngeschäft – der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten – widmen können (Wild & Lorenz, 2010, S. 164f.). Aus diesen Untersuchungsergebnissen kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Eltern mehr in die Arbeit der Schule einbezogen werden müssen. Denn ohne intensive und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen kann das Bildungspotenzial der Kinder nicht ausreichend gefördert werden.

Damit die Elternarbeit im Sinne einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft erfolgreich gestaltet werden kann, muss sie bestimmte Qualitätsmerkmale erfüllen. Zunächst gilt es, eine Willkommens- und Begegnungskultur an Schulen zu etablieren, um allen Eltern den Zugang zur Schule zu erleichtern und ein möglichst breites Engagement herzustellen. Um so geschaffene Kooperationsbereitschaft von Eltern langfristig aufrechtzuerhalten, bedarf es eines regelmäßigen, auch anlassunabhängigen, produktiven und zugleich effizienten Informationsaustauschs zwischen Eltern und Lehrkräften (Wild & Lütje-Klose, 2017, S. 136). Dabei sollten Eltern nicht nur als Informationsempfänger und weisungsgebundene Zuschauer gesehen werden, sondern als gleichwertige Partner, die in Entscheidungen über das Schulleben und Unterrichtsgeschehen eingebunden werden und die Möglichkeit haben, eigenverantwortliche Handlungsanteile am Schulleben zu übernehmen. Darüber hinaus sollen Eltern darin bestärkt werden, Fürsprecher der Kinder zu sein, d.h. dafür sorgen, dass sie eine gerechte Behandlung, Zugang zu optimalen Lernangeboten und eine ihren Fähigkeiten entsprechende individuelle Förderung erhalten (Vodafone Stiftung, 2013, S. 5ff.).

Im Rahmen einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft arbeiten Eltern mit Lehrkräften umfassend, systematisch und verbindlich zusammen, ziehen am gleichen Strang, kooperieren intensiv in Bildungs- und Erziehungsfragen auf Augenhöhe, um optimale Fördereffekte in der Entwicklung der Kinder zu erzielen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Kooperation zwischen Schule und Eltern mit Migrationshintergrund
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Erziehungswissenschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1181573
ISBN (eBook)
9783346603067
ISBN (Buch)
9783346603074
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schulentwicklung, Eltern mit Migrationshintergrund, Rucksack Schule
Arbeit zitieren
Irina Lampe (Autor:in), 2021, Kooperation zwischen Schule und Eltern mit Migrationshintergrund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1181573

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