Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Abbildungen des weiblichen Geschlechts und dem daraus resultieren Frauenbild der Fotografen Helmut Newton und Peter Lindbergh. Zur Beantwortung der Fragestellung: "Stehen die beiden Künstler zu Recht für die Revolutionierung des Frauenbildes und sind sie aus heutiger Sicht noch frauenfreundlich?", werden die technischen und inhaltlichen Merkmale ihrer Fotografien miteinander verglichen.
Die Fotografen Helmut Newton und Peter Lindbergh gehören zu den populärsten und bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Bekannt geworden sind sie vor allem durch Modefotografien und der Inszenierung von Frauen. Doch ihre Lebenswerke könnten trotz einigen thematischen Anknüpfungspunkten kaum unterschiedlicher sein.
Helmut Newton und Peter Lindbergh einte die Liebe zur Schwarz-Weiß-Fotografie, zum Lichtspiel, zum Minimalismus und zu schönen Frauen. Nur definierten sie diese Schönheit ganz unterschiedlich und erschufen dadurch zwei sehr differenzierte Frauenbilder.
Newton platzierte Frauen, die dem klassischen Schönheitsideal entsprachen, in seinen Geschichten und sexuellen Fantasien. Die Frau selbst ist dabei relativ austauschbar und wird zum Objekt. Newton war dennoch ein Vorreiter für das öffentliche Präsentieren von nackten Frauen und dem sexuellen Ausleben dieser. Es fällt jedoch schwer, diese Darstellungen der Frauen mit dem aktuellen Frauenbild in Einklang zu bringen. Seine Fotografien waren revolutionär, aber dennoch frauenfeindlich.
Der heutige Feminismus strebt nach Gleichstellung- und -berechtigung. Bei den Fotografien von Peter Lindbergh ist das anders. Er zeigte ebenfalls Frauen, die als besonders schön empfunden wurden, doch diese sind nicht austauschbar. Er erzeugte eine ganz bestimmte Atmosphäre und lässt seine Models mit ihren natürlichen Makeln schön sein. Natürlichkeit ist immer wieder ein prägender Begriff in seinen Arbeiten und das sieht man seinen Werken auch an. Die von ihm fotografierten Frauen sehen nicht perfekt aus, aber wunderschön.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Technische Analyse
2.1 Technische Merkmale Helmut Newton
2.2 Technische Merkmale Peter Lindbergh
3. Inhaltliche Analyse
3.1 Inhaltliche Merkmale Helmut Newton
3.2 Inhaltliche Merkmale Peter Lindbergh
4. Vergleich
5. Fazit
I. Literatur- und
Abbildungsverzeichnis
Aus urheberrechtlichen Gründen wurden alle Abbildungen aus dieser Arbeit entfernt! Als Referenz dienen Nachweise und Quellen.
1. Einleitung
Die Fotografen Helmut Newton und Peter Lindbergh gehören zu den populärsten und bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Bekannt geworden sind sie vor allem durch Modefotografien und der Inszenierung von Frauen. Doch ihre Lebenswerke könnten trotz einigen thematischen Anknüpfungspunkten kaum unterschiedlicher sein. Diese Arbeit beschäftigt sich vor allem mit ihren Abbildungen des weiblichen Geschlechts und dem daraus resultierenden Frauenbild. Zur Beantwortung der Fragestellung - Stehen die beiden Künstler zu Recht für die Revolutionierung des Frauenbildes und sind sie aus heutiger Sicht noch frauenfreundlich - werden die technischen und inhaltlichen Merkmale ihrer Fotografien miteinander verglichen.
Helmut Newton wurde 1920 als Helmut Neustädter in Berlin geboren.1 Seine Leidenschaft für Fotografie begann schon mit 12 Jahren, als er sich eine eigene Kamera von seinem Taschengeld kaufte. 1936 begann er eine Ausbildung bei der Porträt-, Akt- und Modefotografin Yva. Doch als Sohn eines jüdischen Fabrikanten brach er diese wegen der politischen Ereignissen in Deutschland ab und verließ das Land kurze Zeit später.2 In seiner neuen Wahlheimat Singapur arbeitete er zwei Wochen lang als Bildreporter bei der „The Straits Times“, bevor er wegen „mangelnder Eignung“ entlassen wurde. 1940 zog er weiter nach Australien, wo er seine Frau, die Fotografin June Newton, kennenlernte. Sie machte sich selbst unter dem Pseudonym Alice Springs einen Namen als Fotografin und prägte sein Lebenswerk nachhaltig. Seit 1976 begleitete sie als Art-Direktorin alle Publikationen ihres Mannes. Ab 1956 arbeitete Helmut Newton für die australische Ausgabe der Vogue, die sein Hauptarbeitgeber wurde. Nach und nach verpflichteten ihn auch die französische, italienische, amerikanische und die deutsche Ausgabe, sodass er einer der begehrtesten und teuersten Mode-, Werbe-, Porträt- und Aktfotografen der Welt wurde.3 Seinen größten Erfolg feierte er mit Bildern von nackten Frauen. Die Publikation „The Big Nudes“ mit der Serie „The Naked and the Dressed“ (Abb. 1) zeigt Frauen jeweils mit und ohne Kleidung in der gleichen Szenerie.4 Sein Schaffen wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, wie beispielsweise mit dem französischen „Grand Prix National de la Photographie“ (1990), der Auszeichnung zum „Officier des Arts, Lettres et Science“ in Monaco (1992), der Verleihung „Des großen Bundesverdienstkreuzes“ (1992) und der Auszeichnung zum „Commandeur de l'Ordre des Arts Lettres“ durch den französischen Kulturminister (1996). Helmut Newton starb 2004 im Alter von 83 Jahren an einem Herzinfarkt.5
Peter Lindbergh hingegen entdeckte seine Leidenschaft für die Fotografie verhältnismäßig spät. Er wurde 1944 in Polen als Peter Brodbeck geboren und verbrachte seine Kindheit in Duisburg. In Berlin begann er zunächst ein Kunststudium, bevor er sich Vincent van Gogh zum Vorbild nahm. Lindbergh lebte fast ein Jahr in Arles und reiste danach weiter durch Spanien und Nord Afrika. "Ich habe es bevorzugt, van Goghs Inspirationen zu suchen, anstatt die obligatorischen Porträts und Landschaften, die in Kunstschulen gelehrt wurden, zu malen", erklärte Lindbergh.6 Erst mit 27 Jahren wandte er sich der Fotografie zu und arbeitete zwei Jahre lang als Assistent für den Düsseldorfer Fotografen Hans Lux. In dieser Zeit nahm er den Künstlernamen Lindbergh an. Später begründete er die Wahl damit, dass es bereits einen Fotografen namens Peter Brodbeck gegeben habe. Nach der Lehre folgte die Selbstständigkeit, in der er sich schon nach kurzer Zeit einen Namen machte. Der Durchbruch gelang ihm 1978 durch seine erste Veröffentlichung beim Magazin „Stern“, die ihn schließlich zur Modefotografie brachte.7 Sein Portfolio zeigt seltener Akte, ist allerdings ebenso von der Inszenierung der Frau geprägt. Peter Lindbergh brachte als erster Fotograf Linda Evangelista, Naomi Campbell, Tatjana Patitz, Cindy Crawford und Christy Turlington für ein Shooting zusammen und etablierte dadurch das Supermodel-Phänomen mit seinem aufsehenerregenden Titelbild der britischen Vogue im Januar 1990 (Abb. 2). Auch er wurde in den letzten Jahren viele Male ausgezeichnet: „Les Trophees de la Mode“ als bester Fotograf (1995 und 1997), "Raymond Loewy Foundation's Award" (1996) und der „Chevalier des Arts et des Lettres“ (2001) sind nur eine kleine Auswahl einer langen Liste. Peter Lindbergh starb 2019 im Alter von 74 Jahren.8
2. Technische Analyse
2.1 Technische Merkmale Helmut Newton
„Mein erstes Bildmotiv war der Berliner Fernsehturm bei Nacht“, erzählte Newton in einem Interview.9 Denn das Spiel mit Licht und Schatten und die daraus entstehende Wirkung eines Bildes verstand der junge Berliner nur zu gut. Durch Lichteinstrahlung schuf er feminine Silhouetten wie in „Bunny“ (Abb. 3), das Elsa Peretti in einem Playboy-Bunny-Kostüm auf einem New Yorker Hochhaus zeigt. Im Dunklen nutze er häufig künstliche Beleuchtungsmittel wie Lampen, Scheinwerfer oder einen Blitz für seine Fotografien. Durch den Einsatz von Licht und punktuellen Lichtquellen setze er den Fokus auf sein Motiv und spielte gleichzeitig mit dem bedrohlich wirkenden Schattenwurf. Auch in seinem Bild von Barbara Picotti (Abb. 4) finden sich diese technischen Merkmale wieder. Dennoch bevorzugte Newton Shootings außerhalb des Studios. „Im Studio fand ich nicht zu meiner besten Form, meine Fantasie braucht die Realität draußen unter freiem Himmel,“ erklärte er.10 Die Aufnahmen der „Big Nudes“ vor einem schlichten Studio Hintergrund waren daher eher die Ausnahme. Er verwendete nur zwei Kameras mit je drei Objekten und einen Blitz für seine Shootings. Außerdem verzichtete Newton auf die Nachbearbeitung seiner Bilder und engagierte einen Assistenten, welcher ihm technische Aufgaben abnahm.11 Die meisten seiner Werke sind Schwarz-WeißFotografien und zeigen den gesamten Körper der Frauen und nur sehr selten Detailaufnahmen. Abwechslungsreich sind Helmut Newtons Fotografien wegen verschiedenen Perspektiven wie der Vogel- und Froschperspektive oder dem Weitwinkel (Abb. 5). Die Models wurden selten in Bewegung und meistens starr in einer Pose abgelichtet, was die Bilder wie eine gestellte Szene wirken lässt.
2.2 Technische Merkmale Peter Lindbergh
Auch Peter Lindbergh ist bekannt für seine Schwarz-Weiß-Fotografien, die von einem starken Licht-und-Schatten-Spiel gekennzeichnet sind. Seine Arbeit zeigt jedoch eine große Varianz an Bildausschnitten. Eine lebhafte Totale bis zur intimen Nahaufnahmen. Dabei verzichtete er ebenfalls auf die Nachbearbeitung seiner Bilder und verließ sich auf seine Kenntnisse der richtigen Beleuchtung. „Schönheit ohne Wahrheit ist unmöglich. Photoshop macht dich vielleicht perfekt, aber nicht schön“, sagte er in einem Interview mit der Vogue.12 Häufig umspielen Schatten das Motiv und sorgen für die Spannung in einem sonst sehr reduzierten Set, wie seine Fotografie von Christy Turlington zeigt (Abb. 6). Die Natürlichkeit in seinen Bildern wird besonders durch die Bewegungen, die er einfing, unterstrichen. Ein weiteres Bild von Christy Turlington wirkt dadurch wie ein zufällig aufgenommener Schnappschuss (Abb. 7). Anders als bei Newton entstanden durch die Bewegungen der Models vor Lindberghs Kamera natürliche Szenen. „Ich fange ganz früh, wenn alles noch eingestellt wird, an zu fotografieren, wenn das Motiv noch unattraktiv aussieht, sagte Lindbergh.“13 Auch er verwendete am liebsten die Kleinbildkamera. Mit einem 35-mm- Objektiv fing er Texturen ein: Stoffe, Haut, Poren und kleine Makel. Zwar fotografierte er digital, ließ den Look der analogen Fotografie bei einigen Bildern jedoch nachträglich mit einfügen. Seine Werke sind häufig dunkel und kontrastarm, was einen minimalistischen und klassischen Look erzeugt.
3. Inhaltliche Analyse
3.1 Inhaltliche Merkmale Helmut Newton
Nacktheit ist ein zentraler Begriff in Newtons Werken. Diese Nacktheit wird jedoch sehr sexualisiert dargestellt und gibt dem Betrachter schon fast das Gefühl Gast in einem fremden Schlafzimmer zu sein. Oft entsprechen die Bilder einem Stereotypen von sexualisierten Aktfotos, weil seine Models außer hohen High Heels kaum Kleidung trugen und in gestellten Posen verharrten (Abb. 8). „Ich bin ein professioneller Vouyer “ (ugs. Spanner), sagte Newton selbst.14 Aber nicht nur die Gier hinter der Kamera wird durch diese Aussage deutlich. Auch der Betrachter fühlt sich wie ein Beobachter, der dem sexuellen Treiben vor der Kamera zusieht. Vor allem die Motive in den dunklen Innenräumen eröffnen einen Blick in das Sexleben anderer. Viele seiner Werke zeigen Newtons ausgeprägtes Interesse an Sexualpraktiken und Frauen (Abb. 9). Seile und Ketten waren immer wieder Requisiten seiner Fotografien und werden häufig als Unterdrückung der Frau gewertet. Das Abbilden verschiedener Fetische brachte ihm schließlich auch die Kritik von vielen Feministinnen ein. Aber auch Männer wurden in seinen Fotografien sexualisiert, wie das Bild für den Stern von 1990 zeigt (Abb. 10). Die Auswahl seiner Models war sehr gezielt, es handelte sich um junge Frauen, die dem Schönheitsideal der Zeit entsprachen. Trotzdem waren Helmut Newtons Arbeiten neu und mutig. Er hielt Frauen und ihre sexuellen Lüste mit seinen Fotografien fest und enttabuisierte Freizügigkeit.
[...]
1 Vgl. o. V.: „ Helmut Newton”, in: Helmut Newton Foundation (https://helmut-newton- foundation.org/helmut-newton/, Stand: 15.07.2021)
2 Vgl. Newton, June: Helmut Newton SUMO 20th Anniversary Edition, Köln: Taschen, 2009, S.6
3 Vgl. o. V.: „ Helmut Newton”, in: who's who the people lexicon (https://whoswho.de/bio/helmut- newton, Stand 15.07.2021)
4 Vgl. o. V.: „Newton: White Women / Sleepless Nights / Big Nudes”, in: Helmut Newton Foundation (https://helmut-newton-foundation.org/helmut-newton/, Stand: 15.07.2021)
5 Vgl. o. V.: „ Helmut Newton”, in: Helmut Newton Foundation (https://helmut-newton- foundation.org/helmut-newton/, Stand: 15.07.2021)
6 o. V.: „Artists: Peter Lindbergh Biographie“, in artsation (https://artsation.com/artists/peter-lindbergh, Stand 15.07.2021)
7 Vgl. Christoph Amend.: „Meine ersten Bilder“, in: Zeit online, 05.01.2011 (Fotograf Peter Lindbergh: Meine ersten Bilder | ZEIT ONLINE)
8 Vgl. o. V.: „Peter Lindbergh”, in: who's who, the people lexicon (https://whoswho.de/bio/peter- brodbeck.html, Stand 15.07.2021)
9 o. V.: „1996 Interview with Helmut Newton” (1996 Interview with Helmut Newton - YouTube)
10 Newton, Helmut: Helmut Newton, S. 7
11 Vgl. Siemens, Jochen: „Ach, die kennen mich hier“, in: Stern, 29.01.2004 (Helmut Newton: "Ach, die kennen mich hier" | STERN.de)
12 o. V.: „Fashion-Fotograf Peter Lindbergh über die Magie der Fotografie und Photoshop“, 18.11.2014 (Fashion-Fotograf Peter Lindbergh über die Magie der Fotografie und Photoshop - YouTube)
13 Christoph Amend.: „Meine ersten Bilder“, in: Zeit online, 05.01.2011 (Fotograf Peter Lindbergh: Meine ersten Bilder | ZEIT ONLINE)
14 Vgl. Gero von Boehm: „Helmut Newton - The Bad and the Beautiful”, 09.07.2020 (Dokumentarfilm)
- Quote paper
- Anonymous,, 2021, Die Revolutionierung des Frauenbildes nach Fotografen Helmut Newton und Peter Lindbergh, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1181860
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