Verschwindet das Semikolon? Vergleich von Zeitungstexten des 18. und 21. Jahrhunderts mit Hinblick auf die Häufigkeit der Verwendung des Strichpunktes


Hausarbeit (Hauptseminar), 2017

16 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Regeln zum Gebrauch des Semikolons: Vergleich 21. Jahrhundert und 18. Jahrhundert

3. Überprüfung des eventuellen Rückgangs des Gebrauchs des Semikolons anhand von Zeitungstexten des 18. und 21. Jahrhunderts

4. Fazit

5. Forschungsliteratur

1. Einleitung

Stirbt das Semikolon aus, da es schlichtweg immer weniger verwendet wird? Diese Frage kann man sich durchaus stellen, da man immer mehr das Gefühl bekommt, dass man den Strichpunkt fast nicht mehr zu Gesicht bekommt. In der Welt der Smileys und Emojis ist der Strichpunkt noch häufig anzutreffen, da ohne ihn das vielfach in SMS gebrauchte Zwinkersmiley „;-)“ einfach nicht möglich wäre. Doch sobald man sich von Kommunikationsmedien wegbewegt, so scheint es, dass das Semikolon vom Aussterben bedroht ist.

Dieses Gefühl beschlich auch Johannes Waechter, welcher den Artikel „Ein gutes Zeichen - Schlecht, dass es niemand mehr benutzt. Eine Ehrenrettung für den Strichpunkt.“ für das Süddeutsche Zeitung Magazin im Jahr 2008 schrieb. Hier beklagt der Autor, dass kaum noch jemand das Semikolon absichtlich verwendet und behauptet zudem: „Fest steht jedenfalls, dass das Semikolon vom Aussterben bedroht ist. Seit Jahren findet es immer seltener Eingang in Literatur, Journalismus und private Korrespondenz“ (Waechter 2008, 11). Dass diese Meinung kein Einzelfall ist, zeigt Julia Ley, welche 2014 mit ihrem Artikel „Darf das Semikolon sterben?“ auf taz.de ebenfalls die Meinung vertritt, dass das Semikolon fast nicht mehr anzutreffen ist. Weiterhin zeigt sie mehrere Möglichkeiten auf, warum es zum Niedergang des Satzzeichens kommen konnte und erklärt ferner, dass “[...] der Niedergang des Semikolons [...] auf eine lange Geschichte zurückblickt“ (Ley 2014, 1).

Doch stimmt dies wirklich, oder trügt das Gefühl, dass der Strichpunkt nach und nach von der Bildfläche verschwindet? In dieser Seminararbeit will herausgefunden werden, ob speziell in aktuellen Zeitungstexten tatsächlich weniger Semikolons vorkommen, als in Aufschriften des 18. Jahrhunderts. Dazu werden zunächst die offiziellen Rechteschreibregelungen von heute und damals aufgezeigt und gegenübergestellt, damit bekannt ist, wie die Leitlinien für den Gebrauch des Strichpunkts waren und sind. Weiterhin werden verschiedene Korpora, welche Blätter des 21. und des 18. Jahrhunderts beinhalten, auf die Verwendung des besagten Satzzeichens hin untersucht und ausgewertet, um eine tragbare Aussage über einen eventuellen Rückgang des Gebrauchs des Semikolons in Zeitungstexten zu machen.

2. Regeln zum Gebrauch des Semikolons: Vergleich 21. und 18. Jahrhundert

Um den Wandel, den das Semikolon im Laufe der Zeit durchlebt hat, richtig zu verstehen, ist es zunächst erforderlich, einen Blick auf die Grundlage eines jeden Satzzeichens zu werfen. Dazu gehören die entsprechenden Rechtschreibregeln.

„Das Semikolon (von lat. semi = halb, gr. kolon = Glied) ist zu Unrecht zum Stiefkind unter den Satzzeichen geworden. Es ist, da es schwächer als der Punkt, aber stärker als das Komma trennt, ein ausgezeichnetes Mittel zur übersichtlichen Gliederung längerer Sätze“ (Heuer; Flückiger; Gallmann 2006, 389). Der Duden gibt in einer aktuellen Auflage von 2007 noch genauere Auskunft über den Gebrauch des Semikolons:

Regel 158: Das Semikolon kann zwischen gleichrangigen Sätzen oder Wortgruppen stehen, wo der Punkt zu stark, das Komma zu schwach trennen würde <§ 80>. Es kann auch verwendet werden, um zusammengehörige Gruppen in Aufzählungen zu markieren (Stang; Steinhauer 2007, 167).

Diese Regelung überlässt es hauptsächlich dem Schreiber selbst, wann er das Satzzeichen benutzt. Auch in der aktuellen Auflage des PONS schließt man sich dieser Regel an und erklärt zusätzlich: „Durch Semikolon getrennte Sätze haben einen starken inhaltlichen Zusammenhang. Nach dem Semikolon schreibt man klein weiter, es sei denn, das folgende Wort ist ein Nomen“ (Balcik; Röhe; Wróbel 2009, 592). Noch eindeutiger wird es im Sprachratgeber der virtuellen Version des Dudens, wo man unter der Definition des Semikolons finden kann: „Das Semikolon, auch Strichpunkt genannt, nimmt zwischen Komma und Punkt eine Mittelstellung ein [...]. Da sich nicht eindeutig festlegen lässt, wann dies der Fall ist, liegt die Setzung eines Semikolons weitgehend im Ermessen des Schreibenden“ (Winkenbach 2014, 1). Durch diese Richtschnur wird dem Autor ein vielfältiges an Freiheit gegeben, welches man bei nur sehr wenigen Satzzeichen finden kann. Im Online- Duden finden sich folgende zusätzliche Hinweise auf die Verwendung des Semikolons:

Eine starke Tendenz zum Semikolon besteht auch dann, wenn Sätze mit Konjunktionen oder Adverbien wie denn, doch, deshalb etc. angeschlossen werden [...] Zu beachten ist in jedem Fall, dass ein Semikolon grundsätzlich nebenordnende Funktion hat; es kann deshalb nie zwischen Haupt- und Nebensätzen stehen (Winkenbach 2014, 1).

Doch auch hier muss gesagt werden, dass die vorgestellten Regelungen hauptsächlich Tendenzen und Neigungen angeben, welche den Schreiber nicht bedeutend in seiner Ungebundenheit hemmt, denn „[k]eine Satzkonstruktion ist denkbar, in der ein Semikolon Pflicht wäre; stets bleibt die Entscheidung dem Sprachgefühl und der Initiative des Schreibenden überlassen [...]“ (Waechter 2008, 7). Somit kommt dem Semikolon die Bedeutung eines Mittelweges oder Kompromisses zugute, was als ein Grund für den nachlassenden Gebrauch des Satzzeichens gilt, da das Nichtvorhandensein einer festen und allgemeingültigen Regelung den Schreibenden irritiert; „[e]s ist das „Jein“ der Zeichensetzung [...]“ (Ley 2014, 1).

Diese Irritation scheint schon seit Beginn der Verwendung des Semikolons zu bestehen. Wolfgang Ratke gibt in seinem Werk SchreibungsLehr von 1629 als einer der Ersten Auskunft über die Beschaffenheit und die Verwendung des Semikolons. Sein Werk ebnete den Weg der vielen Regelungen, die nach seiner Zeit zum Thema Strichpunkt aufgestellt wurden. Ratke beschreibt den Strichpunkt als sogenanntes Mittelzeichen und erklärt:

Was ist ein denn Mittelzeichen? Es ist eine vnterscheidung, so da mittel ist zwischen dem abschneidungs- vnd Glied-zeichen, vnd werden darmit wiederwerdige sachen, oder sonsten denen gleiche vnterschieden, vnd auch offt an statt des Gliedzeichen gebraucht (Ratke 93, 1629).

Somit versucht Ratke das Semikolon zu beschreiben. Jedoch stellt auch er, nicht wie bei den anderen Satzzeichen welche er bespricht, keine eindeutige Regel auf, an die der Schreiber beim Gebrauch gebunden ist. Im Gegensatz dazu versucht der deutsche Pädagoge und Sprachforscher Friedrich Heynatz in seinem Werk Lehre von der Interpunktion aus dem Jahre 1772 unmissverständlichere Regeln bezüglich des Semikolons aufzustellen und behauptet, dass „[n]ach [seinen] Grundsätzen [...] niemand in einem wichtigen Fall in Zweifel gerathen [kann], ob er ein Kolon oder ein Semikolon setzen müsse“ (Heynatz 1772, 38). Seine aufgestellte Definition hat große Ähnlichkeit mit der heutig gültigen Version des Dudens und lautet: „Das Semikolon wird in allen Abtheilungen eines Punktums gebraucht, wo das Kolon nicht statt findet, und wo das Komma eine zu kleine Unterscheidung machen würde“ (Heynatz 1772, 37).

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Verschwindet das Semikolon? Vergleich von Zeitungstexten des 18. und 21. Jahrhunderts mit Hinblick auf die Häufigkeit der Verwendung des Strichpunktes
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,7
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V1181867
ISBN (eBook)
9783346603944
ISBN (Buch)
9783346603951
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Semikolon, Strichpunkt, Sprachwissenschaft, Linguistik
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Verschwindet das Semikolon? Vergleich von Zeitungstexten des 18. und 21. Jahrhunderts mit Hinblick auf die Häufigkeit der Verwendung des Strichpunktes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1181867

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